Schutzbestie von Salix (Meine Freiheit ist der Preis für deinen Schutz) ================================================================================ Kapitel 12: Prüfungen --------------------- Author’s note: Hatte ich etwas von Kreativtief und Stress gesagt? Äh, na ja... in den letzten Tagen hat sich folgendes Kapitel entwickelt, außerdem kam von Kuurokami eine Anregung. Ich hoffe es ist mir gelungen darauf einzugehen. Meine Frage gilt trotzdem noch, weil ich immer noch nicht dort angekommen bin, wo ich hinkommen will mit der Story. Diesmal wird es etwas actionreicher und mystisch. Ich danke für die inzwischen 6 Favoriten. Mein Dank auch an die Freischalter, besonders, weil es diesmal ein längeres Kapitel ist. Genug des Vorgeplänkels. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen. Nathaniel Die nächsten Tage verbrachte Nat hauptsächlich mit Schlafen, allerdings zumeist mit wachsam aufgestellten Ohren, welche jedes Geräusch einfingen. Wenn er nicht schlief, las er in seinen Unterlagen oder lernte Angelo und dessen Familie besser kennen. Eigentlich hätte er genug Zeit gehabt, um sich mit seiner Situation abzufinden, aber er dachte an alles mögliche nur nicht daran, außer er war gezwungen sich damit zu befassen. Sobald er sich fit genug fühlte, begann er Morgens Dehnübungen und Schattenboxen zu machen, wobei ihm Angelo kopfschüttelnd zusah, bis Nat erklärte, dass dies nicht besonderes sei. Eigentlich hatte Nat nie damit aufgehört Morgens Dehnübungen, Kampfübungen und Turnübungen zu machen, außer in den seltenen Fällen in denen er Morgens verschlafen hatte. Seit seiner Zirkuszeit war er es gewöhnt mindestens eine Stunde täglich seinen Körper zu trainieren. Er fühlte sich einfach nicht gut, wenn er das Training ausfallen ließ, obwohl er über Seijis Trainingsmethoden maulte und so tat als wolle er nicht trainieren. Es war ihm egal, ob da noch unverarbeitete Ängste dahinter steckten, jedenfalls war es ihm wichtig, körperlich fit und in der Lage zu sein sich zu verteidigen. Es dauerte etwa eine Woche bis er sich von dem Gift einigermaßen erholt hatte. In der Zeit begannen Lucius und Duncan schon ihm grundlegende Dinge, welche einen Hellseher betrafen beizubringen, die er nicht in der Schule oder von Seiji gelernt hatte, aber zunächst natürlich nur in der Theorie. Nat, stellte fest, dass der Hellseher nicht so hochnäsig und arrogant war, wie er wirkte, zumindest behandelte er ihn nicht wie einer Diener, sondern wie jemand Gleichgestelltes. Er bekam auch mit, dass Angelo versuchte es ihm hier so gemütlich zu machen wie möglich und sich ernsthaft um ihn sorgte, dennoch lehnte er ihre Verbindung immer noch ab. Er wollte nicht für den Rest seines Lebens an diesen Fremden, noch war Angelo ihm fremd, obwohl sie schon einige Tage aufeinander hockten, gebunden sein. Es störte ihn, dass er genau daran nichts ändern konnte, dabei war ihm Angelo noch nicht einmal total unsympathisch. In seiner Erholungszeit verhinderte er Angelos Visionen, merkte jedoch, dass diese wiederkehrten und den Hellseher unruhig werden ließen. Ein oder zweimal, erlebte er mit, wie Angelo Geschehnisse in spiegelnden Oberflächen sah. Doch in der Woche lernte Nat, dass er sich, obwohl er von der Familie des Hellseher, den Butler ausgenommen, freundlich aufgenommen wurde, in der Villa einfach nicht wohl fühlte. Alles war edel, teuer und strahlte alten Adel aus. Dinge mit denen Nat nicht viel Erfahrung hatte und, die ihn nervös und unsicher werden ließen. Er schämte sich jedes Mal beim Essen, dass nun tatsächlich das Hände waschen aus einer Schüssel vor dem Essen eingeführt wurde. Und er kam sich wie im Restaurante vor, wenn Charlotte ihm das Essen servierte. Zu Anfang verwechselte er die verschiedenen Gabeln und Messer und kam sich einfach nur unglaublich dumm vor. Er wusste er würde dies alles und noch viel mehr lernen müssen, weil Angelo später ein Diplomat und ein wichtiger Ratgeber der Regierung werden würde, dennoch fand er es einfach lästig sich damit befassen zu müssen. Die Untersuchungen im Krankenhaus waren fast schon eine willkommene Flucht aus dieser fremden Umgebung. Nachdem die Ärzte ihn für gesund erklärt hatte, beraumte Duncan den besprochenen Test an. Es war ein schöner Sommernachmittag, als sie das Trainingscenter in der Nähe aufsuchten. Die beiden Genii intimii begleiteten ihre Schützlinge in menschlicher Gestalt. Nat war froh darüber, dass es ihn nun nicht mehr anstrengte seine menschliche Gestalt beizubehalten. Seiji hatte Nat seine Trainingsklamotten gebracht, welche aus einem besonderen Stoff bestanden, der eine Verwandlung der Genii mitmachte. In diese schlüpfte Nat nun, wobei er Angelo ihm zusah. Er wusste, dass Angelo den Test für unnötig hielt, doch Nat wollte diesen ihn. Zum Einen hatte er nie gegen einen Greif gekämpft und war gespannt darauf, wie Duncan kämpfte, zum Anderen wusste er, dass der Übungskampf Duncan eine Gelegenheit geben würde sein Können einzu-schätzen. Da Duncan von nun an seine Ausbildung, darin einen Hellseher zu schützen, übernehmen würde, musste dieser einen Einblick in Nats Können erhalten. Mit leicht klopfendem Herzen betrat er die, für sie reservierte, Übungshalle. Dort warteten Lucius, Duncan und Seiji, der es sich nicht hatte nehmen lassen, dem Test beizuwohnen, sobald er davon erfahren hatte. Aus Gewohnheit verbeugte Nat sich vor Seiji. So hatten ihre Übungskämpfe immer angefangen. Er folgte Angelo zum anderen Ende der Halle, wo der Hellseher sich miesmutig in einen markierten Kreis stellte. Lucius tat auf der anderen Hallenseite das Gleiche. Seiji stellte sich an die Mittellinie, er würde den Schiedsrichter machen. Auf sein Zeichen hin, legte Nat Angelo die Hände auf die Schulter. „Scutum absolutum! Protegete!“, murmelte er, wobei er sich diesmal Zeit nahm den Schild aufzubauen, ehe er vor Angelo trat und Lucius Angriff erwartete. Solange es nicht nötig war, würde er sich nicht verwandeln. Schon in den Tagen zuvor hatte er Angelo über Duncans Können ausgefragt und dann Bücher über Greife aus der Bibliothek der Villa geholt und durchgeblättert. Schließlich hatte er diesmal das Glück sich auf seinen Gegner vorbereiten zu können. Dennoch zuckte er heftig zusammen als auf Duncans Handbewegung hin ein Feuerstrahl auf ihn zuschoss. Er hatte gerade noch Zeit „Exstingito!“ zu rufen, bevor das Feuer ihn versengen konnte. Auf seinen Befehl hin, erlosch das Feuer. Lauwarme Luft schwappte über Nat hinweg, der gerade noch rechtzeitig die Arme hoch bekam, um sich vor dem Hieb eines harten Schnabels zu schützen. Der Greif hatte die Zeit, in der Nat mit dem Feuer beschäftigt gewesen war, genutzt sich zu verwandeln und die Entfernung zu überbrücken. Der Schnabel fuhr in Nats Arm, er schrie auf. Fauchend wich er einem Klauen-schlag aus, blieb aber vor Angelo. „Rigescito!“, zischte er den braun-goldenen Greif an und hoffte der Zauber würde eine Weile halten. Durch seinen Zauber plumste der plötzlich erstarrte Greif aus der Luft. Nat verwandelte sich. Klatschend öffneten sich seine schwarzen Flügel und er stürzte sich auf den bewegungslosen Greif nur um rückwärts zu kugeln als dieser den Zauber abschüttelte und mit dem Schnabel nach ihm hieb. „Succeto mihi!“, zwang er Duncan sogleich einen neuen Zauber auf, um ihn von Angelo fort- zubekommen, stieß sich ab und flog zur Hallendecke. Er war selbst erstaunt wie leicht es war Duncan zu verzaubern, allerdings hielten seine Zauber immer nur ein paar Sekunden, doch reicht es um den Greif abzulenken. Duncan folgte ihm in die Luft. Hastig wich Nat einem neuen Feuerball aus den Duncan nach ihm warf. Er konnte und wollte nicht jeden davon zum Er- löschen bringen und zum Glück war die Halle mit Bannsprüchen gesichert, die jegliche Magie erlöschen ließ, ehe sie diese beschädigte. Dummerweise gelang es Duncan dadurch über ihn zu gelangen. Nat spürte wie die Adlerklauen auf ihn zukamen. Es gelang ihm beide zu ergreifen, nur leider besaß der Greif noch einen scharfen Schnabel. Ohne nachzudenken, nutzte er Duncans Schwung gegen diesen und zerrte ihn über seinen Kopf nach unten. Da der Greif größer war als Nat, kam diesem die Schwerkraft etwas zu Hilfe. Als er Duncan losließ trudelte dieser in die Tiefe, schaffte es aber sich zu fangen, bevor er auf dem Boden aufschlug, wahrscheinlich nutzte er die Kunst des Schwebens, welche jeder flugfähige Genius besaß. Eine ganze Weile jagten sie sich kreuz und quer durch die Luft in der Halle. Einmal entkam Nat einem Feuerzauber nur knapp indem er in der Luft einen Salto vollführte, da Duncan diesen in seine Flugbahn geschickt hatte. Entsetzt bemerkte Nat, wie ihn allmählich seine Kraft verließ, als sein Flügel- schlag ins Stocken geriet. Er sackte kurz ab, in diesem Moment war Duncan über ihm und zwang ihn zu Boden. Adlerklauen fixierten seine Flügel. Nat ließ sie verschwinden, drehte sich unter dem Körper über ihm und zog seine Krallen durch das Brustgefieder des Greifes. Er atmete keuchend und konnte nicht verhindern, das Duncan seinen Arm einfing. Wäre dies kein Übungskampf, wäre nun der Moment indem Nat seinen gefährlichsten Zauber einsetzen müsste. Ein Zauber, den er noch nie gegen ein anderes Lebewesen angewandt hatte, aber gegen Übungspuppen. „Schluss!“, hörte er Seiji rufen. Duncans Griff löste sich und Nat sankt schnaufend auf den Boden. „Was hättest du in einem echten Kampf jetzt getan?,“ fragte der Greif. „Dich zerstört.“, stieß Nat keuchend hervor. Duncan wandte sich Seiji zu. „Hätte er?“ „Wahrscheinlich.“ „Beweise es.“, befahl Duncan. „Okay.“, seufzte Nat. Er wusste, der Zauber würde ihm für diesen Tag den Rest geben. Noch hatte er seine alte Kondition nicht wieder. Er beobachtete, wie Seiji eine der Übungspuppen holte. Nat atmete tief ein. „Rumpi!“, stieß er hervor und schleuderte seine letzte Kraft auf die Holzpuppe. Seiji duckte sich in weiser Voraussicht, Lucius und Angelo taten es ihm automatisch gleich. Anscheinend warnte sie ihr Talent. Duncan riss seinen Flügel vor sein Gesicht als die Übungspuppe in mehrere Stücke zersprang, als würde sie von innen heraus explodieren. Nat hatte sich, kaum hatte der Zauber seine Lippen verlassen, fallen gelassen und den Kopf in den Armen vergraben. Er stöhnte auf als ein hölzerner Arm auf ihm landete. Duncan bekam den Torso ab und Seiji wich einem Holzbein aus. Der Kopf prallte von dem Schild ab, welche Nat um Angelo errichtet hatte. „Eindrucksvoll.“, murmelte der Greif als er seinen Flügel senkte. „Das hätte mich wahrscheinlich umgebracht, wenn du es auf mich gerichtet hättest.“ „Mhm.“, machte Nat nur. Er schloss die Augen. Er mochte den Zauber nicht, weil er viel Kraft verlangte. Er hatte ihn nur gelernt um in einer Notsituation nicht derjenige zu sein, der unterlag. Duncan schüttelte Holzstaub aus seinen Federn. Angelo ging neben Nat in die Knie und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich hoffe den musst du nie gegen ein Lebewesen einsetzen.“, sagte er. „Ich auch.“, krächzte Nat und lächelte matt. „Unentschieden, gegen einen Greif. Das war ziemlich gut, aber du bist eindeutig noch nicht wieder völlig fit.“, stellte Seiji fest. „An den Zaubern werden wir noch feilen und an anderen Sachen auch, aber du bist erstaunlich weit, wenn ich deine Geschichte bedenke.“ Nat drehte sich auf die Seite und blickte Duncan an. „So sehr ich es auch da gehasst habe, die Zeit im Zirkus war nicht völlig verschwendet. Meine Gelenkig- keit und die akrobatischen Tricks sind etwas, womit die wenigsten Rechnen, selbst wenn sie wissen, dass Sphingen Wortmagier sind.“, erklärte er Duncan, der ihm zu seiner Verwunderung das Haar zerzauste. „Igitt! Warum tun das alle Leute!“, beschwerte er sich. „Weil du niedlich bist.“, antwortete Seiji. „Na toll! Ich mag es aber nicht!“ Angelo kicherte. „Freu dich doch darüber, dass du gemocht wirst.“ Nat schüttelte sich, strich mit einer Hand durch sein Haar und nieste. „Oh, Klasse Holzstaub. Ich muss mich dringend waschen!“ „Das müssen wir alle, nach deiner Demonstration. Und wir beide müssen unsere Wunden verbinden.“, gab Duncan zurück. „Ach ja, es gibt da eine kleine Wohnung in der Nähe der Uni, die dir und Angelo gefallen könnte.“ Nat riss die Augen auf. „Was bitte?“ „Da du dich in der Villa nicht wohlfühlst, haben wir beschlossen euch zu er- lauben in eine eigene Wohnung zu ziehen, sollte das Ergebnis des Test mir gefallen.“, erwiderte Duncan. „Natürlich nur, wenn Angelo auch damit einverstanden ist, heißt das.“ Nat blickte von Duncan zu Lucius, der nur nickte und dann zu Angelo, der genauso überrascht wirkte, wie er sich fühlte. „Wenn die Wohnung in Ordnung ist, machen wir das. Ausziehen, meine ich.“, beant-wortete der Hellseher Nats unausgesprochene Frage. „Wie es scheint bin ich der Einzige, der nicht eingestaubt ist. Dein Schild ist echt klasse. Komm ich helf’ dir in die Dusche und mit deinem Arm.“ Nat knurrte ihn an, ließ sich aber von Angelo auf die Beine ziehen. „Als wenn das nötig wäre.“ „Du siehst jedenfalls völlig fertig aus.“ „Bin ich auch.“ „Na, da ich eh mitkommen muss kann ich dir auch helfen.“, stellte Angelo klar. „Na gut, du darfst mich verbinden und mir den Rücken sowie die Flügel waschen.“, erlaubte Nat ihm gnädig. „Da komm ich alleine nur ran, wenn ich mich halb ver- renke.“ „Wie war das mit deiner Gelenkigkeit?“, fragte Angelo auf dem Weg in die Umkleide. „Ach sei still und vergiss das Shampoo nicht.“, gab Nat zurück. Angelo lachte, sammelte Handtücher, Verbandszeug und Waschzeug ein, bevor sie zusammen in den Duschraum gingen. Zu Nats Verwirrung, nach seinem ausgiebigen Nachmittagsschlaf, war der Tag damit nicht gelaufen. Vor dem Abendessen teilte Lucius Angelo mit, dass dessen Initiationsprüfung in dieser Nacht stattfinden würde. Die Folge war, dass der hibbelige Hellseher und Nat fasten mussten. Kurz vor Sonnenuntergang kam dann die rituelle Reinigung dran. Irgendwie war Nat froh, dass sie beide von Lucius auf diese Prüfung vorbereitet worden waren und er zumindest eine Ahnung hatte, was nun auf sie zu kam. Schweigend schlüpfte er in die, bereitgelegte Kleidung. Eine indigoblaue enge Hose, eine indigoblaue Tunika und schwarze Fingerhandschuhe. Ein langes indigo-blaues Tuch schlang er sich um die Schultern, es war eigentlich ein Tagelmust, aber heute durfte und wollte er ihn nicht richtig anlegen. Er musste sein Ge- sicht zeigen, es wäre den Druiden gegenüber nicht angemessen mit verhülltem Gesicht vor sie zu treten. Sämtliche Kleidung bestand aus dem besonderen Stoff und war nur für diesen Anlass gefertigt worden. Nat nahm seine komplette wahre Gestalt an mit Katzenunterleib, Flügeln, Katzen- ohren und Krallen, weil es so erwartet wurde. Kurz war er versucht sein Fell über den ganzen Körper wachsen zu lassen, ließ es dann jedoch, weil es unhöflich gewesen wäre. Schweigend beobachtete er Angelo wie dieser nach der Waschung in eine weite, weiße Robe schlüpfte. Um seinen Hals hing ein Kupferamulett, es war ein Kreis um den sich ein keltischer Dreierknoten schlang, das eirische Symbol der Filid. Mit dieser Prüfung und Angelos hoffentlich darauf folgenden Initiation zum Fili würde er sozusagen offiziell zu dessen Genius Intimus werden. Nats Krallen kratzten über den Boden. Er sträubte sich innerlich gegen die Prüfung, nur es würde gar nichts bringen dies anzusprechen. Er war Angelos Genius Intimus und es war Angelos vorgegebener Weg Fili zu werden um später Regierungsratgeber zu werden. Nat seufzte, damit standen ihm selbst kaum noch Möglichkeiten für ein späteres Berufsleben, abgesehen davon Genius Intimus zu sein, offen. Er könnte Angelos Sekretär werden, das war Duncan für Lucius, oder nur als Genius Intimus fungieren und diverse Hobbys haben... nur nicht allzu viele und zu exotische. Er presste sich eine Hand gegen die Schläfe. Warum musste sein Schützling Angelo sein? Hätte es nicht jemand ganz normales auch getan? Jemand, der nicht aus einer Adelsfamilie mit festgefahrener Rolle stammte? Das hier war ein Käfig. Keiner aus Metall, Holz und Magie, den man öffnen konnte, sondern einer aus Magie- und Blutsbande, der sich nicht lösen ließ. Eine Hand legte sich in seinen Nacken und er wurde sanft gekrault. Nat blickte zu Angelo auf. „Es tut mir Leid.“, wisperte der Hellseher. Nat schüttelte den Kopf. „Fili wirst du, was du später tust weiß ich nicht genau, aber es ist sinnvoll ein Fili zu werden, die gelten zumindest in einigen Ländern als unantastbar.“, knurrte er den Hellseher an, wobei er nur vernünftige Überlegungen zuließ und ihm gegenüber zugab. Er glaubte zu ahnen, welche Frage Angelo noch auf der Zunge brannte, schließlich würde es das Band dadurch gestärkt. Es würgte ihn dennoch, jetzt war wohl der Zeitpunkt dafür gekommen, ob es ihm nun gefiel oder nicht. Einige Hellseher konnten sehen, wenn ein Genius Intimus seinem Schützling nicht seinen ganzen Namen genannt hatte. Es war ein Zeichen fehlenden Vertrauens, denn ein Genius durfte allein bestimmen, wem er seinen Namen nannte und dadurch Macht über sich verlieh. „Mein Name lautet... Mein ganzer Name ist...“ Nats Stimme war rau, kaum zu verstehen und er brach ab, weil er es nicht übers Herz brachte, dafür kannte er Angelo einfach noch viel zu wenig. „Es ist in Ordnung. Du musst das jetzt nicht tun. Sag ihn mir, wenn du dich dazu bereit fühlst und sollte es nie so weit sein, dann ist es so. Es würde mich zwar sehr freuen, wenn du mir irgendwann soweit vertraust, aber es ist deine Entscheidung wann und, ob du ihn mir überhaupt jemals nennst.“ Der Hellseher ging in die Hocke, seine Hände legten sich auf Nats Schultern und er drückte ihn an sich. „Es ist in Ordnung so, Nathaniel.“ Einen Moment strichen Angelos Hände unter den Flügel längs über Nats Rücken. Es war Nat der sich von Angelo löste. Es fühlte sich so unvertraut und fremd und komisch an, von dem Hellseher in den Arm genommen zu werden. Er war noch nicht bereit sich von Angelo streicheln zu lassen, so wie seine innere Schmusekatze es bei Seiji zuließ. Und er war definitiv noch nicht bereit ihm seinen gesamten Namen zu nennen, auch wenn es für Angelos Ansehen besser wäre, bevor dieser die Initiationsprüfung ablegte. Eine knappe Woche war einfach zu kurz für ihn um Angelo schon soweit zu vertrauen, als er verletzt war, war es eine Ausnahme gewesen. Er konnte mit Angelo albern und sogar einen Nachmittag lang über Belangloses oder Lieblings-bücher reden, nur tieferes war noch nicht so richtig drin. Nat richtete seinen Blick auf Angelo, dessen Herzschlag verriet, dass er keineswegs so ruhig war wie er sich gab. „Du schaffst die Prüfung schon. Es dort ja nicht um unsere Zusammenarbeit, sondern um das, was du seit deiner Kindheit gelernt hast.“, ermunterte er den Hellseher, bevor sie in den Garten traten. Das Gras raschelte unter Angelos bloßen Füßen, während Nats Schritt katzenhaft leise war. Langsam und gemessen schritten sie zu dem Eichenhain im hinteren Teil des parkartigen Gartens der Villa. Dort, so war Nat erzählt worden, befand sich ein kleiner geheiligter Hain mit einer Quelle. Lauer Sommerwind brachte die Blätter über ihnen zum Rauschen, während der Vollmond langsam aufging. Auf der Lichtung bei der Quelle erwarteten drei Druiden sie mit ihren Genii Intimii. Einer von ihnen war Lucius, die anderen waren Nat unbekannt. Es waren zwei Frauen, auf deren Stirn ein in sich verschlungenes Pentagramm, welches sich um einen Kreis wand, bläulich schimmerte. Eine von ihnen war eine kleine alte Frau mit silbernen Locken, die andere Druidin war in der Mitte ihres Leben mit glatten rotem Haar, welches sie zusammengebunden hatte. Nat konnte Farben sehen, obwohl nur der Vollmond sie beleuchtete. Selbst die Quelle wurde nicht extra beleuchtet, noch nicht einmal Fackeln oder Kerzen gab es. Die Prüfung würde nur unterm Schein des Mondes stattfinden, doch dies schien keinen der Anwesenden zu stören. Auf Lucius Stirn erkannte Nat einen um einen Kreis gewundenen keltischen Dreier-knoten. Das Zeichen der Druiden, das keltische Pentagramm trug er als Silber-amulett um den Hals. An Genii waren, neben Duncan, eine hochgewachsene Frau mit runzeliger Haut und eichengrünem Haar, sowie eine Frau mit rabenschwarzem Haar, welche ähnlich wie Seiji roch anwesend. Nat schätze, dass es sich um eine Dryade und einen Rabengeist handelte. Er ließ sich an Angelos Seite nieder, sein Blick wachsam auf die Umgebung gerichtet. Er war sich nicht bewusst, das er dabei wie eine aufrecht sitzende Sphinxstatue wirkte, genauso erhaben und geheimnisvoll. Die rituellen Fragen, welche nicht an ihn gerichtet waren, rauschten über Nat hinweg. Fragen, zu Ehre, Pflicht und Gehorsam den Regeln der Druiden gegenüber. Nat musste nur einmal bestätigen, dass er Angelos Genius Intimus war. Als die Befragung beendet war, spiegelte sich der Mond in der sanft sprudelnden Quelle. Nat ging neben Angelo zur Quelle als dieser Wasser in eine silberne Schale füllte. Schweigend legte er sich neben seinem Schützling nieder, als dieser sich im Schneidersitz vor die Schale setzte. Angelo wurde das Bild eines etwa zehnjährigen blonden Jungen gereicht. Die Wortführerin, Nat ging davon aus, dass sie so etwas wie eine Oberdruidin war, befahl Angelo: „Finde heraus, was mit dem Jungen geschehen ist. Seine Mutter hat ihn Gestern als vermisst gemeldet.“ Nat sah wie Angelo schluckte, ehe er den Kopf neigte, in einen gleichmäßigen Atemrhythmus verfiel und auf das Wasser in der Schale blickte. Nat, der wie die Sphinxstatue von Gizé hingegossen neben ihm lag, schaute ebenfalls auf die spiegelnde Wasseroberfläche. Anders als bei Angelos spontanen Visionen war nicht sofort ein Bild zu sehen. Farbschlieren bildeten sich auf der Wasseroberfläche und formten schließlich Bilder wie in einem Film. Die Bilder waren für Nat sichtbar, aber im Gegensatz zu dem Hellseher konnte er die Geräusche, welche in der Vision auch vorkamen, nicht hören. Es reichte ihm auch schon die Bilder zusehen. Der Junge vom Foto kauerte in einer verdreckten Küche, die Arme schützend um seinen Körper geschlungen, während die Schläge und Tritte eines offensichtlich irgendwie berauschten Mannes auf ihn niederprasselten. Während er auf das Kind einprügelte, schrie der Mann es an. Auch die Worte des Mannes hörte Nat nicht, er sah nur die Mundbewegungen, dennoch hallte das klatschende Geräusch von Fleisch auf Fleisch und schrille Kinderschreie in seinen Ohren wieder. Ohne es wirklich zu merken, legte er seine Ohren an. Sein Katzenschwanz schwoll auf das doppelte seiner normalen Dicke und seine Krallen bohrten sich in die weiche Erde unter seinen Händen. Ein tiefes Grollen vibrierte in seiner Kehle. Aber weder er noch Angelo konnten etwas für diesen Jungen tun, das was Angelo sah war schon geschehen. Nats Zeitgefühl ließ ihm Stich, so dass er nicht sagen konnte, wie lange es dauerte bis das Kind beängstigend still auf dem versifften Boden lag. Angelo blinzelte und die Szene wechselte. Der Mann holte die Kinderleiche aus dem Kofferraum eines alten, roten Fords um sie nahe bei einem Stauwehr in einen großen Fluss zu werfen. Die Leiche trieb eine Weile oben bis sie schließlich von den Wirbeln unter Wasser gezogen wurde. Hastig glitt Nats Blick, den er bewusst von den Szenen im Wasser losreißen musste, zu Angelos Gesicht. Die Augen des Hellsehers waren geweitet und er war bleich geworden. Die Anspannung seiner Kiefermuskeln verriet seine Wut, dennoch oder eher gerade deswegen war der Hellseher konzentriert bei der Sache. Nat spürte wie seine Finger in die Erde, die er mit den Krallen durchbohrt hat- te, glitten. Er senkte seinen Blick auf den mit Eichenlaub bedeckten Erdboden und zwang sich ruhig zu atmen. Ihm wahr als röche er den Gestank von Exkre- menten, Blut und einigem anderen. Er hustete als wäre seine Kehle ausgedörrt. Jetzt war nicht die richtige Zeit um an Nezzar und Nadir zu denken, er sollte sich besser auf Angelo sowie das Hier und Jetzt konzentrieren. „Wo befindet sich sein Mörder jetzt?“, fragte die alte Druiden, welche die Prüfung leitete. Nat vermutete, dass er nicht mitbekommen hatte, wie Angelo erzählt hatte, was mit dem Kind geschehen war. Prüfend musterte er den Hell- seher, der trotz der Fragen nicht aus seiner Trance oder wie auch immer der Zustand nun genau zu bezeichnen war, aufgewacht war. Neue Bilder formten sich in der Schale. Der Mann von zuvor saß lachend in einer Bar. Er und ein paar andere Männer hatten Karten in der Hand. Eine Flasche Whiskey stand auf dem Tisch. Ein bären ähnlicher Mann schlug dem kleineren Mann mit mausgrauem Haar kameradschaftlich auf die Schulter. „Kannst du uns genau sagen welche Bar das ist?“, hörte Nat die Frage an Angelo. „Nein, tut mir Leid, sie befinden sich in der Bar. Ich könnte sie später aufmalen, genauso wie eine Phantomzeichnung des Mannes.“, antwortete dieser mit langsamer ruhiger Stimme. „Oder warten, bis er die Bar verlässt und dann sehen ob er nach Hause geht.“ „Tu bitte letzteres.“, wurde Angelo gebeten. Für Nat zog sich die Zeit wie Kaugummi in die Länge, bis der feucht-fröhliche Haufen aus dem Lokal torkelte. In der Zwischenzeit hatte er sich immer wieder und wieder gewünscht losziehen zu können und den Kerl zu zerfetzen, obwohl er damit den Codex bräche. Er hatte sich ausgemalt ihn nicht nur zu zerfetzen, sondern langsam und bewusst grausam zu Tode zu ängstigten, bevor er ihn dann endlich tötete. Er würde es nicht tun, weil er die Strafe dafür fürchtete, nun vielleicht würde er es doch tun, wenn er diesem Kerl in diesem Moment direkt gegenüber stünde. Andererseits war der Kerl es nicht wert dafür den Rest seines eigenen Lebens in eine mit Bannsiegeln versehene Wohnung gesperrt zu werden zusammen mit Angelo, der dann von dort aus sein Leben würde regeln müssen. Nat schüttelte sich immer noch angespannt. Es war eine Erleichterung, als Angelo Straßenname, Hausnummer und die Wohnungsschild sah. Endlich wurde dem Hellseher eine letzte Aufgabe erteilt. „Sag mir, ob wie das Urteil gegen ihn ausfällt.“, lautete sie. Das der Mann nun, nachdem ein Hellseher, wie Angelo und Lucius seine Tat beobachtet hatte und sein momentaner Aufenthaltsort bekannt war, verhaftet und angeklagt würde war selbstverständlich. Der Richter in seiner magentafarbenen Robe schlug mit dem Hammer auf das Pult vor sich. Im Saal legte sich die Aufregung. Ruhig sprach der Richter. Eine ver- härmt aussehende Frau schluchzte auf und barg das Gesicht in den Händen. Der Ver- urteilte saß steinern als ginge ihn das alles nicht an auf seinen Stuhl. Sein An- walt war aufgesprungen und schrie den Anwalt der Kläger an, welcher genauso kon- terte. Das Bild verschwamm „Zehn Jahre, auf Bewährung, wegen Kindesmisshandlung und Totschlags unter Drogen- und Alkoholeinfluss. So wenig, nur wegen Anerkennung der verminderte Schuldfähigkeit!“, spie Angelo aus. Nat zitterte, auch ihm war das zu wenig, aber so war die Justiz. Der Boden unter einen Händen war aufgewühlt. An seinen Krallen hingen getrocknete Eichenblätter. Der Wind strich kühl über sein Gesicht, innerlich war Nat zu Eis erstarrt. Er schrak hoch als sich Angelos Hand auf seinen Schulter legte. Ein Fauchen entwich seinen Lippen, doch Angelo zog die Hand nicht zurück, sondern begann langsam über die Stoffbedeckte Schulter zu streichen in unruhigen Kreisen. Nat ließ ihn gewähren, während er den Glückwünschen der Druiden lauschte, welche Angelo nun in ihren Kreis aufnahmen, da er nicht nur die siebenjährige Lehrzeit hinter sich, sondern endlich auch seinen Genius Intimus hatte. Nat nieste bei dem intensiven Waidgeruch, als die Druidin mit dem Rabengeist an Angelo herantrat und ihm hochkonzentriert das Symbol der Seher auf die Stirn zeichnete. Das Zeichen würde, nur sichtbar sein, wenn es nötig war das Angelo sich als Druide und Seher ausweisen musste, wenn er es wünschte, oder wenn er den Schutz des Zeichens brauchte. Angelo schob sein Amulett über den Kopf, nun brauchte er dieses nicht mehr. Es hatte ihn als Novize zum Fili ausgewiesen. Er reichte es der alten Druidin, welche ihm ein Silberamulett des um dem Kreis geschlungene keltische Pentagramms umhängte. Das Zeichen der Druiden, welches ein Seher nicht aufgemalt bekam, sondern stattdessen als Amulett trug, wenn er zugleich zu den Druiden zählten. Damit war Angelo in den Kreis der Drui und der Fili aufgenommen worden, doch Nat interessierte das gerade nicht so sehr. Auf dem Rückweg zum Haus presste er seine bebende Flanke an Angelos Bein, sein Katzenschwanz schwang dabei unentwegt hin und her. Nach einer Feier über die geglückten Prüfungen war ihm überhaupt nicht. ~~~ Im Anschluss noch ein paar Wortbedeutungen, der von Nat benutzten Zauberwörter: Scutum absoltum – Vollkommenes Schild Protegete – Sei beschützt! Exstingito – Erlösche! Rigescito – Erstarre! Succeto mihi – Folge mir! Rumpi – Zerspringe! Im Übrigen könnte Nat auch englische Worte benutzen, aber es ist besser eine Sprache zu nutzen, die er nicht ständig im Alltag braucht um sich bewusst zu sein, dass er zaubern will. Der Grund dafür ist unangenehmen Unfälle zu vermeiden und, dass er so seinen Willen bewusst einsetzen kann, damit die Worte wahr werden. Zum zweiten Teil des Kapitels Angelo ist nun mal Hellseher und viele seiner Visionen sind nicht schön. Kindesmisshandlung und Kindestötung ist etwas Schreckliches und die Strafen dafür finde ich oft zu niedrig, auch dann wenn verminderte Schuldfähigkeit, wegen Alkohol oder Drogen gilt, schließlich wird ein Leben ausgelöscht, dass gerade erst angefangen hat! Diesmal kann Angelo zumindest ein bisschen tun, nur ist auch das nicht immer der Fall, aus verschiedenen Gründen. Einer ist, dass er sich im Rahmen der Gesetze bewegen muss, an die er und auch die anderen in besonderem Maße gebunden sind, weil es sich um Genii und Druiden handelt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)