Schwarz, wie die Hoffnung von MarySae (- Wenn es nichts mehr gibt, was dich auffängt - [leichtes NamiXRuffy]) ================================================================================ Kapitel 3: Ankunft in der Dunkelheit ------------------------------------ Kapitel 3 – Ankunft in der Dunkelheit Schon seit einer gefühlten Ewigkeit starrte die junge Frau bereits die Decke über ihr an. Regungslos lag sie in ihrem Bett und ging die Situation in der Nacht immer wieder durch. Hatte sie etwas Falsches gesagt? Ruffy hatte ihr zum ersten Mal seine Gefühle offenbart. Er hatte ihr, und nur ihr, gezeigt, wie sehr ihn der Tod seines Bruders beschäftigte. Hätte sie also anders mit ihm umgehen sollen? Normalerweise war er ja nicht besonders gefühlsgetrieben, aber trotzdem war Nami sich nicht sicher, ob sie ihn nicht mehr hätte trösten sollen. Aber wäre anlügen und sagen, dass alles bald wieder gut wird, soviel besser gewesen? Hätte ihm das nicht auf Dauer noch mehr Schmerzen bereitet? Egal was der Kerl auch machte… Immer artete es ins Unmögliche aus… Nami seufzte. Erneut traute sich in kleiner Sonnenstrahl durch die verhangenen Fenster. Kleine Staubteilchen schwebten fast bewegungslos in der Luft. Doch immer, wenn sie der Navigatorin zu nahe kamen, tanzten sie im Strom ihres regelmäßigen Atems. Aber die Lichtstrahlen blieben nicht mehr lange. Das immer kürzer werdende Intervall ließ vermuten, dass die Wolken am Himmel dichter wurden. Bald würde die Sonne ganz hinter dem Meer aus schwarzen Wolken verschwunden sein. Die nächste Insel dürfte nicht mehr weit weg sein. Ihre Berechnungen stimmten also. Die Orangehaarige konnte nicht ganz umhin, erleichtert zu sein. Nach der Sache mit dem Sturm hatte sie schon etwas an ihren Navigationskünsten gezweifelt. Vielleicht verlernte man sowas, wenn man mehrere Jahre auf einer Wolke umherschwebte und den Ozean an sich nur wenige Male sah? Sie seufzte erneut. Wie sehr ihr das Meer doch gefehlt hatte… Noch immer lag sie regungslos auf ihrem Bett. Je näher sie der Insel kamen, desto penetranter wurde das schlechte Gefühl in ihrem Magen. Sie hatte daher schon auf das Frühstück verzichtet und so getan, als würde sie noch schlafen. Darum war Robin am frühen Morgen ohne sie gegangen. Doch irgendwie ließ Nami das Gefühl nicht los, als ob ihre Freundin gewusst hätte, dass sie nur so tat, als würde sie schlafen. Warum hatte sie dann aber nichts gesagt? Es sollte der jungen Frau zu denken geben… „Frau Navigatorin? Die Insel ist in Sicht.“ Nami zuckte zusammen. Sie war so sehr auf die kleinen Staubfussel in ihrem Sichtfeld vertieft, dass sie nicht einmal gehört hatte, wie ihre Mitbewohnerin die Tür geöffnet hatte. Sie drehte ihren Kopf in Richtung der Stimme und sah die Schwarzhaarige lächelnd im Türrahmen stehen. „Du solltest dich langsam fertig machen, wenn du nicht in Schlafkleidung vor die Tür willst.“ Klang da etwa etwas Spott in ihrer Stimme mit? „Was denn? Gefällt dir mein Outfit etwa nicht?“, gab sie nun, ebenfalls lächelnd, zurück. „Doch, du siehst hinreißend aus. Besonders dieser entzückende Haarkringel gefällt mir.“, lachte sie und zeichnete mit ihrem Finger eine verwirbelte Schleife in die Luft. Die beiden Frauen kicherten. „Danke Robin. Ich komme sofort. Trommel schon mal alle zusammen.“, meinte sie und schwang sich gekonnt aus dem Bett. Müde rieb sie sich über die Augen. Die Nacht war doch ziemlich kurz gewesen… „Natürlich.“, kam es noch von der Archäologin, ehe sie das Zimmer verließ und die Holztür wieder hinter sich schloss. Dadurch, dass Robin die Tür geöffnet hatte, kam der einzigartige Geruch von Regen in das kleine Zimmer. Und Regen bedeutete: es wird kalt. Schnell kramte sie in ihrem großen Kleiderschrank und entschied sich letztendlich für eine lange, blaue Hose und ein schlichtes orangefarbenes T-Shirt. Dazu zog sie sich noch eine dickere Jacke mit Kapuze über, um wenigstens etwas gegen den Regen geschützt zu sein. Nami atmete noch einmal tief durch. Mal sehen, was der Tag so bringen würde… Mit schnellen Schritten durchquerte sie das Zimmer und öffnete die Tür. Sogleich trafen die ersten, kalten Regentropfen auf ihre Haut und sie zog sich die Kapuze tiefer ins Gesicht. Der Himmel war grau und Wolken verhangen. Von dem strahlenden Blau war nichts mehr zu sehen. Und wie Nami es geahnt hatte, rührte sich kaum ein Lüftchen. Es reichte gerade mal, um das Schiff noch im Schneckentempo vorwärts zu bewegen. Sie ließ ihren Blick über die Sunny gleiten. Sie sah die meisten ihrer Freunde über das Deck huschen. Dick verpackt in mehreren Schichten Kleidung. Nami stellte erfreut fest, dass sie wenigstens in diesem Punkt auf sie gehört hatten. Doch ihre Suche galt einer bestimmten Person. Auch wenn sie irgendwie damit gerechnet hatte, war sie in diesem Moment sehr froh es wirklich zu sehen. Ruffy stand am vorderen Teil des Schiffes und sah mit leuchtenden Augen auf die Insel, die sich bereits am Horizont abzeichnete. Ein strahlendes, und vor allem echtes, Lächeln zierte sein Gesicht. Was auch immer passiert war, nachdem sie ihn in der Nacht zurückgelassen hatte, hatte ihn wieder zu dem Menschen gemacht, dem alle hier blind vertrauten. Demjenigen, dem alle auf diesem Schiff ihr Leben verdankten. Dem Menschen, dem sie bedingungslos folgten. „Buooooah! Da ist sie, da ist sie! Endlich!“ Die Stimme ihres Kapitäns hallte über das Deck, untermalt von dem monotonen Platschen der zahlreichen Regentropfen auf dem Holzboden. Aufgeregt sprang er auf der Stelle auf und ab und ließ bereits seine Finger knacken. Er schien mit mehr als einem einfachen Shoppingausflug zu rechnen. Sie musste also wieder aufpassen, dass er nichts Blödes anstellte… Langsam kam die Insel immer näher. Die kleinen Wellen schaukelten die Sunny sanft über den Ozean. Der Himmel wurde dunkler und dunkler, je näher das Land heran rückte. Doch gleichzeitig begannen kleine Lichtpunkte die Dunkelheit aufzulockern. Eine riesige Stadt kam in Sicht. Die ganze Küste begann zu glühen, was der Insel ein wirklich mysteriöses Aussehen verlieh. Es würde bald Zeit werden, anzulegen. "Sanji, Zorro! Macht den Anker klar! Wir werden am westlichen Ende der Insel einen Ankerplatz suchen!", schrie die Navigatorin über das Deck und die beiden Männer begannen sofort. Einer voller Enthusiasmus, der andere grummelnd. "Franky?" Der große Cyborg erschien auf der Steuerterrasse. "Dreh das Schiff um 20° nach Westen! Und sei vorsichtig, hier sollen Riffe nahe der Küste sein!" Dieser nickte und zog die Thousand Sunny in die gewünschte Richtung. Die anderen, die zurzeit nichts zu tun hatten, versammelten sich alle auf dem Grasdeck, von wo aus sie gleich das Schiff verlassen würden. "Das wird bestimmt wieder ein spannendes Abenteuer!", grinste Lysopp. Seine zitternden Beine versuchte er so gut es ging zu überspielen. "Aber wenn was passiert...", kam es von dem kleinen Schiffsdoktor, welcher sich hinter Namis Orangenbäumen versteckt hatte. Natürlich so, dass man noch alles von ihm sehen konnte. "Ich werde schon auf dich aufpassen! Keine Sorge!", lachte der Kanonier der Crew selbstsicher, während ihm die Schweißperlen nur so von der Stirn flossen. Die anderen grinsten still in sich hinein. Nami war voll und ganz auf das Navigieren konzentriert. Selbst durch das fast schwarze Wasser und die, durch den Regen, unruhige Oberfläche, sah sie schon die ersten Riffe. Gleich würde sich zeigen, wie gut ihre Karte, die sie aus allen möglichen Informationen selbst erstellt hatte, war… Der Hafen der Stadt war zum Bersten gefüllt. Dort hätte sowieso kein Schiff mehr Platz gefunden. Doch es war früh klar, dass sie lieber abseits ankern wollen. Piraten sind nicht wirklich herzlich willkommen. Und wer weiß, was diese kleine Insel ihnen für einen Empfang bereitet hätte? Nein, das wollten sie ihrer Sunny nicht antun… Etwas außerhalb der Stadtgrenze machte Nami eine kleine, ruhig gelegene Bucht aus, in der sie gleich vor Anker gingen. Der Navigatorin fiel ein Stein vom Herzen, als sie ohne einen Kratzer angekommen waren. Ihre Informationen hatten sich also als richtig erwiesen. Ruffy war der erste, der durch das seichte Wasser an Land ging. Er hatte keine Lust gehabt sich eine Jacke anzuziehen, weshalb er bereits jetzt bis auf die Knochen durchnässt war. Genau wie Brook, der mal wieder einen seiner Witze reißen musste. Alle außer Ruffy, Brook und Franky fanden den Regen weniger witzig. In dicke Jacken gehüllt versuchten sie den Regen wenigstens etwas von ihnen fern zu halten, was nur teilweise gelang. „Lasst uns endlich in die Stadt gehen und aus diesem blöden Regen rauskommen.“, kam es von der Orangehaarigen, deren Pony bereits tropfend in ihrem Gesicht hang. „Jaaaa! In die Stadt!“, freute sich der schwarzhaarige Kapitän und stiefelte gleich voller Vorfreude voraus. Der Rest folgte ihm in freudiger Erwatung. Der Plan für den heutigen Ausflug stand bereits seit sie vor ein paar Tagen erfahren haben, dass sie diese Insel besuchen würden. Nami hatte sich der Kleidungs- und Büchershopping- Gruppe, bestehend aus Robin und Chopper, angeschlossen. Mit den Jungs Waffen, Essen oder sonstiger, zur Reparatur des Schiffes benötigter, Sachen einkaufen zu gehen, wollte sie absolut nicht. Von Sanjis Erzählungen wusste sie genau wie chaotisch und nervtötend diese Ausflüge waren… Doch der übliche Eifer, den die Navigatorin an den Tag legte, wenn es um Klamotten kaufen ging, fehlte. Zum Wunder Namis selbst. Die letzten Tage saßen ihr noch ziemlich präsent im Kopf. Das Gefühl, plötzlich keine Luft mehr zu bekommen, zu ertrinken… Sie seufzte. Warum spann sie plötzlich so rum? Das Meer war schon seit Jahren ihr Zuhause! Sie wusste, welche Gefahren auf der See lauerten! Warum machte sie dann dieser kleine Vorfall so verrückt? Bald schon erreichten sie die Stadt. Trotz der allgegenwärtigen Dunkelheit, die die dichte Wolkendecke verursachte, waren die Häuser und Straßen hell erleuchtet. Überall säumten Lampen die steinernen, schwarzen Hauswände und schaffen es, den hellen Straßenbelag leuchten zu lassen. Die ganze Stadt malte einen hellen Lichtkegel in die zahllosen Wolken und ließ diese gräulich erscheinen. Lautlos mischten sich die Crewmitglieder zwischen die vielen Menschen, die geschäftig auf den Straßen unterwegs waren. Die meisten hatten lange Regenmäntel an oder hielten einen Schirm über ihren Kopf, um sich vor dem Regen zu schützen. Doch trotz des schlechten Wetters war die Stimmung der Menschen überdurchschnittlich gut. Von überall her erklang Lachen und die Gesichter der Bewohner waren oft von einem Lächeln verziert. Viele unterhielten sich mit Freunden und Nachbarn. Der größte Teil des städtischen Lebens schien auf der Straße statt zu finden. Und die näher sie der Stadtmitte kamen, desto belebter wurde sie. Bars, Cafés, Geschäfte standen Reihe an Reihe und luden zum Einkaufen ein. Und plötzlich hörte der Regen schlagartig auf. Verwundert blieben die Strohhüte stehen und hoben fragend ihren Kopf. „Das ist ja der Wahnsinn!“, war es Ruffy, der zuerst seine Sprache wieder fand. Sofort trat ein seltsam bewundernder Ausdruck in seine Augen. Auch Nami war beeindruckt, dass konnte sie nicht leugnen. Alle Straßen der Innenstadt schienen mit einer halbkugelförmigen Konstruktion aus Glas überdacht worden zu sein, welche zusätzlich mit hunderten kleiner Lampen, die sich wie in einem Netz aneinanderreihten, verziert war. So blieb das Einkaufsviertel, und vor allem die Menschen, die sich dort aufhielten, von dem ewigen Regen verschont. Und hell war es auch noch. Es kam einem fast so vor, als würde die Sonne scheinen. Die Navigatorin streifte sich die Kapuze vom Kopf und bewunderte die vielen, hellen Lichter über ihr. „Die Menschen hier scheinen sich gut mit dem Wetter abgefunden zu haben.“, lächelte Robin, die ebenfalls noch das Glaskonstruckt über ihnen bewunderte. „So ist es doch gleich viel besser.“, meinte Franky dazu und versuchte sich die Wasserperlen von seinen Armen zu wischen. Nami konnte nichts anderes als ihm nickend zuzustimmen. „Na dann kann es ja losgehen!“, schrie Ruffy aus der ersten Reihe und stiefelte gleich freudestrahlend los. Die ersten Leute starrten bereits tuschelnd zu den Fremden herüber. Die Navigatorin seufzte. Es hatte ja nicht lange gedauert, bis sie im Mittelpunkt des Geschehens standen. Doch Ruffys gute Stimmung verwunderte sie etwas. Er war mit dem ruhigen Jungen von gestern Nacht nicht mehr zu vergleichen. Sein Lachen schien schon fast wieder ‚normal’ zu sein. Ihr fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Sie hatte ihm ein bisschen seines Schmerzes nehmen können… „Zorro, sieh mal! Ein Laden voller seltsamer Waffen!“ Ruffy drückte sein Gesicht unnötigerweise dicht an das Schaufenster, als er seinen Freund zu sich herüber winkte. Der Grünhaarige war, auf seine Art, gleich Feuer und Flamme und es dauerte nicht lange, bis die Hälfte der Gruppe in dem Geschäft verschwunden war. „Ich werd dann auch mal gehen, meine Damen. Wir sehen uns hoffentlich so schnell wie möglich wieder. Ich vermisse euch jetzt schon!“, säuselte der Blonde dramatisch und Robin grinste ihn freundlich an. „Sanji, geh einfach.“, gab Nami genervt zurück und schüttelte den Kopf. „Sofort, Nami- Maus!“, meinte der Koch, während er kurz salutierte und dann im Gedränge verschwand. Jetzt waren nur noch Robin, Chopper und Nami übrig. Gemütlich schlenderten sie durch die Einkaufsmeile der Stadt. Von Minute zu Minute schienen mehr Menschen aufzutauchen, sodass sich die Straßen immer mehr zu füllen begannen. Bald konnten die drei sich - trotz eines sprechenden Rentiers – relativ ungesehen bewegen. Wahrscheinlich hielten sie ihn für einen kleinen, seltsamen Hund oder ähnliches. Einen Hund mit großer, blauer Mütze jedenfalls. Es dauerte nicht lange, bis sich auch endlich Namis Stimmung besserte. Sie hatte viel Spaß dabei mit ihren Freunden Kleidung und Bücher zu kaufen. Sie standen lange, schweigend, vor irgendwelchen Regalen, um dann später aufgeregt über ihre Einkäufe zu berichten. Mit jeder Minute wurden es mehr Tüten, bis sie irgendwann nicht mehr wussten, wie sie die noch tragen sollten. Daher hatten die drei bald die Idee, sich ein Café zu suchen, um wenigstens kurz ihre schon schmerzenden Arme etwas zu entlasten. Die Auswahl war riesig und so entschieden sie sich, das erst beste zu nehmen. Ein Café namens „Sakura“, welches scheinbar nur noch einen Tisch nahe den Schaufensterscheiben frei hatte. Nicht ohne einigen Leuten ihre Taschen in die Seite zu rammen, quetschten die Piraten sich durch die Tischreihen, um zu dem Platz in der Ecke zu kommen. Nami ließ ihren Blick schweifen. Durch die vielen Menschen, die fast jeden Platz des Cafés ausfüllten, herrschte ein ziemlich lauter Geräuschpegel. Es waren viele Frauen dort, die sich in kleinen Grüppchen zusammengesetzt hatten. Beim Vorbeigehen schnappte die Orangehaarige einige Wortfetzen auf, doch die Themen gingen nicht weiter als die Party am letzten Abend, einer Frau, die schon wieder einen neuen Freund hatte und einer hitzigen Diskussion darüber, wie Wein am effektivsten aus Kleidung entfernt wird. Hier würde sie also keinen neuen, und vor allem wichtigen, Informationen bekommen, so wie es aussah. Als sie den Tisch endlich erreicht, ihre Jacken zum Trocknen über die Stuhllehnen gehängt und sich hingesetzt hatten, schob sich auch schon die erste Kellnerin zu ihnen hindurch. „Was darf es sein?“, fragte eine junge, blonde Frau in einem hellblauen Hemd und schwarzer Hose freundlich. „Für mich einen Kaffee und einen Milchshake.“, lächelte Robin zurück. Sie bestellte für Chopper gleich mit, um eine Panik zu vermeiden. Das kleine Rentier saß nur ruhig daneben. Er erinnerte in diesem Moment sehr an ein Stofftier. „Ich nehme ebenfalls einen Kaffee und ein Stück von dieser Orangentorte.“, meinte die Navigatorin dann, als sie nun zu ihr herüber sah. Ihr Finger lag dabei auf der auf dem Tisch liegenden Speisekarte und zeigte auf ein Bild einer köstlich aussehenden Süßspeise. „Gerne.“, kam es von der Kellnerin, die noch einen kurzen, schiefen Blick auf Chopper warf, und sich dann zurück in die Küche schlängelte. Und schon begann Nami abzudriften. Das Gespräch über eines von Choppers neuen Büchern blendete die junge Frau komplett aus. Sie horchte lieber in den lauten Saal hinein, um immer wieder einige Bruchstücke aufzuschnappen. „…er hat doch tatsächlich bei ihr angerufen! Aber sie hatte nicht einmal Lust mit ihm zu reden…“ „…lass uns das morgen ausprobieren! Aber dann müssen wir noch…“ „…sie sollen schon wieder einen Diebeszug geplant haben. So heißt es jedenfalls. Und diesmal soll es um mehrere hundert Millionen Berry gehen!...“ „…und der eine Hund! Du hättest ihn sehen sollen! So was Süßes habe…“ Nami stockte. Was war das gerade? Sie reckte sich hoch, um die umstehenden Tische zu überblicken. Woher kamen diese Stimmen? Sie waren eindeutig männlich gewesen! Und tatsächlich gab es in ihrem Umkreis nur einen Tisch, an dem ausschließlich Männer saßen. Drei Stück. Hoch konzentriert versuchte sie dem Gespräch zu folgen. „Ein erneuter Coup? Die tanzen der Marine ja ziemlich auf der Nase herum, oder?“ „Pshhht! Das soll doch niemand hören! Ich verliere sonst meinen Job! Aber ja, bei uns im Hauptquartier ist die Hölle los! Ich hätte niemals gedacht, dass es wegen Nicht- Piraten mal so einen Aufstand geben würde!“ „Uhhhh.“, machten zwei der Männer erstaunt. Doch ihre Stimmlautstärke hatten sie trotzdem nicht verändert. „Diese Diebesbande soll einige verdammt gute Tricks auf Lager haben! Es ist noch niemandem gelungen, sie an einem ihrer Tatorte zu sehen! Und dabei waren wir, als Marine, auf solche Vorfälle vorbereitet!“ Ein erneutes anerkennendes Raunen. „Es ist auch nicht bekannt, wie viele es sind. Aber merkwürdigerweise hinterlassen sie bei ihren jüngsten Raubzügen immer die Zahlen ‚3’ und ‚7’. Wir werden einfach nicht schlau daraus!“ Ein Herz, das plötzlich aussetzte. Atem, der von einer Sekunde auf die andere einfror. Blut, das zu Eis gefror. „Ich habe gehört, dass sie zurzeit in dieser Stadt sein sollen…“ ******* Regen. Ein Tropfen nach dem anderen fiel auf ihre orangefarbenen Haare. Doch erst durch die Kälte wurde er ihr überhaupt erst bewusst. Sie hatte ihre Jacke nicht mitgenommen. Sie war zu aufgewühlt gewesen, um an irgendwas zu denken. Ihr Körper zitterte und ihre Muskeln schmerzten. Waren es Tränen oder Wassertropfen, die ihre Wangen herunter liefen? Der heiße Kaffee, den die Kellnerin auf ihr Shirt verschüttet hatte, als sie überstürzt, und ohne ihre Freunde noch einmal eines Blickes zu würdigen, das Café verlassen hatte, hatte sich bereits mit dem Regenwasser vermischt. War es möglich? Oder bildete sie sich wieder irgendwelche Dinge ein? Aber diese Zahlen! 3 und 7. ‚Nana’ die 7. Und ‚mi’ steht für die 3. ‚Nami’. Aber warum? Warum sollte sie gemeint sein? Vielleicht war es auch einfach eine besondere Zahl für diese Diebesbande! Diebe… Eine ganze Meute, die stielt. So viele Zufälle. Ihre langen Haare klebten unangenehm auf ihrer Haut. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass sie so weit gerannt war, dass sie die schützenden Glaskonstrukte der Stadt bereits verlassen hatte. Doch der Regen störte sie nicht. Es kam ihr eher so vor, als würde das Wasser ihren erhitzten Körper abkühlen. „Na, wen haben wir denn da?“ Nami blickte auf. Sie war einfach immer weiter gegangen, ohne auf die Richtung zu achten, bis sie sich in einer kleinen Seitengasse wiederfand. Von kalten Mauern eingeschlossen. Wasser perlte von den Dächern der angrenzenden Häuser und sammelte sich in großen Pfützen, die den Boden allmählich ganz bedeckten. Um sie herum stand eine Gruppe von Männern. Die meisten waren im Schatten verborgen. Nur einer wurde vom Licht einer nahen Fackel wenigstens teilweise beleuchtet. Er trat einen Schritt näher an die junge Frau heran. Ein schiefes Grinsen lag auf seinem markanten Gesicht. Seine schwarzen, langen Haare waren zu einem Zopf gebunden. Viele Narben zeichneten sich auf seiner dunklen Haut ab. Die Orangehaarige wurde nervös. Sie befand sich gerade in einer ziemlich ungünstigen Situation. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Von den fies guckenden Typen, die sie umstellt hatten, abgesehen. Eine Hand zuckte in Richtung ihres Klimataktstockes. „Wer seid ihr?“, fragte sie leise, aber mit fester Stimme. Sie wollte keine Angst zeigen. Doch das merkwürdige, schlechte Gefühl in ihrem Magen kehrte zurück. Ihr wurde übel. Sämtliches Blut wich aus ihrem Gesicht. Und kalter Schweiß trat auf ihre Stirn. „Du hast also meine Botschaft verstanden. Kluges Mädchen.“ Er überging ihre Frage. Seine Miene war triumphierend. Ihre Beine zitterten und die Kälte schlich sich bis in ihre Knochen. „Was soll das? Was wollt ihr von mir? Warum das alles?“ So viele Fragen, die ihren Kopf regelrecht zu sprengen drohten. „Lasst mich gefälligst in Ruhe, oder ihr werdet es bereuen.“, zischte sie so bedrohlich, wie sie nur konnte. Doch von den Männern kam nur ein abfälliges Lachen. Der Mann aus der vordersten Reihe trat noch einen Schritt näher an Nami heran, die es nur unter großer Anstrengung schaffte, ihren Körper auf der Stelle zu halten und nicht gleich panisch wegzurennen. Der glühende Blick aus seinen braunen Augen schien die Piratin regelrecht zu durchbohren, als er wenige Zentimeter vor ihr stehen blieb und ein Lächeln aufsetzte, welches ihr Blut sofort zu Eis gefrieren ließ. „Endlich habe ich dich gefunden. Nach so langer Zeit. Nami. Lust auf einen kleinen Spaziergang?“ Tropf. Tropf. Ein monotones Geräusch, welches die Luft erfüllte. Schlagende Herzen. Lächeln. Verzweiflung. Glück. Angst. So viele verschiedene Gefühle lagen nah beieinander. So viele Gedanken kreisten nur um ein Thema. Lüge, Wahrheit. Real, irreal. Gab es etwas, woran man sich festhalten konnte, wenn sich ein riesiges, bodenloses Loch unter den Füßen auftat? Tropf. Tropf. Eine Gruppe von Männern schlich durch die Dunkelheit. Ein triumphierendes Lächeln im Gesicht. Nur eine Person, dicht gehüllt in einen vom Regen durchnässten Umhang, lachte nicht. Ihre Augen waren kalt. Emotionslos. Ein Blick, der ins Nichts sah. Tausende Scherben zeugten von dem Bild, welches einmal in leuchtenden Farben gezeichnet war. Doch jetzt gab es nur noch eine Farbe, die vorherrschte und alles verschlang. Tropf. Tropf. Schwarz. Schwarz, wie das Blut, welches an ihren Fingern klebte. Schwarz, wie der Himmel, der tausende schmutzige Tropfen auf die Erde herab streute, fast so, als würde er weinen. Fast so, als würde, als würde er ihren Schmerz teilen. Schwarz, wie die Hoffnung, die es für sie niemals wieder geben würde… Tropf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)