Catch you if I can. von Jessa_ ([Itachi/Sasuke- Centric]) ================================================================================ Kapitel 1: push forward ----------------------- Kapitel 1: push forward With three words I can sum up everything I've learned about life: “It goes on.” - Robert Frost Ruhig und schon fertig angezogen saß Sasuke am Esstisch der Küche und löffelte sein Müsli. Sein Großvater schlief noch. Auch wenn er es nicht zugeben wollte - er war ja schließlich ein harter Mann - ging es zurzeit mit seiner Gesundheit bergab. Er brauchte mehr Schlaf, aß weniger und war schrecklich erkältet. Sasukes Großmutter und sein Onkel Daiki ließen sich den Morgen vor Sasukes erstem Schultag nicht entgehen. Auch Anko saß am Tisch, schaufelte Zucker in ihren schwarzen Kaffee und schaute missmutig aus dem Fenster in den großen Garten. Das Verhältnis zwischen ihr und ihrem Bruder hatte sich keineswegs verbessert. Auch wenn sie kaum mehr ein böses Wort über Sasuke und dessen Eltern vor ihm gesagt hatte, war die Stimmung, sobald Anko und Daiki in einem Raum waren, beinahe am Nullpunkt. Sasuke beeilte sich ein wenig. Er musste zwar den ersten Tag nicht mit dem Bus fahren, aber er wollte denjenigen, der ihn bringen würde - wer auch immer das war - nicht unnötig warten lassen. Als er dann auch den letzten Löffel Müsli aufhatte, grinste sein Onkel in seine Richtung und sagte mit versucht freundlicher Stimme: „Können wir?“ „Ihr könnt gar nichts“, hörte er Ankos Stimme. „Du Idiot hast immer noch Promille im Blut. Hättest ja gestern nicht saufen müssen!“ „Was willst du denn?!“, zischte dieser sofort. „Ich werde doch wohl meinen Neffen zur Schule bringen dürfen! Blöde Schnepfe.“ Das Letzte war nur gebrummt und wurde überschattet von Emis bittender Stimme: „Daiki, lass Anko ihn hinbringen. Du kannst ihn doch heute abholen.“ Sasuke sah, wie sich Daikis Stirn in Falten legte, bevor er ohne ein weiteres Wort aus dem Raum verschwand. Sasuke blickte auf die Tischplatte. Gerde da Daiki immer nach Alkohol roch, ging er diesem aus dem Weg und sein Onkel respektierte das und sprach ihn seinerseits auch kaum an. Vielleicht merkte er, dass Sasuke sich vor Betrunkenen fürchtete und das eben dann auch vor Daiki, auch wenn dieser sehr ruhig war und sich nicht lächerlich benahm. Wahrscheinlich, glaubte Sasuke, hatte sich Daiki schon an den Zustand des Betrunkenseins gewöhnt, schließlich war er beinahe nie nüchtern. Sasuke hatte ihn in den letzten drei Wochen jedenfalls kein Mal wirklich nüchtern erlebt. Aber er fragte sich auch, warum Daiki immer trank. Er fragte sich, wie aus seinem damaligen so lustigen Onkel - und so hatte Sasuke ihn durch die kurzen Besuche, damals mit seinen Eltern, noch in Erinnerung - solch ein trunkener, trauriger Kerl werden konnte. Sasuke war nervös, als er im Auto saß. Einerseits war er nervös, weil er das in Ankos Gegenwart immer war. Sie konnte ihn nicht leiden, hatte nicht mal ihren Vater leiden können, dabei kannte Sasuke niemanden, der seinen Vater nicht hatte leiden können. Aber er war auch riesig nervös vor seinem ersten Schultag. Die Weihnachtsferien waren heute vorbei und an diesem Mittwochmorgen musste Sasuke, nach mehr als einem Jahr, in dem er keine Schule mehr besucht hatte, wieder hin. Er sollte es in der zehnten Klasse versuchen und falls er in den ersten Wochen schon merkte, dass er nicht mitkam, würden sie ihn in die neunte versetzten, aber seine Großeltern hatten wohl die Hoffnung gehabt, dass er auch nur annähernd so klug war wie sein Vater und dass es ihm so nichts ausmachen würde, dass er in der neunten Klasse kaum anwesend war. Irgendwie machte es Sasuke so jedoch nur noch unsicherer. Wenn er sich nicht würde zurückversetzten lassen nach den paar Wochen, dann würde er schon in ein paar Monaten seinen Abschluss machen, noch vor seinem sechzehnten Geburtstag, der in den folgenden Sommerferien lag. Ja, deswegen war er nervös. Er blickte rüber zu Anko, nur aus dem Augenwinkel, weil er Angst hatte, sie würde deswegen wütend sein. In den knapp drei Wochen, die er nun schon bei seinen Großeltern lebte, hatte er einiges über sie erfahren. Das meiste aus Erzählungen seiner Großmutter, die gerne und viel redete. Anko war in der British Army, wie ihr Vater vor der Rente. Schon in ein paar Wochen – oder waren es ein paar Tage gewesen? – würde sie zurück zur Kaserne fahren und dort für einige Zeit wohnen. Sie pendelte immer, hatte seine Großmutter erzählt, deswegen hatte sie auch keine eigene Wohnung in London, sondern wohnte in der Zeit, die sich nicht auf dem Gelände der Army verbrachte, bei ihren Eltern, wo sie Miete für ihre zwei Zimmer, wovon eines ein eigenes Wohnzimmer und das andere ein Schlafzimmer war, bezahlte. Daiki, sein Onkel, zahlte keine Miete für sein Zimmer, obwohl er das ganze Jahr über dort lebte. Und das schon seit knapp vier Jahren, denn seitdem war er arbeitslos. Mehr über Daiki hatte sein Großmutter von sich aus nicht erzählt und Sasuke hatte sich nicht getraut nachzufragen, obwohl es ihn wirklich interessierte, warum er so viel trank. Über Anko redete sie lieber; die Mutter war stolz auf ihre Tochter und das, meinte Emi, wäre etwas, was Anko immer hatte haben wollen. Stolze Eltern, deswegen war sie bei der Army. Aber noch viel lieber sprach Emi Nakano über Sasukes Vater, auf den sie noch viel stolzer war und den, so klang es manchmal für Sasuke, sie von ihren Kindern am meisten liebte. Sasuke wurde aus den Gedanken gerissen, als Anko an der Straße vor dem Schulgebäude hielt. Genervt trommelte sie mit den Fingerkuppen auf dem Lenkrad herum, sodass Sasuke, eilig, mit einem leisen: „Tschüss“, ausstieg und dabei seinen neuen, dunkelblauen Rucksack schulterte. Er ging durch das Tor der St. Gabriel School und war… scheißnervös. Er würde heute eine Menge neuer Leute kennen lernen und hatte Schiss. Wie lange er schon nicht mehr in einer Schule gewesen war! Sich auf die Lippe beißend, ging Sasuke der Ausschilderung nach zum Sekretariat, meldete sich dort und wurde zum Lehrerzimmer geschickte, wo eine recht kleine, blonde Lehrerin auf ihn wartete. Sie trug hohe Schuhe, einen Bleistiftrock und eine Bluse und als er ihr hinterher ging, versuchte er seine Nervosität zu vertreiben, doch sie vermehrte sich nur aufgrund des Klackerns ihrer Schuhe. Im ersten Stock trat er nach ihr in eine Klasse, die schon mit Schülern in seinem Alter besetzt war. Die Lehrerin begrüßte diese nur halbherzig, die Klasse selber war schließlich auch noch nicht leise und nicht jeder saß auf seinem Platz. Dennoch forderte die Lehrerin ihn mit ein paar kurzen Worten dazu auf, sich vorzustellen, weswegen er nur ganz leise sagte: „Hallo… ich bin Sasuke Nakano. Ich bin 15 Jahre… und … komme aus Irland.“ Obwohl ihm offensichtlich kaum einer zugehört hatte, schaffte es die Lehrerin nun beinahe jeden auf seinen Platz zu bekommen, zeigte nun auf einen leeren Stuhl und wies Sasuke somit an, sich hinzusetzten, was dieser auch eilig tat. Neben ihm saß ein Junge mit so blondem Haar, sodass sie beinahe schon silbrigweiß aussahen und auf seinem Schoß saß noch immer, obwohl die Lehrerin schon anwesend war ein rothaariges Mädchen, die nun von der Lehrperson angesprochen wurde. „Karin, auf deinen Platz, aber pronto.“ Das Mädchen verzog ihr Gesicht, setzte sich nun aber auf ihren eigenen Stuhl, zwischen dem auf dessen Schoß sie zuvor noch gethront hatte und einem breiten Typen, der so orangefarbenes Haar hatte, dass er wie der beste Klischeeire hätte wirken können. Ohne das Sasuke seine Mitschüler hätte weiter mustern können und ohne irgendwelche einführenden Worte der Lehrerin, forderte sie die Schüler auf, ihre Hefte rauszuholen, diktierte einige Aufgaben auf den Seiten in dem Mathebuch und setzte sich an den Schreibtisch um den Schülern beim Rechnen zuzusehen. Sasuke schaute sich die Aufgaben an – die Bücher hatte seine Oma schließlich schon am Vortag abgeholt, als sie mit dem Bus in der Stadt gewesen war, die nahe an der Schule lag. Lineare Gleichungssysteme. Er blätterte ein paar Seiten zurück, las sich Regeln und Beispielaufgaben durch. Sah eigentlich alles ziemlich logisch aus. Er versuchte es bei einer der einfacheren Aufgaben der früheren Seiten und hatte den Dreh schnell raus, sodass er sich an die richtigen Aufgaben machte, mit denen er sogar fast fertig wurde, als die Lehrerin, deren Name er traurigweiße immer noch nicht wussten, zum vergleichen aufrief. Sie nahm, wahrscheinlich hatte sie das Mädchen auf dem Kieker, Karin ran, die zerknirscht nach vorne zur Tafel ging und die Aufgabe anschrieb. Sasuke wusste, er würde unheimlich unsicher sein, wenn er das erste Mal an die Tafel musste, denn auch jetzt in der Menge der Schüler fühlte er sich schon sehr nervös. Er schaute wieder an die Tafel, entging somit den Blicken der neuen Mitschüler und stellte fest, dass das rothaarige Mädchen schon beim ersten Schritt nicht weiterkam und das Gesicht verzog. Doch da gab die Lehrerin ihr auch keine Hilfestellung, sondern nahm einfach jemanden dran, der sich meldete. Karin schrieb nun das an die Tafel, was der andere Schüler diktierte und am Ende war Sasukes Aufgabe jedenfalls so weit richtig, wie er gerechnet hatte und er glaubte, auch den Rest hätte hinbekommen können. Er musste daheim auf jeden Fall noch ein paar Aufgaben machen um sich dabei sicherer zu sein. Sasuke wollte nämlich nicht der dumme Neue sein. Er wollte versuchen schulisch das Beste aus sich rauszuholen, schließlich wollte er nach der zehnten Klasse eine gute Ausbildung machen können oder einen guten Job finden, sodass er Itachi und seinen Großeltern schnellstmöglich alles Geld zurückzahlen konnte. „Ich hasse meine Mutter“, hörte Sasuke die Stimme der Rothaarigen, als die Lehrerin nach Stundenschluss dem Raum verlies. „Immer muss diese Scheißkuh mich dran nehmen. Die weiß genau, dass ich das nicht kann!“ „Reg dich nicht auf, Karin“, versuchte der breite Junge sie zu beschwichtigen, während Sasukes Platznachbar aus seiner Wasserflasche trank und dann zu dem Mädchen blickte. „Noch ein halbes Jahr, dann bist du sie wenigstens in der Schule los und außerdem wirst du das schon irgendwann können“, sagte er und brummelte: „Schließlich gebe ich dir ja Nachhilfe.“ „Aber die… die Scheißkuh macht mich auch Zuhause fertig, Sui.“ „Haha, doch keine Kosenamen mitten in der Schule“, lachte der Angesprochene, trank noch einen Schluck und küsste seine Freundin. Sasuke sah auf seine Rechensachen, kam sich schlecht vor, weil er zugehört hatte und blickte erst wieder hoch, als die nächste Lehrerin den Raum betrat. Es war wieder eine kleine, etwas ältere blonde Frau. Doch diese war etwas breiter und sah um einiges freundlicher aus. Sie legte ihre Tasche und die Unterlagen auf den Tisch, begrüßte ihre Klasse und kam dann persönlich zu ihm, um sich vorzustellen. Sie reichte ihm die Hand und sagte mit freundlicher Stimme: „Hallo, Sasuke. Mein Name ist Mrs. Yamada. Ich bin deine neue Klassenlehrerin, unterrichte die Klasse auch in Englisch und Politik und heiße dich im Namen der Klasse herzlich willkommen. Wenn etwas nicht in Ordnung ist, kannst du dich gerne an mich oder den Klassensprecher“ – sie zeigte auf einen Jungen mit Brille, der vorne saß – „wenden. Ansonsten wünsche ihr dir eine schöne, angenehme Zeit an dieser Schule.“ Sasuke nickte höflich und sah der Lehrkraft hinterher, als sie nach vorne ging und sich ans Pult setzte. Sie fragte die Klasse nach den Ferien und manche erzählten etwas. Die drei neben ihm nicht. Karin und der Junge, den sie Sui genannt hatte tuschelten miteinander, während der mit den orangefarbenen Haaren aus dem Fenster blickte. „Gut“, sagte Frau Yamada dann, als keiner mehr etwas über die Ferien erzählen wollte. „Wir haben viel zu regeln in den folgenden Tagen. Da nächsten Monat die Klassenfahrt ansteht, müsst ihr Wohngruppen bilden. Zwei Mädchenhäuser und drei Jungenhäuser.“ Nachdem sich jemand aus der Klasse gemeldet hatte, und gefragt hatte, wie viele den jeweils zusammen in einen Bungalow konnte, erklärte die Lehrerin genauer: „In den Jungenhäusern zweimal vier und einmal drei Leute. In denen der Mädchen einmal fünf und einmal vier.“ Sasuke sah den Schülern ruhig dabei zu, wie sie sich zu Häusern zusammenfügten. Die Jungs waren schnell in zwei Vierergruppen eingeteilt, ohne Sasuke eines Blickes zu würdigen, und die Mädchen waren es auch auch. Zu einem – wahrscheinlich dem kleinerem Übel, so wirkte ihr Gesicht – stellte sich Karin, während die beiden Jungs, die in der Reihe saßen allein dort am Fenster standen und ihn dann zu sich winken. „Hey, Sasuke“, sagte der mit den hellen Haaren. „Komm einfach zu ins in Haus, okay?“ „Ja“, murmelte dieser und ging zu den Beiden, die sich ihm vorstellen. „Suigetsu“, sagte der eine. Ah, deswegen Sui. Und der andere: „Juugo Juin. Sag gefälligst deinen Hinternamen, Suigetsu!“ „Ist ja gut, ist ja gut. Suigetsu Hozuki“, lachte der und plötzlich waren die beiden Sasuke sympathisch. Sie waren coole, lockere Typen. Leute die ihn wie jeden andere behandelten, weil sie nichts wussten und das genoss Sasuke für eine Weile. ~~ Itachi saß auf einem der Wohnzimmersessel, hatte die Gitarre auf seinem Schoß, zupfte wahllos ein paar Seiten, bevor er ein Lied anstimmte, es aber schon nach wenigen Akkorden wieder abbrach und etwas rumklimperte. Ihm war einfach nach kaum etwas zu Mute. Schon seit Tagen – seit Sasuke fort war, musste er verknirscht zugeben – hatte er keine Lust zu nichts. Dennoch hatte er auf jede Einladung seiner Freunde reagiert. Er war wie ausgemacht, am zweiten Weihnachtstag bei Kakashi und Iruka gewesen, hatte das Babysitten für Yahiko übernommen, weil er es Konan und Pein, samt einem Essen im Restaurant, zu Weihnachten geschenkt hatte und war einmal mit Kakashi in der Kneipe gewesen. Er hatte sich – er wollte ja ehrlich sein – volllaufen lassen und wäre ohne Kakashi wahrscheinlich nicht heile Heim gekommen, geschweige denn in sein Bett. Und er hatte sich mit Shizune getroffen. Ein paar Mal. Hatte gute Abende mit ihr gehabt, hatte sie zum Essen ausgeführt, hatte sich abgelenkt und sie glücklich gemacht; hatte sie geküsst und mit ihr geschlafen. Shizune würde sagen, sie wären ein Paar und Itachi konnte da nicht gegen sprechen. Auf jeden Fall war da wieder was zwischen ihnen auch wenn Itachi ohne zu überlegen sagen konnte, dass sie ihn hundertmal mehr liebte, als er sie. Das war schließlich schon immer so gewesen, nur nun war Itachi traurig und verlassen genug, um ihr und ihrer Anhänglichkeit nachzugeben. Wenn er mit Shizune im Bett war, vergaß er wie leer sich seine Wohnung anfühlte und wie einsam, besorgt und traurig er nach den Gesprächen mit Sasuke war. Itachi stellte seine Gitarre beiseite, weil er keine Lust mehr hatte, ging in die Küche seiner Wohnung und machte sich einen starken Kaffee. Er zuckerte nur wenig, pustete ein bisschen und trank dann in kleinen Schlücken, während er auf den Kalender schaute, der neben dem Kühlschrank hing. Mittwoch, 13. Januar. 2010; wie doch die Zeit vergangen war. Heute war Sasukes erster Schultag an der neuen Schule. Itachi blickte auf die Uhr. 11.25. Er hatte bestimmt schon Pause. Itachi griff nach seinem Iphone in der Hosentasche, drückte auf die App fürs SMS-Schreiben und dann auf Sasukes Namen. Der Junge hatte seit einigen Tagen ein Handy. Die Großmutter hatte gesagt er solle sich eins aussuchen, da doch jeder Jugendliche eines hatte und er so von unterwegs anrufen konnte. Wenigstens waren sie da vernünftig genug drauf, dachte Itachi zerknirscht und tippte mit spitzen Fingern. Hey Sasuke, hoffe die neue Schule gefällt dir und alles sind nett zu dir. Bin stolz auf dich, dass du es gleich in die 10te geschafft hast. Pass gut im Unterricht auf, dann läuft auch alles glatt. Bist schließlich ein kleiner Einstein^^ Lg Itachi Nachdem Itachi auf Senden geklickt hatte, steckte er sein Iphone wieder in die Hosentasche und erschrak, als sein Haustelefon plötzlich klingelte. Was war denn jetzt los? Er stellte die Kaffeetasse auf die Küchentheke und ging in den Flur. Itachi nahm das Telefon von der Station und meldete sich mit seinem Hinternamen. „Hallo, Itachi. Wie geht’s dir?“, fragte Shizune, die ihn liebte und musste wahrscheinlich sogar unterdrücken ihn Schatz zu nennen, weil sie wusste, dass er solche Kosenamen nicht mochte. „Gut“, antwortete er kurz angebunden und dann netter, weil er sich daran erinnerte, dass sie seine Freundin war: „Was ist los?“ „Ich wollte nur fragen, wie es dir geht und ob du Freitag kommst.“ „Klar“, meinte er nur. „Bin gegen sieben da.“ „Schön, dann freue ich mich. Wir sehen uns. Lieb dich, Itachi.” „Ja, bis Freitag”, sagte er nur, aber da war die Leitung auch schon tot. Itachi glaubte, Shizune wollte einfach nicht hören, dass er nicht sagen konnte, dass er sie liebte. Vielleicht ahnte sie, dass er selber nicht wusste, ob er es tat. Aber sie liebte ihn zu sehr, um ihn deswegen nicht glücklich machen zu wollen. Seufzend schlürfte Itachi ins Wohnzimmer und lies sich aufs Sofa sinken. Manchmal fragte er sich, ob es falsch war Shizune, die ihm eine gute Freundin war, so zu behandeln. Er mochte es mit ihr zu schlafen, er mochte es mit ihr essen zu gehen, sie zu küssen und er mochte es sogar mit ihr über Unverbindliches zu reden, aber er liebte sie nicht. Nein, das tat er nicht. Jedenfalls nicht über Freundschaft hinaus und nicht über die Erinnerungen an alte Gefühle hinaus. Er war nur zu einsam und wollte sich das selbst nicht eingestehen. Deswegen konnte er einfach keine Rücksicht auf Shizune nehmen, solange sie ihn so wollte, wie er war und mit dem, was er bereit war zu geben. ~~ Daiki war das erste Mal wirklich nüchtern, stellte Sasuke fest. Und er roch auch nicht nach Alkohol. War frisch geduscht – das sah man an den Haaren; und hatte die Zähne wahrscheinlich gerade erst geputzt – das roch man an dem Pfefferminzgeruch, der nun statt dem des Alkoholgeruchs kam, wenn der Mann ausatmete. „Wie war die Schule?“, fragte er leise, als er den Motor startete und nach vorne auf die Straße schaute. „Gut“, murmelte Sasuke, fürchtete sich dennoch alleine mit dem Mann, der sonst immer betrunken war, in einem Auto zu sitzen, wollte aber höflich sein und antwortete. Sasuke vermisste Musik im Auto, die die Stille erträglicher machte, aber er wollte auch nicht den Ipod aus der Tasche holen und darüber hören. Das war viel zu unhöflich. Deswegen blickte er aus dem Fenster, ehe Daikis Stimme ertönte, der die Stille wohl genauso wenig mochte, wie sein Neffe. „Wir müssen noch einkaufen. Mutter hat mir einen Zettel geschrieben. Soll ich dich… erst Zuhause absetzten?“ Sasuke schüttelte den Kopf, wollte keine Umstände machen, wenn er schon am ersten Tag zur Schule gebracht und wieder abgeholt wurde. Morgen musste er zum ersten Mal mit dem Bus fahren. Er war auch davor ein wenig nervös. Schließlich war er schon seit fast zwei Jahren nicht mehr mit dem Bus gefahren. Die letzten Monate daheim hatte er sogar zu Fuß den Schulweg von über einer halben Stunde gehen müssen. Das alles war wieder neu für ihn. Genauso wie es neu gewesen war, Schulsachen zu kaufen und ein paar Kleinigkeiten für sein Zimmer, in dem die Heizung mittlerweile funktionierte. Sie hatten einen großen Teppich besorgt, neue Gardinen, eine Zimmerpflanze, eine schicke Stehlampe und sogar ein Bild für an die Wand, die so gar nicht einladend aussah. Sasuke hatte sich auch ein Handy aussuchen dürfen, als sie in der Stadt gewesen waren; er sollte sogar meinten die Großeltern, so könnte sie einander wenigstens immer erreichen und um keine Umstände zu machen, hatte Sasuke sich ein ganz äffes, altes Handy ausgesucht, dass sehr billig gewesen war. Apropos Handy. Er sollte es mal wieder anmachen, nachdem er es für die Schule ausgestellt hatte, schließlich hatte er nicht direkt am ersten Tag schlecht auffallen wollen. Im Grunde wollte er gar nicht unangenehm auffallen. Sasuke öffnete die Vordertasche seines Rucksackes, kramte sein Handy heraus, das neben dem Portmonee lag und verlos die kleine Tasche wieder. Er hatte einen Geldbeutel gebraucht, meinte seine Oma. Für Taschengeld, das er gar nicht wollte und für ein Busticket, dass sie angemeldet hatten, damit er nicht täglich die Busfahrten zahlen musste. Sasuke tippte den PIN in sein Handy und stellte danach fest, dass er eine SMS hatte. Mit ein paar Knopfdrücken – es war schließlich ein ziemlich altes, billiges Model – öffnete er die Kurznachricht und las sie. Von Itachi. Wie schön. Sasuke schaute kurz zu seinem Onkel, hoffte dieser fand des nicht unhöflich, wenn er nun hier saß und eine SMS tippte, aber er wollte Itachi doch so gerne antworten. Deswegen beeilte sich Sasuke, obwohl ihm seine erste SMS nicht leicht fiel. Er hatte so was doch noch nie gemacht. Hallo, die Schule ist gut, alle sind freundlich. Ich glaub, ich kann den Schulstoff verstehen, wenn ich mich anstrenge. Danke für deine SMS. Sasuke „Wem schreibst du?“, hörte Sasuke die leise Stimme seines Onkels, der an einer Ampel hielt. „… Itachi“, antwortete er zögerlich, steckte sein Handy in die Hosentasche der Jeans, die Itachi ihm gekauft hatte. Seine Großmutter hatte zwar gesagt, er solle sich auch noch paar neue Klamotten aussuchen, aber er hatte nur wenig genommen. Zwei neue, billige Jeanshosen, zwei T-Shirts und einen Pullover, sowie ein paar Socken und paar Boxershorts zum Wechseln. Im Grunde hatte er doch jetzt alles war er brauchte. Insgesamt vier Jeans, seine kaputte alte nicht mitgerechnet, und gut sechs T-Shirts sollten doch reichen, genau wie zwei Pullover, die eine Stoffhose zum Schlafen und das Langarmshirt. Wenn die beiden Sachen in der Wäsche waren, schlief er halt in Boxershorts und T-Shirt. Dafür musste er seinen Großeltern dann nicht noch unbedingt mehr Geld kosten. Sie gaben schließlich genug für ihn aus und bis er das zurückzahlen konnte, würden auch noch mindestens Monate ins Land ziehen. Außerdem musste Sasuke ihnen den Brief von der Klassenfahrt geben und die war auch nicht billig. Doch ehe Sasuke darüber nachdenken konnte, ob er nicht sagen sollte, er wolle gar nicht fahren, riss ihn die Stimme seines Onkels aus den Gedanken. „Hast `ne kurze Zeit bei ihm gelebt, ne?“ „Ja“, murmelte Sasuke, wobei die Zeit so kurz gar nicht gewesen war. Wenn er zurückdachte waren es mehr als drei Wochen gewesen, oder? „Und… was ist er für dich?“ Sasuke biss sich auf die Lippe. Was für eine dumme Frage, dachte er, hatte aber sofort ein schlechtes Gewissen. Wie konnte er so was nur über die Fragen anderer Menschen denken, die wahrscheinlich – auch wenn sie Trinker waren – mehr in ihrem Leben erreicht hatten, als er je erreichen würde. Schließlich hatte sein Onkel – jedenfalls der, den Sasuke damals als Daiki Nakano gekannt hatte – eine liebe Frau, ein großes Haus und einen tollen Job. „Ein… Freund“, murmelte Sasuke wieder, wusste nichts anderes zu sagen und zu Ende hin hatte Itachi sie doch so bezeichnet. Als Freunde. Also waren sie es auch. Sonst würden sie ja jetzt nicht in Kontakt bleiben, oder? Daiki parkte auf dem Parkplatz eines Supermarktes, stieg aus, schloss ab, als auch Sasuke draußen war und ging gefolgt von dem Teenager einen Wagen holen und dann in den Laden hinein. Während er die ersten Dinge in den Wagen legte, die Sasukes Großmutter aufgeschrieben hatte, sagte er leise: „Mutter meinte, du sollst dir alles nehmen, was du haben möchtest. Sie weiß ja schließlich nicht genau, was du gerne isst. Deswegen sollten wir auch fahren.“ „Uhm… okay“, stimmte Sasuke zögerlich zu, wusste aber, dass er sicherlich nicht von sich aus etwas nehmen würde. Nur weil diese Leute mit ihm verwandt waren, hieß das nicht, dass er nun etwas zu verlangen hatte. Das hatte er genauso wenig, wie bei Itachi, denn schließlich konnte er weder diesem noch seinen Großeltern so schnell etwas zurückgeben. Sasuke glaubte, selbst wenn sein Vater jetzt wieder am Leben wäre – durch irgendein Wunder – und ihn zu sich holen würde, wäre er auch bei diesem so zurückhaltend. Sasuke wusste, dass er einfach verlernt hatte, anders zu sein. Kabuto hatte ihm das rausgeprügelt. Ruhig folgte Sasuke seinem Onkel, sah wie dieser allerlei Zeug in den Wagen räumte, sodass er immer voller wurde. Wahrscheinlich brauchten sie aber auch viel, schließlich waren sie nun mit fünf Personen und seine Großmutter kochte jeden Abend frisch. Als sie am Süßigkeitenregal ankamen und Sasuke selbst da nichts nahm, hakte Daiki nach: „Möchtest du nichts?“ Sasuke schüttelte nur zögerlich den Kopf und blickte zu Boden, während er darauf wartete, dass sein Onkel weiterging. „Nun… warum nicht?“ Ja, nun… warum nicht? Was sollte Sasuke sagen? Er biss sich auf die Lippe. Weil Kabuto ihm auch das rausgeprügelt hatte. Dinge zu wollen, sich Dinge einfach zu nehmen. Darum nicht. Aber das konnte er nicht sagen. Deswegen zuckte er hilflos mit den Schultern. Daiki wusste sich nicht zu helfen. Er hatte geglaubt mit einem fluchenden, motzenden Jugendlichen zusammenleben zu müssen. Mit einem der die Regeln brach und keine Manieren hatte. Damit wäre er klar gekommen. Den hätte er angebrüllt und dem hätte er – egal wie besoffen er selber war – den Kopf gewaschen. Seine Großeltern konnten so was nicht, aber er hätte das hingekriegt. Aber Sasuke war so nicht. Schon am ersten Tag hatte Daiki bemerkt, wie höflich der junge Kerl war und wie sehr er Daikis kleinem Bruder ähnelte. Nur war der nie so höflich gewesen und nie so still und folgsam. Sein kleiner Bruder – dieser verquerte Sturkopf – hatte damals nicht mal Bock drauf gehabt, in die Grundschule zu gehen. Dabei war er so ein Genie gewesen, der klügste Junge, denn Daiki je kennen gelernt hatte. Er selber war schon in der neunten oder zehnten gewesen, als er seinem kleinen Bruder erklärt hatte, je mehr er sich angestrengte, desto eher war er fertig. Und es stimmte. Daikis kleiner Bruder – Sasukes Vater – hatte sich unheimlich angestrengt, Klassen übersprungen und in Windeseile studiert. Aber höflich und all das war er nie gewesen. Laut und fröhlich und wild; mit offenen Armen der Welt entgegen und unheimlich charmant. Daiki seufzte leise, wurde wieder traurig bei den Erinnerungen an seinen verstorbenen Bruder und bevor dann auch noch die Erinnerungen an seine Frau und an… Okay, genug. Stopp. Sonst bekam er wieder Lust auf Alkohol. Keine Erinnerungen. Kein Alkohol. Er musste sich doch für seinen Neffen ändern. Für seinen kleinen Bruder und für Sasuke. Daiki griff wahllos nach ein paar Süßigkeiten, schmiss sie unachtsam in den Wagen und ging dann, nachdem er auch den Rest besorgt hatte und Sasuke ihm weiterhin still gefolgt war zu Kasse, ohne dem Regal mit den alkoholischen Getränken auch nur eines Blickes zu würdigen. Ein Blick und er würde verfallen. Deswegen nicht. Und weil er schauen musste, dass Sasuke heil nach Hause kam und sich später auf ihn verlassen konnte. Nachdem Daiki bezahlt hatte und alles in den Wagen geräumt, setzte er sich neben Sasuke auf den Fahrersitz und machte sich zum Heimweg auf. Der Junge wirkte noch geknickter als zuvor und Daiki fragte sich augenblicklich, ob er was falsch gemacht hatte. Das wollte er nicht, schließlich hatte er seinem Bruder doch versprochen, sich um Sasuke zu kümmern, falls die Mutter es nicht konnte. Und er war der Einzige gewesen, der die Wahrheit wusste und… er hatte doch schon die letzten Jahre so versagt und über den Tod seines Bruder und den seiner schwangeren Frau nur knapp ein halbes Jahr später, das Leiden seines Neffen nicht bemerkt. „Ich will… einfach keine Umstände machen“, hörte Daiki dann Sasukes leise Stimme. Sasuke glaube, noch eine Antwort schuldig zu sein. Er fühlte sich schlecht und glaubte seinen Onkel böse gemacht zu haben, obwohl der sich doch alle Mühe gab und nur deswegen nüchtern war um ihn heute von der Schule abzuholen und einkaufen zu fahren. Das musste für den doch bestimmt auch lästig sein. „Mach dir keinen Kopf“, meinte Daiki nur, konzentrierte sich auf die Straße und hasste die Stille, die ins Auto kam, sobald er nichts fragte, wie auf dem Hinweg. Sasuke war so leise. Dabei wusste Daiki, hatte seine Mutter gehofft, dieser Junge könnte die Lebenslust und den Lärm seines Vaters wieder nach Hause bringen. Im Grunde hatte auch er das gehofft und Sasuke war nun… eben völlig anders. Auch wenn Daikis Eltern das nicht zeigten, wusste er, dass sie enttäuscht darüber waren, dass Sasuke nicht der Klon ihres meistgeliebten Kindes war. ~~ Draußen war es schon dunkel und der Wind wehte kalt, als Itachi aus seinem Wagen ausstieg und die Treppen zu der Haustür Shizunes nahm, die direkt neben der ihrer Eltern lag. Er klingelte und wartete und als keiner öffnete, war ihm einfach nicht danach nach Hause zu fahren. Deswegen setzte er sich auf die Steintreppe vor Shizunes Haushälfte und schaute in den sternenklaren Himmel. Er hatte auf dem Sofa gelegen, hatte fern gesehen, aber nichts von der Handlung mitbekommen oder gar behalten, hatte versucht etwas Gitarre zu spielen oder zu lesen, aber auf all dass hatte er keine Lust gehabt. Sogar ein wenig zu arbeiten hatte er versucht, obwohl er eigentlich Urlaub hatte. Nur ein paar Akten zu erledigen, die nicht warten konnten und die sein Vater ihm vorbei gebracht hatte. Aber Itachi hatte durch die ganzen Aktivitäten, die er ausprobiert hatte, nicht nur gemerkt, dass ihm langweilig war, sondern auch, dass er, um 10 Uhr abends, völlig klar im Kopf aber auch sehr, sehr einsam war. Shizune war es, die die Einsamkeit zumeist mit ihrer Anwesenheit – oder eher, Itachi wollte ja wenigstens zu sich selber ehrlich sein, mit dem Sex – vertreiben konnte. Itachi wartete, damit hatte er kein Problem. Selbst dann nicht, als seine Finger ein wenig steif wurden und er sich in sein Auto setzte um, berieselt von ein wenig Musik aus dem Autorradio, weiter wartete. Mitternacht war schon vorbei, als ihm einfiel, warum Shizune nicht nach Hause kam. War doch klar. Er schlug sich die Hand gegen die Stirn und hoffte, es habe niemand gesehen. Wer auch?, fragte er sich dann selbst. War doch niemand so doof um so eine gottlose Zeit an dieser Straße zu stehen, an der nicht mal ein Bus vorbeifuhr und an der sich Fuchs und Hase gute Nacht sagten. Shizune war es zu langweilig ohne Studium und Job zu sein, dieses halbe Jahr gesponsert von den Eltern konnte sie nicht genießen; deswegen war sie zurück ins Krankenhaus gegangen. Klar, und heute hatte sie Nachtschicht. Hatte sie doch erzählt. Itachi startete den Motor, versprach sich selbst halbherzig ihr nächstes Mal besser zuzuhören und fuhr zurück nach Hause. In eine Wohnung, in der er jetzt sehr einsam war, weil sie Sasuke einst – vor nicht all zu vielen Tagen noch – Zuflucht geboten hatte. Itachi gab es vor sich selbst innerlich zu. Er vermisste Sasuke schrecklich. to be continued by Jessa_ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)