Schwarz, wie die Hoffnung von MarySae (- Wenn es nichts mehr gibt, was dich auffängt - [leichtes NamiXRuffy]) ================================================================================ Kapitel 1: Schatten im Sturm ---------------------------- Kapitel 1 – Schatten im Sturm Ruhelos wankte das Schiff im starken Wind. Lauter Donner rollte durch die Nacht und grelle Blitze zuckten über den von schwarzen Wolken bedeckten Himmel. Hohe Wellen peitschten die raue See nur noch weiter auf. Der Regen, der wie in einem undurchdringlichen Vorhang auf das Meer prasselte, fühlte sich kalt und hart auf der Haut an. Nami kniff die Lider zusammen, damit der eisige Wind nicht so sehr in ihren schon erröteten Augen brannte. Und trotzdem war ihr Gesicht kalt und taub. Ihre nackten Beine schabten bei jeder Welle über den rauen Holzboden der Thousand Sunny. Verzweifelt klammerte sie sich dabei an dem Geländer der Steuerterrasse fest und versuchte ihrem Freund, der eigentlich nur wenige Zentimeter von ihr entfernt stand, Anweisungen zu geben. „Franky!“ Ihr Schrei verlor sich fast vollständig im Getöse der Wellen und des Windes. „Noch etwas weiter nach rechts!“ Dabei überprüfte sie zum hundertsten Mal die Position ihres Lockports an ihrem Handgelenk. Der große Cyborg nickte ihr, mit dem Rücken zu ihr stehend, zu, um zu zeigen, dass er sie gehört hatte. Doch wie er sie verstehen konnte, war ihr ein Rätsel. Wer weiß, was er sich für seltsame Dinge in seinen Cyborg- Körper eingebaut hatte. Nami sah, wie der große Kerl mit dem störrischen Ruder kämpfte und es zwingen wollte, ihn in die richtige Richtung zu bringen. Jedoch schien der gewünschte Erfolg auszubleiben. Eine weitere Monsterwelle traf das Schiff, welches, trotz seiner Größe, wie ein kleiner Spielball auf dem Wasser umher geworfen wurde. Sie hatten den Sturm nicht kommen sehen. Nami wurde ebenso überrascht, wie die anderen der Strohhutbande. Noch immer fragte sie sich, wie ihr so ein riesiger Sturm entgangen sein konnte! Doch, dass das kein normaler Sturm war, war ihr von Anfang an klar. Dass der Luftdruck so schnell gestiegen und wieder gefallen war, hatte die Navigatorin noch nie erlebt. Sie war ratlos. Immer wieder trafen die Wassermassen das Schiff so heftig, dass es mehr als einmal zu kentern drohte. Doch wie durch ein Wunder schaffte die Thousand Sunny es, auf der Meeresoberfläche zu bleiben. Nami konnte nur hoffen, dass es dabei blieb… Einem schlechten Gefühl folgend, blickte die junge Frau nach rechts auf das offene Meer und ihr Atem stockte. Eine riesige Welle war auf Kollisionskurs mit der Sunny und schon von weitem war zu sehen, dass dieser Wasserturm das Schiff um das Doppelte überragte. Konnte das gut gehen? „Vorsicht!“, schrie die Orangehaarige so laut sie konnte und klammerte sich noch fester an das Geländer. Wenige Sekunden später brach die Welle auch schon mit einem lauten Knall über das Schiff herein. Wie tausend Nadeln stach die Kälte der Fluten auf ihrer Haut. Die Luft wurde ihr regelrecht aus den Lungen gepresst und Panik wallte in ihr hoch. Der Druck des Wassers war so stark, dass ihr Körper mitgerissen wurde. Nur da sie all ihre Kraft aufwandte und eines der Holzbretter umschlang, wurde sie nicht gänzlich von den Wassermassen verschluckt. Doch lange konnte sie das nicht durchhalten. Gerade, als sich eine ihrer Hände unfreiwillig löste, ließ der immense Druck nach und ihre Beine sanken zurück auf den Holzboden des Schiffes. Hustend zog sie ihren Körper über das Deck und krallte sich wieder an der Holzkonstruktion fest. Das Salzwasser brannte in ihren Augen, sodass es eine Weile dauerte, ehe sie wieder etwas schemenhaft erkennen konnte. Zu ihrer Erleichterung stand der Cyborg noch immer am Steuerruder und fluchte. Das Schiff schien die Welle überstanden zu haben. Jedoch nicht ganz unbeschadet. Einige Bretter hatten sich aus der Verankerung gelöst und das Geländer neben ihr existierte nicht mehr. Doch Nami war sich sicher, dass Franky das locker wieder hinbekam. Wichtiger war erst einmal, dass sie diesen mörderischen Sturm überlebten… „Oi! Nami!“ Ruffys Stimme erklang hinter der jungen Frau und ließ diese zusammenzucken. Noch ehe sie sich umgedreht hatte, tauchte ihr Käpt’n schon neben ihr auf. „Ruffy?“ Er sah mitgenommen und kraftlos aus. Das Wasser hatte ihm ziemlich zugesetzt. Dennoch schien er unverletzt zu sein. Nami atmete erleichtert auf. Sie sah, wie er gerade zum Reden ansetzen wollte, doch er brach sofort wieder ab und schlang seine Arme rechts und links neben Nami um das Geländer. Im selben Augenblick spülte die nächste Welle über das Schiff. Erneut zog das Wasser ihren leichten Körper mit sich, doch diesmal bremste Ruffy sie mit seinem Oberkörper, bevor sie zu weit davongetragen werden konnte. „Nami, wann kommen wir endlich hier raus?“, fragte der Schwarzhaarige hustend, als er wieder Luft bekam. Die Angesprochene schob ihre langen orangefarbenen Haare aus ihrem Gesicht. „Ich weiß es nicht! Das Unwetter scheint sich in alle Richtungen auszubreiten! Ich sehe das Ende nicht!“ Sie ärgerte sich noch immer über ihre Ahnungslosigkeit. Doch diese Selbstzweifel musste sie unbedingt auf später verschieben. Sie war die einzige, die das Schiff noch in einem Stück hier raus bringen konnte! „Und was jetzt?“, fragte Ruffy, ehe eine kleinere Welle über das Schiff schwappte. „Es scheint, als würde der Sturm nach Norden ziehen!“ Sie betrachtete die Wolken, als ein lauter Donner über das Schiff hallte. „Wir können nur hoffen, dass ich Recht habe.“, fügte sie leise hinzu und betrachtete das unruhige Meer. So aufgebracht hatte sie ihre Heimat noch nie gesehen… „Da mach ich mir keine Sorgen.“ Sein Lachen ließ sie aufsehen. Er hatte sein gewohnt breites Lächeln aufgesetzt und seine Augen zeigten keinen Zweifel an dem, was er gerade gesagt hatte. Und somit auch nicht an ihr. Ein leichtes Grinsen huschte über ihr Gesicht und sie blickte einmal über das Schiff. Sofort fielen ihr einige ihrer Freunde ins Auge. Die meisten klammerten sich an das Erstbeste, was sie gefunden hatten. Robin versuchte von der höher gelegenen Hauptterrasse aus mit ihren Teufelskräften eines der Taue des Mastes wieder festzubinden und Sanji versuchte verzweifelt, Namis Orangenbäume in Sicherheit zu bringen. Immer wenn er sah, dass Nami ihn beobachtete, schien ihm die Kraft des Meeres plötzlich egal zu sein. Nami konnte sich bei seinem Elan ein Lächeln nicht verkneifen. Das Schaukeln der Sunny kündigte die nächste große Welle an und ohne etwas dagegen tun zu können, rutschten die Navigatorin und ihr Kapitän auf dem nassen Boden in Richtung des Meeres, während eine Windböe Ruffys Strohhut erfasste und ihm vom Kopf wehte. „Mein Hut!“, rief er, ließ das Geländer los, dehnte seinen Arm und griff nach seinem kostbarsten Schatz. „Ruffy, Vorsicht!“, schrie die Orangehaarige noch, doch es war zu spät. Eine erneute Monsterwelle traf die Sunny und überspülte sie. Ruffy, der sich noch immer nur mit einer Hand festhielt, schaffte es nicht mehr, sich wieder rechzeitig festzukrallen. Sein Schrei wurde von den Wassermassen erstickt. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Nami an die Stelle, an der ihr Kapitän eben noch gesessen hatte. Er war weg. Einfach weggespült... Er war am ertrinken! „RUFFY!“, kreischte sie so laut sie konnte und dann setzte ihr Kopf aus. Ihr Körper handelte wie von selbst. Ihre tauben Hände lösten sich ruckartig von dem nassen Holz. Mit einer flüssigen Bewegung richtete sie sich auf und rannte über den feuchten Boden in Richtung Reling. Das Schaukeln des Schiffes bekam sie kaum mit. „Nami, warte!“ Sie beachtete diesen Ruf nicht. Er klang, als wäre er ganz weit weg. Es war mehr ein dumpfes Rauschen, als eine Stimme. Es gab nur noch einen Gedanken in ihrem Kopf: Ruffy. Mit einem gekonnten Sprung landete die junge Frau auf der Reling und stürzte sich kopfüber in das brausende Meer. Und auf einmal wurde es still. Kein Geräusch drang mehr bis zu ihr vor. Das Pfeifen des Windes, das Rauschen der Wellen, die Schreie ihrer Freunde… Alles war verschwunden. Eine kalte, dunkle Stille hatte sie umhüllt und hielt sie nun in ihrem stählernen Griff. Das eisige Wasser stach wie tausend Messer. Ihr Körper war taub. Ihre Muskeln schmerzten. Sie versagten ihren Dienst. Es tat höllisch weh. Fühlte sich so das Sterben an? Panisch riss sie die Augen auf, doch es war einfach zu dunkel. Sie konnte nicht einmal ihre eigene Hand in diesen Fluten erkennen! Kein Lichtstrahl drang in diese Tiefen vor. Wie sollte sie ihn hier finden? Verzweifelt versuchte die junge Frau nicht den Überblick zu verlieren. Sie wusste ganz genau, dass, wenn sie jetzt einen Fehler machte, vergaß, wo oben und unten ist, dann wäre sie so gut wie tot. Doch auch, wenn das Wasser ihr die Luft aus den Lungen drücken wollte, gab sie noch lange nicht auf. Mit verkrampften Bewegungen ruderte sie wie ein kleines Kind, welches nie schwimmen gelernt hatte, durch das schwarze Wasser, immer nach einem Zeichen von Ruffy Ausschau haltend. Die Kälte brannte auf ihrer Haut. Ihr Körper verlange immer heftiger nach Luft. Doch sie gab dem Drang zu Atmen nicht nach. Sie wusste es mit jeder Faser ihres Körpers. Wenn sie jetzt auftauchen würde, wäre es zu spät für ihn. Dann würde er… Aus den Augenwinkeln fiel ihr plötzlich etwas ins Auge. Etwas Gelbes leuchtete zwischen all dem Schwarz direkt neben ihr auf. Es war ein Hoffnungsschimmer. Er musste es einfach sein! So schnell sie konnte, schwamm die Navigatorin zu dieser Stelle hinüber, was sich bei der heftigen Unterwasserströmung als sehr schwer herausstellte. Als sie ihn erkannte, musste sie sich Mühe geben, um nicht gleich in Tränen auszubrechen. Sie hatte ihn gefunden! Sie konnte ihn retten! Das war ihre Chance sich bei ihm zu revanchieren. Sofort schnappte sie den Bewusstlosen und paddelte so schnell es ging in die Richtung, in der sie „oben“ vermutete. Das Wasser wurde klarer und schon bald sah sie die Blitze durch die Wellen schimmern. Die Oberfläche kam näher und doch hatte sie das Gefühl, sich keinen Millimeter vorwärts zu bewegen. Ihre Lungen verlangen nach Luft. Ihre Sicht verschwamm. Sie musste durchhalten! Kurz vor der Oberfläche fiel ihr etwas Schwarzes auf. Es schien auf den Wellen zu schwimmen. Ein Boot? Und endlich durchbrach sie die Wasseroberfläche. Hustend rang sie nach Luft. Jedes Mal, wenn sie atmete, stach es in ihren Lungen. Die kalte Luft schmerzte und fühlte sich gleichzeitig unglaublich gut an. Suchend sah sie sich um und zwischen all den riesigen Wellen entdeckte sie sie. Die Sunny segelte fernab am Horizont. Sie waren abgetrieben worden. Doch hatte sie nicht gerade ein Boot gesehen? So sehr sie es auch versuchte, sie sah einfach nichts mehr, was einem Boot ähnelte. Hatte sie sich das etwa nur eingebildet? Ein Husten ließ sie aus ihren Gedanken aufschrecken. „Ruffy?“, fragte sie vorsichtig und zog ihn noch etwas weiter hoch, damit er nicht mit jeder Welle mwhe verschluckte. „Nami, was…?“, brachte er zwischen dem Husten hervor. Diese lächelte und seufzte zufrieden. Ein Glück… „Wir müssen zurück zum Schiff!“, antwortete sie wieder ernst und fing an in Richtung Sunny zu schwimmen. Doch wirklich gelingen wollte ihr das nicht. Jede Welle, auf der sie auf und ab ritten, drängte sie weiter aufs offene Meer hinaus. Was sollte sie nun machen? Sie konnte sich selbst kaum noch über Wasser halten! Geschweige denn Ruffy und sie! Und dann auch noch hunderte Meter mit einem fast Bewusstlosen durch einen heftigen Sturm schwimmen? Das war unmöglich. So stark war sie nicht. Das schaffte sie nicht… Etwas ließ die junge Frau innehalten. Das Wetter änderte sich. Irgendetwas tat sich am fernen Himmel. Sie beobachtete, wie sich noch immer dicke Wolken vorbei schoben und Blitze zeitweise die Umgebung erhellten. Doch der Regen ließ langsam nach. Immer lichter wurde der Vorhang aus kleinen Tropfen, ehe er ganz verebbte. Mit jeder Welle merkte die Orangehaarige, dass die Gewalt des Meeres abnahm. Sie hatten nur diese eine Chance! Sie mussten sie nutzen! Mit alle Kraft wehrte sie sich dagegen, vom Meer verschluckt zu werden. Doch wie lange konnte sie das durchhalten…? Die Wellen wurden kleiner. Bald schon türmten sich keine meterhohen Berge mehr auf. Das Meer beruhte sich. Und auch der Himmel begann aufzulockern. Die ersten zaghaften Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg durch die Wolkenmassen und fielen auf das wieder bläuliche Wasser. Nun hieß es warten. Nami war sich sicher, dass Lysopp sie mit seinem Fernglas bald finden musste. Und dann würden die anderen kommen. So lange musste sie durchhalten! „Nami?“ Seine Stimme war leise und schwach und bei jedem Husten spuckte er Wasser. Er musste so schnell wie möglich zurück auf das Schiff! „Sie werden uns gleich finden.“ Sie sah ihn nicht an. Ihr Blick war starr auf die Sunny am Horizont gerichtet. Sie wartete jeden Moment darauf, dass es näher kommen würde. Sie wusste, dass sie ihren Freunden vertrauen konnte. Zuerst wusste Nami nicht, ob sie ihren geröteten Augen trauen konnte, doch bald war sie sich sicher. Das Piratenschiff steuerte genau auf sie zu! Sie hatte Recht gehabt… Ein unsagbar glückliches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht und eine einzelne Träne bahnte sich den Weg über ihre Wange, wo sie im salzigen Meerwasser ungesehen verschwand. „Nami! Ruffy!“ „Nami?“ „Hey!“ Die Rufe der Crew hallten ihnen entgegen und schon bald erreichten sie die beiden. Eine Strickleiter fiel vor ihnen ins Wasser. „Zieht ihn hoch!“, rief Nami ihren Freunden entgegen, als sie sich unten an der Leiter festhielt. Zorro stieg sogleich die hölzernen Stufen herunter und nahm ihr den jungen Mann ab. Mit zitternden Beinen folgte die Navigatorin ihrem Käpt’n. Sie spürte, dass sie kaum noch Kraft in ihren Armen hatte. Oben angekommen, zogen Sanji und Franky sie an Bord. Sofort sank Nami auf die Knie und atmete erstmal tief ein. Ihre Beine wollten ihr nicht gehorchen. Vor ihren Augen drehte sich alles. Ihre langen Haare klebten unangenehm an ihrer Haut. „Fräulein Navigatorin? Alles in Ordnung?“ Robin war neben ihr aufgetaucht und sah sie besorgt an. Nami nickte nur mit ihrem Kopf. Zu mehr war sie nicht in der Lage. Noch immer betrachtete sie den Gegenstand in ihrer Hand. Sie hatte ihn fast völlig vergessen. Den gelben Gegenstand, der sie vorhin zu Ruffy geführt hatte: Sein Strohhut. Sie hatte ihn nicht losgelassen. Und das, ohne es zu bewusst zu machen. „Nami-swaaaan! Ich hatte solche Angst um dich!“ Sanjis weinerliche Stimme holte die Navigatorin wieder aus ihren Gedanken. Sie sah jedoch nicht auf. Ihre Haare verdeckten ihr Gesicht. Tropfen um Tropfen löste sich aus ihrer orangefarbenen Pracht und tropfte auf den immer noch nassen Boden. Sie schüttelte sanft den Kopf, um wieder einigermaßen klar zu werden. Dann hob sie ihren Blick, welcher auf Chopper fiel, der grade um Ruffy herumtänzelte. „Ruffy! Du wärst fast ertrunken! Pass besser auf!“ Tränen standen dem kleinen Rentier in den Augen, während sein Patient ihn nur entschuldigend angrinste. „’Tschuldige.“ Doch Chopper schien das nicht zu beruhigen. Er wollte gerade zur nächsten Predigt ansetzen, doch Ruffy kam ihm zuvor: „Mir geht’s gut, Chopper! Sieh lieber mal nach Nami.“ Das Rentier stoppte. Er sah aus, als wäre ihm gerade wieder etwas Wichtiges eingefallen. Mit einer Drehung wandte sich der Schiffsarzt um und sah mit seinen verweinten Augen auf Nami. Diese sah nur fragend zurück. „Namiiii!“, schrie der Kleine dann und rannte zu ihr hinüber. Mit seinen geübten Blicken nahm er seine Freundin genau unter die Lupe. Diese richtete ihren Oberkörper auf und legte ihre Hände, samt Hut, in ihren Schoß. Ruhig betrachtete sie den Schiffsarzt, welcher jeden Zentimeter von ihr musterte. „Mir geht’s auch gut, Chopper.“, meinte sie, noch immer schwer atmend, zu ihm. Und das war nicht gelogen. Seit sie wieder auf dem Schiff war - seit sie wusste, dass es allen gut ging - ging es ihr wirklich wieder um einiges besser. „Ich würde mir nur gerne etwas anderes anziehen.“ Nami sah an sich herunter. Ihr kurzes T-Shirt und die Hose waren komplett durchnässt. Sie hatte, als der Sturm hereinbrach, keine Zeit mehr gehabt, sich etwas anderes anzuziehen. Nun war ihr furchtbar kalt. Der Arzt seufzte. „Ja, du solltest aus den Sachen raus. Danach will ich aber noch einen richtigen Blick auf dich werfen.“ Nami lächelte. „Ok.“, meinte sie und versuchte aufzustehen. Franky griff ihr unter die Arme und half ihr so auf ihre tauben Beine. Es dauerte etwas, bis das Gefühl wieder in sie zurückgekommen war. „Danke.“, sagte sie noch kurz zu Franky und wankte über das Grasdeck. Als sie an Ruffy vorbei kam, hob sie ihre Hand und setzte ihm mit den Worten „Du bist so ein Idiot“ seinen Strohhut wieder auf den Kopf. So schnell sie konnte, ging sie die Treppe zum Mädchenschlafsaal hinauf und verschwand durch die Tür. Zügig schloss sie diese, lehnte sie sich erschöpft mit dem Rücken gegen das Holz und ließ sich daran hinab gleiten. Ruhig hockte sie so in ihrem dunklen Zimmer auf dem Fußboden. Langsam und ruhig atmete sie aus und ein, um sich selber zu beruhigen. Sie hatte wirklich geglaubt, sie würde sterben… Doch das Zittern ihres Körpers zwang sie dazu schon bald wieder mühsam aufzustehen und sich neue Kleidung rauszusuchen. Sie entschloss sich diesmal, entgegen ihrem sonstigen Geschmack, für ein langärmliges Oberteil und eine normale Hose. Mit ihren zitternden Fingern dauerte das Umziehen etwas länger als sonst, aber sobald sie die nasse Kleidung losgeworden war, ging es ihr sofort besser. Doch als sie sich gerade das Oberteil anziehen wollte, fiel ihr Blick auf ihren Schreibtisch und sie hielt in ihrer Bewegung inne. Langsam überwand sie die wenigen Schritte zwischen dem Kleiderschrank und dem Tisch und fasste vorsichtig ihre Feder an. Lag sie dort vorhin schon? Hatte Nami ihre Schreibwerkzeuge nicht weggelegt? Und vor allem: wo war ihr Tagebuch? Sie schüttelte ihren Kopf. Scheinbar wurde sie langsam verrückt. Bestimmt hatte sie das nur wieder irgendwo anders hingelegt, wo es keiner finden konnte. Scheinbar nicht mal sie selbst. „Nami?“ Ruckartig fuhr die junge Frau herum und umklammerte ihr Oberteil fester. Ihr Herz raste und es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder beruhigt hatte. „Ja?“, fragte sie in den leeren Raum hinein. Sie hatte seine Stimme sofort erkannt. Warum sie sich jedoch so erschreckt hatte, wunderte sie jedoch selber. Ruffy schien vor der noch immer geschlossenen Tür des Mädchenschlafsaals zu stehen. Immerhin war er so schlau, nicht einfach reinzuplatzen. „Ist mir dir wirklich alles ok?“ Verwundert sah Nami die Tür an, so, als würde er es sein. „Ja. Es geht mir gut.“ Sie wunderte sich über sich selber. Warum war sie so ruhig? Wieso war sie nicht sauer auf ihn? Durch seine Tollpatschigkeit wären sie eben beide fast ertrunken! Wieso war sie einfach nur… glücklich? Ein lautes, befreites Seufzen war zu hören. „Ein Glück.“ Vor Schreck fiel ihr das Oberteil aus der Hand. Geräuschlos landete es vor ihren Füßen. Was war nur plötzlich mir ihr los? Drehte sie nun völlig durch? Sie schüttelte kräftig ihren Kopf und ihre langen orangefarbenen Haare wirbelten durch die Luft, wodurch sie im ganzen Raum kleine feuchte Tropfen hinterließen. Sie musste sich langsam mal wieder zusammenreißen! Sie hatte wohl zu viel Wasser geschluckt! „Du Idiot hast uns das eingebrockt! Du wärst beinahe ertrunken! Wäre ich dir gleich hinterher gesprungen, wärst du jetzt sonst wo!“, giftete sie in Richtung Tür. Am liebsten wär sie vor die Tür gegangen und hätte ihm eine übergezogen! Doch so musste das alte Buch über das Navigieren herhalten, welches unsanft gegen die Zimmertür krachte. Ein helles Lachen erklang von draußen. „Tut mir echt leid! Beim nächsten Mal pass ich besser auf!“ Beim nächsten Mal? Was genau hatte der Typ eigentlich noch vor? „Wehe wenn nicht! Beim nächsten Mal mach ich mich nicht nass! Dann kannst du zusehen, wie du da wieder rauskommst!“ Sein fröhliches Lachen schien sich zu entfernen. Und bald war es wieder still. Nur ihr lauter Atem hallte noch durch das Zimmer. Widerwillig bückte sie sich, hob das Kleidungsstück vom Boden auf und zog es sich über. Gleich schien sich ihr Körper wieder zu erwärmen. Die unangenehme Taubheit verzog sich langsam und das bloße Stehen tat nicht mehr so weh, wie noch vor kurzem. Doch noch immer fühlte sie sich unwohl. Irgendwie beschlich sie ein komisches Gefühl. So, als würde bald etwas Schreckliches passieren. Die Einsamkeit, die sie in diesem schwarzen, kalten Zimmer befiel, stimmte sie traurig. Dieses Zimmer, welches ihr sonst Wärme und Geborgenheit gab, war in diesem Moment einfach unerträglich. Schnell zupfte sie ihre Kleidung zurecht und ging zur Tür. Ohne sich noch einmal umzusehen, verließ sie das Zimmer. Sie wusste, dass sie so schnell nicht wiederkommen würde. Nicht, wenn es sich vermeiden ließ. Ein schmaler Lichtstreifen erleuchtete die Dunkelheit der hereingebrochenen Nacht. Die Sonne war verschwunden und zwischen den noch immer zahlreichen Wolken am Himmel, funkelten kleine weiße Sterne. Die Luft war kühl, aber angenehm. Nami atmete noch einmal tief ein. Die lauten Geräusche aus der Küche zauberten ihr ein Lächeln aufs Gesicht. Genau das war es, was sie jetzt dringend brauchte: Ihre Freunde. Kapitel 2: Wenn sich nachts die Dunkelheit erhebt ------------------------------------------------- Kapitel 2 – Wenn sich nachts die Dunkelheit erhebt „Dieser blöde Sturm! Mein armes Schiff!“ Nami stand neben ihren geliebten Orangenbäumen und zupfte einige gelbe Blätter und abgebrochene Äste aus der Baumkrone. Zum Glück waren sie stark genug gewesen den Wassermassen zu trotzen. Die Orangehaarige hätte sich nicht verzeihen können, wenn Bellemeres Bäumen etwas passiert wäre. Die Sonne schien vom Himmel herab und nichts erinnerte mehr an das Unwetter vom gestrigen Tag. Na ja, fast nichts. Franky zog schon den ganzen Morgen fluchend über das Schiff. Dicht gefolgt von Lysopp und Chopper, die meinten, zu jedem seiner Sprüche einen Kommentar abgeben zu müssen. Immer wieder hörte man hämmern, schrauben oder sägen. Gefolgt von duzenden Schimpfwörtern. Oder eben Ruffys nerviges Lachen, welches vom Steuerdeck erklang. „Das war doch lustig! Ob wir so was noch mal machen können?“ Nami seufzte. Wie kann dieser Kerl bloß ihr Kapitän sein? „Ich denke nicht, Käpt’n. Noch einmal wird unser Schiff das wohl nicht überstehen.“ Robin tauchte lautlos neben dem Schwarzhaarigen auf und lächelte ruhig bei ihren Worten. „Das Schiff sieht doch super aus!“, kam seine Antwort und er kratzte sich am Kopf. Ich verdrehte die Augen und schielte nach rechts zu dem großen Loch im Boden, was eine der Wellen am Vortag dort hinterlassen hatte. Dieses Unwetter war sogar für die Sunny eine Nummer zu groß gewesen. Robin kicherte. „Aber ich denke, dass wir das nicht noch einmal überstehen werden.“ Wie konnte sie nur so ein ernstes Thema so gelassen sehen? Nami bekam noch immer eine Gänsehaut, wenn sie an das Gefühl dachte, welches sie gehabt hatte, als sie fast ertrunken wäre… Schnell packte sie die letzten Blätter in den Eimer, den sie von Franky bekommen hatte und machte sich auf den Weg runter zum Grasdeck. Lautlos gesellte sie sich zu Brook auf die Bank, der gerade gemütlich eine Tasse Tee trank und dabei leise vor sich hinsummte. Nicht weit von ihnen entfernt ertönte Zorros Schnarchen aus einer der Ecken. Interessanterweise schaffte dieser Kerl es tatsächlich während des Schlafens mit seinen Hanteln weiter zu trainieren. Nami seufzte. „Noch nicht wieder ganz fit, Frau Navigatorin?“ Wie aus dem Nichts war Robin plötzlich neben ihr aufgetaucht und lehnte sich lächelnd gegen die Holzwand. Innerlich erschrak die Orangehaarige, versuchte sich aber nichts anmerken zu lassen. „Sieht ganz so aus.“, seufzte sie erneut. Sie hatte fürchterlichen Muskelkater in ihren Armen und sie meinte immer noch Wasser in ihren Ohren zu haben. „Nach so einer Aktion ist das auch nicht verwunderlich. Selbst mir hätten alle Muskeln wehgetan, wenn ich noch welche hätte! Yohohohoho!“, schaltete sich das Skelett in das Gespräch ein. Robin kicherte und selbst Nami konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. „Beim nächsten Mal darfst du gerne den Part übernehmen, Brook. Ich überlasse dir liebend gerne den Vortritt.“, gab die Orangehaarige gespielt zickig zurück. Er lachte. „Yohohoho! Ich glaube nicht, dass ich eine große Hilfe wäre!“ Als jemand, der von einer Teufelsfrucht gegessen hatte, durfte man sowas wohl sagen. Und wo er recht hatte, hatte er recht. „Nami- Maus! Robin- Schätzchen! Euer Kaffee ist fertig!“, schallte es plötzlich von über ihren Köpfen. Sanjis Kopf tauchte über dem Geländer über ihnen auf und als er die beiden Mädchen entdeckte trat wieder dieser seltsame Ausdruck auf sein Gesicht. „Ich hab ihn extra für euch gemacht!“, flötete er und Robin grinste zurück. „Danke, Herr Koch. Wir kommen sofort.“, gab die Schwarzhaarige zuckersüß zurück. Das war zu viel für den blonden Koch. Sogleich fing seine Nase wieder an zu Bluten, als er wieder in die Küche wankte. „Kommst du, Frau Navigatorin?“, fragte sie an Nami gewandt, als sie sich zum Gehen wandte. Diese lächelte leicht. „Ja, komme sofort.“ Sie stand auf. „Ich muss nur noch mal kurz in unser Zimmer.“, meinte sie und zeigte auf die Tür auf der anderen Seite des Schiffs. „Ok.“, kam es von Robin ehe sie sich, gefolgt von dem summenden Skelett, zur Küche aufmachte. Nami sah ihnen noch kurz hinterher, ehe sie das Grasdeck überquerte und die Treppen zum Mädchenschlafsaal hochstieg. Als sie das Zimmer betrat und die Tür schloss hörte sie noch einen von Frankys Flüchen über das Schiff hallen, drehte sich jedoch nicht noch einmal um. Sie fühlte sich noch immer etwas mies, weil sie den Sturm nicht hatte kommen sehen. Vorsichtig schlich sie durch den nur von der Sonne erhellten Raum und blieb an ihrem Schreibtisch stehen. Etliche Bücher und Papierstapel lagen zusammen mit ihrem Zeichenmaterial und zahlreichen Messgeräten ordentlich auf dem hölzernen Tisch aufgereiht. Doch gleich überkam sie dasselbe seltsame Gefühl wie am Abend zuvor. Sie hatte ihr Tagebuch noch immer nicht gefunden. Da wo es eigentlich hätte liegen sollen, war es nicht. Und auch sonst hatte Nami es nirgendwo finden können. Hatte sie dieses Boot etwa wirklich gesehen? War da wirklich jemand bei diesem Unwetter mit einer kleinen Nussschale unterwegs gewesen? Doch bei diesem Sturm war das so gut wie unmöglich! Sie hatte ja am eigenen Leib erfahren, wie unbarmherzig das Wasser war! Sie als Navigatorin war sich sicher, dass niemand so einen Sturm hätte überleben können! Doch merkwürdig war die ganze Sache schon… Wenn tatsächlich jemand auf dem Schiff gewesen wäre, warum hatte ihn niemand bemerkt? Die Jungs waren doch immer so aufmerksam und konnten Gegner schon Meilen gegen den Wind riechen! Und selbst bei dem Chaos, das gestern auf der Sunny herrschte, hätte ein fremder Kerl auffallen müssen. Und was sollte jemand mit Namis Tagebuch wollen? Sie schüttelte ihren Kopf. Das war absurd. Absurd und unmöglich. Wahrscheinlich hatte sie es in der Aufregung einfach verlegt und nun vergessen wohin sie es getan hatte. Nami wollte einfach nicht glauben, dass die Sunny, die ihr sonst wie ihre persönliche Festung vorkam, nicht mehr sicher war. Niemand würde ihr ihr Zuhause wegnehmen… Schnell schnappte die junge Frau sich die Karte, weshalb sie überhaupt in das Zimmer gekommen war und drehte dem Schreibtisch ihren Rücken zu. Bloß nicht weiter dran denken… Als sie das Zimmer wieder verließ schien ihr die Sonne direkt ins Gesicht. Kurz musste sie ihre Augen zusammenkneifen, bis sie sich wieder an das Licht gewöhnt hatten. So toll das Wetter auch war… Es war einfach zu heiß! Auch wenn Ruffy das nicht zu stören schien. Wie ein Irrer hetzte er von einer Seite des Schiffes auf die andere. Immer sein breites Lächeln aufgesetzt. Unglaublich wie viel Energie ein einzelner Mensch haben konnte! Ob der als Kind auch schon so nervig war…? Schnell huschte sie an dem Schwarzhaarigen vorbei. Die Orangehaarige hatte grade wenig Lust auf den Kerl. Wer weiß, welchen Blödsinn er nun wieder anstellen würde?! Nami lief die Treppen hoch und verschwand schnell in der angenehm kühlen Küche. Robin und Brook saßen lachend am Tisch während Sanji hinter der Theke stand und Tassen abtrocknete. Doch als er Nami entdeckte, ließ er alles stehen und liegen und schwebte regelrecht auf den Neuankömmling zu. Eine Tasse dampfenden Kaffees in der Hand. „Nami- Mausi! Hier bitte, dein Kaffee! Mit viel Liebe gemacht!“ Ob er damit auch das Herz aus Milchschaum und Kakaopulver meinte? „Danke, Sanji.“, lächelte sie ihm entgegen und setzte sich auf ihren Platz am Tisch wo sie erst einmal ihre Karte ablegte. Nur wenige Sekunden später stand die Tasse mit dem dampfenden Getränk vor ihr. „Bitte sehr, meine Dame. Falls du noch irgendetwas möchtest, sag mir einfach bescheid!“, sagte er mit der Stimme eines Oberkellners. Das war wohl seine Masche aus Baratié- Zeiten. „Mach ich.“, lächelte Nami zurück und der Koch tänzelte mit hochrotem Gesicht zurück in seine Küche. Die Navigatorin nippte vorsichtig an ihrem Getränk - es war köstlich – und widmete sich dann der Karte neben ihr. Sie rollte das Stück Papier aus und betrachtete es eingehend. Immer wieder sah sie hinunter auf ihren Arm, wo ihr Lockport ruhte, und verglich den Kurs mit der Karte. Sie versank völlig in ihren Gedanken und nahm bald nichts mehr um sich herum wahr. Sie war voll und ganz in ihrem Element. Und erst ein lauter Knall brachte sie wieder in die Realität zurück. Nami schreckte hoch und verschüttete dabei einen Teil ihres, mittlerweile kalten, Kaffees über ihrer Karte. Ihre Muskeln verkrampften sich vor Wut, als sie begriff, wer an dem Krach schuld war. „Ruffy…“, knurrte sie zwischen ihren Zähnen hervor. Der Schwarzhaarige war gerade wie ein Verrückter in die Küche gestürmt und rannte jetzt hinüber zur Theke hinter der schon Sanji sein Geschirrtuch fester umschloss. „Sanjiiii! Ich habe Hunger! Wann gibt es endlich was zu futtern?“ Seine Hände hatte er hinter dem Kopf verschränkt. „Wenn du hier so ein Theater machst, bekommst DU gar nichts!“, fauchte der Blonde zurück und Ruffy setzte seinen Schmollmund auf. „Ich will aber was essen…“, meinte er kleinlaut und legte seinen Kopf auf den Tresen, fast so, als hätte er nicht mehr genug Kraft, ihn aufrecht zu halten. So ein kindischer, kleiner… Erneut krachte die Tür gegen die Wand. Zorro, Franky und die anderen betraten nun ebenfalls den Raum. Keiner von ihnen sah so wirklich glücklich aus. „Hey, Aushilfskoch! Wann gibt es endlich was zu essen? Wir haben hunger!“, war es Zorro, der sich lautstark beschwerte, als er sich an den Tisch auf einen der Stühle fallen ließ. Sanji und Nami seufzten gleichzeitig. So ein kindischer Haufen! Wie konnten die nur eine der meistgesuchten Piratenbanden der Welt sein? Die Marine war auch nicht mehr das, was sie einmal war… „Nami? Wann erreichen wir endlich die nächste Insel?“ Die Angesprochene zuckte zusammen. Sie war komplett in Gedanken versunken gewesen und hatte nicht gemerkt, wie nah ihr der Schwarzhaarige gekommen war. Er saß ihr gegenüber und hatte sich über den Tisch zu ihr gebeugt. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt… Die Navigatorin zuckte mit wild pochendem Herzen und heißen Wangen zurück und ihr Kapitän starrte sie erwartungsvoll an. Er wartete noch immer auf eine Antwort. Begriffsstutzig. Glück für Nami. Sie versuchte sich wieder zu beruhigen und sich nichts anmerken zu lassen. „Ich war gerade dabei das auszurechnen, als ich wegen deinem Auftritt meinen Kaffee über die Karte geschüttet habe.“, sagte sie mit ganz ruhiger und bedrohlicher Stimme. Ruffy rutschte etwas von Nami weg und setzte sich gerade auf seinen Stuhl. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Tief einatmen. „Ich denke, wir werden die neue Insel, „Yami“, morgen gegen Mittag erreichen. Soweit ich weiß, liegt die Insel fast immer unter dichten Wolken begraben und hat daher ihren Namen. ‚Dunkelheit’. Die Insel ist einer der Orte an denen es den meisten Niederschlag gibt. Wir sollten uns also auf nasses Wetter einstellen.“, erklärte sie ihren Freunden, die zustimmend nickten. „Nami- Maus ist einfach immer bestens informiert!“, hörte sie jemanden sagen, als ein Teller köstlich riechenden Essens in ihrem Blickfeld auftauchte. Sanji wuselte gerade aufgeregt um die beiden Damen der Bande herum und servierte ihnen ein wahres Kunstwerk, während die Teller der anderen keinen Preis gewinnen würden. Sofort begann das Geschrei und alle stützen zu ihren Plätzen, um ihr Essen gegen den schwarzhaarigen Kapitän zu verteidigen, der sofort anfing, sich das Fleisch seiner Crew unter den Nagel zu reißen. Damit war ihre Einweisung wohl beendet. Jetzt würde ihr sowieso keiner mehr zuhören. Nami seufzte und sie konnte nicht verhindern, dass sich ihre Augen genervt rollten. Schnell packte sie ihre Utensilien vom Tisch, bevor diese noch Schaden nahmen und begann es sich schmecken zu lassen. Doch während des gesamten Essens, hing die Navigatorin ihren Gedanken nach. Wieder war dieses schlechte Gefühl da. So, als ob etwas nicht stimmte. Und sie konnte es nicht leugnen: Sie machte sich sorgen. Vor allem um ihre Freunde. War es keine so gute Idee diese Insel anzufahren? Wirklich nötig wäre es nicht. Sie wollten lediglich einkaufen und nach langer Zeit wieder an Land gehen. Die Beine vertreten. Während die anderen noch lautstark aßen, war ihr der Appetit vergangen. Sie hatte ihren Teller beiseite geschoben und betrachtete nun wieder eine ihrer Karten. Eine Strähne ihres langen, orangefarbenen Haares wickelte sie ständig wieder um ihren Finger. Es ging einfach nicht weg. Das Gefühl etwas ziemlich Offensichtliches übersehen zu haben… „Fräulein Navigatorin? Alles in Ordnung?“ Robins Blick lag wohl schon eine geraume Zeit auf ihr, doch erst jetzt nahm die Angesprochene es bewusst wahr. Ziemlich verlegen darüber, dass ihre Freundin scheinbar wieder in ihrem Gesicht alles lesen konnte, was in ihr vorgeht, starrte sie weiter auf das Stück Papier vor ihr. „Ja, alles ok. Ich denke nur über etwas nach.“ Sie sagte es nicht laut und bei dem Geräuschpegel, der in dieser kleinen Küche herrschte, war sie sich nicht mal sicher, ob Robin es hören würde. Und bevor sie noch weiter nachfragen würde, kramte die junge Frau ihre Sachen zusammen und stand auf. Einige der Anwesenden richteten ihre Augen auf sie. Nami lächelte leicht. „Ich geh noch mal in die Bibliothek. Ich muss noch etwas erledigen.“, meinte sie leise und winkte den anderen zum Abschied, wobei ihr Blick auf dem Schwarzhaarigen hängen blieb. Doch dieser war gerade damit beschäftigt zu testen, wie viel Fleisch er in seinen dehnbaren Mund bekam, weshalb er Namis Gehen nicht mal bemerkte. Einige „Gute Nacht“- Wünsche der anderen vernahm sie noch, ehe die Tür sich hinter ihr schloss. Es war dunkel geworden. Die ersten Wolken bedeckten den Himmel und versteckten so zeitweise den leuchtenden Mond am Himmel. Nami atmete die frische, noch immer lauwarme Luft ein und genoss den Duft des Meeres. Sie war sauer. Auf sich selbst. Seit wann war sie so ein Spielverderber? Wo war ihre ganze Energie geblieben? Sie erkannte sich selbst nicht wieder! Und das war ein Gefühl, was sie ziemlich verabscheute. Schon damals, als sie noch zu Arlongs- Bande gehört hatte. Immer dieses Verstellen und nicht Ich-selbst- sein. Wie sehr sie es doch gehasst hatte… Sie warf einen letzten Blick auf die ruhige See. Diese Nacht sollte ruhiger werden, als die letzte. Und das war der Navigatorin ziemlich recht. Mir wenigen Schritten erreichte sie die Bibliothek des Schiffes, an deren Ende hunderte von Büchern lagerten. Der größte Teil davon gehörte der Archäologin und dem Schiffsarzt. Doch auch von ihr fanden sich in einer Ecke ein paar der Bücher, die sie eher selten nutze und deshalb nicht in ihrem Zimmer aufbewahrte. Sie schnappte sich ein Exemplar und setzte sich vor eines der Fenster. Obwohl sie die Lampen eingeschaltet hatte, spürte sie das Licht des Mondes in ihrem Rücken. Es war ein schönes, aber gleichzeitig unheimliches Gefühl. Sie fühlte sich beobachtet. Und sie wusste auch, wie dumm das war. Sie zwang sich endlich mit dem Lesen anzufangen und schaffte es so, ihre Umwelt komplett auszublenden. Erst ein Gähnen ihrerseits brachte sie dazu, von ihrem Buch aufzuschauen und zu merken, wie spät es eigentlich schon war. Sie hatte fast das ganze Buch gelesen! Es musste schon weit nach Mitternacht sein! „Du hast es wieder übertrieben…“, meinte sie leise zu sich selbst, stellte das Buch zurück ins Regal und streckte sich erst einmal. Sie war doch müder, als sie gedacht hatte und entschloss sich, nun endlich ins Bett zu gehen. Sie öffnete die Tür und betrat die Hauptterrasse, wo ihr gleich ihre Orangenbäume ins Auge fielen. Sofort kamen die Erinnerungen ihrer Kindheit wieder hoch. Was machte ihre Schwester Nojiko wohl gerade? Oder die anderen aus dem Dorf? Sie war ja nun schon mehrere Jahre nicht mehr in Kokos gewesen… Doch Nami war sich sicher: Es ging ihnen gut! Sie hatten schon viel bewältigt, also musste sie sich keine Sorgen machen. Und trotzdem freute die Navigatorin sich schon riesig auf ein Wiedersehen. Nur wusste niemand, wie lange es bis dahin noch dauern würde… Ein Geräusch ließ sie aufhorchen. Etwas hatte am anderen Ende des Schiffes geknallt. Hatte sie etwa doch recht gehabt? War da jemand unbemerkt auf die Sunny gekommen? Mit pochendem Herzen schlich sie sich vorsichtig an den vorderen Teil der Terrasse heran und linste zwischen den Holzstäben der Geländer hindurch, um den Eindringling zu sehen. Die Nacht war dunkel und der Mond größtenteils von Wolken vergangen. Dennoch war alles schemenhaft zu erkennen. Plötzlich war ein leises Fluchen zu vernehmen und Nami stutzte. War das nicht…? Sie richtete sich wieder auf, sah in die Richtung des Löwenkopfes und erkannte eine zierliche Gestalt. Was machte er hier um diese Uhrzeit? Langsam schlich die junge Frau über das Deck des Schiffes, bis sie kurz hinter dem Schwarzhaarigen stehen blieb. Er hatte seine Hände auf der Reling abgestützt und starrte gedankenverloren in den Himmel. Er schien sie überhaupt nicht bemerkt zu haben. So nachdenklich und ruhig hatte sie ihren Kapitän noch nie gesehen. Er wirkte so… traurig. Was war bloß los mit ihm? „Ruffy?“ Ihre Stimme war zwar nur ein Flüstern und kaum lauter als die kleinen Wellen, die gegen das Holz der Sunny schwappten, doch bei seinem Namen ging ein Ruck durch seinen Körper. Verwundert drehte er seinen Kopf zu ihr und sah sie fragend an. „Nami? Was machst du denn hier?“ Lässig drehte er sich zu ihr um, nachdem er sie erkannt hatte und setzte sein übliches Grinsen wieder auf. Doch es wirkte nicht echt. Nami war lange genug mit ihm befreundet um zu wissen, was in dem Chaoten vor sich ging. Sie kannte sein Lächeln nur zu gut. Trotzdem ging sie auf sein Spielchen ein. „Nichts Besonderes. Ich war noch in der Bibliothek und habe ein Buch gelesen. Hab wohl irgendwie die Zeit vergessen.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Aber warum bist du noch wach? Du bist doch sonst immer die größte Schlafmütze, die es hier gibt! Außer Zorro natürlich, aber der ist nun wirklich kein Maßstab.“ Er lächelte. Und es sah echter aus, als sein letzter Versuch. Namis Herz verkrampfte. Sie wusste, dass ihn etwas sehr beschäftigte, doch sie wusste nicht, wie sie ihm helfen konnte… „Damit hast du wohl Recht!“, kicherte er nur und sah wieder auf das schwarze Meer. Er war ihrer Frage ausgewichen. Wollte er nicht mit ihr reden? Sollte sie lieber gehen und ihn in Ruhe lassen? Konnte sie das? Die Orangehaarige atmete tief ein. Sie ging ein paar Schritte nach vorne und stützte sich neben ihrem Freund auf die kalte Reling. Das Wasser war ruhig und einzelne Sterne tanzten auf der Wasseroberfläche. Eine kühle, aber angenehme Briese kam ihr entgegen. „Ruffy, ich… Wenn du… Ach, ich habe keine Ahnung wie so etwas geht.“, nervös spielte sie mit ihren langen Haaren. Er rührte sich nicht. „Aber ich verdanke dir viel. Sehr viel und das weißt du. Falls irgendetwas mit dir los ist… Ich denke, wenn ich will, kann ich ein guter Zuhörer sein und auch mal nichts sagen… Wenn ich mir große Mühe gebe.“ Ein kleines Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. Sie versuchte ruhig zu bleiben und nicht zu zeigen, wie nervös sie in diesem Moment war. Ihr Herz schlug unangenehm gegen ihren Brustkorb. Es folgte ein unangenehmes Schweigen. Hätte sie doch nicht fragen sollen? Wahrscheinlich wollte er gar nicht reden. Und schon gar nicht mit jemandem wie ihr. Sie atmete tief ein. Mit einer flüssigen Bewegung stieß sich die junge Frau vom Geländer ab und drehte sich um. Ihr Blick schweifte kurz über das verlassene Schiff und ihr Kopf suchte fieberhaft nach einer guten Idee, um in ihr Zimmer verschwinden zu können. Doch grade, als sie den Mund öffnen wollte, kam er ihr zuvor. „Ich weiß jetzt, was du damals gefühlt haben musst.“ Nami hielt inne. Was? „Was… meinst du?“, fragte sie unsicher. Erneut schlug ihr Herz bis zum Hals und ihre Wangen glühten vor Aufregung. „Damals. Was du über Bellemere erzählt hattest.“ Bellemere? Woher wusste er davon? Er hatte das doch damals gar nicht mitbekommen! Doch die Navigatorin war nicht in der Lage zu antworten. Ihre Stimme versagte. „Ich habe gehört, wie du es Robin erzählt hattest. Natürlich nicht mit Absicht, aber er hattet mich damals nicht bemerkt. Und jetzt weiß ich, was es heißt, die wichtigste Person im Leben zu verlieren und… sich einsam zu fühlen.“ Seine Stimme war ruhig und emotionslos. Das Lachen, was sonst immer in seinen Worten lag, war komplett aus ihnen verschwunden. Er klang so… erwachsen. Nami hatte ihn noch nie so erlebt. Er war in diesem Moment nicht mehr der Junge, den sie damals kennengelernt hatte. Bis zu diesem Moment hatte sie nicht bemerkt, wie sehr er sich in den vergangenen zwei Jahren verändert hatte. „Ja, es tut weh.“, kam es leise von ihr. Erschöpft lehnte sie sich zurück, um sich auf das Geländer zu setzen. Langsam ahnte sie, worauf er hinaus wollte. „Wird es jemals aufhören so wehzutun?“ Mit jedem Wort wurde er leiser, bis seine Stimme fast vom Ozean verschluckt wurde. Wie sehr sie sich in diesem Moment wünschte, einfach ‚Ja’ sagen zu können. Ihm einen Teil seines Schmerzes zu nehmen! Doch das konnte sie nicht. Sie wusste es besser. „Nein. Es wird nie besser. Die Schmerzen werden lediglich irgendwann in den Hintergrund treten.“ Und wenn sie wieder hervorkommen, tut es jedes Mal wieder genauso weh… Er seufzte laut. „Das habe ich befürchtet.“ Ruffy legte den Kopf auf seine auf der Reling ruhenden Arme. „Weißt du… Jede Nacht sehe ich es wieder und wieder. Diesen einen Moment. Ace hatte mich beschützt. Nur weil ich zu schwach war, ist er verletzt worden… Jedes Mal wenn ich sein Gesicht sehe, seine Stimme höre, fühle ich mich unendlich einsam.“ Ein erneutes Seufzen. Nami nickte bloß. Sie und die anderen hatten, seit ihrer erneuten Zusammenkunft, gemerkt, dass ihn die Sache mit seinem Bruder sehr bedrückte und sein Lächeln nicht so echt war, wie noch vor den zwei Jahren. Doch niemand hatte sich getraut ihn drauf anzusprechen. Sie hatten gedacht, er würde sowieso nicht darüber reden wollen. Um so überraschter war die Navigatorin darüber, dass er von alleine damit anfing. Doch sie wusste genau, dass das ihre Chance war, den ‚alten’ Ruffy wiederzubekommen… Ruffys Schmerzensschrei hallte über das verlassene Deck der Sunny. Er rieb sich seinen Kopf genau an der Stelle, an der jetzt eine große Beule saß. Namis Faust zitterte noch von der Wucht des Schlages. „Hey! Was bitte sollte das denn? Das tat weh!“, jammerte der Schwarzhaarige und guckte seine Freundin wütend an. „Das war für den Schwachsinn, den du da gerade erzählt hast! Ace hätte dir auch eine runter gehauen, wenn er eben da gewesen wäre!“ Dafür erntete sie einen fragenden Blick seitens ihres Käpt’ns. Nami stemmte ihre Hände in die Hüfte und schüttelte ihren Kopf. „Ace hat dich gerettet, weil er wollte, dass du lebst! Und nicht weil er dachte, du wärst zu schwach, um das alleine zu schaffen! Was meinst du, würde er dazu sagen, dass du das Leben, was er dir geschenkt hatte, so betrachtest? Als blöder Wink des Schicksals? Und was heißt hier überhaupt ‚einsam sein’? Wir sind wohl gar nichts, oder was? Jeder einzelne von uns hat fieberhaft versucht, wieder zurück zu kommen und dir zu helfen! Wir ärgern uns selber genug darüber, dass wir der Marine nicht auch in den Arsch treten konnten!“ Und sie wusste, wie wahr ihre Worte waren. Es war noch kein Tag vergangen, an dem nicht irgendjemand sich beschwert hatte, dass sie Ruffy in seiner schwersten Stunde nicht beistehen konnten! Und Nami dachte da nicht anders… Der Schwarzhaarige war scheinbar in eine Art Starre gefallen. Er rührte sich keinen Millimeter. Die Augen weit aufgerissen. Sie hatte ihn scheinbar erreicht… Genüsslich streckte sich die Orangehaarige erneut, ehe sie sich ein letztes Mal an ihren Freund wendete. „Also jetzt hör auf dir über so einen Mist Gedanken zu machen. Du solltest eher an dein großes Ziel denken, bei dem Ace dich immer unterstützt hat: Werde endlich Piratenkönig! Und wenn du ihn dann wieder siehst, kannst du ihm wenigstens zeigen, dass sein Opfer nicht umsonst war. Und jetzt geh ins Bett.“ Nami konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als sie sich in Richtung des Mädchenschlafzimmers aufmachte. Sein Gesicht hatte Bände gesprochen. Er schien wirklich darüber nachzudenken. Wie selten. Doch in diesem Moment konnte sie den nächsten Morgen kaum erwarten... Wie sehr hatte sie sich damals gewünscht, diese Worte zu hören… Damals, als sie dieses kleine Licht unbedingt gebraucht hatte. Wie sehr hatte sie sich jemanden gewünscht, der ihren Schmerz teilen konnte… Kapitel 3: Ankunft in der Dunkelheit ------------------------------------ Kapitel 3 – Ankunft in der Dunkelheit Schon seit einer gefühlten Ewigkeit starrte die junge Frau bereits die Decke über ihr an. Regungslos lag sie in ihrem Bett und ging die Situation in der Nacht immer wieder durch. Hatte sie etwas Falsches gesagt? Ruffy hatte ihr zum ersten Mal seine Gefühle offenbart. Er hatte ihr, und nur ihr, gezeigt, wie sehr ihn der Tod seines Bruders beschäftigte. Hätte sie also anders mit ihm umgehen sollen? Normalerweise war er ja nicht besonders gefühlsgetrieben, aber trotzdem war Nami sich nicht sicher, ob sie ihn nicht mehr hätte trösten sollen. Aber wäre anlügen und sagen, dass alles bald wieder gut wird, soviel besser gewesen? Hätte ihm das nicht auf Dauer noch mehr Schmerzen bereitet? Egal was der Kerl auch machte… Immer artete es ins Unmögliche aus… Nami seufzte. Erneut traute sich in kleiner Sonnenstrahl durch die verhangenen Fenster. Kleine Staubteilchen schwebten fast bewegungslos in der Luft. Doch immer, wenn sie der Navigatorin zu nahe kamen, tanzten sie im Strom ihres regelmäßigen Atems. Aber die Lichtstrahlen blieben nicht mehr lange. Das immer kürzer werdende Intervall ließ vermuten, dass die Wolken am Himmel dichter wurden. Bald würde die Sonne ganz hinter dem Meer aus schwarzen Wolken verschwunden sein. Die nächste Insel dürfte nicht mehr weit weg sein. Ihre Berechnungen stimmten also. Die Orangehaarige konnte nicht ganz umhin, erleichtert zu sein. Nach der Sache mit dem Sturm hatte sie schon etwas an ihren Navigationskünsten gezweifelt. Vielleicht verlernte man sowas, wenn man mehrere Jahre auf einer Wolke umherschwebte und den Ozean an sich nur wenige Male sah? Sie seufzte erneut. Wie sehr ihr das Meer doch gefehlt hatte… Noch immer lag sie regungslos auf ihrem Bett. Je näher sie der Insel kamen, desto penetranter wurde das schlechte Gefühl in ihrem Magen. Sie hatte daher schon auf das Frühstück verzichtet und so getan, als würde sie noch schlafen. Darum war Robin am frühen Morgen ohne sie gegangen. Doch irgendwie ließ Nami das Gefühl nicht los, als ob ihre Freundin gewusst hätte, dass sie nur so tat, als würde sie schlafen. Warum hatte sie dann aber nichts gesagt? Es sollte der jungen Frau zu denken geben… „Frau Navigatorin? Die Insel ist in Sicht.“ Nami zuckte zusammen. Sie war so sehr auf die kleinen Staubfussel in ihrem Sichtfeld vertieft, dass sie nicht einmal gehört hatte, wie ihre Mitbewohnerin die Tür geöffnet hatte. Sie drehte ihren Kopf in Richtung der Stimme und sah die Schwarzhaarige lächelnd im Türrahmen stehen. „Du solltest dich langsam fertig machen, wenn du nicht in Schlafkleidung vor die Tür willst.“ Klang da etwa etwas Spott in ihrer Stimme mit? „Was denn? Gefällt dir mein Outfit etwa nicht?“, gab sie nun, ebenfalls lächelnd, zurück. „Doch, du siehst hinreißend aus. Besonders dieser entzückende Haarkringel gefällt mir.“, lachte sie und zeichnete mit ihrem Finger eine verwirbelte Schleife in die Luft. Die beiden Frauen kicherten. „Danke Robin. Ich komme sofort. Trommel schon mal alle zusammen.“, meinte sie und schwang sich gekonnt aus dem Bett. Müde rieb sie sich über die Augen. Die Nacht war doch ziemlich kurz gewesen… „Natürlich.“, kam es noch von der Archäologin, ehe sie das Zimmer verließ und die Holztür wieder hinter sich schloss. Dadurch, dass Robin die Tür geöffnet hatte, kam der einzigartige Geruch von Regen in das kleine Zimmer. Und Regen bedeutete: es wird kalt. Schnell kramte sie in ihrem großen Kleiderschrank und entschied sich letztendlich für eine lange, blaue Hose und ein schlichtes orangefarbenes T-Shirt. Dazu zog sie sich noch eine dickere Jacke mit Kapuze über, um wenigstens etwas gegen den Regen geschützt zu sein. Nami atmete noch einmal tief durch. Mal sehen, was der Tag so bringen würde… Mit schnellen Schritten durchquerte sie das Zimmer und öffnete die Tür. Sogleich trafen die ersten, kalten Regentropfen auf ihre Haut und sie zog sich die Kapuze tiefer ins Gesicht. Der Himmel war grau und Wolken verhangen. Von dem strahlenden Blau war nichts mehr zu sehen. Und wie Nami es geahnt hatte, rührte sich kaum ein Lüftchen. Es reichte gerade mal, um das Schiff noch im Schneckentempo vorwärts zu bewegen. Sie ließ ihren Blick über die Sunny gleiten. Sie sah die meisten ihrer Freunde über das Deck huschen. Dick verpackt in mehreren Schichten Kleidung. Nami stellte erfreut fest, dass sie wenigstens in diesem Punkt auf sie gehört hatten. Doch ihre Suche galt einer bestimmten Person. Auch wenn sie irgendwie damit gerechnet hatte, war sie in diesem Moment sehr froh es wirklich zu sehen. Ruffy stand am vorderen Teil des Schiffes und sah mit leuchtenden Augen auf die Insel, die sich bereits am Horizont abzeichnete. Ein strahlendes, und vor allem echtes, Lächeln zierte sein Gesicht. Was auch immer passiert war, nachdem sie ihn in der Nacht zurückgelassen hatte, hatte ihn wieder zu dem Menschen gemacht, dem alle hier blind vertrauten. Demjenigen, dem alle auf diesem Schiff ihr Leben verdankten. Dem Menschen, dem sie bedingungslos folgten. „Buooooah! Da ist sie, da ist sie! Endlich!“ Die Stimme ihres Kapitäns hallte über das Deck, untermalt von dem monotonen Platschen der zahlreichen Regentropfen auf dem Holzboden. Aufgeregt sprang er auf der Stelle auf und ab und ließ bereits seine Finger knacken. Er schien mit mehr als einem einfachen Shoppingausflug zu rechnen. Sie musste also wieder aufpassen, dass er nichts Blödes anstellte… Langsam kam die Insel immer näher. Die kleinen Wellen schaukelten die Sunny sanft über den Ozean. Der Himmel wurde dunkler und dunkler, je näher das Land heran rückte. Doch gleichzeitig begannen kleine Lichtpunkte die Dunkelheit aufzulockern. Eine riesige Stadt kam in Sicht. Die ganze Küste begann zu glühen, was der Insel ein wirklich mysteriöses Aussehen verlieh. Es würde bald Zeit werden, anzulegen. "Sanji, Zorro! Macht den Anker klar! Wir werden am westlichen Ende der Insel einen Ankerplatz suchen!", schrie die Navigatorin über das Deck und die beiden Männer begannen sofort. Einer voller Enthusiasmus, der andere grummelnd. "Franky?" Der große Cyborg erschien auf der Steuerterrasse. "Dreh das Schiff um 20° nach Westen! Und sei vorsichtig, hier sollen Riffe nahe der Küste sein!" Dieser nickte und zog die Thousand Sunny in die gewünschte Richtung. Die anderen, die zurzeit nichts zu tun hatten, versammelten sich alle auf dem Grasdeck, von wo aus sie gleich das Schiff verlassen würden. "Das wird bestimmt wieder ein spannendes Abenteuer!", grinste Lysopp. Seine zitternden Beine versuchte er so gut es ging zu überspielen. "Aber wenn was passiert...", kam es von dem kleinen Schiffsdoktor, welcher sich hinter Namis Orangenbäumen versteckt hatte. Natürlich so, dass man noch alles von ihm sehen konnte. "Ich werde schon auf dich aufpassen! Keine Sorge!", lachte der Kanonier der Crew selbstsicher, während ihm die Schweißperlen nur so von der Stirn flossen. Die anderen grinsten still in sich hinein. Nami war voll und ganz auf das Navigieren konzentriert. Selbst durch das fast schwarze Wasser und die, durch den Regen, unruhige Oberfläche, sah sie schon die ersten Riffe. Gleich würde sich zeigen, wie gut ihre Karte, die sie aus allen möglichen Informationen selbst erstellt hatte, war… Der Hafen der Stadt war zum Bersten gefüllt. Dort hätte sowieso kein Schiff mehr Platz gefunden. Doch es war früh klar, dass sie lieber abseits ankern wollen. Piraten sind nicht wirklich herzlich willkommen. Und wer weiß, was diese kleine Insel ihnen für einen Empfang bereitet hätte? Nein, das wollten sie ihrer Sunny nicht antun… Etwas außerhalb der Stadtgrenze machte Nami eine kleine, ruhig gelegene Bucht aus, in der sie gleich vor Anker gingen. Der Navigatorin fiel ein Stein vom Herzen, als sie ohne einen Kratzer angekommen waren. Ihre Informationen hatten sich also als richtig erwiesen. Ruffy war der erste, der durch das seichte Wasser an Land ging. Er hatte keine Lust gehabt sich eine Jacke anzuziehen, weshalb er bereits jetzt bis auf die Knochen durchnässt war. Genau wie Brook, der mal wieder einen seiner Witze reißen musste. Alle außer Ruffy, Brook und Franky fanden den Regen weniger witzig. In dicke Jacken gehüllt versuchten sie den Regen wenigstens etwas von ihnen fern zu halten, was nur teilweise gelang. „Lasst uns endlich in die Stadt gehen und aus diesem blöden Regen rauskommen.“, kam es von der Orangehaarigen, deren Pony bereits tropfend in ihrem Gesicht hang. „Jaaaa! In die Stadt!“, freute sich der schwarzhaarige Kapitän und stiefelte gleich voller Vorfreude voraus. Der Rest folgte ihm in freudiger Erwatung. Der Plan für den heutigen Ausflug stand bereits seit sie vor ein paar Tagen erfahren haben, dass sie diese Insel besuchen würden. Nami hatte sich der Kleidungs- und Büchershopping- Gruppe, bestehend aus Robin und Chopper, angeschlossen. Mit den Jungs Waffen, Essen oder sonstiger, zur Reparatur des Schiffes benötigter, Sachen einkaufen zu gehen, wollte sie absolut nicht. Von Sanjis Erzählungen wusste sie genau wie chaotisch und nervtötend diese Ausflüge waren… Doch der übliche Eifer, den die Navigatorin an den Tag legte, wenn es um Klamotten kaufen ging, fehlte. Zum Wunder Namis selbst. Die letzten Tage saßen ihr noch ziemlich präsent im Kopf. Das Gefühl, plötzlich keine Luft mehr zu bekommen, zu ertrinken… Sie seufzte. Warum spann sie plötzlich so rum? Das Meer war schon seit Jahren ihr Zuhause! Sie wusste, welche Gefahren auf der See lauerten! Warum machte sie dann dieser kleine Vorfall so verrückt? Bald schon erreichten sie die Stadt. Trotz der allgegenwärtigen Dunkelheit, die die dichte Wolkendecke verursachte, waren die Häuser und Straßen hell erleuchtet. Überall säumten Lampen die steinernen, schwarzen Hauswände und schaffen es, den hellen Straßenbelag leuchten zu lassen. Die ganze Stadt malte einen hellen Lichtkegel in die zahllosen Wolken und ließ diese gräulich erscheinen. Lautlos mischten sich die Crewmitglieder zwischen die vielen Menschen, die geschäftig auf den Straßen unterwegs waren. Die meisten hatten lange Regenmäntel an oder hielten einen Schirm über ihren Kopf, um sich vor dem Regen zu schützen. Doch trotz des schlechten Wetters war die Stimmung der Menschen überdurchschnittlich gut. Von überall her erklang Lachen und die Gesichter der Bewohner waren oft von einem Lächeln verziert. Viele unterhielten sich mit Freunden und Nachbarn. Der größte Teil des städtischen Lebens schien auf der Straße statt zu finden. Und die näher sie der Stadtmitte kamen, desto belebter wurde sie. Bars, Cafés, Geschäfte standen Reihe an Reihe und luden zum Einkaufen ein. Und plötzlich hörte der Regen schlagartig auf. Verwundert blieben die Strohhüte stehen und hoben fragend ihren Kopf. „Das ist ja der Wahnsinn!“, war es Ruffy, der zuerst seine Sprache wieder fand. Sofort trat ein seltsam bewundernder Ausdruck in seine Augen. Auch Nami war beeindruckt, dass konnte sie nicht leugnen. Alle Straßen der Innenstadt schienen mit einer halbkugelförmigen Konstruktion aus Glas überdacht worden zu sein, welche zusätzlich mit hunderten kleiner Lampen, die sich wie in einem Netz aneinanderreihten, verziert war. So blieb das Einkaufsviertel, und vor allem die Menschen, die sich dort aufhielten, von dem ewigen Regen verschont. Und hell war es auch noch. Es kam einem fast so vor, als würde die Sonne scheinen. Die Navigatorin streifte sich die Kapuze vom Kopf und bewunderte die vielen, hellen Lichter über ihr. „Die Menschen hier scheinen sich gut mit dem Wetter abgefunden zu haben.“, lächelte Robin, die ebenfalls noch das Glaskonstruckt über ihnen bewunderte. „So ist es doch gleich viel besser.“, meinte Franky dazu und versuchte sich die Wasserperlen von seinen Armen zu wischen. Nami konnte nichts anderes als ihm nickend zuzustimmen. „Na dann kann es ja losgehen!“, schrie Ruffy aus der ersten Reihe und stiefelte gleich freudestrahlend los. Die ersten Leute starrten bereits tuschelnd zu den Fremden herüber. Die Navigatorin seufzte. Es hatte ja nicht lange gedauert, bis sie im Mittelpunkt des Geschehens standen. Doch Ruffys gute Stimmung verwunderte sie etwas. Er war mit dem ruhigen Jungen von gestern Nacht nicht mehr zu vergleichen. Sein Lachen schien schon fast wieder ‚normal’ zu sein. Ihr fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Sie hatte ihm ein bisschen seines Schmerzes nehmen können… „Zorro, sieh mal! Ein Laden voller seltsamer Waffen!“ Ruffy drückte sein Gesicht unnötigerweise dicht an das Schaufenster, als er seinen Freund zu sich herüber winkte. Der Grünhaarige war, auf seine Art, gleich Feuer und Flamme und es dauerte nicht lange, bis die Hälfte der Gruppe in dem Geschäft verschwunden war. „Ich werd dann auch mal gehen, meine Damen. Wir sehen uns hoffentlich so schnell wie möglich wieder. Ich vermisse euch jetzt schon!“, säuselte der Blonde dramatisch und Robin grinste ihn freundlich an. „Sanji, geh einfach.“, gab Nami genervt zurück und schüttelte den Kopf. „Sofort, Nami- Maus!“, meinte der Koch, während er kurz salutierte und dann im Gedränge verschwand. Jetzt waren nur noch Robin, Chopper und Nami übrig. Gemütlich schlenderten sie durch die Einkaufsmeile der Stadt. Von Minute zu Minute schienen mehr Menschen aufzutauchen, sodass sich die Straßen immer mehr zu füllen begannen. Bald konnten die drei sich - trotz eines sprechenden Rentiers – relativ ungesehen bewegen. Wahrscheinlich hielten sie ihn für einen kleinen, seltsamen Hund oder ähnliches. Einen Hund mit großer, blauer Mütze jedenfalls. Es dauerte nicht lange, bis sich auch endlich Namis Stimmung besserte. Sie hatte viel Spaß dabei mit ihren Freunden Kleidung und Bücher zu kaufen. Sie standen lange, schweigend, vor irgendwelchen Regalen, um dann später aufgeregt über ihre Einkäufe zu berichten. Mit jeder Minute wurden es mehr Tüten, bis sie irgendwann nicht mehr wussten, wie sie die noch tragen sollten. Daher hatten die drei bald die Idee, sich ein Café zu suchen, um wenigstens kurz ihre schon schmerzenden Arme etwas zu entlasten. Die Auswahl war riesig und so entschieden sie sich, das erst beste zu nehmen. Ein Café namens „Sakura“, welches scheinbar nur noch einen Tisch nahe den Schaufensterscheiben frei hatte. Nicht ohne einigen Leuten ihre Taschen in die Seite zu rammen, quetschten die Piraten sich durch die Tischreihen, um zu dem Platz in der Ecke zu kommen. Nami ließ ihren Blick schweifen. Durch die vielen Menschen, die fast jeden Platz des Cafés ausfüllten, herrschte ein ziemlich lauter Geräuschpegel. Es waren viele Frauen dort, die sich in kleinen Grüppchen zusammengesetzt hatten. Beim Vorbeigehen schnappte die Orangehaarige einige Wortfetzen auf, doch die Themen gingen nicht weiter als die Party am letzten Abend, einer Frau, die schon wieder einen neuen Freund hatte und einer hitzigen Diskussion darüber, wie Wein am effektivsten aus Kleidung entfernt wird. Hier würde sie also keinen neuen, und vor allem wichtigen, Informationen bekommen, so wie es aussah. Als sie den Tisch endlich erreicht, ihre Jacken zum Trocknen über die Stuhllehnen gehängt und sich hingesetzt hatten, schob sich auch schon die erste Kellnerin zu ihnen hindurch. „Was darf es sein?“, fragte eine junge, blonde Frau in einem hellblauen Hemd und schwarzer Hose freundlich. „Für mich einen Kaffee und einen Milchshake.“, lächelte Robin zurück. Sie bestellte für Chopper gleich mit, um eine Panik zu vermeiden. Das kleine Rentier saß nur ruhig daneben. Er erinnerte in diesem Moment sehr an ein Stofftier. „Ich nehme ebenfalls einen Kaffee und ein Stück von dieser Orangentorte.“, meinte die Navigatorin dann, als sie nun zu ihr herüber sah. Ihr Finger lag dabei auf der auf dem Tisch liegenden Speisekarte und zeigte auf ein Bild einer köstlich aussehenden Süßspeise. „Gerne.“, kam es von der Kellnerin, die noch einen kurzen, schiefen Blick auf Chopper warf, und sich dann zurück in die Küche schlängelte. Und schon begann Nami abzudriften. Das Gespräch über eines von Choppers neuen Büchern blendete die junge Frau komplett aus. Sie horchte lieber in den lauten Saal hinein, um immer wieder einige Bruchstücke aufzuschnappen. „…er hat doch tatsächlich bei ihr angerufen! Aber sie hatte nicht einmal Lust mit ihm zu reden…“ „…lass uns das morgen ausprobieren! Aber dann müssen wir noch…“ „…sie sollen schon wieder einen Diebeszug geplant haben. So heißt es jedenfalls. Und diesmal soll es um mehrere hundert Millionen Berry gehen!...“ „…und der eine Hund! Du hättest ihn sehen sollen! So was Süßes habe…“ Nami stockte. Was war das gerade? Sie reckte sich hoch, um die umstehenden Tische zu überblicken. Woher kamen diese Stimmen? Sie waren eindeutig männlich gewesen! Und tatsächlich gab es in ihrem Umkreis nur einen Tisch, an dem ausschließlich Männer saßen. Drei Stück. Hoch konzentriert versuchte sie dem Gespräch zu folgen. „Ein erneuter Coup? Die tanzen der Marine ja ziemlich auf der Nase herum, oder?“ „Pshhht! Das soll doch niemand hören! Ich verliere sonst meinen Job! Aber ja, bei uns im Hauptquartier ist die Hölle los! Ich hätte niemals gedacht, dass es wegen Nicht- Piraten mal so einen Aufstand geben würde!“ „Uhhhh.“, machten zwei der Männer erstaunt. Doch ihre Stimmlautstärke hatten sie trotzdem nicht verändert. „Diese Diebesbande soll einige verdammt gute Tricks auf Lager haben! Es ist noch niemandem gelungen, sie an einem ihrer Tatorte zu sehen! Und dabei waren wir, als Marine, auf solche Vorfälle vorbereitet!“ Ein erneutes anerkennendes Raunen. „Es ist auch nicht bekannt, wie viele es sind. Aber merkwürdigerweise hinterlassen sie bei ihren jüngsten Raubzügen immer die Zahlen ‚3’ und ‚7’. Wir werden einfach nicht schlau daraus!“ Ein Herz, das plötzlich aussetzte. Atem, der von einer Sekunde auf die andere einfror. Blut, das zu Eis gefror. „Ich habe gehört, dass sie zurzeit in dieser Stadt sein sollen…“ ******* Regen. Ein Tropfen nach dem anderen fiel auf ihre orangefarbenen Haare. Doch erst durch die Kälte wurde er ihr überhaupt erst bewusst. Sie hatte ihre Jacke nicht mitgenommen. Sie war zu aufgewühlt gewesen, um an irgendwas zu denken. Ihr Körper zitterte und ihre Muskeln schmerzten. Waren es Tränen oder Wassertropfen, die ihre Wangen herunter liefen? Der heiße Kaffee, den die Kellnerin auf ihr Shirt verschüttet hatte, als sie überstürzt, und ohne ihre Freunde noch einmal eines Blickes zu würdigen, das Café verlassen hatte, hatte sich bereits mit dem Regenwasser vermischt. War es möglich? Oder bildete sie sich wieder irgendwelche Dinge ein? Aber diese Zahlen! 3 und 7. ‚Nana’ die 7. Und ‚mi’ steht für die 3. ‚Nami’. Aber warum? Warum sollte sie gemeint sein? Vielleicht war es auch einfach eine besondere Zahl für diese Diebesbande! Diebe… Eine ganze Meute, die stielt. So viele Zufälle. Ihre langen Haare klebten unangenehm auf ihrer Haut. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass sie so weit gerannt war, dass sie die schützenden Glaskonstrukte der Stadt bereits verlassen hatte. Doch der Regen störte sie nicht. Es kam ihr eher so vor, als würde das Wasser ihren erhitzten Körper abkühlen. „Na, wen haben wir denn da?“ Nami blickte auf. Sie war einfach immer weiter gegangen, ohne auf die Richtung zu achten, bis sie sich in einer kleinen Seitengasse wiederfand. Von kalten Mauern eingeschlossen. Wasser perlte von den Dächern der angrenzenden Häuser und sammelte sich in großen Pfützen, die den Boden allmählich ganz bedeckten. Um sie herum stand eine Gruppe von Männern. Die meisten waren im Schatten verborgen. Nur einer wurde vom Licht einer nahen Fackel wenigstens teilweise beleuchtet. Er trat einen Schritt näher an die junge Frau heran. Ein schiefes Grinsen lag auf seinem markanten Gesicht. Seine schwarzen, langen Haare waren zu einem Zopf gebunden. Viele Narben zeichneten sich auf seiner dunklen Haut ab. Die Orangehaarige wurde nervös. Sie befand sich gerade in einer ziemlich ungünstigen Situation. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Von den fies guckenden Typen, die sie umstellt hatten, abgesehen. Eine Hand zuckte in Richtung ihres Klimataktstockes. „Wer seid ihr?“, fragte sie leise, aber mit fester Stimme. Sie wollte keine Angst zeigen. Doch das merkwürdige, schlechte Gefühl in ihrem Magen kehrte zurück. Ihr wurde übel. Sämtliches Blut wich aus ihrem Gesicht. Und kalter Schweiß trat auf ihre Stirn. „Du hast also meine Botschaft verstanden. Kluges Mädchen.“ Er überging ihre Frage. Seine Miene war triumphierend. Ihre Beine zitterten und die Kälte schlich sich bis in ihre Knochen. „Was soll das? Was wollt ihr von mir? Warum das alles?“ So viele Fragen, die ihren Kopf regelrecht zu sprengen drohten. „Lasst mich gefälligst in Ruhe, oder ihr werdet es bereuen.“, zischte sie so bedrohlich, wie sie nur konnte. Doch von den Männern kam nur ein abfälliges Lachen. Der Mann aus der vordersten Reihe trat noch einen Schritt näher an Nami heran, die es nur unter großer Anstrengung schaffte, ihren Körper auf der Stelle zu halten und nicht gleich panisch wegzurennen. Der glühende Blick aus seinen braunen Augen schien die Piratin regelrecht zu durchbohren, als er wenige Zentimeter vor ihr stehen blieb und ein Lächeln aufsetzte, welches ihr Blut sofort zu Eis gefrieren ließ. „Endlich habe ich dich gefunden. Nach so langer Zeit. Nami. Lust auf einen kleinen Spaziergang?“ Tropf. Tropf. Ein monotones Geräusch, welches die Luft erfüllte. Schlagende Herzen. Lächeln. Verzweiflung. Glück. Angst. So viele verschiedene Gefühle lagen nah beieinander. So viele Gedanken kreisten nur um ein Thema. Lüge, Wahrheit. Real, irreal. Gab es etwas, woran man sich festhalten konnte, wenn sich ein riesiges, bodenloses Loch unter den Füßen auftat? Tropf. Tropf. Eine Gruppe von Männern schlich durch die Dunkelheit. Ein triumphierendes Lächeln im Gesicht. Nur eine Person, dicht gehüllt in einen vom Regen durchnässten Umhang, lachte nicht. Ihre Augen waren kalt. Emotionslos. Ein Blick, der ins Nichts sah. Tausende Scherben zeugten von dem Bild, welches einmal in leuchtenden Farben gezeichnet war. Doch jetzt gab es nur noch eine Farbe, die vorherrschte und alles verschlang. Tropf. Tropf. Schwarz. Schwarz, wie das Blut, welches an ihren Fingern klebte. Schwarz, wie der Himmel, der tausende schmutzige Tropfen auf die Erde herab streute, fast so, als würde er weinen. Fast so, als würde, als würde er ihren Schmerz teilen. Schwarz, wie die Hoffnung, die es für sie niemals wieder geben würde… Tropf. Kapitel 4: Ein Name in der Zeitung ---------------------------------- Kapitel 4 – Ein Name in der Zeitung „Nami? Nami!“ Sein Schrei wurde von den Wänden, sowie dem Glasdach, welches sich noch immer schützend gegen den Regen stemmte, zurückgeworfen. Er hallte laut in seinem Kopf. Wieder und wieder. Ihr Name erfüllte seine Gedanken und ließ kein Platz für anderes. Er machte sich große Sorgen um seine Freundin. Es sah ihr nicht ähnlich ohne ein Wort zu verschwinden! Und laut Robin war sie nicht einmal mehr ansprechbar gewesen, als sie mit starrem Blick weggelaufen war! Ein ganz komisches Gefühl machte sich ihn ihm breit. Es musste etwas passiert sein, soviel war sicher. Anders konnte er sich ihre Reaktion nicht erklären. Nami war zwar aufbrausend und laut, doch sie hatte sich in den letzten Jahren verändert. Sie vertraute ihren Freunden. Daran glaubte er mit ganzem Herzen. „Ruffy? Hast du sie gefunden?“ Chopper kam in seiner Rentier- Gestalt auf ihn zu gerannt und blieb schliddernd vor ihm stehen. In seinem Fell glänzten hunderte keine Wassertropfen und Dreck verklebte die Haare. Er schien bis auf die Knochen durchnässt. Doch wahrscheinlich sah Ruffy selbst nicht besser aus. Wie sehr er es auch hasste und trotz seiner sonst so optimistischen Einstellung, er musste Choppers Frage mit einem Kopfschütteln beantworten. Das kleine Rentier ließ traurig den Kopf hängen. „Mach dir keine Sorgen, Chopper!“, meinte der Schwarzhaarige dann. Ein kleines, aufmunterndes Lächeln zierte sein Gesicht. „Wir werden sie finden, ganz bestimmt!“ Doch in diesem Moment wusste er selber nicht, ob er wirklich an seine eigenen Worte glauben konnte… „Wenn diese geldgierige Zicke ständig verschwinden will, soll sie doch! Wir sollten gar nicht so viel Zeit verschwenden und aufhören sie zu suchen. Die kommt schon wieder. Wahrscheinlich lag draußen bloß ein Berry auf der Straße rum.“ Ruffy wandte sich der grimmigen Stimme zu. Zorro stand genervt gegen eine der Hauswände gelehnt und gähnte herzhaft. Aus schmalen Augen sah er seinen Kapitän an und schien auf eine Reaktion seinerseits zu warten. Dieser starrte wütend zurück. „Nami verschwindet nicht einfach so!“, mischte sich der Schiffsarzt ein und sprach genau das aus, was Ruffy in diesem Moment dachte. „Sie ist unsere Freundin, Zorro. Und wir werden sie nicht sich selbst überlassen. Wir werden weitersuchen, bis sie wieder bei uns ist.“ Die Stimme des Schwarzhaarigen war dunkel und kalt. Chopper war bereits einen Schritt zurück gewichen und sah beunruhigt von einem zum anderen. Zorro und Ruffy schauten sich lange in die Augen, fast so, als würden sie einen Kampf in ihren Köpfen austragen, bis der Schwertkämpfer den Blickkontakt abbrach und sich von der Mauer abstieß. „Bitte, wie du meinst.“, grummelte er weiter. „Mach doch was du willst… Käpt’n.“ Das letzte Wort betonte er besonders. „Ich jedenfalls werde zurück zum Schiff gehen.“ Wie zum Gruß hob er die rechte Hand und verschwand hinter der nächsten Häuserecke. Der Kapitän schaute seinem Freund noch eine ganze Weile nach, auch wenn er schon längst verschwunden war. Die Wassertropfen erzeugten ein melodisches Trommeln auf dem Glasdach über ihm. Langsam ging es dem Schwarzhaarigen tierisch auf die Nerven. Es störte ihn beim Nachdenken! „Ist Zorro sauer auf uns?“ Choppers leise Stimme ließ Ruffy aufschrecken. Er hatte den Kleinen fast vergessen. Jetzt hieß es: Optimistisch denken. Oder zumindest so tun… Sein breites Lächeln erschien, als er sich seinem Schiffsarzt zuwandte. Traurige Augen starrten ihn an. „Nicht doch, Chopper! Zorro tut immer nur so! In Wahrheit macht er sich auch ziemliche Sorgen um Nami! Er würde es nur nie zugeben.“ Wenn ihm so wenig an den anderen liegen würde, wie er immer tat, dann wäre er schon längst gegangen. Doch stattdessen war er immer der erste, der seine Freunde im Kampf beschützte. Ruffy hatte das gleich von Anfang an bemerkt. Sonst wäre er sich nie so sicher gewesen, dass Zorro in seine Crew gehörte. „Bist du sicher?“ Chopper schien noch nicht überzeugt zu sein. „Ja, bin ich! Das war seine Art zu sagen, dass wir für heute aufhören sollten zu suchen.“ Jedes dieser Worte brannte ein Loch in sein Herz. Wie sehr es ihm doch widerstrebte, auch nur daran zu denken! Wie konnte er einfach zurück auf sein Schiff gehen und schlafen, wenn seine Navigatorin irgendwo in dieser Stadt herumlief und wer weiß was gerade durchmachte? Was wäre er nur für ein Kapitän? Doch der Blick auf seinen kleinen Freund neben ihm ließ den winzigen Funken Vernunft, den er doch irgendwo tief in sich trug, aufflammen. Zitternd vor Kälte und mit müdem Blick sah das Rentier zu ihm herauf. Er hatte seine gewohnte Gestalt angenommen und Ruffy sah, wie seine Beine unter ihm nachzugeben drohten. Sein Körper schwankte gefährlich. Er gab sich wirklich mühe, damit seine Augen nicht einfach zufielen. Der Kapitän der Strohhutbande schloss kurz die Augen. Namis Gesicht erschien in der Dunkelheit. Er sah ihren angespannten Blick, als sie ihn vor wenigen Stunden aus dem Wasser gezogen hatte. Er sah, wie sie ihn anlächelte, aus lauter Freude, ihn zu sehen. Und er sah sie, wie sie weinend vor ihm im Dreck saß und ihn anflehte ihr zu helfen… Er öffnete seine Augen. Das Lächeln war nicht gewichen, als er den fragenden Blick des Rentieres traf. „Wir sollten zurück zum Schiff. Mal sehen, ob die anderen etwas rausgefunden haben.“ Er gab keine Widerrede. Auch wenn sein Körper noch etwas zögerte. Sein Verstand wusste, dass sie nichts mehr tun konnten. Es musste weit nach Mitternacht sein. Seit Stunden suchten sie nun schon nach einem Zeichen der Orangehaarigen. Vergeblich. Er als Kapitän musste Prioritäten setzen. Er hatte so viel gelernt in den zwei Jahren, in denen er seine Freunde nicht wiedersehen konnte. Wie oft war er jede Situation, die er in den letzten Jahren erlebt hatte, im Kopf noch einmal durchgegangen? Wie oft hatte er sich selber gefragt, was seine Aktionen sollten? Er hatte sich vorgenommen seine Freunde über seine Abenteuerlust zu stellen. Und jetzt musste er sich wieder dazu durchringen. Er musste unbedingt dieses Gefühl verdrängen, was seit der Ankunft auf dieser Insel in ihm aufkeimen wollte. Er durfte sich nicht verleiten lassen, sich gleich voller Freude in das nächste Abenteuer zu stürzen; egal was passierte. Besonders in dieser Situation musste Ruffy sich mit seinen Freunden beraten. Nami musste warten… „Bestimmt hat Sanji schon was zu Essen gemacht! Boah, habe ich ein Hunger! Mitternachtssnack!“ Sein Lachen hallte in den leeren Straßen wider. Der kleine Arzt sah verwirrt zu seinem Freund hoch. „Ruffy?“, fragte er verwundert über den plötzlichen Freudensausbruch. Doch der Angesprochene grinste nur. „Ich habe Hungerrrrr! Los Chopper!“, lachte der Schwarzhaarige und sprang die Straße entlang in Richtung Meer. Das Rentier zuckte müde mit den Schultern und trottete hinter seinem Kapitän her. oOoOoOoOo „Sie sind weg.“ Das wild schlagende Herz fing an sich zu verkrampfen, als die Person diese leisen Worte in die kalte Nachtluft hauchte. Kurz hatte sie überlegt einfach aus dem Schatten zu treten. Mit den Piraten zu sprechen. Sie hätten ihr helfen können. Doch zu welchem Preis? Die Person zog den Mantel enger um ihren Körper. Der Regen hatte ihn so durchnässt, dass er ihr vorkam, als wöge er schwer wie Blei. Die zitternden Hände strichen ihre strähnigen Haare aus dem Gesicht. Sie waren noch immer dreckverkrustet und Wasser tropfte scheinbar unendlich um ihren Körper herum, wo sie ein Abbild ihres Körpers auf dem Boden hinterließen. Etwas regte sich im Schatten. Ein dunkles Lachen mischte sich unter das Geräusch der auf das Glasdach fallenden Regentropfen. Stoff raschelte im leichten Wind. „Hervorragend. Es war so einfach. Du bist wirklich talentiert… Nami.“ Er legte eine Hand auf ihre Schulter. Sie unterdrückte ein Zucken. Schweigend starrte sie auf die Stelle, an der eben noch ihre Freunde gestanden hatten. „Morgen folgt der nächste Teil unseres Planes. Und bald wird die Marine vor mir im Staub kriechen.“ Seine Stimme klang wie aus weiter ferne. Es war, als wäre ihr Kopf noch immer unter Wasser. Dunkelheit umgab ihren Geist und nur ein Gedanke füllte ihn komplett aus. Vorsichtig senke sich ihr Blick auf ihre zarten Hände. So sehr sie sich jedes Mal wünschte, es wäre alles nur ein Traum gewesen… Bei dem Anblick ihrer Finger fand sie schnell in die ungeliebte Realität zurück. Das Blut klebte noch immer an ihnen. I H R Blut. Niemals wieder würde sie den Anblick vergessen. Diese glasigen Augen, die starr in ihre Richtung blickten. Es gab kein zurück mehr. Sie war nicht länger eine einfache Diebin die bloß andere Piraten bestahl und so niemandem Leid zufügte. Nein. Sie war zu einem Mörder geworden… ********** Hatte das Zimmer schon immer aus nichts als Schwärze bestanden? War es schon immer ein so kalter Ort gewesen? Wie hatte er sich hier all die Jahre so wohl fühlen können? Er hatte die Nacht kaum geschlafen. Immer wieder verfolgten ihn die Bilder des vorherigen Tages. Nami war einfach verschwunden. Jeder hatte die ganze Stadt nach ihr abgesucht, doch nicht mal einen kleinen Hinweis auf ihren möglichen Aufenthaltsort herausgefunden. Es war fast so, als hätte sie diese Stadt nie betreten. Ruffy fühlte sich unwohl. Es hing eine seltsame Schwere über der Sunny, wie er sie noch nie gespürt hatte. Als Chopper und er das Schiff vor wenigen Stunden betreten hatten, waren einige der anderen bereits in ihre Zimmer verschwunden. Nur Robin und Sanji hatten noch in der Küche gesessen und still einen Kaffee getrunken. „Ruffy! Chopper! Ihr seid ja klitsch nass! Ihr solltet euch schnell etwas anderes anziehen. Eine Erkältung wäre das letzte, was wir jetzt noch brauchen.“, hatte Sanji mit einem gezwungen aussehenden Lächeln gesagt, während Robin nicht einmal von ihrem Buch aufgesehen hatte. „Keine schlechte Idee“, kam es von Ruffy, der schon einige der Sandwiches mitnahm, die der blonde Koch vorbereitet hatte und verschwand so schnell, wie er gekommen war, wieder aus der Küche. Es war ihm ganz recht gewesen nicht auch noch für die anderen den Optimisten spielen zu müssen. Und seitdem lag er still in seinem Bett und starrte in die Nacht hinein. Er hatte keinen Schlaf gefunden. Jedes Mal, wenn das Reich der Träume ihn zu sich holen wollte, tauchten Bilder seiner Navigatorin auf der schwarzen Leinwand der Dunkelheit auf. Und immer zierten Blut und Tränen ihren zarten Körper… Erneut schüttelte er seinen Kopf hin und her, um die Bilder zu vertreiben. Am liebsten hätte Ruffy laut aufgeschrieen, seine Wut in den Himmel gebrüllt, doch er wollte die Jungs nicht wecken und erstickte seinen Schrei mit dem Kopfkissen. Er hasste es, seine Freunde nicht bei sich zu haben… „Ruffy?“ Ein leises Flüstern ließ ihn aufschrecken. Innerhalb weniger Sekunden saß er kerzengerade im Bett. Suchend glitt sein Blick durch das Zimmer und blieb an dem schmalen Lichtstreifen der Tür hängen. Der Umriss einer Person drang durch den Spalt. „Ro-Robin?“, fragte er leise und versuchte durch die Dunkelheit etwas zu erkennen. „Komm bitte in die Küche. Leise.“, war alles, was sie sagte, ehe der Lichtschein sich wieder lautlos von der Tür weg bewegte. Eine Kerze? Etwas verirrt verließ der Schwarzhaarige das Bett und schlich sich, möglichst leise, in Richtung Tür. Schon bevor er sie erreicht hatte, kam ihm der schwere Geruch von kaltem Regen entgegen. Eine leichte Gänsehaut bildete sich, als er die Tür hinter sich schloss und der eisige Wind seine Haut streifte. Dichte Regenwolken verschleierten den Himmel, sodass es dem Piraten nicht möglich war zu sagen, ob es immer noch Nacht oder schon Tag war. Sein Blick schweifte über die Sunny. Nichts war mehr übrig von der fröhlichen und gelassenen Stimmung, die normalerweise an Bord herrschte. Geblieben war nur Kälte. Seufzend machte er sich auf den Weg über das Grasdeck und erklomm die wenigen Stufen hinauf zur Küche. „Guten Morgen, Kapitän.“, kam es ihm entgegen, als er den schwach beleuchteten Raum betrat. Sein Blick fiel auf Robin, die lächelnd zu ihm aufsah. Vor ihr lag ein Knäuel von Papier und daneben stand eine dampfende Tasse mit Kaffee. Sein Geruch hing schwer in der Luft. Wahrscheinlich hatte sie nicht nur eine Tasse getrunken. „Morgen.“, gab er müde zurück. Irgendwie widerstrebte es ihm diesen Morgen als „gut“ zu betrachten. „Hab ich dich geweckt?“, fragte sie nach und nippte an ihrem Kaffee. Achtlos ließ sich der Schwarzhaarige auf den Stuhl ihr gegenüber fallen. „Nein. Ich habe sowieso nicht geschlafen.“, meinte er etwas zerknirscht. „Das habe ich vermutet.“, gab Robin lächelnd zurück und stellte die Tasse fein säuberlich auf ihrem Unterteller ab. Das leise ‚Kling’, war das einzige, was die Stille durchbrach. „Käpt’n, wir haben ein Problem.“ Die Worte der Archäologin ließen Ruffy aufhorchen. Das Lächeln in ihrem Gesicht war völlig verschwunden und zum ersten Mal schien sie ihre Gefühle nicht verbergen zu wollen. So müde hatte er sie noch nie gesehen. Das Rascheln von Papier lenkte seinen Blick von ihrem Gesicht auf den Tisch vor ihm. Er sah noch, wie Robin den Stapel, der gerade noch vor ihr gelegen hatte, auf seiner Seite des Tisches ablegte und dann die Hände so verschränkte, damit sie ihren Kopf darauf abzustützen konnte. Prüfend musterte sie sein Gesicht. Ruffy beugte sich nach vorne und untersuchte das weiße Etwas. „Daily Sun“ prangte in Großbuchstaben auf dem oberen Rand des Papiers, gefolgt von dem heutigen Datum. „Eine Tageszeitung?“, fragte der Schwarzhaarige verwundert woraufhin sein Gegenüber stumm nickte. Warum holte sie ihn so früh morgens aus dem Bett, um ihm eine Zeitung vorzulegen? Das Unbehagen in seiner Brust wuchs und ließ sein Herz vor Anspannung schneller schlagen. Hastig überflog er die Titelseite, bis er an einer der Überschriften hängen blieb. Es war, als drehte sich sein Magen um. Seine Hände verkrampften. „Ja, ich befürchte genau dasselbe.“, hörte er Robin sagen, doch er war nicht in der Lage sie anzusehen. Er konnte nur auf den Namen vor ihm starren. Diesen einen Namen… ************** „Blutiger Diebeszug erschüttert die Stadt - Erneut schlagen die ‚Schwarzen Panther’ zu – AME- Town wurde in der Nacht von der berüchtigten Diebesbande „Schwarze Panther“ heimgesucht. Nicht bestätigten Gerüchten nach, war schon seit längerer Zeit vermutet worden, dass diese Insel auf der Liste der Diebe weit oben stand. Trotz verstärkter Sicherheitsanforderungen hatte dieser Diebstahl jedoch nicht verhindert werden können. Am frühen Morgen gegen zwei Uhr war von einigen besorgten Anwohnern ein tumultartiger Lärm bei der hiesigen Polizeiwache gemeldet worden. Es sollte sich hierbei um einen Einbruch in das Haus der berühmtesten Händlerin der Insel handeln. Sofort eilten alle verfügbaren Einsatzkräfte den Menschen zu Hilfe, doch das Unbeschreibliche war bereits geschehen. Als die Polizei das Zimmer der Hausherrin betrat, tat sich ihnen ein Bild des Schreckens auf. Einem Augenzeugen zufolge soll der Raum komplett verwüstet worden sein und sämtliche Wertsachen seien aus dem Safe entwendet worden. Doch die eigentliche Tragödie wurde erst kurze Zeit später von den Beamten bestätigt: Die Hausherrin Amaria- sama († 58) hatte den Einbruch nicht überlebt. Mehrere Stichwunden sowie eine Schusswunde sollen auf ihrer Leiche, die neben dem Tresor gelegen hatte, entdeckt worden sein. Welche dieser Verletzungen tödlich gewesen war, muss zunächst eine medizinische Untersuchung klären. Gerüchten zufolge, sollen die „Schwarzen Panther“ ein neues, überaus gefährliches Mitglied bei sich aufgenommen haben - Nami, die diebische Katze: Navigatorin der Strohhutbande. Sie soll - nach Augenzeugenberichten – diejenige gewesen sein, die auf die wehrlose Frau eingestochen hat. Von offizieller Seite wurde das jedoch noch nicht bestätigt. Und ob das etwas mit der Strohhutbande zu tun hat, muss noch geklärt werden. Die Marine warnt jedoch: Bleiben Sie in ihren Häusern und halten sie sich von den Piraten fern.“ ************** Ruffys starrte noch immer auf die kleinen schwarzen Buchstaben, ohne dass sie für ihn einen Sinn ergaben. Was sollte das heißen? Nami war einer Diebesbande beigetreten und hatte eine ältere Frau umgebracht? Sie hatte die Strohhutbande verlassen? „Käpt’n! Wir müssen uns dringend etwas einfallen lassen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis hier die ersten aufgebrachten Dorfbewohner auftauchen! Und ich bin mir sicher, dass auch die Marine nicht mehr lange auf sich warten lässt! Wenn wir Nami finden wollen, haben wir nicht mehr viel Zeit.“ Robins Worte hallten in seinem Kopf wider und wider. Immer noch starrte er auf die gedruckten Worte, ohne sie richtig zu sehen. Wie konnten sie nur so etwas behaupten? Nami würde nie jemanden umbringen! Und sie würde niemals ihre Freunde verlassen! Das musste eine Lüge sein! Anders konnte es überhaupt nicht sein! Wütend krallten sich seine Hände an der Tischkante fest. Er ignorierte den Schmerz, den das harte Material verursachte. Er ignorierte Robins Worte, die ihm sagten, er müsse sich beruhigen. Er wollte sich aber nicht beruhigen! Der ganze Albtraum von Water 7 kroch erneut in ihm hoch. Dort war schon mal genau dasselbe passiert! Wieso? Wieso wurden immer die anderen vor eine solche Wahl gestellt, die niemand alleine treffen konnte? Warum gab es immer nur den einen Weg, der „Selbstopferung“ hieß? Wieso hatte er seine Freundin schon wieder nicht beschützen können? „Ruffy, wenn wir nicht bald etwas unternehmen, dann verlieren wir sie - für immer.“ Jedes einzelne von Robins Worten bohrte sich tiefer in sein Herz, in seinen Verstand, bis er glaubte, von innen zu zerspringen. „Hey Robin, was ist hier los?“ Erst jetzt bemerkte der Schwarzhaarige, dass sie nicht mehr alleine in der Küche waren. Ihre Freunde standen in der Tür und beobachteten fragend die Szene, die sich ihnen bot. Wie zur Antwort hielt die Archäologin ihnen die Zeitung hin, die Zorro still entgegen nahm und gleich den Artikel zu lesen begann. Die anderen Jungs schauten ihm über die Schulter. Im Raum wurde es ganz still. Niemand bewegte sich. Lediglich der unregelmäßige Atem der Strohhutbande erklang in der Stille. Alle starrten fassungslos auf das Blatt Papier. Sie wollten das, was sie gerade gelesen hatten, genauso wenig verstehen, wie zuvor Ruffy. „Was zum Teufel…“, war es Zorro, der zuerst das Schweigen durchbrach. „Namiiii- Mausiiii! Warum? Was ist nur mit dir passiert?“, heulte Sanji und ließ sich zu Boden sinken. „Na-mi…“, brachte das kleine Rentier hervor, ehe er sich heulend an Lysopps Bein krallte. Robin lenkte den Blick zurück auf ihren Kapitän. Dieser hatte sich noch immer nicht gerührt, doch sein Gesicht verriet ihr genau, was in ihm vorging. Hatte er damals auch so gelitten, wo sie sich der CP 9 angeschlossen hatte, um ihre Freunde zu retten? Hatten sie alle wegen ihr so gelitten? Doch sie kannte Nami inzwischen zu gut. Wie oft hatten die beiden Frauen nachts in ihrem Zimmer gesessen und sich über alles Mögliche unterhalten? Wie oft hatte Nami sie gebeten, sich nie wieder wegen so etwas in Gefahr zu begeben? Sie hatte immer gemeint, es gäbe nichts, was man nicht zusammen mit seinen Freunden lösen könnte. Wieso hatte sie also gerade ihre eigenen Worte missachtet? „Ich kenne das Fräulein Navigatorin lange genug um zu wissen, dass sie nicht einfach so weggelaufen wäre. Es musste etwas gewesen sein, was sie selber nicht handhaben konnte. Etwas, was sie total überfordert hatte. Und alle Fäden laufen bei dieser Bande von Dieben zusammen. Es muss etwas geben, was sie dazu gezwungen hat ihnen beizutreten.“ Keiner der anderen antwortete. Stumm folgten sie ihrem Gedankengang. „Wenn die Panther das haben, was sie haben wollten, werden sie nicht mehr lange auf dieser Insel bleiben. Wir müssen einen Weg suchen, Nami schnellstmöglich zu finden, um genau zu erfahren, was passiert ist. Wenn sie erstmal diese Insel verlassen haben, wird es äußerst schwierig für uns, ihrer Spur zu folgen.“ Sie hatten nicht viel Zeit, das war sicher. „Und so wie sich dieser Zeitungsartikel anhört“, warf Franky ein, „wird es hier bald von Marinesoldaten nur so wimmeln.“ Robin nickte. Genau das vermutete sie auch. Die Schwarzhaarige atmete noch einmal tief ein und schob beim Aufstehen ihren Stuhl nach hinten. Gespannt blickte sie in die Runde. „Wir wissen nicht, was passiert ist, aber eines ist klar: das Fräulein Navigatorin ist da in etwas hineingeraten, aus dem sie nicht mehr alleine rauskommt.“ Dann wandte sie sich an Ruffy. „Käpt’n? Was tun wir jetzt?“ Da musste er nicht lange überlegen. Er wollte sie selbst fragen, was das alles zu bedeuten hatte und warum sie es nicht für nötig befunden hatte, ihren Freunden etwas von ihrem Problem zu erzählen. So einfach würde er sie nicht davonkommen lassen… Er hob seinen Kopf und sah jedem seiner Freunde durchdringend in die Augen. „Wir werden sie finden und sie wieder zurückholen. Ob sie es will oder nicht.“ Auf die Gesichter der anderen huschte ein kleines Lächeln. Das war wieder typisch Ruffy. „Das wäre nicht das erste Mal“, lachte Lysopp und Sanji und Zorro nickten zustimmend. „So einfach kommt Schwester Nami uns nicht davon. Wir haben da auch noch ein Wörtchen mitzureden.“, kam es von Franky, der in der hinteren Reihe wieder irgendwelche seltsamen Posen machte. „Yohohohoho! Sie kann nicht behaupten, bei uns sei es nicht lustig!“, mischte sich Brook ein. Ruffy war froh über ihre Reaktionen, auch wenn er nicht daran gezweifelt hatte. Trotzdem brauchte er seine Freunde nun mehr den je. Wieder mal galt es, die Existenz der Strohhutpiratenbande zu sichern. „Wir sollten zuerst…“, begann der Schwarzhaarige, als plötzlich das Schiff zur Seite kippte und der Rumpf über den Sandboden zu scharben schien. Stühle fielen krachend zu Boden und nur mit viel Glück schafften Die Piraten es, sich auf den Beinen zu halten. „Was war das denn?“, fragte Franky verwundert, der gerade versuchte, den kleinen Chopper am weiterrutschen zu hindern. Lysopp stürzte zur Tür und riss sie mit einem Mal auf. Vorsichtig steckte er seinen Kopf in den herunterprasselnden Regen, nur um ihn Sekunden später wieder panisch einzuziehen. „Die Marine!“ Kapitel 5: Trachten nach dem Leben ---------------------------------- Kapitel 5 – Trachten nach dem Leben Trotz der Strandnähe schwankte das Schiff gefährlich unter jeder Welle, die den Rumpf traf. Immer wieder ertönte lautes Knallen, wie es nur Kanonen erzeugen konnten. „Die Marine ist schon hier?“, kreischte Lysopp ängstlich und versteckte sich hinter Franky. „Die waren wahrscheinlich schon wegen den Dieben auf dem Weg hierher!“, schlussfolgerte Robin. Leider hatte sie so was schon vermutet. Aus diesem Grund hatte sie ihren Kapitän auch so früh geweckt. Doch sie hatte gehofft, es bliebe ihnen mehr Zeit. „Wie sollen wir Nami- Maus bei diesem Krach finden?“ Sanji war wieder am verzweifeln. Es gefiel ihm gar nicht, dass die Marine gerade in diesem Moment nervte. Sie hatten wirklich wichtigeres zu tun. „Was machen wir jetzt?“ Chopper krallte sich an dem Sofa fest, welches Franky gleich beim Bau an dem Holz des Schiffes befestigt hatte. In Fällen wie diesen war das wirklich praktisch. Ruffy schloss kurz die Augen. Es gab nicht viel, was sie in diesem Moment machen konnten. Einerseits musste er schnell Nami finden, ehe sie die Insel verließ, aber andererseits musste er seine Freunde und das Schiff beschützen. Er wollte sie alle in Sicherheit bringen. Er würde es nicht noch einmal ertragen, sie zu verlieren… Sofort riss er seine Augen wieder auf. Er hatte seine Entscheidung getroffen… „Robin, Franky! Bringt das Schiff von hier weg! Ihr müsst sie irgendwie von der Sunny ablenken! Nehmt Namis Karten! Ich bin mir sicher, dass sie die Insel bereits nach Fluchtwegen abgesucht hat. Ihr müsst die Marine verwirren und uns etwas Zeit verschaffen! Brook, Lysopp ihr versucht die Kanonenkugeln abzulenken. Sie dürfen keinen Schaden anrichten! Zorro, Sanji, Chopper, ihr kommt mit mir! Wir haben nicht viel Zeit, um Nami zu finden! Wir treffen uns so schnell wie möglich wieder, damit wir von hier verschwinden können!“ Die Strohhutbande sah einen Moment gebannt auf ihren Kapitän; einen überraschten Ausdruck auf ihren Gesichtern. Er wollte nicht einfach drauf los kämpfen? Und er hatte sich in den wenigen Minuten einen Plan überlegt? Und dazu einen nicht mal schlechten… Was war bloß mit ihm los? Ruffy bemerkte ihr zögern. Und er ahnte auch weshalb sie so reagierten. Doch das war nicht die Zeit für so was! „Na los doch!“, schrie er und schreckte die anderen damit aus ihrer Starre hoch. Sofort breitete sich ein wissendes Grinsen auf ihren Gesichtern aus, als sie fast gleichzeitig „Aye, Käpt’n!“ riefen und ihre Befehle ausführten. Ruffy stürmte aus dem Zimmer. Dicht gefolgt von einem grummelnden Zorro, eines flennenden Sanji und eines vor Angst wimmernden Chopper. Doch er war sich sicher, die richtigen Leute für seinen Plan ausgewählt zu haben. Franky hatte bereits das Steuer übernommen und steuerte das Schiff aus der Bucht. Ruffy erhaschte noch einen kurzen Blick auf Robin, die einen Stapel Papiere durchforstete und hörte, wie es Brook gelang, eine Kanonenkugel vor ihrem eigentlichen Aufschlag zum Detonieren zu bringen, um so das Schiff zu schützen, bevor er und die anderen über die Reling sprangen und im seichten Wasser aufschlugen. Das Rauschen des Meeres erklang, als ihre Körper die blaue Flüssigkeit in kleinen Wellen vertrieben und bei jedem ihrer Schritte spritze es einige Meter weit. Schnell zog es in ihre Kleidung ein und fraß sich regelrecht immer höher hinauf. Schnell wetzen sie lautlos den Strand entlang und suchten einen Weg in die Stadt hinein. Der Himmel war noch immer von grauen Wolken verdeckt, die unaufhörlich kleine Tropfen vom Himmel fallen ließen. Es dauerte nicht lange, bis auch der Rest ihrer Kleidung völlig durchnässt war. Die herrschende Dunkelheit gab ihnen Deckung. Immer wieder klatschte das Wasser hart gegen ihre Haut, sodass diese bald zu brennen begann. Und auch der Wind hatte aufgefrischt. Die Zeit lief ihnen davon. Von weit her ertönten Kanonenschüsse und Lichtblitze warfen ihre Schatten auf den feinen Sand wie Geister. Die anderen konnten sich nicht lange vor der Marine verstecken. Sie mussten sich beeilen! „Chopper! Versuch Nami zu finden! Sie kann nicht spurlos verschwunden sein!“ Ruffy war klar das der gleiche Versuch bereits in der Nacht gescheitert war. Wenn die Navigatorin nicht gefunden werden wollte, dann kannte sie viele Tricks um genau das zu erreichen. Sie war nicht umsonst jahrelang eine von Piraten gefürchtete Meisterdiebin gewesen. „Klar!“, gab der Schiffsarzt nur von sich und richtete seinen Blick stur gerade aus. Er konzentrierte sich so gut er konnte. Auch ihm war klar, dass alles von ihm abhing. Endlich erreichten sie die Stadt und stürmten weiter die Straßen entlang. Menschen warfen einen fragenden Blick auf die an ihnen vorbei rennenden Personen, grummelten wütend und räumten die Straßen, um nicht von ihnen umgerannt zu werden. Erst als Schreie nicht weit von ihnen ertönten, hielten sie kurz inne. Ihr Blick war auf das Stadtzentrum gerichtet. Eine riesige Kuppel umschloss ein Gebäude, welches die anderen bei weiten überragte. Und aus eben diesem Gebäude quoll Rauch empor, welcher sich wie eine dunkle Wolke unter dem Kuppeldach sammelte. Explosionen ertönten und eines der angrenzenden Gebäude fiel krachend in sich zusammen. „Ruffy!“ Der Schrei des Rentiers holte den Schwarzhaarigen in die Realität zurück. Angespannt blickte er zu seinem Freund hinunter. „Ich rieche sie! Sie muss da sein! Nami ist da auf dem Marktplatz!“ Sofort begann sein Herz schneller zu schlagen. Dort hinten musste sie sein. „Nami- swaaaan!“, schrie der blonde Koch plötzlich und wollte gerade losrennen, als ein lauter Knall die Häuserschluchten durchzog. Ruffy konnte gerade noch sehen, wie Sanji der Kugel geschickt nur um Haaresbreite auswich. „Wer stört?“, fragte der Blonde in einem Ton, der selbst dem Kapitän einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Und sein stechender Blick ließ ihn nicht weniger gefährlich aussehen. Ihr Blick wanderte zur anderen Seite der wie leer gefegten Straße, wo sich eine Truppe von Marinesoldaten versammelt hatte. Die Gewehre im Anschlag. „Da sind sie, Männer! Schnappt euch die Strohhutpiraten!“, brüllte einer der weiß gekleideten Männer, worauf ein Kugelhagel auf die Piraten niederprasselte. Schnell verschwand die Gruppe in einer kleinen Seitengasse, um so den Geschossen zu entgehen. „Das musste ja jetzt sein.“, grummelte der Schwertkämpfer. „Es- Es werden immer mehr!“, quiekte das Rentier und beugte sich vorsichtig um die Häuserecke, um einen Blick auf ihre Feinde zu erhaschen. Ruffy wurde unruhig. Hatten sie genug Zeit die Soldaten zu besiegen und dann noch nach Nami zu suchen? Wenn die Marine bereits so weit vorgedrungen war, ging es ihren Freunden auf dem Schiff wahrscheinlich nicht besonders gut. Da war sie wieder. Die Entscheidung, die nur er als Kapitän treffen konnte. Die Entscheidung die er so sehr hasste: Aufgeben, zum Wohle der Mehrheit seiner Freunde oder mit allen Mitteln versuchen, alle zu retten? „Ruffy! Geh du vor und hol endlich Nami zurück. Wir kümmern uns um die Idioten hier.“ Zorro sah ihn durchdringend an. Er schien den inneren Kampf des Schwarzhaarigen erahnt zu haben. Und als Vizekapitän war es seine Pflicht, ihm auch bei so was zu helfen. „Es sind mittlerweile über 100!“, meinte der Schiffsarzt panisch, bei dem Blick auf die immer größer werdende Gruppe von Soldaten. Es blieb keine Zeit mehr, um lange nachzudenken. Er vertraute seinen Freunden. Er wusste, dass sie es auch mit dieser Menge an Gegnern aufnehmen konnten. Entschlossen nickte er und die anderen taten es ihm gleich. „Dann wollen wir mal.“, grinste Zorro vergnügt. Sanji zündete sich seelenruhig eine Zigarette an und Chopper warf einen seiner Rumble Balls ein. „Auf geht’s.“, zischte Ruffy und im selben Moment sprangen die Piraten aus ihrem Versteck. Sofort zückte Zorro seine Waffen und lenke die Aufmerksamkeit so auf sich. Die beiden Schwerter in seinen Händen begannen sich wie ein Rotor zu drehen. „Sanzen Sekai!“, rief der Grünhaarige aus und sprang in die Menge der Soldaten. Schreie ertönten, als viele der Männer von Zorros Attacke getroffen wurden. „Ruffy, jetzt!“, schrie der Schiffsarzt. Der Angesprochene ließ sich das nicht zweimal sagen. Er nutze den Moment, machte auf der Stelle kehrt und lief weiter in Richtung des scheinbar brennenden Gebäudes im Stadtzentrum. Gewetzt rannte er immer weiter. Er bog alle paar Meter in eine neue Straße ein. Irgendwann musste er doch etwas finden! Irgendwann musste er doch SIE finden! Überall schrien Menschen. Vor Angst. Hinter sich hörte er das Geschrei der Marinesoldaten. Diejenigen, die seine Freunde nicht davon abhalten konnten, ihm zu folgen. Doch sie schafften es bei seinem Tempo nicht lange an ihm dran zu bleiben. Mit einem Mal brach er zwischen den Häuserreihen hervor und blieb abrupt stehen. Er stand am Rand eines großen, kreisförmigen Platzes. Ihm gegenüber ragte ein imposantes Gebäude über die in der Umgebung stehenden Häuser. Eine riesige Kuppel schirmte die Stadtmitte gegen den Regen ab. Unaufhörlich erklang das laute Prasseln der Flüssigkeit auf dem gläsernen Konstrukt. Doch alles das war Ruffy in diesem Moment völlig egal. Er hatte nur Augen für das, was sich am anderen Ende des Marktplatzes abspielte: Eine Gruppe von Männern war in einem Kampf mit der Marine verwickelt. Schwerter klirrten, Schüsse ertönten und hallten besonders laut unter der Glaskuppel wieder. Jeder einzelne Schuss klang fast wie der Abschuss einer Kanonenkugel. Die Männer schienen keine Probleme damit zu haben, die Marine auszuschalten. Es sah so aus, als kämen sie dabei nicht mal ins Schwitzen. Ein breites Lächeln zierte ihre Gesichter. Plötzlich ging ein Ruck durch Ruffys Körper. Die Gruppe setzte sich in Bewegung und wollte zwischen den Häusern verschwinden! Das konnte er nicht zulassen… Nicht, wo er SIE gerade wiedergefunden hatte! Er atmete tief ein und sprintete über den gepflasterten Boden. Die Männer schienen ihn nicht bemerkt zu haben, denn keiner machte Anstalten, stehen zubleiben. Viele wurden schon vom Schatten des Rathauses verschluckt. Er war wieder dabei sie zu verlieren! „NAMI!“ Sein Schrei hallte unbeschreiblich laut zwischen den Wänden wider. Selbst in seinen Ohren dröhnte es unerträglich. Doch er schien seinen Zweck erfüllt zu haben. Die Gruppe stockte plötzlich und drehte sich in seine Richtung. Eine Mischung aus Erstaunen und leichter Panik machte sich auf ihren Gesichtern breit. Nur eine Person sah ihm völlig ruhig entgegen. Nur wenige Meter vor ihr, bremste der Schwarzhaarige ab. Sein Blick auf die Person vor ihm gerichtet. Sie trug ein dunkelblaues, einfaches T-Shirt und dazu eine hautenge, schwarze Hose sowie einen schwarzen Kapuzenmantel, dessen nasser Saum über den Boden schleifte. Sie war es! Und doch war sie es nicht. „Was willst du?“ Ihre Stimme war kalt und abweisend. Ihr Lächeln war komplett verschwunden. In diesem Moment machte sie eher den Eindruck, als ob sie niemals zu einem imstande wäre. Ihre sonst so warmen, braunen Auge blickten ihn eiskalt an. Das Funkeln war komplett aus ihnen verschwunden. Nur Leere war geblieben. „Was soll das?“, fragte Ruffy aufgebracht. Er wusste nicht, ob er sich freuen sollte sie zu sehen oder nicht. Was war bloß passiert? „Was das soll? Hör auf den Idioten zu spielen!“, zickte sie ihm entgegen. „Wobei: Du spielst ihn ja nicht nur.“ Einige der Männer kicherten. Von weit her erklang das Knallen eines einstützenden Gebäudes. Ein kaltes, freudloses Lächeln zierte ihr Gesicht. „Hör auf dem mit Blödsinn! Lass uns zurück zu den anderen gehen! Wir müssen schleunigst hier weg! Die Marine-!“, begann er ihr die Situation zu erklären, doch sie unterbrach ihn zornig. „Ich komme nicht mehr mit zurück, ist dir das nicht klar? Ich gehöre nicht mehr zu euch dreckigem Piratenpack! Ich habe nie dazu gehört!“ Ihre Stimme bebte, als sie ihm diese Worte entgegen schrie. Ruffy riss erschrocken die Augen auf. Er kam sich vor, als wäre er in einem Albtraum gefangen. Wieso begann sie wieder damit? „Natürlich gehörst du zu uns! Ich dachte, wir hätten das damals geklärt!“ Wützend blaffte er die Orangehaarige an und fasste nach ihrem Arm. Doch noch bevor er zupacken konnte, hatte sie bereits seine Hand weggeschlagen. Ein leichter Schmerz durchzuckte seine Finger, doch er ignorierte dies komplett. Er wagte es nicht seine Augen von ihr zu nehmen. „Fass mich nicht an!“, zischte sie gefährlich und zuckte zurück. Wie eine Katze, die sich in die Enge gedrängt fühlte. „Fass mich bloß nie wieder an!“ Ein sengender Schmerz durchzuckte seinen Unterleib und wie von einem Faustschlag getroffen taumelte er einige Schritte zurück. Sein Körper begann zu glühen und mit einem Mal wurde ihm schlecht. Mit viel Mühe schaffte er es, seinen Blick von der Orangehaarigen abzuwenden und richtete ihn auf seinen Bauch. Ein langes, spitzes Messer steckte in seinem Fleisch. Dunkles Blut strömte aus der Wunde und durchnässte einen Teil seines offenen Hemdes. Langsam vermischte es sich mit dem Regenwasser, welches noch immer seinen Körper zierte. So dauerte es nicht lange, ehe sich die Pfütze unter dem Schwarzhaarigen blutrot färbte. Erst jetzt wurde ihm seine Verletzung richtig bewusst. Er konnte es gerade noch verhindern, dass das Gefühl der Ohnmacht ihn übermannte. Seine Freundin, Nami, seine Navigatorin… hatte ihm gerade ein Messer in den Magen gerammt? Aus den Augenwinkeln erkannte er einen anerkennenden Blick auf den Gesichtern der Männer. „Nicht schlecht, Nami-chan.“, meinte einer und nickte beeindruckt mit dem Kopf. Seine Kollegen taten es ihm gleich. Nami hingegen sah auf den Schwarzhaarigen herunter. Keine Regung war in ihrer Miene zu erkennen. Eiskalt sah sie in seine schwarzen Augen. Erst, als sie sich an die Männer wandte, drehte sie sich von ihrem ehemaligen Käpt’n weg. „Lasst uns endlich verschwinden. Wir müssen hier weg, ehe die Marine uns noch mehr ärger macht.“ Wieder klang ihre Stimme emotionslos und ruhig. So, als würde sie das alles überhaupt nichts angehen. „Jawoll, Chefin.“, gaben einige der Männer zurück und verschwanden in der Dunkelheit der Gassen. Ruffy wurde eins schmerzlich bewusst: Er war dabei seine beste Freundin für immer zu verlieren! Er wusste: Wenn er sie jetzt aus den Augen verlor, würde er sie nie wiederfinden! Es war ihm egal, was sie gerade getan hatte. Dafür musste es einen plausiblen Grund geben, der ihm nur nicht bekannt war. Er wusste nur, dass er es sein Leben lang bereuen würde, wenn er jetzt nichts unternahm. „Nami, warte!“ Seine Stimme war leise. Der hohe Blutverlust hatte ihn bereits geschwächt. Er schaffte es gerade noch einen Schritt auf sie zu zugehen, bevor er abrupt innehielt. Das war einfach unmöglich! Wie konnte sie nur? Warum tat sie ihm das an? Fassungslos blickte er direkt in den Lauf einer Pistole. Sie hatte das schwarze Metall genau auf sein Herz gerichtet; den Finger am Abzug. „Ich habe gesagt, du sollst verschwinden! Oder willst du lieber gleich an Ort und Stelle sterben?“ Ihr Blick verengte sich. „Denke nicht, dass ich es nicht tun würde. Ihr habt es doch bestimmt gelesen, nicht? Gestern habe ich mit meinen eigenen Händen eine wehrlose, alte Frau umgebracht. Eine Kugel hatte genau ihr Herz durchbohrt. Einfach so. Wie leicht es doch ist, einen Menschen zu töten.“ Ein bitterer Unterton schlich sich in ihre sonst so ruhigen Worte. Er verstand sie nicht. Was war bloß los mit ihr? Wo war das Mädchen, welches er vor Jahren von einer Insel gerettet hatte? Wo war seine Navigation hin, die unbeschreibliches auf ihrem Gebiet erreichen konnte? Wo war das Mädchen hin, dessen warmes Lächeln und dessen wütendes Geschrei ihn gleichermaßen beeindruckten? Wo war Nami? „Nami, hör auf damit! Was ist bloß los mit dir? Alle machen sich große Sorgen um dich! Wir sind doch Freunde!“ Verzweifelt suchte er nach seiner alten Freundin. Irgendeine bekannte Regung in ihrem zierlichen Gesicht, irgendeine bekannte Bewegung, die sie so oft in seiner Gegenwart gemacht hatte. Doch er suchte vergeblich. Sie war nicht mehr da. Diese Frau, die vor ihm stand, hatte er noch nie in seinem Leben gesehen. „Freunde? Wir waren nie Freunde. Bist du immer noch so naiv daran zu glauben, dass jeder auf der Welt genauso viel auf das leere Gefühl der Freundschaft setzt, wie du? Ich hasse Piraten! Ich habe sie schon immer gehasst! Das ich mit euch gereist bin hatte nichts mit Freundschaft zu tun! Das war bloß Mittel zum Zweck. Verschwinde endlich!“, zischte sie ihn an und starrte ihm in die Augen. Sie wusste nicht, was sie darin sah, doch es war nicht mehr der Blick des Jungen, den sie einmal so verehrt hatte. Und sie war nicht mehr das naive Mädchen von damals… Ruffy sackte auf den Boden. Sein Blick verschwamm. Er fühlte sich, als würde er jeden Moment das Bewusstsein verlieren. Er schaffte es gerade noch sich auf seinen Knien zu halten. Sein Kopf drohte zu zerspringen. Was sollte er tun? Seine Freundin war nicht mehr sie selbst! Irgendetwas Schreckliches musste sie so verändert haben. Doch was? Und wie konnte er ihr dabei helfen? Vorsichtig hob er seine Hand. Millimeter für Millimeter streckte er sie weiter nach ihr aus. Fast hatte er ihr Bein erreicht, als ein ohrenbetäubender Knall erklang und ein enormer Druck ihn nach hinten drückte. Mehrere Meter wurde er über den Platz geschleudert. Seine Knie schabten über den schafkantigen Boden, ehe er endlich Halt fand. Die Kugel, welche an seinem Körper abgeprallt war, schlug in der Wand hinter der Orangehaarigen ein. Ruffy keuchte vor Schmerzen. Der Schuss hatte ihm sämtliche Luft aus den Lungen gequetscht. Hustend versuchte er diese wieder mit dem benötigten Sauerstoff zu füllen, während durch die Anstrengung immer mehr Blut aus seiner Stichwunde quoll. „Ich habe gesagt, du sollst mich nicht anfassen, du widerlicher Pirat! Nur weil du mir damals mit Arlong geholfen hast, heißt das noch lange nicht, dass du das Recht hast, mich zu berühren!“ Ihre Stimme überschlug sich. „Sei froh, dass du aus Gummi bist. Der Schuss hätte sonst dein Herz in Stücke gerissen!“ Ruffy keuchte noch immer und rang nach Luft. Sein Verstand war leer. Kein Gedanke ging mehr durch seinen Kopf. Fassungslos starrte er in seine innere Leere. Seine Nami hätte ihn beinahe… „Ruffy? Bist du hier irgendwo?“ Die beiden Personen horchten auf. Doch der Schwarzhaarige war nicht in der Lage seinen Kopf zu drehen. „Sieht so aus, als kämen noch ein Paar meiner alten Freunde.“ Ihre Aufregung war plötzlich wieder verschwunden und hatte der Emotionslosigkeit Platz gemacht. „Grüß sie schön von mir.“ Achtlos ließ die Orangehaarige ihre Waffe fallen, drehte sich auf der Stelle um, und verschwand mit wenigen Schritten zwischen den engen Gassen der Altstadt. Was dann passierte, nahm der Piratenkapitän nur noch am Rande war. Aufgeregte Stimmen, die ihn zu umkreisen schienen. Hände, die ihn auf dem Boden drückten. Ein heftiger Schmerz in seinem Bauch und das Gefühl vom Fliegen. Ruffy wusste nicht, ob er schwer verletzt war. Eigentlich hatte er schon schlimmeres durchgestanden. Diese Verletzungen erschienen ihm beinahe lächerlich. Lächerlich im Vergleich zu den Schmerzen, die in ihm drin waren. Ihre kalten Augen gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf, doch er weigerte sich, diese Frau, die eben noch versucht hatte, ihn zu erschießen, als ‚Nami’ zu bezeichnen. Das war sie nicht. Niemals. Das war sie nicht… „Hey Ruffy! Kannst du mich hören? Sag doch endlich mal was!“ Eine leise Stimme versuchte schon eine geraume Zeit mit ihm zu reden. Doch irgendwie hatte der Schwarzhaarige keine Lust zu antworten. Immer wieder ging er die Ereignisse des Tages durch und suchte nach etwas. Etwas, was ihm die ganze Sache verstehen ließ. Wurde Nami gefangen genommen? Musste sie so kalt sein? Was war der Grund dafür? Wieso hatte sie ihm nichts gesagt, als sie alleine waren? „So ein verfluchter Mist!“ Noch eher er es selbst mitbekommen hatte, platzte dieser Schrei schon aus ihm heraus. Er öffnete die Augen und sah in die geschockten Gesichter seiner Freunde. Sie hatten sich alle in der Küche der Thousand Sunny versammelt. Er selbst lag auf dem im Raum befindlichen Sofa; neben ihm Chopper, welcher noch immer Verbandsmaterial in seinen Händen hielt. „Ah, der Herr Kapitän spricht wieder mit uns.“, gab der Schwertkämpfer beleidigt zurück. Er saß mit geschlossenen Augen nahe der Tür an eine Wand gelehnt und schien gleich wieder ein Nickerchen machen zu wollen. Ruffy stieß einen grummelnden Laut aus, setzte sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ahhh, Ruffy! Überanstrenge dich nicht! Die Wunde ist zwar nicht lebensgefährlich, aber wenn sie wieder aufgeht wird es nur noch schlimmer!“ Schnell sprang der Doktor von seinem Stuhl, durchquerte den Raum und verschwand für einige Minuten in seinem Zimmer, ehe er wieder mit einigen Kräutern in der Hand zurückkehrte. „Sanji, kannst du davon bitte einen Tee kochen?“, fragte er und überreichte dem blonden Koch, welcher hinter seiner Theke stand, seine Zutaten. „Natürlich.“, gab dieser als Antwort und fing sofort an, das Getränk zuzubereiten. Die Insel hatten sie bereits hinter sich gelassen. Nun trieben sie ohne Kurs auf dem offenen Meer, um sich erst einmal vor der Marine zu verstecken und das weitere Vorgehen zu besprechen. Wo sollten sie jetzt bloß hin? „Herr Kapitän, was passiert? Wo ist Nami?“ Die Archäologin war die erste, die das Wort an den Schwarzhaarigen richtete. Dieser lenkte den Blick auf sie. Ihm war klar, dass er erzählen musste, was passiert war. So sehr es ihm auch stinkte. Er seufzte und starrte an die Wand gegenüber. „Die Zeitung hat nicht gelogen. Sie hat sich wirklich dieser Diebesbande angeschlossen. Sie will nicht mehr zu uns zurück…“ Die Erkenntnis traf ihn wieder wie ein Schlag in den Magen. „Nami- swaaaan!“, heulte Sanji und ließ sich hinter dem Tresen auf den Boden gleiten. Die anderen starrten Ruffy ratlos an. „Was meinst du damit?“ Lysopp war aufgesprungen und hatte die Hände auf den Tisch geschlagen. „Schwester Nami wollte nicht zurückkommen?“, war es Franky, der noch einmal nachfragte. Der Schwarzhaarige nickte. „War sie es, die dich angegriffen hat?“ Eisige Stille breitete sich nach Robins Frage in dem Raum aus. Die Erkenntnis schien alle wie ein Blitz getroffen zu haben. „Aber das kann doch gar nicht sein! Nami würde doch nie…!?“, beschwerte sich der Schiffsarzt und schüttelte wild den Kopf, als könne er so die Bilder aus seinem Kopf vertreiben. In Ruffys Kopf arbeitet es. Immer wieder sah er die Szene vor sich. Immer wieder blickte er in ihre versteinerte, emotionslose und vor allem kalte Miene. Das war nicht mehr die Frau, die ihm in den letzten Jahren so wichtig geworden war. Nein. Er war sich nicht einmal mehr sicher, ob sie noch ein Mensch war. „Wir müssen unbedingt herausfinden, wo sie hin ist! Wir müssen ihr klar machen, dass…!“ „Nein.“ Die Piraten zuckten bei diesem einen Wort zusammen. Diese Eiseskälte, die in Ruffys Stimme mitschwang, ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren. „Was- Was meinst du?“, fragte das kleine Rentier leise. Tränen traten in seine Augen und nur mit Mühe konnte er einen Schluchzer unterdrücken. „Wir werden sie nicht suchen. Nami gehört ab heute nicht mehr zu den Strohhutpiraten.“ *************** PS: Ich hoffe nur ihr hasst mich jetzt nicht all zu sehr XDD Kapitel 6: Wenn das Herz in tausend Stücke bricht ------------------------------------------------- Kapitel 6 – Wenn das Herz in tausend Stücke bricht Die Totenstille, welche in diesem Moment in dem kleinen Raum des Schiffes herrschte, war unerträglich. Die Anspannung, die in der Luft lag, war beinahe greifbar. Eine seltsame Atmosphäre drückte wie Blei auf die Köpfe der Piraten. Niemand wagte es einen Blick auf den Kapitän zu werfen. Er strahlte etwas Bedrohliches aus, was seine Freunde sichtlich einschüchterte. Erst ein lauter Knall ließ die Piraten aus ihrer Starre erwachen. Sanji war wieder hinter seinem Tresen hervorgekommen und hatte mit beiden Fäusten auf das Holz eingeschlagen. Ein großes Loch klaffte auf der Ablage und feine Rinnsäle aus Bluten tropften auf die Trümmer. Sein Gesicht war von Wut verzerrt, was das kleine Rentier zurückweichen ließ. „SEID IHR NOCH ALLE GANZ DICHT?“ Sein Schrei erfüllte die Küche und wurde ungewöhnlich laut von den Wänden wiedergegeben. „Ich habe keine Ahnung, was da vorhin genau passiert ist, aber ich bin mir sicher, dass Nami einen vernünftigen Grund für all das hatte!“ Sein Blick fiel nun auf den Schwarzhaarigen, der diesen ruhig erwiderte. Ruffy sah den Hass gegen ihn, der in den Augen des Blonden aufblitze. Es versetzte ihm einen Stich seinen Freund so leiden zu sehen, doch er hatte einen Entschluss gefasst und würde diesen nun durchziehen. „Nami wusste doch, dass dir eine Kugel nichts anhaben kann! Sonst hätte sie niemals auf dich geschossen, verdammt!“, zischte er weiter, nachdem er sich zwei Geschirrtücher um die blutenden Hände gewickelt hatte. Ruffy warf einen kurzen Seitenblick auf den Schiffsarzt und sah, wie er mit sich kämpfte. Einerseits schien er die Wunden behandeln zu wollen, aber auf der anderen Seite, traute er sich nicht näher an den wütenden Sanji heran. „Und was war mit dem Messer?“, mischte sich plötzlich Franky ein. Doch er schien es nicht zu wagen die beiden Streithähne direkt anzusehen. Sein Blick fiel starr auf seine übergroßen Hände, mit welchen er die Tischkante umklammerte. „Sie hätte Strohhut wirklich verletzen können.“ Seine Stimme verlor sich zum Ende hin fast. Der Koch stockte kurz. Damit hatte Franky wohl den wunden Punkt getroffen. Selbst Sanji schien sich diese Reaktion nicht erklären zu können. Gedankenverloren wanderte eine Hand des Schwarzhaarigen an seinen Bauch, wo er den weichen Verband spüren konnte, welcher seine Wunde verdeckte. Doch irgendwie hatte er das Gefühl, als würde das Messer noch immer tief in ihm stecken. „Aber… Wir können sie doch nicht einfach zurücklassen!“ Fassungslos blickte der Blonde in die Gesichter der anderen. „Wohin wollen wir dann als nächstes, Käpt’n?“ Sanji hielt in seiner Predigt inne. Wie in Zeitlupe drehte er seinen Kopf zu der einzigen Frau im Team. „Was hast du gesagt, Robin?“ Er war so außer sich, dass er sogar vergaß seine üblichen Verniedlichungen an ihren Namen anzuhängen. „Der Käpt’n hat gesagt, er will nicht nach ihr suchen, also müssen wir einen neuen Kurs bestimmen. Eine Weile könnte auch ich das Navigieren der Sunny übernehmen, solange sich der Herr Schiffszimmermann um die Steuerung kümmert. Aber auf Dauer werde ich diesen Posten nicht übernehmen können. Wir brauchen also bald einen neuen Navigator.“ In dem Raum war es erneut totenstill. Niemand wagte es sich zu rühren. Nicht einmal ein Atemgeräusch schien in dieser endlosen Stille zu ertönen. Mit leeren Augen starrten sie Robin an; unfähig etwas zu sagen. Hatte die Archäologin ihre Freundin so schnell aufgegeben? War es ihr egal, dass Nami sich einer Bande von Dieben angeschlossen, ihre Freunde verstoßen und sogar versucht hatte, Ruffy zu töten? „Aber Robin-chan! Das kannst du doch nicht ernst meinen! Sie ist doch auch deine Freundin!“, meinte Sanji entsetzt. „Sie haben Recht.“, mischte sich nun auch Zorro ein, welcher noch immer neben der Tür saß. „Zorro!“, protestierten Chopper und Lysopp gleichzeitig. „War ja klar, dass der Grünschädel wieder seinen Senf dazu geben muss!“, zischte der Koch wütend. Der Schwertkämpfer zuckte gefährlich mit den Augenbrauen. „Und es war ja klar, dass du Aushilfskoch wieder nichts kapierst!“, gab er provozierend zurück. „Was sagst duuuu…?“, kreischte der Blonde und ließ seine Fäuste gefährlich knacken, wodurch noch mehr Blut die Tücher durchnässte. Doch sein Gegenüber ließ sich nicht provozieren. Ruhig blickte er zu seinem Freund hinüber. Der Rest der Crew verfolgte die Auseinandersetzung gespannt. „Wir können ihr nicht mehr vertrauen! Das ist nicht das erste Mal gewesen, das diese geldgierige Zicke uns verraten hat! Erst klaut sie das Schiff, schmeißt uns von ihrer Heimatinsel und für Geld würde sie uns jeder Zeit an den Pranger stellen! Bis jetzt haben wir immer auf Ruffy gehört und ihr noch eine Chance gegeben. Doch dieses Mal ist sie zu weit gegangen. Sie war bereit unseren Kapitän umzubringen! Sie hätte seinen Tod in Kauf genommen, nur weil sie sich wieder irgendwas in den Kopf gesetzt hat! Nami hat es nicht mehr verdient zu uns zu gehören.“ Er warf einen Blick auf den Schwarzhaarigen, der sichtlich damit kämpfte, nicht gleich auf seinen Freund loszugehen. „Und selbst wenn der Kapitän sie wieder zurücknehmen würde… Wir als Crew dürfen das nicht mehr zulassen.“ Sanji verstummte. Die Crew starrte geschockt zu Boden. Zorro sah den inneren Kampf seiner Freunde, als sie seine Worte noch einmal in ihrem Kopf Revue passieren ließen. Sie schienen wirklich abzuschätzen, was sie nun tun sollen. Alles, was Ruffy und Zorro gesagt hatten, schrieben ihnen die quälenden Fragen quasi auf ihr Gesicht. Wie viel konnte eine Freundschaft verzeihen? Wie viel waren sie bereit für jemanden zu geben, dem das Leben ihrer Freunde scheinbar nichts mehr bedeutete? Konnten sie ihr immer noch vertrauen? Erst als Robin sich aufrichtete schienen die anderen aus ihrer Starre zu erwachen. Fragend blickten sie zu der Schwarzhaarigen hoch. „Käpt’n, dürfte ich einen Vorschlag machen?“ Ihre Stimme war leise, aber ruhig. Sie sah ihrem Freund lange in die Augen, woraufhin dieser nickend zustimmte. „Es ist schon spät und wir sind alle müde. Außerdem sollten wir möglichst bald einen Kurs einschlagen, damit wir nicht zu weit abdriften und uns nicht mehr zurecht finden.“ Sie blickte abwartend in die Runde. In ihren Gesichtern erkannte sie ihre Zustimmung. „Ich würde sagen, wir steuern die nächste Insel an und kümmern uns erst einmal um unsere Vorräte. Auf der letzten Insel hatten wir ja nicht die Gelegenheit dazu. Lasst uns noch einmal über das Geschehene schlafen und einen klaren Kopf kriegen. Diese Diskussion hilft uns nicht weiter.“ Als Robin verstummte blickte sie jedem ihrer Freunde einige Sekunden lang ins Gesicht. Sie sah die Müdigkeit und Verwirrung deutlich in ihren Zügen. In diesem Zustand konnten keine wichtigen Entscheidungen getroffen werden. Ruffys müdes Stöhnen ließ auch die anderen etwas entspannen. „Hey Leute. Ich denke Robin hat recht. Ich will nicht auch noch, dass wir uns in die Haare kriegen. Ich habe keinen Bock auf streiten. Außerdem könnte ich noch was zwischen die Zähne vertragen.“ So schwer es ihm in diesem Moment auch fiel, das Lächeln, welches auf seinem Gesicht erschien, war echt, was auch seinen Freunden nicht entging. Auch Sanji versuchte sich wieder zu beruhigen und wickelte die inzwischen blutgetränkten Handtücher wieder von seinen Händen ab. „War ja klar, dass du wieder nur ans Essen denkst.“, seufzte der Blonde und warf einen Blick auf Chopper. „Chopper? Würdest du mir bitte mal zur Hand gehen?“ Fast hätte er über seinen eigenen schlechten Witz gelacht, doch der Schmerz über Namis Verrat saß noch zu tief. Der Schiffsarzt ließ sich nicht lange bitten. Er verschwand schnell in seinem Zimmer und kehrte mit Verbandsmaterial und einigem Zubehör wieder zurück. Auch Franky versuchte sich abzulenken und nahm die von Sanji zerstörte Theke unter die Lupe. Stöhnend wandte er seinen Blick ab. Mit einem „Mach ich Morgen…“ verschwand der große Cyborg, gefolgt von Lysopp, aus der Küche. Der kalte Wind der bereits hereingebrochenen Nacht strömte in den Raum und vertrieb einen Teil der stickigen Luft. Auch Robin wandte sich der Tür zu. „Ich werde dann mal gucken, wo sich die nächste Insel befindet und eine neue Route berechnen. Ich bin in der Bibliothek, falls mich jemand sucht.“ Ruffy lächelte ihr zu. „Klar, danke Robin!“ „Robin- swan! Soll ich dir nachher einen Kaffee vorbeibringen?“ Sanjis Augen leuchteten und die Schwarzhaarige sah ihm an, dass er ziemlich mit sich kämpfen musste, um nicht gleich zur Kaffeemaschine zu rennen, denn immerhin verband Chopper gerade noch seine Verletzungen. „Ja gerne“, lächelte diese zu zurück und trat aus der Tür hinaus. Für einen Moment stand sie einfach nur still da und sah hinauf in den Himmel. Sie vermisste ihre Freundin sehr. Und auch wenn sie am liebsten sofort aufgebrochen und nach ihr gesucht hätte, wusste sie doch, dass sie richtig gehandelt hatten. Wenn Ruffy beschlossen hatte stark zu sein, dann musste sie das auch. Langsam schlenderte sie die Treppen herunter und ging in Richtung ihres Schlafzimmers. Kurz vor der Tür hielt sie inne. Ihre Hand ruhte bereits auf der Klinke. Doch sie schaffte es nicht, sie zu bewegen. Etwas in ihr sträubte sich dagegen. Sie wusste genau, was sie erwarten würde. Ein leerer Raum. Und viele Dinge, die sie an das Vergangene erinnern würde. An ihre beste - und einzige - Freundin. Ob es ihr damals genau so erging? Damals, als sie sich an die CP9 verkauft hatte, um ihre Freunde zu retten? Hatte sie auch dieses leere Gefühl in ihrem Herzen, welches es zu zerbrechen drohte? Doch Nami hatte nicht gezögert. Sie hatte alles getan, um Robin zu retten. Und sie wusste: Ihre Freunde hatten ihre Navigatorin noch nicht ganz aufgegeben. Schnell öffnete sie die Tür und trat ein. Das Licht des Mondes fiel durch den Spalt und tauchte einen schmalen Streifen in ein gespenstisches Licht. Der größte Teil ihres Zimmers lag jedoch noch immer im Dunkeln und trotzdem konnte sie jede Einzelheit dieses Raums sehen. Sie hatte ihn so oft betreten, dass sich jedes Detail bereits tief in ihrem Kopf verankert hatte. Und trotzdem fehlte etwas. Die lächelnde Frau, deren langes, orangefarbenes Haar im Licht der Lampen glänzte, während sie voller Begeisterung ihre Seekarten zeichnete. Sie war es, die diesem Zimmer sonst immer Wärme gegeben hatte. Doch nun lag er kalt und verlassen da. Ihr Bett war unangerührt, der Stuhl kalt und auch der Duft ihrer Orangen, welche sie täglich genüsslich verspeist hatte, hatte sich längst verzogen. Zurück blieb nur ein leerer Raum inmitten eines großen Schiffes, dem gewaltsam der Wind aus den Segeln genommen wurde… Schnell lief sie hinüber zu Namis Kartenstapel, der auf ihrem Schreibtisch thronte, wo sie sich das oberste Blatt Papier herunter nahm und sorgsam zusammenrollte. Robin hatte gesehen, wie Nami die Karte dieses Gebiets genau dort abgelegt hatte, als sie sie vor wenigen Stunden zum Essen gerufen hatte. Damals, als das Lächeln noch nicht verblasst war. Sofort ging sie den Weg zurück und verließ sie dieses Zimmer wieder, ohne sich noch einmal umzusehen. Ihr war klar, dass es lange dauern würde, bis sie sich dort wieder wohlfühlen könnte. Die kalte Nachtluft umfing sie wieder, als sie auf das Grasdeck hinaustritt. Robin atmete tief ein und schloss die Augen. Sie konnte hören, wie die leichten Wellen gleichmäßig gegen das Schiff schwappten und fühlen, wie sich der Untergrund dadurch sanft bewegte. Dieses Geräusch beruhigte sie innerlich und es zeigte ihr wieder einmal, warum sie das Meer so liebte. Wie sehr hatte sie es doch vermisst, als sie die meiste Zeit auf Alabasta verbracht hatte. Die Wüste war ihr einfach immer unheimlich gewesen. Ein leises Geräusch ließ die Archäologin aufhorchen. Sie wandte sich der Treppe zum vorderen Teil des Schiffes zu und stieg diese hinauf. Oben angekommen wanderte ihr Blick auf eine schwarze Gestalt, die neben dem Löwenkopf über dem Geländer lehnte. Traurig blickten seine Augen auf die schwarzen Massen, die sich vor der Sunny teilten und mit einem lauten Rauschen zur Seite gepresst wurde. Sein schwarzes Haar wehte im sanften Abendwind. Ein angestrengter Ausdruck lag auf seinem Gesicht, welches selbst in dem weißen Licht des Mondes rot leuchtete. Er schien sich wirklich den Kopf zu zerbrechen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht, als sie sich hinter ihn stellte. „Du willst doch nach ihr suchen, habe ich jetzt?“ Ruffy fuhr zusammen, als er die Stimme so nah hinter ihm vernahm. Ihm hätte klar sein müssen, dass Robin ihn durchschaut hatte. Deshalb hatte sie auch so schnell reagiert. Ein leises Seufzen entwich ihm. Er sah zu ihr herüber. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und blickte ihn ruhig an. Ein leichtes Lächeln zierte ihr Gesicht. Sie schien ihn in diesem Moment genau zu beobachten, was Ruffy sich etwas unwohl in seiner Haut fühlen ließ. „Natürlich. Ich will noch einmal mit ihr reden. Ich weiß, dass Nami einen triftigen Grund für das hatte, was sie da eben getan hat.“ Er sah seine Freundin durchdringend an. Ihr Lächeln war verschwunden. „Ich weiß, dass ich nicht das Recht habe so etwas zu sagen, aber…“ „Ja, sie hat noch eine Chance verdient.“, fiel der Schwarzhaarige ihr ins Wort. Er wandte sich wieder dem friedlichen Meer zu. Wie konnte die Welt nur so ruhig sein, wenn sich für ihn alles in wenigen Stunden auf den Kopf gestellt hatte? „Aber du willst den anderen nichts sagen?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein. Sie sollen es nicht wissen. Nami hat heute keinen Moment gezögert mich zu verletzen. Ich will die anderen nicht in Gefahr bringen. Ich bin der Käpt’n. Es ist meine Aufgabe mich um meine Crew zu kümmern.“ Robin zuckte kaum merklich zusammen, als sie Ruffys Blick bemerkte. Es lag so viel Ernsthaftigkeit darin, dass es der Archäologin kalt den Rücken runter lief. Er faszinierte sie immer wieder. Mal benahm er sich schlimmer als ein kleines Kind und im nächsten Moment war er erwachsener, als jeder, den sie kannte. Sie fand es überaus interessant ihren Kapitän zu beobachten. Schon damals, als er sie trotz allem, was sie ihm und seinen Freunden angetan hatte, gerettet hatte. Das war auch einer der Gründe, weshalb sie sich der Strohhutbande anschließen wollte. Ein leichtes Lächeln huschte erneut über ihr Gesicht. „Ich verstehe.“, meinte sie bloß und wandte sich zum Gehen. „Ich studiere dann mal die Karten und überlege, wo wir als nächstes anlegen können. Wenn du so weiter futterst, brauchen wir ganz dringend neue Vorräte.“ Robin vermied es Nami oder den Vorfall auf der letzten Insel zu erwähnen, um es dem Schwarzhaarigen leichter zu machen. Sie wusste, wie sehr er litt. „Gute Nacht.“ „Gute Nacht.“, gab er leise zurück und warf einen kurzen Blick über die Schulter, ehe er sich wieder dem Meer widmete. Sein tiefes Seufzen war nicht zu überhören, als sie die Treppe zum Grasdeck nahm und in der Dunkelheit verschwand. Automatisch wanderte seine Hand an seinen Rücken, wo er gleich das Gesuchte ertastete. Das raue Gefühl, welches das feine Stroh auf seinen Fingern zurück ließ, kam ihm nur allzu bekannt vor. Er nahm seinen Hut in beide Hände und betrachtete ihn. Sofort sah er ihr Gesicht vor sich. Den Augenblick, als sie sich damals auf Kokos entschlossen hatte, ihm zu vertrauen. „Oah, verdammt!“, zischte er, drehte sich um und ließ sich an der Reling hinunter gleiten. Das graue Holz drückte sich in sein Fleisch. „Was ist bloß passiert? Warum kannst du nicht mehr mit mir reden, Nami?“ Langsam schloss er die Augen. Dieser Tag zählte nun offiziell zu den schlimmsten seines Lebens. Und er konnte gar nicht erwarten, bis er endlich ein Ende nahm… ***** Noch immer starrte sie an die weiße Decke ihres neuen Zimmers. Das fahle Licht des Mondes drang durch die Löcher der zerrissenen Vorhänge und malte verzerrte Muster auf Wände und die Decke. Schon seit Stunden hatte sie sich nicht mehr bewegt. Es war so viel passiert, dass es ihr schwer fiel, alles zu verstehen, es zu begreifen. Es fühlte sich noch immer wie ein Albtraum an. Ein Traum, aus dem sie einfach nicht erwachen konnte. Seit sie hierhergekommen war, lag sie nun auf diesem einfachen Holzbett. Die Matratze war unbequem und schon durchgelegen. Das harte Rost drückte gegen ihren Rücken. Die Bezüge waren dreckig und stanken. Viel Wert auf Hygiene wurde hier nicht gelegt. Außer dem Bett bestand das kleine Zimmer sonst nur aus einem alten Schreibtisch mit Stuhl, welcher fast an das Bett angrenzte, sowie einem Kleiderschrank, der bisher nichts enthielt. Sie hatte ja auch nichts aus ihrem alten Leben mitgenommen. Ihr altes Leben? Ein trauriges Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. Ihr altes Leben existierte nicht mehr. Das Mädchen, welchem all diese Erinnerungen gehörten, die in ihrem Kopf rumspukten, war tot. Sie war in diesem Moment gestorben, als sie ihrem besten Freund ein Messer in den Unterleib gerammt hatte… Langsam hob sie ihre zitternden Hände und betrachtete diese. Das Blut war weg. Und auch der beißende Gestank der roten Flüssigkeit war verschwunden. Doch es schmerzte sie. Sie hatte ihre Freunde mehr als nur verraten. Wahrscheinlich hassten die anderen sie nun. Ob sie schon einen neuen Navigator hatten? Oder trieben sie vielleicht planlos auf dem Meer? Schnell schlug sie ihre Hände vors Gesicht. Sie wollte nicht mehr daran denken. Es ging einfach nicht mehr. Es würde bald soweit sein. Sie würde durchdrehen, es war nur eine Frage der Zeit. Aber… ob es ihm gut ging? Konnte Chopper ihm helfen, bevor er ernsthaft Schaden nehmen konnte? Mit einem Ruck setzte sie sich auf. Es konnte ihr doch egal sein. Sie hatte ihn ausdrücklich gebeten einfach abzuhauen und hat er es getan? Nein, natürlich nicht. Wie hatte sie das nur denken können? Er ist und bleibt nun mal ein Vollidiot. Und zwar einer, der immer versuchte stark zu sein und anderen zu helfen, oftmals aber sich selber dabei verletzte. Er würde nie lernen was ‚nein’ bedeutete. Sein kindlicher Beschützerinstinkt war genau das, was ein Pirat nicht haben durfte. Sie alle waren jahrelang einer Illusion nachgelaufen. Einem Tagtraum. Sie alle hatten jeden Tag auf ein Wunder gehofft. Doch das einzige Wunder, was ihnen unterlaufen war, war, dass sie immer noch am leben waren. Und trotzdem war Ace tot. Es gab einfach keine Garantie für das Überleben. Und Kinder sollten nicht mit Dingen spielen, von denen sie keine Ahnung hatten… Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. „Ja?“, antwortete sie der Tür monoton und wartete auf das, was der Besucher antworten würde. „Besprechung in 10 Minuten. Der Chef will dich dabei haben“, meinte eine dunkle Männerstimme und entfernte sich wieder, bevor er eine Antwort bekommen hatte. Das war keine Bitte, sondern ein Befehl, das wusste sie. Sie würde sich daran gewöhnen müssen. So lief das nun mal auf der Welt. Jetzt war es wohl soweit. Nun würde sie in den nächsten Raubzug eingeweiht werden. Alles in ihr schrie und sie hoffe, dass nicht bald wieder das Blut Unschuldiger an ihren Händen kleben würde… Ein letzter prüfender Blick in den kleinen Handspiegel, welcher bis eben noch auf ihrem Schreibtisch gelegen hatte, verriet ihr, dass ihr orangefarbener Zopf perfekt saß. Schnell zupfte sie noch das schwarze Top und die kurze dunkelblaue Hose zurecht und stand dann von ihrem Bett auf. Leise klackerten die Absätze ihrer schwarzen Stiefel auf dem Holzfußboden ehe sie den Raum verließ und in der Dunkelheit verschwand. ****** „Herr Kapitän? Herr Kapitän?“ Eine leise Stimme drang zu ihm hindurch und er spürte, wie eine Hand auf seiner Schulter lag. Müde öffnete er die Augen und sah direkt in Nico Robins lächelndes Gesicht. „Guten Morgen, Kapitän.“, begrüßte sie ihn und richtete sich wieder auf. Es dauerte einige Momente bis Ruffy begriff. Er war wohl tatsächlich draußen auf dem Deck eingeschlafen. Schnell rieb er sich über die Augen und versuchte richtig wach zu werden. „Morgen“, gab er zurück, als der Schwarzhaarige sich an der Reling auf die Beine zog. Er fühlte sich grausam. Sein ganzer Körper tat weh und irgendwie war ihm kalt. Draußen an ein Geländer gelehnt zu schlafen war wirklich eine blöde Idee. Sein Blick fiel auf den noch immer dunklen Himmel. Nur über dem Horizont war bereits ein kleiner Teil der aufgehenden Sonne zu erkennen. Wieso hatte sie ihn so früh geweckt? Robin schien seine Gedanken gelesen zu haben, denn ihr Lächeln wurde breiter. „Es musste so früh sein, damit wir unseren Kurs nicht ganz verlieren. Ohne Lockport wird das Navigieren etwas schwieriger.“ Und wieder spürte er einen kleinen Stich in seiner Brust, doch er schob ihn einfach weg. Er musste sich wohl erstmal daran gewöhnen. Genauso wie die Stiche, die ihn schon sein Leben lang verfolgten. „Weißt du, wo wir hinfahren müssen?“, setzte er das bisher eher einseitige Gespräch fort. „Ich weiß zumindest wo eine nahegelegene Insel sein müsste. Ob ich richtig liege werden wir wohl bald erfahren“, lächelte sie und sah für einen Moment auf die aufgehende Sonne und dann wieder auf ihn. „Ich war so frei den Herrn Schiffszimmermann die neue Richtung zu geben. Wir sollten in wenigen Stunden dort ankommen. Es bleibt gerade noch genug Zeit für ein Frühstück.“ Nun konnte auch Ruffy sein Lächeln nicht mehr zurückhalten. Robin versuchte alles, um alles normal erscheinen zu lassen, also musste auch er sein Bestes geben. Sein gewohnt breites Lachen erschien auf seinem Gesicht, mit dem er sie freundlich anstrahlte. „Früüüühstück! Hunger!“, kreischte er lächelnd und wandte sich in Richtung Küche. Robin folgte ihm und war froh, ihn lachen zu sehen. Auch wenn sie den Schmerz noch immer in seinen Augen sah. Ob er wohl am Anfang seiner Reise gedacht hätte, dass es so schwierig werden würde? Ob er geahnt hätte, dass ihm so viel passieren würde, was ihn an seinem Traum zweifeln lässt? Und ob er wohl gewusst hat, dass seine Freunde zu seinen größten Feinden werden können? Wie lange konnte so ein naiver Junge in so einer Welt bestehen? Robin war klar: sie als seine Freunde waren alles, was ihn noch am Leben hielt und dafür mussten sie alle stark sein. Selbst, wenn es darum ging, die eigene Freundin zu bekämpfen… Kapitel 7: (K)Eine ruhige Minute -------------------------------- Kapitel 7 – (K)Eine ruhige Minute Als Ruffy die Küche betrat, saßen bereits alle Mitglieder seiner Crew am Frühstückstisch. Einige schienen - ihren zusammengekniffenen Augen nach zu urteilen - noch halb zu schlafen und die anderen kauten lustlos an ihren Brötchen herum. Wirklich Appetit schien niemand so recht zu haben. Und wenn sein Magen nicht so nervig knurren würde, würde er es diesmal wohl auch ausfallen lassen. Auch wenn das so gar nicht seine Art war. Der Geruch von Kaffee, der in der Luft hing, wurde immer stärker, als er sich dem Tisch näherte. Müde ließ er sich auf seinen Stuhl fallen und sah in die Runde. Seine Freunde wünschten ihm leise einen ‚Guten Morgen’, befassten sich aber sonst nicht weiter mit dem Schwarzhaarigen. Auf ein Gespräch schien noch niemand wirklich Lust zu haben. Dann fiel Ruffys Blick auf eine breite Lücke, die zwischen seinen Freunden klaffte. Der einzige leere Stuhl am Tisch schien ein großes Loch in sein Herz zu reißen. Und das ging nicht nur ihm so. Niemand wagte es Namis Platz einzunehmen. Jeder beharrte auf seinem ursprünglichen Sitz. Ihr Stuhl stand noch immer unberührt da, wie sie ihn verlassen hatte. So als würde sie jeden Moment zurückkommen. Ein breites Lächeln im Gesicht und eine ihrer Seekarten in der Hand mit der freudigen Nachricht, dass sie eine perfekte Shopping- Insel gefunden hatte. Doch genau wie Ruffy wussten alle, dass das bloß ein Wunschtraum war. „Yohohoho! Also Robin, was gibt’s?“, war es Brook, der die unangenehme Stille durchbrach, welche bereits nach wenigen Sekunden entstanden war. Diese breitete gerade eine große Karte auf einer freien Stelle des Küchentischs aus, während sie an der für sie bereitgestellten Tasse Kaffee nippte. Die Piraten sahen nun alles andere als müde aus und blickten gespannt auf. „Wir sind hier.“ Sie zeigte auf ein kleines Stück blaues Papier. Verschiedenfarbige Punkte markierten die winzigen Landflecke, die in diesem Abschnitt des Meeres existierten. Laut Robin befand sich die Sunny etwas außerhalb einer kleinen Gruppe von Inseln auf denen nur wenige Dörfer eingezeichnet waren. Eins davon befand sich ganz in ihrer Nähe. „Und ich denke wir sollten diese Insel ansteuern. Das ist zwar nur ein winziges Dorf, aber vielleicht haben wir Glück und bekommen alle Nahrungsmittel, die wir brauchen. Und die Marine sollte uns da auch nicht überraschen.“, erläuterte die Archäologin ihren ausgearbeiteten Plan. Die Mitglieder der Strohhutbande nickten zustimmend. „Super, Robin! Dann machen wir das!“, gab Ruffy lächelnd von sich, der es kaum noch schaffte, ruhig auf seinem Stuhl sitzen zu bleiben. Seine Müdigkeit war wie weggeblasen! Er traute sich kaum es zuzugeben, aber irgendwie freute er sich innerlich sehr auf den Landgang. „Ja, keine Marine klingt gut.“, seufzte Lysopp, der sich nach den Neuigkeiten sichtlich entspannte. Auch Chopper schien ein großer Stein vom Herzen gefallen zu sein, denn er sank gemütlich gegen die Rückenlehne seines Stuhls. Wahrscheinlich hoffte er, dass er diesmal seinen Arztkoffer nicht benötigen würde. „Auf so einer winzigen Insel sollte uns die Marine auch nicht vermuten.“, warf Sanji von seinem Platz aus ein, während er sich gerade eine Zigarette anzündete. Robin nickte zustimmend. „Aber es sollten nicht alle von uns die Insel betreten. Und die, die gehen, sollten sich so unauffällig wie möglich bewegen und unter den Einheimischen nicht weiter auffallen.“, erklärte die Archäologin weiter. Ruffys Stimmung sank drastisch in den Keller. So wie sich das anhörte konnte er als einer der berühmtesten Piraten überhaupt den Landgang vergessen… „Warum?“, fragte er deshalb mit leicht schmollendem Unterton. Robins wissendes Lächeln, mit dem sie ihn ansah, machte es nicht unbedingt besser. „Ganz einfach, Käpt’n. Seit dem Vorfall auf der letzten Insel ist die Marine verstärkt hinter uns her und dadurch das wir keinen Navigator haben, wird das Fliehen vor Angreifern um einiges problematischer. Und zudem ist die Sunny immer noch wegen des letzten Unwetters angeschlagen. Und ohne Lockport ist es schwierig uns zu orientieren, wodurch es nicht schaden kann, wenn erstmal niemand weiß wo genau wir uns aufhalten.“ Mit einer nicht zu leugnenden Erfurcht hielt er ihrem weichen Blick stand. Das alles hatte sie sich in der Nacht überlegt? Ruffy konnte keinen Schwachpunkt in ihrer Logik finden, so sehr er es auch versuchte. Und seinen Freunden schien das nicht anders zu gehen. Ein zustimmendes Nicken, gefolgt von anerkennendem Gemurmel, ging durch die Reihen. Jetzt machte es auch nichts mehr, dass er wahrscheinlich nicht in die Stadt gehen durfte. Einen Tag frei konnte er sich auch mal nehmen. Und wenn er Choppers Blick richtig deutete, fand er es besonders gut, wenn Ruffy seine Wunde noch etwas schonen konnte. „Wirklich gut durchdacht.“, gab Franky nach einigen Minuten des Denkens dazu. „Und wen hast du für diesen Einkaufstripp im Auge, Schwester Robin?“ Sie zuckte lächelnd mit den Schultern. „Die, die am wenigsten Ärger machen.“ Ihr Blick wanderte um den Tisch herum. „Herr Kanonier, würdest du mich in die Stadt begleiten?“ Der Angesprochene zuckte zusammen und riss seine Augen auf. „Mich?“, fragte er ungläubig, bis die Schwarzhaarige nickend zustimmte. Sofort sprang er auf und brachte seinen Stuhl zum Kippen. Entschlossen stemmte er seine Hände in die Hüfte und begann lautstark zu lachen. „Aber sehr gerne komm ich mit! Eine weise Wahl sich den stärksten und klügsten Piraten für Notfälle mitzunehmen!“, lachte er und versuchte dabei seine zitternden Beine hinter dem Tisch zu verstecken. Robin kicherte und suchte sich den Nächsten aus ihrer Bande. „Würdest du auch mitkommen, Herr Schwertkämpfer?“ Verdutzt blickte er die Schwarzhaarige an, während der Koch aus allen Wolken fiel. „Aber Robin-chwan! Wieso nimmst du dieses Spatzenhirn mit und nicht mich?“`, fragte er geknickt. Der Grünhaarige grummelte und warf ihm einen bösen Blick, was dem anderen nicht entging, er aber gekonnt ignorierte. „Tut mir wirklich leid, Herr Schiffskoch, doch ich brauche unauffällige Begleiter. Und da ich davon ausgehe, dass es viele schöne Frauen auf dieser Insel gibt, wäre es besser, wenn du hier an Bord der Sunny bleiben würdest.“ Mit einem traurigen Nicken gab er ihr zu verstehen, dass sie recht hatte. Auch wenn es ihm gar nicht gefiel, dass die anderen ihn so sahen. „Vielen Dank. Würdest du mir eine Liste mit den Lebensmitteln geben, die ich dir besorgen soll?“ „Natürlich Robin-chwan. Das werd ich sofort machen.“, meinte der Blonde, bemüht seine Würde wieder zu bekommen, verließ seinen Platz und ging sofort in Richtung Kühlschrank, um nachzusehen, was ihm fehlte. Robin wandte sich wieder an den Schwertkämpfer. „Würdest du mitkommen?“ Dieser gähnte herzhaft und verschränkte die Arme vor der Brust, nickte dann aber. „Wenn es sein muss.“, gab er grummelnd von sich und spielte weiter mit seinem Essen. „Das freut mich wirklich sehr.“, meinte sie lächelnd zu dem Schwertkämpfer und widmete sich dann wieder ihrem Kapitän. „Das wäre alles, was ich vorzutragen habe. Wir sollten die Insel in wenigen Stunden erreichen.“ Ein erleichtertes Raunen ging durch die Gruppe, die sich nun wieder ihrem Frühstück zuwandte. Mit weit besserer Laune als noch Minuten zuvor. Wahrscheinlich waren die anderen erleichtert darüber, dass sie nicht in der Vergangenheit hängen bleiben würden, sondern einen Schritt nach vorne machen konnten. Selbst, wenn es nur ein kleiner war. Wie es auf lange Zeit weitergehen würde, war noch immer nicht absehbar, doch sie hatten soeben den Anfang gemacht. Und gerade Ruffy als Kapitän war überglücklich darüber in solch schwierigen Situationen auf seine Freunde zählen zu können. Robin hatte ihm da wirklich aus der Patsche geholfen. Doch der Rest blieb noch immer an ihm hängen. Er war dafür verantwortlich, was aus der Strohhutbande werden würde. Er musste unbedingt dafür sorgen, dass die Träume seiner Freunde in Erfüllung gehen. Das war er ihnen schuldig. Das Frühstück lief wieder ganz gewöhnlich ab. Es wurde gelacht und gestritten und es fühlte sich endlich wieder gut an. Aber nach dem Essen hielt es niemanden mehr in der Küche. Die Wolken hatten sich verzogen. Ein sanfter Wind fegte über das Deck der Sunny. Es war angenehm warm und doch war es nicht zu heiß. Sie mussten sich in der Nähe einiger Frühlingsinseln befinden, was nach der letzten Regeninsel eine richtige Erleichterung war. Ruffy beobachtete seine Freunde gespannt von seinem Lieblingsplatz aus: dem Löwenkopf. Er stand an die Reling gelehnt da und ließ seinen Blick schweifen. Robin stand schon eine ganze Weile mit Franky an dem Steuerrad ganz in seiner Nähe und doch konnte er ihre rege Diskussion nicht mithören. Jedoch sah er, wie die Archäologin immer wieder auf die Seekarte, die sie in den Händen hielt, zeigte und mit ihrem Finger über das Pergament fuhr. Mal schüttelte der Cyborg den Kopf, dann wieder sie. So wie es aussah waren die beiden sich nicht einig, wie sie an die Insel heranfahren sollten. Sanji war in seiner Küche und kochte. Er hatte sich gleich nach dem Frühstück an eine Vielzahl leckerer Gerichte gesetzt. Zur Ablenkung, wie Robin flüsternd gemeint hatte. Zorro war in seinen Kraftraum gegangen und trainierte lautstark. Seine Schreie hallten über das ganze Schiff. Chopper war in sein Krankenzimmer gegangen, Lysopp hatte sich in seine Werkstatt zurückgezogen und Brook saß einfach nur rum und trank Tee. Ziemlich langweilig, wie Ruffy fand. Und als dann auch noch Robin und Franky sich in die Bibliothek zurückzogen, wusste er gar nichts mehr mit sich anzufangen. Ruffy drehte sich in Richtung des Meeres und starrte auf die kleinen Wellen, die sich am Rumpf brachen. Ein leichter Wind zog über die Sunny, der mit Namis Orangenbäumen spielte. Er seufzte. Schon ohne sich umzudrehen war er sich der Anwesenheit der Pflanzen bewusst. Niemand hatte sich bis jetzt an die Bäume getraut. Sie standen unberührt da. Auch Ruffys Appetit auf die süßen Früchte war komplett verschwunden. Sollten sie sie behalten? Oder war es besser sie loszuwerden? Doch das würde nicht nur Nami das Herz brechen… Die Insel rückte immer näher und schon bald konnte Ruffy die Konturen erkennen. Eine große Landzuge streckte sich ihm entgegen. Auf der rechten Seite erkannte er das kleine Dorf, welches sich gräulich von dem Wald, der die ganze Insel bedeckte, abhob. Doch etwas verwundert war er über den Kurs der Sunny. Sie schien auf die linke, unbewohnte Seite der Landzuge zuzusteuern. Aber von so was hatte er keine Ahnung. „Wir werden etwas weiter westlich an Land gehen. Dort sollte niemand unser Schiff entdecken.“, ertönte eine weibliche Stimme hinter ihm, die den Strohhut etwas erschreckte. Robin und Franky waren zurück auf die Steuerterrasse gekommen und grinsten ihn an. Robin stand direkt neben ihm und Ruffy fragte sich, wieso er sie nicht früher bemerkt hatte. „Okaaaay.“, meinte er gedehnt und beobachtete einfach weiter, wie sich die Insel mit jeder Sekunde näherte. Ein wenig Wut konnte er nicht unterdrücken, also hielt er sich erstmal aus allem raus. Lieber konzentrierte er sich auf das Meer und die frische Luft, die ihn sonst immer beruhigten. Doch an diesem Tag schien das nicht zu funktionieren. Rufe halten über das Deck, als die Sunny sich zum Ankern bereit machte. Zorro kümmerte sich um den Anker, Sanji und Chopper holten die Segel ein, während Robin und Franky das Schiff vorsichtig nahe die Küste bugsierten. Tatsächlich geschah das alles in nicht viel längerer Zeit, als Ruffy das gewohnt war. Seine Crew arbeitete hervorragend zusammen und schon bald hatten sie an dem feinen Sandstrand angelegt. Tatsächlich war dort eine Art Steg vorhanden, der das Anlegen ziemlich erleichterte. Jedoch war das Holzgestell bereits morsch und wohl lange nicht mehr gewartet worden. Wahrscheinlich benutzte ihn schon seit Jahren niemand mehr. Mit einigen vollgepackten Taschen trafen sich die drei für den Landgang auserwählten Crewmitglieder auf dem Grasdeck, wo sie sich mit wenigen Worten verabschiedeten. Nur der Kapitän stand noch immer neben dem Löwenkopf und schmollte. „Wir sind gegen Sonnenuntergang wieder zurück.“, hörte Ruffy Robins Stimme, vom Grasdeck zu ihm heraufschallen. Er blickte seitlich über die Reling und sah wie Robin, Zorro und Lysopp vorsichtig über den morschen Steg liefen. Das Holz gab merkwürdige Geräusche von sich, so als ob es jeden Moment in sich zusammenbrechen würde, doch die Piraten konnten ohne Probleme trocken ans Ufer gelangen. Dort machten sie sich auf in Richtung des Dorfes, dessen Rauchschwaden sich über die Wipfel der küstennahen Bäume kringelten. Etwas sehnsüchtig blickte Ruffy an dem Löwenkopf der Sunny vorbei den Mitgliedern seiner Crew hinterher, die sich gerade über den schmalen Sandstrand in Richtung des Dorfes bewegten. Wie gern wäre er doch mitgegangen. Doch so konnte er seiner Wunde noch etwas Zeit zum Heilen geben. Auch wenn sie schon lange nicht mehr wehtat. Seine Hand wischte automatisch über den weißen Verband, der noch immer seine Verletzung versteckte. Und ihm war das Recht so. Am liebsten würde er die Wunde ganz verstecken und nie wieder sehen müssen. Das Hämmern von Metall auf Holz schallte über das Deck und ein leichtes Vibrieren drang durch die Bodendielen zu Ruffy hinauf. Franky hatte bereits begonnen die letzten Schäden am Schiff zu beseitigen. Bald würde die Sunny wieder ohne Einschränkungen einsatzbereit sein. Und leider konnten die Piraten nie wissen, wann sie das nächste Mal gebracht werden würde. Und so toll die Thousand Sunny auch war, manchmal gab es Zeiten, in denen Ruffy die gute, alte Flying Lamb vermisste. Auch sie war ein wertvolles Mitglied der Strohhutbande gewesen. Ein Mitglied, das nie wieder zurückkommen würde. „Du, Ruffy. Hast du kurz Zeit?“ Ein wenig überrascht darüber, seine Stimme zu hören, wandte der Schwarzhaarige seinen Blick von dem glitzernden Meer vor ihm ab und sah zu dem Koch hinüber. Mit einem etwas scheuen Blick musterte er seinen Kapitän, neben dem er Stock steif stand. Ruffy zog seine Augenbrauen hoch. So unsicher kannte er seinen Freund überhaupt nicht. Normalerweise war Sanji immer cool und gelassen. Außer eine hübsche Frau war irgendwo in seiner Nähe. Doch selbst dann benahm er sich auf jeden Fall anders. „Was gibt’s denn, Sanji?“, fragte der Schwarzhaarige, drehte sich einmal um seine eigene Achse und schwang sich auf die Reling. Seine Hände umklammerten das dünne Stück Holz, um nicht hintenüber zu fallen. Sein Freund lehnte sich mit dem Rücken genau neben Ruffy an das Geländer und zündete sich erst einmal eine Zigarette an. Einige Sekunden vergingen, ehe der Blonde sich zu Wort meldete. „Ich wollte dir sagen, dass es mir Leid tut, wie ich mich da gestern benommen habe.“ Verwundert sah Ruffy ihn von der Seite an. In seinem Gesicht spiegelte sich das schlechte Gewissen. „Ach was, kein…“, fing der Kapitän lächelnd an, doch Sanji unterbrach ihn abrupt. „Doch, das ist wohl ein Problem!“, keifte er und warf seinem Gesprächspartner einen wütenden Blick zu, der den Schwarzhaarigen verstummen ließ. Doch er erkannte, dass die Wut nicht ihm galt… „Du bist hier der Kapitän und als ich damals deiner Crew beigetreten bin, war mir klar, dass du hier das Sagen hast. Und jetzt, wo ich eine Nacht drüber nachgedacht habe, sehe ich, dass du Recht hast.“ Sanji seufzte. „Das Nami uns… so verraten hat, hat mich echt tief getroffen. Ich hab mir eingeredet, dass es dafür einen Grund geben müsste. So wie damals auf ihrer Heimatinsel.“ Der Gedanke an Arlong und den Kampf um Kokos kam Ruffy wieder in den Sinn. Er sah Nami noch immer dort weinend auf der staubigen Straße sitzen, wie sie wieder und wieder ein Messer in ihre Schulter rammte und ihn dann angefleht hatte, ihr zu helfen. Nami war immer stark gewesen, doch in diesem Moment war sie nur ein kleines, schwaches Mädchen. „Aber sie hat dich verletzt. Hat mit einem Messer auf dich eingestochen. Dass die Kugel dich nicht verletzten würde, da bin ich mir sicher, dass sie das wusste, aber die Attacke mit dem Messer ist nicht zu verzeihen.“ Sanji zog an seiner Zigarette und blies den Dunst aus. Schnell hatte die Meeresbrise ihn davongetragen. „Doch ich bin überzeugt davon,“ nahm er das Gespräch wieder auf „dass es irgendeinen wichtigen Grund für sie gab, so gehandelt zu haben.“ „Ja, ich auch.“, pflichtete der Strohhut ihm bei, ohne ihn anzusehen. Aus den Augenwinkeln entging ihm das leichte Zusammenzucken seines Freundes nicht. „Aber dennoch muss ich als Kapitän auf das Wohl der Mannschaft achten, Sanji. Genauso wie damals bei Robin und Lysopp muss sie sich unser Vertrauen erst zurückerarbeiten, doch ich weiß nicht, ob sie das jemals wieder schaffen wird.“ Die Schmerzen, die seine eigenen Worte bei ihm verursachten, schienen seinen Brustkorb zerreißen zu wollen. Er wusste, dass er die Wahrheit sagte, doch in diesem Moment hatte er das seltsame Gefühl, sich selber dafür verprügeln zu wollen. Sanji erwiderte darauf nichts. Seine linke Hand war geballt und er schien sich mit aller Macht dagegen zu wehren, nicht gleich wieder auf ihn loszugehen. „Verstehe.“, sagte er kurz angebunden und drückte dann seine Zigarette aus. Er wandte sich zum Gehen. „Aber wenn du nicht alles versuchst, um sie zurückzuholen, Käpt’n, dann wirst du mich wirklich mal kennen lernen.“, meinte er und verließ die Steuerterrasse in Richtung des Grasdecks. Ruffy beugte seinen Kopf nach hinten und sah den blauen Himmel über sich, den gerade einige weiße Wolken streiften. „Na klar.“, meinte er so leise zu sich selbst, dass es im Rauschen der Palmenblätter unterging. „Ahhh, Bruder Strohhut! Wir haben ein großes Problem!“ Frankys Schrei erschreckte den Schwarzhaarigen fürchterlich, sodass er fast das Gleichgewicht verloren und rückwärts die Reling runter gefallen wäre. Schnell taumelte er zurück und sprang von dem Geländer. Verwundert sah er sich nach dem Cyborg um. Dieser verließ gerade den Ausguck und machte sich auf den Weg zum Grasdeck, wo sich bereits die anderen Piraten versammelt hatten. Schnell überwand Ruffy die letzten Meter und gesellte sich dazu. Franky wedelte aufgeregt mit den übergroßen Armen, während er in einer Hand noch immer das Teleskop hielt. „Ein Piratenschiff steuert genau auf die Insel zu!“, berichtete er seine Entdeckung. „Piraten?“, fragte Brook verwundert, der gerade an einer Tasse Tee nippte. „Ich bin zwar kein Fachmann in Piratenkunde“, erwiderte der Schiffszimmermann darauf „doch wenn ich mich nicht täusche, ist das die Stone- Piratenbande, was für uns nicht sonderlich gut ist!“ Ruffy sah ihn fragend an. „Was für Typen sollen das sein?“ Franky schüttelte den Kopf. Sein Kapitän hatte wieder keine Ahnung von nichts. Also erklärte er kurz, was er wusste. „Shakuyaku hat mir von denen erzählt, als ich in ihrer Bar auf dem Sabaody Archipel angekommen bin. Die sollen schon eine ganze Weile hier in der Gegend Unruhe stiften. Ihr Kapitän soll hart wie Stein sein, was wohl den Namen erklärt. Ihr einziges Ziel ist es, Dörfer zu überfallen und alles platt zu machen, was ihnen in den Weg kommt. Dabei sollen die mit ziemlich miesen Tricks arbeiten.“ Die Strohhutbande schaltete sofort. „Robin und die anderen sind noch in der Stadt! Sie werden so mitten in den Kampf rein gezogen!“, quiekte Chopper besorgt und sah von einem Gesicht zum anderen. Sämtliche Blicke lagen erwartungsvoll auf ihrem Kapitän. Dieser dachte angestrengt nach. „Robin meinte, wir sollen nicht auffallen und uns deshalb von der Stadt fernhalten.“, fasste er noch einmal zusammen. „Und ich bin mir sicher, dass die drei sich auch alleine verteidigen können. Immerhin ist Zorro dabei.“ Ruffy ballte seine Hand zu einer Faust und schlug sie vor der Brust mit seiner anderen zusammen. „Aber wenn diese Piraten hier Randale machen, werden wir sowieso nicht lange unentdeckt bleiben. Also gehen wir sofort in die Stadt und versuchen den Menschen hier zu helfen!“ Das Grinsen, welches sich auf die besorgten Gesichter seiner Freunde schlich, ließ ihn sich etwas entspannen. Scheinbar waren sie mit seiner Idee einverstanden oder sogar schon selber darauf gekommen. „Tut mir zwar Leid, dass wir Robin- chwans Plan zerstören, aber wir können die drei nicht alleine kämpfen lassen.“, meinte Sanji, der sich seelenruhig eine Zigarette ansteckte. „Der Mooskopf ruiniert nur wieder alles.“ „Wir müssen ihnen helfen! Bevor noch einer verletzt wird!“, stimmte Chopper ihm zu. „Na dann lasst uns los!“, lachte Ruffy und mit einem lauten „Aye!“ stürmte die ganze Crew vom Schiff runter. Das Holz des morschen Steges knartschte lautstark unter ihren Körpern und gab ein markerschütterndes Geräusch von sich, welches die unheimliche Stille durchbrach, die sich über diese Insel gelegt hatte. Kein Vogel, kein Tier war zu hören. Es schien, als hätten sie die nahe Gefahr bereits gespürt. Schnelle Schritte trugen sie über den feinen Sand. Die sanfte Meeresbrise brachte die Blätter der nahestehenden Bäume und Palmen leise zum Rascheln. Das angestrengte Atmen der Piraten erfüllte die Luft. Das Dorf lag bereits in Sichtweite, doch das Piratenschiff war schon hinter dem Landvorsprung verschwunden. Ein lautes Donnern erfüllte die Luft. Das Schreien von Menschen drang bis zu ihnen herüber und erste Rauchschwaden erschienen über den Häusern. Der Kampf hatte bereits begonnen. Kapitel 8: Begleichen einer Schuld ---------------------------------- Kapitel 8 – Begleichen einer Schuld Rauch versperrte ihnen die Sicht, als sie das Dorf erreicht hatten. Ruffy zwängte sich zwischen zwei zerstörten Häusern entlang, deren Trümmerteile die staubige Straße bedeckten. Schreie durchzogen die Luft und Menschen drängten sich durch die zerstörten Gebäude, um möglichst schnell und ungesehen aus dem Dorf zu verschwinden. Das Lachen tiefer Stimmen lag in der Luft und nach einem schnellen Blick über die Straße, konnte Ruffy drei Männer erkennen, die mit ihren Schwertern eine wehrlose Frau bedrohten. Die Blonde presste sich weinend gegen eine eingestürzte Hauswand. „Was fällt diesen Mistkerlen eigentlich ein…“ Sanji platze sofort der Kragen und mit einem wütenden Schrei schoss er den gepflasterten Weg entlang, woraufhin wenige Sekunden später die Männer in der nächsten Steinmauer klebten. Graue Staubpartikel stoben in die Luft und vermischten sich dort mit dem Qualm eines brennenden Holzdaches. „Junge Frau, ihr braucht euch nicht mehr zu fürchten. Euer Prinz in scheinender Rüstung ist nun zur Stelle.“ Betont cool stand er neben der Blonden und streckte seine Hand nach ihr aus, um ihr auf zu helfen. Diese schien jedoch nicht so recht zu wissen, ob sie ihm wirklich vertrauen sollte, denn sie rührte sich keinen Millimeter. Doch Ruffy achtete nicht weiter auf seinen Smutje. Noch immer jagten Explosionen durch die Luft und immerhin waren sie ja auch auf der Suche nach ihren Freunden. Weitere Männer tauchten zwischen den Häusern auf und wurden auf die Piraten aufmerksam. Sie zogen ihre Schwerter und stürmten auf ihre Feinde zu. Die Strohhutpiraten begaben sich in Kampfstellung und stellten sich den dutzenden Männern entgegen. „Ruffy- san. Ich glaube am Hafen ist am meisten los.“, fing Brook plötzlich an. „Außerdem bin ich mir sicher, dass diese eine Explosion von einer von Zorros Attacken stammt.“ Ruffy nickte. Er hatte auch bereits kurz darüber nachgedacht und fühlte sich so in seiner Idee bestätigt. „Ihr kommt klar?“, fragte er kurz, worauf er mehr als ein Nicken erntete. „Danke, Jungs“, lachte er und bahnte sich einen Weg durch die kämpfenden Piraten, die ihm verdutzt musterten. Ohne einen Blick zurück rannte er durch die Stadt. Überall tummelten sich Mitglieder dieser Piratenbande, die Ruffy mit einem kurzen Tritt bewusstlos schlug. Er hatte keine Zeit sich mit denen abzumühen. Also mussten sie möglichst schnell dran glauben. Sein Blick fiel immer wieder auf das Unglück, welches diese Männer mit auf diese Insel gebracht hatten: Flammen, Trümmer, Verletzte. Und das nur, weil es ihnen Spaß machte. Wut kochte in dem Schwarzhaarigen hoch. Genau SO wollte er nie werden. Diese Piraten verkörperten all das, was er schon von Klein auf verabscheut hatte. Das, was er immer bekämpft hatte, seit er zur See gefahren war. Schon bald erreichte er den Hafen. Auch hier brannten bereits einige der Gebäude und Schiffe. Er ließ den Blick schweifen und blieb vor einem der Bootsstege hängen. Eine Traube von gut 50 Männern stand in einem Kreis um drei Gestalten herum. Sie hatten ihre Schwerter gezückt und grinsten mordlüstern. Ruffy hatte sich hinter eine halb zerstörte Mauer gestellt, die auf einer kleinen Erhöhung stand, und versuchte zunächst herauszufinden, was da eigentlich los war. Auch wenn er lieber einfach drauf los gerannt wäre. Es kostete ihn viel Mühe abzuwarten und zuzusehen. Doch das war etwas, das Rayleigh ihn gelehrt hatte. In den zwei Jahren hatte er tatsächlich so etwas wie ‚Geduld’ gelernt. Erst beim zweiten Hinsehen erkannte er, w e r da bedroht wurde. Sein Blick fiel auf die am Boden liegende Robin. Stöhnend hielt sie sich den Kopf, während sie leise immer wieder hustete. Zorro hockte mit gezogenen Schwertern vor ihr und starrte einen ziemlich fetten Mann mit vor Wut verzerrter Miene an. „Wie kannst du es wagen, du widerlicher Drecksack…?“, zischte er ihm entgegen, während der Dicke nur lachte. Sein Körper stecke in einer riesigen Rüstung, die zum Großteil aus Stein zu bestehen schien. Ruffy wunderte sich, wie der so überhaupt stehen konnte. Sein schwarzes Haar war zu einer Art Felsen auf seinem Kopf aufgetürmt, wozu er eine auffällige rote Strähne trug, die ihm bis über die Schultern fiel. Das musste der Kapitän sein. „Nenn mich nicht Drecksack, du Schwächling!“ Das Lachen des Dicken war verschwunden und hatte nun einer wutverzerrten Maske Platz gemacht. Er plusterte seinen Körper gefährlich auf, sodass seine Steinrüstung sich sichtlich spannte. Nun war es soweit, das war SEIN Kampf! Schnell ergriff Ruffy die zerstörte Mauer vor ihm, rannte einige Schritte zurück, sodass sich seine Arme spannten und ließ sich mit einem lauten Schrei zu den Piraten hinüberkatapultieren. Er rammte einige Männer aus dem Weg, die schreiend zu Boden gingen und traf mit seinen Füßen den Kapitän, welcher es nur noch schaffte, ihn verwirrt anzusehen. Ein lautes Krachen ertönte, als die Steinrüstung einige der im Hafen stehenden Schiffe durchschlug. Fast simultan erklang das Wort „Käpt’n!“ von den dunkel gekleideten Männern, die ungläubig auf ihr Piratenschiff starrten, in dem der Typ stecken geblieben war. Doch Ruffy beachtete diese gar nicht. „Boah, ist das ein harter Kerl!“, stöhnte der Schwarzhaarige und sprang von einem Fuß auf den anderen, um seine schmerzenden Fußsohlen zu entlasten. Erst dann wandte er sich an den Grünhaarigen. „Hey Zorro! Der Dicke gehört mir! Du darfst die anderen haben“, lächelte er seinen Freund an, der sich sichtlich zusammenreißen musste, um wieder gefühlsmäßig runter zu kommen. „Kein schlechter Auftritt“, grinste er zurück und wandte sich dann Robin zu, die sich gerade aufraffte. „Alles klar soweit?“ Sie hustete leicht, nickte dann aber. „Es geht mir gut.“ „Was war hier los?“, war es Ruffy, der fragte. Zorro schnaubte. „Dieser fette Mistkerl hat uns verarscht und einfach aus dem Hinterhalt angegriffen.“ Die Wut, die gerade von Ruffy Besitz ergriff, ließ seinen Magen zusammenziehen. Dieser Widerling hatte seine Freunde angegriffen und Robin dabei verletzt. Das würde er ihm garantiert nicht durchgehen lassen! „Überlass das mir“, meinte er bedrohlich, sodass die Piraten zusammenzuckten. „H-hey, ist das nicht der Strohhut? Monkey D. Ruffy?“, ertönte es leise aus der Menge, worauf ein ängstliches Raunen durch die Reihen ging. „Ich wusste doch, dass ich den Grünhaarigen irgendwo her kannte…“, meinte ein anderer kleinlaut. Doch der Strohhut achtete überhaupt nicht auf sie. Mit schnellen Schritten trat er auf die Schneise zu, die der Dicke in der Gruppe seiner Männer zurückgelassen hatte. Die Danebenstehenden wichen einen Schritt zurück und ließen ihn einfach so gewähren. Von ihrer Mord- und Zerstörungslust war in diesem Moment nicht mehr viel zu spüren. Das war ein typischer Fall von große Klappe und nichts dahinter… Kaum, dass Ruffy die Gruppe einige Schritte hinter sich gelassen, ertönte bereits wieder lautes Kampfgeschrei. Doch er machte sich keine Sorgen. Selbst, wenn Robin nicht in der Lage sein würde ihm zu helfen, würde Zorro mit diesen Typen locker fertig werden. Ihn interessierte nur der Mann, der sich gerade aus den Trümmern einer großen Galeere schälte. „Duuu…“, zischte er, als sein Blick auf Ruffy fiel. Ein Rinnsal aus Blut tropfte von seiner Stirn. „Na, ganz so steinhart bist du ja gar nicht“, meinte Ruffy mit ehrlicher Enttäuschung in seiner Stimme. Das ließ den Kapitän nur noch wütender werden. „Wie kannst du es wagen?! Weißt du etwa nicht, wer ich bin?“, plusterte er sich auf und stampfte seine Steinschuhe mit einem lauten Knall auf den Boden auf, sodass sich zwei tiefe Löcher in den gepflasterten Weg gruben. Ruffy sah ihn nur gelangweilt an. Er hatte auf eine größere Herausforderung gehofft. „Mir doch egal, wer du bist. Ich weiß nur, dass ich es gar nicht lustig finde, was du mit meinen Freunden und dieser Insel angesellt hast…“ Seine Stimme hatte einen kalten Ton angenommen und seine Augen blitzten gefährlich. Sein Gegenüber schien für einige Sekunden verdutzt zu sein, riss sich aber schnell zusammen. Ein verächtliches Schnauben kam aus seinem Mund. „Och, es gefällt dir nicht? Ist es nicht das Schönste, was du je gehört hast? Die Schreie ängstlicher Menschen, die gerade all ihr Hab und Gut verloren haben und kurz davor stehen, auch noch ihr erbärmliches Leben zu verlieren? Also für mich klingt das wie Musik in meinen Ohren.“, lächelte er spöttisch. Ruffys Fäuste ballten sich, sodass seine Knöchel weiß hervortraten. Er fühlte, wie das Haki sich in seinen Muskeln ansammelte, bereit zuzuschlagen. Er würde diesem Schwachsinn ein Ende bereiten. Mit wenigen Schritten überwand der Schwarzhaarige die letzten Meter, die ihn von dem Piratenkapitän trennten und holte mit seiner Faust aus. „Gum gum… Pistole!“, schrie er in die Welt hinaus und traf den Dicken direkt in seiner Magengegend. Eine gewaltige Druckwelle entstand, die einen weiteren Teil des Piratenschiffes hinter ihnen zerfetzte. Es dauerte einige Sekunden, ehe Ruffy bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Der Kerl hatte sich kaum einen Millimeter bewegt. Lediglich seine Füße bohrten sich noch tiefer in den gepflasterten Hafenboden. „War das etwa schon alles?“, kam es spottend von dem Piraten, dessen Gesicht ein breites Lächeln zierte. Noch ehe Ruffy das verarbeitet hatte, hatte sein Gegenüber bereits zu einem Schlag mit seinen steinernen Handschuhen ausgeholt und ihn mitten ins Gesicht getroffen. Einen Moment lang wurde dem Jüngeren schwarz vor Augen, ehe er unsanft einige Meter weiter hinten auf dem Boden aufschlug. Mit einer Hand rieb er sich den schmerzenden Kopf, während er seinen Oberkörper erneut aufrichtete. „Was war das denn? Berg- Frisuren- Mann, du schummelst!“, protestierte Ruffy und richtete sich wieder auf. Ein warmer Rinnsaal Blut floss seine Wange hinunter. „Haha! Ich schummele? Und so ein Kleinkind wie du soll ein berüchtigter Pirat sein?!“, lachte der Kapitän, sodass das Fett an seinem Körper vibrierte. „Bisher hatte noch keiner eine Chance gegen meine Steinrüstung! Auch ihr Teufelsfruchtnutzer nicht!“ Seine Stimme hallte von den Trümmern der Stadt wider und in Ruffy wuchs die Wut heran. Er wollte diesen Mistkerl nun schnellstmöglich fertig machen und endlich von hier verschwinden. Es gab so viel wichtiges, um das er sich kümmern musste… „Lass uns das ganze Theater hier endlich hinter uns bringen“, zischte Ruffy und starrte seinen Gegenüber finster an. Dieser erwiderte seinen Blick mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Du wirst die nächste Trophäe auf meiner Liste…“ So schnell, wie Ruffy es dem Dicken überhaupt nicht zugetraut hatte, zog er plötzlich zwei große Kanonen hinter seinem Rücken hervor und schoss mit übertrieben großen Geschossen auf den Schwarzhaarigen. Durch einen gekonnten Sprung wich er den Waffen jedoch im letzten Moment aus, woraufhin ein lauter Knall den Hafen erschütterte. Dunkler Rauch quoll aus zwei großen Kratern, die sich nun in den Boden gefressen hatten. Mit einem lauten Schrei setzte Ruffy zum Gegenschlag an, doch seine Fäuste prallten erneut an dem steinernen Brustpanzer ab. Sofort überkam ihn wieder dieses seltsame Gefühl von Schwäche. Zwei Meter vor dem Piraten blieb der Strohhut schliddernd stehen. Seine Attacke hatte dem Kapitän keinen Schaden zugefügt und doch war ein kleiner Teil seiner Steinrüstung abgesplittert. Und langsam dämmerte es dem jungen Piraten… Ein breites Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, was seinen Gegner zum Stutzen brachte. „Warum lachst du, Strohhut? Hast du noch immer nicht kapiert, dass du gegen mich nichts ausrichten kannst?“, fragte der Dicke skeptisch, doch Ruffy ließ sich nicht einschüchtern. „Ich weiß jetzt, womit du schummelst. Das ist wirklich nicht fair“, lachte er und trieb seinem Gegenüber so die Zornesröte ins Gesicht. „Was meinst du Gummihirn damit?“ „Deine Rüstung. Ich habe mich schon gewundert, warum ich mich immer so mies fühle, nachdem ich sie berührt habe. Die ist aus Seestein, stimmt’s, Berg- Frisuren- Mann?“ Eine seltsame Stille trat zwischen den beiden Piraten ein. Ein Ausdruck des Erstaunens trat auf das Gesicht des Kapitäns, was Ruffys Grinsen nur noch vergrößerte. Das vereinfachte die Sache doch erheblich. „Ich darf dich nur nicht mit meiner Haut berühren, stimmt’s?“ Kurz stockte der Pirat und auch der letzte Hauch seines Lächelns verschwand, bevor er sich zusammenriss und seine Unsicherheit zu überspielen versuchte. „Als ob dir das etwas nützen würde, du Wicht! Gegen meine Steinrüstung hast du nicht den Hauch einer Chance!“, gab er lachend von sich. Doch er klang längst nicht mehr so sicher, wie noch vor wenigen Augenblicken. „Ich muss ja nicht unbedingt deine Rüstung angreifen, oder?“, gab der Schwarzhaarige lächelnd von sich und die Augen seines Gegenüber weiteten sich ungläubig. „Lass es uns doch mal ausprobieren!“ Mit wenigen Schritten hatte Ruffy die Distanz zu seinem Feind verringert und schaffte es gerade noch, sich unter dem Schlag des Piraten drunter durch zu bücken, der mit seinen Kanonen nach ihm schlug. Und genau das verschaffte ihm seine gewünschte Gelegenheit. Mit einer starken Gum- Gum- Pistole schlug er nach dem ungeschützten Gesicht des Mannes, der diese Bewegung jedoch vorausgeahnt hatte. Dennoch traf er ihn seitlich am Kopf, was ihn zurücktaumeln ließ. Doch Ruffy wartete nicht lange mit seinem nächsten Angriff. „Gum-Gum-Gatling!“, schrie er und trieb seinen Gegner einige Meter nach hinten. Seine steinernen Arme hatte er vor seinem Gesicht verkreuzt, um die Wucht von Ruffys Angriffen abfedern zu können, wodurch er jedoch seine Waffen hatte fallen lassen müssen. Doch mit jedem Mal, wo Ruffy den Seestein berührte, verminderte sich seine Schlagkraft. Es entzog ihm regelrecht seine Energie. So konnte er einfach nicht mehr lange weiter machen! Es blieb ihm nur zu hoffen, dass er mit seiner Vermutung recht hatte… „Dann lass uns das hier mal zu Ende bringen.“, keuchte er und rang etwas nach Luft. „Was willst du damit sagen?“, knurrte er andere Pirat wenig bedrohlich und nahm seine Hände trotz der Kampfpause nicht hinunter. Ruffy antwortete ihm nicht, sondern fasste mit seinen Händen an eine je Häuserwand und ein Trümmerteil eines der gesunkenen Schiffe und ließ sich nach oben katapultieren. Verdutzt versuchte der Kapitän Ruffys Bewegungen zu folgen, als ein riesiger Fuß auf ihn zusteuerte. Panisch sprang er einen Schritt zurück, sodass Ruffys Fuß ihn knapp verfehlte. Eine dichte Staubwolke stob aus dem Krater empor und nahm dem Piraten die Sicht. „Was soll das du mieser kleiner Wicht! Langsam reicht es mir mit dir-!“ Sein Schrei erstarb und wich einem schmerzvollen Stöhnen, als Ruffy ihn mit einem mächtigen Tritt, in den er all seine Kraft gesteckt hatte, von hinten über den zertrümmerten Hafen beförderte. Kleine Steinsbrocken streiften die Haut des Strohhuts und hinterließen dort blutige Kratzer, die er jedoch nicht weiter beachtete. Nach kurzer Zeit hatte sich die Rauchwolke etwas gelegt und gab den Blick auf den eben noch mutigen Piraten frei. Der Schwarzhaarige ging die wenigen Schritte zu seinem Gegner hinüber, der in einer kleinen Kuhle im erdigen Boden lag. Seine Augen aufgerissen und trotzdem war er nicht ansprechbar. „Tja, selber Schuld.“, meinte Ruffy ein wenig außer Atem und blickte auf den ohnmächtigen Piratenkapitän zu seinen Füßen. Sein Gesicht sah ziemlich mitgenommen aus. In kleinen Rinnsalen lief ihm das Blut über die jetzt bleiche Haut und bläuliche Flecken zeichneten sich bereits auf den sichtbaren Stellen seiner Haut ab. Der hintere Teil seines Steinpanzers war komplett zerstört und in zig kleine Teile zerbrochen. Ein breites Lächeln erschien auf dem Gesicht des Strohhuts. Er hatte tatsächlich recht gehabt! Ein wenig Stolz über seine Leistung konnte er sich nicht verkneifen. „Schon blöd, so eingebildet zu sein. Du hast wohl gedacht, das merkt keiner, was? Dass dir der Seestein für den hinteren Teil der Rüstung ausgegangen war? Tja, mein Glück. Hehehe.“ Dann sah Ruffy von seinem Gegner auf. Der Hafen lag in Trümmern vor ihm. Ein wenig schlechtes Gewissen beschlich den jungen Piraten als sein Blick auf die vielen versunkenen Schiffe fiel. Dichter Rauch lag noch über einem abgebrannten Lager, welches nahe dem Hafen gestanden hatte. Der Chef der Piratenbande war noch immer völlig weggetreten. Sein Gesicht war kaum noch wieder zu erkennen. Ruffys Attacken hatten voll ins Schwarze getroffen. So schnell würde er wohl nicht mehr aussehen wie früher… „Nicht schlecht, der Kampf.“ Leicht erschrocken wandte sich der Schwarzhaarige von dem bewusstlosen Piraten ab und entdeckte hinter sich eine junge Frau. Ihre feuerroten Haare stachen ihm direkt ins Auge. Mit ihren schokoladenbraunen Augen starrte sie ihn an. „Danke.“, lächelte der Strohhut zurück, doch irgendwie beschlich ihn das Gefühl, als wenn das nicht alles gewesen wäre. „Wirklich nett von dir, dass du das Dorf, oder sollte ich besser sagen, die Dorfbewohner gerettet hast. Scheinbar sind nicht alle Piraten solche Vollidioten wie dieser Typ hier.“ Ihre neutrale Stimme ließ ihre Gedanken nicht ganz klar werden, als sie zu den am Boden liegenden Mann hinüber ging und mit ihrem Stiefel dagegen trat. Keine Reaktion seinerseits. „Na ja, warum auch nicht?“, meinte Ruffy darauf, der nicht ganz wusste, was er sagen sollte. „Nur eine Kleinigkeit stört mich daran.“ Neugierig und ein wenig verwundert beobachtete er, wie sie immer näher an ihn herankam, bis sich ihre Gesichter fast berührten. „Was denn?“, fragte der Strohhut verwirrt. „Dass du bei deiner Heldenaktion mein Schiff versenkt hast!“, keifte sie ihn an und deutete mit einer Hand auf die Überreste einer kleinen Nussschale, die langsam weiter im Hafenwasser versanken. Ihre wütenden Augen musterten den Schwarzhaarigen, der nicht genau wusste, wie er darauf reagieren sollte. „Kannst du mir jetzt mal verraten, wie ich von dieser Insel wegkommen soll?“ „Äh, na ja…“, kam es von dem Piraten, der sich verlegen am Kopf kratzte. „Ruffy? Was ist passiert?“ Der Angesprochene sowie die Rothaarige blickten auf. Der Rest der Strohhutbande war am Hafen aufgetaucht und sah nun verwundert auf die Szene, die sich ihnen bot. Chopper stand in vorderster Reihe und hatte fragend seine Augenbrauen hochgezogen. „Ah, ihr gehört also auch dazu.“, meinte das Mädchen, drehte sich zu ihnen herum und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Ist dieser Kerl hier euer Kapitän?“, fragte sie an die Piraten gewandt. „Das kann ich nicht verneinen.“, lächelte Robin der jungen Frau entgegen. „Darf ich fragen, was er getan hat, dass sich so verärgert?“ „Das da war mal mein Schiff.“, meinte sie und zeigte erneut auf das fast ganz gesunkene Wrack. „Sieht übel aus.“, kommentierte Franky den Anblick des Schiffes, um dann näher an es heran zu gehen. „Wie konntest du nur das Boot dieser reizenden jungen Lady zerstören, du Trottel?“ Sanji baute sich vor dem Schwarzhaarigen auf, der lieber einen Schritt zurück wich und hilflos mit seinen Armen wedelte. „Das war ich gar nicht! Das war der Piraten- Boss!“, verteidigte er sich. Robin ging währenddessen auf das Mädchen zu. „Tut mir wirklich leid, dass unser Kapitän dein Schiff versenkt hat. Unser Schiffszimmermann sieht sich den Schaden gerade mal an. Vielleicht kann er es ja noch retten.“, lächelte sie ihr entgegen und deutete auf den übergroßen Cyborg, der sich die Überreste des Botes besah. Daraufhin entspannte sich die Rothaarige etwas. „Mein Name ist übrigens Robin.“ „Freut mich. Ich heiße Misaki.“, stellte sie sich mit einem Lächeln vor. „Ich würde das Ganze ja nicht so ernst sehen, wenn ich es nicht furchtbar eilig hätte, zur Lola-Lola- Insel zu kommen.“ Ein leises Seufzen folgte ihren Worten, als sie ihren Blick auf den Horizont richtete. „Die Lola-Lola- Insel?“, wiederholte Robin und versank kurz in Gedanken. Dann wandte sie sich an Ruffy. „Käpt’n, diese Insel liegt genau auf unserem Weg.“ „Waaaaaaaaaa~s?“ Sein Schrei hallte über die ganze Stadt und ließ seine Freunde erschrocken zusammenzucken. Fragend sahen sie ihn an. Auch Misaki musterte ihn verwundert. Nur Robin lächelte ruhig. „Dann nehmen wir sie einfach mit! Ha!“, erzählte er weiter und stemmte - stolz auf seinen genialen Einfall – die Hände in seine Hüften. Sein lautes Lachen erklang. „Yohohohoho!“, lachte Brook freudig. „Eine neue Weggefährtin! Und was für eine hübsche Dame!“ „Bitte was?“, war es Misaki, die noch einmal nachfragte. Während Ruffy und Brook immer noch lachten und die anderen genervt den Kopf schüttelten, lächelte Robin sie an. „Was unser Käpt’n damit sagen will ist, dass wir dich bis zu der Insel mitnehmen. Als Entschädigung für dein versenktes Schiff.“ Misaki zog die Augenbraue hoch und schwenkte ihren Blick zurück auf die Mannschaft: Ein singendes Skelett, einen Cyborg, ein sprechendes Rentier, zwei fragwürdige Gestalten, die sich beinahe selbst an den Kragen gingen, ein ängstlicher Typ, ein hyperaktiver Piratenkapitän und eine mysteriöse Frau. Ihr helles Lachen erklag und zog die Aufmerksamkeit der Strohhutpiraten auf sich, die sie leicht fragend musterten. „Okay, warum eigentlich nicht?! Kapitel 9: Die Schwebende Stadt aus Holz ---------------------------------------- Kapitel 9 – Die Schwebende Stadt aus Holz Lautes Gepolter hallte über das Schiff, welches die Rothaarige aus dem Schlaf aufschrecken ließ. Es dauerte einige Sekunden, ehe sie sich daran erinnern konnte, wo sie war und vor allem, warum sie hier war. Das dunkle Zimmer, welches von dünnen Lichtstrahlen erhellt wurde, machte einen gemütlichen Eindruck. Und doch wirkte es auf sie irgendwie kalt. So, als würde etwas fehlen. Vorsichtig richtete sie ihren Oberkörper auf und sah einmal verschlafen durch das Zimmer. Als sie am vorherigen Abend den Raum betreten hatte, hatte sie nicht mehr viel mitbekommen. Es hatte eine kleine Party gegeben, mit der die Strohhutbande sie auf dem Schiff willkommen geheißen hatte. Ihr war das alles etwas ZU feucht- fröhlich geworden und ihr brummte immer noch der Schädel. Doch das schienen alle sehr nette Menschen zu sein. Oder Skelette. Oder Cyborgs. Oder Rentiere. Misaki seufzte und widmete sich wieder ihrer Umgebung. Das Mädchenzimmer war ziemlich geräumig und schön eingerichtet. Zwei Betten und ihre eigene Schlafstelle füllten den kleinen Raum fast ganz aus. Sie hatte grob mitbekommen, dass es bis vor kurzem noch ein weiteres Mädchen auf dem Schiff gab, welcher auch das leere Bett gehörte, doch anhand des Schweigens und der betrübten Blicke der anderen konnte sie erahnen, dass der Abschied unter einem schlechten Stern stand. Vielleicht lag es genau daran, dass der Raum so eine traurige Atmosphäre ausstrahlte. Doch davon war in diesem Moment gar nichts mehr zu spüren. Vor der Tür herrschte reges Treiben, welches einen ziemlich hohen Geräuschpegel hatte. Lachen, schreien, poltern. Und immer wieder erbebte das Schiff für einige Sekunden, was nicht an dem sachten Wellengang liegen konnte. Kurz rieb sie sich verschlafen die Augen. Auch wenn die Nacht kurz war, so gut hatte sie schon lange nicht mehr geschlafen. Ihr kleines Boot war zwar praktisch, aber nicht wirklich komfortabel gewesen. Doch es hatte seinen Dienst geleistet. Misaki schwang die Beine über die Bettkante ihres eigens gebauten Bettes, stand auf und streckte sich erst einmal ausgiebig. Ihr Blick fiel dabei auf den, wie sie fand, monströsen Berg Kleidung, den Robin ihr zur Verfügung gestellt hatte, bis ihre Kleidung gewaschen und getrocknet war. Neugierig untersuchte sie den Stapel und wunderte sich etwas über die Freizügigkeit der Teile. Aber wenn man eine gute Figur hat, zeigt man diese wohl auch gerne. Schnell suchte sie sich eine noch ziemlich neu aussehende blaue Hose, die ihr bis zu den Knien ging und ein gelbes T- Shirt raus und zog sich diese über. Ihre roten Haare band sie achtlos zu einem Zopf zusammen und verließ das Zimmer. Eine leichte Brise kam ihr entgegen, die weder zu warm, noch zu kalt war. Der wolkenlose Himmel zeigte sich in einem strahlenden Blau, welches einen tollen Kontrast mit dem dunklen Meer bildete. „Ah, da ist ja unser neues Crewmitglied!“, sein lauter Schrei erschreckte die Rothaarige so sehr, dass sie zusammenzuckte und im Reflex schon in Richtung ihrer Waffen griff, die sie jedoch gar nicht umgelegt hatte. Ruffy blickte von der Reling, einige Meter über ihr, mit einem breiten Grinsen auf sie herab. „Vergiss es. Ich bin nur auf der Durchreise“, gab sie dem Schwarzhaarigen als Antwort und wandte sich von ihm ab. Sie hörte ihn schnauben. „Och manno.“ War das wirklich DER Monkey D. Ruffy? DER berühmte Pirat, der die Marine schon seit Jahren aufmischte und ihr auf der Nase herum tanzte? So wirklich glauben, konnte sie das nicht. Doch kämpfen konnte er. Das hatte sie ja selber schon gesehen. Mit einem kleinen Sprung überwand der Schwarzhaarige die wenigen Meter bis zum Grasdeck und landete dort mit einem dumpfen Geräusch, direkt neben Misaki. Er streckte sich genüsslich und verkreuzte die Hände hinter seinem Kopf. „Die anderen sind vorne am Ruder. Ich wollte grade mal hingehen und gucken, was die da so treiben. Kommst du mit?“, fragte der Schwarzhaarige dann in ruhigem Ton. Ein wenig gekränkte Eitelkeit schwang in seiner Stimme mit, doch bald hatte sein fröhliches Gemüt wieder die Oberhand gewonnen. Er schielte zu der Rothaarigen, die mit den Schultern zuckte. „Warum nicht?“, kam es von ihr, und folgte dem Piraten über das Grasdeck. Dieser hüpfte die wenigen Stufen hinauf und entdeckte seine Freunde sogleich um das Steuerrad versammelt. „Und, wie sieht’s aus?“ Die anderen drehten sich in seine Richtung um, als sie die Stimme vernahmen. Franky zuckte mit den Schultern und deutete auf den Horizont. Ruffy reckte seinen Hals und erkannte die schwarze Wolkenfront, die sich auf die Sunny zuschob. Fragend legte er den Kopf schief. „Müssen wir etwa DA durch?“ „Fufufu. Sieht so aus Kapitän. Auf diesem Weg würden wir nur wenige Tage bis zu unserem Ziel brauchen. Aber ich denke, dass wird ohne Navigator ziemlich schwierig.“, war es Robin, die die Situation erklärte. Sofort legte sich eine unangenehme Stille über die Crew. „Wir können also nicht auf dem direkten Weg dorthin segeln, sehe ich das richtig?“, warf Zorro ein und alle Blicke legten sich abwartend auf Robin. „Tut mir leid, aber so würde ich das auch sehen.“ Ein ärgerliches Gemurmel flammte in der Crew auf, bis ihnen plötzlich etwas wieder einfiel und sie ihre Blicke auf die Neue an Bord richteten. Misaki, die sich sichtlich etwas unwohl fühlte, zuckte lediglich mit den Schultern. „Wenn es anders nicht geht, was soll ich machen? Dann müsst ihr mich eben noch etwas länger ertragen“, versuchte sie es mit Humor zu nehmen, was die anderen mit einem leichten Lächeln bedachten. „Aber liebend gerne, Misaki-chwaaan! Jetzt können wir uns endlich besser kennen lernen!“, säuselte der blonde Koch und erntete dafür genervte Blicke seiner Freunde. „Ich werde dir und Robin-swan gleich mal etwas Leckeres zu essen zaubern!“, meinte Sanji und tänzelte von der Steuerterrasse in Richtung Küche. Robin lächelte still. „Herr Schiffszimmermann, bitte einmal den Kurs auf 30° West korrigieren. So sollten wir den Sturm weiträumig umfahren und werden weder uns noch die Sunny in Gefahr bringen.“ „Super, Robin! Dann machen wir das eben so.“, kicherte Ruffy und stemmte die Hände in die Hüften. „Jetzt muss Misaki noch länger bleiben!“, flötete er fröhlich und verschwand mit den Worten „Sanjiii! Ich will auch was zum Futtern!“ ebenfalls in Richtung Kombüse. Seine Crew starrte ihm verdutzt hinterher. „Was war das denn jetzt?“, wunderte sich die Rothaarige und erntete ein trauriges Lächeln seitens der schwarzhaarigen Piratin. „Ich glaube unser Käpt’n ist einfach froh, dass die große Lücke erstmal gefüllt ist…“ ***** Das Schaukeln wurde immer stärker. Harter Regen prasselte auf die Diebin hinunter und hinterließ ein Brennen auf ihrer Haut. Grelle Blitze zuckten über den wolkenverhangenen Himmel, worauf ein lauter Donner von der Meeresoberfläche widerhallte. Durch den starken Wind, den das Unwetter mit sich gebracht hatte, schwankte das Schiff gefährlich auf den Wassermassen und nicht wenige Wellen überspülten das hölzerne Konstrukt. Das Wetter schien genau so eine schlechte Laune zu haben, wie sie. Sie, die einsam am vordersten Teil des Schiffes stand und mit leeren Augen in die sie umgebende Schwärze starrte. Die Feier, die nur wenige Meter hinter ihr im Inneren des Schiffes stattfand, interessierte sie überhaupt nicht. Ihr letzter Raubzug war sehr erfolgreich gewesen und auch dieses Gefährt, auf welchem sie sich befanden, war ein Teil ihrer Beute. Und doch empfand sie nicht das Gefühl eines Sieges. Das schöne Kribbeln in ihrer Magengegend, wenn sie Geld in der Hand hatte, war verschwunden. Das, was sie jetzt tat, hatte nichts mehr mit ihren Raubzügen von früher zu tun. Damals, als noch das Leben einer ganzen Insel von ihrem Erfolg abhing. Das Gefühl der Befriedigung wollte einfach nicht in ihr aufkeimen. Ihre Gedanken schweiften ab und sie ertappte sich dabei, wie sie sich fragte, was ihre Freunde wohl gerade taten. Waren sie auch in einem Sturm gefangen? Konnten sie das Schiff sicher segeln? Doch daran wollte sie nicht denken. Es tat einfach zu sehr weh. Sie war keine Piratin mehr. Das Blut an ihren Händen würde sie nie wieder abwaschen können. Die Schreie von Menschen in ihrem Kopf fingen an das Rauschen des Meeres zu übertönen, als sie sich von dem Meer abwandte und sich in die Schwärze der Nacht zurückzog. ***** Ein langgezogener Streifen erschien am Horizont. Das ruhige Wetter schob die Sunny sanft über das hellblaue Meer. Doch als die Insel in Sichtweite kam, staunten die Piraten nicht schlecht. „Wow! Was ist das denn?“, war es Ruffys begeisterter Schrei. „Das ist ja klasse!“, stimmte Chopper ihm zu. Und auch der Rest der Crew blickte beeindruckt auf die Stadt, die wenige Meter vor ihnen aus dem Meer ragte. „Yohohohoho! Die sind ja mutig! Einfach ihre Stadt auf dem Wasser zu bauen!“ Tatsächlich zeigte sich die ganze Raffinesse dieser Baukunst erst beim genauen Hinsehen: Die Häuser und Straßen thronten auf einer hölzernen Konstruktion, die auf hunderten Stelzen im Wasser ruhte. Diese Holzsäulen hoben die Stadt gute zehn Meter in den Himmel, um sie so vor den Wellen zu schützen, die sekündlich unter ihr hindurch rollten. Dazu sollte wohl auch die c.a. drei Meter hohe Mauer beitragen, die die Häuser auf der äußeren Bahn der riesigen Holzplatte umschloss. Nur ein auf einer Art Luftkissen befestigter u-förmiger Steg lag direkt auf der Wasseroberfläche und diente als Hafen, der sich je nach Wasserstand heben und senken konnte. Verbunden war er durch eine Treppe, deren Länge variabel war. Nur wenige Schiffe lagen gerade friedlich im Hafen, obwohl er über weit mehr Kapazitäten verfügte. „Dann müssen wir wohl den Vordereingang nehmen“, bemerkte Franky bei dem Blick auf die Holzkonstruktion. „Fufufu. Jetzt weiß ich auch, warum die Stadt die „Schwebende Stadt aus Holz“ heißt“, lachte Robin während die Sunny sich der Insel unaufhaltsam näherte. „Ist ja fast wie Zuhause“, kommentierte Franky die Verbundenheit der Stadt mit dem Meer, in Gedanken an Water 7. „Nur dass das Wasser diesmal unter der Stadt lang fließ. Na hoffentlich gibt es hier keine Aqua Laguna!“ Ein Lächeln stahl sich bei den Worten des Cyborgs auf die Gesichter der Piraten. Nur Misaki hob fragend eine Augenbraue. „Dann würde diese Stadt wohl schon lange nicht mehr existieren“, meinte Sanji, der sich gerade eine Zigarette anzündete. „Ist doch jetzt total egaaaal! Lasst uns endlich in die Stadt gehen! Ich will was essen. Ganz viel essen!“, quengelte der Schwarzhaarige Kapitän und sprang auf und ab. Seine leuchtenden Augen waren auf die nun herangerückte Stadt gerichtet. Der Hafen ragte einige Meter umgeben von einem U-förmigen Holzsteg in die Stadt hinein. Während die Sunny langsam zum Ankern ansetzte, betrachteten die Piraten das ungewohnte Bild, welches sich ihnen bot. Hunderte Menschen liefen entlang des Hafens vorbei. Materialien, wie Holz, Steine oder auch Waffen wurden über die verschiedensten Arten von Seilzügen in die obere Etage gebracht und geschäftige Frauen mit vollen Einkaufskörben gingen fröhlich miteinander redend die Straßen entlang. Die einzige Holztreppe, die am hinteren Ende des Hafens lag und dessen frei bewegliche Stufen stark schwankten, wurde von dutzenden Leuten belagert, die die Etagen wechselten. Anhand ihrer Gesichter zu urteilen, lag eine positive Stimmung über der Stadt. Vorsichtig ankerte die Sunny am äußersten Rand, dort, wo sie im Notfall wieder schnellstens verschwinden konnten. Aber es schien niemand groß Notiz von ihnen zu nehmen. Keiner beachtete das Schiff auf dessen Segel ein riesiges Jolly- Roger prangte, was die Piraten doch etwas verwunderte. Aber böse waren sie über diesen Umstand nicht. Nachdem Franky, Brook und Zorro das Gefährt am sanft schwankenden Steg vertraut hatten, machte sich die Strohhutbande auf in die Stadt. Sie schlängelten sich an den herumstehenden Menschen entlang zu der Treppe, um in die Stadt aufzusteigen. „Diese Konstruktion ist aber nicht besonders vertrauenerweckend…“, bemerkte Lysopp, der echte Mühe hatte, die einzelnen Stufen zu treffen und nicht ins Meer zu fallen. Auf ein Geländer war hier gänzlich verzichtet wurden. „Pass halt auf, wo du hintrittst“, war Zorros trockene Antwort darauf. „Diese Stadt steht schon sehr mehr als 300 Jahren, mein Junge. Und diese Treppe hat schon hunderte Menschen sicher zu ihrem Ziel gebracht.“ Der Kanonier stieß einen erschreckten Schrei aus, als eine ältere Person an ihm vorbeizog. „Wa-was?“, stotterte der Schwarzhaarige und sah die kleine Dame neben sich an. „Ein Pirat lässt sich von einer alten Frau erschrecken! Und da denkt man, man hat alles schon gesehen“, lachte sie und verschwand in der Menschenmenge. „Interessante Leute gibt es hier“, kommentierte Franky das kurze Gespräch, während die anderen nur die Schultern zuckten. „Zumindest hat niemand ein Problem mit uns. Ist auch mal ganz angenehm“, kicherte Robin, die sich an dem scheinbar erstarrten Lysopp vorbei schob und neben Ruffy die Führung der Gruppe übernahm. „Käpt’n. Auch wenn Piraten hier nicht unerwünscht sind, sollten wir nicht allzu lange bleiben“, gab sie dem Schwarzhaarigen zu bedenken, der aber nicht wirklich zuzuhören schien. Sein Blick lag auf der langen Einkaufsmeile, die direkt an die Hafentreppe angrenzte und sich bis auf die andere Seite der Stadt erstreckte. Ein köstlicher Duft von den verschiedensten Gerichten und Zutaten lag in der Luft. „Esseeeen!“, kreischte der Strohhut und begann sämtliche Essensstände abzuklappern. Der blonde Koch schüttelte nur den Kopf und zog an seiner Zigarette. „Dieser Kunstbanause! Als ob der das gute Essen wirklich zu schätzen wüsste.“ Er fuhr sich mit einer Hand durch seine Haare ehe auch er mit den Worten „Hallo Mädels!“ in der Menge verschwand. „Fufufu. Vielleicht sollten wir uns auch etwas umsehen“, kicherte Robin, woraufhin sich die Gruppe murmelnd auflöste. „Hey, Frau Misaki. Wollen wir nicht…?“, wandte sich die Archäologin an die neue Passagierin in der Crew, ehe sie stutzte. „Frau Misaki?“ ****** Die schmale dunkle Gasse stand im totalen Gegensatz zu der sonst so belebten und hellen Stadt. Es roch unangenehm nach Abfall, den die Menschen hier einfach irgendwo sammelten und ihn dann nicht weiter beachteten. Das war wohl der Nachteil einer selbstgebauten und bis auf den letzten Platz voll gestellten Insel. „Du bist also auch hier? Was treibt dich denn in diese Gegend?“ Ein dunkles Lachen hallte aus dem Dunkeln. „Ich bin nur auf der Durchreise. Interessant, dass wir uns immer wieder über den Weg laufen, meine Liebe“, gab die Stimme leise zurück. Ein Schnauben ertönte. „’Interessant’ ist da wohl das falsche Wort.“ Das Lachen wurde lauter. Eine dunkle Figur bewegte sich im Schatten einer großen Mülltonne. „Immer noch sauer auf mich, was? Und das wegen so einer kleinen Lappalie! Wie nachtragend du doch bist.“ „Lappalie? Das kann ja wohl nicht…!“ Ihre laute Stimme beruhigte sich wieder, als sie sich zusammen riss. „Ach vergiss es“, kam es von ihr, ehe sie sich umdrehte und erneut in die Richtung der belebten Hauptstraße aufmachte. „Da hast du dir ja ein paar nette neue Gefährten gesucht.“ Sein Satz ließ sie innehalten. „Die berühmte Strohhutbande mit dem Kapitän Monkey D. Ruffy. Wirklich eine gute Wahl.“ „Ja, dieses Mal habe ich einen besseren Geschmack bewiesen.“ Die Stimmen wurden lauter, als sie in der Masse der Marktbesucher verschwand und einen grinsenden Mann im Schatten zurück ließ. ****** „Boah, was ist das denn?“ Sein Blick haftete auf einem großen Stück Fleisch, welches sich kontinuierlich über dem Feuer drehte. „Das ist unser bestes Räucherfleisch, mein Herr!“, lächelte die Verkäuferin und hielt dem Schwarzhaarigen den Spieß hin. „Sie kommen gerade richtig. Das ist das letzte Stück! Hier bitte!“, sagte sie, als Ruffy das Essen mit leuchtenden Augen annahm. „Lecker!“, sabberte er und schob sich das komplette Stück Fleisch mit einem Mal in seinen Mund. Etwas verwundert betrachtete die Verkäuferin die gedehnten Wangen ihres Kunden, der genüsslich sein Lieblingsgericht hinunterschlang. Ein langgezogener Seufzer zeigte an, dass er bereits fertig war. „Woah, war das lecker!“, lachte er und rieb sich den vollen Bauch. „Das… freut mich!“, lächelte die Frau und fand so ihre professionelle Arbeitsweise wieder. „Wie bitte? Was heißt hier ‚das Letzte’?’“ Ein gewaltiger Mann baute sich von dem Stand auf. Ein langer Schatten bedeckte nun das kleine Holzgestell. Die Verkäuferin hielt den Atem an, als sie den Typen erkannte. Seine kurzen, braunen Haare und das extrem kantige und von Narben überzogene Gesicht machten keinen freundlichen Eindruck. Auch die Berge an Muskeln, die er sich antrainiert hatte, gaben ihm ein gefährliches Aussehen. Ruffy musste richtig seinen Kopf nach oben drehen, um ihm überhaupt ins Gesicht sehen zu können. „Was… meint der Herr?“, stotterte die Frau und zitterte dabei vor Angst. „Ich will auch einen solchen Spieß. Ihr wollt mir doch jetzt nicht erzählen, dass dieser Wicht das letzte Stück bekommen hat?“ Seine dunkle, tiefe Stimme ließ den Umstehenden Leuten die Haare zu Berge stehen. „Ähm, ja, aber… Ich… Es wird sofort Nachschub geben, mein Herr! Sehen Sie? Es befindet sich bereits neue Ware auf dem Grill! Bitte nur etwas Geduld!“, sagte sie kleinlaut und zeigte auf das rohe Fleisch hinter ihr. „Ich bin aber nicht geduldig! Ich werde nicht akzeptieren, dass dieser Zwerg mir mein Essen weggefressen hat!“ Seine laute Stimme hallte von den Häuserwänden wieder und ließ die Menschen erschrocken zusammenzucken. Ängstliches Gemurmel schwoll an und die Personen, die sich in der Nähe der Szene befanden, versuchten vorsichtig Abstand zwischen sich und den wütenden Piraten zu bringen. Ruffy hingegen sah den Typen weiterhin ungerührt an. „Du bist halt etwas zu spät gekommen. Aber du darfst auch das nächste Stück haben“, meinte er ruhig und wandte sich wieder der Frau zu. „Ich hätte gerne auch noch einen Spieß, bitte!“, grinste der Schwarzhaarige vergnügt. „Se-hr gern“, stotterte die Verkäuferin, wagte es aber nicht, sich zu bewegen. Das Gesicht des Piraten zierte ein perplexer Ausdruck, als Ruffy ihn nicht weiter beachtete. Erst nach und nach erschien eine knallend rote Farbe auf seinen Wangen, die sich immer mehr verdunkelte. „Wie kannst du es wagen mich so zu ignorieren…“, knurrte er, griff mit seiner rechten Hand an das auf seinem Rücken befestigte Schwert und zog es mit einem hellen Quietschen aus seiner Scheide. Die ca. ein Meter lange Klinge schimmerte Schwarz im Licht der Sonne und warf einen ebenso großen Schatten, wie sein Besitzer es tat. „Das wirst du mit deinem Leben bezahlen!“, schrie er und ließ die breite Waffe auf den Schwarzhaarigen hinuntersausen. Die Menschen hielten die Luft an, als sich der Junge Pirat auf die große Klinge konzentrierte. Doch bevor er diese abwehren konnte, schrie der Angreifer erschrocken auf. Das Schwert knallte lautstark auf den Boden und klirrte solange, bis es still liegen geblieben war. Blut tropfte auf die Erde, als sich alle Beteiligten nach der Ursache für das Geschehene umsahen. Zwei kleine Messer steckten in der Hand des Piraten und hinterließen dort blutende Löcher, als der Mann diese hinauszog. „Wer zum Teufel war das?“, schrie er erneut und sah sich suchend in der Menschenmenge um. „Es ist unfair Menschen umzubringen, nur weil sie schneller mit dem Essen waren, als man selber.“ Die weibliche Stimme kam aus einer kleinen Gruppe von Stadtbewohnern, die erschrocken zur Seite traten und den Blick auf die Sprecherin freigaben. Ihre langen, roten Haare glänzten in der Sonne wie Feuer, als sie langsam auf die kleine Gruppe an dem Essensstand zuging. „Misaki? Was machst du denn hier?“, war Ruffys einzige Frage, die ehrlich verwundert klang. „Ich war grade in der Nähe und bei dem Radau, den du hier veranstaltest, ist es nicht verwunderlich, dass ich dich hier gefunden habe“, grinste sie neckisch und stellte sich neben den Strohhut. „Ich habe gar nichts gemacht!“, verteidigte er sich, grinste aber ebenfalls. „Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid?“, zischte der große Pirat, der damit kämpfte den Blutfluss an seinen Händen mit einem Teil seines Hemdes zu stillen. „Nur ein paar Reisende, würde ich sagen“, konterte Misaki ebenso zickig worauf Ruffy lachte. „Ja, Reisende unter einer großen Piratenflagge!“ „Ihr Bälger wollt Piraten sein? Das ich nicht lache! Ich werde euch in Scheiben schneiden und…!“, rief der Mann aus und bückte sich in Richtung seiner noch immer am Boden liegende Waffe, die er jedoch nicht erreichte. Ein lauter Knall ließ die Menschen aufschreien und einige von ihnen sprangen schnell an die Seite, als ein Stand am anderen Ende der Straße in sich zusammenfiel. Staub wurde aufgewirbelt und hing schwer in der Luft. Ruffy setzte langsam seinen Fuß ab, mit dem er seinen Gegenüber gerade durch die halbe Stadt befördert hatte und setzte sich seinen Strohhut auf, den der Wind ihm vom Kopf geweht hatte. Misaki bückte sich und hob die zwei kleinen Schwerter wieder auf, die der Pirat achtlos zu Boden geworfen hatte. „Die Sonne geht bald unter. Wir sollten zurück zum Schiff“, bemerkte sie dann und sah in Richtung Horizont, wo der helle Himmelskörper sich minütlich dem Meer näherte. „Oah, ich wollte aber noch was essen!“, kam es daraufhin von dem Schwarzhaarigen, was Misaki mit einem Augenbrauenhochziehen bedachte. „Meinst du nicht, dass du der armen Frau heute schon genug ärger gemacht hast? Und außerdem wird Sanji bestimmt gleich wieder etwas vorbereiten“, erinnerte sie ihn und wunderte sich innerlich, dass sie als Gast auf einen Piratenkapitän aufpassen musste. „Du hast Recht! Bei Sanji gibt’s heute bestimmt etwas super Leckeres!“, grinste er, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und wandte sich noch einmal an die Verkäuferin. „Tut mir wirklich Leid wegen dem Chaos! Aber das Fleisch war wirklich köstlich!“, lachte er die verdutzte und geschockte Frau an und schlenderte die Straße in Richtung Hafen entlang. Misaki gesellte sich an seine Seite. „Ich wusste gar nicht, dass du auch kämpfen kannst“, durchbrach Ruffy nach einigen Metern die Stille zwischen den beiden. Misaki zuckte mit den Schultern. „Nur ein wenig.“ „Was sind das eigentlich für kleine Schwerter, die du da in diesem Beutel hast?“, fragte er neugierig und deutete auf den braunen, tropfenförmigen Behälter an ihrer Taille. „Das nennt man Kunai“, erklärte sie und zog einen aus ihrer Tasche. „Das ist eine alte Waffe, wie sie vor langer Zeit schon einmal benutzt wurden. Passend dazu gibt es auch noch sogenannte Shuriken.“ Sie griff erneut in ihren Beutel und zog einen kleinen viereckigen Wurfstern heraus. „Wow!“, meinte der Schwarzhaarige begeistert und nahm ihr die beiden Waffen ab. „Das sind ein paar der Fernkampfwaffen, die ich immer dabei habe, aber hauptsächlich kämpfe ich damit“, erzählte sie und griff in Höhe ihrer Taille auf ihren Rücken, wo sie zwei Kurzschwerter hervorzog. „Man muss sich ja verteidigen können“, lächelte sie und zuckte dem den Schultern. „Woah, das ist voll cool!“, lachte Ruffy mit glitzernden Augen. „Ach, nicht wirklich“, kam es leise von der Rothaarigen bei der sich ein leichter Rosaschimmer auf ihre Wangen setze, als sie die Kurzschwerter zurück an ihren Platz schob. Auch die anderen Waffen steckte sie zurück in den Beutel. Die Welt war schon in ein zartes Orange getaucht, als die beiden das Schiff erreichten. Von dem hektischen Treiben am Nachmittag war jetzt nicht mehr viel zu sehen. Nur noch vereinzelte Leute trieben sich auf den Holzplanken herum, sahen aber ständig sehnsüchtig auf die darüber liegende Stadt. So, als warteten sie nur noch darauf, endlich nach Hause zu ihren Familien gehen zu können. „Ah, Ruffy! Misaki! Da seid ihr ja!“, drang ihnen eine Stimme entgegen. Die Sunny trieb auf der schwarzen See und die bereits untergegangene Sonne lugte nur zu einem kleinen Teil über den Horizont. Schnell umrundeten sie die Anlage und bestiegen das sanft schwankende Schiff. „Fräulein Misaki! Da bist du ja wieder. Ich habe dich überall gesucht.“ Robin trat auf das Grasdeck und gesellte sich zu den anderen. „Entschuldigung“, meinte die Angesprochene verlegen. „Ich hatte etwas… gesehen und wollte es unbedingt aus der Nähe betrachten. Ich hätte etwas sagen sollen, tut mir leid…“ Robin kicherte. „Das ist doch nicht schlimm. Ich hatte mir bloß Sorgen gemacht.“ „Vielen Dank“, kam es ehrlich berührt von der Rothaarigen. „Ach, um Misaki braucht ihr euch keine Sorgen zu machen! Sie hat den Piraten- Typen so was von vermöbelt!“, kicherte der Kapitän und ein fragender Gesichtsausdruck trat auf die Gesichter der anderen. „Nein, habe ich nicht“, meinte sie verlegen und wandte ihren Blick ab. „Sie hat ganz coole Waffen! So Wurfsterne und so!“, erzählte er weiter und fuchtelte wild mit seinen Armen, um seine Worte zu unterstreichen. „Ganz coole Waffen?“, fragte Franky neugierig. „Das ist überhaupt nicht wahr. Und jetzt lasst uns bitte nicht weiter darüber reden“ Die Piraten verstummten und eine unangenehme Stille legte sich über das nächtliche Boot. „Lasst uns erstmal in die Küche gehen. Ich habe bereits das Abendessen vorbereitet“, versuchte Sanji die Situation zu entschärfen. „Futtern!“, nahm Ruffy seine Vorlage auf und stürmte voran in den zweiten Stock. „Ruffy, nimm deine Finger weg!“, kreischte der Blonde und eilte hinterher. Die anderen folgten ihm mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Wenn man selber mal Piratin war, muss man sich ja verteidigen können…“ Kapitel 10: Wenn die Vergangenheit dich einholt ----------------------------------------------- Kapitel 10 – Wenn die Vergangenheit dich einholt „Hast du etwas gesagt?“ Misaki schreckte auf, als Chopper sie ansprach und sie den kleinen Schiffsarzt vor sich stehen sah. Die Rothaarige hatte auf dem Weg in die Kombüse etwas den Anschluss an die Gruppe verloren und beschleunigte nun ihre Schritte. „Nein, nichts wichtiges“, lächelte sie vorsichtig und versuchte das Thema schnell zu begraben. Als die Tür zur Küche geöffnet wurde, kam den Piraten und ihrem Gast sofort ein köstlicher Duft entgegen. Und auch das passende Bild zeigte sich ihnen, was sie zum Schmunzeln brachte. Ruffy hing – scheinbar total ausgehungert und eher tot als lebendig – mit dem Kopf auf der Theke, während Sanji noch geschäftig in verschiedenen Töpfen rührte. Der Koch sah kurz auf, als er die anderen den Raum betreten und zu ihren Plätzen gehen sah. „Da seid ihr ja, Robin- chwan, Misaki- swan!“, lächelte er tänzelnd und eilte mit einem kleinen Teller sofort zu den Frauen an den Tisch. Wie ein professioneller Kellner stellte er die wunderschön angerichtete Vorspeise vor ihnen ab und griff gleich nach einer nahestehenden Weinflasche, um ihre Gläser zu füllen. „Bitte sehr, Robin“, sagte er vornehm, worauf er ein Lächeln ihrerseits erntete. „Vielen Dank, Herr Koch“, gab sie zurück und trank einen Schluck aus ihrem Glas. Der Blonde stieß daraufhin einen merkwürdigen Laut aus, der etwas von einem Fiepen hatte und wandte sich dann dem Gast zu. „Bitte, meine Liebe, auch für dich nur das Beste“, säuselte er und neigte sich ihrem Glas entgegen. „Vielen Dank, Sanji, aber für mich heute bitte nicht.“ Der Koch stoppte in seiner Bewegung und sah seinen rothaarigen Gast verwirrt an. „Du magst keinen Rotwein? Dann suche ich dir natürlich sofort einen anderen Wein aus!“, fing er sich wieder und ging zurück in seine Küche, wo er sich unter die Theke bückte und mehrere Flaschen besah. „Ah, nein, ich möchte nichts, danke“, versuchte sie es wieder, doch der Blonde sprang gar nicht auf ihre Bitte an. „Ich habe hier noch einen sehr exquisiten Weißwein, der wird dir bestimmt…“ Ein dumpfer Knall ließ die Piraten aufhorchen. Sanji fror in seiner Bewegung ein und es dauerte einige Sekunden ehe er den leichten ziehenden Schmerz an seiner Wange bemerkte. Vorsichtig richtete er sich auf, sah sich um und bemerkte den kleinen metallischen Stern, der direkt hinter ihm in der Küchenverkleidung steckte. Sein Blick wanderte langsam zu der Rothaarigen. Auch die anderen Piraten wandten sich der jungen Frau zu, die so freundlich und unschuldig lächelte, dass niemand ihr zutrauen würde, dass sie auch nur ein Wässerchen trüben könnte. „Vielen Dank, Sanji, aber ich möchte heute keinen Alkohol trinken. Mir brummt immer noch der Schädel von eurer kleinen Party“, sagte sie mit einem unschuldigen Augenzwinkern und wandte sich wieder dem reichlich gedeckten Tisch zu, wo sie sich eine trockene Schreibe Brot nahm, um das Thema zu beenden. „Whooaaa! Misaki, das war klasse!“, grinste der schwarzhaarige Kapitän, der scheinbar zu neuem Leben erwacht war und nun seinen Platz an der Theke räumte und zu den anderen an den Tisch kam. „Diese Wurf-Stern-Dinger sind echt super! Lässt du mich auch mal damit trainieren?“ Seine Aufregung war schon regelrecht greifbar und das Essen vor ihm hatte er in diesem Moment anscheinend schon fast vergessen. Würde er nicht unbewusst an einer Keule Fleisch nagen. „Man muss lange trainiert haben, um auch wirklich sicher zu gehen, dass niemand dadurch verletzt wird, Ruffy. Shuriken sind in den falschen Händen wirklich gefährlich“, antwortete Misaki, die sich wegen der Frage ein wenig unwohl fühlte. Die Laune des Kapitäns sank sichtlich. „Och man, … Ich will auch mal“, schmollte er und wandte sich wieder dem Tisch vor ihm zu. „Können wir dann wenigstens mal was Richtiges essen?“ Die Piraten lachten und Sanji erwachte aus seiner Starre. „Jetzt habe ich mich ein wenig erschrocken. Aber wenn das der Wunsch unseres lieben Gastes ist, werde ich da natürlich Rücksicht drauf nehmen. Dann will ich mal das Essen nicht kalt werden lassen“, sagte er schwungvoll und richtete sein Gericht auf dem Tisch an. Das Essen lief gewohnt fröhlich ab. Es wurde viel gelacht und auch geschrien, wenn die Crew ihre Teller gegen die gierigen Hände des Kapitäns verteidigte. Viel Alkohol floss, was die Stimmung zusätzlich erheiterte. Auch Brooks zahlreiche Lieder, die er auf seiner Gitarre spielte, erfüllten den kleinen Raum und machten ihn zu etwas Besonderem. Nur Misaki zog sich mehr und mehr zurück. Ihr gingen zahlreiche Gedanken in ihrem Kopf rum, die sich penetrant in den Vordergrund schoben und sie einfach nicht in Ruhe ließen. Sie mochte diese Bande. Sie hatte bereits nach so kurzer Zeit alle in ihr Herz geschlossen. Sie waren nicht das, was man sich unter typischen Piraten vorstellte und gerade das machte sie so besonders. Ihr Ziel war es nicht, Angst und Schrecken zu verbreiten, um an Macht und Ruhm zu kommen, sondern sie jagten Träumen hinterher, die sie schon seit ihrer Geburt verfolgten. Sie alle hatten großartiges geleistet und niemand würde jemals wissen, dass diese Piraten ihnen keinen Schaden zufügen wollten, sondern sie sogar vor größerem Schaden beschützten. Misaki war fasziniert von dem starken Willen dieser Menschen, dass sie sich selbst ganz klein fühlte. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nichts erreicht. Nein, eher im Gegenteil. Und in diesem Moment log sie ihre neuen Freunde auch noch an, was ihr ein wirklich schlechtes Gewissen machte. „Was ist los, Fräulein Misaki?“ Robins Stimme schreckte sie auf. Ihr Blick ruhte musternd auf der Rothaarigen, während die anderen noch immer feierten. Misaki senkte den Blick. Es fiel ihr schwer auch nur darüber nachzudenken und noch schlimmer war der Gedanke, dass sie sie bald nicht mehr mögen würden. Und das nur, weil sie sich nicht getraut hatte, die Wahrheit zu sagen. „Ach, ich…“, begann sie und seufzte schwer. Die Aufmerksamkeit aller lag plötzlich auf ihr und sie bemerkte die erwartende Stimmung, die in der Luft schwebte. Schnell suchte sie nach den richtigen Worten, fand sie aber nicht. Und je länger die anderen sie ansahen, desto unwohler fühlte sie sich. Vielleicht sollte sie es doch sein lassen? Ein lauter Knall erschütterte die Luft und Sekunden später schwankte das Schiff so gewaltig, dass das benutzte Geschirr einfach von dem Tisch gefegt wurde. Ein leiser Aufschrei ging durch die Reihe der Piraten, als sie sich von ihren Plätzen erhoben und versuchten, ihr Gleichgewicht zu halten. „Was war das schon wieder?“, kreischte Lysopp genervt. „Wir werden angegriffen!“, hallte Frankys Stimme durch den Raum. „Los, raus!“, schrie Ruffy und seine Freunde zögerten nicht lange. Gleichzeitig rannten sie auf die Tür zu und sprangen über die Reling auf das Grasdeck hinunter. Blitzschnell versammelten sich die Strohhutpiraten an Deck, ihre Waffen gezückt. Ein einzelnes Marine-Schiff schwebte wie ein bedrohlicher Schatten hinter ihnen her. Ein Schatten, der die Größe der Sunny um das 20-fache überstieg. Immer wieder ertönten Kanonenschüsse und wildes Geschrei drang von dem Kriegsschiff zu ihnen herüber. „Was soll denn das?“, schimpfte Franky. „Haben wir zurzeit echt so ein Pech, dass uns schon wieder jemand an den Kragen will?“ „Das Wort ‚Pech‘ trifft es ziemlich gut.“, meinte Robin mit ernster Miene, ihre Hände waren zum Angriff vor ihrer Brust gekreuzt. Jederzeit bereit, ihre Teufelskräfte einzusetzen. „Langsam habe ich echt keinen Bock mehr.“, zischte Sanji und zündete sich erneut eine Zigarette an. „Da muss ich dem Aushilfskoch wohl ausnahmsweise Recht geben.“, fügte der Schwertkämpfer hinzu, doch der Blonde ließ sich nicht provozieren. „Los, Leute. Lasst uns das schnell hinter uns bringen.“ Ruffy ließ seine Fäuste knacken, während sich alle Piraten zum hinteren Teil des Schiffes aufmachten, um ihr Leben zu verteidigen. „Ja, klar.“, piepste Lysopp und folgte den Anderen mit wackeligen Beinen. Misaki zögerte kurz, zog dann jedoch ihre Waffen und eilte den Strohhüten hinterher. „Strohhut Ruffy!“ Eine dunkle Stimme erklang von dem Marine- Schiff, worauf die Kanonen verstummten. Die Gestalt eines Marine- Soldaten höheren Ranges tauchte auf der Reling auf, umrahmt von dutzenden bewaffneten Männern. „Ihr habt uns lange genug auf der Nase herumgetanzt! Heute werden wir euch in die Hölle schicken!“ „Nö, vergiss es!“, gab der Schwarzhaarige nur als Antwort, was den Soldaten sichtlich verärgerte. „Das werden wir ja sehen…“, zischte er, zog seine Hand aus seinem Umhang hervor und schleuderte etwas Schwarzes auf Ruffy zu. Völlig überrascht reagierte er zu spät, als die Bombe ihn beinahe erreicht hatte, weshalb er nicht mehr ausweichen konnte. Doch kurz bevor sie ihn ernsthaft verletzten konnte, detonierte die Waffe wenige Meter vor dem Schiff, was eine gewaltige Druckwelle über die Sunny fegen ließ und sie zum Schaukeln brachte. Fragend blickten sowohl die Piraten, als auch die Marine auf die in der Luft schwebende Rauchwolke. Die, die sich bereit gemacht hatten, die Bombe abzuwehren, ließen ihre Waffen sinken. Sie wandten sich um und ihr Blick fiel auf den sich noch immer an ihrem Finger drehenden Kunai. „Volltreffer.“, meinte sie bloß, konnte sich aber ein kleines Lächeln nicht verkneifen. „Nicht schlecht.“, meinte Zorro anerkennend und Brooks Lachen ertönte. „Wir waren wohl etwas zu langsam.“, kam es von Sanji und Chopper atmete erleichtert aus. „Das hätte böse ins Auge gehen können…“, stöhnte der Arzt erleichtert. „Kommandant, Kommandant!“, schrie plötzlich jemand auf dem anderen Schiff und zog die Aufmerksamkeit der Piraten auf sich. Ein älterer Mann fuchtelte wild mit den Armen in der Luft herum. Sein Gesicht war kreidebleich und mit weit aufgerissenen Augen sah er zu dem Piratenschiff hinüber. „Was ist?“, knurrte der Kommandant und blickte sichtlich genervt auf den Soldaten herunter. „Das ist sie! Das ist sie tatsächlich! Sie ist nicht tot!“ Das Mädchen zuckte zurück. Ihr Lächeln war verschwunden und nur ein Gedanke beherrschte ihren Kopf: Verdammt! „Feuerrote Haare und diese Waffen! Kein Zweifel, das ist wirklich Misaki, der rote Drache! Die rechte Hand des weltweit gefürchteten Lon John Bone! Auf ihren Kopf sind 180 Millionen Berry ausgesetzt!“ ******* Die Sterne funkelten leise am Himmel, als sich ihre nackten Füße durch den noch immer warmen Sand schoben. Sie brauchte diese Ruhe und den trügerischen Frieden wenigstens für einige Augenblicke. Momente, in denen sie vergessen konnte. Ihr leiser Seufzer wurde von dem sanften Abendwind fortgeweht. Blätter raschelten und die zahlreichen Wellen, die gegen das Ufer drückten, gaben ein monotones Geräusch von sich. Seit langer Zeit war dies die erste Möglichkeit, in der sie alleine das Schiff verlassen konnte. Langsam schienen sie ihr zu vertrauen. Doch sie selber traute sich nicht. An der Spitze einer Landzunge hielt sie inne und ließ ihren Blick über das angenehm ruhige Meer wandern. Sie setzte sich in den schneeweißen Sand, dessen Wärme sich durch ihre schwarze Jeans schob. Sie genoss den Augenblick, den sie für sich ganz alleine hatte. Hier auf dieser einsamen Insel, deren Umrundung zu Fuß nicht länger als fünf Minuten dauerte. Eigentlich war das Wort ‚Insel‘ dafür schon übertrieben. Der wolkenlose Himmel schien sie an diesem Tag mit seiner Dunkelheit einzuwickeln. Auch die vielen Sterne und der Vollmond schienen das Schwarz kaum durchdringen zu können. Zeitweise erkannte sie ihre eigene Hand vor Augen nicht. Wie, als wenn sie einen Welpen streichelte, glitt ihre Hand über den überraschend weichen Boden. Die winzigen Steine kitzelten auf ihrer Haut und hinterließen dort ein angenehmes Kribbeln. Sie schloss die Augen und legte sich mit dem Rücken auf den Boden. Sie spürte den Strand unter ihren Haaren und das leise Geräusch ihres Atems nahm ihre Gedanken fast völlig ein. Sie sank immer tiefer in sich hinein und störte sich nicht daran, dass sie durch ein kleines Schläfchen zu spät zurückkommen würde. Das war ihr im Moment so was von egal. „Nami?“ Der Klang ihres Namens ließ sie hochfahren. Innerhalb weniger Sekunden stand sie aufrecht mit dem Rücken zum Meer und blinzelte verschlafen, aber aufmerksam, in die Nacht hinein. Ein Messer ruhte kalt in ihrer Hand. Diese Stimme… Das konnte doch nicht… „Ich habe dich gefunden.“ Ein Schauer floss ihren Körper hinunter, als sie die dunkle Gestalt vor sich erblickte. Ihr Blut gefror, ihr Herz raste und Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn. Schnell versuchte sie sich zu beruhigen und bloß nicht in Panik zu geraten. Wieso war er hier? Wieso stand sie ihm schon wieder gegenüber? Hasste das Leben sie so sehr, dass es ihr immer wieder mit voller Wucht ein Messer in den Rücken rammte? Sie hasste ihr Leben. Mehr denn je. „Was willst du hier?“, giftete sie ihn an. „Habe ich dir bei unserer letzten Begegnung nicht klar gemacht, dass ich dich nie wieder sehen will?“ Ihre Stimme war laut und piepsig. Sie klang nicht so sicher, wie sie es beabsichtigt hatte. Ihr Blick wanderte auf den weißen Verband, der seinen Bauch zierte und musste unwillkürlich schlucken. War die Verletzung noch immer nicht verheilt? Und was war das dunkle auf dem Weiß? Blut? „Du gehörst in meine Crew, ist dir das immer noch nicht klar?“ Sie zuckte zurück. Was sollte das jetzt wieder? „Du spinnst, du riesiger Idiot. Langsam sollte es auch so ein Trottel wie du kapieren. Ich gehöre nicht zu euch! Ich bin und war immer eine Diebin! Also hör endlich auf zu nerven, oder ich muss beim nächsten Mal fester zustechen!“ Sie umklammerte den Griff des Messers so stark, dass ihre Finger taub wurden. Aber so sah er wenigstens nicht, wie sehr ihre Hand zitterte. Hatte sie überhaupt eine Chance gegen ihn? Wenn er richtig gegen sie kämpfte, war sie dann nicht in wenigen Minuten k.o.? Nein, sie war stark und vor allem schlau. Irgendwie würde sie ihn überlisten. Es kam keine Reaktion. Was war nur mit ihm los? Sie konnte sein Gesicht kaum erkennen, da sein Strohhut fast alles in tiefen Schatten tauchte. Doch er benahm sich so anders als sonst. Seine kühle Art ließ sie regelrecht frösteln. „Man kann eine Piratenbande nicht einfach so verlassen, weißt du das nicht?“ Dieser Satz verwunderte sie noch mehr. Sie wich einen Schritt zurück und spürte, wie die kleinen Wellen gegen ihre Füße schwappten. „Schon viele Piraten haben es versucht, doch die meisten gucken sich jetzt das Gemüse von unten an.“ Panik überfiel sie. Ihre ruhige Fassade bröckelte. Hatte er gerade gesagt, dass er sie umbringen wollte? Was zum Teufel sollte das? „Was… Was redest du da für einen Mist? Verschwinde endlich und lass mich in Ruhe, sonst…!“, kreischte sie so laut sie konnte, verstummte jedoch, als er sich plötzlich auf sie zu bewegte. „Was sonst?“, fragte er ungewöhnlich ruhig, während jeder Schritt ihn näher an sie heran brachte. Ruckartig sah sie sich um, konnte jedoch keinen Fluchtweg entdecken. Warum war sie auch bloß an diese Landzunge gegangen? Sollte sie ins Meer fliehen? Er konnte nicht schwimmen, also war sie dort vor ihm sicher. Doch was dann? Wo wollte sie hin? Würde er auf dieser kleinen Insel warten, bis sie total erschöpft wieder zurückkam? Was sollte sie nur tun? Doch ehe sie sich entschieden hatte, stand er auch schon direkt vor ihr. Seine Augen waren noch immer verdunkelt, obwohl sie sie so gerne sehen wollte. Er hob seine Hände in Richtung ihrer Kehle. Würde sie jetzt sterben? Würde Ruffy sie umbringen? Sie hatte nie geahnt, dass er zu so etwas fähig war… Kurz bevor er zudrücken konnte, geschah etwas Seltsames mit ihrem Körper. Er schien sich von alleine zu bewegen. Wie von Geisterhand tauchte sie unter seinen Armen weg und ließ ihre Hände vorschnellen. Eine heiße Flüssigkeit spritze ihr entgegen und bedeckte ihr Gesicht und den ganzen Körper. Ruffy taumelte zurück und presste sich die Hände auf die Brust. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor, dort, wo das Messer durch sein Herz gestoßen war. Sein Hut rutschte ihm vom Kopf und sofort trafen seine Augen, ihre. Nami schreckte zurück, als sie sie sah. Es waren seine Augen. Weich und liebevoll sahen sie ihr entgegen. Das übliche Lachen lag darin und kein bisschen Wut oder Mordlust waren zu finden. Es waren dieselben Augen, die sie angeblickt hatten, als sie ihn das erste Mal getroffen hatte. Derselbe Junge. Sein gewohntes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, was mehr an eine verzerrte Maske erinnerte. „Ich hätte dich… gerne noch einmal… berührt. Nur ganz kurz.“ Seine Stimme war leise und schwach und Nami traf die Erkenntnis wie ein Blitz. Er hatte sie nicht erwürgen, sondern nur ihre Wangen berühren wollen! Sie hatte ihn… missverstanden. „Wie gerne hätte ich dich… wieder in… meiner Crew gehabt, weil ich dich… mehr als alles…“ Ein dumpfer Schlag untermalte den Augenblick, in dem sein blutüberströmter Körper auf dem weichen Sandboden aufschlug. Leere Augen starrten in den Himmel. Sie wollte weinen, doch sie konnte nicht. Da war keine Trauer in ihr. Das Blut an ihren Händen erschien ihr angenehm warm. Und dennoch… Wieso konnte sie überhaupt nichts fühlen? Blitzschnell fuhr sie aus dem Schlaf hoch und blickte sich, panisch und völlig außer Atem, um. Schweiß tropfte ihr von der Stirn und drang in ihre Augen, was es ihr schwer machte, Umrisse zu erkennen. Der Morgen dämmerte schon leicht, was den schwarzen Himmel in ein zartes Orange tauchte. Ihre Kleidung klebte unangenehm an ihrem Körper. Sand hatte sich an ihrer Haut festgesetzt und kratzte unangenehm. Ihre langen, orangefarbenen Haare waren verdreckt und platt gelegen. Sie zitterte, obwohl sie innerlich kochte. Vorsichtig warf sie einen Blick auf ihre Hände, doch sie konnte die rote Flüssigkeit nicht entdecken. War das ein Traum gewesen? Wieso hatte sie von ihm geträumt? Und wieso hatte sie ihn… Ihr Atem stockte, als sie sich bewusst wurde, was der Ausdruck in Ruffys Augen zu bedeuten hatte. Sie hatte es wirklich getan und sie spürte, dass sie es wieder tun würde. Sie hatte ihn umgebracht. Ohne groß zu zögern. Sie stand auf und ging auf wackeligen Beinen auf das Meer zu. Das kalte Wasser beruhigte sie, als die Fluten ihre Füße umspülten, während sie immer tiefer in dem kühlen Nass versank. Dieser Traum hatte es ihr gezeigt. Sie würde nicht zögern. Sie würde ihre Drohung wahrmachen und ihn wirklich umbringen. Den Mann, den sie liebte. Und sie hasste sich dafür. Sie hasste sich für den Menschen, der sie geworden war. Sie hasste sich für das, was sie bereit war zu tun. Vielleicht sollte sie einfach in den Wassermassen versinken und nie wieder auftauchen… Eine einzelne Träne rann über ihr Gesicht und verschwand ungesehen im Meer, ehe das schwarze Nass sie komplett verschluckte. ******* Die Stille, die sich über das Deck gelegt hatte, war unerträglich für Misaki. Die Blicke der Strohhutpiraten sprachen Bände. Verwirrung, Enttäuschung und das Gefühl der Kränkung glänzte so stark in ihnen, dass sie ihnen nicht länger standhalten konnte und den Blick abwandte. Auf dem Marine-Schiff herrschte Aufregung. Wildes Gemurmel übertönte das Rauschen der Wellen und selbst der Kommandant schien sprachlos. „Der rote Drache…“ „Er lebt noch!“ „Ich wusste gar nicht, dass der Drache weiblich ist!“ „Sie ist gefährlich…“ Wieder diese Stimmen. Immer dieselben Worte jagten durch ihren Kopf. So schnell, dass er beinahe zu platzen drohte. Sie hätte sich nicht zeigen, sondern einfach verschwinden sollen. Untertauchen. So, wie sie es die letzten drei Jahre getan hatte. „Na und?“ Ruffys Stimme ließ alle verstummen. Auch Misaki hob ihren Blick, um den Schwarzhaarigen anzusehen. Er stand seitlich zu ihr, sodass sie sein Gesicht sehen konnte. Ein ruhiger Ausdruck lag auf ihm und ein leichtes Lächeln zierte seine Lippen. „Ist doch egal, wer sie ist oder mal war. Das hat uns hier noch nie interessiert.“ Er zuckte mit den Schultern, was den anderen Piraten seiner Crew ebenfalls ein Lächeln ins Gesicht zauberte. „Als ob wir anderen kein Dreck am Stecken hätten.“, grinste Zorro und schulterte seine Schwerter. „Lasst eure Finger von Misaki-chan.“, knurrte Sanji, der den Marine-Soldaten einen finsteren Blick zuwarf. „Genau!“, stimmte Chopper zu und stellte sich neben die Rothaarige. „Fufufufu. Interessant.“, lächelte Robin wissend. „Es war ein Fehler von euch, uns anzugreifen. Wir waren gerade beim Essen und ich hasse es, wenn mich jemand dabei stört…“, zischte Ruffy und ließ erneut die Fäuste knacken. Sofort machten sich die anderen wieder zum Kampf bereit und die Welt schien für einige Minuten still zu stehen. Nur die weißen Wolken, die über die Szene hinweggezogen, waren Zeugen des wilden Schauspiels. Kapitel 11: Geschichten des Leids --------------------------------- Kapitel 11 – Geschichten des Leids Die Stille, die seit einigen Minuten in dem Raum herrschte, war unerträglich für sie. Sie fühlte sich unwohl und wagte es nicht in die Gesichter der Piraten zu sehen. Sie hatte Angst vor dem, was sie darin entdecken könnte… Ruffys Worte hatten sie zwar etwas beruhigt, aber dennoch war sie sich nicht sicher, ob er das wirklich ernst gemeint hatte. Und vor allem, ob seine Freunde das genauso sahen. Der Kampf war schnell vorüber gewesen. Die Marine hatte keine Chance gehabt. Sie waren wohl nur durch Zufall auf das Schiff der Strohhutpiraten gestoßen und der Kommandant wollte nicht auf Verstärkung warten, sondern gab den Befehl zum Angriff. Wahrscheinlich wollte er den Ruhm für sich alleine. Doch durch ein gezieltes Manöver hatten sich Ruffy, Zorro und Sanji auf das Kriegsschiff begeben, während die anderen das Schiff vor den Kanonenkugeln und Schüssen beschützt hatten. Es war unheimlich gewesen, die Soldaten schreiend über die Reling fliegen zu sehen, bis große Fontänen den Moment bezeugten, in dem sie von den Meeresfluten verschluckt wurden. Als die Drei zurückkamen, hatten sie ein breites Lächeln im Gesicht und - was viel erstaunlicher war - kaum einen Kratzer abbekommen. Misaki war immer wieder erstaunt von dieser Gruppe. Obwohl es so wenige Personen waren, tanzten sie der kompletten Welt auf der Nase herum. Wo hatten sie so kämpfen gelernt? Da es bereits angefangen hatte zu dämmern, waren sie zurück in die Kombüse gegangen. Genau dort saßen sie seelenruhig mit einigen Getränken in den Händen am Tisch und schienen auf etwas zu warten. Und Misaki wusste ganz genau, was dieses ‚Etwas‘ war. Mit einem lauten Seufzen durchbrach sie nun endlich die Stille. „Lon John Bone ist ein gefürchteter Pirat, der seit vielen Jahren sein Unwesen auf der Grand Line treibt. Es macht ihm Spaß, Dörfer zu überfallen und zu plündern, weshalb er der Weltregierung ein Dorn im Auge ist. Bisher hat es keiner geschafft ihn zu fassen, weil er die Dörfer immer ohne System angreift. Der Marine gelingt es einfach nicht, vorherzusehen, wo er als nächstes zuschlägt. Besonders, da die Siedlungen nie besonders groß und reich sind oder besondere Schätze beherbergen. Bone ist ein Jäger, dem es mehr Spaß macht, Menschen zu quälen, als Schätze zu horten. Darum kam es auch schon einige Male vor, dass er Dörfer monatelang als Geisel genommen hatte – ohne, dass die Welt etwas davon mitbekam.“ Ein erneutes Seufzen kam aus ihrem Mund und sie wagte es, ihren Kopf zu heben und durch ihre feuerroten Haare einen Blick in die Gesichter der Piraten zu werfen. Ihre volle Aufmerksamkeit lag auf ihr und Neugierde spiegelte sich in ihren Zügen. Misaki widmete sich wieder ihrer Geschichte. „Genauso ist es auch meinem Dorf ergangen. Eines Tages, aus heiterem Himmel, tauchten Bone und seine Männer urplötzlich bei uns auf und nisteten sich für ganze zwei Jahre ein.“ Sie schüttelte kraftlos den Kopf. „Einer nach dem anderen ist gestorben. Viele sind verhungert, weil Bone es witzig fand, einigen Menschen die Nahrung vollständig wegzunehmen. Und wer ihnen heimlich etwas Essbares zugesteckt hat, wurde augenblicklich hingerichtet.“ „So ein Widerling…“, zischte Lysopp leise und die Rothaarige nickte. „Ja, das ist er wohl. Kurz bevor er alle Menschen aus meinem Dorf umgebracht hatte und nur noch eine Handvoll übrig war, wurde es ihm scheinbar zu langweilig. Eines Nachts brannte er alles nieder. Nichts blieb vor seinem Zorn verschont, bis auf…“ Eine kurze Pause folgte, in der sie sich gerade aufsetzte. „…mich. Meine Eltern waren verschwunden, als ich noch klein war und weitere Verwandte hatte ich nicht. Daher lebte ich nicht direkt im Dorf, sondern abgelegen in einer Waldhütte, die früher als Jagdquartier genutzt wurde. Entweder hatte Bone das nicht interessiert, oder er hatte es in all der Zeit überhaupt nicht mitbekommen. Jedenfalls hatten mich in dieser Nacht laute Schreie geweckt und ich bin in das Dorf gerannt um zu sehen, wie die letzten Menschen, die ich kannte, qualvoll verbrannten.“ Sie strich sich eine Strähne ihrer Haare hinter das Ohr. „Von diesem Tag an, wusste ich nicht mehr, wohin ich gehen sollte. Ziellos streifte ich durch die Welt und bildete mich selber in der Kunst der Ninjas aus. Um als Frau alleine zu reisen, darf so etwas nicht fehlen.“ Ein leichtes Grinsen huschte über ihr Gesicht. „Ein Jahr nach Beginn meiner Reise passierte es dann. Ich lief Lon John Bone und seiner Crew erneut über den Weg. Sofort baggerte er mich an und lud mich auf sein Schiff ein. Es schien so, als erkannte er mich nicht wieder. Obwohl der Hass in mir brodelte, sah er in mir nur ein kleines Mädchen, mit dem er Spaß haben konnte. Also beschloss ich das auszunutzen…“ „Du hast dich ihnen angeschlossen, hab ich Recht?“, warf Robin ein und erntete ein Nicken. „Ja, das habe ich. Ich wollte mir sein Vertrauen erschleichen und auf eine Gelegenheit warten, ihm seine Grausamkeiten heimzahlen zu lassen. Und vor allem wollte ich versuchen, die Menschen vor ihm zu retten… Schnell arbeitete ich mich hoch und schon bald war ich seine rechte Hand. Er hatte nie bemerkt, wie ich seine Raubzüge sabotierte und mehr als ein Menschenleben dabei rettete. Vielleicht war es ihm auch egal, ich weiß es nicht. Doch es dauerte nicht lange, bis sich das Blatt wendete.“ Misaki nahm einen Löffel, der vor ihr auf dem Tisch lag, zwischen zwei Finger und begann ihn zu drehen. „Ein Mordanschlag wurde auf Bone verübt, der jedoch gründlich danebenging. Ich hatte einen der Männer schon lange im Auge gehabt. Er hatte sich merkwürdig verhalten und immer wieder versucht, an die Macht zu kommen. Und dennoch konnte ich es ihm nicht nachweisen. Im Gegenteil: Der Mordversuch wurde mir angedichtet.“ Die Augen der Strohhutpiraten weiteten sich. „Wie bitte? Du wurdest dafür verantwortlich gemacht?“, fragte Lysopp ungläubig. „Der wahre Täter hatte Spuren hinterlassen, die alle auf mich deuteten. Ich war nicht vorsichtig genug gewesen.“, kommentierte Misaki seine Frage. „Einfach den erst besten Schuldigen nehmen…“, zischte Sanji. „Was ist passiert?“, kam es von Chopper, der gebannt zu der Rothaarigen herüber sah. „Genau das, was du dir gerade denkst. Bone tobte vor Wut und beschloss mich hinrichten zu lassen.“ Misaki stand von ihrem Stuhl auf, öffnete vorsichtig den Verschluss ihres Oberteils und wandte sich mit dem Rücken den Piraten zu. Ein lautes Stöhnen erfüllte den Raum, als sie die riesige Narbe entdeckten, die ihren Rücken in Zwei teilte. „Er hat mir eine Axt in den Rücken gejagt und mich dann mehr tot als lebendig auf einer Insel ausgesetzt.“, erzählte die Rothaarige weiter, schloss den Verschluss und setzte sich wieder an den Tisch. „Ich habe keine Ahnung, wie ich das überlebt habe.“ Choppers Augen weiteten sich und mit leerem Blick sah er zu der Piratin herüber. „Was für eine schlimme Wunde…“, quiekte er kaum hörbar und seine Augen wurden leicht glasig. „Ich lebe aber noch, wie du siehst. Also fang bloß nicht an zu weinen.“ Ein kleines Lächeln huschte auf ihr Gesicht, was den Schiffsarzt etwas beruhigte. „Das Ganze ist vor einem Jahr passiert. Seitdem reise ich weiter durch die Welt und hatte eigentlich versucht, nicht wieder aufzufallen. Das hat wohl nicht geklappt.“ Sie seufzte. Mit einer Hand griff sie in die kleine Tasche, die sie immer bei sich trug und holte ein zerknittertes Blatt Papier heraus, welches sie dann auf den Tisch legte. Ein undeutliches Bild von ihr prangte auf der Vorderseite gefolgt von einem Kopfgeld von 180 Millionen Berry. Ein Steckbrief. „180 Mio. Nicht schlecht für ein so kleines Mädchen.“, meinte Zorro und erntete einen bösen Blick seitens der Rothaarigen. „Ich bin nicht klein! Ich bin 19 Jahre! Viel älter seid ihr auch nicht…“, gab sie etwas beleidigt zurück und erntete ein Lächeln seitens Robin. „Doch, ich schon.“, meinte sie und Brooks Lachen ertönte ebenfalls. „Ich bin ganze 90 Jahre alt! Und das, obwohl ich schon tot bin! Yohohoho!“, kommentierte das Skelett und die Strohhüte lachten. „Gegen dich kommt einer an, Brook!“, kicherte der Kapitän belustigt. „Wandelnde Skelette zählen nicht.“, meinte Misaki und konnte sich ein Lächeln ebenfalls nicht verkneifen. „Aber warum so viel Geld?“, warf Robin fragend ein. Die Rothaarige zuckte die Schultern. „Bone liegt mittlerweile bei 250 Mio Berry. Ich war seine rechte Hand und bin oft neben ihm gesehen worden. Wahrscheinlich deshalb. Viel was getan habe ich eigentlich nicht. Die Kämpfe wurden meistens von anderen ausgetragen.“ „Und was willst du jetzt machen?“ Die Frage ließ sie aufblicken. Robin saß direkt neben ihr und sah sie ruhig an. Und dennoch fand sie etwas Merkwürdiges in ihren Augen. Etwas, was sie nicht benennen konnte. „Ich werde meinem Plan weiterhin treu bleiben. Ich gehe weiter auf Wanderschaft, bis ich einen Ort gefunden habe, wo ich bleiben möchte. Ob ich den finde, ist eine andere Sache…“ Das zaghafte Lächeln, welches auf ihrem Gesicht erschien, trug keine Freude in sich. Sie wusste selber, dass es diesen Ort wohl nirgendwo gibt. „Und wieso bleibst du dann nicht bei uns?“ Misaki zuckte zusammen und eine merkwürdige Stille hing in dem Raum. Ihr Blick fiel auf den schwarzhaarigen Käpt’n. Seine Augen blitzen aus dem Schatten seines Hutes hervor. Geheimnisvoll und irgendwie bedrohlich. Es dauerte einige Sekunden, ehe sie die Sprache widerfand. „Nein danke. Das kann ich nicht machen. Das Piratendasein hat mir schon zu viel Ärger bereitet.“ Sie erhob sich von ihrem Stuhl und wandte sich der Tür zu. Kurz bevor sie den Raum verlassen hatte, drehte sie sich noch einmal um. „Außerdem kann ich nicht damit Leben, nur als Ersatz betrachtet zu werden.“ Der Blick der Piraten war Antwort genug. Schnell verließ sie den Raum und trat in die kalte Nachtluft hinaus, die ihre erhitzte Haut angenehm kühlte. Der Schmerz in ihren Augen hatte sie gleichermaßen fasziniert als auch abgeschreckt. Sie wusste, dass dieser Satz sie verletzt hatte, doch es war besser so, wenn sie keine Bindung zueinander aufbauten. Vorsichtig wanderte ihre Hand an ihre Brust und umschloss ihren Schatz, der verborgen hinter ihrer Kleidung, ihren Hals zierte. Sie wusste in diesem Moment mehr denn je, dass sie nicht mehr lange nach einem geeigneten Ort für sich suchen musste. Ihre Reise würde bald enden. Auch wenn ihr dieses Ende nicht gefallen wird… Ihre Schritte trugen sie schnell über das dunkle Schiff, ehe sie lautlos im Mädchenzimmer verschwand. ********* „Dieser MISTKERL hat mich reingelegt!“ Ungewöhnlich laut hallte sein Schrei von den Wänden wider. Immer und immer wieder drangen wüste Beleidigungen zu ihr heran. Doch auch, wenn der Sprecher direkt neben ihr stehen musste, klangen seine Worte gedämpft und undeutlich. Ein lautes Rauschen erfüllte ihren Kopf und ließ sie alles nur am Rande wahrnehmen. Das Geräusch von klirrendem, zerbrechendem Glas mischte sich unter die Stimmen und sie sah, wie Scherben sich am Rande ihres Sichtfeldes zwischen die restlichen Trümmer schoben. „So eine verdammte Frechheit! Wie kann er es wagen?“ Nami beachtete die Gespräche nicht und schenkte keinem Wort Beachtung. Ihr Blick war starr auf den Boden vor ihr gerichtet und sie sog die Details mit erschreckender Genauigkeit ein. Sie sah, wie sich der rote Spiegel sekündlich weiter ausbreitete und die kaputten Holzmöbel und den feinen handgewebten Teppich beschmutzte. Wie ein Schwamm sogen die Stoffe die zähflüssige Masse ein und nahmen eine schrecklich intensive Farbe an. Ein sanfter Lufthauch wehte durch das kaputte Fenster hinein und spielte mit den Haaren der zwei am Boden liegenden Menschen. Sie hatten die Augen geschlossen und sahen aus, als hätten sie sich vor Erschöpfung im Wohnzimmer zu einem Nickerchen hingelegt. Doch Nami wusste, dass der friedliche Ausdruck ihrer faltigen, freundlichen Gesichter trog. Das waren keine älteren Menschen, die einfach nur ein Schläfchen machten. Wären ihre Augen geöffnet, hätte man sehen können, wie diese ins Leere starrten. Ihre Kleidung war von Blut getränkt, sodass sie verzerrte Muster trugen. Zahlreiche Schnittwunden und Blutergüsse zierten ihre Körper. Ekel überfiel die junge Diebin, als sie an die Folter dachte, die die zwei vor ihrem Tod hatten durchleben müssen. Zwei Tage lang. Das war unmenschlich. Schlichtweg barbarisch. Und trotzdem. Sie hatte nichts dagegen tun können. All ihre Versuche waren gescheitert. Nami hob ihre rechte Hand und führte diese einmal über ihren Mund. Erneut klebte frisches Blut an ihrer Haut und der metallische Geschmack der roten Flüssigkeit besetzte ihren Mund. Die aufgeplatzte Wunde an ihrer Wange schien noch immer zu bluten, da sich ein warmer Strom über sie ergoss. „Los, wir verschwinden. Dieser Mistkerl… Wir werden das dritte Teil schon finden. Egal wie gut diese Ratten es verstecken…“ Der Mann verließ den Raum und Nami spürte die Luftzüge der anderen Diebe, die an ihr vorbei gingen. Ihr Blick heftete noch immer an dem toten Ehepaar und ihre Schreie und Worte hallten unangenehm laut in ihren Gedanken wieder. Sie waren mutig gewesen. Kein Flehen, kein Betteln war über ihre Lippen gekommen. Sie haben ihr Geheimnis ohne zu zögern mit ins Grab genommen. Sie haben ihr Leben verlassen, ohne etwas zu bereuen. „Nami-sama, kommt ihr?“ Eine laute Stimme ertönte hinter ihr und sie erkannte sie sofort. Er war ihr persönlicher Aufpasser. Wahrscheinich, damit sie keinen Unsinn anstellte. Sofort vertrieb sie die Gedanken an das, was in den letzten Tagen passiert war, und schloss ihre Gefühle sorgsam hinter einer Mauer weg. Sie hatte diesen Blick schon so oft vor dem Spiegel geprobt, dass sie wusste, dass keine Emotionen zurückgeblieben waren. Ein leerer, kalter Blick, der selbst ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Sie hob ihren Kopf und wandte sich dem Mann zu. Sein markantes, kantiges Gesicht wurde von wenigen schwarzen Haaren umsäumt. Seine tiefblauen Augen schienen einen Menschen durchbohren zu können. Seine schlanke, durchtrainierte Figur zeugte von seinen Künsten als Schwertkämpfer. Sie wusste dass der, den sie alle nur Katana nannten, ein gefährlicher Gegner war. Das geschmiedete Metall hing demonstrativ an seiner Hüfte. „Ich komme, wann ich das will. Lass mich in Ruhe.“, gab sie mit finsterem Blick zurück und ging an ihm vorbei, ohne ihn noch einmal zu beachten. Sie war froh, den Raum verlassen zu können, die Bilder nicht mehr sehen zu müssen und doch widerstrebte es ihr immer mehr zurück auf das Schiff zu gehen. Doch was sollte sie tun? Sie hatte keine andere Möglichkeit! Es war ihr Schicksal, gefangen zu sein. Freiheit war etwas, was sie nicht erleben dürfte. Sie hatte es nicht verdient. Als Nami die Tür verließ, umfing sie der bekannte Geruch von Regen. Wie undurchdringliche Schleier bahnte er sich einen Weg zur Erde. Das abgeschiedene Haus lag des Ehepaares lag fernab des Dorfes, weshalb es ein leichtes war ungesehen von der Meerseite hierher zu gelangen. Die Klippe, die nun vor ihr lag, schirmte das gestohlene Schiff vor neugierigen Blicken ab. Es würde wahrscheinlich lange dauern, ehe jemand das ermordete Ehepaar entdeckte. Was würde dann passieren? Würde Panik ausbrechen? Wer wird für das Verbrechen verantwortlich gemacht? Und welche Schlüsse würden sie aus dem Mord ziehen? Schritt für Schritt trugen sie ihre Füße näher an das im Dunkeln liegende Schiff heran. Seine schwarze Silhouette hob sich kaum von den Regenwolken ab, die bedrohlich über dem Horizont hingen. Das nächste Ziel würden sie in zwei Tagen erreichen und sie wusste, dass ihr wieder ein Kampf bevorstehen würde. Ein sinnloser Kampf, bei dem jemand sein Leben verlieren würde. ************ „Gegen Abend erreichen wir die nächste Insel. Es wird langsam Zeit sich nach einem neuen Navigator umzusehen.“ Robin bemerkte, wie die Gesichtszüge der anderen augenblicklich entgleisten. Sie hatte ein Thema angesprochen, welches gerne von ihnen verdrängt wurde und doch half es nichts. Sie war keine Navigatorin. Sie würde sie nicht mehr lange sicher über das Meer bringen können. Es war schon ein großes Glück, dass bisher nichts Ernstes passiert war. Leider waren auch ihre Bücher nicht in der Lage, ihr dieses Handwerk beizubringen. „Durch die vielen Angriffe sind wir weit vom Kurs abgekommen.“, überlegte Sanji laut, der sich an die Theke der Kombüse lehnte und von dort aus alles beobachtete. „Das ist leider richtig.“, gab Robin zurück und ihr Blick fiel auf die Neue ab Bord. Sie saß ihr gegenüber und blickte ruhig zwischen ihren roten Haaren hindurch. Ihre Arme waren vor ihrem Körper verkreuzt und ihre Haltung war ungewöhnlich steif. Seit dem gestrigen Abend, in der sie das Angebot des Kapitäns, Mitglied der Piratenbande zu werden, gänzlich ausgeschlagen hatte, war sie sehr in sich zurückgezogen und vorsichtig gegenüber den anderen. Irgendetwas hatte sie eingeschüchtert. „Wir werden jetzt zwei Tage länger brauchen, bis wir die Lola-Lola- Insel erreichen.“ Misaki antwortete mit einem wachsamen Blick, ohne jedoch Robins Worte zu kommentieren. „So ein Mist.“, warf Ruffy plötzlich ein und zog damit die Aufmerksamkeit der anderen auf sich. „Was meinst du, Käpt’n?“, hakte Robin nach, als er nicht den Anschein machte, als würde er weitersprechen wollen. „Ich wollte doch auch mal mit Misakis Waffen trainieren! Jetzt habe ich nur noch zwei Tage Zeit, sie zu überreden!“, lachte er und wackelte auf seinem Stuhl hin und her. Die anderen sahen ihn verdutzt an. „Aber bevor ich damit anfange, habe ich erst mal Hunger! Sanji, gib mir mal was zum Essen! Hast du noch Fleisch von gestern übrig?“ Der Koch seufzte. „Wenn du etwas isst, bleibt rein gar nichts übrig. Du Vielfraß.“, meinte er und wandte sich seiner Küche zu. „Auch wenn wir gerade erst gefrühstückt haben, werde ich mal sehen, was an Vorräten noch so da ist.“ Ruffy kicherte. „Esseeeen!“ „Unser Käpt’n ist wirklich ein Idiot.“, seufzte Lysopp und schüttelte den Kopf. „Yohohoho! Ein kleines Tässchen Tee könnte ich mir auch mal genehmigen!“ Brook erhob sich von seinem Platz und fing an sich sein Heißgetränk zuzubereiten. Robin lächelte und wandte sich wieder ihren Unterlagen zu. „Wir sollten uns aber diesmal warm anziehen.“ Ihr Blick wanderte durch den Raum. „Diese Insel, wird eine Winterinsel sein.“ Sofort sank die Stimmung bei dem Großteil der Crew. Nur dem Käpt‘n, dem Kanonier und dem Schiffsarzt stand ein Grinsen im Gesicht. „Schnee? Dann können wir ja wieder Schneemänner bauen und Schneeballschlachten machen! Das wird so toll!“, war es Ruffy, der schrie. Sein Lachen hallte durch den Raum. Lysopp zog seine Mütze zu Recht. „Käpt’n Lysopp wird einmal wieder eine glorreiche Schlacht austragen! Nehmt euch in Acht, ihr Untalentierten!“ Sein Gelächter vermischte sich mit Ruffys, als die beiden aufstanden und zusammen durch die Kombüse tanzten, wozu auch Chopper sich bald in seiner menschengroßen Form gesellte. Robins Blick fiel auf die Rothaarige ihr gegenüber und konnte sich bei ihrem Gesichtsausdruck ein Lächeln nicht verkneifen. Ihre ruhige, abweisende Miene war einem verdutzen und irgendwie peinlich berührtem Ausdruck gewichen, mit dem sie die drei tanzenden Piraten musterte. „Das machen die Drei öfter. Das legt sich wieder.“, grinste sie die Piratin an, die ihren Blick kurz zu der Archäologin schweifen ließ, ehe sie kopfschüttelnd den Tanz weiter beobachtete. „Und so was will Pirat sein.“, kam es von ihr, während auch ihre Gesichtszüge sich entspannten. „Wir haben es dir zu verdanken, dass unser Käpt’n wieder der Alte ist.“ Robins Worte verdutzten Misaki. „Wieso? Ich habe doch überhaupt nichts getan.“, meinte sie verwirrt. „Du hast ihn gestern mit deinen Worten aufgerüttelt. Er hat endlich losgelassen.“ Da Misaki ihre Worte nicht wirklich verstand, zuckte sie mit den Schultern. „Wenn du meinst. Solange er mich jetzt nicht mehr damit nervt, dass ich seiner Bande beitreten soll, ist es mir recht.“ Die umsitzenden Piraten brachen in lautes Gelächter aus, was die Rothaarige mit einem Augenbrauenhochziehen bedachte. „Das kannst du vergessen.“, grinste Zorro. „Der Strohhut lässt keinen wieder los, bevor er das bekommen hat, was er will. Er ist ein echter Sturkopf“, stöhnte Franky, auch wenn es durch sein Lächeln nicht wirklich ernst klang. „Mich hat er so lange am Galgen genervt, bis ich mit ihm gekommen bin.“, erinnerte sich der Schwertkämpfer und trank einen Schluck aus seinem Krug. „Und Ruffy kann echt nerven.“ „Davon können hier alle ein Liedchen singen, Yohohoho!“ Brook griff nach seiner Gitarre und begann ‚Binkusu no Sake’ zu spielen, was die Aufmerksamkeit der tanzenden Piraten erweckte. „Oh ja! Das Lied ist so klasse!“, freute sich der Strohhut, sprang um den Tisch herum und zog Misaki am Arm, bis sie auf den Beinen stand und ihr Stuhl mit einem krächzenden Geräusch über den Boden schleifte. „Komm schon, mach mit!“ „Hey, was…?“, begann diese, doch ehe sie es sich versah, stand sie zwischen Ruffy und Lysopp eingekeilt und wurde zum Mittanzen gezwungen. „So läuft das hier bei uns!“ Zorro erhob sein Glas, sodass etwas Bier überschwappte. „Partys werden immer und überall gefeiert!“ ************ „Dieses Mal werden wir nicht in deren Falle laufen.“ Der Raum lag in völliger Dunkelheit da. Nur eine einzige Kerze erhellte ihre Umgebung, so, dass wenigstens Umrisse zu sehen waren. Ein stämmiger Mann lehnte sich in seinem Stuhl vor, sodass seine Hände auf der von Papier übersäten Holzplatte lagen. Eine Hand umfasste einen gespenstisch schimmernden Dolch, dessen silberne Klinge von einer dunklen Flüssigkeit überzogen war. Seine andere umklammerte eine goldene Kette an deren Ende ein grüner Edelstein auf seltsame Weise das karge Licht reflektierte. Ein leises Atmen, welches aus der Dunkelheit drang, zeugte von der Anwesenheit weiterer Personen, sie sich entlang der Wände tummelten. Keiner von ihnen wagte es, auch nur das leiseste Geräusch zu machen. „Sie werden es mir aushändigen. Ob sie wollen oder nicht. Sterben werden sie sowieso.“ Sein dunkles Lachen hallte durch den Raum. „Den nächsten Schritt überlasse ich dir. Ich weiß, dass du es nicht wagen wirst, mich zu enttäuschen. Nami.“ Eine der dunklen Gestalten regte sich im Schatten. „Du kannst dich auf mich verlassen.“, erklang ihre Stimme, ehe sie sich kurz verbeugte und den Raum verließ. bevorstehen würde. Ein sinnloser Kampf, bei dem jemand sein Leben verlieren würde. ************ „Gegen Abend erreichen wir die nächste Insel. Es wird langsam Zeit sich nach einem neuen Navigator umzusehen.“ Robin bemerkte, wie die Gesichtszüge der anderen augenblicklich entgleisten. Sie hatte ein Thema angesprochen, welches gerne von ihnen verdrängt wurde und doch half es nichts. Sie war keine Navigatorin. Sie würde sie nicht mehr lange sicher über das Meer bringen können. Es war schon ein großes Glück, dass bisher nichts Ernstes passiert war. Leider waren auch ihre Bücher nicht in der Lage, ihr dieses Handwerk beizubringen. „Durch die vielen Angriffe sind wir weit vom Kurs abgekommen.“, überlegte Sanji laut, der sich an die Theke der Kombüse lehnte und von dort aus alles beobachtete. „Das ist leider richtig.“, gab Robin zurück und ihr Blick fiel auf die Neue ab Bord. Sie saß ihr gegenüber und blickte ruhig zwischen ihren roten Haaren hindurch. Ihre Arme waren vor ihrem Körper verkreuzt und ihre Haltung war ungewöhnlich steif. Seit dem gestrigen Abend, in der sie das Angebot des Kapitäns, Mitglied der Piratenbande zu werden, gänzlich ausgeschlagen hatte, war sie sehr in sich zurückgezogen und vorsichtig gegenüber den anderen. Irgendetwas hatte sie eingeschüchtert. „Wir werden jetzt zwei Tage länger brauchen, bis wir die Lola-Lola- Insel erreichen.“ Misaki antwortete mit einem wachsamen Blick, ohne jedoch Robins Worte zu kommentieren. „So ein Mist.“, warf Ruffy plötzlich ein und zog damit die Aufmerksamkeit der anderen auf sich. „Was meinst du, Käpt’n?“, hakte Robin nach, als er nicht den Anschein machte, als würde er weitersprechen wollen. „Ich wollte doch auch mal mit Misakis Waffen trainieren! Jetzt habe ich nur noch zwei Tage Zeit, sie zu überreden!“, lachte er und wackelte auf seinem Stuhl hin und her. Die anderen sahen ihn verdutzt an. „Aber bevor ich damit anfange, habe ich erst mal Hunger! Sanji, gib mir mal was zum Essen! Hast du noch Fleisch von gestern übrig?“ Der Koch seufzte. „Wenn du etwas isst, bleibt rein gar nichts übrig. Du Vielfraß.“, meinte er und wandte sich seiner Küche zu. „Auch wenn wir gerade erst gefrühstückt haben, werde ich mal sehen, was an Vorräten noch so da ist.“ Ruffy kicherte. „Esseeeen!“ „Unser Käpt’n ist wirklich ein Idiot.“, seufzte Lysopp und schüttelte den Kopf. „Yohohoho! Ein kleines Tässchen Tee könnte ich mir auch mal genehmigen!“ Brook erhob sich von seinem Platz und fing an sich sein Heißgetränk zuzubereiten. Robin lächelte und wandte sich wieder ihren Unterlagen zu. „Wir sollten uns aber diesmal warm anziehen.“ Ihr Blick wanderte durch den Raum. „Diese Insel, wird eine Winterinsel sein.“ Sofort sank die Stimmung bei dem Großteil der Crew. Nur dem Käpt‘n, dem Kanonier und dem Schiffsarzt stand ein Grinsen im Gesicht. „Schnee? Dann können wir ja wieder Schneemänner bauen und Schneeballschlachten machen! Das wird so toll!“, war es Ruffy, der schrie. Sein Lachen hallte durch den Raum. Lysopp zog seine Mütze zu Recht. „Kapt’n Lysopp wird einmal wieder eine glorreiche Schlacht austragen! Nehmt euch in Acht, ihr Untalentierten!“ Sein Gelächter vermischte sich mit Ruffys, als die beiden aufstanden und zusammen durch die Kombüse tanzten, wozu auch Chopper sich bald in seiner menschengroßen Form gesellte. Robins Blick fiel auf die Rothaarige ihr gegenüber und konnte sich bei ihrem Gesichtsausdruck ein Lächeln nicht verkneifen. Ihre ruhige, abweisende Miene war einem verdutzen und irgendwie peinlich berührtem Ausdruck gewichen, mit dem sie die drei tanzenden Piraten musterte. „Das machen die Drei öfter. Das legt sich wieder.“, grinste sie die Piratin an, die ihren Blick kurz zu der Archäologin schweifen ließ, ehe sie kopfschüttelnd den Tanz weiter beobachtete. „Und so was will Pirat sein.“, kam es von ihr, während auch ihre Gesichtszüge sich entspannten. „Wir haben es dir zu verdanken, dass unser Käpt’n wieder der Alte ist.“ Robins Worte verdutzten Misaki. „Wieso? Ich habe doch überhaupt nichts getan.“, meinte sie verwirrt. „Du hast ihn gestern mit deinen Worten aufgerüttelt. Er hat endlich losgelassen.“ Da Misaki ihre Worte nicht wirklich verstand, zuckte sie mit den Schultern. „Wenn du meinst. Solange er mich jetzt nicht mehr damit nervt, dass ich seiner Bande beitreten soll, ist es mir recht.“ Die umsitzenden Piraten brachen in lautes Gelächter aus, was die Rothaarige mit einem Augenbrauenhochziehen bedachte. „Das kannst du vergessen.“, grinste Zorro. „Der Strohhut lässt keinen wieder los, bevor er das bekommen hat, was er will. Er ist ein echter Sturkopf“, stöhnte Franky, auch wenn es durch sein Lächeln nicht wirklich ernst klang. „Mich hat er so lange am Galgen genervt, bis ich mit ihm gekommen bin.“, erinnerte sich der Schwertkämpfer und trank einen Schluck aus seinem Krug. „Und Ruffy kann echt nerven.“ „Davon können hier alle ein Liedchen singen, Yohohoho!“ Brook griff nach seiner Gitarre und begann ‚Binkusu no Sake’ zu spielen, was die Aufmerksamkeit der tanzenden Piraten erweckte. „Oh ja! Das Lied ist so klasse!“, freute sich der Strohhut, sprang um den Tisch herum und zog Misaki am Arm, bis sie auf den Beinen stand und ihr Stuhl mit einem krächzenden Geräusch über den Boden schleifte. „Komm schon, mach mit!“ „Hey, was…?“, begann diese, doch ehe sie es sich versah, stand sie zwischen Ruffy und Lysopp eingekeilt und wurde zum Mittanzen gezwungen. „So läuft das hier bei uns!“ Zorro erhob sein Glas, sodass etwas Bier überschwappte. „Partys werden immer und überall gefeiert!“ ************ „Dieses Mal werden wir nicht in deren Falle laufen.“ Der Raum lag in völliger Dunkelheit da. Nur eine einzige Kerze erhellte ihre Umgebung, so, dass wenigstens Umrisse zu sehen waren. Ein stämmiger Mann lehnte sich in seinem Stuhl vor, sodass seine Hände auf der von Papier übersäten Holzplatte lagen. Eine Hand umfasste einen gespenstisch schimmernden Dolch, dessen silberne Klinge von einer dunklen Flüssigkeit überzogen war. Seine andere umklammerte eine goldene Kette an deren Ende ein grüner Edelstein auf seltsame Weise das karge Licht reflektierte. Ein leises Atmen, welches aus der Dunkelheit drang, zeugte von der Anwesenheit weiterer Personen, sie sich entlang der Wände tummelten. Keiner von ihnen wagte es, auch nur das leiseste Geräusch zu machen. „Sie werden es mir aushändigen. Ob sie wollen oder nicht. Sterben werden sie sowieso.“ Sein dunkles Lachen hallte durch den Raum. „Den nächsten Schritt überlasse ich dir. Ich weiß, dass du es nicht wagen wirst, mich zu enttäuschen. Nami.“ Eine der dunklen Gestalten regte sich im Schatten. „Du kannst dich auf mich verlassen.“, erklang ihre Stimme, ehe sie sich kurz verbeugte und den Raum verließ. Kapitel 12: Ersetzt? -------------------- Kapitel 12 – Ersetzt? Die Nacht war bereits hereingebrochen, als das Piratenschiff leise vor Anker ging. Mit wenigen Handgriffen war die Sunny vertäut und für die nächsten Stunden gesichert. Die Piraten hatten beschlossen, bis zum Morgengrauen zu warten und sich bis dahin noch etwas Ruhe zu gönnen. Die nächst größere Stadt dieser Insel lag einige Kilometer entfernt, sodass sie in dieser Bucht ungestört ankern konnten. Ruffy, Lysopp und Chopper hatten sich sofort in den Schnee gestützt, der die Insel wie ein weißer Teppich überzog. Kleine Flocken rieselten leise von oben herab und begruben die von Tannen übersäte Landschaft. Die restlichen Piraten hatten nur kopfschüttelnd zugesehen, wie sie ein Schnee- Monster bauten und hatten sich wegen der Kälte in ihre Betten zurückgezogen. Nur Zorro, der zur Wache eingeteilt war, hatte seinen Ausguck erklommen und nutzte die Gelegenheit, um ein wenig zu trainieren. Sein stetes Grummeln durchbrach die Stille der Nacht. „Immer ich. Warum muss immer ich mich hier oben langweilen?“, maulte er gähnend und begann seine Hanteln sich schneller heben und senken zu lassen. „Weil du den ganzen Tag schläfst.“ Die Stimme ließ ihn aufblicken. Die schwarzhaarige Archäologin betrat den Raum und ging zu dem Schwertkämpfer hinüber. In ihren Händen dampften zwei heiße Tassen Kaffee. „Kaffee?“, fragte sie ihren Gegenüber der eine seiner Hanteln ablegte und das Getränk annahm. Robin setzte sich mit einem leichten Lächeln vor dem Grünhaarigen auf die den ganzen Raum umschließende Bank. Zorro nahm einen Schluck der braunen Flüssigkeit und wandte sich dann an seinen Besuch. „Was machst du denn hier?“ Misstrauisch beäugte er die Frau, die ihren Blick aus einem der Fenster schweifen ließ. Fast unsichtbar rieselten weiße Schneeflocken vor der Dunkelheit der Wolken vorbei. „Ich habe noch ein Buch gelesen, habe mir einen Kaffee gekocht und wollte mal sehen, was der Herr Schwertkämpfer hier so treibt.“, erzählte sie in nüchternem Ton und nippte an ihrer Tasse. „Pah, was soll ich hier schon treiben?“ Zorro stellte die bereits leere Tasse auf der Bank neben Robin ab und wandte sich wieder seinen Hanteln zu. „Sag mal, Herr Schwertkämpfer, was hältst du von dem Fräulein Gast?“ Die Frage überraschte ihn und er dachte eine Weile über die Frage nach. „Misaki? Na ja, die Kleine ist echt gut. Erstaunlich, wie schnell sie eine Situation erkennen und lesen kann. Ruffy hätte sicherlich eine kleine Beule bekommen, wenn sie nicht eingegriffen hätte.“ Die Schwarzhaarige nickte. „Das ist wohl wahr.“ „Aber es wundert mich nicht, dass sie Ruffys Einladung abgelehnt hat. Dieser Idiot hat echt kein Taktgefühl.“ Zorro schüttelte den Kopf. „Der Käpt’n kommt einfach nicht mit dem Verlust der Fräulein Navigatorin klar. Es ist keine Überraschung, dass er die Lücke so schnell wie möglich füllen möchte. Und ihr Kampfstil ist wirklich beeindruckend.“ Robin legte den Kopf schief. „Ich bin mir sicher, dass er sie auch gefragt hätte, wenn das Fräulein Navigatorin noch da wäre.“ Der Schwertkämpfer seufzte. „Oh nein, nicht noch mehr Weiber hier an Bord.“ Seine Bemerkung brachte die Archäologin zum Kichern. Sie stand auf und ging die wenigen Schritte auf den Piraten zu, die sie noch voneinander trennten. Kurz bevor sich ihre Gesichter berührten, hielt sie inne. Zorro schien wie zu Stein erstarrt und er wagte es nicht, sich auch nur einen Millimeter zu rühren. „Du solltest wirklich etwas freundlicher zu Frauen sein, Herr Schwertkämpfer.“, hauchte sie ihm leise entgegen und musste unwillkürlich über seine Schockstarre schmunzeln. Sie wartete noch einen Moment und wandte sich dann von Zorro ab. Mit leisen Schritten ging sie um ihn herum, öffnete die Luke und ließ den verdutzten Piraten mit hochrotem Kopf alleine zurück. ***** Der nächste Morgen wurde durch eine freundliche Orangefärbung am Himmel angekündigt. Der Schneefall hatte in der Nacht ausgesetzt und die Sonne war durch die Wolken gedrungen. Die Landschaft erstrahlte in einem hellen Weiß, welches die Augen der Piraten blendete und schon beinahe unangenehm war. Eingehüllt in mehreren Schichten Kleidung warteten die Strohhutpiraten und ihr Gast auf das letzte fehlende Mitglied. „Spinatschädel, es wird langsam mal Zeit! Beweg deinen Arsch endlich her!“ Sanjis Stimme hallte über das Deck und kurz darauf öffnete sich die Tür zum Jungenschlafsaal, aus der ein äußerst müde wirkender Zorro herauskam. „Halt bloß die Klappe, du Karottenschäler! Immerhin bin ich die ganze Nacht wach gewesen, während du faul im Bett gelegen hast!“, grummelte dieser und zog seine Jacke enger um seinen Oberkörper. „Du solltest keine so große Klappe riskieren, Schwertschwinger, sonst klebt mein Fuß gleich in deinem hässlichen Gesicht.“, schimpfte er zurück, ehe sich plötzlich ein Lächeln in seinen Zügen ausbreitete. „Obwohl, vielleicht kann ich dir damit ja helfen. Genau wie bei unserem Freund Duval. Dann siehst du wenigstens nach etwas mehr aus.“ „Na warte, du…!“ Ein heftiger Kampf brach los, was die restlichen Strohhutpiraten mit einem Lächeln quittierten. Misaki, die sich etwas im Hintergrund gehalten hatte, warf einen fragenden Blick auf die beiden Streithähne, beschloss aber, sich über nichts mehr zu wundern. Diese Piraten waren einfach zu verrückt. Ohne auf Sanji und Zorro zu achten, verließen sie das Schiff und stampften durch den zentimerterhohen Schnee. Es dauerte nicht lange, ehe sich der Koch und der Schwertkämpfer wieder der Gruppe anschlossen. Ein wenig lädiert wirkten die beiden schon, doch ernsthafte Verletzungen hatte keiner von ihnen. Und auch, wenn die beiden sich nun ignorierten, schien die Stimmung sich deutlich gehoben zu haben. Besonders Ruffy und Chopper schien das glitzernde Nass zu gefallen. Fröhlich hüpften sie im hohen Schnee herum, bewarfen sich mit Schneebällen oder bauten in Windeseile irgendwelche Figuren, deren Form man nur erahnen konnte. Doch bald lugten die ersten Häuser über die zahlreichen Tannen und lautes Stimmengewirr erhob sich, was das Rauschen des Meeres mehr und mehr in den Hintergrund verdrängte. Bereits vor den Toren der Stadt herrschte reges Treiben. Dampfschwaden stiegen aus mehreren Kreisrunden Kratern im Boden auf. Zäune dienten als Sichtschutz und unterteilten die Lichtung in dutzende Quadrate. „Diese Insel ist für ihre heißen Quellen berühmt. Ganz in der Nähe gibt es eine Reihe von Unterwasservulkanen, die das Grundwasser hier erhitzen.“, erklärte Robin denen, die neugierig die Menschen beobachteten. Viele trugen, trotz eisiger Temperaturen, nur Handtücher und Yukatas. „Interessant.“, kommentierte Franky und schon sich seine Brille zurecht. „Nur warum ist diese Insel dann eine Winterinsel? Sollten die Vulkane den Schnee nicht vertreiben?“ Robin lächelte ihn an. „Tut mir leid, Herr Schiffszimmermann, aber das ist selbst für die Bewohner hier ein Rätsel.“ „Irgendwie scheint es ja zu funktionieren.“, warf Zorro ein und hoffte, dieses Gespräch damit zu beenden. Nach einem Seitenblick auf den Schwertkämpfer, zuckten einige der Piraten mit den Schultern und beließen es dabei. In der Stadt wimmelte es nur so von Menschen. Viele davon trugen exquisite Kleidung, anhand derer sofort klar war, wer als Tourist die Insel besuchte und wer dort wohnte. Zwar waren die Dorfbewohner ebenfalls ordentlich gekleidet, aber scheinbar blieb ihnen nicht allzu viel von dem Geld der Besucher, um ebenfalls im Luxus zu schwelgen. Die Stadt war ordentlich aus einem dunklen Stein errichtet. Schnee bedeckte die äußeren Teile der Pflasterstraßen, während die Mitte bereits freigeräumt war, um den Menschen eine breite Gasse zu verschaffen, auf der das Laufen wesentlich einfacher war, als auf der frischen Schneedecke. Die Sonne warf ihr helles Licht auf die zahlreichen Menschen, Häuser und Geschäfte. Ein wunderbarer Duft von Brot, Kuchen und Kaffee zog durch die Straßen und erregte sofort Ruffys Aufmerksamkeit. „Whooooa! Lecker!“, sabberte er, während er sein Gesicht an einem Bäckereischaufenster plattdrückte. Neben ihm erfreuten sich Lysopp und Chopper mit ähnlichem Enthusiasmus an dem wohlverziertem Gebäck. „Hört auf die Scheibe anzusabbern. Das ist ja peinlich.“, bemerkte Sanji, der sich unter den verwunderten Blicken der anderen sichtlich unwohl fühlte. „So finde ich nie eine schöne, junge Frau!“, klagte er weiter und musterte die Meute um ihn herum. „Als ob du jemals eine…“, begann Zorro, bevor er jäh von Sanjis Geschrei unterbrochen wurde. „Ahhh, junge Ladies! Was für ein Traum!“, lachte er und stürmte auf zwei gerade auf sie zukommende Mädchen zu. Sofort wurde Misaki aufmerksam. „Leute, ich glaube hier stimmt was nicht.“, sagte sie leise und beobachtete, wie die beiden Mädchen panisch reiß aus nahmen. Auch einige andere Dorfbewohner eilten seltsam verschreckt die Straße hinunter. Sofort waren die Piraten in Alarmbereitschaft. Selbst Ruffy schienen die zahllosen Köstlichkeiten vor seiner Nase nicht mehr zu interessieren. Niedergeschlagen kam Sanji zu der Gruppe zurück. „Ich glaube, die beiden mögen mich nicht.“, seufzte er, bis er bei den wachsamen Gesichtern seiner Freunde plötzlich aufmerksam wurde. „Das scheint nicht an dir zu liegen.“, meinte Misaki, deren Hände bereits unter ihrer Winterjacke an ihren im Gürtel steckenden Kurzschwertern ruhten. „Obwohl es mich nicht wundern würde.“, fügte Zorro noch als Kommentar zu Sanjis Satz hinzu, woraufhin er seitens dem Koch einen ziemlich wütenden Blick erntete. Ein lauter Schrei ertönte, der nun auch die letzten Dorfbewohner und Touristen aufschreckte. Eine ganze Gruppe von Menschen flüchtete die Straße hinunter, was jeden in der Umgebung beunruhigte. Ängstlich wichen die Frauen und Männer immer weiter zurück, in dem Zweifel, was sie nun tun sollten. Doch als eine weitere Gruppe aus einer Nebenstraße trat, brach Panik aus. Metall glänzte bedrohlich in der Sonne und ein schräges Lachen mischte sich unter die Schreie. „Das sind doch…?“, quiekte Chopper, der die Männer sofort wiedererkannte. „Verdammter Mist!“, zischte Franky und machte seine Waffen kampfbereit. „Dann wollen wir mal.“, kam es von Zorro, der vergnügt seine Schwerter zog. „Und wieder ein bisschen Action.“, zischte Sanji wütend. Doch bevor sie angreifen konnten, trat eine weitere Person auf die Straße, was die Piraten sofort innehalten ließ. Keiner wagte es, sich zu bewegen. Stumm starrten sie auf die Frau mit orangefarbenem Haar, die ebenfalls bei dem Anblick der Strohhutpiraten erstarrte. Nami war kaum wiederzuerkennen. Ihre Haut war blass und sie schien abgenommen zu haben. Der schwarze Mantel verdeckte zwar ihren Körper, doch die zahlreichen Blutergüsse zeichneten sich stark auf Gesicht und Armen ab. Ihre Augen waren seltsam leer und sie sah unheimlich müde aus. Das war nicht mehr die Frau, die sie alle kannten. Aber es blieb ihnen keine Zeit, um sich weiter darüber Gedanken zu machen. Es dauerte nur noch einige Augenblicke, ehe die Diebe die Piraten entdeckt hatten und nach kurzem Tuscheln ihre Schwerter auf sie richteten und mit lautem Gebrüll angriffen. „Strohhut, was machen wir jetzt?“, sprach Franky die Frage aus, die allen ins Gesicht geschrieben stand. „Nami…“, quiekte Chopper und Tränen standen ihm in seinen Augen. „Wir müssen sie zurückholen!“, meinte Sanji und stürmte auf die junge Frau zu. Doch etwas hielt ihn am Arm zurück. Sein Blick fiel auf den Schwarzhaarigen, dessen Miene versteinert schien. „Nein, das werden wir nicht.“, meinte Ruffy bestimmt, worauf Sanji sich losriss. Die Diebe hatten die Gruppe beinahe erreicht. „Warum nicht? Das ist unsere Chance! Wir müssen etwas tun!“ In den Worten des Kochs schwang Unsicherheit mit. Er schien sich selbst nicht sicher zu sein, dass er das Richtige tat. „Nami hat sich entschieden. Das hat sie mir persönlich gesagt.“ „Aber…!“ „Wir müssen jetzt Misaki beschützen.“ Sanji hielt inne. Sein Blick fiel auf die Rothaarige, die ebenfalls etwas verwirrt aussah. „Sie hat mit alledem nichts zu tun. Es wäre nicht fair, wenn sie wegen uns verletzt werden würde.“ Der Koch stockte. Er erinnerte sich genau an den Moment, als sie den verletzten Ruffy gefunden hatten. Als seine Nami ihm das Messer in den Leib gerammt hatte. Der Blonde beruhigte sich sichtlich. „Du bist der Käpt’n.“, meinte Sanji, hob sein Bein und trat auf einen der Diebe ein, der sich hinter seinem Rücken grade an ihn heranschleichen wollte. Nun mischten sich auch die anderen in den Kampf ein. Ein schwerer Ballast schien von ihren Schultern gefallen zu sein. Und dennoch blieb ein ungutes Gefühl zurück. „Ich kann gut auf mich selbst aufpassen!“ Misakis Protest brachte den Strohhut zum Lächeln. „Ich weiß.“, grinste dieser und rückte seinen Strohhut auf seinem Kopf zurecht. „Aber ich passe immer auf meine Freunde auf.“ Nami löste sich langsam wieder aus ihrer Starre. Innerlich verfluchte sie die Welt. Warum war sie ihren alten Freunden schon wieder über den Weg gelaufen? Wieso immer sie? Die Erinnerungen an den blöden Traum kamen wieder in ihr hoch. Würde sie ihn wieder verletzen? Oder würde sie ihre eigene Drohung wahr machen? Sie hatte nur kurz einen Blick auf die Strohhutpiraten werfen können. Ihre Männer hatten sich zu schnell zwischen sie und die Gruppe gestellt, weshalb sie den Blickkontakt verloren hatte. Sie waren immer noch die Alten. Und dennoch… Etwas war anders. Irgendwas stimmte nicht. Die Diebin wandte ihren Blick von dem Kampf ab. Sie musste dafür sorgen, dass jetzt nichts mehr schief ging, sonst… Weitere ihrer Männer kamen die Straße entlang. Einer von ihnen trug eine schwere Holzkassette, auf der Namis Blick ruhte. Es war wichtig für sie, diese Kiste so schnell wie möglich aufs Schiff zu bringen. Sie musste dafür sorgen, dass… „Hey! Seit wann haben die Strohhüte ein neues Mitglied?“ Nami schreckte hoch. Was hatte der Kerl da gerade gesagt? Innerhalb einer Sekunde drehte sie sich um. Ihre volle Aufmerksamkeit galt nun wieder den Piraten, die einige Meter von ihr entfernt gegen die Diebe kämpften. Und tatsächlich dauerte es nicht lange, ehe sie das ‚neue Mitglied’ entdeckt hatte, was sie vorher völlig übersehen hatte. Ein Mädchen, dessen rote Haare wie Feuer in der Sonne glänzten. Sie hatte zwei Kurzschwerter in der Hand, mit denen sie sich in den Kampf einmischte. Doch etwas ganz anderes versetzte der Navigatorin einen heftigen Stich ins Herz. Ruffys gelber Strohhut stach aus der Menge heraus, doch er schien nicht so zu kämpfen, wie er es normalerweise tat. Anstatt vorzupreschen und einfach auf die Feinde einzuschlagen, blieb er defensiv und ließ seine Crew an vorderster Front kämpfen. Er hingegen blieb in der hinteren Reihe und… wich der Rothaarigen nicht von der Seite. Schützend stellte er sich vor sie und sorgte dafür, dass niemand ihr zu nahe kam. Ein breites, glückliches Lächeln zierte sein Gesicht, als sie sich beim Kampf zu unterhalten schienen. Ohne es zu merken, ließ Nami ihren Kampfstock sinken. Plötzlich hatte sie kein Gefühl mehr in den Armen. Sie wollten ihr einfach nicht mehr gehorchen. Ihre Gedanken liefen Amok und ein heftiger Schmerz breitete sich in ihrem Inneren aus. Hatten die Strohhüte sie etwa schon ersetzt? War dieses Mädchen ihre neue Navigatorin? Warum reiste sie mit ihnen? Und wer war sie überhaupt? Lautes Getuschel keimte zwischen ihren Leuten auf, doch so sehr sie es auch versuchte, sie konnte keine Gesprächsfetzen auffangen. Lediglich die Blicke und erschrockenen Gesichter blieben für Nami sichtbar, mit denen die Männer die Rothaarige musterten. „Verdammt.“, zischte die Diebin und schob sich mit wackeligen Beinen durch die Menge. Alle, die ihr im Weg standen, schob sie unsanft beiseite. Ihr war im Moment alles egal. Ein sengender Hass nahm ihren ganzen Kopf ein. Ihr Magen brannte und das Atmen viel ihr schwer. Sie wusste selber nicht, wieso, aber sie hasste dieses ihr unbekannte Mädchen abgrundtief. Nur der Wunsch, sie aus dem Weg zu räumen, war in Nami noch glühend heiß vorhanden. Unbemerkt gelangte sie durch die Reihen der Strohhutpiraten, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen. Sie fixierte nur das Mädchen, welches gerade mit einem der Diebe beschäftigt war, sodass sie die Orangehaarige nicht kommen sah. Mit einer fließenden Bewegung fasste sie an ihren Oberschenkel und griff nach einem langen Messer. Ihren Stock hatte sie auf der anderen Seite befestigt. Nur noch wenige Meter trennten die beiden Frauen und ein eigenartiges Gefühl von Freude keimte in der Diebin auf. Gleich würde sie ihr das Messer in den Rücken jagen. Und niemand würde es sehen. Wenige Schritte blieben und sie hob ihre verkrampfte Hand. Gleich war sie in Reichweite… Ein heftiger Schlag traf ihre Hand und das Messer flog im hohen Bogen in die Menschenmenge. Erschrocken wich sie einige Schritte zurück und bemerkte erst jetzt den Schwarzhaarigen, der sich vor ihr aufbaute. „Nami, hör gefälligst auf damit.“, gab er ruhig zurück, als er sich vor der Rothaarigen aufbaute. Vor lauter Wut fletschte sie ihre Zähne. Doch woher kamen die Tränen, die sich in ihren Augen sammeln wollten? Woher kam dieses Gefühl des… Verrates? Was war bloß mit ihr los? „Halt die Klappe…“, presste sie zwischen ihren Zähnen hervor. „Halt die Klappe!“ Ihre Stimme hallte von den nahen Häuserwänden wider, als sie ihren Klimataktstock zusammenbaute und auf den Schwarzhaarigen losging. „Nami, lass das! Hör auf mit dem Blödsinn!“, begann der Strohhut erneut, doch seine Worte machten die Diebin nur noch wütender. „Du hast mir gar nichts zu befehlen!“, keifte sie ihn an und schlug wie von Sinnen auf ihren ehemaligen Freund ein. Immer und immer wieder. Mit dem Ziel, ihn möglichst schwer zu treffen. Und doch spürte sie, dass ihre Schläge überhaupt keine Kraft hatten. Ruffy konnte sie locker abwehren. Und doch griff er sie nicht an. Da war keine Aktion, die sie hätte treffen können geschweige denn verletzen. Und genau das machte sie noch wütender. „Kämpfe gefälligst richtig mit mir!“, schrie sie ihm entgegen und schwang ihren Stock in Richtung seines Oberarmes, wo sie tatsächlich eine tiefe Platzwunde hinterließ. Ein seltsames Gefühl breitete sich bei dem Anblick seines Blutes in ihrer Magengegend aus, was sie etwas nervös machte. Doch bevor sie erneut angreifen konnte, hörte sie nur noch die Worte „Jetzt hör endlich auf!“ und spürte, wie etwas Schweres auf ihre Brust drückte, ihr den Klimataktstock aus der Hand schlug und sie unsanft auf dem Boden aufkam. Die Kälte des Schnees kroch in ihren Mantel und ließ die Diebin frösteln. Nachdem sie wieder etwas klarer im Kopf war, bemerkte sie den noch immer starken Druck auf ihrem Magen. Ernst langsam registrierte sie, dass die rothaarige Frau auf ihr saß und das kalte Metall ihrer beiden Kurzschwerter unangenehm gegen ihren Hals drückte. Das Gesicht der Frau, die sie so sehr hasste, war nur wenige Zentimeter von ihr entfernt. Atemlos starrte Nami in die braunen Augen ihrer Gegenspielerin ohne sich bewegen zu können. Ihre Arme waren schmerzhaft unter der Rothaarigen verschränkt. „Geh runter von mir!“, zischte Nami und versuchte sich zu befreien. Doch als sie ein leichtes Ziehen an ihrem Hals spürte, hielt sie wieder inne. Sie wusste, dass die Schwerter sich gerade etwas in ihr Fleisch geschnitten hatten. „Ich habe keine Ahnung, wer du bist“, fing die rothaarige Piratin an „aber hör gefälligst auf damit, deine Freunde anzugreifen!“ Der wütende Unterton in ihrer Stimme, machte Nami nur noch rasender. „Halt die Klappe! Als ob du eine Ahnung hast!“ „Ja, das stimmt, ich weiß gar nichts über euch und das, was passiert ist, aber ich weiß, wie sehr deine Freunde wegen dir leiden!“ Nami stockte. Ein heftiger Schmerz flammte in ihrer Brust auf, der sie ganz zu verzehren schien. „Verdammt noch mal, sie machen sich riesige Sorgen um dich! Und dir fällt nichts Besseres ein, als sie anzugreifen und zu verletzen? Ich habe nicht den blassesten Schimmer, warum jemand wie du ihnen so wichtig bist!“ Die Welt schien still zu stehen. Obwohl der Kampf um sie herum weiter gehen musste, war es absolut still. Sie sahen sich lange in die Augen und Nami war erstaunt, was sie in dem Blick ihrer Gegnerin entdeckte. Mitleid. Sorge. Auch ein wenig Wut. Aber sie wirkte plötzlich so… freundlich. Warum hatte sie die Rothaarige nochmal gehasst? Woher kam dieser Hass? Sie kannte sie doch überhaupt nicht! Doch sie durfte das, was ihr verwehrt blieb. Plötzlich fiel ihr Blick auf etwas Glänzendes, was einige Zentimeter aus der blauen Jacke der Rothaarigen heraushing. Ihr Körper verkrampfte augenblicklich. Das konnte einfach nicht wahr sein! Die Piraten bemerkte Namis Blick und zuckte augenblicklich zurück. Mit einem gekonnten Sprung landete sie auf ihren Beinen und steckte mit schneller Bewegung das rote Etwas zurück. Nami richtete sich auf und bemerkte, dass die meisten ihrer Männer bereits verletzt und kampfunfähig am Boden lagen. Sie war eine der wenigen, die noch aufrecht stand. „Fräulein Misaki, ist alles ok?“ Robin hatte sich neben die Rothaarige gestellt und faste der ziemlich verkrampft wirkenden Frau beruhigend an die Schulter. Diese gab keine Antwort. Sie sah noch immer fassungslos auf die ebenfalls geschockte Diebin, die ihren Blick erwiderte. Das konnte einfach nicht wahr sein! „Zurück zum Schiff! Sofort!“, wies Nami die Diebesbande mit kratziger Stimme an, welche sofort reagierten. Auch einige der zu Boden gegangenen Männer rappelten sich auf und verschwanden zwischen den Steinhäusern. Ein letzter Blick, der auf ihre Freunde fiel, zeigte ihr, dass sie nicht versuchen würden, sie aufzuhalten oder gar zu verfolgen. Sie wandte sich ab und ihr Herz brach ein weiteres Mal. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie sich ein letztes Mal wiedersehen würden. Die Piraten sahen der Orangehaarigen hinterher, bis sie ebenfalls in einer Seitengasse verschwand. „Weg ist sie.“, bemerkte Lysopp trocken, der seine geballten Fäuste entspannte und seine Schleuder sinken ließ. Die Straße war ruhig. Beinahe totenstill. Sie hatten ein ganz schönes Chaos hinterlassen, doch das störte die Piraten eher weniger. Robin betrachtete die Rothaarige besorgt. Sie hatte sich noch immer keinen Millimeter gerührt, was die Schwarzhaarige beunruhigte. „Fräulein Misaki?“ Beim erneuten Klang ihres Namens schreckte die junge Frau auf und wandte das Gesicht von der Schwarzhaarigen ab. „Ich muss gehen. Lebt wohl.“ Ihr leises Flüstern erschien unwirklich laut und ehe Robin darauf reagieren konnte, war die Rothaarige bereits aus ihrer Reichweite. Doch sehr weit kam sie nicht. So schnell, dass es kaum einer überhaupt wahrgenommen hatte, war Ruffy neben die Piratin getreten und seine Hand ruhte bestimmt an ihrem Handgelenk. Das leichte Zittern der Rothaarigen war ihm dabei nicht entgangen. Sie wagte es nicht, ihn anzusehen. Ihr Blick ging starr auf die Pflastersteine. „Misaki. Sag uns endlich, was hier los ist.“ Kapitel 13: Wie Flammen, so rot ------------------------------- Kapitel 13 – Wie Flammen, so rot Ihre Hand ruhte leicht zitternd an ihrem Hals. Schon wieder hatte sie sich in eine dieser Situationen gebracht, denen sie am liebsten aus dem Weg gegangen wäre. Aber scheinbar schien das schon fast zur Gewohnheit zu werden. „Jetzt sitze ich schon wieder hier.“, seufzte die Rothaarige und schüttelte frustriert den Kopf. Sie hatten sich vor einiger Zeit wieder auf den Weg zur Sunny gemacht und sich nun auf dem Grasdeck versammelt. Das Schiff war in ein helles Weiß getaucht und dutzende kleine Schneeflocken segelten langsam der Erde entgegen. Der Himmel hatte sich schnell bewölkt und verdunkelte die Welt bereits am frühen Abend. Nur die tanzenden Lichter einiger weniger Fackeln spendeten etwas Licht. Hineingehen, in die engen, stickigen Räume, wollte niemand. Sie wussten, dass sie einen kühlen Kopf gebrauchen konnten. Die Thousand Sunny schaukelte sacht in der kleinen Bucht, wo sie noch immer vor Anker lag. Niemand rechnete mit einem baldigen Auftauchen der Marine. „Es gibt da eine alte Geschichte.“, begann Misaki leise. Sie hatte es nicht geschafft sich Ruffy zu widersetzen und war zurück auf das Schiff gegangen. Dabei wusste sie, wie dringend sie von hier verschwinden musste. „Ich kenne sie selber erst seit ein paar Jahren, als ein Möchtegernpirat mich deswegen angegriffen hat. Aber habe mir nie viel daraus gemacht. Du kennst sie wahrscheinlich, Robin.“, wandte sie sich dann an die Archäologin, die neben ihr stand. „Die ‚Vier Farben des Regenbogens‘.“ Der Großteil der Piraten sah unwissend drein, nur Robin nickte. „Die Sage über die vier Edelsteine, die den Weg zu einem unglaublichen Schatz aufzeigen sollen.“ „Richtig.“, bestätigte die Piratin Robins Geschichte. „Schatz?“, fragte Ruffy mit glänzenden Augen. „Yohohoho! Das wäre doch was für uns!“, freute sich auch Brook. „Niemand weiß, was für ein Schatz hinter den vier Farben versteckt ist, doch die Marine unternimmt schon seit Jahren den Versuch, diesen zu finden. Ich habe mich schon immer darüber gewundert. Sie scheinen Angst vor dem Schatz zu haben.“, erzählte die Schwarzhaarige weiter. „Was meinst du mit Angst?“, hakte der Cyborg nach. „Damals, auf Ohara, habe ich oft mitbekommen, wie die Marine an Informationen kommen wollte, die ihnen aber nicht geliefert werden konnten. Sie waren jedes Mal nervös, wenn es hieß, jemand hätte etwas darüber herausgefunden.“ „Merkwürdig.“, kommentierte Sanji und zündete sich eine Zigarette an. „Aber nicht nur das.“ Misaki senkte ihren Kopf und hob die Hände an ihren Hals, um sich ein langes Lederband über den Kopf zu streifen. Sie umschloss die Kette mit ihren Händen und wandte sich wieder der Crew zu. „Scheinbar ist nun noch jemand hinter dem Schatz her.“ Sie hob ihre eine Hand und ließ die Kette daran herumbaumeln. Ein quadratischer Edelstein in der Größe einer Handfläche und nur wenigen Millimetern Dicke glänzte in einer Mischung aus dem grellsten Pink und einem dunklen Feuerrot im spärlichen Licht der Fackeln. Fasziniert kamen die Piraten näher an den Edelstein heran und betrachteten ihn eingehend. „Es sieht aus, als würden Flammen darin tanzen.“, fasste Robin das mysteriöse Lichtspiel des roten Steins zusammen und einige der Umstehenden nickten wie in Trance. Lange sahen sie dem Spiel des Lichtes einfach nur zu, bis Misaki mit ihrer Erzählung fortfuhr. „Ich habe erst spät verstanden, was meine Eltern mir damals sagen wollten. Zu meinem 10. Geburtstag fand ich am morgendlichen Esstisch ein kleines Paket vor, in welchem gut behütet dieser Edelstein lag. Ich habe mich natürlich sehr über das Geschenk gefreut. Immerhin hatte es dieselbe feuerrote Farbe, wie meine Haare. Ich dachte auch, das sei der Grund, weshalb sie mir den Anhänger gaben. Was auch sonst hätte ich denken sollen? Ich war ein Kind und wusste nichts von der Welt. Und heute wäre es mir manchmal lieber, das würde immer noch so sein.“ Sie schüttelte leicht den Kopf. „Von diesem Tag an habe ich meine Eltern nie wieder gesehen.“ Eine traurige Stille setzte sich über die Piraten und Misaki konnte das Mitleid in ihren Augen entdecken. „Das ist schon ok.“, versuchte sie die Stimmung zu heben. „Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sie wirklich tot sind. Viele behaupten das zwar, weil sie seit so vielen Jahren nicht mehr gesehen wurden, aber ich bin mir sicher, dass sie noch leben.“ „Ah, verstehe. Das ist wahrscheinlich der Grund, weshalb du auf Reisen gegangen bist, habe ich Recht?“ Der Rothaarigen schlich sich ein kleines Lächeln aufs Gesicht, als Robin in ihr wieder wie in einem Buch zu lesen schien. „Mich hielt nichts mehr auf dieser Insel. Also kann ich auch nebenbei auf ein Lebenszeichen meiner Eltern achten.“, grinste sie und betonte das „nebenbei“ besonders. „Fufufu. Natürlich.“ „Moment, Moment. Lasst mich das noch einmal zusammenfassen.“, ruderte Lysopp verwirrt zurück. „Wenn du sagst, dass dein Edelstein Teil einer Schatzkarte ist, dann muss es ja noch andere Teile geben, oder?“ Die Piratin nickte bestätigend. „Die Bezeichnung ‚Vier Farben des Regenbogens‘ beziehen sich auf vier Edelsteine, die eine bestimmte Karte lesbar machen sollen. Wie genau das funktionieren soll, weiß ich leider auch nicht.“ „Aber warum nur vier Farben?“ Die neugierigen Blicke der Piraten wanderten zu dem Schwertkämpfer hinüber, der auf dem Boden sitzend an einer nahen Wand lehnte. Wenn ihn das Thema interessierte, schaffte er es wirklich gut, dieses mit einem müden Gesichtsausdruck zu verbergen. „Was willst du, Spinatschädel?“, fauchte er Koch in dessen Richtung worauf der Grünhaarige schnaubte. „War ja klar, dass du das nicht kapierst, Löffelschwinger. Wenn diese idiotische Geschichte ‚Farben des Regenbogens‘ heißt, warum dann nur vier Farben? So ein buntes Ding hat doch noch einige mehr.“, grummelte er weiter und Sanji grübelte kurz über die Frage nach. „Ich muss zugeben… Da ist was dran“, gab er dann widerwillig von sich. Man sah ihm an, dass er diese Situation sehr unangenehm fand. „Das lieg an den Grundfarben der Farbenlehre.“ Robin grinste, als die Gesichter der anderen plötzlich fragende Züge annahmen. „Du meinst rot, blau und gelb? Aber das sind doch nur drei!“ Choppers helle Stimme mischte sich in das Gespräch mit ein. „Das ist richtig.“, lächelte Robin wissend. „Aber neben den Grundfarben, deren richtige Namen Magenta, Cyan und Gelb sind, wird von vielen auch die Farbe Schwarz dazugezählt. Denn Dort, wo es kein Licht gibt, herrscht Dunkelheit und nur durch schwarz lassen sich die dunkleren Farbtöne erreichen. Genauso lässt sich aber auch die Farbe Weiß als Grundfarbe bezeichnen. Doch als gängiger Farbraum werden immer noch diese vier Farben gezählt.“ Einige verdutze Gesichter blickten die Archäologin an, was diese sichtlich amüsierte. „So habe ich mir die ganze Sache auch erklärt“, stimmte die junge Piratin der Älteren zu. „Daher glaube ich, dass es genau vier Steine gibt, von denen ich einen besitze.“ „Und du glaubst, Schwester Nami ist genau dahinter her?“ Frankys Schluss sorgte für weitere erstaunte Blicke. „Ganz sicher bin ich mir nicht…“, gab sie zu. „Aber nach dem, was dort auf dieser Insel passiert ist, gehe ich stark davon aus.“ „Aber was will sie damit?“, hakte Lysopp nach. „Sie doch nicht, du Idiot!“, fauchte Sanji. „Dieser feige Mistkerl von Boss, der Nami mitten in die Schlacht schickt und sich selber im stillen Kämmerlein versteckt, hat es garantiert auf diesen ominösen Schatz abgesehen.“ Zustimmendes Nicken erfüllte die Runde. Nur Ruffy legte den Kopf schief. „Und wie viele Steine haben sie schon?“ Misaki zuckte ahnungslos mit ihren Schultern. „Das weiß ich nicht. Aber früher oder später werden sie diesen hier auch noch haben wollen…“ Der rote Anhänger drehte sich mehrfach um die eigene Achse und glänzte in den verschiedensten Magenta- Tönen, während die Flammen weiter mit sich selbst tanzten. Dieses Schauspiel zog die Piraten in ihren Bann. Doch in seinem Inneren wusste jeder genau, an was ihn diese Farbe erinnerte. Rot, wie Blut. „Das ist unsere letzte Chance.“ Ruffys ernste Stimme ließ seine Freunde aufschrecken. Sie wandten ihren Blick dem Käpt’n zu und begriffen sofort. Seine dunklen Augen strahlten eine Ernsthaftigkeit aus, die man selten bei dem Piraten sah. Sie konnten sehen, wie er einen inneren Kampf gegen sich selber führte und jeder fragte sich, welche Seite gewinnen würde. „Wir werden Misaki helfen. Und wenn diese Diebesbande hier auftaucht, dann werden wir sie besiegen. Wir werden nicht zulassen, dass die so mit den Menschen umgehen!“ Seine laute Stimme hallte über das Deck und erstreckte sich weit in die Dunkelheit der Nacht. Mit einem synchronen „Ja!“ stimmte die Crew ihrem Kapitän zu. „Und…“ Er Stockte. „Wir werden endlich unsere Nakama zurückholen!“ Für einige Sekunden stutzen die anderen, lächelten dann aber wissend. Sie hatten immer gewusst, dass er Nami nicht aufgegeben hatte. Keine Sekunde lang. Und er würde das auch niemals in seinem Leben tun. „Ai, Ai, Käpt’n!“ ******* Der Raum war dunkel. Kein Licht drang von draußen herein. Nur eine kleine, fast abgebrannte Kerze, glimmte neben ihr. In ihr tobte es. Seit diesem Treffen mit ihren alten Freunden und der neuen in ihrer Crew rebellierte alles in ihr. Sofort, als sie das Schiff betreten hatte, hatte sie diesen blöden Stein an ihren Boss überreicht und war in ihre Kabine geflüchtet. Obwohl sie die Tür verriegelt hatte, hatte sie in Panik vor Besuchern den alten Schreibtisch vor die Holztür gezerrt, um jeden am Hereinkommen zu hindern. Erneut lag sie seit Stunden einfach nur da und starrte an die weiße Decke ihres Zimmers. Jeden, der an ihre Tür geklopft hatte, hatte sie ignoriert. Das tat sie öfters. Und ihr war es egal. Ihr war alles egal. Und doch tauchten immer wieder dieselben Bilder vor ihren Augen auf. Ruffy, wie er dieses fremde Mädchen beschützte. Die Worte dieser Misaki, als sie sie auf den Boden gedrückt hatte. Den Anhänger, den sie um ihren Hals trug… Nami hatte ihn sofort erkannt. Besonders, weil sie schon zwei davon gestohlen hatte. Es blieb also nur noch einer, bis sie… Aber konnte sie das? Das Mädchen hatte den Strohhüten wahrscheinlich alles erzählt. Sie wussten von der Geschichte, den Steinen, dem Schatz, da war Nami sich sicher. Die Reaktion der Rothaarigen, als sie ihren Anhänger entdeckt hatte, hatte Bände gesprochen. Woher auch immer die Rothaarige diesen Stein her hatte und wo auch immer sie von der Legende erfahren hatte, ihr musste klar sein, dass sie das nächste Ziel sein würde. Ihr Leben würde in Gefahr sein. Doch das würde Ruffy nie zulassen. Niemals. Stille Tränen bahnten sich ihren Weg über ihre Wangen und hinterließen brennende Spuren. Nami hatte keine Lust mehr, sie zurück zu halten. Sie wollte nicht mehr stark sein. Schon lange nicht mehr. „Ich will zurück…“ Ihr leiser Hilferuf verhallte ungehört in diesem kleinen, abgeschiedenen Raum und nur noch ihr stetes Schluchzen durchbrach die nächtliche Stille. ************* Lautes Gepolter schreckte sie aus dem Schlaf. Ihr Zimmer war hell erleuchtet und sie musste einige Male blinzeln, ehe sie überhaupt etwas erkennen konnte. Sonnenstrahlen drangen durch das kleine Fenster und bedeckten ihren Fußboden. Es musste bereits weit über Mittag sein, wenn bei diesem Kurs des Schiffes die Sonne in diesem Winkel stand. Wie lange hatte sie geschlafen? Die Geschehnisse des gestrigen Abends verschwammen in ihrem Kopf, fast so, als hätte sie einen über den Durst getrunken. Doch sie war sich sicher, dass sie diese Ursache ausschließen konnte. Ein erneuter Knall holte sie gänzlich in die Realität zurück. Genervt von diesem Lärm zog sie sich eine schwarze Hose und ein grün/ weiß gestreiftes T-Shirt an, zog den Schreibtisch mit einem ohrenbetäubenden Kreischen über den Holzfußboden und trat auf den dunklen Flur hinaus. Schnell folgte sie den lauten Stimmen, die aufgeregt klangen und ein ungutes Gefühl machte sich in Namis Magen breit. Es konnte einfach nichts Gutes bedeuten, wenn die Diebe so eine gute Laune hatten. Sie übersprang die letzten Stufen und erreichte das vom Kampf zerschundene Deck des Schiffes. Graue Wolken hingen über ihrem Kopf und verdrängten die Sonne mehr und mehr. Die Welt lag im Schatten. Nami entdeckte die Männer, wie sie aufgeregt über der seitlichen Reling hingen und sie voller Freude und mit lautem Jubel auf das offene Meer starrten. Der jungen Frau gefror das Blut in ihren Adern. Sie wusste, was dieser ganze Aufruhr zu bedeuten hatte und genau das war es, was die Panik in ihr aufsteigen ließ. War es etwa schon soweit? Sie war doch noch gar nicht bereit dafür! Was sollte sie denn jetzt bloß tun? Ein Rauschen überdeckte ihr Gehör. Blut schoss wie wild durch ihre Adern. Fast krampfhaft begannen sich ihre Muskeln anzuspannen. Und als sich in der Mitte der Männer ein Gang bildete, hatte sie echte Not den Würgereflex zu unterdrücken. Starr wie eine Steinsäule beobachtete die Orangehaarige, wie die drei scheinbar schwer verletzten Männer über das Deck gingen. Ein triumphierendes Lachen prangte auf ihren Lippen und die kleine, blutbefleckte Kiste trugen sie, wie den höchsten aller Schätze. Stolz und für jeden sofort sichtbar. Eine Tür wurde aufgestoßen und er kam heraus. Mit starrem Gesichtsausdruck und fest hinter seinem Kopf verknoteten Haaren ging er auf seine Männer zu. Diese verbeugen sich tief ehe sie ihm die Kiste reichten. Beinahe verkrampft griff er nach dieser Truhe und sah sie einfach nur an. „Boss, wir haben sie. Wie ihr befohlen habt.“ Das Grinsen der Männer wurde breiter. Nami wusste, dass der letzte Satz übertrieben war, doch es lag besonders viel Stolz darin. Sie hatten die Mission erfüllt. Genauso, wie es ihnen aufgetragen wurde. Und doch wäre es besser gewesen, sie wären daran gescheitert… Vorsichtig, so, als wäre die Kiste nicht aus massivem Holz, sondern aus dem feinsten Kristall, öffnete er die in den verschiedensten Farben verzierte Klappe und legte den Blick auf ein samtenes rotes Kissen frei. Seine große Hand tauchte für einen Moment in die Truhe ein, ehe er ein unscheinbares, kleines Viereck herausnahm und zwischen seinen Fingern drehte. Es erschien so absurd, dass wegen so eines kleinen Steines Menschenleben geopfert wurden. Nur, um der Macht willen. „Das ist er. Ist er nicht wunderschön?“ Seine Art zu Reden erinnerte Nami eher daran, wie ein Vater zu seinem Kind sprach und nicht ein ausgewachsener Mann mit einem Stein. Die tiefe Schwärze in seiner Hand schien ihn regelrecht aufsaugen zu wollen. „Endlich… Endlich! Mein Ziel ist zum Greifen nah!“ Jubelstürme brachen los und in Namis Kopf hämmerte jeder einzelne Schrei auf sie ein. Sie unterdrückte ein weiteres Mal den Reflex, wegzulaufen und sich zu verstecken und starrte weiter auf den pechschwarzen Stein. Selbst aus der Entfernung von zwei oder drei Metern erkannte sie die winzig kleinen weißen Lichtpunkte, die auf der Edelsteinscheibe tanzten und aussahen wie Sterne am Nachthimmel. „Nur noch ein einziger Stein und der Schatz gehört uns! Die Welt wird vor uns zittern und wir werden herrschen!“ Erneuter Jubel, der Nami den Verstand zu rauben schien. „Gleich Morgen werden wir aufbrechen und ihn uns holen!“ Der Jubel verklang seltsam in ihrem Kopf. Wie ein dumpfes Schlagen aus weiter Ferne, welches einer schmerzenden Stille Platz macht. Der Brechreiz kam zurück und sie schlug sich eine Hand vor den Mund. Sie wusste, dass jeder sehen konnte, was sie dachte. Es war ihr Glück, dass sie für niemanden in diesem Moment interessant war. Die Männer versammelten sich um ihren Boss und schlossen auch die Orangehaarige mit ein. Mit zitternden Beinen ließ sie sich unauffällig zurückfallen, bis sie die hinterste Reihe erreicht hatte und das kühle Holz des Schiffes in ihrem Rücken spürte. Das Leben hatte sich gegen sie verschworen. „In wenigen Tagen werden diese Möchtegern Strohhutpiraten vor uns kriechen! Und dieses widerliche rothaarige Weib kann ihre Überreste vom Fußboden aufsammeln!“ Es traf sie wie ein Schlag. Er wusste es. Er wusste es ganz genau. Doch woher? Wer hatte ihm davon erzählt? Wer wusste noch, dass Misaki den letzten Stein hatte? Hatte dieser jemand ihn damals gesehen? Als der Stein für wenige Minuten sichtbar war? War es so offensichtlich gewesen, dass das der gesuchte Gegenstand war? Oder war es ihre Schuld? Hatte Nami sich mit ihrem Verhalten verraten? War es so verräterisch gewesen, dass sie sich ohne ein Wort zurückgezogen hatte? Nein, das durfte nicht sein! In wenigen Tagen würde es soweit sein. Der Moment, vor dem sie sich schon sehr lange gefürchtet hatte. Der Tag, an dem sie sich entscheiden musste. Mehr als das. Es war eine Entscheidung, ob sie leben oder sterben wollte. Und auch wenn sie wusste, wie idiotisch das klang, war sie sich nicht sicher, welche Seite sie wählen sollte. Sie fürchtete sich nicht vor dem Tod. Sie wusste, dass dort jemand auf sie warten würde und sie nicht allein wäre. Es war das Leben, welches ihr Angst machte. Mit all seinen Entscheidungen und Wegen, die es ging. Es hing so viel von anderen Menschen ab, ob man glücklich war oder weinend verzweifelte. Nami hasste es, wenn andere über ihr Leben entschieden. Damals mit Arlong war es nicht anders. Sie hatte keine andere Wahl gehabt, als ihm zu folgen. Und das schien sich nun zu widerholen… Wie lange konnte sie das noch ertragen? „Die Strohhutbande soll zurzeit auf einer Insel Halt gemacht haben!“ Die Stimme des einen Mannes riss Nami aus den Gedanken. Gebannt hörte sie der Konversation zu. Und auch die anderen Diebe waren verstummt und blickten erwartungsvoll auf ihren Boss. „Welche Insel?“ Seine dunkle Stimme brummte voller Vorfreude. „Sie nennt sich die ‚Vier- Jahreszeiten- Insel‘, Boss! Sie ist so gelegen, dass sie durch verschiedene Meeresströmungen andere Klimazonen besitzt! Durch das unvorhersehbare Wetter ist die Insel normalerweise unbewohnt!“, erzählte der Mann seine Erkenntnisse und schien sehr stolz darauf zu sein, das alles in Erfahrung gebracht zu haben. „Eine verlassene Insel also?“ Sein Lachen in diesem Moment klang ungewöhnlich verzerrt. „Sie erwarten uns…“ Nami wusste, dass er Recht hatte. Alles deutete darauf hin, dass sie wussten, was bald geschehen würde. Ein letzter Kampf, den nur eine Seite überleben konnte. Sie würden sterben. Alle würden sterben! „Ruffy…“ ********** Der Himmel war bedeckt von Wolken. Wie eine graue Decke legten sie sich über die Insel. Nur wenige Sonnenstrahlen schoben sich durch die dichte Masse. Immer wieder nieselten winzige Wassertropfen auf die Erde hinab, wo sie lautlos zwischen dem dichten Blätterwald verschwanden. Es war eine bizarre Umgebung, die sie sich ausgesucht hatten und es hätte sie beinahe das Leben gekostet, dort anzukommen. Misaki fühlte sich noch immer unwohl, wenn sie an den gewaltigen Sturm dachte, der die Thousand Sunny mehrfach gegen die Klippen geschmettert hatte. Der Schiffszimmermann und der mit der langen Nase mussten volle drei Tage das Schiff vor dem völligen Versinken bewahren. Ihr Herz klopfte unregelmäßig gegen ihren Brustkorb und ein flaues Gefühl hatte sich in ihrem Magen eingenistet. Seit sieben Tagen wusste sie, dass bald die Begegnung kommen würde, vor der sie sich seit langem gefürchtet hatte. Jemand wusste von ihrem „Schatz“ und dieser jemand schreckte nicht davor zurück, ihn mit Blut zu erbeuten. Und doch war etwas ganz anders. Etwas, was sie ein klein wenig beruhigte. Sie war nicht allein. Seit langer Zeit schon war sie nur auf sich gestellt, doch das war jetzt anders. Sie nahm ihren Blick von dem kleinen Blatt, welches sie schon seit geraumer Zeit zwischen ihren Fingern bearbeitete und entdeckte den jungen Mann, der wenige Meter entfernt am Ufer der Insel stand und auf das weite Meer blickte. Auch ihm wurde es langsam zuwider immer nur zu warten. Misaki wusste, was für ihn auf dem Spiel stand. Dieses orangehaarige Mädchen… Er schien sie wirklich gerne zu haben. Genauso wie sie ihn. Das war nicht zu übersehen. Auch wenn beide es versuchten zu verbergen, war es trotzdem da. Aber irgendwie kam es der Rothaarigen so vor, als wenn die beiden es noch gar nicht wussten. Und die Blicke der anderen Piraten, wenn das Thema angeschnitten wurde, bestätigten ihre Vermutung. Kein Wunder, dass er so nervös war… Erneut fixierte sie das kleine, grüne Blatt, welches sie von einem nahen Busch gerissen hatte. Schweißperlen standen ihr auf der Stirn, die von der großen Hitze zeugte, die dort herrschte. Und doch war das nicht auf der gesamten Insel so. Nur wenige Meter von ihr entfernt begann ein anderer Abschnitt, der unterschiedlicher nicht sein konnte: Orangefarbene Blätter zierten die Laubbäume, gelb und rot mischte sich dazu und der Boden war von Blättern nur so überseht. Es war merkwürdig. Der Übergang zwischen den verschiedenen Klimazonen dieser Insel verlief nicht fließend. Nein. Plötzlich änderte sich das Wetter mit nur wenigen Schritten von sommerlich und warm zu herbstlich kalt. Und noch ein paar Minuten später stand man auf einmal mitten im tiefsten Schnee. Diese Insel war merkwürdig und ihr nicht so ganz geheuer. Besonders das hohe Gebirge, welches den Mittelpunkt der Insel bildete, mochte sie überhaupt nicht. An einer Stelle schienen sich die Klimazonen zu treffen und dort herrschte ein unwirklicher Sturm. Es war gleichzeitig heiß und kalt, es schneite, obwohl die Sonne schien und von den schneebedeckten Bäumen fielen verfärbte Blätter, neben denen Blütenknospen sprossen. Als die Piraten am Tag zuvor diesen Punkt entdeckt hatten, waren sie schnellstmöglich wieder gegangen, ohne dem Phänomen zu nahe zu kommen. Die Strohhutbande hatte diese Insel ausgewählt, weil sie genau wussten, was passieren würde. Sie rechneten mit einem Kampf, der auch ihre Umgebung in Mitleidenschaft ziehen würde. Und somit auch jeden, der sich in der Nähe befand. Das schlechte Gewissen nagte an der Rothaarigen. Immerhin war es ihre Schuld, dass alles aus dem Ruder gelaufen war. Wenn sie damals gewusst hätte, wo sie hier reingeraten wäre, hätte sie den Schwarzhaarigen überhaupt nicht angesprochen. Irgendein anderes Boot hätte ebenfalls seinen Zweck erfüllt. Doch es war anders gekommen. Und jetzt half auch kein „wäre“ mehr… „Es geht bald los, oder?“ Leise hallten ihre Worte über den sandigen Boden und verloren sich im Rauschen der Wellen. Der Mann, der neben sie getreten war, setze sich zu ihr auf den warmen Sand und lehnte den Kopf gegen eine der Palmen. „Wahrscheinlich.“, gab er als Antwort. Seine anfängliche Kampfesfreude war verschwunden. Gleich, als die beiden sich von den anderen abgespaltet hatten. „Ob es den anderen gut geht?“ Echte Sorge schwang in ihren Worten mit. Was mit ihr passierte, war nicht so wichtig. Aber wenn den anderen etwas wegen ihr passieren würde… Es fiel ihr zwar schwer, sich das einzugestehen, aber die Piraten waren ihr wirklich ans Herz gewachsen. So seltsam sie auch sein mögen… „Hihihi, klar! Mach dir um die keine Sorgen!“ Seine angespannte Miene wich einem fröhlichen Ausdruck, als er begann über seine Freunde zu reden. „Die haben alle echt was drauf! Von so ein paar Idioten lassen die sich garantiert nicht zusammenschlagen!“ Er schlug die Beine vor seinem Körper übereinander, stützte sich mit den Händen darauf ab und wippte hin und her. Wie ein kleines Kind. Misaki schmunzelte. „Ja, wahrscheinlich.“, gab sie ihm Recht und atmete tief aus. „Und wir beide werden die ganze Sache beenden.“ Das Lachen war verschwunden und sein entschlossener Blick richtete sich wieder auf das dunkelblaue Meer. Die unregelmäßige Silhouette am Horizont zeugte von dem, was gleich geschehen würde. „Es geht los.“ Kapitel 14: Einfach nicht richtig --------------------------------- Kapitel 14 – Einfach nicht richtig Auf der Insel herrschte gespenstische Stille. Die Geräusche der Tiere waren vor einiger Zeit verstummt. So, als wäre dieses Stück Land gänzlich unbewohnt. Das einzige Geräusch, welches in regelmäßigen Abständen über die Strände fegte, war das sanfte Plätschern der Wellen, die sich auf den Strand schoben und die kleinen Sandpartikel mit jedem Angriff weiter in die Tiefe des dunklen Meeres zogen. Angespannt klopfte ihr Herz gegen ihren Brustkorb. So heftig, dass sich ihre Eingeweide zusammenzogen und sie sich dazu zwingen musste, sich ein wenig zu entspannen. Immer wieder dachte sie darüber nach und hoffte, dass ihr Plan aufgehen würde. Der Plan, den die ganze Strohhutpiratenbande so lange ausgetüftelt hatte. So viel hing davon ab! Wenn es misslang, würde sie sich gleich einer ganzen Horde von Gegnern gegenübersehen, die nicht weniger wollen, als ihr Leben. Und doch stand sie nicht alleine auf diesem verlassenen Sandstrand. Der junge Mann neben ihr, dessen kurze, schwarze Haare unter seinem Strohhut wehten, blickte ebenfalls gebannt in Richtung der Inselmitte, so, als würde er auf etwas warten. Etwas, was schon lange überfällig war. Das Schiff hatte schon vor einigen Minuten die Insel erreicht und trotzdem war noch nicht… „Sieh mal, Misaki!“ Die Angesprochene schreckte bei seinem Ruf heftig zusammen und es dauerte keinen Wimpernschlag, ehe sie sich mit gezogenen Waffen hektisch nach den Feinden umsah. „Hihihihi! Was für eine witzige Krabbe!“ Sein Ausruf ließ sie stutzen und innehalten. Ihr Blick richtete sich auf den Schwarzhaarigen, der einige Meter neben ihr im Sand hockte. Ein kleines, rotes Etwas huschte vor ihm über den weichen Untergrund, was der Pirat mit glänzenden Augen betrachtete. Mit einem kleinen Ast, den er in seiner Hand hielt, piekste Ruffy immer wieder auf das rote Ding ein. Fassungslos ließ die Rothaarige ihre Waffen sinken und blickte noch einige Zeit auf den jungen Mann, der in einer seltsamen Haltung über den Strand robbte. Es sah aus, als würde er versuchen die Krabbe zu imitieren. Wut brodelte in ihr hoch und sie versuchte vergeblich diese zurückzuhalten. Die Situation überforderte sie innerlich. „Eine Krabbe? Eine blöde widerliche Krabbe? Wir sitzen hier auf einer Insel fest auf der dutzende Meuchelmörder herumlaufen und du hast nichts Besseres zu tun, als mit einer Krabbe zu spielen?“ Ihre Stimme überschlug sich. Das hohe Kreischen schien gar nicht menschlich. „ Warum bist du überhaupt hier, wenn dich das Ganze so gar nicht interessiert?“ Sein ruhiger Blick wanderte zu der Rothaarigen hinüber. Völlig außer Atem und mit geballten Fäusten stand sie vor ihm. Doch anstatt sich ihren Vorwürfen zu stellen, schlich sich ein Grinsen in sein Gesicht. „Findest du es so schlimm, dass wir hier sind?“ Auch wenn die Wut noch immer in ihr schwellte, brachten seine Worte sie völlig außer Fassung. Das war nicht das erste Mal. Und genau das fuchste sie innerlich. „Verdammt, ihr riskiert hier euer Leben für mich und du tust so, als wäre das alles nichts weiter als ein harmloser Spaziergang!“ In ihrem Kopf drehte sich alles. Die drohende Gefahr ließ ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen und sie hatte langsam das Gefühl, als könnte sie dem Ganzen nicht mehr standhalten. „Also, ich habe nichts gegen Spaziergänge!“ Ruffy grinste. „Solange meine Freunde da sind, brauche ich mir keine Sorgen zu machen. Ohne sie wäre ich schon längst Fischfutter.“ Das Lachen in seinem Gesicht schienen die Worte auf seltsame Weise zu unterstreichen. Es verblüffte die junge Frau, wie tief das Vertrauen in seine Freunde war. Und selbst nachdem, was ihm gerade widerfahren ist. Seine alte Freundin… Auch sie war gerade hier. Irgendwo auf der Insel. Und doch… Alles, was ihn gerade interessierte, war Misaki vor dem sicheren Tod zu bewahren. Seine ganze Crew hatte sich für sie eingesetzt, hatte diesem riskanten Plan zugestimmt und kämpfte jetzt irgendwo für sie. Ein Mädchen, welches sie erst seit kurzem kannten. Ein lauter Knall ließ die Rothaarige aufschrecken und eine gewaltige Druckwelle schoss durch die angrenzenden Baumkronen auf sie zu. Sie versetze den Piraten einen heftigen Stoß, der sie beide etwas zurücktaumeln ließ. Sand peitschte in ihr Gesicht und Misaki versuchte ihre Augen mit ihren Armen vor dem Sand zu schützen. Das Blätterrascheln verebbte so schnell, wie es gekommen war und der Schwarzhaarige setzte seinen Strohhut zurück auf seinen Kopf. Mit einem leichten Lächeln quittierte er die lodernden Flammen, die über dem Winterteil der Insel aufloderten. „Sieht ganz so aus, als hätte es funktioniert.“, grinste er, doch Misaki konnte seine Hochstimmung nicht ganz teilen. „Noch ist es nicht vorbei. Es hat gerade erst begonnen.“ Weitere Explosionen ertönten und bald darauf hörten sie die Schreie einiger Männer, die sich durch den Herbstwald näher an sie heran schoben. „Endlich geht es los. Ich habe echt keine Lust mehr zu warten. Hihihi.“, kicherte er, steckte seine Hände ineinander, sodass sie ein knackendes Geräusch von sich gaben. „Wenn es sein muss.“, gab die Rothaarige dazu und zog ihre beiden Schwerter erneut aus ihrem Gürtel, welche sie in Kampfstellung positionierte. Eine Gruppe dunkler Gestalten schob sich durch die letzte Reihe an Bäumen, ehe sie auf den hellen Sandstrand traten. Lautes Lachen ertönte ihrerseits, doch als sie die beiden Piraten entdeckten hielten sie auf der Stelle inne. Misaki schätze die Gruppe auf ca. 30 oder 40 Mann und sie fragte sich erneut, wie diese Bande hatte so groß werden können. Waren sie alle hinter diesem ominösen Schatz her? Was konnte dieser Schatz ihnen allen bieten? Die Männer tauschten einige Blicke aus, ehe sie sich zusammen rotteten und mit gezogenen Schwertern und Pistolen auf ihre Gegner zugingen. Das Mädchen atmete tief durch und wandte sich mit leiser Stimme an ihren Kampfgefährten. „Ruffy. Es tut mir leid, dass ihr da mit eingezogen wurdet… Ich will nur, dass du das weißt.“ Wie sie erwartet hatte, kam ein leises Kichern zurück. „Na klar! Das weiß ich doch! Und trotzdem…“ Misaki blickte zu ihm hinüber und sah das breite Lächeln in seinem Gesicht. „… will ich dich in meiner Crew.“ Sie wusste, dass ihre Antwort in dem Gebrüll der auf sie zu rennenden Männer untergehen würde, also lächelte sie nur zurück, bevor in der nächsten Sekunde das Klirren von Metall auf Metall erklang. ***** Hustend robbte der Schwarzhaarige unter einem Busch hervor. Seine Haut und seine Kleidung waren von Erde und Laub bedeckt, die er beim Aufstehen versuchte abzuklopfen. „Na toll, Franky. Du hast es übertrieben.“, grummelte der Schütze vor sich hin, als er um die großen Felsbrocken vor ihm herumtrat und einen Blick auf ihr Werk warf. Die Explosion hatte den Berghang gespalten und dadurch einige der Wege blockiert. Von seiner erhöhten Position aus, konnte Lysopp erkennen, wie sich die große Gruppe von Männer in mehrere kleinere aufgeteilt hatte. Scheinbar hatten sie auch gleich welche von ihnen niedergestreckt, was dem Schwarzhaarigen sehr gefiel. Sie lagen kreuz und quer verteilt auf dem Boden herum. Mitten in dem Gemisch aus Herbstlaub und Schnee. Lysopp setze seine Brille auf und blickte auf die andere Seite der Schlucht. Sein Blick fiel auf die vielen Gesteinsbrocken, die dort überall herum lagen, bis er endlich das entdeckte, was er gesucht hatte. Unwillkürlich musste er schmunzeln. Franky, der von oben bis unten mit Staub bedeckt war, posierte in seiner Lieblingspose regungslos als Zeichen, dass es ihm gut ginge und alles so gelaufen war, wie der Plan es wollte. Der Schwarzhaarige atmete erleichtert auf. Ihr Plan hatte soweit funktioniert und doch blieb ein klein wenig Skepsis in ihm zurück. Er machte sich sorgen um seine Freunde. Es war eine heikle Situation, in der sie sich befanden. Aber so schnell würde sich sie Strohhutbande nicht unterkriegen lassen! „Nami…“ ***** „Na das war doch mal lustig!“ Sein lachen schallte über den Strand. Misaki konnte es zwar immer noch nicht verstehen, wie dieser Pirat das alles so locker sehen konnte, doch sie konnte nicht verleugnen, dass der Großteil der Diebesbande bewusstlos auf dem Boden lag und sie beide fast unverletzt noch standen. „Na ja, lustig…“, kommentierte Misaki seinen Ausruf, konnte sich aber ein kurzes Lächeln nicht verkneifen, ehe sie wieder ernst wurde. „Ich befürchte jetzt geht es erst richtig los.“ Die zwei Gestalten, die sich langsam immer näher an sie heran schoben, ließen die letzten Männer aufhorchen, die noch bei Bewusstsein waren. In freudiges Raunen ging durch die wenigen Verbliebenen, was in einem leisen Lachen endete. „Boss! Da ist unser Boss!“, freuten sie sich und das hämische Grinsen wurde breiter. „Das ist euer Ende!“, meinten sie an die beiden Piraten gewandt, die jedoch nur Augen für die Neuankömmlinge hatten. Das Mädchen mit den orangefarbenen Haaren blickte ihnen gefühlskalt entgegen. Es war sofort ersichtlich, dass sie absichtlich eine undurchdringliche Mauer um sich herum aufgebaut hat. Misaki hatte diese Nami bereits kurz kennen gelernt und wusste aus den Erzählungen der anderen, dass die junge Frau sehr impulsiv sein konnte. War das ihre Art diese Situation zu meistern? War sie wirklich der Meinung, dass das funktionieren konnte? „Na sieh mal einer an. Da ist ja genau die junge Dame, die ich suche. Und der kleine Gummimensch noch dazu.“ Die kalte Stimme des Mannes ging ihr durch Mark und Bein. Kaum zu glauben, wie Angst einflößend ein Mensch sein konnte. Bevor Misaki reagieren konnte, schob sich der schwarzhaarige Junge direkt vor sie, sodass sie ihre Gegenüber kaum noch sehen konnte. Nur der gekränkte Blick der Navigatorin war ihr nicht entgangen. „Du bist also der Mistkerl, der hier so einen Wirbel verursacht hat?“ Ruffys Stimme war fast ebenso kalt wie die, des Bosses. Und doch gab es einige Unterschiede darin zu erkennen. „Na na, ich möchte nur das, was mir zusteht. Und wenn deine kleine Freundin mir den letzten Stein gibt, werde ich so gnädig sein, euch schnell und ohne große Schmerzen umzubringen.“ Ein mordlustiges Lächeln blitze ihnen entgegen. „Was für ein bescheuertes Angebot.“ Auch wenn sie es nicht sehen konnte, war sich Misaki sicher, dass Ruffys Augen funkelten. Er hatte vor dem Kampf sehr deutlich gemacht, was er an diesem Tag erreichen wollte. Und obwohl die Rothaarige es für eine schlechte Idee gehalten hatte, konnte sie ihm einfach nicht wieder sprechen. Sie hatte ihn so gut verstehen können. „Oh, du bist aber hart zu mir. Aber die gute Nami hat mir bereits erzählt, dass so ein kindischer Vollidiot wie du gerne mal einen möchte Piraten raus rängen lässt.“ Ein leises Kichern ertönte aus den Reihen der übrig gebliebenen Mitglieder der Diebesbande. „Haltet die Klappe!“ Der Schrei des Mannes ließ jeden an diesem Strand verstummen. „Ihr verdammten Waschlappen habt nicht das Recht euch so aufzuspielen!“ Die Diebesbande zuckte zurück. Ihr Gesichtsausdruck zeigte richtige Angst. „Mit euch werde ich als nächstes den Boden wischen!“ Obwohl Misaki alles mit ansah, dauerte es einige quälenden Sekunden ehe sie begriff. Ein lauter Knall jagte über den Strand und verlor sich zwischen den tropischen Bäumen der Insel. Zuerst dachte sie, es wäre gar nichts passiert und der Schuss käme von einer anderen Ecke dieses Landes, doch als der Mann, der am nächsten zu dem Boss stand, plötzlich zusammenbrach, blieb ihr beinahe das Herz stehen. Selbst aus der Entfernung von drei oder vier Metern sah sie, wie seine Augen nur noch ins Leere starrten. Panik brach unter den vorwiegend jungen Männern aus. „Es tut uns Leid, Boss! Wir werden dich nie wieder enttäuschen, dass schwören wir!“ Ängstliches Gemurmel schwoll an und viele von ihnen kniffen die Augen zusammen. Wahrscheinlich, um nicht zu sehen, wie es sie als nächstes erwischte. Die Übelkeit in Misakis Magen nahm ihr fast den Verstand. „Du elender Mistkerl…“ Zuerst nahm sie Ruffys Zischen gar nicht wahr, doch dann schienen sich seine lauten Worte regelrecht in ihren Kopf zu brennen. „Was fällt dir ein einfach deine eigenen Leute zu erschießen, du Scheusal!“ Auch wenn sich der Blick des Bosses etwas verdunkelte, schien ihn Ruffys Ausbruch lediglich zu erheitern. „Wer nichts taugt, hat es nicht verdient, am Leben zu bleiben.“ Das Zischen, welches der schwarzhaarige Pirat von sich gab, klang wie das eines gefährlichen Raubtieres, welches kurz vor dem Angriff stand. Die Rothaarige sah, wie die Fäuste ihres Freundes gefährlich zuckten und sie ahnte, dass er jeden Moment auf den Kerl losgehen würde. Und ihre Angst wuchs. „Na, na, na, Kleiner. Wir beide haben noch nicht das Vergnügen.“ Als ob er Ruffys Versuch bemerkt hätte, mischte der Dieb sich ein. Im gleichen Moment trat Nami hervor. Ihr Kampfstock mit beiden Händen umklammert. Dieser Anblick versetze dem Piraten einen Dämpfer. Misaki bemerkte den Ruck, der durch seinen Körper ging und ahnte, was in ihm vorgehen musste. „Wir haben keine andere Wahl, wenn wir sie zurückholen wollen.“ Lysopps Worte standen noch einige Zeit durch den beinahe unheimlich stillen Raum. Schon seit Stunden saß die Strohhutbande zusammen und zerbrach sich den Kopf. Jeder überlegte angestrengt, wie sie diese ziemlich ausweglose Situation am besten meistern konnten. Und zwar ohne, dass wieder jemand verletzt wurde. Immer wieder glitt ihr Blick zu ihrem Kapitän, der stumm auf seinem Stuhl saß. Seine Augen waren von dem gelben Strohhut verdeckt, sodass niemand seine Gedanken in seinen Augen ablesen konnte. „Aber das hat beim letzten Mal auch nicht funktioniert.“, warf Chopper kleinlaut ein. „Dennoch müssen wir es versuchen. Nur dadurch können wir Nami vielleicht erreichen!“ Sanji, der unruhig an seiner Zigarette zog, schien selber nicht ganz von dem Plan, mit Nami ausführlich zu reden, überzeugt zu sein. Auch er erinnerte sich noch zu gut an die letzten Versuche, bei denen immer jemand zu Schaden gekommen war. So schwer wie es ihm auch fiel, er musste zugeben, dass Nami sich sehr verändert hatte. Und das nicht zu ihrem Vorteil. „Ich werde es versuchen und es wird funktionieren.“ Der Blick der Piraten wanderte zu ihrem Käpt’n zurück, der das erste Mal seit Beginn des Gesprächs aufblickte. Seine Augen zeigten eine Entschlossenheit, die jedem in diesem Raum einen kalten Schauer über den Rücken jagte. „Wenn Blicke töten könnten… Yohohoho!“, kommentierte Brook die Situation, doch bevor er zu seinem berühmten Knochen-Witz ansetzten konnte, nahm Ruffy das Wort wieder an sich. „Sie wird auf mich hören, dass weiß ich! Ich werde sie nicht wieder gehen lassen, selbst wenn es mich mein Leben kostet.“ … „Auch wenn das heißt, dass ich gegen sie kämpfen muss…“ „Los, Nami. Zeig deinem alten Freund mal, warum du seine lächerliche Kinderpiratenbande verlassen hast!“ Wie eine Puppe, ohne die kleinste Gefühlsregung, ging Nami auf ihren ehemaligen Käpt’n zu. Ihre Hände umklammerten verkrampft ihren Kampfstock, so als wüsste sie, dass sie keine Chance gegen ihren Gegner hatte. Immerhin kannten sich die beiden schon seit langer Zeit und sie wusste, was Ruffy schon alles geleistet hatte. Und auch Ruffy nahm eine Kampfhaltung ein. Bereit zuzuschlagen. Seine eigene beste Freundin. Diejenige, für die er so gut wie alles tun würde… Diejenige, für die er weit mehr, als nur Freundschaft empfand… Nein, das war nicht richtig! Bei dem Gedanken daran zerbrach Misaki fast das Herz. Nicht wegen ihr… Das konnte sie doch nicht einfach zulassen! Plan hin oder her, das hier war einfach nicht richtig! „Du bist wirklich lächerlich.“ Ihre harte Stimme ließ das Gespräch verstummen. Verdutzt blickte Nami der Rothaarigen in die Augen. Bisher hatte sie das Mädchen nur am Rande wahrgenommen. Ihre Aufmerksamkeit galt bis eben voll und ganz dem Schwarzhaarigen. „Was willst du?“, zischte die Diebin wütend über die Aussage ihrer Gegenüber. „Du benimmst dich wie ein kleines, zickiges Kind. Ich kann echt nicht verstehen, was die anderen an dir finden.“ Misaki setzte sich langsam in Bewegung, um zu verbergen, wie sehr ihre Beine doch zitterten, bis sie zwischen Ruffy und der Orangehaarigen stand. Der Schwarzhaarige, dem sie in diesem Moment den Rücken zugewendet hatte, rührte sich nicht. Sie hoffte sehr, dass er ihre Nachricht verstand. Langsam und so, dass außer Ruffy es niemand sah, ließ sie ihre Hand wieder sinken und konzentrierte sich auf die junge Frau, deren Gesicht plötzlich die unterschiedlichsten Gefühle wieder spiegelte. „Wie ein keines Mädchen. Und so was wollte mal Piratin sein.“ „Hör gefälligst auf! Was bildest du dir ein?“ Namis Schrei hallte über den Sandstrand, ehe das Getöse der Wellen ihn verschluckte. Doch Misaki ließ sich von dem Funkeln in ihren Augen nicht beeindrucken. „Was ich mir einbilde? Nichts. Immerhin kenne ich dich ja überhaupt nicht. Und deine ehemaligen Freunde täten auch besser daran, dich für immer aus ihrem Gedächtnis zu streichen.“ Die Rothaarige beobachtete den merkwürdigen Ausdruck in den Augen der Diebin, der eine Mischung aus Wut, Hass und tiefster Kränkung widerspiegelte. Es gab nur diese eine, letzte Chance… „Was…?“, begann die Orangehaarige, doch Misaki ließ sie nicht zu Wort kommen. „Dich braucht jetzt sowieso niemand mehr. Immerhin bin ich die neue Navigatorin.“ Eine eisige Stille trat zwischen die beiden Frauen. Fast schon unwirklich klang das Rauschen der Wellen und des Windes, welches sanft über diese grausige Szene pfiff. Immer wieder zog ein Luftzug an ihren Haaren und der Kleidung, welches wie eine Aufforderung wirkte, auseinander zu gehen. Als ob der Wind sie von einander wegziehen wollte. Doch keiner der Anwesenden machte auch nur die kleinste Anstalt dem Druck nachzugeben. Alle Augen waren auf die beiden Mädchen gerichtet. „Du kleines…“, zischte die Diebin, die sich endlich wieder unter Kontrolle zu haben schien. „Was fällt dir eigentlich ein so über mich zu reden!“ Ihre Hände zuckten gefährlich und mit jeder Sekunde schien sie ihren Kampfstock mehr zu umschlingen. Ein statisches Knistern erklang über ihrem Kopf und Misaki ahnte, was die Ursache dafür war. Robin hatte sie ausdrücklich vor den Fähigkeiten ihrer Freundin gewarnt. „Du hast überhaupt keine Ahnung, warum ich das alles tue!“ Die Rothaarige bemerkte den leichten Unterton, der sich in die sonst so gewollt gefühlskalte Stimme geschlichen hatte und wusste, dass sie auf dem richtigen Weg war. „Als ob mich deine langweilige Geschichte interessieren würde. Du hast es ja nicht mal für nötig befunden deinen so genannten besten Freunden deinen Verrat zu erklären. Nein, das kleine Mädchen war so dreist ihren eigenen Kapitän anzugreifen und schwer zu verletzen! So was ist wirklich widerlich. So jemand wie du hat es nicht verdient, dass man auch nur einen Gedanken an sein Wohlergehen verschwendet!“ Ein unmenschlicher Schrei schallte der Rothaarigen entgegen und sie fühlte, wie sich die Luft unangenehm auflud. Das war der Moment, auf den sie gewartet hatte und so fehl am Platz es in diesem Moment auch war, so sehr hieß sie das Lächeln auch willkommen. „Na los, komm doch!“ ***** „Fufufu!“ Sie konnte sich das Lachen nicht verkneifen, als einer der Räuber erneut auf sie zuhielt. Ruhig verschränkte sie ihre Arme vor der Brust, um ihre Teufelskräfte heraufzubeschwören und sah dem Mann direkt in die Augen. Sein dreckverschmiertes Gesicht, welches von dem vielen Alkohol gezeichnet war, welchen er die letzten Jahre wahrscheinlich getrunken hatte, erweckte einen Funken Mitleid in ihr. Und doch würde sie ihn unschädlich machen; ihrer Freunde zuliebe. „Dos Mano, Clutch!“ Robin beobachtete, wie zwei Abbilder ihrer Arme auf dem Rücken des Mannes wuchsen und ihn am Hals packten. Ein unschönes Knacken ertönte, was den Dieb völlig außer Gefecht setze und zu Boden stürzen ließ. Die Schwarzhaarige ließ ihren Blick schweifen und konnte niemanden mehr entdecken, der nicht bewusstlos auf dem von bunten Blättern übersäten Waldboden lag. Ihr Plan war also soweit aufgegangen und sie konnte nur hoffen, dass es bei dem Rest der Crew nicht anders aussah. Doch eine Bewegung etwas weiter rechts von ihr erweckte die Aufmerksamkeit der Archäologin. Ein junger Mann trat mit breitem Grinsen aus dem dichten Herbstwald. Ein langes Schwert blitze ihr entgegen. Eisblaue Augen sahen ihr aus einem markanten und von schwarzen Haaren umsäumten Gesicht entgegen. Auch wenn Robin einem Feind eher ruhig entgegen stand, gab es etwas an diesem Mann, was sie innerlich beunruhigte. Etwas in seinem Blick verursachte bei ihr eine Gänsehaut. „Na, meine Liebe. Ich sehe es gar nicht gerne, wenn man meine Männer ausschaltet.“ Seine Stimme war ebenso kalt, wie seine Augen. Sie wusste, dass er nicht spaßte, sondern die reine Mordlust aus ihm sprach. Dennoch versuchte sie ihm standzuhalten. „Und mein Käpt’n mag es nicht, wenn man seinen Freunden wehtun will.“ Er lachte dunkel. „Du bist mutig, dass muss ich dir lassen, aber du solltest deinen süßen Mund nicht zu weit aufreißen. Gegen Katana, den stärksten Schwertkämpfer der Welt, hast du keine Chance.“ Robin stockte bei seinen Worten. Sie kamen ihr sehr bekannt vor. „Der beste Schwertkämpfer der Welt?“ „Das wirst du gleich sehen, wenn mein kleines Schwert deine hübsche Haut aufschlitzt.“ Die Piratin konnte nicht anders, als vor sich hin zu kichern, was ihr einen verdutzen Blick bescherte. „Das denke ich nicht, Herr Möchtegernschwertkämpfer. Es kann immer nur einen Stärksten geben und dieser ist ein guter Freund von mir.“ Sie setze ihr bezauberndes Lächeln auf und bemerkte, wie auch der letzte Funken Menschlichkeit aus seinem Blick verschwand. „Das wirst du mir büßen… Niemand beleidigt mich derart! Niemand ist stärker als ich!“ Seine laute Stimme schlug ihr regelrecht entgegen. „Gleich wirst du dir wünschen, du wärst nie geboren worden!“ Mit großen Schritten näherte er sich der jungen Frau. Die glänzende Spitze des Schwertes war auf sie gerichtet, bereit ihrem Leben ein Ende zu setzen. Es gab nicht viel, was Robin tun konnte und doch würde sie alles tun, um durchzuhalten. Ihr würde schon etwas einfallen, ganz sicher. „Einen Moment. Ich glaube, das ist mein Kampf.“ Eine weitere Person trat aus dem bunten Wald und bewegte sich langsam auf die beiden Kämpfenden zu. Mit jedem Schritt atmete er schwer. So, als wäre derjenige schon eine ganze Weile gerannt. Robin hatte ihn sofort erkannt und sie konnte nicht leugnen, dass sie sich sehr freute ihn zu sehen. „Wer bist du?“, zischte der Dieb dem grünhaarigen Mann entgegen. Dieser hatte bereits seine drei Schwerter gezückt und sich seinem Gegner gegenüber gestellt. „Mein Name ist Lorenor Zorro, der stärkste Schwertkämpfer der Welt und ich werde es nicht zulassen, dass du dich an unserer Freundin vergreifst!“ Kapitel 15: Es hängt alles davon ab ----------------------------------- Kapitel 15 – Es hängt alles davon ab Ein erbitterter Aufschrei folgte dem Nächsten. Immer und immer wieder schlugen die beiden Frauen aufeinander ein, um den anderen außer Gefecht zu setzen. Misaki hatte gewusst, dass die Navigatorin wirklich gut im Kämpfen war und doch war sie beeindruckt von ihrer Kampftechnik. Nur mit viel Glück konnte sie bisher dem Großteil der Blitze ausweichen, die auf sie abgefeuert wurden. Dennoch konnte sie nicht alle Treffer so gut wegstecken. Die große Brandwunde an ihrem linken Arm brannte wie Feuer und hinderte sie etwas daran, ihn so einzusetzen, wie sie es gerne gewollt hätte. Die ehemalige Navigatorin schien nicht zu spaßen. Ihre Augen glitzerten Misaki aus dunklen Höhlen entgegen. Jedoch hatte dieses Glitzern nichts mit dem Schönen gemein, welches Tränen ankündigte oder Freude ausstrahlte. Die Funken in ihren Augen spiegelten unbändige Wut wieder. Die Worte der Ex-Piratin hatten Nami wohl tiefer getroffen, als sie es geahnt hatte. Immer wieder wich die junge Frau den wütenden Schlägen der Orangehaarigen aus und schon bald hatten sie sich sehr weit von Ruffy und dem Boss entfernt. Ein wenig hatte Misaki darauf spekuliert, damit der Piratenkapitän nicht von den beiden kämpfenden Frauen abgelenkt wird. Sie hatte seine Augen gesehen. Dunkel und voller Wut. Aber auch Schmerz und ein ganz kleiner Funken Hoffnung hatte in ihnen gelegen. Der Kampf zwischen den Männern war unausweichlich. Und so schrecklich dieser auch werden würde, wusste jeder von ihnen, dass es keinen anderen Ausweg gab. Es gab nur eine Chance diese furchtbare Sache endgültig zu beenden: Einer von ihnen musste verlieren. Es war ihr klar, dass sie gegen diesen Kerl absolut keine Chance hatte. Sie würde ihm schneller unterliegen, als es ihr lieb wäre. Es gab nur einen, der mit dem Boss der Schwarzen Panther fertigwerden konnte und das war Ruffy. Und doch gab es etwas, was ihm helfen konnte. Sie musste seine Freundin selbst übernehmen, ihm helfen, sie zurück zu bekommen, damit nicht in jedem Lächeln dieser eine kleine Funken zu sehen war. Dieser dunkle Funken, der seine Augen kurzzeitig verdunkelte. Auch wenn Misaki ihn kaum kannte… Ihr war klar, dass er sehr darunter litt. Und genau das war ihre Chance, ihm etwas von der Freundlichkeit zurück zu geben. Nur diese eine Chance… Ein lauter Aufschrei ertönte, als das kalte Metall ihren Oberschenkel streifte. Die schwarze knielange Hose wies einen großen Riss auf, dessen Ränder sich langsam blutrot verfärbten. Etwas benommen von dem Schmerz taumelte Nami einige Schritte zurück, was Misaki nutze, um sich schnell wieder zu sortieren. „War das schon alles was du kannst? Langsam verstehe ich, warum die Strohhutbande dich nicht zurückhaben will. Jede Oma kann besser kämpfen als du.“ Normalerweise war die Rothaarige ein friedliebender Mensch, doch in diesem Augenblick wurde ihr klar, dass die Zeit als Piratin sie schon etwas verdorben hatte. Mehr, als ihr lieb war. Und auch der Drang sich zu entschuldigen, den jeden bei Namis gekränktem Gesichtsausdruck überfallen hätte, war gut verschlossen in ihr drin. Und als der Schrei dieser Frau erneut ertönte wusste sie, dass sie sowieso keine Zeit hatte, darüber nachzudenken. Es wurde Zeit, dass sie das hier beendete. ***** „Yohohohoho! Das Schiff sieht aber schon ziemlich ramponiert aus.“ Aus einem sicheren Versteck beobachteten sie den dunklen Koloss, der trügerisch friedlich an der Küste trieb. „Wer weiß, wie viele Geister dort ihr Unheil treiben.“ Wie, um seine Worte zu unterstreichen, schwebte plötzlich Brooks Seele in der Dunkelheit des Waldes. „Iyaaaaa!“, kreischte der keine Arzt weinerlich und lief wie ein aufgescheuchtes Huhn im Kreis. „Werdet ihr wohl endlich mal still sein!“, zischte der Dritte im Bunde, der seinen Freunden liebend gerne eine Kopfnuss verpasst hätte. „Es gibt dort keine Geister, verdammt noch mal! Reißt euch endlich zusammen! Wir haben hier etwas ganz wichtiges zu tun! Wir müssen Nami-chwan und Misaki-swan retten!“ Sanji fuhr sich mit seinen Händen durch die blonden Haare und beobachtete weiter das Treiben auf dem Schiff. Es schienen nicht allzu viele von denen zurückgeblieben zu sein, also sollte auch ihre Mission so schnell wie möglich beendet werden können. Es hing immerhin sehr viel davon ab… „Ja, wir müssen Nami und Misaki retten!“, schniefte das Rentier und versuchte sich wieder zu beruhigen. Brook ließ ein fröhliches Lachen von sich. „Wie könnten wir nur den beiden Ladys nicht helfen! Vielleicht zeigen sie mir ja aus Dankbarkeit ihre Hös***.“ Ein gewaltiges Krachen ertönte, als das Skelett gegen einen nahestehenden Baum prallte. In diesem Moment war es Sanji egal, ob die Männer ihn hören würden oder nicht. „Wage es ja nicht, du Perversling!“, knurrte der Blonde und beschloss, dass es endlich Zeit war zu handeln. „Lasst uns gehen.“ Die drei Männer, die das kleine Boot bewachten, waren schnell besiegt. Mit nur wenigen Zügen hatten sie den Kampf ohne ein Geräusch zu machen, gewonnen. Auf dem Schiff schien sie niemand bemerkt zu haben. Sanji, Brook und Chopper ließen das Beiboot zu Wasser und versuchten möglichst unerkannt das Schiff zu erreichen. Obwohl es nur wenige Meter waren, schien der Koloss nicht näher rücken zu wollen. Immer wieder warfen die Piraten einen Blick auf das Deck und suchten nach ihren Feinden. Jeder von ihnen wartete darauf die verräterischen Schreie zu hören. Und doch blieb alles still. Niemand schlug Alarm, niemand schoss auf die Piraten, nichts. „Funktioniert doch super, Yohohoho!“, freute sich das Skelett leise und erntete gleich ein „Psshhht!“seiner Freunde. „Mal abwarten.“, zischte Sanji, als sie das Schiff erreichten. Schnell entdeckten sie eine heruntergelassene Strickleiter, die verborgen im Schatten des schwimmenden Kolosses im Rhythmus des Windes tanzte. So leise wie möglich schoben sie ihr Boot durch das Meer und erklommen nacheinander das hölzerne Gestell. Sanji, der vorausgegangen war, lugte vorsichtig über die Reling. Drei Wachen saßen mittig des ramponierten Schiffsdecks und tranken genüsslich Flaschen voller Alkohol. Der Gestank, der über dem Schiff hing, kitzelte in der Nase des Kochs. Ausgelassenes Lachen hallte über das Schiff, während die Diebe einfach nur ihre Freizeit zu genießen schienen. Einen Angriff erwartete hier wohl niemand. Der Blonde duckte sich hinunter und blickte in die Gesichter seiner Freunde. „Die scheinen nicht mit uns zu rechnen. Ein Vorteil für uns. Wir müssen uns beeilen.“ Brook und Chopper nickten. Sanji wandte sich um und stieg in aller Seelen Ruhe über die Reling. Es dauerte einige Momente, ehe die Diebe auf die Piraten aufmerksam wurden. Plötzlich brach großes Geschrei aus. „Piraten!“ „Die Strohhutpiraten sind hier!“ „Kommt gefälligst alle an Deck!“ Rauchschwaden erhoben sich von Sanjis gerade angezündeter Zigarette in die Luft. Ein sanfter Windhauch wehte sie weg, als sich die auf dem Schiff zurückgebliebenen Männer auf sie zu stürmten. „Das ist für die Ladies!“ ***** Eine gespenstische Stille herrschte zwischen den drei Anwesenden. Die beiden Männer starrten sich unerschrocken an. Wut glitzerte in ihren Augen, während ihre Hände an den gezogenen Waffen ruhten. Jederzeit bereit, ihren Gegner anzugreifen. Robin hallten noch immer seine Worte durch ihre Gedanken. Freundin? Bisher hatte er sie immer als nervig und belastend angesehen. Woher kam auf einmal diese Einstellung? „Hey!“ Sein Ruf zog sie aus ihren Gedanken. Ihre Blicke trafen sich und Robin bemerkte die leichte Farbe auf seiner Wange, die er zu überspielen versuchte. „Ich habe zwar Freundin gesagt, aber damit hab ich mich nur unserem Käpt’n angeschlossen! Bilde dir bloß nichts ein!“ Er wandte sich wieder seinem Gegner zu. „Du bist genauso nervig, wie die geldgierige Zicke.“ Die Schwarzhaarige legte den Kopf schief. „Aber ihr gehört nun mal auch zur Crew. Und ohne euch, hätten wir schon einige Male tief in der Klemme gesteckt…“, flüsterte er mit leiserer Stimme. Sie konnte heraushören, wie schwer ihm diese Worte fielen. „Fufufufu.“, lachte sie. „Danke, Herr Schwertkämpfer!“ „Ein arroganter Kerl, der wirklich meint, nur weil er drei Schwerter hat, sei er ein guter Schwertkämpfer. Wie witzig.“ Die Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf die beiden kämpfenden Männer. Der Mann namens Katana stemmte lässig eine Hand in die Hüften, während die andere abwartend an seinem Schwert ruhte, welches lässig auf seiner Schulter lag. Seinen Kopf hatte er zur Seite geneigt und blickte seine Gegenüber mit einem merkwürdigen Funkeln in seinen Augen an. Zorro hatte solchen Gegnern schon oft gegenüber gestanden und doch wusste er, dass er den Kerl nicht unterschätzen durfte. Männer, denen die Mordlust so in das Gesicht geschrieben stand, waren die gefährlichsten und verbissensten Kämpfer überhaupt. Seine blauen Augen sprachen Bände. Der Typ konnte es kaum erwarten, sie beide abzuschlachten. Und sein gut trainierter Körper zeugte von seinem exzessiven Training. Doch auch Zorro hatte ganz schön was auf dem Kasten… „Einen Schwertkämpfer, der in pissgelben Hosen rumläuft, kann ich gar nicht ernst nehmen.“, grinste Zorro und deutete auf die eng anliegende Stoffhose. Zusammen mit seinen kurzen, schwarzen Haaren und dem mehrfarbigen Oberteil, welches teilweise mit einem schwarzen Netzgewebe durchsetzt war, bildete er einen merkwürdigen Anblick. Der Blick des Schwarzhaarigen verdunkelte sich augenblicklich und sein Lachen verschwand, bis sich nur noch purer Hass in seinem Gesicht widerspiegelte. Zorro stemmte seine Beine fest in den Boden, um einen guten Stand zu haben, wenn sein Gegner ihn angreifen würde. Er und seine drei Schwerter waren kampfbereit. „Okay, dann wollen wir mal sehen, wer hier der Großkotz ist!“ ****** Verzweifelt rang sie nach Luft. Der Kampf musste nun schon etliche Minuten dauern. Wenn nicht sogar Stunden. Gefühlt waren es jedenfalls Stunden. Nami stand ihr keuchend gegenüber. Die Schnittwunden an ihrem Körper bluteten leise vor sich hin und benetzen ganze Teile ihrer Haut und ihrer Kleidung. Und auch auf Misakis Körper spürte sie die brennenden Stellen. Sie wusste, dass keine von ihnen mehr konnte. Sie hatten erbarmungslos gekämpft und alles gegeben. Sie waren am Ende ihrer Kräfte. Und trotzdem schien niemand dran zu denken, aufzugeben. Misaki machte sich große Sorgen um den schwarzhaarigen Käpt’n. Sie hatten einige Explosionen und seltsame Geräusche nicht weit von ihnen entfernt wahrgenommen. Der Kampf war wohl in vollem Gang. Doch wenn der Plan der Rothaarigen funktionieren sollte, dann durfte sie nicht länger zögern. Es hing einfach zu viel davon ab. Beinahe schon kraftlos, ließ Misaki ihre Arme hängen. Die beiden Kurzschwerter in ihren Händen kamen ihr viel schwerer vor als sonst. Als ob sie auf einmal das Zehnfache wiegen würden. „Wir sollten langsam mal fertig werden, meinst du nicht auch? Im Gegensatz zu dir gibt es bei mir Leute, die auf mich warten. Sanji hat versprochen mir heute Abend einen Erdbeerkuchen zu backen.“ Fast, als würde sie mir einer alten Freundin sprechen, plapperte Misaki drauf los. Die Reaktion ihrer Gegenüber sprach Bände. So schnell, dass es die Rothaarige nie für möglich gehalten hätte, wechselten sämtliche Gefühle durch Namis Augen. Die junge Frau tat ihr so unendlich leid. „Halt endlich deine Klappe! Hör auf damit!“, schrie die Navigatorin mit kratziger Stimme, die von ihrem inneren Kampf zeugte. „Hehe, tut mir leid.“ Das Lächeln, welches in diesem Moment auf Misakis Gesicht lag, ließ die Orangehaarige gefrieren. Ein verzerrter Ausdruck lag in ihren Augen. „Ich weiß, dass du das hier alles nicht wolltest. Das weiß jeder. Aber leider blieb uns keine andere Wahl.“ Die Ex-Piratin legte den Kopf schief und steckte langsam ihre Schwerter zurück an die Plätze an ihrem Gürtel. Der fragende Gesichtsausdruck der jungen Frau verstärkte sich noch mehr. „Was zum Teufel soll das? Was redest du für einen Müll und warum steckst du deine Schwerter weg? Wir sind noch lange nicht fertig!“ Nami schleuderte einen neuen Angriff auf Misaki, dem diese jedoch nicht auswich. Ein schmerzvolles Stöhnen ertönte, als die Hitze-Kugel ihren Oberarm verbrannte. Doch anstatt einen Gegenangriff zu starten, kicherte sie nur. „Im Moment fühle ich mich wirklich wie ein Brathähnchen.“ „Verdammt, was soll das?“, zischte Nami kleinlaut und blickte sichtlich verwirrt ihre Gegnerin an. „Du spürst es schon, oder?“ Fragend blickte Nami zurück. „Was?“, kam es vorsichtig von ihr. Eine weitere Bestätigung für Misaki. Sie bückte sich und sammelte einen ihrer Kunais vom Boden auf, der im Kampf dort gelandet war. Völlig fasziniert drehte sie das schwarze Metall in ihren Händen und besah sich die Spitze der Waffe. „Ein erstaunliches, kleines Mittelchen, findest du nicht auch? Chopper hat mir das wärmstens empfohlen!“ Reflexartig fasste Nami mit einer Hand an ihren Oberarm. Dort, wo eine kleine Schnittwunde ihr Oberteil feuerrot gefärbt hatte. „Eine so kleine Wunde und trotzdem kampfentscheidend. Ich finde das äußerst faszinierend.“ Im gleichen Moment, als der verdutze Blick der Orangehaarigen den ihren traf, sackte ihr Körper zusammen. Der Klimataktstock gab einen dumpfen Laut von sich, als er auf dem erdigen Boden aufschlug. Kraftlos und schwer atmend kniete Nami auf der Erde. „W-as?“, fragte diese verwirrt und blickte ihre zitternden Finger an. „Die anderen haben mir schon gesagt, dass du eine ziemliche Furie sein kannst und dich nichts aufhalten kann. Daher mussten wir uns diesen kleinen Trick einfallen lassen.“ Sie lächelte. „Außerdem soll ich dir von Chopper „Entschuldigung“ sagen!“ Namis Gesicht färbte sich Wut rot, als sie zu der Rothaarigen aufsah. „Was willst du von mir? Verdammt!“ „Ich? Ich will eigentlich gar nichts. Ich bin nur auf der Durchreise und irgendwie war ich den Strohhutpiraten einen Gefallen schuldig.“ Ihr Lächeln verschwand und machte einem ernsten Ton Platz. „Nami, hör mir zu. Ich weiß, wir beide kennen uns überhaupt nicht und es war wohl ein sehr großer Zufall, der uns beide hat treffen lassen, aber ich habe in den letzten Tagen einiges über dich erfahren.“ Sie näherte sich der Navigatorin einige Schritte und hockte sich vor ihr hin. „Deine Freunde vermissen dich. Ihr ganzes Leben hat sich verändert, seit du gegangen bist, verstehst du das nicht? Habt ihr nicht schon so viel zusammen erlebt, dass du genau weißt, was in ihnen vorgeht? Nami, sie haben dich nicht eine Sekunde lang aufgegeben! Niemand von ihnen! Sie wollen so nicht weitermachen, weil es ohne dich nicht geht! Sie vermissen dich, kapier das doch!“ Eine unheimliche Stille trat zwischen die beiden Frauen, während sie sich stumm in die Augen sahen. Keiner von beiden rührte sich und nur der Wind, der leise durch die Blätter raschelte unterbrach ihren intensiven Blickkontakt. Erst als Nami diesen abrupt abbrach, nahmen sie das Gespräch wieder auf. „Halt doch die Klappe, du weißt überhaupt gar nichts!“, zischte Nami und blickte kopfschüttelnd zu Boden. Misaki lachte. „Ja, das ist richtig. Ich kenne euch alle nicht lange genug um zu wissen, was passiert ist. Robin hat mir einiges erzählt, aber das reicht definitiv nicht aus, um euer Band zu verstehen. Ich habe auch gar nicht das Recht dazu. Und trotzdem kann ich sehen, wenn Menschen unglücklich sind. Und dabei kommt es nicht drauf an, ob damit Skelette, Cyborgs oder Rentiere gemeint sind.“ Misaki kicherte. Sie fand ihren Witz eigentlich gar nicht schlecht. „Verdammt, Brook hat mich mit seinen Witzen angesteckt…“ Misaki konnte das Gesicht der Orangehaarigen nicht sehen und trotzdem ahnte sie, dass ihre Fassade bröckelte. „Und außerdem: Ruffy meinte, er würde sich so lange du weg bist, um deine Orangenbäume kümmern. Robin konnte gerade noch verhindern, dass er die Bäume mit Zuckerwasser gießen wollte, weil er der Meinung war, so würden die Orangen süßer.“ Als Misaki an die Szene zurückdachte, musste sie unwillkürlich schmunzeln. Namis Kopf senkte sich noch weiter. „Versteh doch, deine Freunde brauchen dich. Und andersherum ist es ja auch. Hör auf dich allein weiter so zu quälen! Der komische Kautz ist nicht hier, also muss du dich nicht von ihm unterdrücken lassen! Ruffy wollte, dass ich dich von dem Kerl weglocke, damit er sich um ihn kümmern konnte. Diese ganze Sache hier: sie machen alles nur für dich!“ Misakis Hand wanderte an ihren Hals und sie spürte den inzwischen wohlig warmen Stein an ihrem Hals. „Das sie mir bei meinem Problem helfen, ist pure Freundlichkeit und weil es ihnen halt eben zufällig passt. Wenn ich den Stein nicht besitzen würde und die Schwarzen Panther dieses blöde Ding nicht haben wollten, wäre ich schon längst weg. Dich kann keiner ersetzen.“ Schwungvoll richtete die Rothaarige sich auf und streckte genüsslich ihre Glieder. Einige Stellen ziepten und brannten, doch Misaki konnte nicht bestreiten, dass sie sich gut fühlte. „Und wenn ich die Navigatorin hätte spielen sollen, wäre das Schiff gegen die nächst beste Klippe gefahren. Hatte schon Mühe meine Nussschale nicht überall gegen zu fahren.“ Sie lachte wieder und ordnete ihre verwirbelten Haare etwas, ehe sie sich wieder Nami zuwandte. „Komm, gibt mir deine Hand.“ Sie hielt kurz vor ihr inne und wartete auf eine Reaktion ihrerseits. „Du das Beruhigungsmittel kannst du deine Muskeln sowieso erst mal nicht richtig kontrollieren. Kämpfen ist also sinnlos.“ Nami hob vorsichtig ihren Kopf und blickte ihrer Gegenüber in die Augen. Misaki erkannte sofort den inneren Kampf, der in der jungen Frau tobte. Und sie erkannte auch das vorsichtige Glitzern, welches in ihren Augen tanzte. Sie sah ihr Zögern, ihr Wollen und auch einen kleinen Funken Hoffnung in ihrem Blick. Ein lauter Knall riss die beiden Frauen aus ihrem Gespräch und beide wandten sich um. Eine riesige Rauchwolke ging nur einige Meter weiter über den Wipfeln der Bäume und schwebte unheilvoll über der Stelle, an dem der Strand sein musste. Eine Druckwelle traf sie einige Momente später und wirbelte ihre Haare und Kleidung auf. Ein ungutes Gefühl beschlich das junge Mädchen, als sie die dunklen Schwaden beobachtete. „Ruffy.“, flüsterte die Rothaarige, bis ihr Körper plötzlich von einem starken Schmerz durchfahren wurde und sie schmerzvoll aufschrie. ***** Mühsam rappelte er sich auf. Sein Kopf tat höllisch weh, sodass er versuchte, die Schmerzen durch das Reiben mit seiner Hand zu lindern. Genervt schob er die Teile der Bäume und Palmen zur Seite, durch die er eben mit viel Schwung durchgekracht war. Auch wenn er es nicht gern zugab, der Kerl hatte einiges mehr drauf, als er erwartet hatte. „Nicht schlecht, Strohhut, dass du immer noch aufstehen kannst.“ Die dunkle Stimme des Mannes schien jedes Mal in der Luft zu schweben, sobald er auch nur ein Wort sagte. Wie ein dunkler Schatten. „So schnell… Besiegt man mich bestimmt nicht!“, keuchte der Pirat und stand bald wieder auf seinen Beinen. Ohne das Unvermeidliche noch weiter heraus zu zögern jagte der Strohhut wieder auf seinen Gegenüber zu. „Gum-Gum-Gatling!“, schrie er lautstark und ließ seine unzähligen Fäuste auf den Mann herabprasseln. Doch genau wie bei den letzten Malen erfasste ihn wieder dieses merkwürdige Gefühl, als ob sich seine Welt nicht mehr drehen würde. Als würde er aus dem Takt der Erde herausgerissen werden. Mit einer unheimlichen Leichtigkeit gelang es dem Boss der Schwarzen Panther jedem einzelnen Schlag auszuweichen. Ein dreckiges Grinsen zierte sein Gesicht, als er mit voller Wucht in Ruffys Gesicht schlug und dieser erneut gegen eine Reihe von Bäumen krachte. Eine Staubwolke stieg hoch empor und kratze in seiner Lunge, als der Schwarzhaarige gegen das Gefühl der Ohnmacht ankämpfte. Kurz tanzten helle Punkte vor dem Schwarz seiner Augen, ehe er seinen verschwommen Blick wieder auf seinem Gegner lenkte. „Haha! So ein Schwächling! Ich fasse es nicht!“ Seine dunkle Stimme und das freudige Lachen schienen wie Gewichte auf Ruffys Schultern zu drücken. Die Wut in seinem Magen ballte sich, sodass sein Körper etwas verkrampfte. Er wusste, wofür er hier kämpfte und er wusste ebenso gut, dass er einfach nicht verlieren durfte. Sie würde nicht zurückkommen, ehe er diesen Kerl ausgeschaltet hatte. Wie auch immer er sie manipulierte, er würde der ganzen Sache ein Ende bereiten! Er hatte Menschen, die er unbedingt beschützen musste. Nami. Misaki. Seine Freunde. Für ihn gab es in diesem Moment nichts Wichtiges, als das Wohl seiner Freunde. Es musste einen Weg geben, diesen Typen zu besiegen. Ruffy musste nur herausfinden, wie genau der Diebesboss das anstellte. Was für Kräfte hatte der Kerl bloß? Und was konnte der Pirat dagegen tun? Ein schwacher Windhauch zog sich über die gesamte Insel. Eine Glocke aus Worten, Schreien und anderen Geräuschen schien über ihr zu hängen. Kämpfe, Blut und nur der Gedanke an das Ziel. Macht, Ruhm, Liebe, Leben. Farben und Gedanken, die das Herz vernebeln und Gefühle, die im Schmerz versinken. Ein Kampf, der alles entscheidet. Kapitel 16: Geboren ------------------- Kapitel 16 - Geboren „Diese blöden Idioten!“ Schimpfend schlürfte Sanji über den ziemlich ramponierten Holzboden. Mit einer Hand strich er über die frische Schusswunde an seiner Wange. Zu seinem Glück war es lediglich ein Streifschuss gewesen, da er den Hinterhalt noch rechtzeitig bemerkt hatte, aber trotzdem ärgerte es ihn sehr. Er hatte sich tatsächlich überlisten lassen. Erneut spürte er die warme Flüssigkeit über sein Gesicht laufen und wischte sie ärgerlich weg. Und trotzdem. Er hatte gewonnen. Das Stöhnen, der verletzen Männer lag noch immer in der Luft und es war teilweise schwierig durch die engen Gänge zu kommen. Immer wieder kam noch ein Weiterer auf ihn zu, doch mit wenig Aufwand schickte er auch die auf die Bretter. Sein Ziel war klar. Der Blonde hatte es fest vor Augen. Er wusste, etwas stimmte hier nicht. Und die Wahrscheinlichkeit, dass dieser blöde Diebesboss dahinter steckte, war verdammt hoch. Irgendwas hatte er mit SEINER Nami angestellt und er würde herausfinden, was! Ein weiter Kick und das laute Getöse einer zersplitternden Tür hallte in den engen Schiffsgängen wieder. Die Tür war ihm schon von weitem verdächtig vorgekommen und der erste Blick hinein in den schwach beleuchteten Raum gab ihm Recht. Er hatte genau den Ort gefunden, den er gesucht hatte. Aufmerksam ließ er seinen Blick durch das Zimmer schweifen. Ein großer Schreibtisch stand vor der großen Fensterfront, an der die einzelnen Fenster entweder von Dreck verkrustet oder gleich ganz zersplittert waren. Das Schiff tat ihm leid. So würden sie mit der Sunny niemals umgehen. Bücher waren aus den kaputten Regalen gefallen und wohl durch starken Wellengang einmal quer durch den ganzen Raum gerutscht. Der einstmals schöne Kronleuchter war nur noch ein Scherbenhaufen und die antiken Möbel ähnelten wieder mehr einem klobigen Baumstumpf als einem Möbelstück. Sanjis erster Schritt lenkte ihn sofort in Richtung des Schreibtisches, dessen zerkratze Oberfläche von dutzenden Schriftrollen gesäumt war. Kurz überflog er diese, konnte aber den Sinn hinter vielen Schriftstücken nicht verstehen. Doch das war es nicht, was er suchte. Irgendwo musste doch… Als er die unterste Schublade aufgezogen hatte, hielt er kurz inne. Sie war leer und doch schien mehr dahinter zu stecken. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich den Koch, als er auf das verfärbte Holz starrte. So, als könnte es ihm schneller verraten, was ihn an dieser leeren Kiste störte, legte der Blonde den Kopf schief und bückte sich hinunter. Da war doch etwas… Sanji streckte seine Hand aus und fuhr über diese eine Stelle am hinteren Rand der Schublade. Dort war doch dieser eine Fleck so, wie er eigentlich nicht sein konnte. Plötzlich gab das dünne Holz unter seiner Hand nach und klappte nach unten. Etwas Grünes strahlte ihm entgegen und Sanjis Augen weiteten sich. Das… das war doch…! War es möglich, dass…? Es gab nur eine Möglichkeit das herauszufinden. Er griff nach dem grünen Ding, schob es sich in die Sakkotasche und verließ das Kapitänszimmer wieder. Jetzt mussten sie nur noch von hier verschwinden. XXXXXX Eine warme Flüssigkeit rann ihm über die Wangen. Er brauchte nicht hinzusehen, um zu wissen, was es war. Eine ekelige Mischung aus Schweiß und Blut. Die zahlreichen Wunden auf seiner Haut brannten. Sein Atem ging schnell; stoßweise. Sein rechtes Bein protestierte, als er sein Gewicht erneut verlagerte, um endlich wieder aufstehen zu können. Seine Schwerter strotzten vor Dreck und trotzdem funkelten sie im Licht der Mittagssonne. Sein Gegner stand nur wenige Meter von ihm entfernt und in seinen Augen leuchtete die Vorfreude. Die Freude, es endlich zu beenden. Bis auf einige Schweißtropfen, die seine Stirn zierten und ein oder zwei Flecken in seiner Kleidung und auf seiner Haut konnte Zorro keinen Kratzer ausfindig machen. Dieser Kampf dauerte nun schon viel zu lange. Doch was den Grünhaarigen am meisten störte, war, dass es für ihn nicht besonders gut aussah. „Ist das alles, Zorro? Schade, ich hatte mich eigentlich schon auf einen interessanten Kampf gefreut. Besonders nachdem du so eine große Klappe hattest.“ Aus den Worten seines Gegners sprach der blanke Hohn heraus. Er machte sich lustig über ihn. Mehr als das, er verabscheute ihn. Zorro knurrte. „Das war noch lange nicht alles. Ich habe gerade erst angefangen!“, zischte der Schwertkämpfer zurück und brachte seine protestierenden Muskeln dazu, sich wieder in Kampfstellung zu begeben. Sein Gegenüber lachte bloß und erhob ebenfalls sein Schwert. „Da bin ich aber gespannt. Du siehst irgendwie nicht so aus, als könntest du überhaupt noch stehen. Schwächling.“ Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich und Zorro umfasste seine Schwerter automatisch fester. „Ich hasse Schwäche. So jemand wie du verdient es nicht, am Leben zu bleiben!“ Der Mann namens Katana richtete die ausgestreckte Schwertspitze in seine Richtung und blickte bedrohlich in die Augen seines Gegners. „Das war es für dich.“ „Komm doch!“, gab Zorro unbeeindruckt zurück, was den Schwarzhaarigen sichtlich störte. Und doch brodelte es in dem Inneren des Piraten. Er hatte den Trick seines Gegners noch nicht durchschaut. Warum konnte er ihn einfach nicht verletzen? Was für merkwürdige Kräfte hatte der Kerl bloß? Noch ehe er sich weiter darüber Gedanken machen konnte, drang ein wütender Schrei an seine Ohren, der den nächsten Angriff verkündete. Geschickt wehrte Zorro alle Schwerthiebe des anderen ab und ließ sich nicht von der Stelle vertreiben. Er spürte, wie sich seine Schuhe mit jedem Hieb immer weiter in den Boden gruben. Doch er blieb stehen. Jedoch schaffte er es nicht, zwischen den schnellen Angriffen einen eigenen auszuführen. Er stand dort, gefangen in seiner Verteidigung, die er nicht aufgeben konnte. Wieder überlegte er fieberhaft, was er machen sollte, während das Klirren von Metall durch die Luft hallte. Was sollte er bloß tun? Er konnte es nicht leugnen. Ein kleiner Teil machte sich Sorgen. Sorgen, um seine Freunde. Er hatte keine Zeit hier herumzutrödeln! Er musste etwas unternehmen! Etwas blitze vor seinen Augen auf, als er seine drei Schwerter vor seinem Gesicht gekreuzt hatte, um einen besonders mächtigen Schwerthieb abzuwehren. War das wirklich möglich? Erneut testete er seine neueste Theorie bei einem weiteren Angriff seines Feindes und entdeckte dasselbe Phänomen erneut. Das war es! Er hatte seinen Gegner durchschaut! Ein breites Grinsen schlich sich auf sein Gesicht und ließ die Reihe von Angriffen abbrechen. Der Schwarzhaarige betrachtete Zorros Lächeln mit eigenartigem Blick. Etwas, in dem Ausdruck des Piraten, verunsicherte ihn, auch wenn er selbst nicht wusste, was. Wo kam plötzlich dieses Grinsen her? Wo er doch dabei war zu verlieren?! „Verdammt! Warum lachst du?“, zischte er Kerl. Sein Körper begann vor Wut zu zittern und als Zorros Grinsen noch breiter wurde, schien er beinahe zu explodieren. „Warum? Ganz einfach! Ich habe deinen miesen Trick durchschaut, du dreckiger Dieb! Jetzt kannst du dich auf etwas gefasst machen, denn im Gegensatz zu dir, kämpfe ich heute nicht allein!“ Er richtete sich vollständig auf und wandte sich an seine Freundin, die er ohne sich umzudrehen, ansprach. „Robin, ich brauche nur einen kurzen Moment.“ Stille legte sich über die Szene und gerade, als Zorro sich umdrehen und vergewissern wollte, dass sie verstanden hatte, drang ein leises Kichern an sein Ohr. „Aber nur einen Kurzen, Herr Schwertkämpfer.“ Er hörte ihr Lächeln geradezu heraus und musste ebenfalls grinsen. „Was? Was soll das?“, schrie ihnen der Dieb entgegen. Sein Gesicht rot vor Wut. Wie eine Tomate. „Ich weiß, was deine Stärke ist.“ Er lachte. „Aber ich weiß auch, wo deine Schwäche ist. Ich muss nur dein blödes Schwert loswerden.“ Die Augen des anderen weiteten sich kaum merklich, doch für Zorro war das Beweis genug. Beweis, dass seine Theorie richtig war. „Ach ja? Versuchs doch! Du wirst nicht-“, konterte der Schwarzhaarige, bis er plötzlich verstummte. Geschockt beobachtete er, wie sich seine Arme nach hinten dehnten und er seine Beine nicht mehr bewegen konnte. Erst nach einigen Momenten schien er den Grund für seine plötzliche Immobilität zu bemerkten. Zahlreiche Hände sprossen aus seinem Körper und hielten ihn in dieser Position. Panisch riss er die Augen auf, während er versuchte sich zu befreien. Vergeblich. „Eigentlich schade, dass ich dich nicht alleine platt machen kann, aber du kommst sehr ungelegen. Ich habe es heute verdammt eilig.“ Er brachte seine Schwerter in Position und sah, wie sich der Ausdruck in den Augen des anderen veränderte. „Jetzt hast du echt ein Problem. Ich weiß, dass dein Schwert die Macht hat, alles, was es berührt stumpf zu machen. Darum konnten dir meine Schwerter nichts anhaben.“ Sein Blick sprach Bände. Zorro grinste breiter. „Aber ich weiß auch, dass der Effekt nicht lange anhält.“ Wie, um seine Worte zu unterstreichen, schwang er eines seiner Schwerter und ließ es direkt durch einen nahen Felsen gleiten. Wie ein heißes Messer durch Butter. „Das war es dann für dich!“ Die Luft um ihn herum fing an zu dampfen und er spürte, wie sich zwei Ebenbilder seiner Selbst neben ihm manifestierten. Die Kraft umgab ihn wie einen Kokon und schien ihn von Innen heraus zu verbrennen. Ein gutes Gefühl. „ASURA!“ Ein langer Schrei zog sich über die Insel und eine Rauchwolke zeigte den Weg auf, den das Mitglied der Schwarzen Panther soeben genommen hatte. Bäume lagen kreuz und quer auf dem Boden. Abgebrochen wie Streichhölzer. Nur noch bedeckt von den bunt gefärbten Laubblättern dieser Herbstzone. Zorro richtete sich mit einem „Pah“ auf und verstaute seine Schwerter in deren Scheiden. Er wandte sich von der Schneise der Verwüstung ab, die er selbst verursacht hatte und ging in die Richtung, in der er Ruffy vermutete. Ohne einen Blick auf die Schwarzhaarige zu werfen, die ihm kichernd folgte. „Ich hätte das auch alleine geschafft, nur dass du dir nichts darauf einbildest.“ Zorro grummelte. Er war ein wenig sauer darüber, dass er ihre Hilfe gebraucht hatte. „Natürlich.“ Sie lachte. „Ich muss mich aber für deine Hilfe bedanken, Herr Schwertkämpfer. Also, vielen Dank!“ Der Schwertkämpfer fühlte sich wie erschlagen. Die Schmerzen in seinem Körper waren vergessen, als sie beide durch den Wald streiften. Eine ungewöhnliche Hitze legte sich auf seine Wangen und in diesem Moment war er froh darüber, dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. „Pah.“, sagte er wieder und streckte seine Hand in die Richtung aus, in der er sie vermutete. „Los komm schon, wie haben es eilig.“ Ein warmer Schauer rann durch seinen Körper, als sie ohne zu zögern ihre Hand in seine legte und sie fest umschloss. Zorro beschleunigte seine Schritte, in dem Wissen, dass sie da war. Einfach nur da. XXXXXXX Ein weiteres Mal erhob sich der schwarzhaarige Pirat aus einem Haufen Schutt. Die vielen Schnittwunden an seinem Körper schmerzen und bluteten gleichmäßig. Ein Brennen lag auf seinem Körper, welches immer heißer zu werden schien. Und doch brauchte er nicht an sich hinabzusehen, um zu wissen, dass er keine Flammen entdecken würde. Seine Muskeln protestierten, alles schien zu verkrampfen. Doch noch mehr störte es ihn, dass er seinen Gegner im Grunde kaum berührt hatte! Er wich ohne große Mühe allen von Ruffys Angriffen aus. Aber das war einfach unmöglich! Wie zum Teufel machte dieser Kerl das bloß? „Tja, Strohhut. Es wird langsam echt langweilig. Ich werde das Ganze hier wohl beenden müssen. Nami dürfte deine kleine rothaarige Freundin auch schon längst verprügelt haben. Das heißt, ich besitze nun alles, um mein Ziel zu erreichen!“ Ein finsteres Lachen schwoll in seiner Brust an, als er herablassend auf den Schwarzhaarigen blickte. „Und weißt du was?“ Ein verzerrtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Wenn Nami es noch nicht beendet hat, dann werde ich das tun.“ Ruffys Augen weiteten sich, als er den Sinn seiner Worte verstand. „Ja, genau das. Und es wird schmerzvoll werden für die Kleine. Ich werde zusehen, wie das letzte bisschen Leben aus ihrem Körper rinnt. Nur zum Spaß.“ Ein dunkler Laut kam aus seiner Kehle, während Ruffy sich zwang, aufzustehen. Seine blutigen Beine wehrten sich mit aller Macht gegen die Last seines Körpers, doch er schaffte es, sich aufzurichten. „Du wirst Misaki nicht anfassen, verstanden?“ Das Lachen des Diebesbosses schwoll an. „Na sieh mal an. So bekommt man dich also wieder auf die Füße. Man muss nur damit drohen seine kleine Freundin zu Tode zu quälen. Äußerst amüsant.“ „Ich werde nicht zulassen, dass du ihr etwas antust. Und Nami werde ich auch wieder zurückholen! Dahin, wo sie hingehört!“ Blanke Wut sprach aus den Worten des jungen Mannes und sein finsterer Blick schien dem seines Feindes Konkurrenz zu machen. „Ach wirklich? Na das würde ich zu gerne sehen. Zu dumm, dass ich dazu keine Gelegenheit mehr haben werde.“ Er hob die Hand, die zu einer Faust geballt war, und ließ sie auf seinen wehrlosen Gegenüber hinabsausen. Dieser schloss bloß die Augen und wartete auf den Schmerz. Ein lauter Aufschrei durchzog die Luft und Ruffy öffnete wieder seine Augen. Es war nicht sein Schrei gewesen, was ihn etwas verwunderte. Der Schmerz war nicht gekommen. „Ruffy!“ Die helle Stimme ließ seinen Kopf sofort herumsausen. Seine Augen weiteten sich, als er die beiden Ankömmlinge sah. Beide waren von Wunden und Dreck bedeckt, aber… sie lebten. Misaki hielt noch einen ihrer Shuriken in ihrer Hand, was den Schwarzhaarigen dazu brachte, einen kurzen Blick auf den Diebesboss zu werfen. Blutende Wunden klafften in seiner Hand und seinem Oberkörper. Die Messer steckten noch darin. Ruffy nutzte die Chance und sprang einen guten Meter zurück. Weg von dem Kerl. „Entschuldige! Es hat länger gedauert.“ Misaki keuchte, als sie sich ihm näherte. Nami hatte ihren Blick abgewandt, die Hände um den Arm der Rothaarigen gelegt. „Die gute Nami hatte sich ja an meinen verletzen Arm hochziehen müssen! Das hat mich kurz ausgeknockt.“ Ein Lächeln lag in ihrem Gesicht und Ruffy war schnell klar, dass es nicht böse gemeint war. Und dennoch fragte er sich, was wohl zwischen den Beiden passiert war. „Nami?“ Sie zuckte zusammen, als er ihren Namen sagte. Wandte ihren Kopf – wenn möglich – noch weiter von ihm ab. Doch das seltsame Glitzern in ihren Augen war nicht zu übersehen. „Sieht nicht gut aus, oder?“ Misakis Stimme ließ Ruffys Blick von seiner alten Freundin losreißen. Er folgte ihrem Blick zu dem noch immer vor Schmerzen stöhnenden Mann, der sich langsam die spitzen Messer aus seinen Wunden zog. „Der Kerl ist echt nicht schlecht.“ Ruffy keuchte noch immer; unterdrückte ein schmerzvolles Stöhnen. „Ich weiß nicht, wie er das macht.“ „Hmmm.“ Die Rothaarige überlegte und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, doch ein lauter Aufschrei ließ sie verstummen. „Du kleines Miststück!“ Der Blick der Drei heftete sich auf den Diebesboss. „Das wirst du mir büßen! Ich werde dir Qualen breiten, die du dir in deinen schlimmsten Albträumen nicht einmal vorstellen kannst!“ Misaki stieß einen leisen, merkwürdig hohen Laut aus, was Ruffy nicht entging. Schützend trat er ein paar Schritte nach Vorne, um sich vor die beiden Mädchen zu stellen. Seine Arme ausgebreitet. „Bleibt zurück.“, sagte er leise, sodass es nur seine Freundinnen hören konnten. „Gut.“, kam es von der Rothaarigen und sie zog die Navigatorin einige Schritte zurück. „Das werdet ihr büßen!“ Erneut stürzten sich die beiden Männer in den Kampf und lautes Getöse brach aus. Misaki beobachtete den Kampf ganz genau und merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Ruffy kämpfte völlig anders als das letzte Mal. Natürlich hatte sie ihn erst wenige Male in Aktion erlebt, aber das war so… unnormal. Angst kroch in der Ex-Piratin hoch. „Nami, weißt du, was er für Kräfte hat?“ Sie richtete die Worte an die Orangehaarige, die sich immer noch an ihren Arm klammerte, um stehen zu bleiben. Ihr Gesicht spiegelte Schmerz und ihren inneren Kampf wieder. Misaki konnte verstehen, wie sie sich fühlte, aber sie wusste ebenso, dass das nicht der Richtige Zeitpunkt war. Sie befreite sich aus dem Griff der jungen Frau, stellte sich direkt vor sie und fasste Nami an ihren Schultern an. Brachte sie dazu, ihren Blick zu heben. „Verdammt, Nami! Reiß dich gefälligst zusammen! Dein Freund ist gerade dabei zu verlieren! Und das nicht nur den Kampf! Und verdammt noch mal, ich habe auch keine Lust von dem Kerl abgeschlachtet zu werden!“ Nami zuckte bei dem brutalen Wort zusammen, sah aber nicht auf. „Nami, hast du seinen Blick gesehen? Du bist auch nicht mehr sicher! Du warst ihm immer völlig egal! Nur ein Mittel zum Zweck! Er hat jetzt alles, was er will! Er braucht dich nicht mehr! Wenn wir nicht gleich etwas unternehmen, werden wir den morgigen Tag nicht mehr erleben!“ „Ich weiß!“, schrie die Orangehaarige. „Ich weiß…“, sagte sie dann leiser. Tränen funkelten in ihren Augen. „Du hast Angst, das sehe ich.“ Misakis Stimme war wieder ruhiger. „Aber ich bin mir sicher, dass wir ihn besiegen können! Du hast Freunde, verdammt gute Freunde, die gerade ihr Leben für dich riskieren! Lass sie dir helfen! Gibt nicht einfach auf! Das wäre nicht fair.“ Nami zuckte zusammen, als sie der Rothaarigen endlich ins Gesicht sah und bemerkte, wie sich Tränen in ihren Augen sammelten und sie die Orangehaarige mit schmerzverzerrter Miene musterte. Unendliche Trauer lag in ihrem Blick, die Nami direkt ins Herz ging. „Ich hätte mir damals gewünscht, solche Freunde zu haben.“ Nami schüttelte den Kopf und stieß immer das Wort „Verdammt!“ zwischen ihren Zähnen hervor. Erst der schmerzvolle Aufschrei Ruffys brachte sie zurück in die Realität. Der Schwarzhaarige zischte nur wenige Meter an den Mädchen vorbei und krachte in eine nahe Felswand, die sich an dem Strand erhob. „Ruffy!“ In Misakis Stimme waren die Tränen herauszuhören, die sie immer noch zu unterdrücken versuchte. Sie löste ihre Hände von der Piratin vor ihr und wischte sich über die Augen, um das feuchte Nass zu vertreiben. „Nein. Nein!“ Sie zischte; wandte sich dem Mann zu, der langsam auf sie zu kam. Ein verzerrtes Lächeln auf dem Gesicht. Die Vorfreude darauf, zu töten, schien ihn wie eine Aura zu umgeben. „Nein!“, schrie sie erneut und zog ihre beiden Waffen aus ihrem Gürtel. Sie stellte sich dem Kerl, auch wenn sie wusste, dass sie kaum eine Chance hatte. „Misaki! Nicht!“, stieß Nami hervor und versuchte die Rothaarige wegzuziehen. „Du hast keine Chance!“ „Das weiß ich!“, flüsterte sie zurück und Nami erstarrte. „Aber ich werde nicht kampflos aufgeben! Ich habe Ruffy und den anderen versprochen, dass ich ihnen helfe! Genauso wie sie mir helfen! Das ist alles, was ich tun kann!“ „Du…“ Nami keuchte. „Scheiße. Er kann die Zeit eines Menschen beeinflussen, verstehst du das? Er kann deine Bewegungen verlangsamen! Darum kann er jedem Angriff ausweichen!“ Die Rothaarige zuckte zusammen. Das ergab Sinn. Es ergab alles Sinn! Das würde Ruffy helfen, sich zu wehren! Und trotzdem wollte der eine Gedanke nicht aus ihrem Kopf weichen. Jetzt hatte sie noch weniger Chancen, zu gewinnen. Nicht so verletzt, wie sie war. „Verstehe.“, gab sie leise von sich. Der Mann nur noch wenige Meter von ihr entfernt. Seine Hand war bereits nach ihr ausgestreckt. „Dann werde ich Ruffy wenigstens etwas Zeit verschaffen, damit er wieder auf die Beine kommt. Wenn ich ihm so helfen kann…“ Ein Lächeln schlich auf ihr Gesicht und Namis Herzschlag setzte kurz aus, als die Worte langsam in ihr Gehirn sickerten. „Die Zeit verlangsamen? Das erklärt so einiges.“ Die drei Anwesenden erschraken bei dem Klang seiner Stimme. Ruffy war plötzlich wieder aufgetaucht und hatte sich zwischen Misaki und den Diebesboss gestellt. „Und scheinbar verlangsamt es auch sein eigenes Gehirn. Ich habe gesagt, du sollst sie nicht anfassen, ist das jetzt endlich klar?“ „Ihr kleinen, dreckigen Bälger… Ich habe wirklich genug von euch!“ Mit einem schnellen Schlag traf er Ruffy ins Gesicht und schleuderte ihn gegen seine rothaarige Freundin. Diese schaffte es gerade noch, ihre Schwerter zur Seite zu nehmen, ehe der Strohhut gegen sie prallte und sie beide auf den Boden beförderte. In Misakis Kopf explodierte der Schmerz. Der Kampf mit Nami hatte sie schwer verwundet und langsam schien ihr ganzer Körper taub zu werden. Ihr Atem ging heftig, als sie gegen die Ohnmacht ankämpfte. „Misaki…?“ Sie hörte, wie er leise ihren Namen flüsterte, als er sich wieder auf die Beine zog. Sie war beeindruckt. Wie konnte er immer noch stehen? Wie hielt er diese Schmerzen aus? Sie konnte das nicht. Sie war nicht stark. „Du musst ihr helfen, Ruffy.“, brachte sie mit kratziger Stimme hervor. „Er wird sie nicht am Leben lassen, hörst du? Sie kämpft. Gegen ihn. Innerlich. Sie will zurück, glaub mir.“ Sie spürte seine heiße Hand auf ihrem Gesicht und brachte noch ein kleines Lächeln zustande. „Tut- Tut mir leid. Ich bin nicht so… stark wie du.“ „Überlass das mir. Ich danke dir, Misaki.“ Sie grinste. „Gerne.“ Er richtete sich auf und wandte seinen Blick zurück auf die beiden anderen Gestalten, deren Silhouette sich vor dem immer dunkler werdenden Himmel abzeichnete. Der Wind hatte aufgefrischt und peitschte ihm die harten Sandkörner ins Gesicht. Sie brannten in seinen offenen Wunden und doch beachtete er sie gar nicht. Es wurde Zeit, seine Freunde zu beschützen. Mehr denn je. „Nami, ich bin enttäuscht von dir. Du hast dich besiegen lassen. Von so einem kleinen, schwächlichen Mädchen. Und du hast mich betrogen. Das wirst du mir büßen, hast du das verstanden?“ Nami straffte sich merklich. Ihre angespannten Muskeln zitterten vor Anstrengung. Das Gefühl, weglaufen zu müssen, machte sich in ihrem ganzen Körper breit. Sie kämpfte noch immer mit sich. Auch wenn sie wusste, wie sie sich entscheiden würde. Etwas hielt sie zurück. Doch sie hatte keine Wahl mehr. Er würde nicht davor zurückschrecken sie zu töten, dass sah sie in seinen Augen. War er es dann überhaupt wert? „Hmmm, vielleicht töte ich dich nicht. Zeig mir, dass du mir weiterhin folgst. Bereite dem Kampf ein Ende. Töte sie… Dann haben wir endlich Ruhe und können uns wichtigeren Dingen widmen.“ Bevor sie etwas erwidern konnte, verschwand der Mann plötzlich aus ihrem Blickfeld und ein lautes Zischen ertönte, als er auf der Wasseroberfläche aufschlug und einige Meter weiter hinten im Sand liegen blieb. Ruffy erschien in ihrem Blickfeld und stellte sich schützend vor sie. „Nami! Hör nicht auf ihn! Komm wieder zu uns zurück.“ Seine weiche Stimme überraschte sie. Obwohl sie sich mitten in einem Kampf befanden, schien er nur Augen für sie zu haben. Trotz der vielen Wunden, die ihm ihretwegen bereits zugefügt wurden, dachte er noch immer nur an ihr Wohl. Und das schmerzte mehr, als jede Verletzung es tun könnte… Etwas zerbrach in ihr, als sie ihn sah. So nah bei ihm stand. Er verstand sie einfach nicht! Er konnte es nicht verstehen! Er kannte den Grund nicht, warum sie so handelte! „Verdammt noch mal, er ist mein Vater! Kapierst du das endlich?“ Kapitel 17: Das Meer vergisst nicht ----------------------------------- Kapitel 17 – Das Meer vergisst nicht Ihr Schrei legte sich wie eine unsichtbare Glocke über das Schlachtfeld und drückte schwer auf die wenigen Anwesenden. „Er ist mein Vater… Ich bin zur Diebin geboren! Ich kann nicht anders, als zu stehlen… Ich bin keine Piratin! Nur eine dreckige Diebin und Mörderin!“ Tränen wallten in ihren Augen hoch, als sie mit leiser Stimme ihr Leid klagte. Sie empfand einen brennenden Hass auf sich selbst, als ihr das Ausmaß ihrer Worte erneut bewusst wurde. Wie sollte sie damit ihren Freunden gegenübertreten? Ruffy wandte sich um und starrte sie wie gebannt an. Zahlreiche Gefühle wechselten durch seine Gedanken, bis er endlich verstand. Endlich wusste er, was sie so bedrückte! Endlich hatte sie keine Geheimnisse mehr vor ihm! Ein unendlich glückliches Lächeln erschien auf seinem zerkratzten Gesicht. Er fühlte sich in diesem Moment so wohl, wie schon lange nicht mehr. Es gab keinen finsteren Gedanken mehr in ihm. Nur noch dieser eine Lichtblick. Nur noch seine Nami. Er ging noch einige Schritte auf sie zu, doch Nami wich zurück. Fast schon so etwas wie Angst und Enttäuschung funkelte in ihren weit aufgerissenen Augen. „Na und?“ Diese zwei Worte standen zwischen den alten Freunden, die sich nun tief in die Augen starrten. „Was heißt hier „na und“? Hast du mir überhaupt zugehört?“, schrie Nami den Schwarzhaarigen an, als sie sich wieder etwas gefangen hatte. „Es ist doch absolut egal, wer dein Vater ist! Das ändert doch nichts an der Person, die du bist!“, lächelte er. Erneut zuckte Nami zusammen. Auch sie hatte diesen Gedanken bereits gehabt, ihn aber immer für Unsinn gehalten, doch jetzt… Wenn diese Worte aus seinem Mund kamen, klangen sie auf einmal so logisch. So glaubhaft. So… richtig. „Mein Vater ist der meistgesuchte Mann der Welt! Und mich stört das auch nicht!“ Sein Lachen klang so glücklich, so befreit, wie es sonst kein Mensch es jemals sein konnte. „Es reicht. Es reicht ein für alle Mal! Ich werde euch unangespitzt in den Boden rammen! Euch alle!“ Die Stimme des Schwarzen Panthers ertönte, als er sich triefend nass aus dem Meer erhob. Seine dunklen Augen glänzten vor Mordlust. „Versuch es doch!“, gab Ruffy zurück, der sich von Nami abwandte. Endlich wusste er, was sie bedrückte und auch, wenn es ihm egal war, wie der Kerl zu seiner Navigatorin stand, wusste er doch, wie sehr es sie mitnehmen musste. „Nami, ich werde dir zeigen, wo du wirklich hingehörst. Jemand, der dich so unglücklich macht, hat es nicht verdient sich dein Vater zu nennen!“ Namis Körper gefror, als sich der Schwarzhaarige wieder auf den Diebesboss warf. Nach nur wenigen Schlägen, hatte er Ruffy wieder erwischt, was ihn erneut in Namis Richtung lenkte. „Ruffy! Du hast alleine keine Chance!“, schrie sie ihm zu, doch er bremste seinen Flug aus, in dem er sich in den weichen Sand krallte. Ein Anflug eines Lächelns machte sich auf seinem Gesicht breit. „Ich kämpfe ja auch nicht alleine!“, stieß er hervor, ehe seine Worte in einen Angriffsschrei übergingen. Nami schaltete schnell. Sie wusste, was er meinte. W e n er meinte. Und dennoch verstand sie nicht warum. Hatte sie ihm nicht gerade gesagt, dass sie sich nicht gegen ihren eigenen Vater stellen konnte? Er war ihr eigenes Fleisch und Blut! Konnte sie das wirklich so einfach ignorieren? Ihn verraten? Auch wenn er ihren eigenen Tod scheinbar billigend in Kauf nahm. Ihr Kopf drohte zu zerplatzen, ehe sie ein merkwürdiges Gewicht in ihren Händen spürte. Ihr Klimataktstock. Wo kam der denn her? Sie schüttelte angestrengt ihren Kopf. „Aber was soll ich denn machen? Er ist mein Vater! Er muss es sein! Er weiß Dinge über mich, die kein anderer wissen kann!“, meinte Nami. Man hörte ganz deutlich, dass sie ihre eigenen Worte nicht mehr zu glauben schien. „Nein, das ist er nicht.“ Die Anwesenden erschraken bei der fremden Stimme und wandten sich in die Richtung, als der sie gekommen war. Mehrere Gestalten schälten sich aus dem Dunkel des Waldes heraus. Allen stockte der Atem, als sie die Mitglieder der Strohhutbande erkannten. Sanji führte die Gruppe an. Ein kleines Buch in seiner Hand. Namis Augen weiteten sich, als sie ihre alten Freunde erkannte. Sie waren verletzt, dass konnte sie sehen, aber sie waren am Leben. Sie waren alle gekommen. Doch noch mehr verdutzte sie die Aussage, die von Sanji gekommen war. „Was?“ Er hob das kleine Buch in die Luft und Namis Herz machte einen Aussetzer, nachdem sie das so vertraute Papier betrachtete. „Dein Tagebuch, Nami-swan. Wir haben es auf dem Schiff dieser Typen gefunden. Besser gesagt in der Kapitäns-Kajüte.“ Die Wucht von Sanjis Worten übermannte sie. Alles prasselte plötzlich auf sie herein. Es ergab alles Sinn! Daher wusste er so viel über sie! Ihre geheimsten Wünsche und Gedanken, die nicht einmal ein Vater wissen konnte! Und natürlich hatte sie mehr als einmal die Geschichte ihrer Ankunft bei Bellemere erwähnt. „Das heißt, er… ist nicht mein Vater?“ Die Worte blieben ihr im Hals stecken. Es war nicht mehr als ein Flüstern, was aus ihrer Kehle entwischte. „Das… können wir so nicht sagen, Fräulein Navigatorin.“ Robins ruhige Stimme mischte sich in das Gespräch. „Aber alles was er über dich weiß, alles, was er je gesagt hat, weiß er aus deinem Tagebuch.“ Kraftlos ließ sie ihre Arme sinken. Sie hatte vermutet, dass ihre Gedanken durch ihren Kopf rasen würden, so, wie sie es die letzte Zeit immer getan haben, aber zu ihrem Entsetzen, war das nicht der Fall. Wie in Zeitlupe sortierten sich alle Fakten und Vermutungen, die sie in letzter Zeit gehört hatte. Alles lag vor ihr; in erschreckender Deutlichkeit. Dieser Typ war vielleicht gar nicht ihr Vater. Wahrscheinlich war alles nur gespielt. Alles gelogen. Und dennoch war die Möglichkeit gegeben, dass er es doch war. Sie hatte viele Parallelen zwischen ihr und ihm entdeckt. Doch trotz allem, was sie getan hatte, waren alle gekommen. Alle ihre Freunde, die sie so vermisst hatte. Ruffy kämpfte für sie. Er hatte sie nicht aufgegeben. Nicht einmal nachdem sie ihn so schwer verletzt hatte! Und selbst dieses fremde Mädchen, Misaki, die sie überhaupt nicht kannte, hatte mehr als einmal ihr Leben für Nami riskiert. Es war so einfach, so klar, wo sie hingehörte. Wie hatte sie nur jemals daran zweifeln können? Ihr Blick wanderte zurück zu den beiden Kämpfenden. Sie sah, wie Ruffys Bewegungen plötzlich ganz langsam wurden und er erneut einige Schläge abbekam. Die Navigatorin wusste nicht, woher diese Kräfte kamen, aber es war ihr egal. Es gab da schon lange einen Gedanken, der sie die letzten Wochen nicht losgelassen hat. „Ruffy!“ Ihr Schrei hallte über den langen Sandstrand, als sie mit ihrem Klimataktstock eine große Gewitterwolke entstehen ließ, die sich in einem kräftigen Schlag entlud. Genau auf den Schwarzen Panther. Sein Schlag ging ins Leere und sein spitzer Schmerzensschrei erfüllte die Luft. Sie hatte also Recht gehabt. Mit einem gekonnten Sprung landete der Schwarzhaarige neben der Navigatorin. „Nami!“, sagte er mit einem Grinsen auf den Lippen, ehe seine Beine unter ihm nachgaben und er sich mit einem Knie im Sand abstützen musste. Der Orangehaarigen zerriss es beinahe das Herz. „Er kann sich nur auf einen konzentrieren! Er kann nur eine Person verlangsamen! Nicht mehrere!“, erläuterte sie ihre Entdeckung und half dem Schwarzhaarigen dabei, sich wieder aufzurichten. „Wir haben nur eine Chance, wenn wir ihn zusammen angreifen!“ „Klingt nach einem Plan.“, meinte er mit einem Grinsen und wandte sich dem vor Wut kochenden Diebesboss zu. „Ich vertraue dir und habe nie damit aufgehört.“ Namis Augen weiteten sich. Mit jeder Sekunde wurde ihr mehr bewusst, wie dämlich sie sich verhalten hatte. Wie sehr sie ihren Freunden wehgetan hatte… Und das nicht nur körperlich. Sie hatte ihnen nicht vertraut. Schon wieder nicht. Hatte alles in sich hinein gefressen und gedacht, dass ihr eh keiner helfen kann. Sie war egoistisch und dumm. Sie hatte solche Freunde überhaupt nicht verdient. Mit einem wilden Schrei eröffnete Ruffy die letzte Runde dieses Kampfes und hielt mit seiner Faust direkt auf den Schwarzen Panther zu. Nami folgte ihm in einigem Abstand. Ihr war klar, was der Schwarzhaarige vor hatte und sie würde ihm folgen. Egal wohin. Als Nami näher kam, bemerkte sie die merkwürdige Kraft des Diebes. Die Luft um Ruffy schien zu flimmern und seine Bewegungen verlangsamten sich augenblicklich. Das war ihre Chance. Die Navigatorin erschuf eine große Gewitterwolke direkt hinter ihrem Feind und ließ einen starken Blitz auf ihn herab fahren. Ein grelles Licht erfüllte den Strand und der Schrei des Mannes jagte hinterher. Ruffy, der jetzt wieder seine normale Geschwindigkeit hatte, ließ sein Gum-Gum-Gattling auf ihn einprasseln und beförderte den Dieb damit über den Strand, bis er mit einem lauten Knall in einem großen Felsbrocken landete. Ein leises Lachen kam von dem Schwarzhaarigen. „Das funktioniert ja wirklich.“, kicherte er und bereitete sich auf den nächsten Angriff vor. „Er wird müde. Dein Kampf gegen dich scheint doch seine Spuren hinterlassen zu haben“, sagte Nami, als sie sich neben den Schwarzhaarigen gesellte. Dieser lachte. So frei und glücklich. Die Navigatorin hatte nie gedacht, dieses Lachen noch einmal hören zu können. „Ihr miesen Ratten!“ Seine Stimme schwappte ihnen bedrohlich entgegen, als er sich aus dem Fels schälte. Zahlreiche Schnittwunden zierten seinen Oberkörper. Von seiner schlichten, schwarzen Kleidung war nicht mehr viel zu sehen. Sein Körper hatte echten Schaden erlitten. „Nami, wie konntest du nur deinen eigenen Vater verraten?“ Nami kniff die Augen zusammen. Sie ignorierte den kleinen Stich, den diese Worte in ihr Herz rammten, bevor sie ihren Blick wieder auf ihren Vater richtete. „Ich habe keinen Vater. Nur eine Mutter. Bellemere wird immer mein einziges Elternteil sein. Ich brauche keinen Vater, dem es die letzten 20 Jahre egal war, was mit mir passiert ist. Es ist mir egal, ob du die Wahrheit sagst, oder nicht. Ich war so dumm überhaupt darauf reinzufallen. Ich habe alles, was ich mir je erträumt hatte. Und beinahe hätte ich alles ruiniert.“ Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals, den sie versuchte herunterzuschlucken. Sie hatte einen großen Fehler gemacht und den würde sie nie wieder gutmachen können. Doch sie würde nicht aufhören, es zu versuchen. „Es reicht jetzt!“ Ein weiterer Blitz jagte über die Insel, der sein Ziel jedoch verfehlte. Ihr Körper fühlte sich an, als sei er in Watte gepackt. Als umgäbe sie eine schwere Decke, die ihre Bewegungen verlangsamte. Das war das erste Mal, dass sie diese Kräfte am eigenen Leib spürte. Doch bevor sie das Gefühl richtig fassen konnte, verschwand es plötzlich wieder. Verwirrt musterte Nami die Szene und bemerkte, wie sich der Diebesboss wieder vom Boden aufrappelte und sich die verletze Wange hielt. Sie hatte Ruffys Attacke nicht einmal kommen sehen. „Du hast meinen Freunden wehgetan. Dafür wirst du jetzt bezahlen.“ Ein starker Wind fegte plötzlich über die Insel und heiße Dampfschwaden strömten von dem jungen Mann aus. Nami wusste, was jetzt kam und trat automatisch einen Schritt zurück. Ruffy biss sich in seinen Daumen und ließ seine Faust auf gigantische Ausmaße anschwellen. „Gum-Gum-Gigant-Pistol!“ Ruffys Schrei erschien unnatürlich laut in ihren Ohren, als sie Monster-Faust auf den Schwarzen Panther zuraste. Die Orangehaarige bemerkte noch, wie dieser verzweifelt versuchte seine Technik anzuwenden, doch gegen das Ausmaß dieses Angriffs hatte er keine Chance. Ein kurzer Aufschrei, das Krachen mehrerer umstürzender Bäume und dann Stille. Ein leiser Aufschlag neben Nami ließ sie ihren Blick von der Schneise der Verwüstung abwenden und sah auf den kleinen Ruffy herunter, der sich auf dem Rücken liegend im warmen Sand ausruhte. Obwohl er schwer atmete, zierte ein breites Lächeln sein Gesicht. „Ha! Gewonnen!“, quietschte er mit zu hoher Stimme, worauf auch Nami lächeln musste. „Ja.“ „Nicht schlecht, Ruffy.“ Zorros Stimme erschreckte die beiden. Ihre Freunde waren zu ihnen gestoßen, ein Lächeln im Gesicht. „Und dabei sehe ich noch besser aus, als du“, lachte der inzwischen wieder groß gewordene Kapitän und zeigte auf die vielen Schnittwunden, die der Schwertkämpfer davon getragen hatte. „Das bezweifle ich“, gab dieser zurück und musterte den angeschlagenen Körper seines Kapitäns. Ebenfalls grinsend. „Das war es jetzt aber, oder?“ Ruffy schrecke auf, kam wackelig auf die Beine und blickte zwischen seinen Freunden hindurch, als Chopper sich durch die Reihen schob, dich gefolgt von ihrem Gast. „Misaki!“, grüßte er die Rothaarige freundlich, die ihm entgegenlächelte. „Bist du ok?“ „Klar. Das ist nichts, was ich nicht überleben könnte.“ Sie grinste. „Mach dir keine Sorgen, Ruffy! Sie ist nicht schwer verletzt“, gab nun auch Chopper seine professionelle Meinung dazu, was den Schwarzhaarigen sichtlich entspannte. „Ein Glück!“ Eine leichte Röte erschien auf Misakis Gesicht, ehe sie sich von dem Piratenkapitän abwandte und zu Nami herüber sah. „Wir kennen uns ja noch gar nicht“, grinste sie und streckte der Orangehaarigen ihre Hand zum Gruß entgegen. „Ich heiße Misaki und freue mich, dich kennen zu lernen. Da der Strohhut mein Boot versenkt hat, bin ich gerade als Gast auf eurem Schiff dabei.“ Nami zögerte einen Moment, brachte dann aber ein breites Grinsen zustande und nahm die Hand der Rothaarigen. „Ich bin Nami und die Navigatorin auf der Sunny. Und Sorry, wegen deinem Boot. So etwas macht er leider öfter.“ „Ja, das glaube ich dir sogar.“ Der ganzen Crew schlich sich ein Lächeln auf ihre Gesichter und selbst Ruffy, der sich verlegen am Kopf kratze, lachte ausgiebig. „Dann bleibt nur noch die Frage, was wir mit den Amuletten machen.“ Robins Worte zogen die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich. „Jetzt haben wir ja alle Vier! Yohohoho!“, bemerkte Brook und Robin nickte ihm zu. „Nami, weißt du etwas darüber?“ Diese zuckte nur mit den Schultern. „Nicht wirklich. Er hat mir nie viel darüber verraten. Er hat nur immer was von einer Karte gefaselt.“ „Eine Karte?“, wiederholte Misaki und zog ihre rote Kette unter ihrer Kleidung hervor. Gebannt blickten alle auf den Edelstein, doch niemandem schien etwas daran aufzufallen. „Vielleicht ist nicht der Stein selbst die Karte…“, überlegte Robin laut. „Vielleicht gibt es noch etwas anderes, was dafür benötigt wird.“ „Wir sollten uns den Kerl mal genauer ansehen. Wahrscheinlich war er so siegessicher, dass er die anderen Steine sogar dabei hat.“, schlug Sanji vor und sie gingen hinüber zu der Stelle, an der der Schwarze Panther bewusstlos auf dem Waldboden lag. Gesicht sah ziemlich anders aus, als noch vor einigen Minuten. Man konnte kaum glauben, dass das immer noch derselbe Mensch war. Sanji durchwühlte die Taschen des Mannes und zog einen Beutel heraus, den er Misaki überreichte. Als diese die Schnüre öffnete und den Inhalt in ihre Handfläche schüttete, funkelten ihr drei weitere Edelsteine entgegen. Sie hatten dieselbe Form, wie ihr eigenes Schmückstück und es schien dieselbe Intensität in ihnen zu brennen. „Cyan, gelb und schwarz.“, meinte sie leise, nahm ihre eigene Kette ab und legte diesen Stein inmitten der anderen. Plötzlich keuchte sie auf, was den anderen einen ziemlichen Schrecken einjagte. „Misaki? Alles okay?“, fragte Chopper leise, doch die Rothaarige antwortete nicht. Gehetzt blickte sie sich um, ehe sie ohne ein Wort zu sagen zurück in die Richtung des Strandes lief. Die Strohhutbande folgte ihr sofort und als sie sie fanden, saß sie im weißen Sand und blickte gen Boden. „Misaki, was…?“, setzte Ruffy an, doch Robin unterbrach ihn. „Nicht schlecht. Ich bin beeindruckt.“ Die Schwarzhaarige lächelte, als sie auf die Entdeckung der Rothaarigen hinab sah. Ein verwundertes Staunen lag in der Luft. „Die Steine zeigen die Karte erst, wenn sie alle beieinander sind. Man muss sie nur auf eine glatte Oberfläche legen“, erklärte sie und betrachtete die wilden Linien, die plötzlich auf den vier Steinen zu sehen waren. „’Das Unhörbare wird Hörbar. Wissen ist die größte Macht. Leid und Freude liegen nah beieinander.’“ Sie alle starrten auf die kleinen Wörter, die Misaki gerade vorgelesen hatte. „Denke nur ich so, oder klingt das nicht gerade freundlich?“ Franky kratzte sich fragend am Kopf. „Es klingt nach einer Menge Arbeit für uns.“, kommentierte Zorro. „Kein Wunder, dass der Kerl das haben wollte. Das klingt, als ob man viel Schaden damit anrichten kann.“ Lysopp zog sich seine Mütze zurecht. Wieder wandten sie ihren Blick den merkwürdigen Linien zu, die sich wie ein Spinnennetz über die Oberfläche der vier Steine zogen. Niemand schien so recht schlau daraus zu werden. „Das heißt, wir müssen nur dieser Karte folgen, um diesen merkwürdigen Schatz zu finden?“ Choppers leise Stimme war eine Oktave höher als normal, was seine Angst vor der Antwort auf seine Frage verriet. „Aber was machen wir damit? Das Ding könnte ziemlich gefährlich werden, wenn es der Falsche in die Hände bekommt.“ Frankys Einwand brachte einen fragenden Ausdruck auf die Gesichter seiner Freunde. Niemand schien so recht eine Antwort darauf zu haben. „Ich mach das.“ Es dauerte einige Sekunden, ehe die Bedeutung der Worte zu jedem durchgedrungen war. Sie blickten auf und sahen der breit lächelnden Misaki entgegen, die sich von dem sandigen Boden erhoben hatte und gerade die letzen Körnchen von ihrer Kleidung wischte. „Was meinst du damit?“, fragte Brook. „Ich werde diesen Schatz suchen und dafür sorgen, dass er niemals jemandem in die Hände fällt. Meine Familie war im Besitz eines der Schlüssel, was bedeutet, dass sie schon seit langer Zeit dieses Geheimnis hüteten. Also werde ich herausfinden, was es damit auf sich hat.“ Sie grinste breiter. „Ich werde das fortführen, was meine Eltern mir anvertraut haben.“ „Dann… trennen sich also unsere Wege?“, fasste Robin die Situation zusammen. „Ja.“ „Du sollst aber meiner Crew beitreten!“, meinte Ruffy aufgebracht und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Ich habe bereits abgelehnt, Ruffy.“ Die Rothaarige lächelte. „Ich bin keine Piratin und war nie eine. Ich bin da in etwas hineingeraten, dem ich nicht gewachsen war und was ich beinahe mit dem Leben bezahlt hätte.“ Sie dachte an die riesige Narbe, die ihren Rücken zierte und ein kalter Schauer rann über ihren Körper. „Und dieses Mal war es auch nicht anders. Ich bin keine Kämpferin. So, wie ich es ursprünglich geplant hatte, werde ich mich zurückziehen.“ „Misaki…“ Namis leise geflüstertes Wort, ließ die Rothaarige aufsehen. „Ich habe dir gesagt, ich habe deinen Platz nicht angerührt. Das hatte ich nie vor. Ich werde gehen. Auf der Lola-Lola-Insel leben ein paar Bekannte von mir. Dort werde ich mich auf meine Reise vorbereiten. Und ein neues Boot werde ich da wohl auch bekommen. Das ist es, was ich schon so lange gesucht habe: Eine Aufgabe.“ Auch, wenn sie versuchten es zu verbergen, Misaki konnte es ganz deutlich sehen: den Hauch von Traurigkeit in ihren Augen. Sie lächelte. „Jetzt macht nicht solche Gesichter! Das ist das Beste, was mir je passiert ist! Endlich hat mein Leben wieder einen Sinn! Und da ihr mir ja versprochen habt, mich zu der Insel zu bringen, haben wir auch noch ein paar Tage, an denen wir etwas zusammen unternehmen können!“ Sie sah jedem kurz in die Augen, ehe sie fort fuhr. „Und außerdem habe ich eine Sache gelernt: Man sieht sich immer zweimal im Leben!“ ***** Das Gefühl, einen schlimmen Fehler begangen zu haben, lässt einen nie wieder los. Die Gewissheit, etwas zerstört zu haben, ist wie ein unübersehbarer Schatten Teil der Gedanken. Und die Tatsache, dass einem der Fehler verziehen wurde, macht diesen Schatten manchmal nur noch größer. Aber das ist etwas, mit dem man leben kann. Man leben muss. Zum Wohl derer, die man verletzt hat. Das mit dem Glücklich sein ist so eine Sache. Die, die man liebt, sollen glücklich sein, egal, was es kostet. Und doch funktioniert das so nicht. Wenn man sein eigenes Glück für das seiner Freunde opfert, stützt das beide Seiten ins Verderben. Echte Freunde sind nur glücklich, solange man selber glücklich ist. Es ist schwer den richtigen Weg zu gehen. Immer nach vorne zu sehen. An die Zukunft zu glauben und seine Träume nicht zu vergessen. Und dennoch gibt es immer wieder Menschen, die einem zeigen, wie wichtig genau das ist. Die einem sagen, man soll nicht aufgeben. Die letzten vier Tage waren wie im Flug vergangen. Sie hatten es nicht eilig gehabt und trotzdem war die Sunny nur so über das Meer geflogen. Und jetzt standen sie dort. In einem kleinen Hafen der Lola-Lola-Insel. Sie waren bereit zum Aufbruch. Die Segel waren gehisst. Neue Abenteuer warteten bereits. Aber es gab etwas, was sie zurück hielt. Vor ihnen stand ein junges Mädchen, dessen rote Haare wie Feuer im Licht der strahlenden Sonne leuchteten. Ein breites Grinsen zierte ihr Gesicht, auch wenn jedem der kleine Schatten in ihren Augen aufgefallen war. Es war ein Abschied. Wahrscheinlich für immer. Und auch, wenn jeder wusste, dass es das Beste für alle war, gab es einen kleinen Platz in ihren Herzen, der sich dagegen wehrte. „Ihr müsst los, bevor die Marine hier noch auftaucht.“ Ihre leisen Worte, die nur für ihre Freunde bestimmt war, gingen beinahe in dem Rauschen des Meeres und des Windes unter. „Danke, Misaki. Für alles.“ Nami war die erste, die ihre Stimme wieder fand. Tränen brannten in ihren Augen, denn obwohl sie sich kaum kannten, wusste sie, was sie diesem Mädchen zu verdanken hatte. „Es hat wirklich Spaß gemacht“, gab sie nur als Antwort und ihr Lächeln wurde breiter. „Falls du mal wieder Hilfe brauchst, komm einfach vorbei, okay?“ Ruffy lächelte bei seinen Worten. Hingegen seines sonstigen Verhaltens, hatte er Misakis Abfuhr schnell akzeptiert. Auch wenn er es immer wieder probiert hatte, sie umzustimmen, so drängend wie bei Nami oder Franky hatte er es bei ihr nie versucht. „Danke, Ruffy. Ich werde es mir merken, auch wenn ich hoffe, nicht darauf zurückkommen zu müssen.“ Sie blickte in die Runde, der auf dem Steg stehenden Piraten. „Danke auch an euch. Für alles.“ „Misaki-chwaaan! Ich werde dich vermissen.“ Sanji schien sich beinahe die Augen auszuweinen, was die Rothaarige zum Schmunzeln brachte. „Pass auf dich auf!“, meinte Chopper. „Wir sehen uns, Schwester!“, kam es von Franky, der seine Arme in seinem Lieblingsposing in die Luft streckte. „Wenn du stärker geworden bist, lass mich mal gegen dich antreten“, grinste Zorro und sah sie herausfordernd an. „Klar! Aber nicht, dass du das bereust“, gab Misaki als Antwort und grinste verschwörerisch. „Pass gut auf dich auf, Fräulein Misaki.“ Robin legte ihr zum Abschied kurz eine Hand auf die Schultern, ehe sie als erste das Schiff betrat. „Man sieht sich!“, grinste Lysopp und folgte der Archäologin. „Es war mir eine große Freude, dich kennen zu lernen!“, lächelte Brook, bevor er sich verbeugte. Nach und nach verschwanden die Piraten auf dem Schiff, bis nur noch Ruffy und Nami bei der Rothaarigen standen. Nami suchte fieberhaft nach den richtigen Worten, mit denen sie ihren Dank aussprechen konnte, doch der Kloß in ihrem Hals sorgte dafür, dass kein Ton ihre Lippen verließ. „Ich muss dann auch los. Ich habe noch einiges vor!“, lächelte Misaki. „Es war wirklich schön mit euch. Passt aufeinander gut auf, ja?“ „Ich schwöre es dir“, gab Ruffy als Antwort mit einem Ernst in der Stimme, die beide Mädchen aufhorchen ließ. „Das freut mich. Lebt wohl. Und denkt immer daran: Das Meer vergisst keine Freundschaft!“ ***** Das letzte, was sie von der Rothaarigen gesehen hatte, waren ihre feuerroten Haare, die wie eine Flamme um ihr lächelndes Gesicht wallten. Ihr Arm war zum Abschied nach oben gestreckt, als sie die lange Straße hinauf in das Dorf rannte. Nami hob ihren Blick. Still starrte sie den Sternen entgegen. Die Nacht auf See war kalt und doch fühlte sie die niedrigen Temperaturen kaum. Trotz des T-Shirts und der kurzen Hose, welche sie immer noch trug. Das Schiff hatte sich nicht verändert, während sie weg war. Misakis Gästebett war verschwunden und nichts erinnerte noch an den kurzweiligen Gast auf der Thousand Sunny. Und doch spürte die Navigatorin eine Veränderung, die sich einfach nicht leugnen ließ. Aber es lag weder an dem Schiff noch an den anderen: Es lag an ihr. Sie war diejenige, die sich verändert hatte. Sie hatte tatenlos zugesehen, wie Menschen umgebracht wurden. Nur, um einer Macht hinterherzulaufen, die der Welt nur noch mehr Schaden bringen würde. Ihre Freunde hatten ihr vergeben. Sie alle hatten ihre Entschuldigungen angehört und sie ohne zögern angenommen. Sie waren froh, ihre Navigatorin wieder zu haben. Doch sie selbst hatte sich noch lange nicht vergeben. Eine neue Narbe brannte auf ihrem Herzen. Gleich neben der Arlong-Narbe. Doch das war nichts, womit sie nicht leben konnte. Das würde von nun an ein Teil ihrer Selbst sein. Sie konnte nur versuchen ihre Zukunft so zu gestalten, dass die Narben wenigstens nicht mehr schmerzten. „Meine Güte. Seit wann bin ich so verdammt melancholisch? Das ist ja widerlich.“ Ihre Stimme huschte wie ein leises Flüstern über das leere Deck. Die anderen waren bereits im Bett, doch Nami konnte einfach nicht schlafen. Zu viel ging ihr durch den Kopf. Ließ sie einfach nicht in Ruhe. Genau wie die letzten Tage. Schlaf war echt Mangelware. Und jetzt, wo Misaki weg war, war es irgendwie noch schlimmer geworden. „Du solltest wirklich mal schlafen.“ Seine Stimme ließ sie aufschrecken. Ihre Augen suchten nach der dunklen Gestalt, die nur wenige Meter hinter ihr stand. Sein Lächeln entblößte seine strahlend weißen Zähne, die durch das Mondlicht schauderhaft glühten. „Das sagt der Richtige.“, gab sie zurück und wandte sich ab. Nur wenige Augenblicke später saß er bereits neben ihr. „Du hast schon seit Tagen nicht geschlafen. Chopper macht sich echt Sorgen um dich.“ Ein kleines Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht. „Es tut mir leid. Es ist viel passiert, was ich selbst erst Mal verdauen muss. Ich habe mich verändert und das ist selbst für mich ziemlich gruselig.“ Gruselig. Das war das richtige Wort. „Ich habe viel Mist gebaut, Ruffy, und ich muss sehen, wie ich damit klar komme.“ Ihre Stimme versagte. Der Kloß blockierte ihre Kehle und sie brachte nur einen lauten Seufzer zustande. Doch, als Ruffy plötzlich anfing zu lachen, sah Nami auf. Ein wenig wütend darüber, dass er bei ihren Worten kicherte. „Weißt du, Misaki ist ein ganz toller Mensch. Sie hat mir mehr als einmal aus der Patsche geholfen. Und vor allem hatte sie mit ihren Worten immer recht. Ich mag ihren Spruch. Das Meer vergisst keine Freundschaft. Daran möchte ich glauben.“ Seine Augen glänzten, als er die Sterne über ihnen beobachtete, und diese sich in seinen Augen spiegelten. Der bloße Anblick ihres besten Freundes ließ die Navigatorin bis ins Innerste entspannen. Den roten Schimmer, der im Moment auf ihrem Gesicht liegen musste, ignorierte sie einfach. „Ich wünschte, ich hätte sie besser kennen lernen können.“ Nami seufzte. „Aber ich bin mir sicher, dass sie ein ganz besonderer Mensch ist.“ „Ja, das ist sie. Immerhin hat sie uns geholfen, dich zurück zu holen.“ „Und dafür werde ich ihr immer dankbar sein.“ Plötzlich legte sich ein Arm um ihre Schultern und zog sie ein wenig zur Seite, bis ihr Körper gegen seinen stieß. Nami verkrampfte sich, als sich der Griff seiner Hand verstärkte. So, als wollte er sie nie wieder los lassen. Die Navigatorin atmete einmal tief durch und lehnte sich an ihren Kapitän. In diesem Moment ging es ihr wieder gut. Ihre Welt war wieder ganz und das nur dadurch, dass Ruffy da war. Er gab ihr mehr, als er ahnte. „Und ich erst.“ Sein Kommentar zu ihrem letzten Satz ließ sie lächeln. Hier war sie Zuhause und das war alles, was zählte. „Das Meer vergisst keine Freundschaft. Wir werden sie bestimmt wiedersehen.“ Die Sterne, die hoch am Himmel funkelten, erhellten die Nacht und ihre tiefen Schatten. Und Nami war sich sicher: Misaki sah in diesem Moment ebenfalls genau diese Sterne über ihr funkeln. Sie teilten nun gemeinsame Erinnerungen und das würde sie für immer miteinander verbinden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)