Zeitlos -♠- von TommyGunArts (100 Storys -1-) ================================================================================ Kapitel 17: Fall ins Leere (Menschlich Mechanisch -1-) ------------------------------------------------------ Sin erhob sich langsam und spähte zu Calea hinüber. Die schöne Nachtelfe drehte ihre blauen Dreads zu Knoten zusammen, während sie gebannt auf die Umgebung hinabsah. Sie machte einen ruhigen, ja beinah zu ruhigen, Eindruck im Angesicht dieser misslichen Lage. Doch Sin wusste, dass Calea nicht so ruhig war wie sie wirkte. Ganz im Gegenteil. Ihre Augen versprühten ein hektisches Funkeln, was sie nur taten, wenn sie in echte Bedrängnis geriet. »Was sollen wir denn jetzt nur tun?«, fragte Sins Bruder Scott und tippte nervös mit dem Fuß auf und ab. »Geh mir nicht auf die Nerven!«, blaffte Sin ihn an und kratzte sich mit seiner Metallhand am Kopf. Wie der Cyborg es doch hasste während des Nachdenkens unterbrochen zu werden. »Aber… Aber…«, jammerte sein kleiner Bruder und hüpfte auf und ab. Wahrscheinlich hatte er sich mal wieder zu viele dieser seltsamen Blüten rein gepfiffen. Eines Tages würden diese Drogen ihm noch das Hirn zermahlen! »Hab ich nicht gesagt du sollt die Schnauze halten?« Sin war definitiv nicht in der Stimmung sich jetzt noch mit Scotts dämlichen Fragen nerven zu lassen. Calea hatte dies natürlich mit angehört und musste –ach war sie ein nettes Wesen- Scotty in den Arm nehmen und trösten. Sins Meinung nach war dieser alt genug um auf sich selbst achtzugeben. Er war schließlich schon 18 Jahre. Aber Calea hielt es wie immer für angebracht ihn zu bemuttern. Der28-jährige Cyborg rümpfte die Nase und versuchte sich wieder zu konzentrieren. Er musste sie irgendwie aus dieser misslichen Lage befreien, die auf dem Erdboden auf sie wartete. »Warum mussten wir auch das Raumschiff nehmen und in diese gottverlassene Gegend reisen?«, kam es nun von Ronny, der seine spitzen Fangzähne bleckte. »Ich war ja von Anfang an dagegen, dass wir das tun! Und jetzt? Man sieht ja, was wir nun davon haben!« Ronny der Wolfsmensch war immer mies gelaunt und suchte nur so nach Gelegenheiten, diese an seinen Mitwesen auszulassen. Für ihn kam diese Situation wie gerufen um an allem möglichen rumzunörgeln. »Und warum muss ausgerechnet ich dieses Mistding fliegen wenn wir unter Beschuss stehen? Warum kannst du das nicht machen, Sin? Sonst kannst du doch auch alles!« Sin war klar, dass er den dringend benötigten klaren Kopf fürs erste vergessen konnte und somit zog er nur die Mundwinkel nach unten und erwiderte »Weil du der Pilot bist, ganz einfach!« »Aber es war doch nicht meine Idee mal wieder durch die Zeit zu reisen!«, rechtfertigte er sich und steuerte das Schiff in eine scharfe Linkskurve, sodass alle Bordmitglieder zur Seite geschleudert wurden. »Halt endlich deinen Rand und flieg uns hier raus! Glaubst du ich habe damit gerechnet, dass wir plötzlich in einen Krieg zwischen Ogern und Karaliern geraten?« »Das hättest du vielleicht einkalkulieren sollen, Boss! « Es folgte eine scharfe Rechtskurve und Sin wurden die Beine –eines davon menschlich, das andere mechanisch- vom Boden entrissen, sodass er für einen Sekundenbruchteil glaubte zu schweben, bis er schließlich hart mit dem Kopf am Pilotensitz aufschlug. Als wäre nichts gewesen schüttelte er sich und richtete die Metallplatten an seinen Fingern, die sich beim Aufschlag verbogen hatten. Dann sah er zu Calea hinüber, die Scotty fest in ihren Armen hielt, damit ihm nichts passierte. Aus der Küche kam plötzlich Musik. »Wie kann der nur in dieser Situation auf seiner Flöte spielen?«, fragte Ronny entgeistert und warf Sin einen fragenden Blick zu, bevor er sich wieder der Rettung des Schiffs widmete. Der Cyborg hob seine eine noch vorhandene Augenbraue und setzte sich in Bewegung Richtung Fynn, der anscheinend nichts Besseres zu tun hatte, als auf dieser Flöte zu dudeln. Prompt schlug Sin die Tür auf und entdeckte den Ziegenmann, der seelenruhig auf der Arbeitsplatte thronte und auf dieser Krachmaschine spielte. Als dieser seinen Boss bemerkte fiel ihm vor Schreck die Flöte aus der Hand und seine bauschigen, behaarten Ohren schnellten in die Höhe. »Hast du jetzt völlig den Verstand verloren?« »Ich dachte ihr könntet da draußen etwas aufmunternde Musik vertragen«, meinte die Ziege und zuckte verlegen mit den Schultern, als wäre es das normalste der Welt, nervende Musik zu spielen, während die Mannschaft versucht am Leben zu bleiben. Natürlich, dachte Sin bitter, natürlich können wir Musik gebrauchen. Aber wenn wir erst einmal unter der Erde liegen bringt uns das auch nicht mehr viel. »Mach gefälligst was sinnvolles und leg diese Bastarde da unten um, die uns für ihre Feinde halten! Sonst holen die uns jeden Moment vom Himmel, falls dir das nicht aufgefallen ist!« Aus einer seiner Hosentaschen zog Sin eine Laserpistole hervor und warf sie dem Ziegenmann entgegen. Dieser starrte ungläubig auf die Waffe in seinen Händen, stand dann jedoch auf und machte sich an die Arbeit. »Scotty!«, schrie der Cyborg und winkte seinen Bruder zu sich. Als er zitternd und mit weit aufgerissenen Augen vor ihm stand erkannte Sin, dass er Angst hatte. Dicke Augenringe zeigten, dass Scott mal wieder zu wenig geschlafen hatte und somit sicherlich nicht fit für eine derartige Situation war. Seine roten Haare standen in alle Richtungen ab und seine Finger tippten unruhig auf seinen Oberschenkeln. Sin senkte den Kopf und legte seinem Bruder die Hand auf die Schulter. »Meinst du, du kannst unser Schnellreisesystem wieder reparieren?« Scott nickte, doch in seinem Blick konnte Sin Fehler ausmachen, die sein Bruder begehen würde. Mit schwerem Herzen kramte er schließlich erneut in seinen Hosentaschen und zog eine Schachtel hervor. Er öffnete diese. Darin befanden sich neun Tabletten in allen Formen, Größen und Wirkungsweisen. »Hier!«, sagte Sin und gab ihm die rote Pille, »Die ist gegen die Angst« Mit zitternden Händen nahm Scott sie entgegen und schluckte sie direkt hinunter. »Und jetzt geh hinunter in den Kontrollraum und versuch alles erdenkliche, um dieses verdammte Schnellreisesystem wieder in Gang zu bringen! « Kaum hatte Scott diese Worte aufgenommen und verarbeitet, so war er auch schon unterwegs. Sin sah seinem kleinen Bruder noch einmal hinterher, wandte sich dann jedoch dem Geschehen am Boden zu und sah aus dem Fenster. Aus der Luft sahen die Oger und die Karalier aus wie kleine Ameisen, die sich auf einem Schlachtfeld tummelten. Trotz, dass sie sehr hoch flogen, musste Ronny ständig irgendwelchen Geschossen ausweichen, denn wie jeder wusste waren die Karalier einwandfreie Schützen. Sie verfehlten selten ihr Ziel und wenn sie erst einmal eines hatten, dann würde es definitiv sterben. Früher oder Später. Leider war das Raumschiff in dem Sin und seine Leute sich aufhielten ihr neues Ziel. Und der Cyborg hatte nicht die geringste Lust sich mit seinen 28-Jahren in die tiefen Abgründe des Dunkels befördern zu lassen. Dafür hielt er sich entschieden zu jung. Doch es würde darauf hinauslaufen, wenn Scott nicht baldig das Schnellreisesystem reparierte, damit sie diesem Krieg entfliehen konnten in den sie dummerweise geraten waren. Und als wollte jemand Sins Gedanken nur noch bestätigen, traf eines der Geschosse das Schiff. Der Laser-beam verkohlte die gesamte linke Seite und ließ ein großes Stück der Außenwand schmelzen. »Scheiße!«, schrie Ronny und riss am Steuerknüppel. Vergeblich. Die Nase des Schiffes richtete sich nach unten. Für einen Moment fühlte Sin sich schwerelos und frei. Doch dann Kippte das Schiff nach vorn –die Besatzung ebenfalls- und fiel mit rasender und unerträglicher Geschwindigkeit gen Boden. Sin erkannte schnell die drohende Gefahr und hielt sich an einem im Boden verankerten Stuhl fest. Der Rest der Mannschaft, abgesehen von Ronny, der sicher im Pilotensitz saß, wurde brutal in den vorderen Bereich des Schiffs geschleudert. Calea schlug hart an der Sichtscheibe auf und blieb reglos am Boden lieben. Fynn, der sich zum Feuern mit der Laserpistole aus dem Fenster gelehnt hatte wurde jetzt von den Füßen gerissen. Ihn ereilte das gleiche Schicksal wie Calea. Scott war nicht in Sichtweite, doch Sin vermutete, dass sein kleiner Bruder keine Gelegenheit hatte sich rechtzeitig festzuhalten und somit quer durch den Maschinenraum fliegen musste. Von jetzt an ging es Bergab. Inständig hoffte Sin, dass Scott es bereits geschafft hatte, das Schnellreisesystem wieder in Gang zu bekommen. Es war während der Zeitreise beschädigt worden. Doch es war auch unersetzlich in einer Situation wie dieser. Das Schnellreisesystem durfte nur im absoluten Notfall verwendet werden, weil es ähnlich wirkte wie eine Teleportation. Man wusste zwar, dass man an einem anderen Ort irgendwo in der Galaxis herauskommen würde, doch wo und in welchen Zustand, das war eine andere Frage. Sin hatte schon von einigen abstrusen Fällen gehört. Manchen seien plötzlich die Arme oder Beine abhanden gekommen oder hatten einfach kein Gesicht mehr oder hatten zwölf Augen oder… Diese Liste war endlos. Trotzdem war es eine sehr schnelle und einfache Art des Reisens, gerade dann, wenn man seinem Schicksal entfliehen und am Leben bleiben wollte. Und ja, Sin wollte leben! Die Macht der Schwerkraft riss das Raumschiff nach unten und jede Sekunde die verstrich und Sin seinem Ende ein bisschen näher brachte, kam ihm vor wie eine nie endende Ewigkeit. Eins, zwei, drei… Ronny versuchte immer noch vergeblich, das Schiff wieder in seine Gewalt zu bringen. ...vier, fünf… Calea und Fynn waren bewusstlos und ihre Körper wirbelten durch den ganzen Raum. Sie würden von ihrem Tod nicht einmal etwas mitbekommen. …sechs, sieben, acht… Sin erblickte den Knopf am anderen Ende des Raumes, der das Schnellreisesystem auslösen würde. Er musste nur irgendwie dort hingelangen. …neun… Sein halbmenschliches Herz raste in einem seltsamen und falschen Rhythmus und seine ebenfalls halbmenschliche Kehle schnürte sich zu, als er sich mit aller Kraft am Stuhl hochzog. …neun… Er stützte seine Füße auf die Lehne und streckte sich nach dem Knopf aus. …neun… Beinah konnte er ihn erreichen. Nur wenige Millimeter lagen zwischen dem Knopf und Sins Metallhand. Nur wenige Millimeter, die zwischen Leben und Sterben entscheiden sollten. …neun… Sin biss sich auf die Unterlippe. Er hatte keine Zeit mehr, das wusste er, doch er wollte nicht Aufgeben, wollte nicht am Boden zerschellen und wollte vor allem nicht, dass seine Mannschaft starb, weil er es nicht geschafft hatte sie vor ihrem Schicksal zu retten. …neun… Mit letzter Kraft streckte er sich und glaubte, den Knopf zu erreichen. Doch dann wurde es Schwarz um ihn herum. …zehn! Die Mächte des Schicksals meinten es nicht gut mit ihm. Schwärze umgab Sin, als er zu sich kam. Wo war er? War er noch am Leben? Wenn ja, wie hatte er es geschafft? Oder befand er sich bereits im Dunkel? Sin hustete schwer und versuchte sich aufzurichten, weil er vermutete zu liegen, was er jedoch nicht wirklich sagen konnte. Vielleicht schwebte er auch oder stand auf dem Kopf. Fakt war jedoch, dass er seinen Körper nicht unter Kontrolle hatte, weder den menschlichen, noch den mechanischen Teil. Nur sein Gesicht reagierte halbwegs auf die Befehle seines Gehirns. »…W-Wo… bin… ich?«, quälte er die Worte aus seinem Mund, obwohl er nicht glaubte eine Antwort zu bekommen. Überraschenderweise kam diese doch. Eine tiefdunkle Stimme mit hallendem Echo flüsterte »Willkommen im Dort« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)