Symphonie von Sternenwolf (Auf der Suche nach Freiheit) ================================================================================ Kapitel 1: Der beste Freund des Menschen ---------------------------------------- Leise prasselte der Regen gegen das milchige Fenster. Hintereinander rangen die kleinen Tropfen um den besten Platz. Seine feuchte Schnauze klebte förmlich an ihnen, seine braunen Augen konnten einfach nicht von ihnen lassen. Faszinierend, was da vom Himmel fällt. Schweigend lag der Hund auf seinem Kissen und schaute nach draußen. Wenn er seinen Kopf von der Scheibe zurück bewegte konnte er sein Spiegelbild betrachten. Schläfrig legte er den Kopf schief und begann ein dunkles Grollen aus seiner Kehle erklingen zu lassen. Sein Gegenüber machte keinen Anstalten den Hof zu räumen. Der Hund richtete sich auf und wich einige Schritte zurück. Ängstlich klemmte er seine Rute zwischen den Hinterläufen ein und starrte den fremden Hund an. Ohne sich zu bewegen hörte der Hund das man nach ihm rief. Doch sein Spiegelbild forderte seine ganze Aufmerksamkeit. „Kiba!“ Nicht den anderen aus den Augen lassen... „Kiba, komm schon!“ Nur nicht umdrehen... Du bist stärker... „Verdammt, Kiba!!“ Die Stimme des Mädchens wurde härter. Kiba entschloss sich nun doch seinen Blick zu wenden. Sein Blick fiel auf die Person hinter ihm. Hockend streckte das Mädchen die Hand nach ihm aus und begann ihn zu kraulen. „Es ist nur dein Spiegelbild, Kiba.“ sprach das Kind beruhigend auf ihn ein und lächelte dabei. „Wie schade das es regnet, wir könnten sonst draußen im Garten toben.“ Als das Wort „Garten“ fiel schlug das Herz des jungen Hundes schneller. Aufgeregt rannte er aus dem Wohnzimmer hinaus in den Flur. „Was hast du denn?“ Ratlos sprintete das Mädchen hinterher. Kiba beendete seinen Lauf bei der Eingangstüre. Aufgebracht hüpfte er nach oben und versuchte die an einem Haken hängende Leine zu erhaschen. „Aber es regnet doch. Wir sollten warten bis der Regen aufgehört hat.“ Aber ich will doch jetzt raus... Bittend schaute er das Mädchen an. Leise begann er zu pfiepen. „Warte hier, Kiba.“ sagte sie zu ihm und gab ihm den Befehl zum bleiben. Seufzend legte der Hund sich nieder. Gehorsamkeit stand an erster Stelle. Die Menschen in diesem Haus sind Kibas ganzer Stolz. Er war mehr als überglücklich als die Familie ihn in ihr kleines Rudel aufnahmen. Der Vater der Familie arbeitete lange, so sah Kiba oftmals nur das Mädchen und ihre Mutter. Die Kleine kümmerte sich Tag für Tag rührend um ihn. Das Mädchen war Kibas Bezugsperson, sie spielte mit ihm und brachte ihn nach draußen wenn er seine Bedürfnisse erledigen musste. „Und wie sehe ich aus?“ Der junge Hund wurde aus seinen Gedanken gerissen. Er schaute auf und erblickte das Mädchen, eingepackt in Regenmantel und froschgrüne Gummistiefel. „Was sitzt du noch hier, ich dachte du wolltest raus?“ fragte sie ihn höhnisch und öffnete dann die Türe zum Garten. Freiheit!! Kiba rannte hinaus, noch bevor das Mädchen ihm die Leine anlegen konnte. Vergnügt rannte er ihm aufgeweichten Gras umher. Bald war er so nass das er noch nicht einmal die Regentropfen bemerkte. Ein Pfiff holte ihn aus seinem verrückten Spiel. Nass von Kopf bis Fuß trottete er zurück zu seinem Frauchen. Er befolgte ohne zu zögern jeden Befehl der Menschen. So war es in ihm veranlagt, warum wusste er nicht Aber warum sich darüber Gedanken machen? Er war halt eben nur ein Hund. Der treue Begleiter eines jeden Menschen. Und sichtlich stolz darauf. „Nun, nass genug?“ fragte das Mädchen ihn und nahm Kiba auf den Arm. Wie wohlig warm die Menschen doch sind... An ihre Besitzerin gekuschelt wurde er wieder hinein getragen. Behutsam setzte sie ihren Hund auf den Boden ab und schwang ein weiches Baumwolltuch um seine Bauch. Vorsichtig wickelte sie Kiba in das trockene Tuch ein. Der junge Hund spürte wie es ihm förmlich die Feuchtigkeit aus dem Fell sog. Nach einigem Minuten abtrocknen und kräftigem Reiben fühlte er sich wie neugeboren. Unbeirrt trottete Kiba in Richtung Küche und peilte sein Futternapf an. Enttäuscht fuhr er mit seiner feuchten Zunge durch die gähnend leere Schüssel. Mit knurrendem Magen schaute er nach oben und ließ das Mädchen wissen das ihm sein Magen bis zum Boden hing. „Na gut, ein wenig bekommst du noch...“ ließ sich das Mädchen erweichen. Sie fuhr mit einer kleine Schaufel in die Futtertonne und holte einen kleine Portion raus. Langsam ließ sie das Trockenfutter in die saubere Schüssel das Hundes prasseln. Es hört sich an wie der Regen... Kiba schüttelte sich. Seine Schnauze juckte und ließ ihn niesen. Über so etwas macht sich ein Hund keine Gedanken... Genüsslich begann er sein Futter zu zerkleinern. In viele kleine Stücke. Mundgerecht, so das er sie ohne Probleme schlucken konnte. Ab und zu nippte er am bereitstehenden Wasser. Nach dem festlichen Essen machte sich der junge Hund wieder zurück auf den Weg ins Wohnzimmer. Schläfrig legte er sich auf sein Kissen zurück. Der Regen hatte aufgehört, die Sonne trat hinter den Wolken hervor. Der Tag eines Hundes war nicht gerade aufregend, doch Kiba genoss sein leben, jeden Tag und jeden Moment aufs neue. Niemals wollte er hier weg. Nie in seinem Leben. Und er wusste das seine Menschen ihn über alles liebten. Sorgenfrei begann er wieder zu dösen. Das klimpern eines Schlüsselbundes ließ ihn wieder aufschrecken. Eine Tür fiel sanft ins Schloss. „Mama!“ rief das kleine Mädchen freudig. Die Mutter des Mädchens trat in den langen Flur und stellte ihre Tasche ab. Das kleine Mädchen rannte mitten in die Arme der Frau und drückte sie herzlich. „Wie schön das du wieder da bist.“ gab sie zu. Ihre Mutter drückte sie von sich weg und musterte sie. „Wie siehst du denn aus?“ fragte sie verwundert während sie die nassen Haare und die dreckige Hose des Mädchens betrachtete. „Ohh, ich war mit Kiba im Garten. Hab wohl vergessen mich umzuziehen...“ „Dann hattet ihr wohl eine menge Spaß zusammen.“ stellte die Mutter fest. Das Mädchen nickte und verschwand im Badezimmer. Die Familie hatte Kiba zu sich geholt als die Mutter einen neuen Job angenommen hatte. Das Mädchen war nach der Schule oft Stunden alleine. Denn auch ihr Vater kam erst spät. Und so entschieden sie sich einen Hund zu sich zu holen. Kiba halt eben. Die Mutter kam ins Wohnzimmer und setzte sich auf den Sessel. Sie sah erschöpft aus und ließ ihre Hand an der Lehne hinunter baumeln. Kiba stand auf und ging zu ihr hin, leckte ihre Hand sanft und wartete auf eine Reaktion. „Ach Kiba...“ seufzte sie leise. Als sie ihre Hand auf seinen Rücken legte spürte er das etwas nicht stimmte. „Bald musst du dich an einige Veränderungen gewöhnen...“ Kiba legte den Kopf schief, er verstand nicht. Kurze Zeit später fiel die Tür ein weiteres Mal ins Schloss. Der Familienvater trat ein und stellte seine Tasche ebenfalls auf dem Boden ab. Dann ging er wie jeden Abend zu seiner Frau ins Wohnzimmer und setzte sich zu ihr auf den zweiten Sessel. Verliebt schauten sie sich an. Es herrschte ein Moment der Stille. Dann ergriff die Mutter das Wort. „Schatz...“ fing sie an und ging zu ihm. Setzte sich auf seinen Schoß und wartete einen Moment. „Was ist los?“ fragte der Mann besorgt. „Ich habe tolle Neuigkeiten. Schatz, ich bin schwanger. Wir bekommen noch ein Baby, ein Geschwisterchen für unsere kleine.“ Die Mutter strahlte. Der Vater fiel seiner Frau überglücklich um den Hals. „Das ist ja toll!!“ Kiba begann zwischen den beiden hin und her zu wuseln. Aufgeregt schaute er von einer Person zur anderen. Dann trabte er zu dem Vater hin um sich von ihm kraulen zu lassen. Der junge Hund verstand nicht warum sich die Menschen so verhielten. Bald sollte er es erfahren... Der Morgen war lang. Kiba döste, wie immer. Doch etwas war anders. Niemand war Zuhause. Kiba stromte durch das ganze Haus, auf der suche nach einem Lebenszeichen. Die Menschen waren schon seit dem frühen Morgen unterwegs. Nein, nicht alle. Die Mutter war schon seit einigen tagen nicht wieder nach Hause gekommen. Dann öffnete sich die Türe ins Haus erneut. Seit tagen gingen die Menschen hier ein und aus. Doch nun sollten sie bleiben. „Willkommen zurück.“ Der stolze Vater trug eine Schale hinein. Die Mutter folgte ihm müde. Sie sah noch erschöpfter aus als wenn sie von der Arbeit kam. Ein greller Schrei durchdrang die ungewohnte Stille. „Ja mein kleiner...“ versuchte die Mutter den Schrei zu besänftigen. Kiba wurde hellhörig. Wo kam das nur her...? Er rannte zwischen den Menschen umher. Das Mädchen hob ihn behutsam hoch. „Schau mal, ich habe ein Brüderchen bekomme.“ Kiba schaute von oben in die Schale hinab. Dort lag ein kleines Bündel. Zusammengekniffene Augen zierten das Gesicht des Wesens in der Babyschale. Sein Geruch war scheußlich. Es stank nach Desinfektionsmittel und vielen verschiedenen Menschen. Zudem machte es unheimliche Bewegungen und quietschte wie ein Gummiball. Spielzeug...!! Sie haben mir ein neues Spielzeug mitgebracht!! Kiba zappelte auf dem Arm des Mädchens. Seine Nase zuckte vor Spannung. Ruckartig riss er sich aus den armen des Mädchens frei. Mit einem großen Sprung hüpfte er auf die Schale zu. Schreckhaft ließ der Familienvater die Schale fallen, das Baby fiel zu Boden. Es begann zu weinen, Kiba wurde immer wilder. Die strampelnden Bewegungen und die erfreulichen Geräuschen ließen Kiba all seine guten Sitten vergessen. Er fasste das Baby am Kragen seines Stramplers und zog es ein Stück weit durch die Wohnung. „Kiba, nein, Nicht!!“ schrie die Mutter verzweifelt. Tränen stiegen in ihre Augen. Kiba bemerkte es nicht, zu sehr war er mit seinem Spielzeug beschäftigt. Er begann das Spielzeug auf und ab zu werfen und je mehr es quietschte, desto aufgeregter wurde der junge Hund. „Kiba!!!“ brüllte die ganze Familie immer und immer wieder. Doch das Baby strampelte weiter, animierte den verspielten Hund immer wieder. Schließlich packte Kiba es beim arm und bis herzhaft zu. „Verdammter Köter!!!“ schrie der Vater und schmiss mit einem Schuh nach dem Hund. Kiba jaulte auf und ließ von dem Neugeboren ab. Der Junge weinte. Schützend nahm die Mutter es zu sich und wiegte es in den Schlaf. Der Vater packte Kiba am Nackenfell, so feste wie er es noch nie getan hatte. „Du Köter, du!! Mach das du von hier wegkommst!“ brüllte er und setzte den ahnungslosen Hund vor der Türe ab. Mit dem Fuß trat er nach dem Hund, ein oder zwei mal. Er hörte erst auf als der junge Hund vor Schreck vor dem Mann flüchtete. Was war nur passiert? Was ist aus meinen Menschen geworden? Eben hatte er noch gespielt und nun saß er hier draußen, alleine und ohne einen Menschen an seiner Seite. Er kannte sich kaum aus in der Stadt. Zuhause wollte ihn keiner mehr haben, so schien es ihm. Langsam schlich er auf einer kurzen Straße umher, auf der Suche nach einer Bleibe. Er betrachtete ein aufgestelltes Plakat am Straßenrand. Es warb für... Hundefutter. Kiba schaute nach oben und betrachtete den Hund darauf. Er schien glücklich zu sein, strahlte förmlich. Kiba schmunzelte. Das hätte er sein können, wenn er jetzt noch zuhause leben würde. „Nur das beste für ihren treuen Liebling“ war der Slogan des Werbeplakates. Doch Kiba drehte ihm den Rücken zu. Er hatte alles verloren, seine Familie und seinen Status als bester Freund des Menschen. ---- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)