Abgekarterte Spiele von abgemeldet ("Gets down to what it's all about, doesn't it? Making the wrong move at the right time.") ================================================================================ Kapitel 93: Einbahnstraße ------------------------- „Hereinspaziert.“ meint Bakura fröhlich und hält mir galant die Tür zu dem Lagerhaus auf. Ich funkele ihn wütend an, mach jedoch keinerlei Anstalten seiner Aufforderung Folge zu leisten. Der Dieb seufzt und im nächsten Augenblick werde ich auch schon unsanft von seinem neuen Kollegen ins Innere geschoben. Mein Blick wandert durch die Lagerhalle und ich vermute, dass sie einst als einer Art Werkstatt diente. In einer Ecke steht ein ausgeschlachtetes Auto, ansonsten kann ich mehrere Werkbänke und allerhand Gerätschaften entdecken. Wortlos werde ich weiter voran geschoben und höre wie die schwere Eisentür ins Schloss fällt. Bakura schreitet nun voraus und bewegt sich auf eine der riesigen Plastikfolien zu, die von der Decke hängen. Er schiebt sie beiseite und ich schlucke hart als ich eine Art Liege dahinter erkenne. Es besteht kein Zweifel daran, welchem Zweck sie dienen soll. „Nimm doch bitte Platz.“ fordert der Dieb mich auf und deutet mit dem Kopf auf die Liege. Ich rühre mich nicht und er seufzt, sagt jedoch nichts sondern wendet sich einer der Werkbänke zu, die neben der Liege steht. „Setzen.“ befiehlt Dante hinter mir und gibt mir einen so harten Stoß, dass ich ins Taumeln komme. „Damit wirst du nicht durchkommen, Bakura.“ erkläre ich und bin froh, dass meine Stimme sicherer klingt als ich mich fühle. „Ach ja?“ fragt der Dieb. „Und wer sollte mich deiner Meinung nach daran hindern?“ In seinen Augen blitzt es amüsiert auf. „Wenn ich mich nicht irre, weiß niemand wo du bist.“ fährt er ungerührt fort und greift nach einem der Werkzeuge, die auf der Bank liegen. „Mokuba ist mit Fernsehen beschäftigt, dein Vater hat noch einen wichtigen Termin und der gute Kaiba...“ Er spricht nicht weiter, sondern grinst lediglich. „Seto wird wissen, dass du dafür verantwortlich bist.“ entgegne ich eisig, aber er lacht nur und wendet sich wieder der Werkbank zu. Sein Begleiter packt mich unsanft am Arm und macht Anstalten, mich auf die Liege zu befördern. „Das kann ich alleine.“ knurre ich und er zieht seine Hand zurück. Widerwillig nehme ich auf der Liege Platz und mein Blick wandert zu den Bändern, die an den Seiten angebracht sind. Der Dieb hat scheinbar an alles gedacht. Wortlos drückt mich Dante auf der Liege nieder und im ersten Augenblick will ich Widerstand leisten. Ich überlege fieberhaft, wie ich mich aus dieser Lage befreien könnte. Beide sind bewaffnet und auch so hätte ich vermutlich kaum einen Chance gegen alle Zwei. Ich spüre wie mein Mut mich verlässt. Er hat Recht. Niemand weiß wo ich bin. Selbst wenn Mokuba auffällt, dass ich doch länger weg bin, als ich gesagt habe, was sollte der Kleine schon unternehmen? Gut, er könnte sich an Jack wenden, aber... Ich schlucke hart. „Ich sehe, du bist dir der Ausweglosigkeit deiner Situation bewusst, Wheeler.“ bemerkt Bakura, der sich mir wieder zugewandt hat. Meine Handgelenke werden gepackt und festgeschnallt und ich lasse es wortlos geschehen. „Sehr schön, dann kann ich mir ja jegliche Hinweise darauf sparen.“ Bakura lächelt noch immer. Mag meine Zuversicht auch schwinden, meine Wut wächst von Sekunde zu Sekunde. „Was hat dir Grey für die Nummer hier geboten?“ will ich herausfordernd wissen. „Wie hoch ist der Preis für deinen Verrat?“ All meine Verachtung schwingt in meiner Stimme mit und für einen kurzen Augenblick verspüre ich den Wunsch, ihm ins Gesicht zu spucken. Bakura sieht mich erstaunt an. „Du meinst, ich tue das hier für Geld?“ fragt er dann. Ich entgegne nichts. „Nun, wenn es dich wirklich interessiert, Hündchen, dann will ich dir unseren Deal verraten.“ fährt er nach kurzer Pause fort. „Dein Leben für das von Ryou. Das ist der Preis.“ Nun ist es an mir erstaunt zu sein. Ich starre den Dieb entgeistert an. Er nickt bedächtig. „Vor die Wahl hat Grey mich gestellt und mal ehrlich... meine Entscheidung ist doch durchaus nachvollziehbar, oder?“ Er sieht mich fragend an und ich weiß nicht, was ich erwidern soll. Sein Gesichtsausdruck lässt keinen Zweifel daran, dass er gerade tatsächlich die Wahrheit gesagt hat und ich kann mir auch nur zu gut vorstellen, dass Grey zu solch einer Erpressung greifen würde. Und ja, ein Teil von mir findet seine Entscheidung tatsächlich nachvollziehbar. Bakura und ich sind keine wirklichen Freunde. Das waren wir nie. Aber Ryou und er... „Nun guck nicht so belämmert aus der Wäsche, Wheeler.“ fordert er mich auf und da ist es wieder, dieses undefinierbare Lächeln in seinem Gesicht. Meine Kehle ist wie zugeschnürt. Trotzdem schaffe ich es ein trockenes „Warum“ zu krächzen, obgleich ich nicht einmal genau weiß, worauf die Frage eigentlich abzielt. Bakura zuckt mit den Schultern. „Ist das nicht offensichtlich?“ kontert er. „Grey weiß, wie wichtig du inzwischen für Kaiba bist. Also ist es eine ganz einfache Rechnung.“ Ich nicke unwillkürlich. Ja, so gesehen ist es wohl eine einfache Rechnung. Grey will Seto fertig machen. Was liegt da näher als die Menschen aus dem Weg zu räumen, an denen ihm etwas liegt? Mokuba, Roland, meine Wenigkeit. Eine logische Konsequenz. Vor allem in Hinblick auf John Armstrong. „Seto wird dich dafür büßen lassen.“ Meine Stimme klingt eigenartig, mein Hals schmerzt. „Ryou hin oder her. Es muss einen anderen Weg geben. Wenn du das hier durchziehst, dann...“ Ich breche ab und schüttele leicht den Kopf. Bakura macht den Eindruck als wolle er etwas erwidern, aber Dante kommt ihm zuvor. „Fangen wir endlich an. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“ meint er ungehalten und funkelt den Dieb an. Bakura´s Miene verfinstert sich schlagartig. „Ich leite diese Operation, Kumpel, falls es dir entgangen sein sollte.“ erwidert er scharf. „Und dein Boss will eine gute Show. Also mach dich nützlich und bring schon mal die Kamera in Stellung.“ Kamera? Ich blicke mich schlagartig zu dem Fremden um, der nun wieder hinter der Plastikfolie verschwindet. Dann wende ich mich wieder Bakura zu. Dieser verdreht gespielt genervt die Augen. „Besonderer Wunsch von Grey.“ erklärt er ruhig. „Er will eine hübsche Aufnahme von meiner Arbeit... Als persönliches Andenken und als Präsent für Kaiba.“ Fassungslos starre ich den Weißhaarigen an, der vollkommen ungerührt da steht und ich brauche einen Moment um seine Worte zu begreifen. „Dann wird Seto wissen, dass du...“ Ich beende den Satz nicht. Mit einem Schlag wird mir die gesamte Tragweite meiner Situation bewusst. Der Dieb will mich tatsächlich töten. Meinen Tod auf Video aufnehmen. Das hier ist keines seiner bösen, kleinen Spielchen. Es ist ernst. Ich werde hier nicht lebend raus kommen. „Denkst du ich bin so dämlich und lasse mich bei meiner Arbeit filmen?“ höre ich den Dieb fragen. „Ich liefere mich Grey doch nicht freiwillig aus. Nein, mich wird man auf dem Video nicht erkennen. Dich jedoch schon. Und wie gesagt, das Ganze war nicht meine Idee. Es ist nichts persönliches, Wheeler, auch wenn ich dich nicht sonderlich mag. Vielleicht ist dir das ein schwacher Trost.“ „Klar ist es das.“ zische ich ihn verächtlich an, aber Bakura hält meinem Blick ungerührt stand. Unwillkürlich wandert mein Blick zu der Werkbank. Verschiedene Gerätschaften liegen dort für ihren Einsatz bereut und ich kann mir ausmalen wie dieser aussehen wird. Wieder muss ich an den Abend bei Siegfried stellen, daran was der Dieb mit dem Deutschen gemacht hat. Er kannte keinerlei Skrupel, keine Hemmungen. Die Schreie des Rosahaarigen ließen ihn vollkommen kalt. „Und so wird es auch bei mir sein...“ durchzuckt es mich und ich schaudere. Erneut überschlagen sich meine Gedanken. Wenn ich nur wüsste, was ich tun könnte. Es besteht kein Zweifel daran, dass Bakura seinen Auftrag auszuführen gedenkt und ich bin ihm hilflos ausgeliefert. Nichts was ich sage, wird ihn davon abbringen können und ich wüsste auch nicht einmal was ich sagen sollte. Und Seto... was spielt es für eine Rolle ob er erfährt, dass es Bakura´s Werk war, wenn ich erst tot bin? Seto... Bei dem Gedanken an ihn, zieht sich alles in mir zusammen. Er wollte mich aus der Schusslinie haben, mich in Sicherheit wissen und nun bin ich hier. Die Rückkehr des Fremden nehme ich nur beiläufig wahr. Das Plastik raschelt und mein Blick wandert fast automatisch zu Dante. Er hat ein Stativ bei sich und eine kleine schwarze Tasche, in der sich wohl die Kamera befindet. Ohne ein Wort zu verlieren, baut er das Gerät auf und wendet sich dann an Bakura. „Wir können anfangen.“ erklärt er und der Dieb nickt. Ich sehe, wie er sich eine Art Skimaske überzieht und zu ein paar Handschuhen greift, die neben ihm auf der Werkbank liegen und alles in mir möchte schreien, doch ich bekomme keinen Ton heraus. Ich kann nur gebannt auf den Dieb starren, der sich dem Werkzeug zugewendet hat und scheinbar dabei ist, sich sein erstes Spielzeug auszusuchen. „Bakura...“ bringe ich schließlich panisch hervor und suche die Augen des Diebes. „Ich bitte dich... du...“ Weiter komme ich nicht, denn der Fremde tritt neben mich und stopft mir etwas in den Mund. Ich würge automatisch und versuche den Gegenstand auszuspucken, doch da wird er auch schon mit Klebeband an meinem Mund fixiert. „Auf Geschrei können wir wohl verzichten.“ meint Dante und bezieht gleich auch wieder Position hinter der Kamera. Bakura zuckt gleichgültig mit den Schultern. „Solange sein Gesicht im Bild ist.“ entgegnet er trocken und macht einen Schritt auf mich zu. In seiner Hand hält er ein Messer. Ich gebe einen erstickten Schrei von mir als er sich über mich beugt und die Klinge direkt vor meinen Augen aufblitzt. Instinktiv reiße ich an den Fesseln und versuche mich auf der Liege hin und her zu winden. „Je mehr Widerstand du leistest, desto schmerzhafter wird es.“ sagt der Dieb leise und sieht mir direkt in die Augen. Kühle Finger machen sich daran, mein Hemd zu öffnen. Dann spüre ich die Klinge an meiner Schulter und gellender Schmerz durchzuckt mich. Schmerz, der mir klar macht, dass dies alles Wirklichkeit ist. Dass es tatsächlich passiert. Ich sehe wie Blut sich auf meinem weißen Hemd ausbreitet und schreie. Doch von meinem Schrei ist nichts zu hören. Meine Lider beginne zu flackern und dann wird alles für einen Moment schwarz. „Wenn der Kleine jetzt schon ohnmächtig ist, wird die Nummer hier wohl nicht lange dauern.“ vernehme ich eine fremde Stimme in der Dunkelheit. Sie und der brennende Schmerz zwingen mich, meine Augen wieder zu öffnen. Ich blinzele. Bakura beugt sich nicht länger über mich. Ich brauche einen Moment, um wieder zu realisieren wo ich mich befinde. Der Dieb ist zurück an die Werkband getreten. Die Kamera ist noch immer auf mich gerichtet. Genau wie der Blick des Fremden. „Wir werden sehen.“ entgegnet der Weißhaarige gleichmütig und greift nach einem anderen Werkzeug, legt es sogleich jedoch wieder nieder. Fast schon liebevoll streicheln seine Finger über die verschiedenen Gegenstände und trotz meiner Panik und der Schmerzen, entgeht mir nicht sein konzentrierter Blick. Mit seiner Auswahl lässt er sich deutlich Zeit. Doch das hat er bereits bei Siegfried so gemacht. Zermürbungstaktik würde Seto sagen. Nur, dass es hier nicht darum geht mich zu zermürben. „Nimm endlich irgendetwas.“ Dante klingt ungehalten. „Ist ja schließlich keine Wissenschaft.“ Bakura bedenkt ihn mit einem tadelnden Blick. „Man sieht, mein naiver Freund, dass du keinerlei Ahnung von der Materie hast. Die Arbeitsmaterialien müssen sorgsam ausgewählt werden. Wie sonst kann man eine gute Arbeit abliefern.“ erklärt er dem Fremden, der daraufhin leicht den Mund verzieht. „Und dein Boss erwartet doch eine gute Arbeit, oder?“ Der Weißhaarige hält nun irgendetwas in der Hand, was ich nicht wirklich zu erkennen vermag. „Sieh dir zum Beispiel diese hübsche Zange an. Was denkst du, kann man damit herrliches machen?“ fragt er an Dante gewandt. Dieser runzelt leicht die Stirn, sagt jedoch nichts. „Siehst du.“ meint Bakura triumphierend. „Du weißt es nicht. Daher bin ich der Profi und du der Amateur. Aber ich will es dir verraten, mein unwissender Komplize.“ Der Dieb macht einen Schritt auf den Mann zu. „Mit diesem vergnüglichen Instrument kann man zum Beispiel Zähne ziehen. Eine äußerst Schmerzhafte Prozedur, wie du dir vorstellen kannst. Deshalb muss man genau abwägen, wann man dazu greift.“ erläutert der Dieb weiter und ich kann nicht anders, ich muss ihn fasziniert und entsetzt zugleich beobachten. „Greift man zu früh zu solchen Mitteln, wird der Patient ohnmächtig und man muss warten bis er wieder zu sich kommt. Um ein effektives Ergebnis zu erzielen, bedarf es also einer bestimmten Vorgehensweise. Wir möchten doch, dass alle auf ihre Kosten kommen, oder?“ Dante betrachtet Bakura einen Augenblick stirnrunzelnd und ich würde wetten, dass ihm gerade aufgeht, wie verrückt sein neuer Kollege tatsächlich ist. Dann zuckt er gleichgültig mit den Schultern. Bakura legt die Zange zurück auf den Tisch und greift nach etwas anderem. „Für was eignet sich deiner Ansicht nach dieses Stück?“ will er von seinem Komplizen wissen. Dieser antwortet nicht gleich. Er scheint tatsächlich zu überlegen. „Ich würde sagen, damit kann man die Finger brechen. Oder die Kniescheiben zertrümmern.“ erwidert er schließlich und Bakura lächelt. „Exakt.“ meint der Dieb fröhlich. „Aber man kann auch noch etwas anderes damit tun...“ Was als Nächstes passiert, geschieht so schnell, dass ich es im ersten Augenblick nicht wirklich begreife. Bakura macht eine leichte Handbewegung und Dante geht in die Knie. Der Mann sackt in sich zusammen und landet mit einem dumpfen Knall auf dem Boden. Bakura grinst. „Es eignet sich auch perfekt dazu, jemanden außer Gefecht zu setzen, ohne ernsthafte Schäden anzurichten.“ erklärt der Dieb abschließend und ist im nächsten Augenblick auch schon neben mir. „Ich werde dich jetzt losmachen und den Knebel entfernen.“ höre ich ihn sagen und starre ihn entgeistert an. „Und dann wirst du mir helfen, meinen Auftrag zu erfüllen, Wheeler. Hast du verstanden?“ Bakura´s graue Augen ruhen fragend auf mir. Ehrlich gesagt, verstehe ich nur Bahnhof, doch ich nicke langsam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)