Ehre und Stärke IV: Thors Hammer von Tatheya (Gundam Wing goes ancient Rome) ================================================================================ Kapitel 18: ------------ Disclaimer: Gundam Wing und die Charaktere gehören nicht mir sondern Sunrise und Bandai. Ich verdiene auch kein Geld mit dieser Geschichte. Kapitel XVIII Wie hatten sie dies zulassen können? Wie hatten die Götter solch eine Ungerechtigkeit überhaupt zulassen können? Zechs wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Die Tränen drohten ihm die Sicht zu nehmen. Duo, der neben ihm durch den kaiserlichen Park sprintete, schien es ähnlich zu ergehen. Mariemaia war von Heero in die Gemächer der Frauen gebracht worden und die Prätorianer hatten sie gehen lassen nachdem man Treize abgeführt hatte. Natürlich hatte sich Treize fügen müssen. Er hätte nie das Leben seiner Tochter aufs Spiel gesetzt und das hatte auch Marcus gewusst. Treize hatte es immer schon geahnt, Mariemaia war seine Schwachstelle. Deshalb hatte er die Vaterschaft auch immer noch geheim gehalten. Es hatte nichts genutzt, Marcus hatte schon längst davon gewusst. Verdammter Bastard! Er musste es wohl laut gesagt haben, denn Duo murmelte seine Zustimmung. Sie kamen an die Mauer, die die Gärten von den übrigen Villen abgrenzte. Zechs hielt Duo seine zusammengefalteten Hände hin und stemmte ihn auf die Mauer. Danach sprang er selbst nach oben und ließ sich von Duo helfen die Steinmauer zu überwinden. Wufei und die anderen hatten sich von ihnen getrennt. Es war ihnen sicherer erschienen und die Wahrscheinlichkeit unliebsame Verfolger abzuschütteln war größer. Zu Treizes Villa in der Stadt konnten sie nicht mehr zurückkehren. Dort würden sie wohl der nächsten Abordnung von Prätorianern in die Hände laufen. Stattdessen hatten sie sich darauf verständigt sich in der Werkstatt von Howard zu sammeln. Quatre, taktisches Genie, das er nun einmal war, hatte so etwas bereits vorhergesehen und diesen Plan vorgeschlagen. Sally würde dort bereits auf sie warten. Es war nun mitten in der Nacht und wie die Schatten huschten sie durch die Gassen und Straßen Roms. Es waren nur wenige Leute unterwegs. Zechs hoffte, dass bald der Tod des Kaisers bekanntgegeben wurde. Dies würde für Unruhe sorgen, vielleicht würde es sogar zu Aufständen führen. In ihrer gegenwärtigen Lage hoffte Zechs, dass es genau so kommen würde. Es würde die Sache für sie vereinfachen, denn nun stand es außer Frage, sie alle mussten Rom verlassen. Zechs stand dabei mit Sicherheit ziemlich weit oben auf Marcus‘ Liste von unerwünschten Personen. Immerhin war er Treizes Liebhaber gewesen. Quatres Loyalität war auch allgemein bekannt. Trowa und Duo waren treu ergebene Sklaven, sie töten zu lassen war für Marcus ein Kinderspiel. Niemand der Adligen würde sich um den Tod von Sklaven kümmern. Sie mussten fliehen, wenn auch Zechs noch nicht wusste wohin. Aber einer Sache war er sich gewiss, er würde Rom nicht den Rücken kehren, wenn Treize nicht bei ihm war. Er musste Treize ausfindig machen und befreien. Leider hatte er keinerlei Ahnung, wie er es anstellen sollte. Gerade als er um die nächste Ecke biegen wollte, kam er doch ins Straucheln und musste sich zusammenkrümmen. Eine unsäglich Welle des Schmerzes kam über ihn und er wusste sofort, was die Ursache dieses Schmerzes war. „Treize“, flüsterte er. Irgendetwas war mit Treize geschehen. Sie würden ihn doch nicht foltern, oder? Immerhin war er der Konsul. Allerdings befand sich Treize nun in der Hand der Prätorianer und die waren nur einem ergeben: Dem Kaiser. Wenn sie doch wenigstens einen Teil von Treizes Legion hier in Rom hätten! Womöglich konnten sie dann etwas ausrichten. Aber so... „Zechs?“ Duo, der zunächst ein paar Schritte weiter geeilt war, kam zurück und stützte ihn. „Wir haben es gleich geschafft. Halte durch.“ Auf das vereinbarte Klopfzeichen an Howards Tür öffnete sofort Sally. Zum Glück bedrängte sie die beiden nicht gleich mit Fragen, sondern warf einen Blick auf die Straße und verrammelte dann mit einem Sklaven die Tür. „Wufei?“, keuchte Zechs. Er war außer Atem. „Er ist noch nicht da.“ „Quatre und Trowa?“ „Auch nicht.“ Duo und er fluchten und Sally konnte sich wohl schon denken, dass irgendetwas gründlich schiefgegangen sein musste. Zechs überließ es Duo die Heilerin und Howard über die Geschehnisse zu unterrichten, währenddessen versuchte er – mit mäßigem Erfolg – nicht daran zu denken, was Marcus nun in diesen Stunden mit Treize anstellen würde. Wenn jemand wusste, zu was Marcus fähig war, dann Zechs. Immerhin hatte ihn dieser Bastard mit vollster Absicht und schwärzesten Hintergedanken an ein Bordell verkauft. Treize hatte Angst. Es war beschämend und er würde es nie zugeben, doch Treize hatte Angst seit dem Moment in dem Marcus durch die Tür seiner Zelle gekommen war. Bis jetzt waren immer noch irgendwelche Prätorianer bei ihm gewesen und vor den Augen von Zeugen konnte sich Marcus es nicht erlauben gegen Treize Hand anzulegen. Doch jetzt war er alleine gekommen und Treize sah in den Augen des anderen Mannes, dass dieser zu allem würde fähig sein. Oh, er würde Treize nicht etwa töten. Das nicht, aber er würde ihm die nächsten Stunden zur Qual werden lassen, dessen war er sich sicher. Treize drückte den Rücken durch und richtete sich auf. Er saß auf seiner primitiven Pritsche, er würde Marcus keinesfalls dieses Zeichen von Respekt zollen und aufstehen. „Treize“, Marcus lachte und verschränkte die Arme vor der Brust. Erst jetzt sah Treize, was der Adlige bis jetzt hinter seinem Rücken verborgen hatte: Einen Korb, in dem sich eine Handvoll Nägel und ein Hammer befanden. „Man sagt, du wärst immer so vernünftig und klug...“ „Ach, sagt man das?“ Treize musterte die Nägel mit einer gewissen Beunruhigung. Genau solche Nägel benutzt man um Schwerverbrecher zu kreuzigen. „Ja und du würdest nichts tun, um deine kleine Tochter in Gefahr zu bringen, oder?“ Damit hatte Marcus ihn doch schon erpresst! Treize blickte ihn an und er hoffte, dass sein Blick nichts von dem plötzlichen Zorn und der Wut zeigte, die in ihm bei diesen Worten aufgelodert war. „Du wirst ihr nichts antun“, stellte er mit ruhiger Stimme fest. Jetzt stand er doch auf, Treize ertrug es nicht länger zu Marcus emporzusehen. Er war etwas größer als der andere Römer und genoss es diesen Vorteil auszuspielen. „Warum denn nicht, sie ist in meiner Hand, genau wie du. Niemand wird ihr helfen, auch nicht deine kleine Bande von Getreuen. Sobald du beseitigt bist, wird sich niemand mehr um Mariemaia kümmern.“ Dann wollte ihn Marcus in der Tat zu den Göttern schicken. Merkwürdig, dass es Treize nicht mehr schockierte oder überraschte. Seine Sorge um Mariemaia übertünchte die Ängste um seine eigene Person: „Du wirst ihr nichts tun, weil sie deinen Machtanspruch legitimiert. Du willst sie doch heiraten, so bald es an der Zeit ist.“ „Mhm...“ Marcus nickte und stellte den Korb auf der Pritsche ab. „Das stimmt wohl.“ Dann nahm er den Hammer heraus und schlug mit dem Stiel Treize eins über. Es war als ob Treizes Kopf bersten würde, natürlich konnte er sich nicht mehr auf den Beinen halten und stürzte zu Boden. Mit Schrecken wurde ihm bewusst wie leicht dieser Schlag hätte tödlich enden können, nur wenige Zentimeter weiter unten und Marcus hätte seinen Schädel an der Schläfe schlichtweg zertrümmert. Das machte Marcus so gefährlich, rief er sich ins Gedächtnis, er war unerfahren in diesen Dingen, wusste nicht wie man einen Mann foltern konnte und diesen möglichst lange am Leben erhielt. Wobei Treize auch nicht sagen konnte, ob dies wirklich so von Vorteil für ihn war. Bevor er sich wieder aufrichten konnte, spürte er Marcus‘ Fuß in seinem Nacken, der ihn unerbittlich gen Boden drückte. „Das wollte ich schon lange einmal tun.“ „Mich wie einen Hund behandeln?“, zischte Treize, wobei er es hätte besser wissen müssen. Man gab keine spöttischen Kommentare von sich, wenn man sich dermaßen im Nachteil befand. Marcus trat ihm in die Seite und Treize krümmte sich vor Schmerz, dann drehte ihn Marcus so, dass er auf dem Rücken lag und hilflos zu dem anderen Mann hinaufsehen musste. Treize hörte das metallene Klirren der Nägel als sich Marcus an dem Korb bediente. Dann setzte er sich direkt auf Treizes Brust und kratzte mit dem Nagel an der Haut unter Treizes Auge. „Du hast immer auf mich herabgesehen, oder? Die ganze Zeit. Du warst immer der Liebling meines Vaters. Ich musste immer zu dir aufsehen, immer musste ich deinem Beispiel nachfolgen. Aber es war egal, ich war immer nur der Zweiter hinter drin. Bei Jupiter! Mein eigener Vater hat dich mir vorgezogen!“ Marcus beugte sich so nahe über ihn, dass Treize riechen konnte, dass er wohl Zwiebeln zum Abendessen gehabt hatte. „Aber jetzt nicht mehr. Jetzt bin ich der nächste Kaiser. Und was dieses Biest von Mariemaia angeht. Ich kann deine hübsche Tochter nicht töten. Diese ganzen alten Senatoren würden es mir übel nehmen, aber ich werde sie einmal zur Frau nehmen und dann wird sie unter mir stöhnen und kreischen.“ „Sofern du einen hochkriegst!“, höhnte Treize. Es war ihm egal, ob dies wiederum vernünftig war oder nicht. Was hatte er denn sonst noch für eine Wahl? Marcus spuckte ihm ins Gesicht und Treize grinste nur wieder, schwieg jedoch dieses Mal. „In Dalmatia habt ihr mich alle für einen verweichlichten Burschen gehalten, weil ich diesen Verräter nicht richtig töten konnte. Alle habt ihr hinter meinem Rücken über mich gelacht.“ Treize konnte sich noch gut an dieses Begebenheit erinnern. „Jetzt werde ich dir zeigen, dass ich sehr wohl weiß, wie man mit einem Schwerverbrecher umzugehen hat.“ Er den Nagel und setzte ihn auf Treizes Handfläche an. Der Boden unter ihnen war aus Holzbalken gefertigt, wie Treize nun nicht umhin konnte zu bemerkten. Marcus würde ihn direkt an den Boden nageln. Bevor sich sein Hirn überhaupt mit dieser Erkenntnis auseinandersetzen konnte und er vor Angst und Furcht zurückzucken konnte, hatte Marcus den Nagel bereits durch seine Hand getrieben. Natürlich schrie er, jeder würde bei so etwas schreien und Marcus genoss es sichtlich. Er wartete ab bis Treizes wieder einigermaßen bei sich war und den ersten Schmerz erarbeitet hatte. Treize wandte den Kopf zur Seite. Die Finger seiner rechten Hand waren wie versteift und zusammengekrümmt. Mitten aus der Handfläche ragte der Nagel. „Du hast rein gar nichts gelernt“, meinte Treize. Die Stimme brüchig, er musste sich konzentrieren sich nicht zu übergeben und er schluckte mehrmals. Sein Mund war wie ausgetrocknet. Aber sich jetzt zu erbrechen, auf dem Rücken liegend, das könnte leicht sein Tod sein. Er wäre nicht der erste Gefangene, der an seinem eigenen Erbrochenem erstickt wäre. „Man schlägt den Nagel am Handrücken ein.“ Marcus blickte etwas irritiert auf sein Werk. Wie ein Schuljunge, der von seinem Lehrer gerügt wurde, weil er einen Rechenfehler begannen hatte. „Weißt du warum?“ Treize richtete sich auf, so gut es ging. Dann biss er die Zähne zusammen und zog seinen rechten Arm nach oben. Er spürte es wie der Nagel durch sein Fleisch glitt. „Man kann sich zu leicht davon befreien.“ Nun sah Marcus als ob er sich gleich erleichtern musste. Ein weiterer kräftiger Ruck und mit einem weiteren Schmerzensschrei war Treizes Hand wieder frei. Doch was hatte er dabei gewonnen? Marcus schlug ihm wieder ins Gesicht, dieses Mal traf er Treizes Nase und drückte ihn zu Boden. Treizes schluckte und schmeckte das Blut, das ihm nun den Rachen hinablief. Er musste den Mund öffnen um zu atmen. Seine Nase schwoll bereits zu und er hatte Mühe sich nicht an seinem eigenen Blut zu verschlucken. Dieser Bastard hatte ihm auch die Nase gebrochen. Auch wenn es vermessen klang, aber dies nagte an Treizes Eitelkeit. Als ob er in diesem Augenblick nicht wichtigere Sorgen als die Symmetrie seiner Gesichtszüge hatte. „Dann wollen wir es dieses Mal richtig machen.“ Marcus zog ihn zum Bett, hob seinen Arm und drückte ihn an den Holzbalken, der den Bettrahmen bildete. Es war wieder die rechte Hand. Treize spürte noch die Spitze des Nagels an seinem Handrücken. Dann nur noch Schmerz und Schwärze. Zechs musste sich an Howards Werkbank abstützten und ohne sein Zutun ballte sich seine rechte Hand zu einer Faust. „Ich muss Treize da rausholen!“, stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Sie durften nicht länger abwarten, jede verstrichene Stunde konnte Treizes Tod bedeuten. Da war sich Zechs sicher. „Das willst nicht nur du“, bekräftigte Quatre. Inzwischen waren sie alle bei Howard versammelte und hielten Kriegsrat. „Aber wir wissen weder, wo er gefangengehalten wird noch sind wir genügend Leute, um gegen die Prätorianer zu bestehen.“ Zechs wollte diese Argumente gar nicht wahrhaben. Die anderen wussten nicht, wie schlecht es um Treize stand. „Und Heero? War ist mit ihm?“ Selbstverständlich kam diese Frage von niemand anderem als Duo. Für den Leibsklaven war es der größte Schock gewesen den Offizier an der Spitze der kaiserlichen Wachen, Marcus‘ Wachen, zu sehen. Auch wenn Heeros Verhalten seit dem Feldzug in Dalamatia fast schon so etwas angedeutet hatte. „Was stellst du dir vor? Willst du ihn etwa entführen?“ „Wenn es sein muss!“, gab sich Duo so trotzig wie sich auch Zechs in Anbetracht der Situation fühlte. Aber Duo musste einsehen, dass Heero seinen Weg, zwar den falschen Weg, gewählt hatte. Momentan vermochten sie an dieser Front nichts auszurichten. Jemand klopfte an der Werkstatttür und nicht nur Zechs zuckte zusammen und griff nach seinen Waffen. Waren es etwa die Prätorianer? Waren sie ihnen doch gefolgt? Schnell nahmen sie Aufstellung, so dass sie einander die beste Deckung boten. Sally wich in die hinteren Bereiche der Werkstatt zurück. An Zechs‘ Seite stand Wufei, sein Katana hoch über den Kopf erhoben, bereit es auf die Feinde niedersausen zu lassen. Doch alle Aufregung war glücklicherweise umsonst, denn es war niemand anderes als Une, die jetzt von Howard herein begleitet wurde. „Une! Bei der süßen Isis! Es ist viel zu gefährlich, dass du dich noch auf den Straßen herumtreibst!“ Nichtsdestotrotz schloss Sally die Geliebte fest in die Arme. „Es ist wichtig und jede Gefahr wert. Außerdem habe ich meine Pferdeknechte mitgenommen.“ Kurz küsste sie Sally. Zechs hatte den Eindruck, dass es sich um einen Abschiedskuss handelte. „Hört mir jetzt gut zu. Wir haben nicht viel Zeit“, begann Une und ihr kommandierender Tonfall hätte Treize zur Ehre gereicht. „Die meisten der Legionen stehen noch immer hinter Treize, nicht nur die einfachen Soldaten, auch die Offiziere. Ich habe Boten ausgesandt, die von den Geschehnissen des heutigen Abends und dem Tod des Kaisers berichten. Zu diesem Augenblick wird der Tod in den Tavernen bekanntgemacht. Bald bricht in der Stadt das Chaos aus und diesen Tumult müssen wir nutzen. Aber die Offiziere und die Adligen, die hinter Treize stehen, werden jetzt keinen offenen Widerstand gegen Marcus leisten.“ „Was? Aber...“ „Hör zu, Zechs“, unterbrach ihn Une. „Wir würden auf verlorenem Posten kämpfen, es gebe zu viele unschuldige Opfer, wenn es hier in Rom zum offenen Kampf, zu einem Bürgerkrieg käme. Und so etwas wäre das Letzte, das Treize wünschen würde. Aber wir wissen, so sie Treize hingebracht haben und wir haben zumindest ausreichend viele Männer, die mit euch gehen und ihn dort rausholen. Danach müsst ihr alle fliehen. Ich weiß nicht wohin und besser ihr sagt es mir erst gar nicht. Wenn ich nichts weiß, kann ich nichts gestehen. Marcus wird wissen, dass ich Treize immer treu ergeben sein werde. Ich habe bereits ein paar Leute zur Villa in den Albaner Bergen geschickt. Ihr braucht gute Pferde. Sie werden euch morgen bei Sonnenaufgang bei dem alten Amphitheater erwarten. Quatre weiß, wo das ist. Sie werden ebenso Proviant und etwas Geld, Edelsteine und gefälschte Papiere dabei haben. Alles, was euch irgendwie nützlich sein könnte. Und nun verschwindet. Beeilt euch.“ Später wandte sich Une noch einmal an Zechs, ohne dass es die anderen hörten. „Sag ihm, dass er in Rom immer Freunde hat. Er soll zurückkehren und den Thron ergreifen, wenn es an der Zeit ist. Und er soll sich keine Sorgen um Marie machen. Ich kümmere mich um sie, ich werde nicht vor Marcus fliehen.“ Zechs nickte stumm. Er ahnte in Ansätzen, dass es für Une eine schwere Zeit werden würde. Eine Flucht wäre für die Adlige der weitaus einfachere Weg. Er würde Treize jedes Wort ausrichten. „Pass auf ihn auf.“ Dann umarmte sie ihn. Zechs war überrascht. Es war das erste Mal, dass Une ihm gegenüber so freundschaftlich reagierte. Howard stattete sie indes noch mit ein paar Wurfmessern und Schwertern aus, man konnte nie genügend davon haben. Auch er versprach Augen und Ohren offenzuhalten und mit Une in Kontakt zu bleiben. Gleichgültig wohin es Treize und seine Getreuen auch verschlagen mochte, über kurz oder lang würden sie Nachrichten über Spione und Boten austauschen können. Ein junger Offizier, der kurz nach Une eingetroffen war, führte sie dann zu einem unscheinbaren Palast am Rande der nobleren Stadtviertel. Zechs wusste nicht, wem dieses Gebäude gehörte und selbst wenn er es gewusst hätte, dann hätte ihm der Name wohl wenig gesagt. Dort im Atrium hatten sich wohl an die fünfzig Soldaten versammelt. Alle ohne Insignien und Rangabzeichen, sondern in den einfachsten Lederrüstungen. Manche hatten sogar Stofffetzen vor den Mund gebunden, falls sie von Marcus‘ Prätorianern gesehen wurden, sollten diese sie nicht erkennen. Zechs vermutete, dass sich einige hochrangige Offiziere darunter befanden und diese dann um ihr Leben fürchten mussten. Was würde eigentlich mit Treizes eigener Legion geschehen?, fragte sich Zechs bei diesem Anblick. Höchstwahrscheinlich würde die Legion aufgelöst werden. „Für die einfachen Soldaten wird es zu verschmerzen sein“, meinte Quatre als ihn Zechs danach fragte. „Treizes Legionäre gehören zu den besten und sind gut ausgebildet. Jede anderen Legion wird sie gerne aufnehmen. Aber die Offiziere werden wohl ins Exil gehen müssen oder Marcus macht ihnen das Leben hier in Rom zur Hölle.“ „Wird Une etwas passieren?“ „Une hat einen großen Namen, sie hat Macht und sie hat Geld. Marcus wird sich hüten sie anzutasten.“ „Ich hoffe es zumindest“, fügte Quatre nach kurzer Stille hinzu. Dann musste sie ihre Gespräch auch wieder einstellen. Sie folgten einem Legionär, der sie über ein Gewirr von Hinterhöfen und ausgetretenen Pfaden immer näher an den Palast führte. Treize wurde wohl im Kellergewölbe unter dem Palast gefangengehalten. Ein Glück für sie, denn solch eine Ansammlung von Gängen, Türen, Vorratsräumen und Sklavenquartieren ließ sich nur schwerlich komplett überwachen. Mit Fortunas Hilfe würden sie einfach an den Wachen vorbeischlüpfen können, wenn Marcus überhaupt daran gedacht hatte welche aufzustellen. Da jetzt Heero das Kommando über die Prätorianer innehielt, sollten sie sich besser keine Hoffnung machen, dass es leicht für sie werden würde. Die anderen drei Gruppen würde die Ausgänge sichern und nach der erfolgreichen Flucht für Ablenkung und Verwirrung sorgen. Zechs und die anderen, auch Sally war bei ihnen, würden in den Keller eindringen, Treize suchen und so schnell als möglich verschwinden. Zechs hoffte, dass er, sobald sie sich erst einmal im Inneren befanden, spüren würde, welcher Weg der richtige war. Damals in Ägypten hatte es immerhin auch schon einmal funktioniert. Keinen Moment zu spät waren sie zu Treizes Rettung im Tal der Könige aufgetaucht. Doch eines bereitete Zechs große Sorgen. Wie ein Widerhall in einer großen Höhle hatte er in seinem Innersten die Schmerzen gespürt, die Treize quälten. Mit einem Mal waren sie jedoch verstummt. Was mochte das bedeuten? Es konnte sein, dass Treize einfach ohnmächtig geworden war, aber vielleicht war er auch gestorben. Auch wenn sich Zechs einredete, dass er dieses schreckliche Ereignisse sicherlich gespürt hätte. Nein, diese Gedanken musste er sofort unterbinden. Die gesamte Befreiungsaktion, der irrwitzige Plan, den sie ausgesponnen hatten, fußte auf der Tatsache, dass Zechs Treize in diesem Gewölbe würde ausfindig machen können. Er durfte nicht an sich zweifeln und er musste alle Gefühle beiseite lassen. Er schuldete es den treuen Legionären, die hier ihr Leben aufs Spiel setzten. Und nicht zuletzt schuldete er es auch Mariemaia. Die Götter waren ihnen gewogen und sie mussten lediglich die Wache niederschlagen, die direkt vor Treizes Zelle gestanden hatte. Wufei hatte sich an den Prätorianer herangeschlichen und ihn mit einem Schlag in den Nacken außer Gefecht gesetzt. Zechs kümmerte sich nicht darum, ob der Mann noch lebte oder nicht. Mit zitternden Händen suchte er den Mann nach dem Schlüssel zu der Zelle ab. Hinter der anderen Seite der Tür herrschte Stille und diese Tatsache ließ Zechs regelrecht das Blut gefrieren. Treize musste doch hören, dass etwas vor seiner Tür geschah, warum gab er kein Zeichen? Quatre kniete neben ihm und drängte ihn zur Seite. Er traute wohl Zechs‘ Händen nicht, doch auch Quatre fand keinen Schlüssel. „Was jetzt?“, flüsterte Sally und kaute auf ihrer Unterlippe. Sie zog die selben Schlüsse wie Zechs und fürchtete ihre Kräfte als Heilerin würden dringendst benötigt werden. Duo schob sich zwischen sie und kniete vor dem Türschloss nieder. Er zog einen dünnen Metallstift aus seinem Stiefel hervor und machte sich an dem Schloss zu schaffen. Bevor Zechs auch nur ein kurzes Gebet zu den Göttern senden konnte, hatte Duo das Schloss geknackt und stieß die Tür auf. Zechs sprang fast über den noch knienden Sklaven hinüber und stürzte in die Zelle. „Treize?“, raunte er und musste sich in den Halbdunkel erst einmal orientieren. Schließlich brachte irgendjemand eine Fackel in den Raum. „Oh nein.“ Zechs wusste nicht, wer es gesagt hatte. Vielleicht sogar er selbst. Da lag Treize, zusammengekauert wie ein verletztes Tier, auf der Seite. Er hatte den Rücken zu der Tür gewandt und regte sich nicht. Unter seinem Körper hatte sich eine Blutlache ausgebreitet, die seine Tunica am Rücken rot gefärbt hatte. Oder war er etwa erstochen worden? „Licht, ich brauche Licht!“, befahl Sally und sie beugte sich zu Treize hinab. Zechs nahm all seinen Mut zusammen und tat es ihr gleich. Trat um den Körper herum und wandte schnell den Blick wieder ab. Er schmeckte bittere Galle in seinem Mut und nur mit Mühe beherrschte er seinen Magen. Treizes Gesicht war übel zugerichtet und voller Blut. Es sah so aus als ob die Nase gebrochen wäre und eine Wunde über dem Auge hatte die Haut aufplatzen lassen. Sicherlich waren es keine lebensbedrohlichen Wunden, aber sie waren drastisch. Am schlimmsten war die rechte Hand in Mitleidenschaft gezogen worden. Sie war direkt an den Boden genagelt worden. „Er lebt, er atmete noch“, meinte Sally mit bebender Stimme. „Schaffen wir ihn raus. Ich werde mich draußen um ihn kümmern.“ „Kann ich den Nagel herausziehen?“, fragte Trowa während Quatre bereits eine Decke ausbreitete. „Er sollte in der Hand bleiben.“ Zechs starrte Sally nur sprachlos an, aber sie gehorchten und versuchten den Nagel zu lockern ohne ihn aus der Wunde zu entfernen. Die Bewegungen und die damit verbundenen Schmerzen ließen Treize aus seiner Ohnmacht erwachen. Er konnte nur ein Auge öffnen, das andere war zugeschwollen. Die blaue Pupille zuckte hektisch Hin und Her. Bis sich Zechs vorbeugte und Treizes Lippen vorsichtig mit den Fingern berührte. Er konnte sich später nicht mehr erinnern, was er in diesem Moment zu Treize sagte doch es half und Treize sah ihn an, erkannte ihn. „Oh“, er lächelte, musste husten und spuckte etwas Blut. Aber er schien keinerlei Verletzungen am Mund zu haben, denn seine Stimme klang ganz normal. Ein erschreckender Kontrast zu seinem zugerichteten Gesicht. „Danke.“ Zechs‘ Blickfeld verschwamm vor seinen Augen und endlich war der Nagel so weit gelöst, dass sie Treizes hochheben und in die Decke wickeln konnten. Zechs selbst trug den Ohnmächtigen aus der Zelle. Sie verschlossen die Tür wieder, die anderen hatten die Wache weggeschafft und gemeinsam huschten sie wieder durch die Korridore. Zechs und Sally hielten sich ganz hinten auf als ihr Trupp plötzlich zum Stehen kam. „Scheiße“, meinte einer der Legionäre. Zechs hob den Kopf und konnte niemand anderen als Heero am Ende des Flures stehen sehen. „Heero!“, Duo trat nach vorne. „Komm mit uns. Noch kannst du mit uns kommen.“ Trowa hielt den jungen Sklaven am Arm zurück und zerrte ihn in den Korridor zu ihrer Rechten. „Heero!“, versuchte es Duo noch einmal und befreite sich aus Trowas Griff. Verdammt, sie waren fast am Ausgang und dort hatten sie zwei Pferde, so dass sie mit Treize schnell aus der Stadt reiten und verschwinden konnten. Aber dazu mussten sie erst einmal nach draußen gelangen. „Mach dich bereit zu rennen“, raunte er Sally an seiner Seite zu. Sie würden Treize erst einmal in die Außenbezirke bringen und dort seine Wunden behandeln. Die anderen konnten später zu ihnen stoßen. Zumindest stand Heero einfach nur abwartend da und er war alleine. Vielleicht hatte er Treize einen Besuch in der Zelle abstatten wollen oder er war auf einem Routinegang gewesen. Auf jeden Fall hatte Heero nicht mit ihnen gerechnet. Heeros Mund bewegte sich und leise, ganz leise, wurden die Worte zu ihnen herübergetragen. „Es tut mir leid, Duo.“ „Was?“, machte Duo und schüttelte den Kopf. „Prätorianer!“, brüllte Heero dann aus vollster Kehle und zog sein Schwert. Zechs hielt Treizes Körper dicht an sich gepresst und begann zu rennen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)