Geduldsspiel von abgemeldet (Ein Black-Out mit Folgen) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es war ganz und gar nicht so, dass es das letzte Schachspiel gewesen war, welches Robert und Johnny austrugen. Doch als die angestaute Wut, die Johnny ruhig in sich trug, ausbrach, landete das Schachbrett auf dem Boden, die Figuren verstreuten sich über den gesamten Raum und außerdem noch im Gesicht des Teamcaptains, der daraufhin dem Schmerz erlag und aufschrie. Die geplatzte Lippe tat ihr übriges, um dem Bild Halt zu geben. Oliver hatte das Schlachtfeld schon lange verlassen, da er sich, wie er sagte ‚das Trauerspiel’ nicht länger antun konnte. Allein waren nun also Johnny, Enrico und Robert. Die Reaktionen der Teammitglieder waren vollkommen verschieden. Johnny begann wüst zu fluchen, auch, wenn es nicht zu ihm passte, während Enrico zum Tisch gehechtet war und eine Packung Taschentücher besorgt hatte. Robert hingegen saß etwas baff auf dem Stuhl. Er konnte es nicht fassen. Erneut hatten die Ungeduld und die Wut überhand genommen. Das war nicht gut, ganz und gar nicht gut! Einen Moment lang schürzte er die Lippen, ehe er mit der Zungenspitze über die aufgeplatzte Stelle leckte und das Blut so entfernte. Nun war er eindeutig zu weit gegangen. Eindeutig! Robert spannten die Finger. Am liebsten hätte er nun ausgeholt und den Beiden einen Schlag verpasst. Nur einen winzigen, um sie daran zu erinnern, dass sie Ruhe bewahren mussten. Schon hing Enrico vor ihm und sah ihn aus großen, meeresblauen Augen an, ehe er ihm ein Taschentuch entgegenstreckte. „Das schaut echt übel aus! Jetzt will dich aber keine mehr knutschen!“ Ein keckes Grinsen erschien auf seinen Lippen. Robert unterstand es sich, die Augen zu verdrehen, ehe der Italiener zu Johnny hinüber sah und eine Braue hob und dank Koordinationsschwierigkeiten das Taschentuch dabei in Roberts Gesicht drückte. „Wie wäre es mit einer Entschuldigung, Johnny?“ Sofort wurde wieder gemeckert. Das Taschentuch im Gesicht war unangenehm, als es sich genau auf die Lippe presste und hineingedrückt wurde. Er gab einen zischenden Laut von sich, hob die Hand und beherrschte sich, ehe er Enricos Hand wegdrückte. „Was sollte das eigentlich?“ Johnny versuchte, sich zu beruhigen und antwortete erst dann auf die Frage des Italieners, wurde dabei aber von ihm selber wieder unterbrochen. „Ach, hat er dich wieder besiegt?“ „Ach, halt die Schnauze.“ Provozieren! Nur Provozieren! Andauernd! Um sich zu besinnen schloss der Älteste die Augen, atmete tief ein und aus, zog die Lippen ein, damit es nicht zu sehr blutete. Unglaublich, dieses pöbelhafte Verhalten! Wie konnte man nur so unglaublich tief sinken? Waren die Beiden tatsächlich von einem so schwachen Geist? „Meine Schnauze ist wenigstens ansehnlich, im Gegensatz zu deiner! Sorry, Robert. Deine ist es auch, selbst wenn sie gerade von einem Rüpel eingeschlagen wurde.“ Enrico steckte das blutige Taschentuch in die Hosentasche und beobachtete voller Entzücken, wie Johnny immer kürzer davor war, auszurasten. „Es reicht!“ Robert konnte sich nicht erinnern, was er getan hatte. Johnny und Enrico saßen nebeneinander auf dem Sofa, mit reuevollem Blick und still. Einen Moment lang war er verwirrt. Aber sie waren still – Es war gleichgültig, wie er es geschafft hatte, dass es so gekommen war. Wichtig war nur, dass die Beiden endlich leise waren. Die Tür öffnete sich und Oliver betrat den Raum. „Hallöchen!“ Von allen bekam er ein gleichgültiges Hallo als Antwort, ehe er an den Dreien vorbeiging und sich auf die Chaiselongue legte, als wäre nie etwas geschehen. Er sah in die Runde und schien die gedrückte Stimmung nicht einmal wahrzunehmen, als er ein Buch aus dem Regal gleich daneben nahm und begann, zu lesen. Es war ein extrem seltsamer Moment. Oliver sah wieder in die Runde, als die Ruhe sich nicht legte. „Störe ich?“ Selbst wenn er es täte, hätte es ihn wohl nicht wirklich interessiert und er hätte weiter mit dem gemacht, was er denn vorhatte. Was auch immer er vorhatte. Robert runzelte die Stirn und sah die anderen Beiden den Kopf schütteln. Der Teamcaptain sah zu den Beiden. „Habt ihr euch wieder eingekriegt?“ Enrico nickte, während Johnny das Gesicht verzog. Neben ihm sah der Italiener aus wie ein Unschuldslamm. Während er glücklich lächelte, sah Johnny drein, als würde er ihn schlachten wollen und zu einem Döner verarbeiten. Enrico-Döner… Erst Olivers Stimme holte ihn zurück in die Gegenwart. „Robert? Du bist schon wieder so abwesend… Ich meine, das ist eigentlich normal… Aber warum?“ Robert zuckte die Schultern und war reichlich verwirrt über die eigenen Gedanken. Oliver stand auf und trat zu ihm, sah die beiden Streithähne an. „Wie ist denn das mit Roberts Lippe passiert?“ Die Beiden hüllten sich in Schweigen. Der Älteste schob die Hände in die Hosentaschen, meinte dann: „Ich glaube, Johnny kann dir das am Besten erklären.“. Und wie auf Befehl gab er wieder, was passiert war. „… Und ich glaube, dann bin ich ein bisschen wütend geworden und habe ihm das Schachbrett vor die Füße geworfen und dabei flog der König in sein Gesicht.“ Als Oliver die Geschichte gehört hatte schien er sich schwer zu tun, nicht zu lächeln, zu grinsen, oder lauthals zu lachen. Stattdessen nickte er, als hätte er es zu Kenntnis genommen. „Und warum sitzt ihr jetzt so still da?“ „Naja, Johnny und ich hatten eine klitzekleine, wirklich winzige Meinungsverschiedenheit. Und na ja, dann… Naja, jetzt sitzen wir eben hier.“ Klitzeklein? Robert zog die Braue hoch. Eine klitzekleine Meinungsverschiedenheit sah vollkommen anders aus. Der Teamcaptain sah zwischen Oliver und den anderen hin und her, versuchte zu zuordnen, was gerade geschehen war, aber er konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern. „Was habt ihr denn so gesagt?“, fragte Oliver und schien provozieren zu wollen. Sein Grinsen reichte von einem Ohr bis zum anderen. Sofort war Johnny aufgestanden in einem rasenden Tempo und wollte etwas sagen, als er von Enrico zurück auf das Polster gezogen wurde und eines besseren belehrt wurde. Er dürfe so etwas nicht sagen, denn Robert habe gesagt, sollten sie erneut gegen seine Regeln verstoßen würde die Strafe dieselbe sein, wie vorhin. Ebenso schnell, wie Johnny aufgestanden war, schwieg er nun auch. „Das will ich nicht wiederholen.“, sprach Enrico dann für ihn, sah Robert an. „Wir gehen dann besser…“ Die Beiden verließen den Raum, nebeneinander, ohne ein Wort zu verlieren. Als die Tür ins Schloss fiel blickte Robert hinunter zu Oliver. „Ich habe keine Ahnung, was ich getan habe, dass sie so sind…“ Oliver war über diese Aussage etwas verwirrt, aber anscheinend nur halb so verwirrt, wie der Teamcaptain. Wusste er etwas? Er grinste und lehnte sich gegen die Tür. „Scheint, als wärst du meinem Vorschlag gefolgt.“ „Welchem Vorschlag?“ Oliver runzelte die Stirn. „Weißt du nicht mehr? Vorletzte Woche? Ich hab dir gesagt, du sollst ihnen mal eine verpassen. Sind dir denn nicht ihre aufgeplatzten Lippen aufgefallen?“ Robert fiel aus allen Wolken. Hatte er wirklich dasselbe rüpelhafte Verhalten an den Tag gelegt? War er so ausgerastet? Es war wohl alles ein wenig aus dem Ruder gelaufen. Sein Magen zog sich zusammen und er sah drein, als hätte er in einen sauren Apfel gebissen, als er sich erinnerte, was er zu den Beiden gesagt hatte, nachdem er ihnen eine mitgegeben hatte. „Jetzt spielen wir mal ein Spiel nach meinen Regeln! Entweder ihr benehmt euch oder ihr kriegt noch eine!“ … Unglaublich… Unglaublich, dass er zu so etwas fähig war. Und das nur, weil sie Beide so unbeherrscht gewesen waren. Er blickte wieder Oliver an. „Da… War ich wohl ein bisschen unbeherrscht. Ich sollte mich entschuldigen.“ Der Franzose schüttelte den Kopf. „Nein, das ist schon ganz gut so, glaub mir.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)