Best New Year's Resolution von Jyll ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Silvester Aoi sprintete die letzten Stufen hinauf, immer zwei auf einmal nehmend. Seine Lederjacke war offen und der dunkelrote Schal nur nachlässig um den Hals geworfen, obwohl draussen ein halber Schneesturm tobte. In der Hand trug er eine Champagnerflasche. Eine Grosse. Der Dunkelhaarige drückte den kleinen, runden Knopf in die Versenkung der Wand und durch die Tür ertönte das Läuten der Türglocke. Atemlos wartete Aoi auf Uruha. Ob er da war? So genau wusste er es nicht; Das Licht im Gang verhinderte das Erkennen, ob Licht aus des Blonden Wohnung durch den Bodenspalt drang. Sein erschöpftes Herz beschleunigte nur ein Stück, als er leise Schritte vernahm und die Tür geöffnet wurde. Ein mehr oder weniger gleichgültig dreinsehender Uruha sich am Türrahmen abstützte. „Aoi?“, meinte er leicht überrascht. Geräusche drangen aus der Wohnung, eine Stimme rief. „Oh ahm, du hast jemanden bei dir. Ich wollte…nicht…“ Aoi machte einige ungeschickte Handbewegungen. Natürlich hatte Uruha Besuch. Wie immer. Uruha reagierte nicht darauf. Vielleicht blitzte ein amüsiertes Lächeln für einen Moment in seinem Mundwinkel auf, aber Aoi sah dies nicht. „Willst du dich betrinken?“ Uruha sah auf die Flasche in Aois Hand hinab. Aoi nickte bestätigend. „Oh jaa!“ Der Blonde grinste. „Komm rein.“, schwang die Tür weiter auf. „Aber…du hast Besuch…“, wand Aoi ein und warf einen kurzen, andeutenden und unsicheren Blick in Uruhas Diele. Das Grinsen des Blonden wurde breiter. „Das war der Fernseher du Dummerchen“, und zog ihn einfach am freien Handgelenk hinein. Aoi stolperte in die Wohnung, wurde sofort vom Geruch des Blonden empfangen. Er drehte seinen Kopf zu Uruha und für einen Moment blickten sie sich in die Augen. Der Moment wurde eine Sekunde zu lange und der Dunkelhaarige wandte sich ab, zog seine Schuhe und seine Jacke ab, Uruha entledigte ihm den Schal und sie gingen ins Wohnzimmer. Es war erleuchtet, eine angebrochene Flasche Rotwein mit Glas stand auf dem kleinen Couchtisch und im Fernseher lief irgendein westlicher Film. Tatsächlich gab es kein Anzeichen für eine andere Person. Aoi seufzte und sah auf seine Armbanduhr. Erst 10 Uhr. „Willst du die jetzt schon aufmachen?“, fragte Uruha skeptisch, deutete auf die Champagnerflasche und nahm den Rotwein in die Hand. „Fangen wir zivilisiert an.“, meinte er und schenkte dem Dunkelhaarigen ein. Aoi liess sich auf die weiche Cremecouch fallen und beobachtete Uruha. Dieser kam anmutig auf ihn zu, entzog seinen Händen langsam die mitgebrachte Flasche und öffnete lächelnd das Fenster, stellte das Gefäss in die Schneebank um es kühl zu halten bis Mitternacht. In der Zwischenzeit hatte Aoi das Glas aufgenommen und sachte daran genippt. „Guter Wein.“, hatte er dann leise festgestellt und auf das Klirren an seinem erhobenen Glas gewartet, wenn Uruha Seines treffen würde. Eine Weile sassen sie schweigend einander gegenüber. Von draussen hörte man das Schlagen einer Glocke und Lärm von herumziehenden Leuten. „Ich hätte nicht gedacht, dass du da bist.“, ergriff Aoi leise das Wort. „Und warum bist du dann hier?“, fragte Uruha zurück. Aoi schwieg. „Warum bist du nicht auf irgendeiner Party und feierst? Normalerweise lässt du dich doch am liebsten ins nächste Jahr vögeln.“, fragte Aoi dann und liess nicht mal einen zynischen Ton in seiner Stimme zu. Uruha liess sich Zeit zu antworten, zögerte. „Die runde Zahl. Heute ist es fünf Jahre her.“ „Und du? Normalerweise verschanzt du dich doch an Silvester oder machst sonst was, niemand weiss wo du bist. Du hast doch nicht etwa die letzten vier Mal an meine Tür geklopft, während ich feiern war?“ Langsam schüttelte Aoi den Kopf und grinste fast spöttisch. „Nein. Nein.“ Die letzten Jahre hatte Aoi etwas anderes getan. Mal war er verreist, mal hatte er sich einfach verkrochen und war eingeschlafen. „Die runde Zahl…ja…“ Sie war es wohl, die Aoi davon abgehalten hatte, abzuhauen. „Ich hatte heute eigentlich ein Date.“, sagte Uruha und kreiste die rote Flüssigkeit in seinem Glas durch leichte Handbewegungen herum. „Aber ich bin nicht gegangen. Ich hatte … angenommen … vielleicht gehofft, dass du kommst.“ Wieder verweilten ihre Blicke für unendliche Sekunden ineinander. „Ich glaub jetzt ist die Zeit für was Stärkeres gekommen.“, unterbrach Aoi heiser und ging zu Uruhas Schnapsschrank. Wo dieser war hatte sich erstaunlicherweise sehr genau in seine Erinnerung eingegraben. Den Sake sah er nur kurz an, zuckte mit den Augenbrauen und stellte ihn beiseite. Dann hatte er den Gin Tonic gefunden. Mit zwei Fingern klemmte er die neuen Gläser zusammen und schob den Wein leicht zur Seite. Er schenkte grosszügig ein, reichte Uruha das Glas und sie stiessen so heftig an, dass die Flüssigkeit drohte über den Rand zu klettern. „Also? Was ist deine Entschuldigung?“, hakte der Blonde unbestimmt nach, nachdem sie geext hatten. „Ich hasse Silvester, das weisst du.“, stöhnte Aoi leise und strich sich durch die Haare. „Deswegen?“, fragte Uruha und musterte sein Gesicht. „Deswegen?“, wiederholte Aoi und sah Uruha verblüfft an. „Nein, ich konnte es schon vorher nie ausstehen.“ Vor fünf Jahren. Das war das einzige Silvester gewesen, das er nicht gehasst hatte. Er hatte es nachher gehasst, ja. Aber an dem Abend selbst war er irgendwie glücklich gewesen. Und wieder sah Aoi Uruha nachdenklich an. Ob dieser wohl auch Silvester so verbrachte, um die gemeinsame Zeit in der Nacht vor fünf Jahren zu vergessen? Uruha erwiderte den Blick und lächelte schliesslich still. „Ich glaube wir brauchen noch mehr Alkohol.“ Damit holte er den Wodka. Inzwischen war es elf Uhr. Abermals berührten sich ihre Gläser, dieses Mal behutsam und länger. „Bereust du es? Bereust du es so sehr, dass du jedes Silvester flüchtest?“ Uruhas Augen spiegelten viel wieder, so unfassbar viel. Aoi liess einige Sekunden verstreichen. Die Ausdruckskraft in Uruhas Augen, in seiner Stimme und in den kaum wahrnehmbaren Gesten prägte sich ihm ein, liessen ihn ernst und überlegt werden. „Es gibt vieles das ich bereue, aber vielleicht solltest du wissen, dass ich nur Dinge bereue, die ich zu dem Zeitpunkt, als ich sie begangen habe, bereits schlecht geheissen habe. Aber an jenem Silvester hatte ich keine Bedenken.“ Er fing leise an zu lachen. Das war doch surreal, die ganze Situation. Sie umkreisten sich, tasteten behutsam den Grund unter ihnen ab, ob er halten würde oder brechen, wenn sie sich weiter aufeinander zubewegten, sich einander näherten. „Versuchst du es zu vergessen? Indem du dich ablenkst, mit irgendwelchen Fremden knutschst?“ Uruhas Lachen perlte wie der süsse Champagner über die satten Lippen. „Ich habs bis jetzt noch nicht geschafft. Vielleicht hab ich einfach den falschen Weg ausprobiert.“ Sein Gesicht nahm wieder ernstere Züge an und schickte ihm einen eindringlichen Blick. Plötzlich überzogen rote und goldene Streifen den Himmel und im gleichen Moment explodierten sie in einem Schauer mit lautem Knallen. Die beiden drehten sich zum Fenster und dann zur Wohnzimmeruhr. Zehn vor Zwölf. „Oh!“, japste Aoi, stellte ihre zwei Gläser rasch beiseite und holte die Champagnerflöten, während Uruha die Flasche rein holte und das Fenster rasch schloss, bevor noch mehr kalte Luft hinein wehte. Die helle Flüssigkeit schäumte in das klare Glas. Bläschen stiegen nach oben und das Prickeln schien sich auf ihre Haut zu übertragen. Es beschlug an ihren Fingerspitzen und sie warteten die Sekunden ab, bis der grosse Zeiger auf die Zwölf rutschte und sich zum Kleineren gesellte. Da hallte der Glockenschlag über Tokyo und ein Spektakel von Feuerwerken überzog den Nachthimmel. Aoi hob das Glas und prostete Uruha zu. „Gin Gin“, hauchte er. Uruha aber stoppte noch wenige Zentimeter vor Aois Glas. „Haben wir uns bis jetzt irgendetwas Bedeutendes gesagt, dieses Jahr?“ Er versuchte in Aois Augen eine Antwort zu finden. „Etwas Bedeutendes?“, erstickt verliess Aois Stimme die Kehle. Was erwartete Uruha von ihm?! Jedenfalls sah er ihn so erwartungsvoll an. Im Hinterkopf zählte Aoi die Glockenschläge mit. Zwei-Drei-Vier… Wieso war nicht er gekommen? Warum hatte er einfach hier gesessen und auf Aoi gewartet? Fünf-Sechs… Uruha biss sich auf die Lippe. Aoi beugte sich vor, überwand die Distanz zwischen ihnen, vergrub seine freie Hand in Uruhas Haar und presste seine Lippen auf die weichen Gegenstücke. Die Glocke schlug und schlug und ihre Gläser klirrten zusammen. Gierig schnappte Aoi immer und immer wieder nach Uruhas Lippen. Uruha hatte seine freie Hand längst in Aois Stoffshirt gekrallt und erwiderte den feurigen Kuss. Das grössere Feuerwerk als draussen am dunklen Nachthimmel, explodierte hinter der beschlagenen Scheibe. Über Jahre, Wochen, Tage und in den letzten Stunden hatte sich Sehnsucht und Verlangen aufgestaut. Verlangen nach dem anderen, nach seinen Lippen, nach der Wärme und der Hitze, nach den Muskeln und Sehnen, der straffen und weichen Haut. Nach dem Geschmack des Champagners auf der fremden Zunge. Ihre Lippen verschmolzen zu einem, die Gläser klirrten unaufhörlich aneinander, sodass der Inhalt fast auf den Boden verschüttet wurde. Nach einer schieren Ewigkeit riss sich Uruha atemlos von Aoi, starrte ihn mit glasigen Augen an. Dann erschien ein zufriedenes und anzügliches Lächeln auf seinen Zügen. Er stürzte sein Glas hinunter, nahm Aois und trank dieses auch gleich leer. Darauf nahm er die Hand des Dunkelhaarigen in die seine und zog ihn mit sich zum Schlafzimmer. Aoi grinste und griff noch schnell nach der Champagnerflasche. Kaum im Raum angekommen wirbelte Uruha herum und verfiel wieder in einen fieberhaften Kuss mit Aoi. Während sie zum Bett taumelten, schob Aoi seinen Daumen auf die runde Flaschenhalsöffnung, gerade noch rechtzeitig bevor sie aufs Laken stürzten. Uruha hatte sich einfach fallen gelassen und Aoi gleich mitgezogen. Schon jetzt verschleierten sich ihre Pupillen, ihre Körper hoben und senkten sich unregelmässig. Aoi schob die Flasche auf den Nachttisch um endlich die Hände frei zu haben und nutzte sie auch gleich um Uruha auszuziehen. Noch immer erstarrte er beim Anblick des makellosen Oberkörpers. Selbst nach so vielen Auftritten, Meerbesuchen und dieser Nacht vor fünf Jahren. Ehrfürchtig, fast scheu glitt er mit seinen Fingerspitzen über die kleinen Hügel und Täler des Körpers. Sie berührten die Haut kaum mehr als ein Schmetterlingsflügel die Blüte. Uruha lächelte entrückt, schmiegte sich zart dem Dunkelhaarigen entgegen und genoss geduldig. Aoi beugte sich tiefer über ihn und betrachtete die nachtschwarzen Augen, in denen ab und zu der Widerschein des Feuerwerks vor dem Fenster aufleuchtete. Der Blonde griff in Aois geschmeidiges Haar, zog ihn zu sich hinunter und diesmal küssten sie sich lang und zärtlich. Champagner prickelte auf ihren Zungen, vielleicht war es aber auch einfach die Berührung des anderen. Es war kein Kampf. Sie ergänzten sich einfach sanft in gegenseitigem Einverständnis, glücklich, die Last des Verzichts endlich abgeschüttelt zu haben. Aoi stützte sich mit dem Unterarm neben Uruhas Kopf ab, fuhr mit gespreizten Fingern sachte durch die feinen Haarsträhnen des Blonden. „Fünf Jahre…aber heute sind wir nicht so betrunken, oder?“, fragte er leise. Uruha sah ihn mit dieser Wärme an, die alles durchdrang, jede Faser von Aois Körper. „Nein. Heute sind wir zu nüchtern um nicht zu wissen was wir tun…“, lachte der Blonde leise. „Hmm…“ Aoi sah ihn lange an. „Ich brauche keine Ausrede…“ Seine Lippen senkten sich auf Uruhas und dieser schlang zustimmend die Arme um den Nacken, öffnete bereitwillig seinen Mund. Bald überzog ein feuchter Film ihre Körper und immer mehr Kleider verschwanden über die Bettkante auf den Boden. In blassem Gold schlängelte sich ein Bach über Uruhas Brust und weiter hinunter über den mittlerweil nackten Körper. Anzüglich folgte Aois Zunge dieser Spur, leckte wie eine kleine Katze den schäumenden Champagner von Uruhas heller Haut, tupfte seine Spitze sachte in den Bauchnabel. Uruha räkelte sich leise stöhnend unter ihm, seine Hände unentwegt wandernd über das Laken, Aois Körper, sich ab und zu festkrallend und wieder entspannend nur um sich gleich wieder in dem dunklen Haar zu vergraben. Immer noch tiefer glitt Aoi, liebkoste jeden Winkel, erforschte jede kleine Einbuchtung und versäumte nicht, Uruhas Namen leise zu murmeln. Dieser revanchierte sich, indem er die drei Silben seines Partners mit den Lippen formte, dabei lauter wurde, mal stöhnend, mal nur noch keuchte. Später bewegten sich ihre Körper im Takt, wiegten sich gegenseitig und beschleunigten ihre Herzen, ihren Atem, nur, um die Zeit zu verlangsamen. Das neue Jahr war bereits einige Stunden alt, als Uruha sich erschöpft an Aoi lehnte und von diesem sanft in die Arme gezogen wurde. Er hörte ihre Herzen noch immer aufgeregt klopfen, doch sie schlugen im gleichen Takt. „Hättest du was dagegen die nächste Silvesternacht auch so zu verbringen?“, fragte Aoi atemlos. Uruha lächelte und schmiegte sich an ihn. „Ich hätte nichts dagegen ganz viele Nächte des nächsten Jahres so zu verbringen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)