Code of Sparks von -Hansen- ================================================================================ Kapitel 7: Code VII ------------------- Optimus Primal In seinen Gedanken seufzte er schwer. Er wollte nicht, dass sie weiter in diesem gefrorenen Zustand verweilten. Und er war es leid hin und her überlegen zu müssen. Zu seiner Verwunderung setzte sich Dinobot mit einem zarten Quietschen in den Gelenken nun doch. Das beruhigte ihn ein wenig. So ließ es sich doch viel entspannter reden. Und er sah, dass Dinobot, nun da er wusste, dass für den Moment alles im Reinen war, sich auch ein wenig gelöster zu geben vermochte. Aufmerksam stützte er sein Kinn auf eine Faust und hörte gefasst zu. Er verweilte ruhig in dieser Pose und ließ Dinobot in aller Ruhe aussprechen, da er wohl merkte, wie schwer es ihm zu fallen schien. So viel Scham und Unsicherheit hatte er bei ihm noch nie gesehen und es trieb ihn zwischen Verwunderung und tiefem Respekt dafür. Seine Worte rührten seinen Spark zu kleinen pulsierenden Sprüngen, deren Frequenz immer höher schnellte, bis sein Körper sich anfühlte, als wäre er ganz und gar von der aufgeregten Raserei seines Sparkes erfüllt. Endlich schien eingetroffen zu sein, wofür Optimus seit einiger Zeit zu Primus gebetet hatte. Endlich hatte Dinobot erkannt, was in ihm steckte, dass es völlig gleich sein konnte aus welchem Lager eine Protoform kam, aus welchem Motherboard ein Spark online geschickt worden war – wofür der Spark unentwegt schlagen sollte konnte jedem Bot selbst überlassen sein. Mit Dinobots Bekenntnis, dem Ausdruck seines Zugehörigkeitsgefühls trat so viel Erleichterung in Optimus ein, dass er wirklich nichts dazu sagen konnte. Es war genau das, was er sich erhofft hatte. Es war nur dieses kleine Straucheln gewesen, dieser kleine Test, der nötig gewesen war, um sich über die Zukunft klar zu werden. Er war nun versichert, dass er sich keine Sorgen mehr um einen erneuten Verrat zu machen brauchte. Und es kam ihm dumm vor, für einen Moment daran gezweifelt zu haben damals. Dann flogen ihm plötzlich, aus heiterem Himmel diese Laudationen über seine eigene Person, um den Helm. Er hob seinen Kopf erstaunt von seiner Faust und konnte Dinobot nur noch wild blinkend anstarren. Das kam so überraschend und so unerwartet. Retrospektive Bruchteile ihrer ersten Begegnung rasten durch seinen Prozessor und er fühlte sich für einen Moment in einer unwirklichen Parallelwelt gefangen. Es schmeichelte ihm. Und es machte ihn verlegen. Verhalten lenkte er seinen Blick auf willkürliche Gegenstände neben sich, als Dinobot ihm diesen ernsten Blick entgegen brachte. Am liebsten hätte er ihn gebeten, aufzuhören. Er hielt sich selbst für niemand besonderes. Er war doch auch nur irgendein Maximal Commander, der einfach nur sein bestes gab. Und er war nicht unfehlbar. Er hatte schon große Fehler begangen. Ja, diese Fehler, die er selber schon begangen hatte nahmen mehr Speicher auf seiner Festplatte ein, als die guten Dinge, die er geleistet hatte. Er sah keinen Grund darin, sich zu rühmen, denn es fiel ihm äußerst schwer, sich seiner guten Taten bewusst zu sein. Und er hatte auch schon einige Bots erlebt, die überhaupt nichts von Heldentum und Lobgesängen hielten. Bots, die tief in sich drin irgendeine Schranke hatten, eine Schranke, die sie nur das Negative sehen ließ. Vielleicht hatte er zu viele davon kennen gelernt. Vielleicht hatten sie in der Hinsicht sein Denken über so etwas beeinflusst. Vielleicht hatten Aussagen ihrerseits, Aussagen wie „Wenn du danebengreifst, Optimus Primal, dann greifst du gleich ganz tief in die Scheiße“ ihn so dermaßen bescheiden gemacht. Nur so hatten Dinobots Sticheleien und seine andauernde Kritik an seiner Art der Ausführung seiner Commander-Pflichten wohl so nahtlos an ihm vorbeirauschen können. Er war Kritik in irgendeiner Art und Weise schon gewohnt genug. Sie konnte ihn zum Nachdenken anregen, ihn aber nicht aus der Bahn werfen. Doch ein Lob, eine so eindeutige Hochpreisung seiner selbst, das stellte seinen Prozessor auf den Kopf. Verlegen kratzte er sich dezent mit seinem Zeigefinger am Hals. „Das sind nur meine Pflichten, die ich zu erfüllen versuche“, sagte er trocken. Er wollte nicht so tun, als sei es nicht der Rede wert, er wollte nicht unhöflich sein und er wollte auch nicht sagen „Ach hör auf“ und dabei eigentlich meinen „Mach ruhig weiter“, nein nein. Alles, was er tat war das, was er als nötig erachtete. Er wollte sich nicht aufspielen. Er… es… So war er eben. Er hatte diese Einstellung, diese Opferbereitschaft einfach schon in die Protoform gelegt bekommen. Er dachte nicht sonderlich darüber nach. Er konnte nicht wissen, dass es für manche nicht so selbstverständlich war wie für ihn. Das machte sie nicht zu geringeren Wesen für ihn. Aber es führte dazu, dass sich oft Missverständnisse aneinander rieben und daher – vermied er es darüber auch nur ein Wort zu verlieren. Er richtete seinen Blick geradewegs in Dinobots Optics und sah ihn eindringlich an. Auch wenn solche Dinge nicht für jeden selbstverständlich waren, so glaubte Optimus, dass jeder dazu in der Lage war – wenn er es zuließ. „Du hättest das auch getan, wenn es dir als nötig erschienen wäre“, sagt er bestimmt und lächelte sanft. „Das hast du auch bereits. Du hättest“, er musste kurz pausieren und Luft holen, denn bei der bloßen Vorstellung lief ihm ein kurzes und kaltes Schaudern unter den Platten entlang, „sterben können. Und hast es sehr wohl in Kauf genommen. Wo also liegt da für dich der Unterschied? Ich sehe keinen…“, sagte er dann sanft und leise und ernst mit einem sehr vertraulichem Lächeln auf den Lippen. Und plötzlich… ohne Vorwarnung, wo er es schon abgeschrieben hatte, da beendet Dinobot seine Ansprache und trieb dieses zunächst steife und sachliche Gespräch auf eine dermaßen intime Ebene, dass Optimus‘ Spark so zu glühen begann, dass es ihm fast die gesamte Karosserie von der Protoform gesprengt hätte. Er schluckt hart. Was sollte er jetzt sagen? Es konnte nicht so aus ihm herausbrechen, wie sein Spark es wünschte, doch er musste. Irgendwie! Dinobots Helm war so tief in dessen Gesicht gesunken, dass seine Optics nur noch schwach zu erkennen waren. Das alleine ließ nicht einen Millinanoklik lang den Gedanken zu, dass irgendetwas von alldem, was er gesagt hatte nur so daher gesagt war, geschweige denn gelogen oder geheuchelt oder vorgetäuscht. Sein Spark wummerte und er war innerlich so bewegt, dass er nicht mehr sitzen konnte. Er musste sich kurz sammeln, stand auf und drehte sich weg Richtung Fenster. Sein ganzer Körper glühte so sehr, nicht einmal die Berührung der Glasscheibe mit seiner Handfläche löste irgendein kleinstes Kältegefühl aus. Still lächelte er und senkte seinen Blick. Die Dunkelheit draußen und die Scheibe reflektierten sein Bild, doch er wollte sich jetzt sicherlich nicht dabei zusehen, wie er zum ersten Mal ins einem Leben so ein intimes Zugeständnis offenkundig machen wollte. Es war keinesfalls so, dass es für ihn das erste Mal war, eine Art von Romanze zu unterhalten. Doch hatte noch keiner von den Verflossenen es jemals geschafft ihn in diesen Zustand der Ekstase, der Zuneigung und Verwirrung zu versetzen. Dieses stetige Hämmern seines Sparkes, dieses Verlangen nach dem Spark eines anderen, diese Sehnsucht – wie konnte das alles nur so plötzlich über ihn hereingebrochen sein? Er seufzte tief bewegt. „Mir geht es nicht anders“, brachte er nur leise hervor. Wie konnte es nur so schwer sein? Er schaffte es jeden Tag freundschaftliche und kameradschaftliche Gefühle von Zusammenhalt und Mitgefühl für andere zu äußern, doch das tiefe Begehren in sich selbst, das fiel ihm so schwer. „Ich wüsste nicht, … was ich getan hätte, wenn du offline gegangen wärst… Ich – “ und wieder musste er seufzen. Ihm war so, als müsste es schwer sein, als müsste es kompliziert sein, als müsste es ihn so zerreißen, denn nur so konnte man doch wissen, wie ernst es war, oder nicht? Wäre es leicht, dann wäre es nicht echt genug, nicht wahr? „Ich finde keine Worte, um auszudrücken, was ich fühle… was ich für dich empfinde. Ich habe mich sehr… rastlos gefühlt, als du in Stasis warst und bedrückt. In dem Moment, als ich im Tal angekommen war, da… wurde mir klar, dass ich so etwas noch nie… niemals zuvor für einen anderen empfunden habe. Und ich fürchtete, dass ich es dich niemals wissen lassen können würde und selbst jetzt ist es mir unmöglich es in Worte zu fassen.“ Wozu ihn führen sollte, was er da aussprach, wusste er nicht. Er wusste einfach nicht, worauf er hinaus wollte. Was er sich davon erhoffte, was er zu erwarten hatte. Doch er fühlte sich so viel befreiter, so viel leichter, so viel besser. Sein Spark wirbelte, er tobte und schwang in aufgeregten Frequenzen in seiner Halterung. In genau diesem Moment, diesem Nanoklik war jeder Zweifel an seinen Gefühlen verflogen und jegliche negative Aspekte, all diese dunklen Gedanken um Verrat und Misstrauen – alles verflogen. Langsam und zögernd blickte er auf und betrachtete Dinobots Spiegelung in der Fensterscheibe. Kein Zweifel. Dieser Bot war derjenige, der Optimus‘ ganzen Spark gewonnen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)