Kaizoku no Baroque von Alma (II. Der salzige Wind der See) ================================================================================ Kapitel 8: Ein Kleid voller Sterne ---------------------------------- Die Tage glitten an ihr vorbei und jeder war, wie der vorherige. Die Tage in Nanohana heiß, die Nächte eisig. Der Hafen blieb beschäftigt, sie hörte jeden Tag die Schiffe und die Händler, hörte von Familien die fliehen wollten und mit den Matrosen feilschten, ob sie sie nicht doch an Bord nehmen könnten. Sie fühlte die Gebrochenheit des Landes, las in der Zeitung, dass der Machtkampf andauerte. Nur hier, in Nanohana schien nichts zu geschehen, es war die Endstation. Robin sah niemanden aus der Crew mehr, obwohl sie wusste, dass die meisten wohl hier ein Hotel genommen hatten. Mühsam versuchte sie ihre Langeweile zu besiegen. Sie mischte sich unter die Menschenmengen, um in ihr unterzugehen, besuchte wohl jeden einzelnen Buchladen und jedes Antiquariat, das Nanohana zu bieten hatte und las. Sie las und las und las und las. Wie lange hatte sie das schon nicht mehr getan? Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Dabei konnte sie vergessen, ihre Gedanken vergraben und die Zeit ein wenig schneller vorbei ziehen lassen. Und doch kam sie letztendlich immer wieder an dem gleichen Punkt an, an der gleichen Frage. Was war mit Crocodile? Warum brauchte er so lange? Warum gab er ihr keine Nachricht? War etwas passiert? War ihr Plan nicht aufgegangen? Gab es Probleme mit der Marine? Immer wieder mahnte sie sich, sie brauche sich keine Sorgen zu machen, doch das war schwerer als gedacht. Sie zwang sich ruhig zu bleiben. Und dann, endlich, am fünften Tag erreichte sie ein Brief von ihm. Adressiert war er an Miss AllSunday und kam mit einer Taube an ihr Fenster geflogen. Er wollte, dass sie kam. Rainbase war offensichtlich wieder sicher, die Marinesoldaten abgezogen. Die wenigen kurzen und sachlich gehaltenen Zeilen ließen ihr Herz einige Takte höher schlagen. Hastig packte sie die wenigen Sachen zusammen, die sie noch besaß und machte sich auf den Weg. Nur einen halben Tag dauerte es bis nach Rainbase, dank ihres alten Freundes aus der Zeit von Baroque Works – der alten Renn-Schildkröte Ramirez. Als sie endlich die Stadt am Horizont sehen konnte, war es bereits Nacht. Rainbase war so schön wie eh und je. Im Dunkel glitzerte die Stadt, leuchtete wie eine Blume. Und ganz oben auf: das goldene Krokodil des Casinos, dass die Stadt noch reicher gemacht hatte als je zuvor. Etwas wehmütig zog sie den Duft ein, der sich vermutlich überhaupt nicht von dem überall anders unterschied. Dennoch es überkam sie eine seltsame Welle von Heimweh, etwas das sie eigentlich gar nicht kannte. Und es lag nicht an Crocodile. Vier Jahre, länger war sie nie an einem Ort gewesen. Es war noch immer ein Hauch von Vertrautheit in der Luft. Niemand achtete auf sie. Hier sahen die Häuser selbst wie die Millionäre und Adligen aus, die in ihnen wohnten, hier waren die Menschen entweder arrogant, geldgierig oder betrunken. Hatte sich in Rainbase nichts verändert? Robin ließ all diese Eindrücke an sich vorbei gleiten, suhlte sich vorsichtig in diesem Gefühl der warmen Vertrautheit. Wie sehr sie all dies in die Vergangenheit zog. So viele Erinnerungen an süßen Wein, an heiße Tage und kalte Nächte, an gute Bücher und an ihn. An die Anfangszeit der Firma, die sie mühsam aus dem Boden gestampft hatten, an all die Details die dafür hatten beachtet werden müssen. An das Casino, dass sie einem Makler halb zerfallen abgekauft und dann zum beliebtesten Gebäude der Stadt hatten sanieren lassen. An Crocodiles Desinteresse für sie als Mensch und schließlich die nicht aufhören wollenden Nächte, die sie mit ihm verbrachte. Sie konnte nicht leugnen, dass Wehmut in ihr aufstieg. Langsam nur gabelte sich der Weg vor ihr und führte sie zu ihrem alten Apartment. Sie sollte dort warten, hatte er ihr geschrieben. Es fühlte sich seltsam an die Treppen hinauf und durch die Tür hinein in ihre alte Wohnung zu steigen. Alles war noch genauso wie sie es verlassen hatte – wenn auch mit einer Menge Staub. Die Einrichtung war kalt und in lila und Blautönen gehalten, die Möbel und die Dekoration aussagelos. Sie hatte nie vor gehabt es sich hier gemütlich einzurichten. Alles war so gestellt und gerückt, dass sie jeden Moment fliehen konnte. Unwillkürlich lächelte sie. Sie hatte nicht gewollt, dass ihr Wohnung etwas von ihrem Innersten Preis gab, aber auf dieser Linie hatte sie wohl vollkommen versagt. Sie öffnete ihre Fenster und atmete erneut tief ein, ließ sich den noch lauen Wind durch das Haar wehen. Sie hatte Crocodile bereits Nachricht zukommen lassen, dass sie angekommen war und vermutlich würde es noch mindestens eine Stunde dauern, bevor er hier sein konnte - falls er sofort aufbrach. Ihr Blick ruhte auf dem Panorama, das Rainbase in der Dunkelheit bot. Es war eine schöne Stadt, so voller Erinnerungen und Gefühle. Sie badete förmlich darin, spürte diese alte Vertrautheit, die nie wirklich echt gewesen war. Hier hatte sie sich zum ersten Mal seit Jahren ein bisschen sicherer gefühlt, ein bisschen ruhiger. Es war merkwürdig angenehm und doch irgendwie fremd. Als sie schließlich, nachdem sie eine ganze Weile einfach so dagestanden und die Nacht bewundert hatte, in ihr Schlafzimmer lief, bemerkte sie gleich, dass etwas anders war. Dort lag etwas auf ihrem Bett. Schwarzer, samtener Stoff, der an seinen Enden in ein kaltes, eisiges Blau überging. Ein Kleid, das über und über mit wie Diamanten funkelnden Steinen besetzt war. Ihr Herz blieb stehen und ihr Atem stockte, doch sie musste auch lachen. Ihr wurde eigenartig warm ums Herz. Vorsichtig ließ sie ihre Finger über den Stoff gleiten und genoss den samtigen Stoff mit den glatt geschliffenen Steinen. Das Kleid war sicher so viel Wert wie die Sanierung des Casinos gekostet hatte, doch sie hatte nie gefragt wie teuer es eigentlich gewesen war. Sein Geschenk für sie zu ihrem 26. Geburtstag. Sie erinnerte sich noch ganz genau daran. Wie sie sich aufgeregt hatte, wie abweisend sie war, weil sie kein Geschenk von ihm annehmen wollte – schon gar nicht so ein teures. Wie er sie trotzdem rum bekommen hatte es anzuziehen und wie ernst sein Kompliment darauf geklungen hatte. Wie sie dann auf seinem Balkon gestanden hatten und er ihr die Sterne gezeigt hatte. Es war fast ein bisschen kitschig, aber wenn sich daran erinnerte war da kein Kitsch. Nur eine angenehme Erinnerung daran, wie er ihr die Sternzeichen im Himmel erklärt hatte und dann auf eben diesem Kleid, dessen Steine genauso funkelten wie die Sterne, sein liebstes Sternzeichen gezeigt hatte: Sie. Nun wurde sie doch etwas rot um die Nase. Nun ja, zumindest hatte er es damals anders genannt. Er meinte sein liebstes Sternzeichen wäre die „sexy Frau, die neben ihm steht“ und sicherlich hatte er auch noch etwas Versautes daran angehangen. Es war nur einer seiner Sprüche gewesen, um sie rumzubekommen. Dachte sie und dachte sie auch jetzt. Aber vielleicht hieß es ja doch mehr. Jetzt, wo dieses Kleid, das so viele Erinnerungen in sich trug, vor ihr lag – von ihm dorthin gelegt. Noch eine Weile starrte sie den Stoff an und schwelgte in Erinnerungen, ehe sie es endlich anzog und sich im Spiegel betrachtete. So ein wunderschönes Kleid. Er hatte damals gesagt, es erinnere ihn an sie. Schwarz, eisig blau und so glitzernd wie Sterne. Unscheinbar, geheimnisvoll, sanft und doch tödlich. Hatte er das gesehen? Verband er das mit ihr? Unwillkürlich klopfte ihr Herz noch lauter. Sie konnte nicht leugnen, dass sie sich gut darin fühlte, dass sie sich hübsch daran fühlte. Das war so typisch Crocodile. Der Mann hatte wirklich einen Kleidertick, schlimmer als jede Frau. Dennoch, er hatte Geschmack. Es stand ihr wirklich perfekt, als wäre es nur für sie gemacht worden – was sie ehrlich gesagt nicht ausschloss. Leicht fuhren ihre Finger über die Gestirne, die auf ihrem Kleid abgebildet waren. Sie musste lachen, als sie zwischen ihre Beine fuhr, bis zu ihrem Busen. Das war das Sternzeichen gewesen, das er ihr auf ihrem Kleid gezeigt hatte. Erneut füllten die Erinnerungen ihren Kopf. Ihr war nach Lachen zumute, aber auch danach zu weinen, sich zu verstecken und zu fliehen. Sie hatte Angst vor dem, was kam. Nicht unbedingt heute, vielleicht auch nicht morgen. Aber da war etwas, das auf sie zukam und das nicht aufhalten konnte. Heftig schüttelte sich ihr Kopf und schloss die Augen. Nicht jetzt. Sie wollte jetzt nicht daran denken. Crocodile hätte das Kleid nicht hierhin gelegt, wenn etwas schief gelaufen war. Sie wollte hoffen – denn das war das einzige, was ihr noch blieb. In diesem Moment schrillte die Klingel durch den Raum, auf dass sie zusammenschreckte. Der Schreck stach hinab bis in ihre Knochen, auf dass sie rangen, als wären sie mit einer Eisenstange geschlagen worden. Nachdem der erste Moment vorbei gezogen war, beruhigte sich ihr Herz wieder. War schon so viel Zeit vergangen? So schnell war es ihr gar nicht vorgekommen. Eigentlich wollte sie ihn in aller Ruhe entgegentreten. Stattdessen erwischte sie sich jedoch dabei, wie sie voran hastete und dabei fast über den Saum des Kleides stolperte. Wie ein junges Mädchen, bemerkte sie etwas verschämt. Aber sie konnte sich nicht halten, sie sehnte sich so sehr danach ihn zu sehen. Etwas zu heftig riss sie die Tür auf. Und dort stand er - scheinbar irritiert von ihrer stürmischen Art. Seine braunen Augen klebten etwas unruhig an ihr, strichen dann fast schon gehetzt über ihr Kleid zu ihren Augen hinauf. Etwas nagte an ihm. Doch er zwängte es mit einem Lächeln zur Seite. Nur aus dem Augenwinkel hatte sie sein Outfit gesehen, er war an diesem Abend ungewöhnlich schlicht gekleidet. Eine schwarze Hose, darüber ein sandfarbenes Hemd und ein braunes ärmelloses Jackett, keinen Mantel und selbst der Haken war kleiner und in Silber gefasst. Er roch gut. Nur die Wunden an beiden Schläfen, die noch immer durch Fäden zusammengehalten wurden, störten das Bild etwas. »Hey.« erwiderte sie atemlos. Ihre Stimme wirkte so aufgeregt, dass sie sich wirklich zu schämen begann. »Hey.« kam es ungewöhnlich tonlos zurück. Er beugte sich zu ihr herunter und gab ihr einen harten Kuss, ehe er sich bereits zum Gehen umwandte. »Lass uns gehen.« Sie wollte noch etwas sagen, doch sie vergaß es sobald sie sich in Bewegung gesetzt hatten. Irritiert stolperte sie hinter ihm her. War etwas passiert? Oh nein. Hoffentlich hatte die Regierung keinen Wind bekommen. Sie war nicht in der Stimmung zu rennen, nicht gewillt zu fliehen. Dafür war dieser Moment zu perfekt gewesen. Hatte das Schicksal denn kein Erbarmen mit ihr? Ihre Kehle schnürte sich zu, doch sie presste die Frage, die ihr in der Brust klemmte, mit aller Macht heraus. »Wie ist es gelaufen?« »Gut... gut...« kam es erst nach einigem Zögern. Er hielt die Stimme unten, sie bemerkte jedoch wie sein Blick unsicher durch die Menge glitt. Er sah sie nicht an. »Sie haben ein bisschen Zeit und Geld gebraucht es zu schlucken. Ich glaube wir sind vorerst in Sicherheit, aber misstrauisch bleiben sie. Die meisten Marinesoldaten sind abgezogen wurden. Nur hie und da hab ich noch einen gesehen.« Nur ein wenig bröckelte der Stein auf ihrem Herz. Sie glaubte ihm, doch er verschwieg noch etwas. Sie wusste nicht, ob sie es überhaupt wissen wollte. Fast automatisch fielen ihre Haare tief in ihr Gesicht. Rainbase war ihr vertraut und sie fühlte sich nicht unsicher, aber jetzt hier entdeckt zu werden in diesem Kleid – ach verdammt. Sie trug ja noch immer das Kleid. Etwas rot um die Nase sah sie an sich herab. Kein Wunder, dass er so geschaut hatte. Plötzlich, ganz unvermindert, schob sich etwas in ihr Blickfeld. Es war sein rechter Arm, wie sie irritiert bemerkte. Er hielt in ihr hin, dass sie sich einhaken konnte. Sein Blick lag auf ihr und ein leichtes Schmunzeln umspielte seine Mundwinkel. »Ach und übrigens... du siehst wirklich gut aus.« Das nahm ihrer Angst den Wind aus den Segeln. Noch immer etwas unsicher legten sich ihre Hände auf seinen Arm. Ihr Herz schwemmte heißes, angenehmes Blut durch ihre Adern und umarmte sie zärtlich. Sie musste den Blick noch weiter senken, um die Röte zu verbergen. Nur ihre Stimme ließ sie nicht im Stich, sie klang so ruhig und unnahbar wie eh und je. »Komisch, diesmal empfinde ich das als Kompliment.« Er zog sie automatisch etwas zu sich, behielt den Schritt aber bei. Nur den Kopf wandte er wieder nach vorne. »Dabei habe ich das immer ernst gemeint.« »Bei dir weiß man das nie so genau. Außerdem sagst du vieles ganz bewusst, um mich aufzuregen.« Und das hatte sie gut in Erinnerung. »Aber bei so etwas hab ich noch nie gelogen.« beharrte er. Man merkte, dass er noch immer abgelenkt war. »Ja und du hast eine ganz bestimmte Art Frauen Komplimente zu machen.« Allerdings war sie meistens die, die die komischsten Sprüche abbekam. »Nun sag nicht, es gefällt dir nicht.« »Kommt es dir auch so komisch vor wieder hier zu sein?« lenkte sie schnell ab. »Hmmm…« Er war bereits viel zu abgelenkt von anderen Dingen, um die Frage wirklich zu verstehen, so schien es. Erst nach einer Ewigkeit fügte er seiner Antwort noch etwas an. »Ein wenig.« Sie schwieg daraufhin. War er einfach besorgt oder lag es an etwas anderem? Sie sah sich um. Liefen sie zu seiner Wohnung? Oder in eine andere Richtung? Doch sie bemerkte schnell, dass sie in keine bestimmte Richtung liefen, zumindest zu keinem Ziel, das ihr eingefallen wäre. Etwas unsicher knabberte sie an ihrer Lippe. »Wohin soll es eigentlich gehen?« »Wirst du gleich sehen. Wir sind bald da.« »Hmm…« nun war es an ihr zu schweigen. Sie verfluchte diese Situation. Sie war damit überfordert, dass Crocodile nicht die Gesprächsführung übernahm, wie er es sonst so gerne tat. Warum fiel es ihr so schwer das Gespräch beim Laufen zu halten? Sie fühlte sich durchaus wohl und trotzdem konnte sie nicht, wie sie wollte. »Wie waren deine letzten Tage?« fragte er plötzlich, noch immer abgelenkt. Langweilig, hätte sie fast gesagt. Doch stattdessen kamen nur fast einstudiert wirkende Worte. »Ich habe mich mit Büchern beschäftigt.« Wie konnte man es nur vermissen, dass jemand nur dummes Zeug redete? Nicht, dass er das in letzter Zeit getan hatte. Und genau das war es, das sie vermisste. »Was Spannendes gefunden?« Nicht im Mindesten. »Ein paar Sachen, ja.« »Hmhm…« Und wieder diese Stille. Es störte sie eigentlich niemals, wenn die Menschen schwiegen. Sie war perfekt dafür gemacht, aber das war so ungewohnt. Noch immer, trotz der letzten Wochen war das seltsam. Crocodile hingegen schien es nicht zu stören, er schien es ja kaum zu bemerken. Zu vertieft war er in seiner Umgebung, in seinen Gedanken. Und dann blieb er abrupt stehen, sah sich noch einmal um und ließ von ihr. Von ganz alleine setzte er sich wieder in Bewegung, deutete ihr nicht an ihr zu folgen, ging allen Anschein nach aber davon aus. Sein Schritt richtete sich auf ein großes, in die Höhe gebautes Gebäude. Ein Turm. Vor seinem Eingang stand jemand, den sie seit vier Monaten nicht mehr gesehen hatte. Ihr Manager, Zuju, jemand den sie fast als Freund bezeichnen würde. Fast. Er war freundlich zu ihr gewesen, hatte sie umgarnt wie eine Henne und ihr stets jeden Wunsch von den Lippen abgelesen – doch er wusste gar nichts. Wüsste er wer sie war, würde er wohl in genauso viel Angst ausbrechen wie alle anderen. Zum Glück war dem nicht so und er kam mit offenen Armen auf sie zu und küsste ihre Hand. »Ahhh, Robin-san!« Seine Augen strahlten ihr entgegen, während er sie ins Innerste des Turmes führte. »Endlich sehe ich Sie wieder! Ich hab Sie schon richtig vermisst. Dem Casino geht es super. Der Krieg hat etwas weniger Besuch gebracht, aber langsam erholt die Sache sich wieder. Und wie geht´s Ihnen? Hatten Sie Spaß? Crocodile-sama hat von Ihrem Urlaub erzählt. Oh ich beneide Sie so sehr! Aber hier war alles super. Ja, keine Sorge. Ich hab den Laden super geschmissen.« »Ich…« Sie bemühte sich cool zu klingen, aber es fiel ihr eigenartig scher. Es fühlte sich so gut an, obgleich sie wusste, dass es falsch war. Trotzdem, er freute sich wirklich sie zu sehen. »Ja es war wirklich schön. Und… wie geht es dir?« »Mir geht es wirklich bestens!« Er strahlte sie regelrecht an, während er sie die Treppen hinauf führte. Alles, was sie aus dem Augenwinkel mitbekam, war, dass sie eine Wendeltreppe hinauf gingen. Ein altes Gebäude, aus grobem Stein. »Irma und ich haben letztens geheiratet, aber wir wollten die Hochzeitsreise erst machen, wenn sie beide zurück sind. Immerhin muss ja jemand auf die Geschäfte achten, nicht wahr? Ich meine… das ist doch okay, oder?« Sie schluckte hart und spürte wie ihre Augen fast ein wenig nass wurden. Völlig entgeistert blinzelte sie zurück, nicht verstehend warum ihr das alles so ans Herz ging. »Oh, das klingt ja wirklich... schön. Dann geht es ihr auch... gut?« »Natürlich, wir sind gerade umgezogen! Ihr müsst uns wirklich Mal besuchen. Sie hat wirklich einen tollen Stil für Inneneinrichtung!« »Hmhm.« nur widerwillig nickte sie. Sie musste sofort wieder an den Abend denken, an dem sie Irma kennen gelernt hatte. Crocodiles Putzfrau, ein hübsches blutjunges Mädchen. Wie eifersüchtig sie gewesen, vollkommen daneben… »Das… ich freue mich wirklich für dich und sie. Also… ich meine… wirklich.« »Danke.« Er grinste sie mit ehrlicher Freude an. »Ich bin auch wirklich glücklich. Sie ist eine tolle Frau.« Kichernd beugte er sich zu ihr herüber und flüsterte ihr ins Ohr, dass Crocodiles es hinter ihm nicht hören konnte - dachte er. »Genau wie Sie.« Nun rutschte doch ein leises Lachen aus ihrer Kehle. Es fühlte sich sehr befreiend an. »Du bist noch immer so charmant, Zuju. Ich freue mich für euch beide.« Er wollte gerade noch etwas sagen, als sie an die Oberfläche stießen. Über ihnen war nur die tiefschwarze Nacht, die durch die Sterne erleuchtet wurde. Sie hatten die Spitze des Turmes erreicht. Die Turmspitze war flach und hatte kein Dach, nur eine durch ebenmäßige Furchen getrennte Außenmauer. Links und rechts von sich konnte sie nur noch die Wüste sehen, zumindest von ihrem Standpunkt aus. Langsam fügte sich ihr Bild zusammen. Das war der größte Turm der Stadt, Teil einer alten Festungsanlage, die hier einst gestanden hatte. Aber soweit sie wusste, war dieser Turm gar nicht in Benutzung. Zuju führte sie grinsend auf die Menschen zu, die vor ihr standen. Drei Männer mit weißem Kittel und Mütze, hinter ihnen ein Speisewagen. Und in der Mitte ein hübsch gedeckter Tisch mit einer Laterne in der Mitte. Vollkommen verdutzt betrachtete die das Szenario, das sich vor ihr ausbreitete. Ihr Verstand wollte die Puzzelteile noch nicht zusammen fügen, obwohl es doch so offensichtlich war. Zuju führte sie mit viel Hautkontakt zu dem Tisch in der Mitte und bot ihr den Platz an, während Crocodile sich zur gleichen Zeit setzte. Die Köche kamen sofort auf sie zu und servierten die mit Eisenhauben bedeckten Teller. Er nickte kurz und zufrieden Crocodile zu, der ihm jedoch nicht viel Aufmerksamkeit schenkte. »In Ordnung, Boss. Alles zu Ihrer Zufriedenheit?« »Ja ja.« Er winkte nur desinteressiert ab. »Okay, dann lassen wir sie allein. Wenn etwas ist, bin ich via Den-Den-Mushi zu erreichen.« flötete er weiter und verbeugte sich dann vor ihnen, ehe er und die restlichen Drei sich vom Acker machten und eine Holztür hinter sich schlossen. Crocodile sagte nichts, atmete jedoch einmal tief durch. Robin hingegen fühlte sich wie nackt vor eine riesige Menge Menschen gezerrt, die sie alle mit gierigen Blicken anstarrten. Sie schwamm in einem Meer aus Überraschung, die Wellen stachen heißkalt auf sie ein. Was war das denn? Was sollte das? Warum? Wie? Was? Und wieso? Sie fühlte sie wie vor den Kopf gestoßen, starrte heiße Löcher in die Tür, die sich soeben geschlossen hatte. Aufregung pochte in ihren Ohren, als der Blick sich mit einem Mal heftig davon riss und noch einmal genauer die Umgebung beobachtete. Sie war hier oben mutterseelenallein mit ihm. Weit und breit nur der tiefschwarze Himmel zu sehen, in dem die Sterne eingewebt schienen wie die Steine an ihrem Kleid. Sie wusste nicht was sie dazu sagen sollte. »Ich denke hier wird uns niemand stören.« hörte sie es schließlich gegenüber seufzen. Sie starrte auf den gedeckten Tisch, das perfekt servierte Essen, den Wein in ihrem Glas, das Silbergeschirr und Porzellan und wieder hinauf in den Himmel. Nur selten hatte sie sich so verloren gefühlt. »Was ist?« Endlich legte sie den Kopf in ihre Hand und schloss die Augen, versuchte ihre Atmung zu beruhigen. Auch sein Blick brach ab, versteifte sich auf das Essen auf seinem Teller, auf das er gar keinen Appetit hatte. »Es war zu riskant einfach in ein ganz normales Restaurant zu gehen.« »Das kann ich verstehen, aber…« doch ihre Stimme brach einfach aber. »…Aber?« fragte er unsicher nach. Sie sah ihn an, Unsicherheit ganz deutlich in ihrem Gesicht erkennbar. Sie wusste einfach nicht, wie sie mit dieser Situation zurecht kommen sollte. »War dir deine Wohnung zu gewöhnlich?« Er stierte nur auf sein Essen, in dem er herumstochert. »...Was wäre dann meine Ausrede gewesen, dass du dich hübsch anziehen musst?« »Dazu brauchst du eine Ausrede? Seit wann?« »Du warst schon immer so zickig eine zu brauchen.« Das brachte sie schließlich dazu zu grinsen, ganz leicht und zurückhaltend nur. Fast schon mitleidig. »Armer Kerl.« Darauf entgegnete er nichts, schob sich nur sein Stück Fleisch in den Mund und kaute es mit gesenktem Blick. Sie atmete wiederholt tief durch und blickte ihr eigenes Essen an. Sie verstand ihn nicht, noch immer nicht. Hatte sie eigentlich jemals verstanden, was in ihm vor ging? »Ist das Absicht? Das es schon fast romantisch wirkt?« Nun funkelte er sie säuerlich an »Wirkt?« »Also ist es Absicht.« Etwas erschrocken starrte sie auf ihr Essen. »Willst du mir jetzt sagen, es gefällt dir nicht?« »So würde ich das nicht ausdrücken.« Ein schweres Seufzen kam von ihm, während seine Finger die Stirn rieben. »Es ist nur... normalerweise, wenn es romantisch ist, dann ist das eher ein... naja... Nebeneffekt oder sogar ungewollt.« Was redete sie eigentlich da? Wollte sie sich unbedingt lächerlich machen? Aber Tatsache war doch, Crocodile war kein Romantiker und jetzt, wo es irgendwie in diese Richtung ging, irritierte es sie zu Tode. Er schwieg einen langen Moment, ehe er angestrengt in die Ferne blickte. »Ich wollte einfach nur irgendwo hin, wo ich nicht das Gefühl hab beobachtet zu werden. ...Und...« Doch er brachte den Satz nicht zu Ende. »Und was?« fragte sie etwas zu fordernd. Die Stille alarmierte sie jedes Mal, sie machte ihr Angst. »...Und... ich weiß nicht genau, wo wir wieder anfangen sollen...« gestand er leise. Noch immer nicht ganz bei sich, blickte sie erneut auf ihren Teller. »Solange du mich demnächst nicht wieder mit einem Nachbar verkuppeln willst oder mich "hässliches Entlein" nennst.« »...In Ordnung...« »Meinst du wir kommen wieder dahin? …Wo wir früher waren, meine ich.« »…« Sie nickte, blickte weit weg. »Ja, ist vermutlich nicht so leicht zu sagen.« Es machte ihr unheimliche Angst. So oft hatte sie sich aufgeregt, ihn manchmal wirklich die Luft abwürgen können, aber eigentlich... hatte sie diese Zeit unheimlich genossen. Seine dummen Kommentare und den ganzen Müll, den er so von sich gelassen hatte. Sie vermisste das alles. Crocodile war einen langen Moment stumm, rührte sein Essen nicht an und schien in Gedanken versunken. Dann jedoch schielte er zu ihr, nur kurz, ehe er wieder in den Himmel blickte. Wieder und wieder spürte sie, wie ihr der Mund aufklappte und Worte nach außen dringen wollten und jedes Mal stopfte sie sich etwas von der Gabel in den Mund, um dem zu entgehen. Nicht direkt unangenehm und doch... ein bisschen wie ein erstes Date. Aber sie war kein junges Mädchen mehr und Crocodile nicht ihr Schwarm, der endlich ja gesagt hatte. Nun ja… zumindest nicht so. Schließlich und doch genauso plötzlich seufzte er. »Du hast Recht... das ist dämlich.« »Was?« erwiderte sie irritiert. Er blickte sie noch immer nicht an. »Mir ist nichts Besseres eingefallen auf die Schnelle. Die letzten Tage hatte ich viel mit der Marine zu tun.« Langsam nickte sie und wurde vorsichtiger. Er wirkte wirklich sehr gestresst. »Mit wem hast du denn gesprochen?« »...Mit Senghok und einigen Offizieren, die bei mir angetanzt sind. Sie haben mich sogar auf Sonnenbrücken angesprochen.« »Aber mit einem der Admiräle hattest du nichts zu tun, oder?« Sie hatte Crocodile noch nichts von Ao Kiji erzählt. Sie wollte es auch nicht, obwohl sie wusste, dass sie es musste. Er war gefährlicher als jeder andere Mann auf See für sie. Nun musterte er sie doch. »Nein, wieso?« Hastig wich sie seinem Blick aus, wollte ihm das kurze Aufflackern der Angst nicht zeigen, es selbst einfach wegdrücken. Das war nicht der richtige Moment. »...Neugier.« Sie spürte seinen forschenden Blick, wie er versuchte sie aufzubrechen. Eigentlich hätte er an dieser Stelle nachgebohrt, das wusste sie, aber dieses Mal beließ er es eigenartigerweise. »Ich denke aber, dass ich alles so weit geklärt habe. Niemand schöpft weiteren Verdacht.« »Hör mal, ich weiß, dass es Vieles gibt, was ich dir sagen müsste.« Begann sie ziemlich leise und stolprig. »Vor allem, weil du für mich solche Risiken eingehst. Natürlich musst du alles wissen, das ist nur fair, aber... ich brauche ein bisschen Zeit ehe ich... darüber reden kann.« Sie wollte, dass er es wusste. Einfach alles. Über jeden. Und das war eine ganze Menge, aber das konnte sie einfach noch nicht. Nur ein Nicken hatte er dem zu entgegnen. »Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst.« »O… okay.« wisperte sie und starrte ein Loch in ihren Teller. Schnell verfielen sie wieder in diese unangenehme Stille, die die Wunden so offen zu Tage treten ließ. Über was sollte sie reden? Wie konnte sie den ersten Schritt machen? Alles, was ihr in den Sinn kam, waren ernste Dinge. Doch sie wollte das nicht, nicht jetzt und nicht hier. Das sollte doch nicht alles sein, was sie verband. »Reden wir nicht mehr darüber, okay? Ich möchte, dass dieser Abend... nur uns gehört.« »Es ist immer noch komisch, sowas von dir zu hören.« Gab sie zu und fügte dann hastig an. »Aber das soll jetzt nicht heißen, dass es mir nicht gefällt.« »...Was soll ich denn sonst sagen?« kam es ruppiger von ihm. Er starrte zur Seite und schien eigenartig unsicher. So hatte sie ihn wirklich noch nie gesehen. Vorsichtig glitten ihre Finger über seinen Arm und sie lächelte etwas, hoffte so die Stimmung etwas zu erhellen. »Ich hab nicht gesagt, dass du irgendwas anderes sagen sollst. Nur... das es ungewohnt ist.« »...Alles ist ungewohnt geworden...« sagte er ruhiger, aber fast tonlos, den Kopf noch abgewandt. »Fühlt es sich unangenehm an?« Darauf schwieg er. Und sie zog ihre Hand wieder zurück. »Es ist irritierend und es verunsichert, aber mir ist es zumindest nicht unangenehm.« Sie sprach ganz frei und ehrlich, wollte ihm nichts mehr verheimlichen. Nicht nur die Situation hatte sich geändert auch sie, Robin hatte es. Als sie sich wieder zurück lehnte, fingerte er nach ihrer Hand, betrachtete sie und legte seine schließlich auf die ihre, ohne etwas dazu zu sagen. Und kaum eine Sekunde später verschwand ihre Unterlippe wieder zwischen ihren Zähnen. So eine schlechte Angewohnheit. Als sie es bemerkte, zog sie sie gleich wieder heraus und stopfte sich stattdessen lieber wieder Nudeln in ihren Hals. Ihr wurde ganz warm, aber nicht störend. Eher wirklich, wirklich wärmend. »Robin...« Seine Stimme war dunkel und leise, kam näher. Er lehnte sich etwas zu ihr herüber, dass sich ihre Schultern berührten. »Ich... es...« Crocodile starrte auf seinen Schoß. »...tut mir leid,... ich hab nur viel zum nachdenken. Und... es ist schwer da weiterzumachen, wo wir aufgehört haben.« »Ich wollte dich nicht hetzten.« Das sagte sie auch ihrem Körper. Sonst war es nie so schwer, es ruhig angehen zu lassen, die Finger von ihm zu lassen. Sie wollte seine Nähe, mehr als alles andere. Wieder Stille, ehe er sich zu ihr herüber beugte und ihr einen Kuss auf die Schläfe gab. Darauf schloss sie für einen Moment die Augen. Worte lagen ihr auf der Zunge, aber sie ließ es nicht zu. Sie meinte das ernst, sie wollte ihn nicht drängen. In dieser Position verharrte er einen Moment, ihrem Gesicht ganz nahe, musterte sie auf diese kurze Entfernung, als würde er sich an sie kuscheln. Nur ganz leicht wandte sie den Kopf zu seinem, wollte ihm in die Augen sehen. Sie waren sich so nahe, nur Zentimeter trennten sie noch voneinander. Sie konnte seinen Atem auf ihren Lippen spüren, sein Parfum riechen, seine Aura gegen die ihre drücken spüren. Er blickte ihr etwas unsicher in die Augen, musterte sie, kam dann noch etwas näher. Automatisch blickte sie ihm so entgegen, wie sie es auch früher getan hatte. Damals, bei ihrem ersten Kuss. Die Iris erfüllt von stummer Sehnsucht, wartend auf die Erlösung. Schließlich, endlich, schloss er die Augen und stieß ihr gegen die Nase, zog ihre Hand dann zu sich, sodass ihr Körper folgen musste, ehe ihre Lippen vollkommen aufeinander trafen. Sein Mund war warm, ungewöhnlich erhitzt und sein Geschmack überwältigend stark. Sie hatte das Gefühl gänzlich in ihm aufzugehen Das Letzte, was ihre Sinne von Außerhalb noch wahrnahmen, war die Gabel, die unbeachtet auf ihren Teller fiel und am Rand dessen abprallte und ein leises Klingen verursachte. In ihrem Kopf klang es noch weiter, auch nachdem die Gabel liegen geblieben war. Wie ein Summen, ein Vibrieren, das sich auf den Rest ihres Körpers verteilte und sie erzittern ließ. Hatte sie nicht damit gerechnet? War es, wie Crocodile gesagt hatte, ungewohnt? Oder einfach noch intensiver als bisher? Vielleicht lag es auch an ihrer eigenen Unsicherheit. Wie musste sie sich verhalten? Was sollte sie tun, damit es wieder vertraut zwischen ihnen wurde? Dass er... er selbst sein konnte? Damit er sich wohl fühlte. Sie wusste, das Beste wäre es einfach, sie selbst zu sein, aber dafür war sie einfach noch zu unsicher. Wer war sie auch und wie sollte sie das herausfinden? Erst hatte sie sich nur über das Poneglyphe und ihren Traum definiert, aber schon seit einer Weile spielte "er" eine so viel größere Rolle in ihrem Leben. Was er fühlte, was er dachte, er teilte es nicht mit ihr. Nur manchmal, wie in diesem Moment konnte sie fast auf der Zunge schmecken, konnte sie es riechen, es fühlen. Er sagte etwas, etwas Wichtiges. Aber sie konnte es nicht verstehen, könnte es wenn überhaupt nur missverstehen. Crocodiles Gefühle standen ihm zu Gesicht, aber sie war nicht fähig es zu interpretieren. Stattdessen ließ sie sich einfach hinein gleiten, vergaß für den Moment ihre Gedanken und ließ ihren Körper instinktiv die freie Hand, hoffte dabei, dass das das Richtige war. Sie hob ihre zweite Hand, legte sie auf seine Wange und drückte sich kaum merklich etwas fester gegen ihn. Fast so, als wollte sie vorsichtig ertasten, probieren, was gut war. Er schmeckte gut. Viel zu gut. So gut, dass sie sich schon nach Sekunden wieder abbremsen musste, sich einreden musste, nicht zu schnell, zu viel zu wollen. Es war ein Teufelskreis, den sie nicht abzustellen vermochte. Dennoch streiften ihre Finger langsam, zaghaft über die raue Haut, bis über sein Kinn und den Hals entlang. So fühlte es sich auch an, wenn man leicht angetrunken war. Alles wirkte so intensiv und gleichzeitig irgendwie verschwommen. Dann, ganz unverhofft und abrupt, entfernte er sich wieder von ihr, nur ein Stück, aber genug um den Kuss zu beenden. Sie hörte seinen Atem, laut, rasselnd, stockend. Hatte kurz gespürt, wie er erzittert war. Nun blieben ihr seine Augen, die wirkten als würde ein Gewitter über ihn hereinbrechen. Sein Blick klammerte sich an sie, hielt unruhig immer wieder an ihr fest, suchte einen Weg zu ihr, doch sein Körper bewegte sich nicht mehr, war wie erstarrt. Er wirke vollkommen zerrissen. Hilflos. Warum nur war es so schwer einen Schritt zu machen? Weil sie schreckliche Angst davor hatte, dass er sie von sich stoßen würde. Dabei hatte sie nicht einmal einen Grund das überhaupt zu denken. Er hatte sie nie wirklich von sich abgehalten, nicht wenn sie es wirklich versucht hatte, wenn sie es wirklich ernst gemeint hatte. Aber... es ging nicht darum, was sie wollte. Er brauchte Zeit. Sie würde ihn nicht drängen. Also blieb ihr Ausdruck gleich, etwas unsicher, aber vor allem ruhig. Er sollte nicht wissen wie aufgewühlt sie durch einen Kuss schon war. Sie wollte stark sein. Sein Blick krachte zu Boden, der Körper wand sich etwas von ihr ab, ließ sie los. Die Stimme war tief, angespannt. »...Tut... mir leid.« Für eine Sekunde hielt sie ihn fest, krallte sich fast in sein Hemd, als wollte sie den Kontakt nicht lösen, als machte es ihr Angst. Kaum bemerkte sie das, ließ sie ihn wieder frei. »Bitte... versteh mich nicht falsch.« Kopf schüttelte sich kraftlos, ehe er wieder nach ihrer Hand griff. Sie schloss ihre Augen und atmete leise aus, als hätte sie den Atem viel zu lang gehalten. Und wirklich, ihr war schon fast schwindelig. »…Was meinst du denn?« »Ich...« doch er brach ab, blickte sie noch immer nicht an. »Crocodile...« Ihre Hand fuhr wieder weiter herauf, strich durch die Spitzen seiner Haare, wirkte kurz weggetreten. »Es ist... schon gut.« Kurz schielte er zu ihr, ehe seine Augen wieder zurück zuckten. Dann atmete er tief durch. Seine Stimme ebnete sich wieder ein, bekam etwas von ihrer alten Stärke zurück. »Gott Robin... ich will ja, aber... es hat sich einfach zu viel angestaut.« Nun zog sie ihre Hand endgültig zurück. »Und ich... hatte eigentlich vor den Abend mit Sex ausklingen zu lassen... und nicht zu beginnen.« kam es etwas trocken. »Ich…« sie wurde etwas rot um die Nase. Wirklich, sie hatte keine Ahnung wie sie damit umgehen sollte, was sie sagen oder tun oder lassen sollte. Dabei wollte sie nichts anders als ihn und dass er sich wohl fühlte, dass er lachte. Sie kaute auf ihrer Lippe herum, ein deutliches Zeichen für Nervosität. Warum verstand sie ihn nicht? Warum machte sie nur immer alles falsch? »Was ist?« fragte er zaghaft. »…Ich weiß nicht, was ich sagen soll. …was ich besser nicht sagen soll, was gut oder was schlecht ist.« Nach Atem ringend kniff sie die Augen aufeinander. Es war ungewohnt so ehrlich zu sein, aber sie war dennoch eisern davon überzeugt, dass nur das das Richtige sein konnte. Er seufzte stark und rieb sich den Kopf. »Okay okay... vergiss das mit dem Sex. Das war nur so daher gesagt...« »Das ist nicht das, was mich stört…« Etwas zu stürmisch griff sie nach dem Weinglas und nahm einen tiefen Schluck. Das ließ ihn wieder verstummen, der Kopf drehte sich noch weiter von ihr weg. »…Ich… will dich nicht hetzen. Aber… wenn du mich küsst dann... tut mir leid...« Nochmals das Seufzen, ehe er aufstand, Schritt für Schritt auf den Rand der Mauer zu, die nur drei Meter von ihnen entfernt war. Sie ging ihm nicht Mal bis zur Hüfte. Vor einer der Schießscharten blieb er stehen und blickte hinab, in die Tiefe, auf Rainbase. Eine lange Zeit war es still zwischen ihnen. Robin war in ihrer Nervosität verschlungen worden. Sie fühlte sich so unsicher. So lange war es zwischen ihnen nur um Sex gegangen. Es hatte alles so viel einfacher gemacht. Doch jetzt, nach all dem was passiert war, wusste sie nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie zerbrach sich den Kopf darüber und schrak erst wieder aus ihren Gedanken auf, als sie seine Stimme hörte. »...Man sieht hier so viele Sterne... Wirklich unglaublich. ...Es ist ewig her, seit wir sie so beobachtet haben.« Unwillkürlich richtete sich ihr Blick wieder gen Himmel und ohne, dass sie es bemerkte, musst sie lächeln. Oh ja, es war wirklich wunderschön. Das Firmament breitete sich vor ihr aus wie ein seidener Teppich, wie ein glitzernder Schatz voller Wissen, voller Vergangenheit und Zukunft, voller Wärme und Ruhe. Sie atmete tief ein und spürte, wie der Anblick sie beruhigte. Sterne, sie würde sie immer mit ihm in Verbindung bringen. Sie waren eine der wenigen Sachen, die Crocodile wirklich faszinierten. Sie erinnerten sie an die sanfte Seite in ihm, die in welche sie sich verliebt hatte. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie er sich zu ihr umdrehte und musterte, fühlte seinen schweren Blick sich unter ihre Haut schälen. Sie erwiderte es mit einem zaghaften Lächeln. »Egal wie oft ich in den Himmel sehe, ich hab es nie gefunden. Dein Lieblingssternzeichen.« »Ist auch schwer aus deinem Blickwinkel.« Hörte sie dort ein Lächeln? »Wenn du willst, zeige ich es dir.« Langsam richtete sie sich auf und schlich zu ihm herüber, die Gesten und Bewegungen noch immer etwas unsicher. »Aber nicht auf meinem Kleid. Das hatten wir schon mal.« »Dann wird es aber schwer.« Da war wirklich ein Schmunzeln auf seinen Lippen, wenn auch zurückhaltend. Sie stellte sich neben ihn und fuhr an ihrem Körper hinab, zeichnete die Linie von ihren Brüsten bis zu ihrem Schoß, wie er es damals getan hatte. »Ich frage mich warum ich mir überhaupt so etwas Blödes gemerkt habe…« meinte sie mit einem Hauch von einem Lächeln. Er schloss die letzte Distanz zwischen ihnen, dass sich ihre Körper dezent berührten. Mehr wagte er noch nicht. Sie spürte seinen Blick ganz unverschämt ihren Körper entlang fahrend, ehe er wieder in ihren Augen endete. Wie zuvor wirkte er noch etwas unsicher, aber sie konnte es in seiner Iris dezent schimmern sehen. Mit dem Lächeln noch im Gesicht, schaute sie erneut in den Himmel, suchte nach ihrem eigenen Lieblingszeichen. Es war immer etwas schwierig es in Rainbase zu finden. Hier leuchtete das gesamte Firmament mit weit entfernten Galaxien auf, dass sie leicht den Überblick verlor. Ihr fehlte der geübte Blick dafür. Sie gab es nicht zu, dass sie sich nur versuchte abzulenken, dem Blick etwas zu entgehen, das Rasen ihres Herzes zu ignorieren. Wie schwer das auf einmal war. Früher hatte sie es besser gekonnt. Seine Nähe ausblenden, einfach in ein inneres Abseits drücken. Jetzt war es so unheimlich viel schwerer. Plötzlich spürte sie seine Finger wieder, wie sie durch ihre Haare strichen, sie hinter die Ohren legten und dann weiter hinab fuhren. Da. Sie konnte es sehen! Der Wolf. Ihre Augen weiteten sich. Es war noch immer wie ein Zeichen. Diesmal ein Gutes. Ja, es musste einfach ein Gutes sein. Ihr Blick glitt zurück zu ihm, sah ihm entgegen, ohne Erwartungen hoffte sie, doch ihre Augen verrieten mehr von ihrer Sehnsucht, als sie wollte. Er entgegnete ihr ein Lächeln, das ihm in Hals zu stecken schien. Er bemühte sich es nicht zu zeigen, aber er glaubte dennoch sie würde seinen rasenden Herzschlag hören können. Dann grinste er doch, atemlos und seine Stimme klang gequetscht von Erregung. »Also ich sehe es.« »Du meinst dein Lieblingszeichen?« Noch mehr angestrengtes Grinsen, sie spürte seinen Puls durch seine Finger hindurch, welche sie am Hals berührten. »Na ja... damals hab ich das eigentlich nur gesagt, um dich rumzukriegen...« »Ist dir gut gelungen…« Leichte Röte legte sich auf ihre Wangen. »Ziemlich gut, wenn ich mich richtig erinnere.« »...Du sahst ja auch wirklich gut aus...« Mit einem ungläubigen Lächeln schüttelte sie ihr Haar. »Das konnte ich dir nie wirklich glauben.« Darauf erwiderte er nichts. Seine Hand rutschte wieder hinauf, legte sie auf ihre Wange und blickte ihr weiter tief in die Augen. Da war sie wieder, die Spannung, die er vorhin unterbrochen hatte. Sie drückte Robin die Luft ab. Es quälte sie so, aber sie zwang sich still zu halten, ihre Hände nicht zu bewegen, nicht zu handeln, ihm seinen nötigen Freiraum zu lassen. Ihr Atem begann zu rasseln. »Wenn du es heute sagst, wie meinst du es jetzt?« Es dauerte einen Moment, ehe er antwortete. Er kam näher, noch ein Stück, dann noch eins. »Nun ja... du machst mich schon ziemlich heiß... Aber... das ist nicht der Hauptgrund, wenn ich dir ein Kompliment mache. Nicht mehr zumindest.« »Dabei… stehe ich hier doch einfach nur herum.« »Reicht schon…« Sie schluckte den Drang etwas zu tun und die Erregung mitsamt ihrer Unterlippe herunter. Das war wirklich zu viel des Guten. Ihr Herz raste und peitschte sie für ihre Untätigkeit aus, schrie sie an sich zu nehmen, was sie wollte. Doch sie hielt sich zurück für ihn. Dennoch, sie konnte nicht verhindern, dass ihre Augen auf die seinen zusteuerten und in seiner Seele versanken. Diese stillen, unergründlichem braunen Augen. Es konnte so leicht sein, alles auszublenden, wenn er sie ließ. Sie krampfte ihre Hände weiter zusammen, um nicht wieder zu weit zu gehen, aber das hielt ihre Haut nicht davon ab, ihr eine Gänsehaut zu verpassen, hielt die kleinen Härchen in ihrem Nacken nicht davon ab sich aufzustellen und auch nicht ihr einen heißen Schauer über den Rücken zu schicken. Sie bemerkte beiläufig wie ihre Knie weich wurden, ihre Atmung für eine Sekunde aussetzte. Aber sie konnte einfach nicht wegsehen. Konnte nicht, wollte nicht. Sein Blick lastete noch immer auf ihr, die Finger strichen erneut ihre Schultern hinab zu ihren Armen, erfassten sie nur ganz leicht, behutsam, als wäre sie aus kostbarem Porzellan. So viel von ihm lag in seinen Augen offen vor ihr, ein Cocktail voller Gefühle. Zerrissenheit ja, aber auch Sehnsucht, Zuneigung und Erregung. Er hielt sich zurück, hielt alles zurück, was dort in ihm lag. Das sah sie an seinem zaghaften Lächeln, an seiner ungewöhnlichen Körperanspannung. Nur ein leichtes Schmunzeln tropfte schließlich aus seinem Innersten hervor und umnebelte ihre Sinne. »Was hast du eigentlich drunter?« Heftig musste sie schlucken, dann noch einmal, und ein drittes Mal, bis sie zu husten begann, erst ein wenig, dann mehr und schließlich wandte sie den Kopf etwas ab und klopfte sich auf die Brust. Noch immer saß es ihr im Hals und sie trat einen kleinen Schritt zurück, löste sich aus dem Gefühlschaos für genau zwei Sekunden, um einen Schluck zu trinken und sich nicht der Scham hingeben zu müssen weiterzuhusten. Was? Unterwäsche? Gott! Darauf hörte sie ihn seit langer Zeit wieder herzhaft lachen, obwohl auch das dumpfer geschah als gewohnt. Ihr hochroter Blick ging zurück sie ihm und musterte ihn für einen Moment. Sie hatte wirklich gehofft, dass sie dem entwachsen war, aber das hatte sich wohl nur als Illusion entpuppt. Noch immer brachten seine dummen Fragen, seine blöden Bemerkungen sie dazu zu stocken und sich zu schämen. Himmel nochmal… »…Du und dein Unterwäschetick…« brachte sie schließlich heraus und drehte sich von ihm weg. Nun kam er wieder auf sie zu, in langen, bedächtigen Schritten und vergrub seine Hand in seiner Hosentasche. Das Grinsen wurde schelmischer. »Du und deine Scham davor.« Fast klappte ihr der Mund auf und sie konnte es einfach nicht vermeiden, ihre Arme hoben sich und drängten sich über der Brust zusammen. Genau wie damals, als sie sich kennen gelernt hatten. Die abweisende Fassade, die Rolle die sie ihm gegenüber gespielt hatte. »Ich schäme mich überhaupt nicht. Warum sollte ich auch? Geht dich schließlich gar nichts an, was ich trage...« flüsterte sie schließlich nur noch. Das Grinsen blieb, als er dicht vor ihr stehen blieb und ihr einen Kuss auf die Stirn gab. »Hast du allerdings Recht.« Jetzt klappte ihr doch der Mund auf. Hatte er... das gerade eingesehen? Ihr Herz klopfte schon wieder so schrecklich penetrant in ihrer Brust. Das war ganz anders als früher. So viel intensiver und es lag nicht an seiner körperlichen Präsenz allein. Es war einfach die Tatsache, wie weit sie gekommen waren. Sie beide... gemeinsam. Es war noch immer unglaublich, dass sie hier mit ihm stand und ihr Herz sich am liebsten in seine Hand gelegt hätte. Liebe, es war Liebe, die sie plötzlich wieder unheimlich überraschte. Dieses Etwas an ihm, was auch immer es sein mochte. Einen Moment starrte sie ihm fast ungläubig entgegen, ehe sie auf sein Kinn glotzte, seinen Mund. Sein Lächeln. Näher kam er ihr nicht, nur seine Augen fuhren wieder ihre Konturen nach. »...Ich hab das vermisst. Auch wenn ich weiß, dass wir nicht einfach zurück können. Dahin, wie es anfangs war. Aber... es ist schön, dich endlich wieder kämpfend zu sehen. Und wenn es nur dein zickiges Gehabe ist.« Mit aller Macht klappte sie ihren Mund zu und vermied es die Zähne aufeinander zu reiben. »Ja, schon klar. Du magst es, wenn ich wütend bin und wenn ich dir in den Hintern trete.« »Solange es nicht zu doll ist, ja.« Fast zuckte sie zusammen, dann nahm sie noch einen sehr tiefen Schluck aus ihrem Weinglas, nur zur Beruhigung. »…« »...Tut mir wirklich leid... dass ich so distanziert war die letzten Wochen. Ich hatte einfach nur viel nachzudenken.« »…Ich… habe mit viel Schlimmerem gerechnet.« Nun kam er doch wieder etwas näher, griff nach ihrem Haar und ließ es zwischen die Fingerspitzen laufen, ehe er sie zaghaft an sich drückte, die Hand an ihrer Taille, fast wie bei einem Tanz. Ihr wurde schwindelig, als würde er sie tatsächlich umher schwingen. Ihr Atem setzte kurz aus, aber sie zwang sich langsam ein und auszuatmen. Sie hörte das stetige Pochen in ihrem Inneren und sah nur noch seine Augen. Ihre Hände kitzelten ganz furchtbar, aber sie ballten sich zusammen, krampften sich dann in ihr Kleid, unsicher, was sie tun sollten. Aber anstatt sie zu küssen, schmiegte er den Kopf an den ihren, drückte sie noch fester an sich, dass ihr Kopf auf seiner Brust lag. Sie konnte hören, wie hart sein Herz schlug, wie nervös er war, wie es in seinem Innersten kribbelte. »Was meinst du mit „schlimmer“?« fragte er leise. »Ich…« Sein Herzschlag, so schön und beruhigend, so warm und herzlich, so einsam und sehnsuchtsvoll. Sie konnte sich kaum konzentrieren. »...Ich habe befürchtet, dass du... dass du...« Langsam zog sich eine ihrer Hände von sich los und legte sich kaum merklich gegen seine Brust, nur einen Hauch. »...dass du mich verlässt... dass du es dir anders überlegst... dass... dass ich jemanden gefunden habe, der mir Leben gibt und es mir dann wieder nimmt...« Darauf erwiderte er nichts, aber sie spürte seinen Herzschlag ganz fürchterlich beschleunigen, als hetzte er aus Angst voran. Ihr Blick vernebelte sich. »Niemals hätte ich gedacht, dass ich etwas finden könnte, dass sogar das Rio Poneglyphe, dass meine ganze Vergangenheit einfach... einfach nicht mehr so wichtig scheinen lässt. Das wollte ich nicht wieder verlieren.« Seine Körperhaltung spannte sich noch mehr an, sie fühlte ihn erzittern, bemerkte wie seine Zähne sich aufeinander pressten. „Ich liebe dich“, aber das traute sie sich einfach nicht zu sagen. Diese Situation war so schon zu viel für sie, wie konnte sie die Stimmung da noch weiter anbremsen, mit solch bedeutungsschweren Worten? Sie nahm nur nebensächlich wahr, wie sie sich an ihm festklammerte, den weichen, teuren Stoff zerknitterte. Es wirkte, als wolle er etwas sagen. Seine Haltung war so eigenartig angespannt, lockerte sich nur ein wenig, als er plötzlich und dennoch voller Zögern, die Arme hob und sie um sie schlang, dass sie vollkommen von ihm umgeben war. Ein Schluchzen drang aus ihrer Kehle, aber keine Tränen folgten. Sie schmiegte ihren Körper fest gegen ihn und schlang ihren zweiten, freien Arm um seinen Rücken, um die Hand auch dort in den Stoff zu pressen. »Robin...« Seine Stimme war eigenartig gebrochen. Sie hörte, spürte sein Herz ganz panisch in seiner Brust schlagen, als wolle es ihr etwas sagen. Kaum merklich drückte er sie noch mehr an sich, und sie merkte, dass er sich zurückhielt nicht noch weiter zu gehen. »...Ich...« doch er brach ab, weil sich seine Kehle zuschnürte. Erst nach weiteren, unendlich scheinenden Sekunden sprach er weiter. »Bitte... glaub an mich.« Sie stockte, stockte einen ganzen Moment und er konnte spüren wie sie unter ihm zusammen zuckte, schon wieder. »Ich...« Warum bekam sie nur keinen zusammenhängenden Satz zu Stande? Es musste an seinem Herz unter ihren Fingern, in ihrem Ohr zu tun haben, die leichte Vibration seiner Brust, als seine Stimme erklang, wie sie in ihren Ohren und schließlich weiter in ihrem Verstand nachhallte. »Ich würde nicht mehr hier stehen, wenn ich das nicht täte.« Er sagte darauf nichts, sondern hielt sie nur weiter fest. Sein Puls schlug immer noch hart und unbarmherzig, nur allmählich wurde er langsamer. Irgendwas war mit ihm, in ihm. Irgendetwas stimmte nicht. Doch sie konnte einfach nicht sagen, ob es etwas Gutes oder Schlechtes war. Und sie konnte nicht mehr darüber nachdenken. Sie war nicht in der Position ihn zu fragen oder darauf herumzuhacken und ehrlich gesagt, hatte sie auch ein bisschen Angst davor. Gewisse Dinge an ihm, in ihm jagten ihr wirklich eine Menge Angst ein und manchmal wusste sie nicht wie und ob sie damit umgehen konnte. Aber wenn sie dann seinen Herzschlag hörte, spürte... ja dann tat sie genau das, worum er sie gebeten hatte. Sie glaubte einfach an ihn. Vorsichtig entklammerten sich ihre Hände von ihm, wichen aber nicht von der Stelle. Was konnte sie nur sagen, um das Thema zu ändern? Nach einem ewig währenden Moment, fiel ihr nichts Besseres ein, als... »Sag mal, wenn wir Arabasta wieder verlassen, was genau machst du mit all deinen Büchern?« »Hm?« Einen langen Moment herrschte Stille, dann kam seine Antwort nur allmählich. »Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht...« »Du hast so viele seltene Exemplare, die ein Vermögen Wert sind. Wobei ihr eigentlicher Wert natürlich unbezahlbar ist. Aber mitnehmen kannst du die wohl nicht alle...« Es brach ihr schon jetzt das Herz bei dem Gedanken, dass er sie verkaufen könnte. »...Wir haben noch genug Zeit. Du kannst morgen gerne nochmal die aussuchen, die du mitnehmen möchtest. Aber... denk dran: hier sind sie zumindest sicher. Auf See kann so gut wie alles passieren.« »Ich soll…?« Sie sollte was? Sich Bücher aussuchen? Das würde ewig dauern! »… meinst du Zuju würde darauf aufpassen?« fragte sie vorsichtig. Er wusste gar nicht wie sehr sie sich darüber freute über das Schicksal seiner Bücher entscheiden zu können. »...Glaub kaum, dass er dafür Zeit hat. Und was meinst du überhaupt mit "auf sie aufpassen"?« »Ich will gar nicht daran denken, was irgend so ein Antiquar mit den Büchern machen könnte...« Ein leises Lachen kam aus seiner Kehle. »...Du bist wirklich verliebt, was?« »Neben dem, was man im Boden findet, sind Bücher das Allerwichtigste.« kam es fast schon empört. »Und am Ende verlässt du mich für eine Bibliothek voll alter Schinken?« »…Ich weiß nicht, ob es so eine Bibliothek überhaupt geben kann.« »Vielleicht finden wir sie ja.« Sie lächelte ihm zaghaft und doch überglücklich zu. »Du kannst ja mit hineinkommen.« »Um was? Ewig zu warten, bis du fertig bist?« Zum ersten Mal grinste sie und strich ihm etwas durchs Haar. »Ich würde auch immer mal eine Pause machen, wenn du willst.« Sie verriet ihm nicht, dass sie schon einmal so etwas in der Art geträumt hatte. Eine leere Bibliothek, hunderte, nein tausende Bücher und ein Schreibtisch. Nun musterte er sie wieder und lächelte zaghaft. »Am Ende bist du dann sowieso gar nicht mehr ansprechbar.« »Hmmm…« Ein Schreibtisch, auf dem sie saß und er vor ihr stand und... Herrje, ihr letztes Mal war wirklich zu lange her. Er hörte sie flüstern. »Ich mochte deinen Schreibtisch im Büro....« »Hm?« Er schien noch gar nicht zu verstehen, kuschelte seinen Kopf nur näher an den ihren. Sie war mit einem Mal völlig abgedriftet. »Der war so… bequem…« »…« Ihre Augen wirkten seltsam glasig, ehe sie sich plötzlich schüttelte und lächelte, ein deutlicher Rotschimmer auf den Wangen. »Also ich denke schon, dass du mich ablenken kannst... von den Büchern.« »...Sag sowas nicht... sonst wirds nur noch schlimmer.« »Was?« Er unterließ es etwas drauf zu antworten, stattdessen drückte er sein Gesäß näher an sie, um Klarheit zu schaffen. Und schon wieder klappte ihr der Mund auf, ehe sie ihre Unterlippe wieder zwischen die Zähne zog. Uh, schlagkräftiges Argument. »...aber...es ist doch...wahr.« »…« Sie spürte ihn so nah, hart, dass sie prompt wieder an den Traum denken musste. »Ich... ich… Es tut mir leid, aber... es ist eben schon so lange her....« »...Das... stimmt allerdings.« Er schluckte sehr hart. »...Ich hab Nico-chan wirklich schon echt lange nicht mehr gesehen.« Sie konnte schon fast selbst kleine, weiße Dampfwölkchen über ihrem Kopf aufsteigen sehen, als wäre sie gerade mal dreizehn Jahre alt. »Oh die...« »...Wie sieht sie denn aus?« kam es fast zärtlich, wenn da nicht die Erregung hinter den Worten gewesen wäre. Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit zuckte ihr Auge. Die Scham prügelte ihre Beherrschung windelweich. »Was ist das bitte für eine Frage? Willst du ein Passfoto haben?« Er grinste angestrengt und ließ seine Hand langsam zu ihrem Hintern hinab fahren. »Hast du eins?« Ihre Augen verengten sich und sie musterte ihn abschätzend. »Mach dich nicht lächerlich.« Sie wusste, dass es eine rhetorische Frage gewesen war, aber sie konnte sich nicht abhalten auf sie zu antworten. Sie hoffte, dass er so das Gespräch aufrecht erhielt, sie seine Stimme noch länger hören konnte. »Außerdem musst du ja nur nachsehen, um es herauszufinden, ich werde dir bestimmt nicht erklären, wie ich mich rasiere!« Prompt wurde das Rot in ihrem Gesicht noch voller. »Ich meine... so war das nicht gemeint.« »...Wie war es denn dann gemeint?« Seine Hand erreichte ihren Hintern und packte zu, zupfte langsam den Saum ihres Kleides nach oben. Er brachte sie damit erfolgreich aus dem Konzept. »Uhm... ich wollte damit nur... ich...« Der heimliche Seufzer glitt hart ihre Kehle zurück und ihre Augen pressten sich hart aufeinander. »Ich wollte nur sagen, dass ich nicht über sowas mit dir rede!« »Ganz ehrlich Robin...« Und damit trafen seine Finger auf Haut, strichen zu ihrer Unterwäsche hinauf und zupften etwas an ihrem Bund herum. »Ich glaub ich werd nie vergessen, wie Nico-chan aussieht. Da brauch ich kein Passbild für.« »Pa…« die Worte blieben ihr im Halse stecken. Aber… was hatte sie denn überhaupt sagen wollen? Die harte Mischung aus Scham, Sehnsucht und Glück trommelte weiter auf sie ein, dass ihr Herzschlag in ihren Knochen vibrierte. »…Crocodile…« Ihre Blicke trafen sich und sie erkannte die Erregung in seinem Gesicht, die er mühsam zurück drängte. Sie schluckte und wollte wieder weg sehen, doch es ging nicht. »…bist du es jetzt nicht, der... es schlimmer macht?« Wie zur Bestätigung krachte eine Welle der Gänsehaut über die Stelle, die er berührte. Etwas erschrocken ließ er von ihr ab, blickte in eine andere Richtung. »Tut mir leid...« »Nicht, dass ich etwas dagegen hätte.« kam es viel zu hastig. »…« Vorsichtig, ganz zaghaft strich sie ihm über die frisch rasierte Wange. »...aber das ist deine Entscheidung. Nur das du es weißt. Ich... will dich.« Nur leise kam das Letzte über ihre Lippen, wurde fast von ihr verschluckt. Beinahe nur ein Hauchen, als traute sie sich nicht. »Ich will dich auch...« kam es noch leiser, als er den Kopf wieder gegen den ihren lehnte. »Aber...?« »...Kein aber...« Nun runzelte sie die Stirn. »...Also ich will dich und du willst mich und es gibt kein Problem dabei? Hab ich das... richtig verstanden?« Nur ein Nicken und noch mehr Körperkontakt von seiner Seite. »...also bin ich die ganze Zeit feucht und versuche es nicht zu zeigen, obwohl das völlig in Ordnung ist?« »Uhm…« »Also, unterdrücke ich den Drang dich zu berühren auch völlig grundlos, ja?« Sie bemerkte, wie sehr sie ihn damit irritierte. Er wusste gar nicht, was er darauf sagen sollte. Und dies irritierte wiederrum sie. Ihr Blick fiel ab, während ihre Finger dasselbe taten, um seinen Mund herum spielten. »...Bist du... wirklich schon feucht?« fragte er ungläubig. »Schon?!« Nun riss sie doch wieder die Augen auf. »Oh Gott, Crocodile. Den ganzen Abend siehst du mich so an, als würdest du mich gleich auffressen wollen, dann diese Berührungen, dann gehst du wieder weg, dann küsst du mich, dann gehst du wieder weg... und... dann sagst du schon?« »Uhm... ich... uhm...« Nun war er vollkommen vor den Kopf gestoßen. »Du musst ja wirklich denken, ich bin aus Eis.« Sie holte tief Luft und stellte sich auf Zehenspitzen, damit sie ihre Stirn gegen die seine legen konnte. »Ja, Gott. Ich bin…« Ihre Lippen berührten sich beinahe und der Geruch seines Parfums benebelte ihren Kopf. »…feucht.« »Hmhm...« quetschte er scheinbar unter großer Anstrengung hervor. Seine Haltung war ganz steif geworden von dieser eigenartigen Kehrtwende der Situation. Sie ließ den Kopf wieder sinken. »Gefällt dir das nun oder mache ich mich ganz umsonst zum Idioten?« »Gefällt? Uhm... also...« »Muss ich jetzt irgendwas Anzügliches sagen? Dir einen Klaps auf den Hintern geben? Ich komme mir sehr fehlbesetzt in deiner Rolle vor.« »Tss...« Er knurrte leise, aber es erinnerte eher an das Schnurren eines gezähmten Kätzchens als an einen gefährlichen Tiger. »Du... irritierst mich einfach. ...Mehr nicht.« »Ich irritiere dich? Mit was denn bitte?« Nun wich er wieder etwas zurück. »Na... mit dem allem.« »Was wäre dir denn lieber?« »Ach Gott...« Er rieb sich die Stirn. »Jetzt hast du die Stimmung versaut.« »Ja, ich hab sie versaut. Wer stottert denn hier?« Ausnahmsweise mal nicht sie. Er funkelte sie böse an. »Na ich ganz bestimmt nicht!« »Und was hab ich bitte Falsches gesagt? Es gab mal Zeiten, da hättest du es sexy gefunden.« »Ich würde es unter anderem Umständen wahrscheinlich auch sexy finden! Aber... Herr Gott, wir haben seit Monaten nicht mit einander gevögelt und ich weiß gar nicht ob es dir schon wieder gut genug dafür geht und ob du überhaupt Lust hast und so weiter. Bin ich Hellseher?« »…« Mit ernstem Blick zog sie seine Hand zu sich, schob sie zu ihrer Unterwäsche, so dass er ganz genau spüren konnte, was sie meinte. Schließlich küsste sie ihn hitzig auf den Mund, leckte ihm kurz über die Lippen und bemühte sich das Keuchen zurück zu drängen. »Deswegen habe ich gefragt.« Er zuckte heftig zusammen und stierte ihr entgegen, doch auch er konnte seine Erregung nicht länger verstecken. »...« »Ich träume sogar davon, weil ich so vermisse... wie damals, als wir hier gelebt haben und du mich nicht mehr sehen wolltest. Nächte lang, manchmal schlimmer als meine Albträume, weil du mir nicht aus dem Kopf gehst. Und wie sollte ich zeigen, dass ich dich will, wenn ich dich doch nicht drängen will?« Noch immer keine Regung, nur der Blick der sich weiter in ihr Innerstes bohrte, scheinbar auf den richtigen Moment wartete. Ihre Hand schob sich in sein Haar, ihr Körper kam seinem automatisch näher. »Viel gesünder werde ich wohl nicht mehr und warum sollte ich dich nicht wollen? Bei mir hat sich nie etwas geändert.« »Also?« kam es etwas ruppiger als gewollt. »Worauf warten wir dann noch?« Ihr Herz klopfte in ihrer Kehle, als sie ihre Lippen wieder an seine presste, ihren Körper folgen ließ, bis er hart an seinen krachte. Sie bemerkte sofort, wie sie ihm abermals den Atem nahm. Er brauchte einen ganzen Moment, ehe er ihn wieder erlangte und den Kuss erwidern konnte. Immer noch zurückhaltend, aber doch schon sehr viel intensiver. Seine Hand verfing sich in ihrem Haar, während er sie noch näher an sich zog. Sie wollte ihn, sie wollte ihn so sehr, dass sie fast nichts Anderes mehr mitbekam. Die Angst, die sie seit ihres Infarktes mit sich herum trug, wurde zum ersten Mal so leise, dass sie sie nicht mehr hören konnte, die Unruhe, das ständige Infragestellen von allem, was Crocodile sagte oder machte, verstummte. Auch ihre zweite Hand glitt in sein Haar, zog seinen Kopf näher zu ihrem Gesicht, bis sie so nah bei ihm war, wie es physikalisch möglich war. Sie presste ihren Körper nach oben, stellte sich beinahe auf die Zehenspitzen, nur um ihn noch intensiver zu schmecken, um noch mehr von ihm in sich aufzunehmen. Sie hatte sich so leer gefühlt, ohne ihn, ohne seine Berührung. Und umso mehr brauchte sie ihn jetzt. Ihm erging es ähnlich, das spürte sie. Es musste so sein. Es konnte einfach nicht anders sein. Seine Bewegungen, seine Gesten, seine Mimik waren vollkommen verändert. Sie spürte es auf ihrer Haut kribbeln, knistern als hätte er eine Wunderkerze entzündet, die nun ihre Flammen auf sie niederließ, ohne sie jedoch dabei zu verbrennen. Plötzlich war er überall, die Welt rückte sie fast aus ihren Fugen, so unsicher war sie sich für einen Moment wo oben und unten lag. Sein Kuss erweichte ihre Knie. Umso fester klammerte sie sich an ihn, aus Angst alle Kraft zu verlieren und in sich zusammenzusacken. Er war da, überall, fuhr ihr vollkommen unter die Haut. Ihre Sinne hatten sich geschärft, nahmen ihre Umwelt viel klarer wahr als zuvor. Da war zuallererst sein Geruch. Herb und ein wenig erdig, im Zusammenspiel mit dem Parfum, das er benutzte, einfach überwältigend. Sie konnte regelrecht spürten wie sich die einzelnen Partikel in ihre Lunge kämpfen und jedes einzelne Lungenbläschen fast zum Bersten brachte. Dann seine Haut, die raue Textur seiner Finger an ihrer Kopfhaut, die leichten kaum vorhandenen Bartstoppel an seinem Kinn und über seinen Lippen, seine Zunge an der ihren, seine weichen Haare zwischen ihren Fingern. Seine Wärme, die Arme, die er um sie schlang und die sie sich wie ein Kind in den Armen seiner Mutter fühlen ließen. Das sanfte, stockende und kaum hörbare Geräusch seines Atems, den er immer wieder anhielt und viel zu panisch wieder einsetzte. Der Herzschlag in seiner Brust, der gegen sie hämmerte, als wolle er ihr etwas sagen. Alles auf einmal, wie eine Flutwelle brach er über ihr herein, so zerstörerisch wie ein Gewitter. Und doch erfüllte sie nichts weiter als Liebe. So viel auf einmal, dass sie glaubte zu explodieren. Und jedes behutsame Streicheln, jeder sanfte Hauch seines Atems, seines Geschmacks, jeder Ton und jeder Kuss schürte das Feuer in ihr noch mehr. Und selbst seine Erregung, die sich fordernd an ihren Schoß drückte, versetzte ihr noch mehr Schübe dieser Geborgenheit. Hier war sie zuhause. Hier war ihr Ziel. Der Himmel war längst zusammengebrochen, das Universum auf ihn und sie zusammengeschrumpft, nur noch bestehend aus heißem Atem und Sehnsucht. Sie hatte das Gefühl für Raum und Zeit verloren, bemerkte nur noch wie sich die Welt um sie herum schemenhaft bewegte, die Farben in sich zusammenliefen. Ein leichter, kalter Wind an ihrer Schulter, an ihrem Rücken, doch auch er vermochte sie nicht aus ihrer Traumwelt zurückzuholen. Sie spürte ihn an ihren Beinen, seine Lippen, seinen Atem, seine Zunge. Und ehe sie sich dagegen wehren konnte, fühlte sie die Flammen in ihrem Schoß noch heftiger lodern. Sie konnte nicht mehr unterscheiden, was er wo mit ihr tat, aber es war wohl auch egal. Ihre Finger griffen nach ihm und fanden nur seinen Haarschopf unter ihrem Bauch. Es wurde nur noch schlimmer, intensiver, er hörte nicht auf sie mit jedem Kuss, mit jeder neuen Berührung noch tiefer ins Nirvana zu schicken. Sie wollte ihn hochzerren, ihn küssen, aber hatte schon längst vergessen, was ihre Hände, ihre Arme, ihr Körper dazu tun musste. Überrascht, ihre innere Zeit jedoch völlig auf stumm geschalten, konnte sie ihn nicht einmal an seinen Haaren zerren, konnte sich nur unbeholfen auf der kleinen Mauer abstützen, auf der sie saß und versuchen nicht den Verstand zu verlieren. Nur leise Töne glitten ihr über die Lippen und versuchten sie daran zu erinnern, was ich eigentlich hatte sagen wollen. »...Crocodile... ich... ahh... nicht... doch nicht... hier...« Als er nicht reagierte, einfach weiter über sie herfiel, versuchte sie sich etwas zurück zudrücken. »...Ich...« Kaum hatte sie den Satz begonnen, vergaß sie den Rest, der dazu gehörte. Sie wollte ihn, sogar sehr, aber doch nicht hier. Nicht auf diesem Turm, nicht in der Kälte der Wüste. Alles an ihr klammerte sich an diesen Gedanken. Es war schwer, Crocodile gab sich ja alle Mühe sie nicht denken zu lassen. Noch ein winziges Stück rutschte sie zurück, tasteten ihre blinden Augen nach der Kante, den ihre Finger scheinbar nicht zu erreichen in der Lage waren. Viel Platz konnte sie doch gar nicht mehr haben, oder? Verbissen biss sie sich auf die Lippen und stöhnte leise. »...Können wir... können wir nicht, zu dir gehen?« Gott, sie konnte ihre Stimme kaum hören, weil es so in ihr rauschte. Hatte er es gehört? Endlich streckte sich eine Hand aus und fuhr grob zu seinem Schopf und versuchte ihn halbherzig nach oben zu ziehen. Sie spürte seinen Widerwillen, seinen Widerstand sich von ihr zu entfernen. Nur kurz ließ er von ihr, ehe er noch zielgerichteter vorging und sein eigener Atem dabei ins Stocken geriet. »Ich kann nicht so lang warten...« Was hätte sie bitte dagegen sagen sollen? Sie hatte ihre Kraft schon in ihre letzten Worte gesteckt und jetzt...? Im nächsten Moment fuhr auch ihre zweite Hand zu seinem Haar und ihr gesamter Oberkörper beugte sich leicht nach vorn. Fast stützte sie sich auf ihn, als ihre Welt wieder und wieder über ihr zusammenzubrechen schien. Früher einmal hatte sie sich dagegen wehren können, gegen diese Macht, die von ihr Besitz ergriff, doch sie war zu schwach geworden. »...Oh Gott...« Sie hatte nicht bemerkt, wie sich unter das Keuchen ein Flehen mischte, eine Bitte. Keine Bitte, die nach Einhalt suchte, sondern nach Erlösung. Wie konnte er sie so schnell und so brutal an den Rand stoßen? Alles was er darauf erwiderte, war nur ihr Name. Er sprach ihn auf so eine eigenartige Art und Weise aus, beinahe wie ein Hilferuf, getränkt voller Sehnsucht. Sie spürte wie er zitterte, wie sein Atem immer heftiger wurde und er doch nicht davon ablassen konnte, was er tat. Hörte er sie überhaupt? Wollte er es? Konnte sie ihn noch erreichen? Nicht lange ging das so weiter. Nicht länger hielt sie es aus, konnte ihr geschundener Körper so viel auf einmal verarbeiten. Beinahe schmerzhaft verkrampften sich ihre Finger und ein heftiges Rucken ging durch ihre Glieder. Kurz wurden ihre Laute spitzer, lauter, dann hielt sie die Luft an und sie presste die Augen zusammen. Erneut glitt sein Name über ihre Lippen, silbenartig, wie Tropfen auf eine stürmische Wasseroberfläche. Hilflos und leise. Als ihr Atem wieder einsetzte, schien direkt ein neuer Sturm zu beginnen. Ihr war schwindelig und sie war so verwirrt. Nahm sie sich eigentlich selbst nicht mehr ernst? Wie lange hatte das gedauert? Fünf Minuten? Sie spürte nur beiläufig, wie er sich bewegte, seine Nähe an ihr heraufkletterte wie eine Schlange, von ihr Besitz ergriff. Die Hand lag noch immer besitzergreifend und schützend in ihrem Schoß, streichelte sie so zärtlich wie sie es lange nicht erlebt hatte. Er war vollkommen außer Atem, hievte nur unter Druck die Luft aus seinen Lungen. Ein Blinzeln, die Stimme tiefer als zuvor und doch triefend von Sarkasmus. Er lachte leise, ganz leise und es klang wie rollende Steine, die doch ganz sanft nur über ihre Haut fuhren. »Hehe... das ging schnell.« Ihr Gesicht musste leuchten, so heiß vor Scham war es geworden. »…Sei bloß still...« Sie sah ein zehrendes aber glückliches Lächeln auf seinen Lippen, als er seine Stirn gegen ihre legte und ihr einen Eskimokuss gab. Er rang nach Atem und zitterte noch immer etwas. »Bin ich... so gut oder wars zu lange her?« »Ist es vielleicht das erste Mal so gekommen?« fragte sie unsicher und versuchte dabei schnippisch zu klingen. Herrgott, wusste er denn nicht, was er in ihr auslöste? Wusste er nicht, dass oft ein Blick reichte, um sie jeden Kontakt mit der Außenwelt fallen zu lassen? Wusste er nicht wie schwer es manchmal war, ihn nicht einfach zu überfallen, ihre ganzen Gelüste auf ihn zu werfen? Wie machte er das? Wie konnte er ihr Innerstes so erschüttern? Er leckte ihr über den Hals und sie spürte wie erregt er war, so fest war sein Griff. »Sag mir bitte... wenn du wieder bereit bist, ja? ...Ich bin noch nicht fertig mit ihr...« Wie bei einem Automatismus schob sie ihre linke Hand über seine Brust und hielt ihn fest, lehnte ihre Stirn gegen seine Schulter. »...Gott.« Demonstrativ biss er ihr in die Schulter und ließ seine Finger wieder weiter hinab fahren. »...der kann dir jetzt auch nicht mehr helfen.« »…Willst du… denn nicht mehr?« »Was?« Doch sein Kopf sank bereits wieder nach unten. Verzweifelt griff sie nach seinem Hosenbund und zog an seinem Gürtel. »Mehr als das.« »...Gleich... ich muss sie einfach nochmal sehen. Du schmeckst einfach so gut…« Als hätte man ihr ihre nächsten Worte einfach aus dem Mund genommen und kräftig in den Rachen zurück geschoben. Einmal japste sie förmlich nach Sauerstoff, dann kniff sie die Lippen wieder fest zusammen. Nur ein Murmeln war noch zu hören. Etwas das verdächtig nach "Hentai" klang. Alles, wonach sie sich danach erinnern konnte, war äußerst schwammig. Es war der Punkt, an dem sie vollends in eine Zwischenstufe ihres Unterbewusstseins abgerutscht war. Sie nahm nichts und doch alles wahr, denn er war allgegenwärtig. Nicht nur er. Es war vor allem seine Stimme, das erregte, atemlose Keuchen und Stöhnen. Es waren seine Berührungen, voller Zuneigung und Lust und Sehnsucht. Es war das Zittern, das sie in ihm auslöste, die Gänsehaut und die Worte, die so oft in ihrem Namen endeten. Seine Wärme, die sie ergriff wie ein Funken das Holz und sie sich bald in einem Flammenmehr wieder fand. Es fühlte sich an, als würde es sie läutern, reinwaschen. Und dazwischen waren abermals seine nicht enden wollenden Küsse, die sie immer tiefer in den Abgrund zogen. Es spielte keine Rolle, ob sie auf dieser Mauer saß, auf seinem Sofa oder seinem Bett. Ihre Umgebung schien sich gar nicht wirklich zu verändern. Auch in der kurzen Zeit von dem Turm bis zu seinem Appartement wirkte alles zweitranig, gar unwirklich, als konzentrierten ihre Sinne sich allein auf ihn. Wie damals. Damals, als sie ihm nicht vertraut hatte, als sie jeden Tag mit dem Ende gerechnet hatte und sich immer vorsichtig bei ihm hatte verhalten müssen, weil sie nie wusste, wann er vielleicht ausrastete. Auch wenn sie nie Angst gehabt hatte, so hatte sie sich immer unsicher gefühlt. Unsicher in sich selbst. Doch vieles hatte sich geändert. Auch heute noch, jetzt, in diesen Momenten trieb er sie in sich selbst zurück, bis sie fast ganz allein war. Nur er bildete sich noch auf ihrer Leinwand ab, nur sein Ton spielte ihr noch um die Ohren, zerrüttete sie. Wieder und wieder. Früher war es nur Sex gewesen. Wild, leidenschaftlich und oft kompromisslos. Sie hatte immer bekommen, was sie wollte und er auch. Sie konnte kaum leugnen, dass sie es nicht mehr bekam. Ob auf eben dieser blöden Mauer, auf diesem verheißungsvollen Turm unter den klaren Sternen der Nacht, die Crocodile so liebte oder in seiner Wohnung, in seinem Bett, unter ihm oder auf ihm. Doch sie gab sich ihm willenlos hin, sie zügelte ihre Emotionen nicht länger, konnte es gar nicht. Ihr Herz schrie voller Sehnsucht nach ihm, als müsste sie einen leeren Fleck darin endlich auffüllen, sich an seinen Zärtlichkeiten laben. Es war nicht so viel wie erdrückt zu werden, sondern endlich aufgenommen zu sein, zu jemandem zu gehören. Trotz ihres Verrates berührte er sie auf diese Weise, trotz der Lügen und des Leides konnte sie bei ihm sein und ohne Furcht. Sie konnte endlich anfangen zu heilen. Keuchend glitt sie von ihm, als sie das nunmehr vierte Mal zu ihrem Höhepunkt gekommen war und presste ihr vor Anstrengung gerötetes Gesicht gegen seine Brust, um seinem rasenden Herzen zu lauschen. Sie spürte, wie er seine Arme um sie legte und etwas von sich herunter schob, nur um sie dann wieder gegen sich zu drücken, seine Nase in ihren Haaren vergrub. Beinahe fühlte sie, wie er lächelte. Allein mit diesem Gedanken schlief sie ein, mit dem Wissen, dass er sie wirklich festhalten würde. Weil er das wollte, weil er das wirklich wollte. Weil er Nico Robin wollte. Nicht wahr? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)