Sasori Holmes und Dr. Deidara von Galenhilwen (wenn klassische Literatur auf Anime trifft) ================================================================================ Prolog: Ein melancholischer Abend --------------------------------- Wir schreiben das Jahr 1897. London kleidete sich in ein graues Kleid aus dunklen, tiefen Wolken. Die Luft war kühl und der Regen prasselte ohne Unterlass auf den steinernen Boden der Straßen, die an solchen Tagen immer wie ausgestorben schienen. Das Schlagen des Big Ben hallte durch die Stadt, doch der Regen schluckte die wahre Pracht seiner Lautstärke. Die Laternen boten spärliches Licht zwischen den dunklen verlassenen Gassen und versuchten mit ihrem kläglichen Schimmern den Leuten wenigstens ein wenig Hoffnung geben zu wollen. Habt keine Angst, so dunkel es auch sein mag, es gibt immer einen Hoffnungsschimmer. Seufzend wandte Sasori sich wieder vom Fenster ab, dieses Wetter machte ihn immer so melancholisch. Gedankenverloren zog er an seiner Pfeife und schritt zu dem bequemen Ohrensessel, der vor einem Kamin stand, in dem ein knisterndes Feuer loderte und den Raum mit flackerndem Licht erhellte. Innerlich lächelnd setzte er sich in den Sessel, legte die ausgerauchte Pfeife auf dem kleinen Beistelltisch daneben ab und griff nach seiner Violine. Nichts passte besser zu seinen melancholischen Gedanken, als ein paar liebliche Töne dieses Instruments. Er setzte sein Kinn auf die dafür vorgesehene Schale und den Bogen auf die Saiten, ehe er mit geschlossenen Augen einfach ein wenig vor sich hin spielte. Seit Tagen hing dieser Schleier aus Regen und Depression schon über der Stadt und seit Tagen hatten er und sein werter Freund Deidara keinen Auftrag mehr bekommen. Es war schon Schande genug, dass er sich mit verloren gegangenen Kettchen und vermissten Großvätern herumplagen musste. Sein Gehirn verlangte nach einer anspruchsvollen Aufgabe. Selbst Deidara alleine hätte die letzten Fälle ohne Mühe lösen können. Er fühlte sich unterfordert, gelangweilt und unnütz. Leise öffnete sich die Tür des kleinen Arbeitszimmers und eine blonde Gestalt lugte durch den Türspalt. Ohne seine Augen zu öffnen oder sein Spiel zu unterbrechen murmelte Sasori: „Was kann ich für Sie tun, mein Freund?“ Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Blonden, als er das Zimmer betrat und leise die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ. Einen Moment lehnte er sich dort einfach an und lauschte den Klängen. Sasori wusste genau, wie gerne er dem Violinenspiel lauschte, die Frage war also, wie es für den Rothaarigen einfach üblich war, rein rhetorischer Natur. Für einen Augenblick ließ Deidara seinen Blick durch das Zimmer schweifen. Vor dem Fenster, durch das nur der daran prasselnde Regen und die abendliche Dunkelheit zu sehen war, stand der große ordentliche Schreibtisch seines Freundes. Ein peinlich genau sortierter Stapel Papiere lag auf ihm, daneben ein kleines Gefäß mit Tinte und einem Federhalter, mehr nicht. Und abgesehen von dem Bürostuhl und dem Sessel mit dem Beistelltisch fand man in diesem Zimmer lediglich noch ein Bücherregal, gefüllt mit Wälzern aller Art. Durch das spärliche Licht konnte man nicht erkennen, um was es sich handelte, aber Deidara hatte sich oft genug an dem zu Papier gebrachten Wissen bedient um zu wissen, was für Literatur dort vorherrschte. Es waren Bücher über kriminalistische Studien, teils von fremden Autoren, teils von Sasori persönlich verfasst. Diverse Bände befassten sich mit Kunst und Kultur aus allen möglichen Ländern. Und wieder andere Bücher waren philosophischen Theorien verschrieben, vor allem die Ergründung der menschlichen Natur war ein häufig zu findendes Thema. Manchmal schien es dem Blonden so, als versuche Sasori Menschlichkeit nur aus Büchern zu kennen und zu lernen, als wäre er nicht fähig, es in sich selbst zu ergründen. Auf der anderen Seite überraschte der Rothaarige ihn immer wieder mit seiner einmaligen Kombinationsgabe, da wollte Deidara sich auch dieses Mal nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Es war SEINE kleine Theorie. Und eines Tages, so war er sich sicher, würde er sie beweisen oder widerlegen können. Er trat in den Schein des Kaminfeuers und stellte sich neben den Sessel, in dem Sasori saß, um noch intensiver den Klängen lauschen zu können. Er verstand die Kunst vielleicht nicht so, wie sein Freund es tat, aber das war ihm in diesem Moment auch egal. Sie beide liebten den Klang der Violine. Sasori, weil sie eine beruhigende Wirkung hatte, er mit den Noten auf ihr Töne erschaffen konnte, die für immer seine waren und die er nie vergessen würde. Für Deidara selbst war es die Unterstreichung dieses einen Augenblickes, in dem die Schallwellen in seinem Ohr zu einer Melodie wurden und ihn in einen flüchtigen Rausch der Musik entführten. Deidara fand, dass seine Ansicht die sinnvollere war und das Klopfen an der Tür gab ihm in seinen Augen auch Recht. Er hatte seinen Genuss, Sasori jedoch schien ein wenig genervt über die Störung zu sein, als er aufhörte zu spielen und missmutig knurrte: „Ja, bitte?“ Itachi, der Butler, öffnete und trat ein. Entschuldigend verbeugte er sich: „Entschuldigt die Störung, Master Sasori, aber im Salon wartet ein Mann auf Euch. Er ließ sich nicht überzeugen, dass Ihr nicht gestört zu werden wünscht. Er sagte, es sei von äußerster Dringlichkeit und er sei ein Kommissar des Scotland Yard.“ Der Rothaarige seufzte resignierend: „Danke, Itachi. Bestellen Sie ihm bitte, er solle einen Augenblick warten. Ich werde sofort bei ihm sein.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren verließ der schwarzhaarige Butler das Zimmer wieder. Deidara sah seinen Freund fragend an: „Ein Besuch von Scotland Yard zu so später Stunde? Korrigieren Sie mich, wenn ich irre, aber das bedeutet bestimmt nichts Gutes.“ Mechanisch lächelte Sasori jedoch nur und murmelte: „Wir sind private Ermittler, mein Freund. Nicht gut wäre für uns nur das Ausbleiben von Aufträgen, meinen Sie nicht auch?“ Behäbig erhob er sich aus dem Sessel, nachdem er seine Geige liebevoll verstaut hatte, rückte seinen Morgenrock zurecht und sah seinen Kollegen herausfordernd an: „Kommen Sie, wir wollen den Herren des Scotland Yard nicht warten lassen.“ Lächelnd schüttelte Deidara den Kopf, während er dem Rothaarigen aus dem Zimmer folgte. Er war eben anders, aber das mochte er so sehr an ihm. Schweigend stiegen die zwei jungen Männer die Treppe herab, durchquerten den kleinen dunklen Flur, passierten eine großzügige Tür, aus Glas und Holz gefertigt, und betraten den geräumigen Salon. Auch hier knisterte ein Feuer im Kamin, der allerdings noch ein gutes Stück größer als der im Arbeitszimmer war. Eine Sofagruppe aus rotem Samt stand davor, auf einem weichen hellen Teppich und um einen massiven Holztisch arrangiert. Zu ihrer linken das Fenster zur Straße, in deren Richtung auch die Haustür führte. Auf einer ausladenden Fensterbank standen diverse Pflanzen, allerdings keine einzige Blume. Deidara schmunzelte innerlich. Nichts mochte sein Freund weniger, als kurzlebige Schnittblumen. Auch das seltene Aufblühen von eingepflanzten Blumen behagte ihm nicht sonderlich, er genoss lieber die immerwährende Schönheit einfacher grüner Pflanzen. Er selbst stellte jedoch gerne mal ein paar Blümchen in seinem Zimmer auf. Zu ihrer Rechten türmten sich bis unter die Decke wieder Bücherregale, doch keines dieser Werke besaß für den Rothaarigen auch nur annähernd eine so große Bedeutung, wie es die Bücher aus seinem Arbeitszimmer zu tun pflegten. Eigentlich war er sowieso selten hier unten in diesem Schausaal der Gesellschaft, er mied große Menschenmengen und brauchte diesen Raum daher sehr selten. Wirklich wohl fühlte er sich nur in seinem Arbeitszimmer und seinem Werkraum, oder Labor, wie es Deidara gerne liebevoll nannte. Itachi kam mit einem Tablett herein und servierte wortlos für drei Personen Tee, während sich der Gentleman des Scotland Yard erhob, seine Mütze vom Haupt nahm und entschuldigend lächelte: „Verzeihen Sie mein Stören zu dieser Stunde, Mister Sasori.“ Dieser winkte höflich ab, nickte dem Kommissar zu und deutete ihm an, sich hinzusetzen. Auch er selbst und sein blonder Kollege nahmen Platz. Der Rothaarige reichte dem Beamten eine Tasse Tee, der diese dankend entgegennahm, ehe er auch Deidara eine reichte und sich mit seiner Tasse in der Hand tief in den Sessel sinken ließ und den Kommissar erwartungsvoll ansah: „Was kann ich denn für Sie tun, Inspektor?“ Irgendwie war er schon neugierig, was er wohl von ihm wollte. Doch ohne eine Miene zu verziehen trank er den aromatischen Earl Grey und wartete einfach ab. „Ich möchte mich zuerst vorstellen. Ich bin Inspektor Kisame.“ murmelte der Mann in dem eng sitzenden Anzug. Seine Schultern waren breit, sein Gesicht markant. Und in diesem Licht schimmerte seine Haut leicht bläulich. Erschrocken stellte Sasori fest, als der stattliche Polizist versuchte zu lächeln, dass der Inspektor ziemlich ungewöhnliche Zähne hatte. Fast so scharfkantig wie die eines Hais waren sie. Dann nickte der Rothaarige: „Freut mich Sie kennenzulernen Inspektor. Wie Sie ja bereits wissen lautet mein Name Sasori und der blonde Herr zu meiner Linken ist mein Freund und Kollege Dr. Deidara.“ Ein kurzes höfliches Nicken beiderseits. Dann blickte der Beamte wieder auf und seufzte: „Um nicht lange um den heißen Brei zu reden: Scotland Yard ist ratlos. Vor einer Stunde fanden wir die Leiche einer jungen Frau.“ Sasori grinste wieder mechanisch: „Ich glaube nicht, dass dies alleine Sie dazu bewegt hat mich aufzusuchen.“ - „Natürlich nicht. Nun, der Leichenfund unterscheidet sich doch vehement von allem, was mir bisher zu Gesicht gekommen ist, wissen Sie.“ Er stockte und schloss die Augen, als habe er Probleme sich die Szenerie wieder in Erinnerung zu rufen. Leise hauchte er: „Die getötete Person wurde auf einer Art Symbol auf dem Asphalt gebettet und fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Darüber hinaus hat sie für diese Verhältnisse sehr wenig Blut verloren.“ Er sah wieder auf. „Es scheint fast so, als fehle eine ganze Menge, als wäre sie zuvor bereits nicht mehr da gewesen.“ Verlegen kratzte sich der Inspektor am Hinterkopf. „Und um ehrlich zu sein... meine Kollegen und ich haben keine Ahnung, was es damit auf sich hat. Ich bin hier um Sie zu bitten, einen Blick auf die Sache zu werfen.“ Der Rothaarige ließ seinen Blick kurz zum Fenster schweifen und murmelte: „Nun, ich hoffe, der Regen hat noch nicht allzu viel Schaden angerichtet.“ Von den anderen ungesehen freute er sich innerlich. Das konnte doch tatsächlich mal wieder eine Herausforderung sein. Er nickte dem Inspektor zu: „Schön, wir begleiten Sie zum Tatort.“ Kapitel 1: Das Herz einer Toten, das Herz eines Mannes ------------------------------------------------------ Big Ben schlug zur Geisterstunde, als Sasori und Deidara neben den Beamten des Scotland Yard standen und auf den geschundenen Körper blickten. Während Deidara den Regenschirm hielt und sich schwer bemühen musste, den Inhalt seines Magens auch dort zu lassen, betrachtete sein Freund seelenruhig den Leichnam und schrieb sich fleißig Notizen auf. Er kannte das Blitzen in den Augen des Rothaarigen, sein Kampfgeist war geweckt, das Verlangen, die Gründe dieses Verbrechens zu finden und den Übeltäter hinter Schloss und Riegel zu kriegen. Und es sagte dem Blonden noch etwas: Dieser Fall schien in Sasori wieder das Gefühl einer Herausforderung zu wecken. Der karierte Mantel und die dazu passende Mütze des Rothaarigen waren bereits völlig durchweicht, doch das schien ihn gar nicht zu stören. In seiner gewohnt ruhigen Art trat er kurz zu seinem Freund unter den Schirm, machte sich mit abwesendem Blick seine Pfeife an, nur um sofort wieder mit kritischem und aufmerksamem Blick um die Tote zu streifen. Beschaute sie von vorne, von hinten, von rechts und von links. Murmelte, nickte, notierte und murmelte erneut. Auch Deidara selbst inspizierte den leblosen Körper, aus der Ferne, und versuchte sich jedes Detail einzuprägen, jede noch so belanglos scheinende Nebensächlichkeit wahrzunehmen. Meist waren es genau diese Dinge, die sich im Nachhinein als des Rätsels Lösung herausstellten. Doch das Offensichtlichste hatte ihnen ja bereits Inspektor Kisame mitgeteilt. Und der Blonde hatte sich nicht vorstellen können, dass eine solche Tat wirklich kaum Blutspuren zu hinterlassen fähig wäre, doch dem war tatsächlich so. Nichtsdestoweniger konnten die Ermittler nicht ausschließen, dass es nicht doch einfach nur eine ungünstige Auswirkung des Regens war. Deidara seufzte. Der Unterleib der Frau war unversehrt. Nicht einmal der Rock war zerrissen, kein Tropfen Blut an ihm zu finden. Der Mieder saß noch dort, wo er hingehörte. Zumindest, dachte der Blondschopf, war der armen Seele dies erspart geblieben. Sein Blick richtete sich auf das Gesicht der jungen Frau. Die Augen waren weit aufgerissen, blanke Panik war selbst jetzt noch in ihnen zu erkennen. Sie musste die Ausgeburt der Hölle gesehen haben, ein fleischgewordenes Monster, einen Schlächter ohne Skrupel und Moral. Das wurde ihm noch einmal richtig klar, als er auf ihren Torso blickte. Nun erschien es dem Doktor gar nicht mehr so merkwürdig, als der Inspektor bei seinem Bericht in ihrem Haus ehrfürchtig die Augen geschlossen hatte. Diese Erinnerung hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt gehabt und er hatte schlicht mit der Fassung gerungen, als er sie noch einmal vor seinem geistigen Auge gesehen hatte. Und das hatte Deidaras vollstes Verständnis. Der Torso der jungen Frau schien, als habe eine Bestie, etwa ein Wolf oder ein anderes Raubtier, ihn zwischen die Pranken bekommen und sich an dem frischen Fleisch gelabt. Wie drohende Zeigefinger ragten die Knochen ihrer Rippen empor. Weder bei diesem Licht, noch bei diesen Verletzungen konnte er an Ort und Stelle sagen, ob noch alle inneren Organe vorhanden waren, oder nicht. Sasori riss den Blonden jäh aus seinen Gedanken, als er an diesen herantrat, ein paar Mal an seiner Pfeife paffte und mit dieser in seiner Hand zum Opfer deutete: „Was fällt Ihnen auf, Doktor?“ Sein Freund druckste einen Moment herum. Er liebte es, wenn er den Blondschopf beim Abschweifen erwischte. Sie waren nun schon so lange Freunde und doch kriegte er ihn immer wieder. Deidara stotterte etwas verlegen: „Nun, es gibt hier diverse offensichtliche Dinge und welche, die erst auf den zweiten Blick auffallen.“ Stumm nickte der Rothaarige, was eine Aufforderung zum Weitersprechen war. „Offensichtlich sind die schweren Wunden, das ominöse Symbol und die Menge des verlorenen Blutes.“ Sasori sah ihn schelmisch von der Seite an: „Und was, werter Freund, ist an dem Blut so offensichtlich?“ - „Na ja, es ist nicht viel davon vorhanden. Ich nehme an, es wird eine ungünstige Fügung des Wetters sein.“ Trocken schmunzelnd hockte der Rothaarige sich neben den Leichnam und winkte seinen Kollegen heran. Als dieser neben ihm stand und sich zu ihm herab gebeugt hatte, deutete er nach einem weiteren Zug mit der Pfeife auf den Hals des Opfers. Er knurrte: „Sie haben etwas übersehen.“ Deidara beugte sich noch tiefer herab und stütze sich, um nicht vornüber zu fallen, auf der Schulter seines Freundes ab. Erst nach intensiver Suche entdeckte er, was dieser gemeint hatte. Erstaunt murmelte er: „Verblüffend!“ Am Hals war ein Einstich zu sehen, nicht größer als ein Stecknadelkopf. Eine hauchfeine Verfärbung hatte sich um die winzige Wunde gebildet. Der Doktor raunte imponiert: „Dort wurde Blut abgenommen.“ Ruckartig richtete der Kleinere sich wieder auf und stieß den Blonden damit beinahe um. Entschlossen schritt Sasori auf den Inspektor zu und sprach ruhig: „Sie können den Leichnam in die Gerichtsmedizin bringen. Ich habe alles gesehen, was nötig ist.“ Kisame hob eine Augenbraue: „Konnten Sie etwas Neues in Erfahrung bringen?“ - „Nun, sie haben schon gute Beobachtungen gemacht. Ich erliege der Annahme, dass es sich um einen Ritualmord handelt.“ Rauch stieg aus der Pfeife empor, ehe er sie wieder von seinen Lippen nahm und auf den Körper deutete: „Das Symbol besteht aus einem Kreis und einem zu den Füßen gerichteten gleichschenkligen Dreieck. Für eine einfache Schmiererei misst keiner so genau nach.“ Sein Blick wurde ernst. „Und die Verletzungen sehen zwar im ersten Augenblick chaotisch aus, ich bin mir aber ziemlich sicher, dass bei der Obduktion heraus kommt, dass das Herz fehlen wird.“ Deidara trat an die beiden heran und hauchte: „Und das würde bedeuten, wir haben es höchstwahrscheinlich mit einem Serientäter zu tun.“ Sasori nickte leicht: „Rituale, und insbesondere derlei, die etwas mit dem Blut ihrer Opfer zu tun haben, drehen sich in der Regel auch um die Energien, die sie einzelnen Körperteilen zuschreiben. Blut und das Herz stehen im Grunde immer für Leben und Mut, für Jugend und Lebendigkeit.“ Ein letztes Mal wanderte sein Blick zu der jungen Frau. „Ich habe zwar keine Ahnung, welche Sekte oder Kultur dieses Symbol verwendet, aber die Präzision der Zerlegung bedeutet eigentlich nur, dass es nicht das erste Mal war, dass der Täter aktiv geworden war. Vielleicht sollten Sie sich darum bemühen Fälle aus dem ganzen Land zu recherchieren, die ähnliche Merkmale aufwiesen.“ Der Inspektor nickte: „Selbstverständlich, darum werde ich mich persönlich kümmern.“ Mit einem beruhigten Nicken schloss Sasori seine Ausführungen ab: „Seien Sie doch so gut und geben mir Bescheid, sobald wir den Gerichtsmediziner konsultieren können.“ - „Selbstverständlich, Sir.“ Während Deidara neben seinem Freund den Heimweg einschlug, lächelte er diesen breit von der Seite an: „Glauben Sie nicht, dass mir Ihr Blick entgangen ist. Sie haben Gefallen an dem Fall gefunden.“ Die Antwort des Rothaarigen war gleichwohl monoton, wie verletzend: „Richten Sie ihre Aufmerksamkeit auf das Wesentliche, Doktor. Vor Ihnen liegt eine Leiche und Sie deuten meine Blicke?“ Er schaute den Blonden aus den Augenwinkeln an. „Sie lassen sich zu leicht ablenken, mein Freund.“ Doch Deidara lächelte weiter: „Und Sie lenken immer ab, wenn es um Sie persönlich geht. Ist es so verkehrt sich um das Wohlergehen eines Freundes zu sorgen?“ Sasori lachte trocken: „Verkehrt? Wahrscheinlich nicht. Aber hinderlich.“ Der Blonde grinste: „Wollen Sie jetzt sagen, dass es Sie nicht kümmern würde, wenn mir etwas zustieße?“ Freudig stellte er fest, dass er einen der seltenen Augenblicke beschworen hatte, in die sein Freund nicht gerne geriet: der Rotschopf war sichtlich verwirrt. Vergnügt kicherte Deidara: „Ihr Gesicht spricht Bände.“ - „Es gibt einen Unterschied zwischen einer Tatortbesichtigung und einem ernsten Zwischenfall.“ - „Ja, aber Fürsorge ist es im einen und auch im anderen Fall.“ - „Nein. Im ersten Fall ist es Neugierde und Ablenkung.“ Der Größere seufzte: „Eines Tages verstehen Sie vielleicht, was ich meine. Aber das kann man nicht aus Büchern lernen, mein Freund.“ - „Dann ist es auch kein Wissen.“ - „Richtig, Sasori. Dann ist es menschlich.“ Wieder musste der Rothaarige trocken lachen: „Menschlichkeit? Töten scheint auch menschlich zu sein, und trotzdem kann ich mich entscheiden, es nicht zu tun, da es verwerflich ist.“ Deidara lachte plötzlich erheitert und sah Sasori mit funkelnden Augen an: „Sie sind nur stur. Mord ist verwerflich, aber Sie wollen doch Fürsorge nicht mit Mord vergleichen?“ Er grinste. „Sie lassen wirklich nach, wenn Sie einfach nur störrisch sind.“ Sasori knurrte: „Und Sie überspannen den Bogen mal wieder. Ich weiß genug über die menschliche Psyche.“ - „Zweifelsohne. Die einzige, die Ihnen nach all den Jahren noch verborgen geblieben ist, das ist Ihre eigene.“ Auch wenn es der Rothaarige nie zugegeben hätte, aber sein Kollege hatte Recht. Und nicht alleine diese Tatsache versetzte ihn in schlechte Laune, sondern vielmehr die Erkenntnis, dass sein Freund in ihm lesen konnte, wie in einem offenen Buch. Mit dem feinen Unterschied, dass man in einem Buch niemals etwas zwischen den Zeilen finden konnte, der Blonde jedoch bei ihm eine ganze Menge. Deidara beschloss, die Diskussion nicht weiter auszureizen. Ein Mann wie Sasori bedurfte einer Menge Geduld, um ihn für praktische Lebenserfahrungen mit der menschlichen Seele sensibel zu machen. Und diese Geduld fiel dem Blonden zwar täglich schwerer, doch allein die Hoffnung spornte ihn immer wieder neu an. Die Hoffnung, eines Tages mehr sein zu dürfen, als bloß der stets stolz präsentierte werte Freund und Kollege. Die Hoffnung, eines Tages eine Innigkeit zu teilen, die sonst nur Eheleuten zuteil wurde. Die Hoffnung auf eine verbotene Liebe, gleichermaßen sündig wie aufregend. Ja, er liebte ihn. Er liebte nicht nur irgendeinen Mann, was fatal genug wäre, sondern er liebte den wohl kühlsten Strategen und Theoretiker Londons, wenn nicht gar ganz Britanniens. Vom ersten Tag an war er dem Rothaarigen verfallen, wollte ihm nahe sein, sich ihm offenbaren, ihn berühren und diese verteufelten Gefühle mit ihm teilen. Doch die einzigen Dinge, die seinen Freund an anderen Menschen zu interessieren schienen waren die Beweggründe für Raub, Betrug und Mord. Manchmal überlegte Deidara für einen flüchtigen Moment, ob er nicht auch einmal einfach zu einem Verbrecher mutieren sollte, nur um die Aufmerksamkeit seines Kollegen auf sich zu ziehen. Aber nie war es ein wirklich Ernst zu nehmendes Vorhaben, mehr ein Gedanke aus purer Verzweiflung. Unbemerkt schüttelte der Blonde leicht den Kopf. Es war nicht die richtige Zeit sich um derlei Probleme zu kümmern, immerhin hatten sie es wahrscheinlich mit einem Serientäter zu tun, der die Straßen Londons unsicher machte. Und sie würden alles dafür tun, um dieses Scheusal zu fassen zu kriegen. Kapitel 2: Der Schlaf der Gerechten ----------------------------------- Am folgenden Tag hatte Sasori sich in sein Arbeitszimmer zurückgezogen und deutlich betont, dass er so lange nicht gestört zu werden wünschte, bis sie sich die Leiche im Präsidium ansehen konnten. So blieb Deidara nichts anderes übrig, als sich mit der Literatur zufrieden zu geben, die unten im Salon zu finden war. Er wusste einfach aus Erfahrung zu genau wie ungehalten sein Freund werden konnte, sollte man seinen Wunsch missachten. Seit einer geschlagenen Stunde begutachtete der Doktor jeden Buchrücken, suchte nach etwas, das auch nur im Ansatz mit Ritualen und anderen Merkmalen dieses Mordes zu tun haben könnte. Eigentlich war ihm bewusst, dass es eine sinnlose Beschäftigung war. Hätte in einem dieser Werke auch nur in einem Nebensatz etwas über ähnliche Umstände gestanden, sein Kollege hätte sich daran erinnern können. Er seufzte, ließ sich auf die kleine Trittleiter sinken und sah bedrückt zum Fenster hinüber, an das, wie schon seit unzähligen Tagen, der Regen prasselte. Auch wenn Sasori mit Aberglauben und ähnlichem Hokuspokus nichts anzufangen wusste, für Deidara war es ein schlechtes Zeichen. Er mochte Doktor und Wissenschaftler sein, ein herausragender Spezialist für Sprengstoffe, aber er war auch Mensch. Er konnte seine emotionale Seite nicht einfach ausblenden und diese verkrampfte seinen Magen unangenehm, ließ Schweiß über seinen Rücken laufen und seine Hände zittrig werden. Etwas lag in der Luft. Weder Krankheit, noch Geister, noch Einbildungen. Nein. Der Blonde wusste, dass etwas Bösartiges sich in der Stadt verbreitete, sie schleichend einnahm und in den Höllenschlund selbst zu ziehen drohte. Entschlossen erhob sich der junge Mann und schritt durch den Flur, betrat die Küche, in der er Itachi, wie erwartet, vorfand. Der Butler erhob sich höflich und verneigte sich: „Wie kann ich Euch helfen, Master Deidara?“ - „Richten Sie Sasori doch bitte aus, falls er nach mir fragt, dass ich Forschungen in der Bibliothek anstelle. Falls ich nicht zeitig zurück bin, kann er mich dort gerne abholen.“ Wieder verneigte der Schwarzhaarige sich: „Natürlich, wie Ihr wünscht.“ Ohne ein weiteres Wort mit dem stets mürrisch wirkenden Butler zu wechseln kehrte der Blonde in den Flur zurück, griff nach seinem hellen Ulster(1), den er sich beim Verlassen des Hauses überzog, und marschierte unter seinem Regenschirm in Richtung Stadtzentrum. Nach einer halben Stunde betrat er das imposante und doch wie ausgestorben wirkende Gebäude, stellte ordentlich seinen Schirm in den Ständer neben der Tür, grüßte die Empfangsdame höflich und stieg umgehend in den ersten Stock hinauf. Noch war es hell genug. Auch wenn der Himmel bewölkt war schien ausreichend Licht durch die mehr als großzügigen Fenster. Und falls es doch zu düster werden sollte, standen an einigen Tischen Öllampen parat, um den Lesern ein wenig Helligkeit zu spenden. Deidara schritt einen breiten gefliesten Flur entlang, der Boden schwarz-weiß kariert, zu seiner Linken und Rechten allerdings keine Wände, sondern unzählige Reihen an Regalen, bis obenhin gefüllt mit wertvoller Literatur. Am Ende des Flures dann mündete der Weg in einen großzügigen Lesesaal, in dem man sich mit dem gefundenen Werk beschäftigen konnte. Über ihm hingen Schilder mit Beschriftungen, die dem Besucher seine Suche nach der gewünschten Kategorie und einer Einschränkung der Anfangsbuchstaben des Titels erleichtern sollten. Der Blonde hatte fast 2/3 des Flures hinter sich gebracht, als auf einem Schild endlich das stand, wonach er gesucht hatte: Okkultismus. Kurzerhand entschied sich der Doktor für die Reihe mit den Buchstaben R-Z, da er immerhin nach Ritualen zu suchen gedachte. Er betrat den Gang, suchte einen Augenblick nach den Anfangsbuchstaben „RI“ und wurde nach einer doch unerwartet langen Suche fündig. Hoffnungsvoll betrachtete, wie am Morgen bereits im Hause seines Freundes, jeden Buchrücken genau, las sich Titel und Untertitel durch und stellte zerknirscht fest, dass auch hier seine Suche wohl eher eine reine Zeitverschwendung sein würde. Nach einer geschlagenen halben Stunde lag sein Finger jedoch müde auf dem Rücken eines Buches, das sein Interesse weckte. In feinen Buchstaben war der Titel „Rituale bei unbekannten Sekten – Eine Sammlung brutaler Opfergaben“ zu lesen. Flink zog Deidara das Buch heraus und eilte in den Lesesaal, wo er sich umgehend auf den Inhalt stürzte und gierig jede Information verschlang. Es dämmerte bereits zum Abend, als es an der Tür des Arbeitszimmers klopfte. Verstimmt hob Sasori den Blick von seinem Blatt Papier, knurrte: „Ja, bitte?“ Die Tür öffnete sich und Itachi trat ein, verbeugte sich und murmelte: „Master Sasori, ich soll Euch mitteilen, dass eine Audienz in der Gerichtsmedizin möglich ist. Ihr werdet dort erwartet.“ Sasori nickte abwesend: „Danke, Itachi.“ - „Da ist noch etwas, Sir.“ Der Rothaarige hob eine Augenbraue. „Master Deidara hat mir gesagt, ich solle Euch ausrichten, dass er in der Bibliothek zu finden sei, solltet Ihr vor seiner Rückkehr ins Präsidium bestellt werden.“ Der Rotschopf nickte und folgte dem Butler aus dem Zimmer, händigte ihm seinen Morgenrock aus, um sich Sakko, seinen Inverness-Mantel(2) und seine Jagdmütze anzuziehen und dem Blonden zur Bibliothek zu folgen. Endlich ergriff der Doktor ein wenig Eigeninitiative und das erfüllte den kühlen Ermittler mit einer gewissen Portion Stolz. War schließlich er, Sasori, es gewesen, der sich des blonden Wirrkopfes angenommen hatte, nachdem er offiziell seine Arbeit als Sprengstoffexperte nicht mehr zu verrichten mochte. Ein Unfall in einem Bergwerk hatte zu seiner Entlassung aus dem Dienst geführt. Er selbst hatte die Untersuchungen durchgeführt, da viele den Verdacht geäußert hatten, es könne sich bei der immensen Explosion auch um einen Akt der Sabotage handeln. Und trotz der Widerlegung dieser Annahme, wurde es seinem Freund verwehrt seinen Dienst wieder aufzunehmen. Sasori konnte sich nicht mehr erinnern, wieso eigentlich, aber er hatte tiefes Mitgefühl damals bei der Gerichtsverhandlung empfunden und in einem Augenblick der Impulsivität dem Blonden ein Zimmer zum Wohnen und eine Stelle als Assistent angeboten. Das war nun bereits fünf Jahre her und nicht an einem Tag hatte er seine Entscheidung wirklich bereut. Zwar mochte er seinem Kollegen dies nie sagen, aber er konnte sich ein Leben in diesem Hause ohne Deidara nicht mehr vorstellen. Sie gerieten gerne und oft aneinander, waren selten einer Meinung und so manches Mal verzweifelte der Rothaarige an der fast schon erstaunlichen Lernresistenz seines Freundes. Und doch war es, als würde das Haus und er mit ihm endlich eine Spur Leben beherbergen. Leider konnte er dieses Gefühl nur still genießen. Selbst wenn der Ermittler es gewollt hätte, so war es ihm eine schier unüberwindbare Barriere, das Gefühl der Freundschaft und Zuneigung in Worte zu fassen, in Taten umzusetzen. Noch viel weniger, als bei anderen Emotionen auch. Während er die Treppen emporstieg musste Sasori innerlich lächeln. Er hatte Deidara seit dem ersten Tag studiert, beobachtet und war vielen emotionalen Äußerungen auf die Schliche gekommen. Trotz allem fehlte ihm das letzte Puzzleteil, er verstand einfach noch nicht WIESO der Blonde manches Mal reagierte, wie er es zu tun pflegte. Er schien es einfach zu tun. Wie er selbst damals, als er ihn einstellte. Und auch das entzog sich noch immer jeglichen Verständnisses, er wusste einfach nicht mehr, wieso er so gehandelt hatte. Seine Schritte hallten durch den Flur, sein Blick richtete sich auf den Lesesaal, in dem noch ein einsames Licht flackerte. Leicht lächelte der Rothaarige. Irgendwie wusste er schon jetzt, dass sein Freund wieder friedlich schlummernd auf der Lektüre liegen würde, da er sich überanstrengt hatte, seine Konzentration im Zaum zu halten. Deidara öffnete missmutig seine Augen, wer rüttelte ihn denn da so? Verschlafen blinzelte er und erkannte das Gesicht seines Freundes, der frech grinste: „Sie sind unverbesserlich, Doktor.“ Erschrocken sprang der Blonde auf und prustete aufgeregt: „Nicht doch schon wieder! Ich schaffe es einfach nicht, meine Augen offen zu halten.“ Sasori lächelte mechanisch: „So sind Sie wenigstens erholt genug, um mich zum Präsidium zu begleiten.“ Er hob eine Augenbraue: „Haben Sie wenigstens etwas gefunden?“ Zerknirscht schlug der Blonde das Buch zu und schüttelte den Kopf: „Nein. Ähnliches, aber irgendeine Sache stimmte dann doch nicht.“ Er lächelte gequält. „Aber so ist die Arbeit mit Recherchen nun einmal. Entweder man wird fündig oder nicht.“ Sie brachten das Buch wieder zu seinem Platz zurück und schritten gemeinsam den Flur entlang. Deidara sah seinen Kollegen von der Seite an: „Haben Sie wenigstens etwas erreichen können?“ Resignierend schüttelte der Rothaarige den Kopf: „Leider nicht. Wir werden uns damit abfinden müssen, dass es wohl weitere Tote geben wird, wenn es nichts gibt, das es über diese Rituale in Büchern gibt.“ - „Eine bittere Vorstellung.“ - „In der Tat, aber nur, weil wir uns darauf einstellen bedeutet dies nicht, dass es unbedingt so kommen muss. Suchen wir weiter, bald wird sich ein Anhaltspunkt finden.“ - Ich hoffe, dass Sie Recht behalten, mein Freund.“ Wieder beherrschten Dunkelheit und Regen die Stadt, als Sasori und Deidara die Treppen in die Kellerräume des Präsidiums hinabstiegen. Hier unten war es ruhig und kühl, einsam und voller Präsenz zugleich, leblos und gefüllt mit den sterblichen Hüllen verschiedener Leute. Deidara war es, als könne der die noch nicht beruhigten Seelen derer spüren, die hier ihre vorerst letzte Ruhestätte gefunden hatten. Der Tod war allgegenwärtig und greifbar. Sie betraten einen Raum, in dessen Mitte eine Art Tisch stand, auf dem die Leiche der jungen Frau lag, die gestern gefunden wurde. Verschiedene Gerätschaften standen herum, die dem Doktor befremdlich erschienen und aussahen, als seien sie nicht von dieser Welt. Ein Mann mit silbrig schimmerndem Haar stand hinter dem Tisch und war mit einem Zettel in der Hand über den Leichnam gebeugt, schaute jedoch auf, als sie den Raum betraten. Er grinste über das ganze Gesicht, als er die zwei Ermittler sah. Deidara lief es kalt den Rücken hinab, ein solcher Mensch schien hier zwischen den Verstorbenen gut aufgehoben zu sein. Der Mann wirkte für seine Größe und Statur im Gesicht doch recht jugendlich. Ein weißer Kittel mit roten Flecken kleidete seinen Torso und verschwand hinter dem Tisch aus dem Blickfeld der beiden Ermittler. Seine Präsenz war dem Blonden unheimlich. Er musterte die beiden, ehe er ihnen zunickte: „Sie müssen Sasori und Deidara sein, wenn ich mich nicht irre.“ Sasori trat an den Tisch heran, von seinem Freund dicht gefolgt, und nickte dem Gerichtsmediziner freundlich zu: „Dem ist so, ich freue mich Sie kennenzulernen. Verzeihen Sie, wenn ich ausnahmsweise nicht meine Hand zur Begrüßung reiche.“ Der Silberhaarige lachte auf und schüttelte den Kopf: „Keineswegs, Mr. Sasori. Erlauben Sie, mich vorzustellen. Mein Name ist Hidan und ich bin Gerichtsmediziner hier in London.“ Sasori wusste nicht genau wieso, aber er mochte den Arzt nicht. Er verschränkte die Arme und knurrte: „Sie haben uns sehr lange warten lassen, Doktor.“ - „Haben Sie Nachsicht mit mir, tagsüber unterrichte ich an der Universität. Ich bin nur als Aushilfe des Scotland Yard tätig, da zur Zeit kein anderer Gerichtsmediziner zur Verfügung steht.“ Der Rothaarige beschloss, nicht weiter auf diese Diskussion einzugehen, es gab Wichtigeres. Er sah auf den Leichnam hinab und murmelte neugierig: „Was können Sie uns denn über die Verletzungen sagen?“ Hidan verschränkte die Arme und erklärte: „Am Hals haben Sie ja gestern bereits die Einstichwunde entdeckt. Dort wurde dem Opfer Blut abgenommen, allerdings lebte sie zu diesem Zeitpunkt noch. Selbst die äußeren Verletzungen am Torso wurden ihr bei vollem Bewusstsein zugefügt.“ Er stutzte. „Das Einzige, was post mortem passierte war die Entnahme des Herzens. Wie Sie richtig vermuteten wurde es entfernt. Inspektor Kisame hatte mir erklärt, worauf ich achten solle.“ Dann grinste er breit: „Sie sind gut in dem, was sie tun, Sasori. Und doch habe ich noch etwas für Sie.“ Der Rotschopf hob eine Augenbraue: „Und das wäre?“ Der Gerichtsmediziner deutete auf die Haare der Toten und erklärte: „Es ist mir beim Säubern des Leichnams aufgefallen, als ihre Haare durchnässt waren. Ihr fehlt eindeutig eine Strähne.“ Interessiert beugte sich Sasori näher zu der angedeuteten Stelle, auch Deidara richtete seine Aufmerksamkeit dorthin. Dann nickte der Rothaarige zustimmend: „In der Tat. Und eine Beobachtung, die meine Vermutung weiter untermauert.“ Er stockte. „Wären Sie so freundlich und könnten mir eine Abschrift des Berichtes zukommen lassen, Doktor?“ Hidan nickte: „Gerne. Und auch falls ich neue Erkenntnisse erlangen sollte werde ich Sie selbstredend umgehend informieren.“ - „Ich danke Ihnen, Hidan. Hoffen wir, dass wir uns nicht allzu bald wiedersehen.“ Der Arzt verabschiedete sich von den beiden und widmete sich wieder seiner Arbeit, nachdem die Ermittler den Raum verlassen hatten. Während er und Sasori wieder die Treppe emporstiegen, raunte Deidara ungehalten: „Ein merkwürdiger Mensch, dieser Hidan.“ Sasori nickte nachdenklich, während er sich eine Pfeife anmachte und brummte: „Ausnahmsweise gebe ich Ihnen Recht, mein Freund. Mag sein, dass das Berufsfeld eine natürlich Kuriosität mit sich bringt, aber...“ - „Er ist unsympathisch.“ - „Wenn Sie es so nennen wollen, meinetwegen.“ - „Nein, doch meine Höflichkeit verbietet mir, weitere Worte darüber zu verlieren.“ Sasori kicherte leise und sah den Blonden an: „Seit wann kümmert es Sie?“ - „Seit ich Angst um mein Leben habe, sollte ich die verkehrten Worte über diesen Menschen verlieren.“ - „So weit würde ich nicht gehen, Deidara. Er ist unangenehm, aber Todesangst? Die Sorge scheint mir voreilig zu sein.“ - „Möglich. Und doch kann ich mich dessen nicht erwehren. Es ist eben ein Gefühl.“ Sasori lachte trocken auf: „Ich fürchte, ich werde Ihre affektive Gefühlswelt nie verstehen.“ - „Das ist auch nicht zwingend nötig. Viel wichtiger ist es, die Ihrige nicht aus den Augen zu verlieren.“ Wortlos durchquerten sie London durch eine dunkle und verregnete Nacht, nicht wissend, dass der Mörder wieder zuschlagen würde. Noch konnte man die leeren Gassen als die Ruhe vor dem Sturm bezeichnen; die beiden jungen Männer als Vorboten eines teuflischen Werks; den Regen als Tränen derer, die sich bereits im Jenseits verloren hatten; die flackernden Laternen als Mahnung, dass die Nacht ein tückischer Verbündeter war. (1) Ulster: Ein Ulster ist ein schwerer Mantel, aus beispielsweise Tweed, für Herren, der Ende des 19. Jahrhunderts sehr beliebt war. (2) Inverness-Mantel: Dieser Mantel ist mehr ein Überwurf, als ein richtiger Mantel. Er steht zusammen mit dem Reindeerstalker-Hut auf den meisten Abbildungen als typische Kleidung von Sherlock Holmes. Darunter wird in der Regel ein Sakko getragen und die Arme kann man durch zwei Löcher bequem mit dem Sakko aus dem Mantel gucken lassen. Kapitel 3: Das Ritual des Monsters ---------------------------------- Es war bereits spät, als sich Mr. Davis von den Herren des Raucherclubs verabschiedet hatte und mit einem missmutigen Blick auf seine goldene Taschenuhr auf den Weg nach Hause machte. Seine Frau würde mit Sicherheit wieder einen Aufstand machen, wenn er mitten in der Nacht ins Haus schlich, um sie nicht zu wecken. Seufzend verstaute er die Uhr in der Innentasche seines Sakkos und festigte seinen Griff um den Regenschirm. Langsam, aber sicher nervte ihn dieses Wetter. Seit Tagen hatte der Regen nicht aufgehört, die Straßen standen zum Teil bereits unter Wasser, der Keller seines Nachbarn war auch schon vollgelaufen. Er mochte sich gar nicht ausdenken, wie teuer es würde, wenn die Schäden auch vor seinem Heim keinen Halt machen würden. Er seufzte und entschied sich für den längeren Weg durch den Park, auf die paar Minuten käme es nun auch nicht mehr an, seine Frau würde toben wie eine wilde Stute. Und er wollte sich doch geistig noch ein wenig darauf vorbereiten. Ja, Mrs. Davis war ein hitzköpfiges Frauenzimmer und doch liebte er sie. Gemächlich schlenderte er mit dem Regenschirm in der einen und dem Gehstock in der anderen Hand zwischen den dunklen Bäumen hindurch. So oft war er diesen Weg schon gegangen. Er kannte jeden Baum, jeden Strauch, jede Bank. Und irgendwie musste er darüber schmunzeln, dass er sich am Tage eher verlief, als in der Nacht. Er musste sich dringend mehr bewegen, wenn es die eigentliche Zeit dafür war und nicht immer wie ein Strauchdieb durch die Nacht schleichen. Zu seiner Linken erschien hinter der letzten Hecke vor dem Ende des Parks noch eine große Wiese, auf der am Tage gerne Kinder spielten oder junge verliebte Paare auf ausgebreiteten Decken turtelten. Es war schon einige Jahre her, seit er das letzte Mal mit seiner Liebsten hier gewesen war. Warum, fragte er sich, sollte dies eigentlich nur der Jugend ein Treffpunkt für gemeinsame Stunden sein? Lächelnd beschloss er, seiner Holden eine Überraschung zu machen und mit ihr zu einem romantischen Picknick hierher zurückzukommen. Gleich am nächsten Morgen würde er sie damit überraschen und sie wieder milder stimmen. Während er die Wiese passierte fiel ihm plötzlich etwas ins Auge. Für einen Augenblick blieb er stehen und starrte in die Dunkelheit. Sah er schon Gespenster oder war dort wirklich soeben ein Schatten über das Grün gehuscht? Doch alles schien ruhig. Mr. Davis schüttelte den Kopf, es war doch nur Einbildung. Noch nie war er um diese Uhrzeit einer Menschenseele hier begegnet. Noch immer nicht beunruhigt wollte er seinen Weg fortsetzen, blickte wieder geradeaus und hielt plötzlich erschrocken inne. Ein Mann, unheimlich in einen dunklen Umhang gehüllt, stand direkt vor ihm. Er hatte ihn gar nicht bemerkt, nicht gehört, nicht gesehen... oder etwa doch? Der Fremde grinste unter seiner Kapuze diabolisch und fauchte: „Wie schön, dass ich Sie hier treffe.“ Ehe Mr. Davis antworten konnte, packte der Fremde ihn mit einer Hand am Hals und drückte ihn mit wohl portionierter Kraft zusammen. Der Gentleman ließ Gehstock und Regenschirm vor Schreck fallen, versuchte mit beiden Händen den Griff des Angreifers zu lösen, doch dieser ließ sich nicht im Geringsten davon beeindrucken. Angst erfüllte Mr. Davis, als er hilflos röchelte: „Hören Sie, ich gebe Ihnen alles Geld was ich habe... argh... und meine goldene Taschenuhr...“ Er hustete trocken. „Aber lassen Sie mich am Leben, bitte.“ Der Fremde grinste erneut und starrte dem Herren in seinem Griff in die Augen: „Kein Interesse.“ Er ließ den Kleineren zu Boden fallen, der sich panisch nach Luft ringend an den Hals fasste. Sein Blick richtete sich auf seinen Angreifer, seine Augen weiteten sich entsetzt, als er die funkelnde Nadel der Spritze in dessen Hand entdeckte. Schneller, als er mit seiner ausgesetzten Stimme auch nur einen Ton von sich hätte geben können, spürte er einen Stich im Hals. Nur ganz leise flüsterte der Fremde: „Bitte gib mir Kraft, so dass du viele Opfer bekommst.“ Der Fremde grinste und küsste den Anhänger einer Kette, die er sich hinter dem Kragen seines Umhangs hervorholte und anschließend vor seiner Brust baumeln ließ. Mr. Davis spürte, wie das warme Blut aus seiner Schlagader in die Spritze gesogen wurde. Ihm wurde leicht schummrig, doch mit Entsetzen konnte er noch gut sehen, wie der Fremde sich SEIN Blut auf die Zunge träufelte. Er versuchte sich aufzurichten, doch der Größere stieß ihn einfach wieder um, ohne sein Tun zu unterbrechen. Nachdem die Kanüle leer war, setzte der Angreifer die Spritze erneut an und beendete diese sich wiederholende Prozedur erst, als der Gentleman so kraftlos war, dass er zwar noch bei Bewusstsein schien, aber dennoch kurz vor einer Ohnmacht stand. Nur noch fern von sich selbst hörte Mr. Davis die Worte des Fremden: „Kami no Sabaki... Das Urteil des Herrn.“ Die Augen des Kleineren weiteten sich noch ein Stück, als der Fremde sich unter einem schmerzerfüllten Knurren zu verändern begann. Seine Haut verfärbte sich, bis sie nur noch aus einem Muster schwarz-weißer Farbe bestand und unnatürlich glühte. Die Augen des Mutierten richteten sich auf die seines Opfers, sie waren leer, ohne Iris oder Pupille, und doch voller Gier und einem unsagbar blutrünstigen Hunger erfüllt. Die Hände des Fremden glichen raubtierartigen Pranken, mit denen er ohne Umschweife das Sakko und das Hemd von Mr. Davis zerriss. Fast zärtlich glitt der rechte Zeigefinger über die Brust, bis sich die restlichen Finger der Hand dazu gesellten. Das letzte, was das Opfer wirklich spürte waren die Krallen, die sich in sein Fleisch bohrten. Das letzte, was er hörte, waren sein eigener Schrei, panisch, von Schmerz verzerrt und hilflos, und das Brechen seiner eigenen Rippen. Der Fremde war zufrieden, so lange hatte selten eines seiner Opfer das Bewusstsein behalten. Das Schönste von allem jedoch musste er mal wieder alleine genießen. Ungeduldig schlang er das unnötige Gewebe herunter, bis endlich das Herz frei lag und mit ein paar letzten Verkrampfungen den Todeskampf aufzugeben drohte. Ehe der Mann unter ihm jedoch von alleine sein Leben beendete, griff die große Hand an das lebenswichtige Organ und riss es mit einem festen Ruck aus dem schwächlichen Körper heraus. Der Angreifer hob das Organ über seinen Kopf, legte diesen in den Nacken und drückte eine ordentliche Menge Blut aus dem Muskel heraus, ließ es sich auf die Zunge tropfen und schlang es genüsslich herunter. Mit einem äußerst befriedigten Blick zeichnete er mit dem restlichen Blut aus dem Organ in seiner Hand einen Kreis auf den Weg, in diesen wiederum ein gleichschenkliges Dreieck und betrachtete sein Werk zufrieden, als er den leblosen Mann auf dem Symbol platziert hatte. Erst, als alles zu seiner Zufriedenheit war und er eine ganze Weile sein psychopathisches wie leidenschaftliches Werk betrachtet hatte, vertilgte er das Herz aus seiner Hand mit einem unsäglichen Hunger und einem noch immer ungestillten Durst. Das Leben seines Opfers begann durch seine Adern zu fließen, die Zellen in seinem Körper regenerierten sich dank der Kraft, die von dem verspeisten Herzmuskel ausging. Seine Knie gruben sich in den feinen Kies, als er mit dem Anhänger in seiner Hand neben seinem Opfer unverständliche Worte zu sprechen begann. Stille legte sich um ihn wieder über die Stadt, nur sein Murmeln wurde vom fallenden Regen übertönt und das Ritual im Schutze der Dunkelheit zu einer Nichtigkeit verschluckt. Friedlich schliefen die Menschen in ihren Häusern, während er sein Ritual in einer stillen Andacht zu beenden begann. Erst im Hellen des Tages würden sie erkennen, was passiert war. Doch bis dahin würde er längst wieder verschwunden sein. Als Big Ben nach etwa 30 Minuten zur dritten Stunde des neuen Tages läutete, erhob der Fremde sich, das Glühen verschwand von seiner Haut und ein Lächeln umspielte seine Lippen, während seine Haut wieder zu ihrer natürlichen Färbung fand. Gemütlich und sichtlich erholt schlenderte er aus dem Park heraus, um sich neu gestärkt den kommenden Tagen zuzuwenden. Dieses Mal hatte er einen glücklichen Treffer gelandet, das spürte er. Die Energie, die seinen Körper durchströmte, würde deutlich länger halten, als die seines letzten Opfers. Und während er in den verwinkelten Gassen Londons verschwand, wartete Mrs. Davis dieses Mal vergeblich auf ihren unverbesserlichen Gatten. Kapitel 4: Der Grat zwischen Genie und Wahnsinn ----------------------------------------------- Wieder einmal weinte der Regen über London tausende Tränen, ein weiterer Mensch war tot, ein weiteres Schicksal besiegelt, andere zerrüttet. Inspektor Kisame trat seufzend an die beiden Ermittler heran und hauchte: „An solchen Tagen ist mir diese Arbeit zuwider. Die arme Frau ist noch immer völlig aufgelöst.“ Er stockte. „Bei dem Toten handelt es sich um Sean Davis, einem Bankier und gut betuchten Bürger. Wie ich in Erfahrung bringen konnte, war er gestern Nacht nach seinem Herrenabend nicht zu Hause angekommen. Seine Frau sagte, er habe öfters den Umweg durch den Park genommen, weil sie jedes Mal sehr wütend wurde, wenn er zu lange aus war.“ Er blickte Sasori an, der sich dafür kaum zu interessieren schien, aber leicht nickte. Seufzend fuhr der Inspektor fort: „Ich werde mich auf den Weg machen, um die Herren zu befragen. Wenn Sie hier fertig sind, geben Sie doch bitte meinem Kollegen Bescheid, damit der Leichnam ins Präsidium gebracht werden kann.“ Abwesend nickte Sasori nur wieder und murmelte leise: „Ist gut, Inspektor.“ Deidara schien es, als würde sein Freund darauf warten, dass der Verstorbene irgendwann aufstehen und ihm erzählen würde, was passiert war. Zumindest ließ das sein angestrengter und verbissener Blick vermuten. Der Blonde mochte kaum daran denken, doch was wäre, wenn sich der Rotschopf einmal in seinem Leben übernommen hatte? Wenn dieser Verbrecher einfach eine Nummer zu groß wäre? Er schüttelte den Kopf. Nein, das konnte nicht sein. Noch nie war ihm etwas derart Absurdes durch den Kopf gegangen. Er folgte dem Blick des Rothaarigen, der offensichtlich auf den Augen des Toten ruhte, die ebenso vor Entsetzen verzerrt wirkten, wie die bei jungen Dame, die sie erst vor Kurzen begutachtet hatten. Gedankenverloren zündete Sasori seine Pfeife an und knurrte: „Deidara, mein Freund. Wir haben es hier tatsächlich mit einem Serientäter zu tun. Und doch... eine Sache verwirrt mich zutiefst.“ Der Blonde zuckte mit den Schultern: „Was denn?“ - „Was haben die beiden Toten gemeinsam? Und was für ein Ritual ist das, das den Mörder zu solchen Grausamkeiten antreibt?“ Milde lächelte Deidara: „Das sind bereits zwei Sachen, werter Freund.“ - „Nur auf den ersten Blick. Der Täter wird sich seine Opfer für die Rituale nach gewissen Kriterien aussuchen. Aber wir wissen nicht welche und darin liegt unser Problem. Ich möchte nämlich nicht die Methode wählen, um dieses herauszubekommen, die weitere Morde benötigt, um das Muster zu erkennen.“ Er stockte und paffte ein paar Mal. „Wir müssen dringend versuchen, zuerst herauszufinden, was das für eine rituelle Handlung ist, die dem zugrunde liegt, Deidara. Und beten, dass wir schnell fündig werden.“ Deidara nickte nachdenklich: „Dem kann ich nichts entgegensetzen. Dann wäre es also ratsam, wenn wir erneut die Bibliothek aufsuchen.“ - „Exakt.“ Knapp zwei Stunden später saßen die beiden im Lesesaal des besagten Gebäudes und neben ihnen stapelten sich etwa zwei Dutzend Bücher. Sie hatten thematisch nach jedem Strohhalm gegriffen, der ihnen eingefallen war: Okkultismus, Kannibalismus, Theorien über sogenannte Chakren, Fallstudien über Ritual- und Serienmorde, sogar ein Buch über religiöse Symbolik hatten sie gefunden. Verbissen überflog Sasori die Seiten regelrecht, verschlang Buch um Buch. Doch nichts schien auch nur ansatzweise mit dem vorliegenden Fall in Verbindung gebracht werden zu können. Kein Symbol stimmte überein, keine Theorie. Er war so vertieft in seine Arbeit, dass er nicht einmal bemerkte, wie Deidara, mal wieder, über seiner Lektüre eingeschlafen und die Nacht hereingebrochen war. Er raufte sich die Haare. Hatte er etwa etwas Entscheidendes übersehen? Verlor er seinen Spürsinn etwa? Oder war er gar an ein teuflisches Genie geraten, dem er nichts als seine jämmerlichen Versuche entgegenzustellen hatte, diesem brutalen Vorgehen ein Muster aufzuerlegen? Aber es MUSSTE eine Verbindung geben, selbst wenn es nur eine Nebensächlichkeit, eine Banalität war. Und bisher hatte er sie immer gefunden. Zielsicher, schnell und leichtfertig. Aber in diesem Fall sah es anders aus. Kaum ein Mensch wusste es, doch im Grunde war Sasori ein hochgradig unsicherer Geselle. Er zweifelte immerwährend an seinen Fähigkeiten, gleichwohl ihn Presse und Bekannte in den höchsten Tönen lobten. Doch er fühlte sich nicht als der begnadete Denker und Ermittler, den andere in ihm sahen. Er dachte lediglich logisch, das war nun nichts von besonderem Wert oder immenser Intelligenz. Er benutzte schlicht und ergreifend seinen gesunden Menschenverstand. Was entzückte alle bloß immer daran? Waren sie dazu etwa nicht in der Lage? Oder sprachen sie gar die Unwahrheit? Es gab doch nichts an ihm, auf das man besonders stolz oder neidisch hätte sein können. Und dieser Fall zeigte doch nur, wie wahr seine Einschätzung war. Er kam einfach nicht dahinter, er übersah etwas. Wie jeder andere auch. Sein Blick schweifte auf die Uhr, es war bereits nach Neun. Erst jetzt fiel ihm sein selig schlafender Freund auf und ein Lächeln huschte kurzweilig über sein Gesicht. Im Gegensatz zu ihm selbst war Deidara etwas Besonderes. Kein Mensch von dem er jemals gehört hatte, wusste nur im Ansatz so viel über Sprengstoffe, wie dieser junge Mann. Er hatte seine Berufung gefunden und sie wurde ihm auf unsportliche Art wieder entrissen. Seine Laune trübte sich niemals, stets sah er die guten Dinge, wirkte dabei gelegentlich naiv, aber gerade das beneidete der Rothaarige so. Für den Blonden schien es keine Zweifel im Leben zu geben und stets versuchte er, Sasori ebenfalls von den schönen und angenehmen Dingen im Leben zu überzeugen. Er kicherte leise. Denn das tat er mit einer ausdauernden Penetranz, die ihresgleichen suchte. Glaubte Sasori sogar bis vor einigen Jahren, er habe das Lachen völlig verlernt, doch sein Freund hatte es zurück in sein trautes Heim gebracht. Eines Tages würde er sich trauen, ihm dafür seinen Dank auszusprechen. Doch heute war dieser Tag noch nicht gekommen. Sanft zog er am Ärmel des Blonden und knurrte: „Doktor, fürs Schlafen bezahle ich Sie aber nicht.“ Deidara schreckte auf seine typische Art aus dem Schlaf auf und sah sich erschrocken um, bis er an Sasoris Augen hängenblieb und murmelte: „Nicht doch schon wieder. Eines Tages werde ich ein Buch durchlesen ohne dabei einzunicken, das verspreche ich Ihnen.“ Lächelnd schüttelte Sasori den Kopf: „Geben Sie keine Versprechen, die Sie eventuell nicht halten können. Kommen Sie, es ist spät geworden. Wir sollten Morgen weitermachen.“ - „Gerne, mein Freund.“ Rasch packten die Ermittler die restlichen Bücher in ein kleines Fach, verschlossen dieses und konnten sich so am folgenden Tag die erneute Suche ersparen. Gegen eine geringe Gebühr konnte man sich bei der netten Empfangsdame einen Schlüssel zu einem solchen Fach aushändigen lassen. Eine Woche konnte man dieses dann in Anspruch nehmen, ehe man den Schlüssel wieder abgeben musste. Guter Dinge schritt Deidara unter seinem Regenschirm den Weg nach Hause entlang. Sasori jedoch plagte sich mit weiteren Selbstzweifeln. Er konnte nur hoffen, dass ihm das fehlende Teil bald unter die Augen kam, ehe der Gram zu übermächtig werden würde. Es wäre nicht das erste Mal in seinem Leben. Damals, als er den Doktor noch nicht kannte und beinahe sein Leben beendet hätte, da er nicht mehr zwischen Realität und Wahnsinn hatte unterscheiden können. Damals, als er sich in den Rausch des Opiums begeben hatte, nur um zu vergessen. Und nur seinem jetzigen Butler Itachi war es zu verdanken, dass sein Leben nicht durch einen sinnlosen wie hässlichen Tod beendet worden war. Das war das erste Treffen zwischen ihm und dem Schwarzhaarigen gewesen. Doch Sasoris Hoffnung sollte nicht in Erfüllung gehen. Tag für Tag besuchten er und Deidara die Bibliothek, ohne den gewünschten Erfolg zu erlangen. Kein Hinweis, kein Indiz, kein Anhaltspunkt. Nicht einmal eine Idee war ihm gekommen in der ganzen Woche, in der sie dieses Vorgehen wiederholten. Einzig die Tatsache, dass es noch keinen weiteren Mord gegeben hatte hielt den Rothaarigen ein wenig aufrecht. Deidara machte sich mit jedem Tag größere Sorgen um seinen Freund. Am dritten Tag versagte bereits jeder Versuch, dem Rotschopf ein Lächeln zu entlocken. Am fünften Tag umrandeten dunkle Ringe dessen Augen und am sechsten Tag war nicht einmal mehr das Spiel auf seiner Violine im Haus zu hören. So hatte er Sasori noch nie gesehen. Auch von der Geschichte, die diesen mit dem Butler verband, wusste der Doktor nicht das Geringste. Seit dem Vorabend starrte der Rothaarige immer wieder die Berichte des Gerichtsmediziners an. Doch nichts. Kein Gespür. Keine Verbindung. Nichts. Er raufte sich mal wieder die Haare, das hatte er oft in den letzten Tagen gemacht, als es an der Tür zu seinem Arbeitszimmer klopfte. Genervt blickte er auf und raunte erschöpft: „Ja, bitte?“ Deidara trat ein und sah seinen Freund sorgenvoll an: „Sasori, Sie sollten sich ein wenig Ruhe gönnen. Mit Verlaub, Sie sehen schlecht aus.“ - „Malen Sie nicht den Teufel an die Wand, es geht mir gut.“ Leise schloss der Blonde die Tür hinter sich und kam, mit dem Kopf schüttelnd, auf den Schreibtisch zu: „Ich habe Sie noch nie so erlebt. Ich bin besorgt, Sasori. Und hilflos.“ Der Angesprochene lachte trocken auf: „Seien Sie nicht so emotional. Es besteht kein Grund zur Sorge. Zumindest nicht meinetwegen. Da draußen rennt ein Serienmörder herum und es ist an uns, ihn hinter Schloss und Riegel zu bringen.“ - „Wenn Sie zusammenbrechen, dann geht das mit Sicherheit VIEL besser.“ Deidara verschränkte die Arme vor der Brust. „Bei allem Respekt, aber das kann und will ich nicht verantworten. London braucht Sie, gesund und munter. Und das sind Sie nicht.“ „Deidara, ich sage es nicht noch einmal: Mir. Geht. Es. Gut. Ende der Diskussion.“ fauchte der Rothaarige genervt. Der Blonde seufzte resignierend und nickte betrübt: „Wie Sie wünschen, aber glauben Sie nicht, dass ich Ihnen helfe, wenn Sie sich an ihrer Sturheit zugrunde richten.“ Wütend verließ er das Arbeitszimmer und Sasori sank noch tiefer in den Bürostuhl. Jetzt fingen bereits die Stimmungsschwankungen an. Und die Sehnsucht. Wie lange war es doch bloß her, seit er das letzte Mal im Rausch seine Zuflucht gesucht hatte. Heute schien es ihm viel zu lange her zu sein. Doch er wehrte sich gegen diesen Gedanken und konzentrierte sich wieder auf die Papiere vor sich. Es war noch nicht lange genug her, um nicht mehr zu wissen, was für Qualen er hatte durchstehen müssen. Niemals wieder würde ihm das passieren. Das war ein Versprechen, das er im Stillen seinem Freund Deidara gegeben hatte. Und er würde alles daran geben, um dieses Versprechen zu halten. Kapitel 5: Manchmal ist da mehr, als man sieht... ------------------------------------------------- Drei weitere Tage zogen ins Land, in denen Sasori sich alleine und verstimmt in sein Arbeitszimmer zurückgezogen hatte und Deidara vor Sorge beinahe umkam. Er verstand den niederschmetternden Zustand seines Freundes einfach nicht. Und allmählich wurde dem Blonden bewusst, dass es deutlich mehr hinter der Fassade des genialen Ermittlers geben musste, als ihm, oder irgendwem sonst, bisher immer bewusst zu sein pflegte. Und doch war der Doktor nicht gewillt zu glauben, dass sein Freund in irgendeiner Weise an Zweifeln zu nagen hatte. Es erschien ihm schlicht zu abwegig. Sein Kollege war hochgradig intelligent, genial geradezu, als sei er kein gewöhnlicher Sterblicher. Nahezu unerreichbar thronte er über allem, war über alles und jeden erhaben und doch bescheiden in seiner Art. Steckte hinter dieser Bescheidenheit etwa mehr, als sich Deidara vorzustellen fähig war? Der Blonde seufzte, während er in seinem Zimmer seinem Frühstück zugewandt war und doch keinerlei Appetit verspürte. Gäbe es ein solch immenses Geheimnis um den Rothaarigen, so konnte dies für ihn selbst nur eines bedeuten: Sasori vertraute ihm nicht. Sonst wäre er ganz sicher im Bilde darüber, was den Ermittler so zugrunde zu richten schien. Und diese Erkenntnis war bitter. Er blickte verstohlen aus dem Fenster. Seit Tagen hatte die Qual aus Regen und grauem Firmament endlich ein wenig nachgelassen. Es war kühl und windig, doch gelegentlich machte sich das Meer aus Wolken auf und ließ einen flüchtigen Blick auf das fast vergessene azurblau des Himmels zu. Der Anblick beruhigte den Blonden wieder ein wenig. Er hatte noch nie seine Hoffnung aufgegeben, geschweige denn sie zu vergessen drohen, so würde es auch in diesem Falle nicht sein. Er hatte schließlich seine Theorie und möglicherweise war seine Annahme über seinen Freund durchaus einfach nur umfangreicher, als er zu Beginn ihrer Freundschaft gedacht hatte. Kein Mensch hatte bloß eine Facette, es waren derlei sogar unzählige. Und gerade ein Mann wie Sasori, der stets nur eine zu zeigen versuchte, würde alles erdenkliche tun, um schwach wirkende Teile seiner Persönlichkeit zu untergraben, zu verstecken. Während Deidara das Ermitteln dieser Facetten zu seiner persönlichen Mission erkor, hörte er die Schelle des Hauses und begab sich von Neugier geplagt aus seinem Zimmer. Da es das der Treppe am Nächstgelegene war, bedurfte es keines großen Weges, um einen Blick auf die Haustür zu erhaschen, an der Inspektor Kisame freundlich distanziert von Itachi empfangen wurde. Da sein Freund noch immer nicht gewillt war, sein Arbeitszimmer zu verlassen oder Besuch Einlass zu gewähren, entschied der Doktor sich kurzerhand zu einem persönlichen Gespräch mit dem Ermittler des Scotland Yard. Leichtfüßig stieg er die Treppe hinab und begrüßte den markanten Polizisten hoffnungsvoll: „Inspektor Kisame, es freut mich Sie zu sehen.“ Itachi trat wortlos zur Seite, während Kisame einen Hoffnung weckenden Blick auflegte, als habe er etwas Bedeutsames mitzuteilen: „Doktor, die Freude liegt ganz meinerseits. Spricht etwas dagegen, wenn ich eintrete, ich habe etwas für Sie und Mr. Sasori.“ - „Aber bitte, kommen Sie. Nehmen wir im Salon Platz. Kann ich Ihnen etwas anbieten?“ - „Danke, sehr freundlich, aber so viel Zeit habe ich zu meinem Bedauern nicht mitgebracht.“ Die beiden schritten in den Salon, Itachi schloss die Haustür und stieg, von ihnen nicht weiter beachtet, nach oben zu Sasori. Der Blonde und der Inspektor nahmen auf dem Sofa Platz. Ohne Umschweife legte Kisame ein paar Zettel auf dem Tisch ab und lächelte besonnen: „Ich habe hier nun endlich die Unterlagen, die Sie und ihr Kollege angefordert haben. Das sind mehr als 20 Fälle, die ich bis an die Grenzen Britanniens verfolgen konnte.“ - „Verblüffend! Hoffen wir, dass sie den entscheidenden Hinweis enthalten.“ Der Inspektor nickte: „Ich bin zuversichtlich. In Glasgow, dort hat sich der erste in Britannien bekannte Mord zugetragen, hatte man ähnliche Untersuchungen angestellt, wie bei uns. Und sie glauben nicht, was die Herrschaften dort herausfinden konnten...“ Das Knarzen der Treppe unterbrach jäh ihr Gespräch und Sasori kam in einem furchtbaren Zustand in den Salon gestürmt. Nicht einmal seinen Morgenrock hatte er zurechtrücken können, die Ringe unterhalb seiner Augen waren noch bedeutend dunkler und tiefer geworden, seine Haare weder gekämmt noch anderweitig beachtet. Doch endlich erkannte Deidara in den Augen seines Freundes wieder einen Funken Lebensfreude, die dem Rothaarigen im Laufe der letzten Woche so schmerzlich abhanden gekommen zu sein schien. Der Inspektor hob zwar skeptisch eine Augenbraue, blieb aber gewohnt höflich: „Mr. Sasori, es ist mir...“ - „Sagen Sie Inspektor, was haben die Herrschaften aus Glasgow herausfinden können?“ unterbrach der Ermittler forsch und setzte sich abgehetzt zu ihnen. Kisame räusperte sich, ehe er missmutig aber konzentriert fortsetzte: „Nun, wie ich Ihrem Kollegen gerade zu erklären versuchte, haben die Herrschaften dort herausfinden können, dass diese Serie an Mordfällen mit einem Güterschiff aus dem Kaiserreich Japan gekommen war, das nicht nur materielle Fracht an Bord gehabt hatte. Eine Reihe illegaler Passagiere konnte dort damals in Gewahrsam genommen werden, doch einigen war es möglich gewesen sich dem Arm des Gesetzes zu entziehen. Es gibt zwar keine Namen, aber ich bin der Hoffnung, dass Ihnen diese Information weiterhelfen kann.“ Er lächelte wieder besonnen. „Ich habe Ihnen eine Abschrift sämtlicher Fälle mitgebracht, über 20 sind es.“ Sasori nickte erfreut: „Ich bin mir sicher, dass es uns eine große Hilfe sein wird, Inspektor. Ich danke Ihnen für ihre Mühe.“ - „So lange wir dieses Scheusal zu fassen kriegen, bin ich zufrieden. Und nun entschuldigen Sie mich bitte, die Pflicht ruft.“ Er erhob sich und die beiden Ermittler begleiteten ihn zur Tür, verabschiedeten sich höflich von ihm und kehrten anschließend in den Salon zurück. Von einer unsagbaren Ungeduld gepackt griff Sasori nach den Unterlagen einerseits und andererseits nach der Hand seines Freundes, um eilig die Treppe zu stürmen: „Kommen Sie, Deidara, es gibt viel zu tun!“ Der Blonde hielt nur mit Mühe sein Gleichgewicht und war froh, als sie es sich im Zimmer des Rothaarigen am Schreibtisch bequem machten und ihre Arbeit begannen. Sasori räumte die Arbeitsfläche des sperrigen Möbelstückes frei, warf achtlos die Unterlagen drauf und sah den Blonden herausfordernd an: „So, mein Freund. Ich bitte Sie, diese Papiere zunächst chronologisch zu sortieren und auszubreiten.“ Da Inspektor Kisame dies bereits für ihn erledigt hatte, lagen bereits nach wenigen Handgriffen die Papiere, einschließlich derer des Gerichtsmediziners Hidan, auf dem Schreibtisch und der Rothaarige las über sie gebeugt jedes noch so kleine Detail durch. Auch Deidara selbst verinnerlichte möglichst jeden Fall und jede Kleinigkeit. Während sein Freund noch immer verbissen nach Gemeinsamkeiten Ausschau hielt, war Deidara es eine Aufgabe, nach Unterschieden zu suchen. Nach etwa 30 Minuten absoluter Konzentration und eisernen Schweigens riss der Blonde seine Augen weit auf und prustete: „Sasori, ich glaube ich habe etwas entdeckt...“ Der Rotschopf sah ihn auffordernd an und Deidara sprach weiter: „Ich bin nicht in der Lage zu sagen, ob es von Bedeutung ist, aber... erinnern Sie sich noch, als wir vor ein paar Tagen bei dem ominösen Herrn Hidan aus der Gerichtsmedizin waren und er uns sagte, die junge Dame habe eine Locke ihres Haares gelassen?“ Sasori nickte: „In der Tat, das ist mir noch geläufig.“ - „Auch Mr. Davis wurde etwas seines Haupthaares entwendet, wie für Serientäter üblich, wenn sie Trophäen sammeln, gehe ich Recht in dieser Annahme?“ - „Exakt, aber bitte, Doktor, kommen Sie auf den Punkt!“ - „Es sind die einzigen Opfer, bei denen eine nachweisliche Aufzeichnung darüber vermerkt ist.“ Etwas unsanft stieß Sasori seinen Freund zur Seite und überflog die Unterlagen, um diese Beobachtung zu überprüfen, doch der Blonde hatte sich nicht getäuscht. Er knurrte: „Entweder, mein Freund, haben wir es hier mit hochgradig miserabler Ermittlungsarbeit der Kollegen oder einem geradezu spöttischen Täter zu tun.“ Dann seufzte er. „Notieren Sie diese Beobachtung bitte umgehend auf dem Notizblock, Deidara. Wir klammern diese Tatsache vorerst aus, aber ich möchte sie nicht vergessen, falls unsere andere Spur ins Leere führen sollte.“ Der Doktor nickte und tat, wie Sasori wünschte. Der Rothaarige selbst stutzte: „Das Königreich Japan... ich hatte noch gar nicht in Betracht gezogen, dass es einen solch entfernten Ursprung haben könnte...“ Er blickte auf. „Deidara, ich glaube es ist an der Zeit, erneut die Bibliothek Londons aufzusuchen.“ Eine Stunde später saßen die beiden Ermittler, wie so oft in den vergangenen Tagen, im Lesesaal und durchstöberten diverse literarische Werke, lediglich mit dem Unterschied, dass sich die Inhalte mit dem asiatischen Königreich und seiner Kunst, Kultur und Theologie beschäftigten. Deidara hatte sich selbstlos dazu bereit erklärt, die Bildbände zu durchforsten, während Sasori einen Text nach dem anderen überflog. Wieder gingen die Stunden fast spurlos an ihnen vorüber. Es war bereits kurz vor Sonnenuntergang, als Deidara plötzlich durch den gesamten Lesesaal rief: „Sasori, ich habe es! Das Symbol!“ Der Rothaarige sprang ohne zu zögern auf, ließ achtlos seine Lektüre zu Boden fallen und schaute dem Blonden über die Schulter. Und tatsächlich: auf einer Seite des Buches war eine große Abbildung des gesuchten Symbols zu erkennen. Der Kreis, in dem ein nach unten gerichteten gleichschenkliges Dreieck integriert war. Stolz klopfte Sasori Deidara auf die Schulter und lächelte seit Tagen mal wieder frohen Mutes und aufrichtig: „Das haben Sie toll gemacht, Doktor. Ein Hinweis, der bedeutender nicht sein könnte.“ Er legte seinen Finger auf den Text, der sich am unteren Rand der Abbildung befand und raunte: „Jetzt müssen wir lediglich mehr Informationen über diese Religion besorgen, die sich Jashinismus nennt.“ Am späten Abend kehrten sie zwar mit nicht allzu ausführlichen Informationen zurück, dennoch war insbesondere Sasori wieder guter Dinge. Es ging weiter, er hatte den Faden, den er verloren glaubte, endlich wiedergefunden. Alles am Jashinismus passte zu den Taten, die in London und ganz Britannien geschehen waren: das Symbol, das Ritual, die Bedeutung des Blutes und des Herzens. Einzig die Auswahl der Opfer wirkte auf den Rothaarigen noch völlig willkürlich. Die Abstände zwischen den Taten waren ebenso verwirrend, wie scheinbar zusammenhangslos. Doch ein neuer Funken Hoffnung keimte in ihm auf, es würde nun lediglich eine Frage der Zeit sein, bis er des Rätsels Lösung in Händen hielt. Auch Deidara legte sich an diesem Abend frohen Mutes zu Bett. Sein Freund schien endlich aus der depressiven und zurückgezogenen Laune heraus zu sein. Und als er nach Tagen die lieblichen Klänge der Violine leise aus dem Nebenzimmer vernahm, entschwand er lächelnd in einen tiefen und ruhigen Schlaf. Kapitel 6: Eine erste Spur -------------------------- ~Hallo, ihr Lieben. Ich weiß zwar nicht, ob ich wirklich interessierte Leser habe, aber ich wollte denen, die an der Verfolgung des Jashinisten teilhaben, ein kleines Dankeschön geben. Nicht nur, dass dieses Kapitel sehr lang geworden ist, es ist auch voll von, meiner Meinung nach, gelungenen Anspielungen und Eastereggs. Mal sehen, ob sie zu einfach zu finden sind und ob sie euch erheitern können :) In diesem Sinne, viel Vergnügen mit meinem bisherigen Lieblingskapitel *winke*~ Deidara beugte sich über den verbrauchten Körper der Toten und betrachtete das faltige Gesicht mit einer Mischung aus Verachtung und Mitleid. Er verstand nicht, wie leibliche Gelüste aus ehrbaren Männern nur solch verzweifelte Sklaven der Lust machen konnten, um sich einer Frau hinzugeben, die ein solches Erscheinungsbild bot. Selbst wenn ihr nicht der Torso, wie den bisherigen Opfern auch, zerfleischt worden wäre, so gab es für ihn nichts, das diesen Körper hätte begehrenswert machen können. Mit gerümpfter Nase trat er einen Schritt zurück und ärgerte sich an diesem Morgen, dass der Regen und die Finsternis des Tages sich zurückgezogen hatten. Diesen Anblick hätte er sich mit Wonne ersparen können. Während er Pfeife rauchend um den Leichnam schlich, erhaschte Sasori einen Blick auf das verzogene Gesicht des Blonden und kicherte leise: „Aber Doktor, so schauen Sie doch nicht so entsetzt. Betrachten Sie die Dame als das was sie ist, nicht als das was sie einst war. Sie ist ein Opfer, vergessen Sie das nicht.“ Deidara seufzte: „Ich wünschte, ich könnte Ihre Nüchternheit in diesen Dingen teilen. Es ist eine Schande, was aus Menschen wird, die bereitwillig ihre Körper zum Kauf darbieten.“ - „Die weit größere Schande ist, dass der Täter weiterhin agieren kann und uns zu verspotten scheint, meinen Sie nicht? Wieder einmal hinterlässt er uns bis auf die üblichen Merkmale nichts.“ Inspektor Kisame sah den Rothaarigen mitleidig an: „Nehmen Sie es sich nicht zu sehr zu Herzen. Immerhin hatte noch kein Ermittler, der sich an seine Fersen heftete, auch nur den Hauch einer Chance. Seien Sie zuversichtlich, Sie werden Ihn überführen. Wenn Sie nicht, dann schafft es niemand.“ - „Ich neige nicht zu überschwänglicher Zuversicht, Inspektor. Zuversicht bedeutet ein Versprechen, und die gebe ich nicht, wenn ich nicht sicher sein kann, diese auch halten zu können.“ Kisame lächelte leicht: „Nennen Sie es, wie Sie mögen, Sasori. Ich bin mir sicher, dass Sie es schaffen werden.“ Der Blonde war sich nicht sicher, aber es schien ihm, als blitze Unmut in den Augen seines Freundes auf. Er schien die Ansichten des großgewachsenen Mannes nicht zu teilen. Sie gar als verletzend und belastend zu empfinden. Noch nie war es ihm in den Sinn gekommen, dass solcherlei Worte einen ungemeinen Druck zu Perfektion und höchster Leistung bilden mussten. Kaum verwunderlich, dass Sasori sie nicht gerne hörte. Was würden die Leute sagen und denken, sollte er die Erwartungen einst nicht erfüllen? Es wäre ganz sicher nicht angenehm für den Rothaarigen, dessen wurde sich Deidara allmählich bewusst. Die beiden Ermittler packten ihre Notizen zusammen und verabschiedeten sich von Kisame. Während sie ihren Weg heimwärts einschlugen, lichteten sich die Wolken über ihnen ein wenig und zögerliche Sonnenstrahlen trafen auf die kühle und noch feuchte Erde. Genüsslich schloss der Blonde die Augen und summte leise vor sich her, die warmen Strahlen auf seinem Gesicht spürend. Wie gut dieses Gefühl doch tat, die Sehnsucht von Körper und Seele nach Wärme erfüllt zu bekommen. Trotz aller Schwierigkeiten spendete dieses Erleben so viel Energie, wie es sonst nichts zu tun vermochte. Plötzlich hielt Sasori ihm am Ärmel fest, zog ihn mit sich an eine Hauswand und knurrte leise: „Pssst. Doktor, schauen Sie doch mal da vorne!“ Deidara öffnete seine Augen und folgte der angedeuteten Richtungsanweisung der Hand seines Kollegen. Ein junger Mann, Mitte bis Ende 20 und damit nicht älter als sie selbst, sah sich verstohlen nach nahezu jedem Schritt um, während er nervös in Richtung Hafen ging. Der Blonde hob eine Augenbraue, als er im Licht der Sonne etwas an dessen Hals aufblitzen sah. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte er zu erkennen, was für ein Geschmeide den Jüngling zierte. Mit großen Augen sah er ruckartig den Rothaarigen an und hauchte: „Verblüffend! Das ist doch...“ - „Haben Sie es also auch erkannt, das Symbol?“ Deidara nickte. „Dann kommen Sie, vielleicht sollten wir dem Herren ein paar Schritte folgen. Unauffällig.“ - „So unauffällig, wie wir zwei in dieser Stadt sein können, mein Freund.“ Gemütlich schlendernd schlugen sie dieselbe Richtung ein, die auch der junge Mann auf der anderen Straßenseite verfolgte. Dieser schien zu ihrem Glück keine Kenntnis von ihnen zu nehmen, sondern blickte lediglich stets direkt hinter sich, während er zielsicher, aber hochgradig nervös, seinen Weg fortsetzte und die beiden Ermittler ihm folgten. Nach einer knappen Viertelstunde hatten sie das Hafengelände erreicht. Möwen kreischten und flogen ihre Kreise über den anliegenden Schiffen, um rasche Beute machen zu können. Der Geruch von Salz, Fisch und verbrannter Kohle vermischte sich zu dem typischen Aroma, das man in Häfen dieser Größe wahrnehmen konnte. Zwischen dem geschäftigen Treiben drang auch das Rauschen des Wassers, das durch den heutigen Wind besonders aufgebracht schien, an ihre Ohren und hielt der mannigfaltigen Geräuschkulisse hintergründig Stand. Männer trugen Kisten von Hier nach Dort, Händler feilschten um jeden noch so kleinen Preisnachlass, Hämmer donnerten auf Metall und Holz in den Werften und reges Treiben belebte die Straßen. Der junge Mann schritt nach wie vor zielsicher in eine kleine Gasse hinein. Vorsichtig folgten die beiden Ermittler dem Fremden, blickten zaghaft um die Hausecke, hinter der er verschwunden war und erblickten eine Sackgasse, an deren Ende eine Hütte aus verwittertem Holz stand und zwischen den großen steinernen Hallen geradezu verloren wirkte. Erst als der Verfolgte durch die Tür des heruntergekommenen Hauses verschwunden war, wagten sich Sasori und Deidara ebenfalls die kleine Gasse zu passieren, bis sie nahe genug an dem hölzernen Gebäude waren, um das Schild über dessen Tür erkennen zu können. Völlig gelangweilt verschränkte Sasori die Arme vor der Brust und maulte enttäuscht: „Zum Hering... wie überaus einfallsreich und poetisch.“ - „Ihr Sarkasmus spricht für sich. Wir sind hier im Hafen, nicht auf der Promenade.“ - „Wahrscheinlich haben Sie Recht. Es macht mich dennoch traurig, wie tief unsere Sprache im Sumpf der mangelnden Bildung unterzugehen droht.“ - „Sie sind mir wirklich ein Rätsel. Ich darf bei der Arbeit ihre Blicke nicht deuten, aber Sie trauern unserer Sprache nach?“ Freudig stellte Deidara fest, wie Sasori leicht zu lächeln begann und leise schmunzelte: „Touché. Sie haben Recht, ich lasse mich ablenken.“ Erwartungsvoll blickte er noch einmal auf das Schild und seufzte: „Ich gehe nicht davon aus, dass wir uns lange werden umsehen können in diesem Etablissement, wenn wir nicht wissen, welches Gesindel hier verkehrt. Lassen Sie uns Inspektor Kisame ein paar Informationen abringen, ich bin mir sicher, dass ihm der 'Hering' etwas sagen wird.“ Im Präsidium lauschte der Inspektor gebannt der Beobachtung, die ihm die beiden Ermittler berichteten. Nach einer Weile nickte er und seufzte: „Ja, der 'Hering' ist bei uns kein unbekannter Name. Ganz im Gegenteil meine Herren, Sie haben Wohl daran getan diese Spelunke nicht achtlos zu betreten. Es ist gleichermaßen eine der beliebtesten Hafenabstiegen und einer der beliebtesten Treffpunkte niederträchtiger Machenschaften aller Art. Es verkehren dort gleichsam einsame Matrosen und genusssüchtige Arbeiter, wie hinterhältige Ganoven und raffinierte Schurken. Und das macht es dem Scotland Yard so schwer, diese Machenschaften aufzudecken.“ Er sah die beiden ein wenig amüsiert an: „Ihresgleichen jedoch findet man dort nicht. Falls Sie es also in Erwägung ziehen sollten, dem 'Hering' einen Besuch abzustatten, so sollten Sie sich dringlichst tarnen. Ihresgleichen ist dort nicht nur aufzufinden, sondern überaus ungern gesehen. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche.“ Sasori missfiel der amüsierte Blick, der irrwitzig aufblitze sobald er das Wort „Ihresgleichen“ benutzte. Er verriet ihm, dass er nicht ausschließlich ihren gesellschaftlichen Stand und ihren Beruf meinte. Doch so undurchschaubar wie gewohnt verschränkte der Rothaarige die Arme und knurrte: „Wenn Sie uns noch etwas zu sagen haben, Inspektor, dann unterlassen Sie Ihre unterschwelligen Botschaften und sagen es mir ins Gesicht.“ Deidara schmunzelte, als Kisame peinlich berührt die Augen aufriss und stotterte: „Aber Mr. Sasori, wie kommen Sie auf so etwas?“ - „Ihre Augen und ihre Aussprache hat Sie verraten. Gibt es also ein Problem, das Sie uns mitzuteilen versuchen?“ Resignierend seufzte der Inspektor: „Mit Verlaub, die Herren, die dort verkehren, sind weniger Ihrer Statur, als der meinigen. Passen Sie also auf, mit wem Sie sich anlegen. Wenn Sie mögen, kann ich Ihnen auch gerne Geleitschutz zusprechen.“ Das beleidigte den Rothaarigen doch irgendwie. Mit einem abschätzigen Blick knurrte er: „Darauf können wir verzichten. Glauben Sie nicht, dass ich nicht wüsste, wie man sich zur Wehr setzt, bloß weil mein Körperbau es nicht vermuten lässt.“ Beschwichtigend hob der Inspektor die Arme: „Verzeihen Sie mein Angebot, es war nur zu Ihrem Besten gedacht. Ich wollte Ihnen damit sicherlich keine Unfähigkeit unterstellen.“ - „Das will ich hoffen. Ich danke Ihnen für die Informationen Inspektor. Wir lassen es Sie wissen, wenn wir etwas herausgefunden haben. Falls wir diesen Ausflug unbeschadet überstehen sollten, natürlich.“ Er erhob sich und stürmte aus dem Büro. Deidara machte sich auf, ihm zu folgen, als Kisame ihm am Ärmel hielt und flüsterte: „Doktor, sagen Sie es ihm nicht, aber achten Sie einfach da drauf, dass Sie sich nicht ständig so nahe sind. Das könnte in den Kreisen, in die sie sich zu begeben versuchen, als ungünstige Neigung herausstellen. Das kostete Sie schneller das Leben, als wüsste man dort, dass Sie polizeiliche Ermittlungen anstellen, verstehen Sie mich?“ Mit geweiteten Augen sah der Blonde den Inspektor an und hauchte: „Sie meinen doch nicht etwa...“ - „Was ich meine interessiert nicht. Es könnte jedoch rasch den Anschein erwecken, die Sitten im Hafen sind rau und unerbittlich.“ Mit hochrotem Kopf knurrte Deidara: „So ein Unsinn, als ob... ich meine... nun hören Sie auf. Aber ich werde selbstredend darauf achten, vielen Dank Inspektor.“ Von draußen hörte er bereits den ungeduldigen Rothaarigen rufen: „Doktor! Ich warte!“ Rasch stürzte der Blonde nach draußen und gesellte sich entschuldigend lächelnd zu seinem Freund: „Verzeihung, aber der Inspektor... er... hat sich noch einmal für sein Betragen entschuldigen wollen.“ Etwas skeptisch nickte Sasori zögerlich: „Na schön, dann ist ja gut.“ Innerlich atmete Deidara erleichtert auf, dass sein Kollege diese Aussage ohne weitere Fragen glaubte. Auf ihrem Weg nach Hause versuchte der Blonde permanent, die Röte aus seinem Gesicht zu verbannen. War es so offensichtlich, wie nahe er seinem Freund sein wollte? Und wieso hatte dieser so ungehalten reagiert? Wieso schien ihm jeder an der Nasenspitze ansehen zu können, dass er am weiblichen Kontakt kein Interesse hegte, nur derjenige, den es primär betraf nicht? Betrübt kam Deidara zu dem Schluss, dass es für Sasori wahrscheinlich schlicht und ergreifend ausgeschlossen war. Dem war jedoch nicht so. Der Rothaarige starrte wütend auf seine Füße. Nicht nur, dass er es Leid war, für geistig herausragend, aber körperlich bemitleidenswert gehalten zu werden. Nein, auch die Tatsache, dass der Inspektor ohne es zu wissen einen verdammt wunden Punkt in seiner Seele getroffen hatte, verärgerte ihn ungemein. Einerseits war er sich seiner gesellschaftlich unangenehmen Gesinnung durchaus im Klaren und andererseits war es nicht von Bedeutung für seine Traurigkeit. Jeder Mensch bewunderte ihn, jeder Mensch stellte ihn auf ein Podest, von dem aus er unerreichbar war. Für andere. Und die anderen waren es für ihn. Niemals würde ein Mensch ihm gegenüber etwas anderes empfinden können, als Hochachtung und Bewunderung. Sobald er ihre Erwartungen enttäuschte würden sie ihn doch fallen lassen. Er schloss für einen kurzen Augenblick die Augen, um seine Emotionen wieder in seine Gewalt zu kriegen. Er wusste immerhin aus eigener Erfahrung, welch zerstörerische Macht Erwartungen zu haben vermochten. Und welche fatalen Folgen es haben konnte, verwechselte man Stolz und Aufmerksamkeit mit Liebe. Und er wusste, dass eine selbst gewählte Einsamkeit weit weniger schmerzhaft war, als eine, in die man gestürzt wurde. Niemals wieder würde er es so weit kommen lassen, das hatte er sich selbst versprochen. Und auch wenn es ihm das Herz brach, so würde er sein Versprechen halten, auch wenn es ihm in Deidaras Anwesenheit zusehends schwerer fiel. Allein die Gewissheit, dass sein Freund in ihm schließlich nicht mehr oder weniger sah, als jeder andere Mensch auch, nämlich schlichte blauäugige Bewunderung, half ihm, dieses Versprechen konsequent zu verteidigen. Komme, was wolle. Am Abend erreichten die beiden zum zweiten Mal an diesem bisher sonnigen Tag den Hafen. Die Dunkelheit der Nacht hatte sich bereits über London gelegt und bettete die bewohnten Häuser in einen trügerischen Frieden. Etwas zerknirscht blickte Deidara immer wieder an sich herab und seufzte: „Dafür sind Sie mir etwas schuldig, ich hoffe das wissen Sie!“ Genervt winkte Sasori ab: „Stellen Sie sich nicht so an, Doktor. Sie sehen den Verhältnissen entsprechend entzückend aus.“ Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als der Blonde ihn mit aufgeplusterten Wangen sauer ansah. Itachi hatte ihnen alles nötige für ein gelungenes Kostüm besorgt: dreckige und verwaschene Arbeiterhosen, die selbst in ihrer kleinsten Ausfertigung den beiden Ermittlern noch viel zu groß waren. Übel riechende Leinenshirts, die unsagbar unangenehme Blicke unter die Arme zuließen. Klobige große Arbeitsschuhe mit Stahlkappen versehen. Er kam sich vor wie ein schlecht bezahlter Clown, eine Parodie seiner selbst und derer, als die er sich zu verkleiden versuchte. Einzig die Tatsache beruhigte ihn, dass sein Kollege nicht minder heruntergekommen aussah. Während seine Haare durch ein Haarband zu einem Zopf gebändigt wurden und eine grässliche Behandlung hinter sich hatten, um sie schmutzig wirken zu lassen, standen die Haare des Rotschopfs in alle Richtungen ab und erwehrten sich ganz freiwillig jeglicher Bändigung. Sasori trug eine ähnliche Hose und ähnliche Schuhe wie Deidara, nur mit dem Unterschied, dass er statt eines verschwitzten Shirts einen grobmaschigen zerschlissenen Pullover trug. Beleidigt verschränkte der Blonde die Arme, während sie in die Gasse einbogen, die den 'Hering' beherbergte, und prustete: „Und trotzdem sind Sie mir etwas schuldig, Sasori. Dass ich überhaupt hier stehe grenzt an ein Wunder. Wieso haben Sie mich eigentlich dazu überreden müssen?“ - „Weil Sie es freiwillig nicht getan hätten und jetzt unterlassen Sie ihr weibisches Gerede und benehmen sich einfach, wie ein Hafenarbeiter es zu tun pflegt.“ Einen Augenblick harrten die beiden aus, um ein letztes Mal tief durchzuatmen und nicht als Deidara und Sasori die Spelunke zu betreten, sondern als Mat und Izzy. Im Inneren des Hauses ging es noch deutlich wüster zu, als Deidara sich es nur im Ansatz hätte vorstellen können. Zu ihrer Rechten stand ein klappriges Piano, an dem ein unwirsch blickender Musiker saß und schreckliche Töne von dem Instrument verlangte. Das Piano stand neben einer Bühne, auf der ein paar leicht bekleidete Damen zur Unterhaltung der Anwesenden ihre unbedeckte Haut zu versucht rhythmischen Bewegungen präsentierten. Zu ihrer Linken breitete sich der Schankraum ein gutes Stück aus. Dahinter führte eine Treppe ins obere Geschoss, eine weitere offensichtlich in den Keller des Gebäudes. Ihnen gegenüber an der linken Hälfte der hölzernen Wand befand sich die Theke, auf deren Hocker einige Seebären saßen und den Schankwirt betrunken mit ihren Geschichten von hoher See zu nerven schienen oder die Bardame ungeschickt zu umgarnen versuchten. Die rechte Hälfte bot einigen Matrosen und Arbeitern Vergnügen in Form von drei Scheiben, die zum Spielen von Darts aufgehangen waren. Die meisten Tische waren belegt von trinkenden, sabbernden und lautstarken Männern. So langsam wurde Deidara klar, was der Inspektor gemeint hatte, als er ihnen erklärte, wie sehr sie hier doch auffallen würden. Sasori deutete ihm mit einer Kopfbewegung an ihm zu folgen, bei der Lautstärke hätte er vermutlich eh kein Wort verstanden. Sie steuerten auf den letzten freien Tisch zu, als sich ein stattlicher Kerl dazwischen schob und die beiden mit verfaulten Zähnen breit angrinste: „Pech, ihr halben Portionen, der gehört mir und meinen Jungs.“ Zwei weitere unsagbar sympathische Kerle tauchten hinter ihm auf. Zu Deidaras Entsetzen verschränkte Sasori gelassen die Arme vor der Brust und funkelte dem Typen standhaft in die Augen: „Das sehe ich anders, Freundchen.“ Der Typ lachte lautstark und brüllte: „Wie heißt ihr? Ich will wenigstens wissen, wem ich dieses Mal die Knochen gebrochen habe!“ - „Ich weiß zwar nicht, wie ein Affe wie du sich für Namen interessiert, aber das ist Mat und ich heiße Izzy. Und nun geh mir aus der Sonne, Dicker.“ Deidara stellte sich, was er sich überhaupt nicht erklären konnte, da er eigentlich vor Angst am Liebsten getürmt wäre, neben seinen Freund und grinste breit: „Genau, un. Sieh zu, dass du Land gewinnst, un!“ Diese Art zu kommunizieren war einfach nur grausam. Eine ganze Weile starrte der Kerl die beiden an, es wurde ruhiger im ganzen Raum. Sein Blick schien die Ermittler aufzuspießen, die anderen Gäste hielten gebannt die Luft an, die Zeit stand für einen Augenblick irgendwie still. Bis er mit einem lauten Lachen Sasori auf die Schulter klopfte und diesen beinahe zu Fall gebracht hätte, während er posaunte: „Wisst ihr was, ich mag euch! Nicht oft begegne ich Leuten, die mir ernsthaft widersprechen. Und noch nie waren es so mickrige Kerlchen, wie ihr zwei. Setzt euch zu uns. Ich gebe einen aus.“ Der Betrieb ging wieder seinem normalen Gang und die fünf nahmen Platz. Deidara rutschte das Herz sprichwörtlich in die Hose. Zu Hause würde er seinem Freund den Hals umdrehen, so viel stand fest! Diese hochgradig riskante Aktion hätte auch mit Leichtigkeit in einem sehr wahrscheinlichen Krankenhausaufenthalt enden können. So saßen sie aber nun dort und bekamen das bestellte Bier. Der große Kerl stellte sich als Kakuzu vor, seine beiden Kumpel hießen Pein und Tobi. Peins Gesicht wurde ausreichend von exotischem Körperschmuck verziert. Nein, Deidara korrigierte sich innerlich. Verunstaltet passte wohl doch besser zu diesem obskuren Anblick. Tobi schien, entgegen seines ersten Auftretens, ein sonniger Geselle zu sein, wenngleich auch ein bisschen beschränkt in seiner geistigen Verfassung. Stets redete er pausenlos auf den Blonden ein, um ihm mitzuteilen, dass er ein braver und guter Junge sei. Suspekt, hochgradig suspekt. Kakuzu hingegen sah auch äußerlich so aus, wie er auftrat: unzählige Narben bedeckten seinen Körper, sein Stiernacken war kräftig und angsteinflössend, seine Hände riesig! Irgendwann sah der Narbige den Blonden an und lachte: „Und du, Kurzer? Du bist ja nicht gerade der gesprächige Typ.“ Deidara grinste einfach nur breit und hoffte, dass man ihm seine „Rolle“ als Mat auch glaubhaft abnehmen würde: „Ach, weißt du, Dicker, ich rede eigentlich so viel wie dein Kumpel Tobi, un. Doch bei dem hat man ja gar keine Chance, un.“ Die anderen lachten und Kakuzu nickte: „Wohl wahr. Wenn er dich nervt, hau ihm einfach eine rein, dann ist für ne halbe Stunde Ruhe.“ - „Werds mir merken, un.“ Wer von ihnen war eigentlich auf die unsagbar beschränkte Idee mit dem Sprachfehler gekommen? Verflucht, seufzte der Blonde innerlich, das war er selbst gewesen. Runde um Runde floss das alkoholische Gerstengetränk und Sasori schaffte es doch tatsächlich, so manche Informationen aus den stämmigen Hafenarbeitern zu kitzeln. So wussten sie nun, dass ein Areal im Hafen seit einiger Zeit stillgelegt war, um Renovierungsarbeiten vorzunehmen, in dieser Spelunke so mancher Deal zwischen Händlern ausgemacht wurde, der Monopolstellungen und mafiöse Abmachungen zuließ. So weit schienen die Auswirkungen dieser mysteriösen Organisationen aus dem schönen Italien bereits zu reichen. Darüber hinaus vermissten die drei Männer einen guten Bekannten, den sie seit einer Woche nicht mehr gesehen hatten und den Namen Zetsu trug. Sie beschrieben ihn als einen sehr auffälligen Typen, da er von Geburt an auf der linken Kopfhälfte schwarzes Haar trug, und auf der rechten weißes. Irgendwie empfand es Deidara doch als durchaus rührend, wie sehr sich selbst solche Menschen um ihre Freunde sorgten und schämte sich gar dafür, mit solch immensen Vorurteilen belastet zu sein. Die Nacht näherte sich der Geisterstunde, als die Tür, lauter als bisher an diesem Abend üblich, aufgetreten wurde und ein Mann eintrat, der drei junge Damen im Arm hielt und ausgelassen lachte. Deidara fiel die Kinnlade herab, Sasori drückte seine Überraschung durch eine hochgezogene Augenbraue aus. Der neue Gast war kein geringerer als der Gerichtsmediziner Hidan. Kakuzu winkte genervt ab, als er ihn erkannte: „Der schon wieder. So ein Prolet, taucht ständig mit so jungen Weibsbildern auf und stört die anderen Gäste durch seine laute und aufdringliche Art. Wie gerne würde ich ihm mal einfach den Kopf abreißen, damit der endlich Ruhe gibt.“ Während Hidan sich einen Platz genau vor der Bühne genehmigte, betrat eine junge Frau mit blauschwarzem Haar diese und lächelte verführerisch in die ganze Runde. Zum ersten Mal an dem gesamten Abend kehrte ein wenig angenehme Ruhe ein, während erträglichere Melodien vom Piano erklangen und die Lady zu einem säuselnden Lied ihre Stimme erhob. Sasori erkannte die Gelegenheit, um sich ungesehen einen genaueren Überblick zu verschaffen. Zunächst blieb er kurz an Pein hängen, der mit einem schmachtenden Lächeln den Kopf auf der Hand abgestützt hatte und verliebt zur Bühne schaute. Den Kopf schüttelnd schaute er weiter. Ein Grinsen zierte seine Lippen, als er etwas entdeckte und sich seine Vermutung bestätigte, dass dieser Auftritt lediglich zur Ablenkung diente. Ein Mann mittleren Alters erhob sich von einem der Barhocker und für den Bruchteil einer Sekunde, aber lange genug, blitzte unter seinem Gesicht am Hals etwas auf: Das Jashin-Symbol. In geduckter Haltung und schnellen Schrittes verschwand er die Treppe zum Keller hinab, ehe ihm der Wirt mit einem Jüngling folgte. Schweren Herzens unterdrückte Sasori seine nahezu unstillbare Neugier und wartete ab. Und tatsächlich tauchten alle drei wieder auf, kurz bevor der Auftritt sich dem Ende näherte. Was hatten die bloß da unten getan? Während das Lied verstummte und die Gäste in tosenden Applaus verfielen, drehte der Jüngling sich um. Mit weit aufgerissenen Augen entdeckte Sasori etwas Neues an dem jungen Mann: um seinen Hals hing eine silberne Kette mit demselben Anhänger. Er schluckte schwer, als dieser plötzlich ganz ruhig zu ihm blickte, zwinkerte und die Kette unter sein Hemd steckte. Ungläubig schüttelte Sasori den Kopf, doch als er wieder hinsah, saß der Junge wie alle anderen an der Bar und trank Bier. „Hey, Izzy, un. Alles klar?“ Der Rothaarige sah Deidara an und nickte: „Sicher, ich habe nur geschaut, wo ich hier mal meine Notdurft verrichten kann, wenn ihr versteht.“ Kakuzu lachte und schlug auf den Tisch: „Du bist eine Granate, ehrlich! Links neben der Bühne, da drüben hättest du lange suchen können!“ Sasori grinste mechanisch: „Orientierung war noch nie meine Stärke, wenn ich getrunken habe.“ Der Blonde sah ihm besorgt hinterher und wusste, dass sein Freund etwas entdeckt haben musste, das ihm mal wieder entgangen war. Wütend über seine Ausrede, wuselte Sasori durch die Masse an betrunkenen Männern hindurch. Zwangsläufig würde ihn sein Weg zu nahe an Hidan vorbeiführen, der ihn unter Garantie erkennen würde, sollte er ihn sehen. Zu seiner Erleichterung bemerkte dieser beim Hinweg jedoch nichts, so verschwand der Rothaarige schnell hinter der Tür zu den Toiletten und konnte sich einer Übelkeit nicht erwehren. Es hätte ihm klar sein müssen, dass es hier mit der Hygiene nicht sonderlich genau genommen würde, aber DAS war dieser Beschreibung nicht im Ansatz würdig. Es stank, es war dreckig und dunkel. Die vier Kabinen waren klein, die Türen herausgetreten und nur notdürftig zu schließen. Die Toiletten selber, er wollte es eigentlich gar nicht wissen, die sich hinter ihm öffnende Tür veranlasste ihn zur Vorsicht doch eine der Kabinen zu betreten und die Tür zu schließen. Durch einen Spalt im zerschlissenen Holz spähte er nach draußen, um sich von der beschmierten sanitären Anlage abzulenken und sichergehen zu können, dass er sich unnötig in einem Anflug der Panik verzogen hatte. Doch sein mulmiges Gefühl sollte sich dieses Mal als Segen herausstellen. Etwas panisch beobachtete er Hidan dabei, wie er auf seine Tür zukam und sie öffnen wollte. Mit aller Kraft stemmte er sich dagegen und knurrte mit tiefer Stimme: „Besetzt, such dir ne andere Schüssel!“ Der Gerichtsmediziner lachte laut auf und verschwand in der Kabine neben ihm. Einen Augenblick wartete Sasori noch, betätigte unter großem Würgereiz die Spülung und verschwand so schnell es ihm möglich war dieses Horrorkabinett wieder. Erschöpft ließ er sich auf seinen Stuhl sinken, während Kakuzu ihn belustigt musterte: „Was ist los, Kurzer?“ Wieder grinste Sasori mechanisch: „Ich vertrag wohl doch nicht so viel, wie ich dachte...“ Die drei Großgewachsenen lachten laut, Deidara kicherte verhalten mit, bis er gequält grinste: „Dann wird’s für unsere Mimose wohl Zeit fürs Bett, un. Jedes Mal darf ich ihn zu Hause abladen, wenn ers mal wieder übertrieben hat, un.“ Die beiden verabschiedeten sich von den Hafenarbeitern und waren gerade aus der Tür, als Hidan den Raum wieder betrat. Doch sein Blick haftete einen Moment an der Eingangstür, als wisse er, wer dort soeben verschwunden war. Kapitel 7: Eine zweite Spur --------------------------- „Wie oft muss ich es Ihnen denn noch sagen? Alle Männer der Raucherclubs haben ein Alibi, alle Kolleginnen des letzten Opfers haben eines und über das erste Opfer ist noch immer nichts bekannt.“ seufzte Deidara, ein wenig genervt über die sich ständig wiederholenden Fragen seines Freundes. Seit 10 Tagen waren sie mit ihren Recherchen nicht wesentlich vorwärts gekommen, gleichwohl hatte aber auch der Täter nicht wieder zugeschlagen. Es war zum aus der Haut fahren. In der Nacht, in der sie in der Bar im Hafen spioniert hatten wurde ein weiteres Opfer getötet. Ein junger Mann in der Nähe des Buckingham Palastes. Somit hatte selbst der merkwürdige Gerichtsmediziner Hidan unfreiwillig ein wasserdichtes Alibi. Niemand aus der Nähe der Personen konnte als Verdächtiger in Frage kommen, für wenigstens einen Mord hatten sie einen Abwesenheitsnachweis. Es gab niemanden, der zu jedem Tatzeitpunkt unbeobachtet gewesen wäre, kein Angehöriger, kein Passant, einfach niemand. Der Täter blieb vollkommen verschleiert und unentdeckt. Sasori saß mit verschränkten Armen in seinem Bürostuhl und las sich die Unterlagen zum sicher hundertsten Male durch, nur um hinterher missmutig zu knurren: „Ich übersehe etwas. Es kann doch nicht sein, ich übersehe etwas von äußerster Wichtigkeit!“ Der Rothaarige stand auf und ging nervös in seinem Arbeitszimmer auf und ab, während der Blonde mit überschlagenen Beinen auf der Ecke des Schreibtisches saß und diesen mit seinem Blick verfolgte. Dass sein Freund nicht erneut in eine Depression versunken war verdankten sie vermutlich alleine der Tatsache, dass sie noch ein wenig über den blasphemischen Gott mit dem Namen Jashin herausfinden konnten. Sie erfuhren zwar lediglich, dass es sich tatsächlich um Rituale drehte, die der Unsterblichkeit dienten und das Herz und das Blut der Opfer als rituelle Übernahme der fremden Lebensenergie verspeist wurden, doch es hatte den Rothaarigen von einem emotionalen Tief bewahrt. Anders konnte Deidara das Erlebte von neulich nicht nennen, es fiel ihm nichts anderes ein. Aus Logik heraus versank man nicht in derlei niederschmetternden Gedanken. Und aus Logik heraus schalt man sich nicht immer und immer wieder, bezichtigte sich selbst nicht permanent der Unwissenheit und machte auch nicht alleine sich selbst zur verantwortlichen Person dafür, dass der Täter noch nicht gefasst werden konnte. Und obwohl diese Erkenntnis den Blonden in einer gewissen Art beruhigte, so war er sich durchaus im Klaren, gerade nun Stillschweigen über diese menschliche Entdeckung zu bewahren. Es würde seinen Freund nur unnötigerweise noch mehr in Aufruhr versetzen. Pausenlos durch das Zimmer schreitend bemerkte Sasori den Blick Deidaras durchaus auf seinem Rücken, doch er konnte diesen nicht beruhigen. Es gab nichts, was er hätte sagen können, das seinem Freund die Sorgen hatte nehmen können. Die Sorgen waren berechtigt und er wollte und konnte nicht wieder die Unwahrheit sagen, drum sagte er lieber gar nichts dazu. Vielleicht würde das eine adäquate Verhaltensweise sein, um sich der ständigen Sorgen des Blonden zu entziehen. Und selbst wenn er es gewollt oder gekonnt hätte, es war einfach nicht der rechte Augenblick für intensive Gespräche über Sorgen und Leid persönlicher Natur. Es galt einen Serientäter zu überführen. Wie grausam dieser mit ihm, Sasori, doch zu spielen schien. Vorgeführt, wie ein blutiger Anfänger fühlte sich der durchaus sehr erfahrene und erfolgreiche Ermittler. Wie ein Kind, dessen Naschwerk im obersten Fach des Schrankes versteckt lag, wohl wissend, dass es sich dort befand, aber unfähig an dieses zu gelangen. Es war beschämend. Was verband die Opfer bloß? Und was hatte Hidan in diesem Etablissement im Hafen verloren gehabt? Er schien zwar von Anfang an ein merkwürdiger Geselle zu sein, doch einerseits half er ihnen mit fachlich kompetentem Wissen, andererseits vergnügte er sich im Zentrum der Arbeiterschaft. Der Rothaarige schüttelte den Kopf, er ließ sich von Sympathien oder vielmehr Antipathien ablenken. Nur, weil der Gerichtsmediziner ein unangenehmer Geselle war und in fragwürdiger Gesellschaft seinen Feierabend verbrachte machte ihn das nicht zum Verdächtigen. Zumal er durch seine leiblichen Gelüste nun ein Alibi vorweisen konnte, hätte Sasori ihn danach gefragt. Er hatte es mit eigenen Augen gesehen. Und er wusste, dass dieser kein seltener Gast im „Hering“ zu sein pflegte. Und somit stand er nach wie vor am Anfang. Er hatte Opfer mit bestimmten Merkmalen und keinen Hinweis darauf, wer diesen armen Seele des nachts auflauerte. Seufzend blieb er stehen, als er merkte, dass er sich direkt vor seinem Freund befand, der ihn mahnend ansah und den Kopf schüttelte: „Wenn Sie nicht aufhören, sich die Schuld zu geben, dann werde ich ungemütlich, mein Freund. Vergessen Sie bitte nicht, dass Sie weiter gekommen sind, als je ein Ermittler vor Ihnen in diesem Fall. Und Sie werden auch die nächsten Schritte zum Täter aufholen und wenn ich dafür ganz London befragen muss für Sie!“ Immerhin entlockte diese Aussage Sasori ein leichtes Lächeln. Er klopfte dem Blonden auf die Schulter und nickte: „Und da ich weiß, dass Sie das tatsächlich zu tun fähig wären danke ich Ihnen für die Aufmunterung. Wir können nur hoffen, dass...“ Es klopfte. Seufzend beschlich dem Rothaarigen bereits eine Ahnung, als er monoton murmelte: „Ja, bitte?“ Innerlich schmunzelte Deidara, denn das sagte sein Freund jedes Mal, wenn jemand um Einlass bat. Er hatte noch nie eine andere Formulierung aus dessen Mund vernommen. Itachi betrat das Arbeitszimmer und verneigte sich höflich: „Bitte entschuldigt die Störung, Master Sasori, Master Deidara. Der Inspektor wünscht Euch zu sprechen, er wartet im Salon.“ Die beiden Ermittler tauschten einen verheißungsvollen Blick aus, ehe sie dem Schwarzhaarigen aus dem Zimmer nach unten folgten. Der Butler verschwand in der Küche, Sasori und Deidara begrüßten Kisame, der dankend ablehnte Platz zu nehmen und erschöpft seufzte: „Ich fürchte, dafür bleibt keine Zeit, meine Herren.“ Der Rothaarige nickte: „Er hat wieder zugeschlagen...“ - „Exakt. Wir haben den Leichnam erst heute gefunden, da er erst heute Morgen von einem Anwohner entdeckt wurde.“ Er setzte ein gequältes Lächeln auf. „Ich wäre Ihnen zu Dank verpflichtet, wenn Sie mich zum Tatort begleiten würden...“ Am selbigen Fundort wurde Deidara rasch klar, weshalb die junge Frau nicht umgehend entdeckt wurde. Es war schmerzhaft auffallend, wie abseits sie in einer Sackgasse in diesem heruntergekommenen Viertel deponiert worden war. Alles andere jedoch glich den bisherigen Fällen bis ins kleinste Detail: das Symbol, die Verletzungen, der Blick, der Blutverlust, der Einstich am Hals sowie eine entwendete Locke des Haupthaares. Und doch wirkte der junge Körper noch deutlich bemitleidenswerter, lag er zwischen Abfällen und Verrottetem. Sie waren in der Wohnsiedlung, die direkt an den Hafen grenzte. Es war eine Gegend, die dem Ambiente des „Herings“ mit Leichtigkeit Konkurrenz zu bieten vermochte. An mancher Ecke wirkte sie sogar noch armseliger, als die Spelunke im Hafen. Seufzend beobachtete der Blonde seinen Freund, der in seiner gewohnt konzentrierten Art jedes Detail notierte und Pfeife rauchend immer wieder seine Runden drehte. Deidara blickte kurz zum Himmel empor, der von düsteren Wolken erobert wurde. Noch regnete es allerdings nicht wieder und der Blonde war nicht unbedingt undankbar dafür. Es hatte genug Regen in den letzten Tagen und Wochen gegeben. Dann richtete er seinen Blick wieder hinab und blieb an dem Zaun hängen, der die Sackgasse von dem trennte, was dahinter lag. Sie wurden lediglich von zwei Seiten von Gebäuden umschlossen und irgendwie erfasste eine kindliche Neugier den Ermittler. Der Zaun war lediglich aus verwitterten Holzlatten zusammengebaut und legte an der einen oder anderen Stelle kleinere Lücken und sogar einen schmalen Durchlass frei. Ein Blick durch eine der Lücken eröffnete dem Blonden die Sicht auf eine Art Hinterhof, der von den bewohnten Häusern umschlossen wurde. Zu seiner Verwunderung tummelte sich eine Vielzahl an Männern und Frauen dort. Noch neugieriger, als ohnehin, hockte er sich vor den Durchlass und schob seinen Kopf vorsichtig hindurch. Nun konnte er alles gut überblicken. Was er sah, schien wie eine kleine eigene Gesellschaft zu sein, die auf Holzkisten oder an kleinen vermoderten Buden ihre Waren austauschten: Fisch, Gemüse, Stoffe, Kleidung, Holz, Öl, Wasser und was sonst noch so von Nöten für ein einigermaßen vernünftiges Auskommen war. Eine kleine geheime Subkultur. Mal wieder versank Deidara so in den Beobachtungen und seinen Gedanken, dass er nicht bemerkte, wie Sasori an ihn herantrat. Schelmisch lächelte der Rothaarige und sprach betont streng: „Wir sind doch nicht auf dem Spielplatz, Doktor!“ Dieser schreckte auf und stieß sich den Kopf am Holz an, ehe er jammernd die betroffene Stelle rieb und seinen Freund verärgert von unten ansah: „Danke! Das hat weh getan! Hören Sie auf so schäbig zu Grinsen, Sasori!“ - „Schon gut, ich wollte natürlich nicht, dass Sie sich weh tun. Mich hat nur interessiert, was Ihre Aufmerksamkeit so geweckt hat.“ Der Blonde rappelte sich auf und deutete mit dem Daumen auf den klapprigen Zaun: „Ich fand es faszinierend, dass dort drüben eine regelrechte Subkultur der Hafenarbeiter floriert. Sie scheinen einen eigenen kleinen Markt zu haben, auf dem sie Waren tauschen und sich vom Rest Londons völlig abschotten.“ Irgendwie weckte diese Erklärung auch Sasoris Interesse und er hockte sich an die Stelle, an der bis gerade eben noch sein Freund verweilte. Neugierig blickte er durch den Durchlass und begutachtete das Treiben eine Weile. Etwas zerknirscht verschränkte Deidara die Arme und wartete. Er durfte nicht neugierig beobachten, Sasori hingegen schien sich das Recht ungeniert herauszunehmen. Während er resignierend seufzte und feststellte, dass die Männer des Scotland Yard bereits mit dem Opfer den Tatort verlassen hatten, ertönte die Stimme des Rothaarigen: „Doktor, Sie sind ein Genie, wenngleich auch ungewollt.“ - „Wie meinen?“ - „Sie haben mich zu einer Spur geführt, mein Freund.“ Sasori zog seinen Kopf zurück und sprang lächelnd auf: „Ob Sie es glauben oder nicht, wir haben glatt einen Fluchtweg entdeckt, den der Täter genommen hat.“ Etwas verwirrt blickte Deidara auf: „Ich verstehe nicht ganz... woher wollen Sie wissen...?“ - „Schauen Sie noch einmal durch und inspizieren Sie ihre direkte Umgebung genau.“ Seufzend ging der Blonde in die Hocke. Sasori hätte es ihm doch einfach sagen können, statt dessen kroch er abermals auf dem schmutzigen Boden herum. Genervt schob er seinen Kopf durch den Spalt und tat, wie der Rothaarige es ihm aufgetragen hatte. Und tatsächlich, rasch entdeckte er, was er bei seinem ersten Blick entgangen war. Mit einer Hand griff er an das Brett, das durch die schiefe Anbringung den Spalt überhaupt zuließ. Ohne große Mühe ließ es sich so weit zur Seite schieben, dass ein ausgewachsener Mann in geduckter Haltung durch den Zaun gelangen konnte. Gefolgt von seinem Kollegen stahl Deidara sich auf die andere Seite und wartete, bis Sasori neben ihm stand und süffisant grinste: „So ist unser Täter geflohen. Das Blut am beweglichen Holzteil und die Tropfen, die sich von dieser Stelle an von diesem Ort entfernen lassen kaum einen anderen Schluss zu.“ Seine Augen funkelten aufgeregt: „Sicherlich kann es ein unglaublicher Zufall sein, allerdings...“ Er deutete auf die Spuren am Holz und auf dem Boden. „Wie sie sehen können ist das Blut ebenso frisch wie das des Opfers. Es grenzt an eine Unmöglichkeit, dass sich jemand im selben Zeitrahmen hier verletzt hat, ohne entweder ein Zeuge oder der Täter zu sein.“ Er packte Deidara am Ärmel und schritt los: „Kommen Sie Doktor, finden wir heraus, wohin uns dieses Blut führen wird.“ Der Blonde spürte die argwöhnischen Blicke, die ihnen die Arbeiter zuwarfen, doch sein Freund stürmte so schnell von diesem Platz durch eine andere Seitengasse, dass sich bald niemand mehr an sie erinnerte. Der Spur durch eine Gasse folgend, die, so weit Deidara es sehen konnte, als Einzige nicht von einem Zaun versperrt wurde, erreichten Sie auf diesem Weg direkt den Hafen. Sie fanden sich zwischen Lagerhallen wieder, aus denen der übliche Lärm dröhnte, der für den Hafen Londons so typisch war. Ungeduldig verfolgten sie die Spur weiter, die sich in Sasoris Augen zielsicher durch die Gebäude schlängelte. Eines war deutlich geworden: Der Verletzte kannte sich im Hafen gut aus. Sie erreichten das Hafenbecken, vor ihnen nichts weiter als das Wasser und ein kleiner Steg, an dem mehrere kleine Holzboote angeleint waren und im Spiel der Wellen aufgeregt mit den Wogen zu tanzen schienen. Die beiden Ermittler folgten der Spur auf das Holzkonstrukt und blieben am Rand vor einem Boot stehen, zu dem die Spur führte. Konzentriert hockte Sasori sich hin und hob erwartungsvoll die Plane an, die das Innere vor Feuchtigkeit und Sonne schützen sollte. Ein lautes Seufzen ertönte und Deidara befürchtete zu wissen, was den Rothaarigen die Laune verdorben hatte: „Lassen Sie mich raten... Im Boot ist nichts zu sehen.“ - „Sie haben es erfasst, mein Freund. Verflucht. Wir waren so weit!“ Der Blonde lächelte besonnen: „Nicht aufgeben. Es sind noch drei Boote da, vielleicht haben wir doch noch Glück und es wurde schlicht an einer anderen Stelle befestigt.“ Sasori nickte, doch auch in den übrigen Nussschalen fand sich nicht ein Tropfen des erhofften Blutes. Genervt drehte der Rothaarige sich zum Ufer zurück: „Durchkämmen wir den Hafen einfach noch ein wenig, vielleicht finden wir die restliche Spur ja auch zu Fuß.“ Die Nacht war bereits hereingebrochen und der verhasste Regen hatte wieder eingesetzt, als die beiden zu ihrem Ausgangspunkt zurückkehrten und resignierend stehen blieben. Sasori lachte trocken: „Es ist nicht zu fassen, dass wir nichts gefunden haben. Als ob...“ Deidara stieß ihn an und deutete auf die Gasse, aus der sie am späten Morgen zum Steg gefunden hatten: „Was sind das denn für Gestalten?“ Der Rothaarige sah auf und stutzte. Etwa ein Dutzend in Kutten verhüllter Personen schritt mit Fackeln auf sie zu. Und dann blitzte etwas am Hals einer Gestalt auf. Instinktiv vermutete Sasori das richtige. Es musste sich um eine der Jashinketten handeln. Er sah Deidara besorgt an: „Die tragen das Symbol, wie die Herren aus der Bar. Wir müssen uns verstecken!“ Er zog den überrumpelten Blonden hinter sich her. Eine Flucht nach vorne war nicht mehr möglich, ohne entdeckt zu werden. Kurzerhand schob er seinen Freund unter die Plane eines der kleinen Boote und gesellte sich zu ihm. Er legte sich ob der geringen Größe des Wasserfahrzeugs auf seinen Kollegen und zog die Plane über sie beide, verschaffte sich aber durch einen kleinen Spalt Sicht auf das Ufer. Gespannt beobachtete er die Verhüllten, wie sie aus der Gasse traten und, was ihn erleichtert aufatmen ließ, abdrehten, um am Rand des Hafenbeckens aus seinem Sichtfeld zu verschwinden. Leise seufzte er: „Sie sind auf dem Weg in den stillgelegten Teil des Hafens, wir sollten sie verfolgen, Deidara.“ Etwas verwirrt, dass er keine Antwort bekam, sah er zu seinem Freund hinab, der ihn aus weit aufgerissenen Augen anstarrte und völlig verkrampft dalag. Besorgt tippte Sasori ihm auf die Schulter: „Doktor? Alles in Ordnung?“ Deidara war allen Mächten dieser Welt dankbar, dass es zu dunkel war, um dem Rothaarigen sein glühendes Gesicht zu offenbaren. Er sah seinem Freund in die Augen, der plötzlich heiter schmunzelte und hauchte: „Ich glaube es ja nicht, Sie sind doch nicht etwa...“ - „Nein! Sie haben mich mit dieser Aktion lediglich überrumpelt und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie von mir runtergehen könnten. Immerhin haben wir diese Leute zu verfolgen.“ Das Schmunzeln und die Heiterkeit verschwanden aus Sasoris Gesicht, ehe er sich erhob und wieder in seiner gewohnten Art sagte: „Natürlich, Sie haben Recht Doktor. Kommen Sie.“ Auf Beinen, die eher Götterspeise glichen, folgte der Blonde seinem Freund auf dem Fuße. Sie erreichten den verlassenen Hafenteil und pirschten durch jede noch so kleine Gasse, von den Verhüllten jedoch fehlte jede Spur. Sasori blieb stehen und fauchte: „Verflixt, wir haben sie verloren. Aber das kommt davon, wenn man sich ablenken lässt...“ Wütend sah Deidara den Rothaarigen an: „So etwas kann passieren. Verzeihen Sie, wenn Ihr eigenes Versteckspiel Sie mir näher brachte, als nötig.“ Es war verletzend zu merken, dass es Sasori bei Weitem nicht so angenehm gewesen zu sein schien, wie ihm selbst. Und dabei hatte er doch nur für den Anderen seine Impulse unterdrückt gehabt. Sasori bemerkte die Wut und die Traurigkeit des Blonden und sah ihn entschuldigend an: „Bitte verzeihen Sie mir, Doktor. Ich wollte Sie nicht überrumpeln oder gar kränken. Ich wollte Sie auch nicht in eine scheinbar so unangenehme Lage bringen, aber es war nötig schnell und effektiv zu handeln.“ Es war verwirrend für den Rothaarigen, eine so typische Situation, in der er einfach nicht verstand, wie ein Mensch in solch kurzer Zeit zu ein und derselben Szene so häufig seine emotionale Reaktion ändern konnte. Erst war der Doktor sichtlich angespannt und verlegen gewesen, dann forderte dieser ihn zu Konzentration und Pflichtbewusstsein auf, um ihm nun wütend zu unterbreiten, wie schrecklich die Ablenkung für diesen gewesen war. Seufzend registrierte Deidara den nachdenklichen Blick seines Freundes und raunte: „Wir sollten nach Hause gehen. Am Besten, wir kehren bei Tageslicht zurück, was meinen Sie?“ Er stockte kurz. „Und zerbrechen Sie sich nicht den Kopf, ich wollte nicht unhöflich werden.“ Den Heimweg verbrachten die beiden Ermittler eisern schweigend in ihren eigenen Gedanken. Kapitel 8: Das Kind, das keines sein durfte ------------------------------------------- ~ Hallo, ihr Lieben! Erst einmal möchte ich mich für die 15 Favoriten bedanken, die mitfiebernd bei der Überführung des Jashinisten dabei sind. Ich hoffe, dass ich euch weiterhin unterhalten kann und euch eine spannende Zeit beschere. Für Anregungen bin ich aber auch immer zu haben. Es wird ein Kapitel sein, das ein bisschen vom Hauptstrang abrückt. Trotzdem finde ich es inhaltlich spannend. Es bringt ein wenig Licht ins Dunkel um die Vergangenheit. Und nun Schluss mit dem Gefasel, weiter geht es! LG Galenhilwen~ Geschlagene 4 Wochen war es nun her, seit die beiden Ermittler die Spur der Verhüllten so aufgeregt aufgenommen und gleichermaßen enttäuscht wieder verloren hatten. Auch die folgenden Tage dieses fragwürdigen Abends hatten sie keinerlei weitere Spuren entdecken können. Und wenn nicht alleine dies Deidara zu Sorge veranlasst hätte, so hatte es darüber hinaus 3 weitere Todesfälle gegeben: einen Wachmann Eurer Majestät, einen Hafenarbeiter und eine betagte Dame, die in einem Kinderheim gearbeitet hatte. Und Deidara fühlte sich noch hilfloser, als vor Wochen schon einmal. Sasori war erneut ein nervliches Wrack. Er nahm fast keine Nahrung zu sich, wälzte Buch um Buch, gönnte sich keinerlei Schlaf und lenkte sich auch nicht mit seiner Violine ab. Statt dessen las er täglich von Früh bis Spät die Berichte durch, die alten Exemplare ebenso wie die neuen, zog sich griesgrämig zurück und verschlang jeden Artikel in der Tageszeitung, der mit den Morden zu tun hatte. Nicht, dass es unter normalen Umständen von Bedeutung oder gar bedenklich gewesen wäre. Unter normalen Umständen jedoch scherte sich der Rothaarige auch nicht um die Presse. Vielmehr schien es dem Blonden, als wolle sein Freund sich dadurch einfach nur selbst strafen. Sog die negativen Meinungen über sich auf, wie ein trockener Schwamm, um sich mit Selbstmitleid und Selbstvorwürfen zu übergießen. Sasori indes saß in seinem Arbeitszimmer und las die Tageszeitung. „Sasori unfähig? – wer soll den Mörder aufhalten?“ prangerte es auf der ersten Seite in großen Buchstaben. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Er hatte es gewusst, es stets geahnt, doch so gut er konnte gleichermaßen verdrängt. Und nun war es wieder so präsent wie einst. {Flasback} Sasori, nicht älter als 10 Jahre, griff hilfesuchend nach der Hand seines Vaters und flüsterte traurig: „Eines Tages werde ich so ein toller Polizist sein, wie du, Vater.“ Doch die Hand wand sich aus der Berührung. Ein großgewachsener Mann sah ihn aus wütend funkelnden Augen an: „So, wirst du das? Und wieso kannst du dann nicht einmal kombinieren, dass die gesuchte Kette von Anfang an bei dem Nachbarn zu finden war?“ - „Aber Vater...“ - „Nichts aber! Ich bin deine Ausreden leid! Sieh es endlich ein: du bist kein Ermittler und du wirst nie einer sein!“ Der kleine Junge begann zu weinen. Eine Hand schnellte auf ihn zu und hinterließ einen riesigen roten Abdruck auf dessen Wange. Der Mann schrie aufgebracht: „Hör auf zu heulen, wie ein Weib! Männer wie ich heulen nicht und du willst doch ein Mann sein, oder?“ Mit tränenerstickter Stimme schluchzte das Kind: „Natürlich, Vater.“ - „Komm, lass mich in Frieden. Du wirst nie ein echter Mann. Du bist schwächlich und unfähig.“ Sein Vater schloss die Augen, dessen Lider und geballte Fäuste zitterten. „Wärst du doch nur deines Bruders statt gestorben. Doch das Schicksal straft mich mit dir. Wie beschämt er und deine Mutter wären, wenn sie wüssten was aus dir geworden ist.“ „Vater...?“ Der Mann ließ ihn alleine. „Vater?“ Dunkelheit breitete sich um ihn aus. Er stand dort, der kleine rothaarige Junge, in der Asservatenkammer des Scotland Yard, das Licht wurde ausgemacht. Er war alleine. Er war es seit dem tragischen Unfall seiner Mutter und seines Bruder immer gewesen, das wurde dem Kleinen klar. Und er verstand, dass er es nicht mehr sein würde, wäre sein Vater stolz auf ihn. Er musste besser werden, besser als sein Bruder, besser als jeder Mensch dieser Welt. Nur, um nicht alleine zu sein. Eine zarte Stimme versuchte ein letztes Mal die Dunkelheit und die kalte Einsamkeit zu verdrängen: „Papa...?“ Doch es kam keine Antwort. {Flashback Ende} Er wusste es doch eigentlich besser. Sein Vater war nie stolz auf ihn gewesen. Sein Vater hatte ihm nie gesagt, dass er einen Wert besaß, geliebt zu werden ausreichend geleistet hatte. Weil er es nicht KONNTE. Er hatte sein Leben einem Irrglauben und einer Hoffnung verschrieben, die nach unerfüllter Liebe trachtete. Sein Vater würde sie ihm nicht geben, selbst wenn dieser noch auf Erden wandeln würde. Doch das tat er nicht. Und alle Menschen wandten sich nun auch ab. Da er nicht gut genug war. Da er nicht fähig war das, was er zu tun pflegte, mit der nötigen Fähigkeit zu tun. Wortlos betrat Itachi den Raum und musterte den Rothaarigen durchdringend, während er leise die Tür schloss. Er seufzte: „Ich kenne diesen Blick. Du hast gesagt, ich solle dir Einhalt gebieten, sobald ich Grund dazu sehe. Und dieser Moment scheint gekommen zu sein.“ Sasori lachte trocken auf: „Wen würde es denn kümmern, Itachi? Wäre es für irgendeinen Menschen von Bedeutung, wenn es mich nicht mehr gäbe?“ Der Schwarzhaarige nickte leicht: „Natürlich.“ - „Mal abgesehen von dir.“ - „Auch das kann ich nur bestätigen.“ Sasori hob eine Augenbraue: „Ist dem so? Da bin ich aber neugierig.“ Der Butler legte ein leichtes Lächeln auf: „Master Deidara.“ - „Rede keinen Unsinn. So gerne ich etwas anderes behaupten würde... Aber was sollte ihn von den anderen Unterscheiden?“ Nun konnte sich Itachi ein Grinsen nicht verkneifen: „Das, mein Freund, werde ich dir mit Sicherheit nicht verraten. Es ist mir ein Rätsel, dass du es selbst noch nicht erkannt hast.“ Wütend funkelte der Rothaarige ihn an. „Ich mag mich vielleicht ungeschickt ausgedrückt haben, aber dazu stehe ich. Wie zu meinem Versprechen, das ich einst deinem Bruder gab.“ Der Ermittler wischte sich mit der Hand über das Gesicht und raunte: „Und ich verstehe es bis heute nicht. Ihr seid noch Jünglinge von gerade einmal acht Jahren gewesen, als ich geboren wurde. Wie kann man als erwachsener Mann sein Leben einem Wort aus Kindertagen verschreiben?“ Das Lächeln des Schwarzhaarigen wurde plötzlich warm und melancholisch zugleich, ehe er hauchte: „Ich glaube, so etwas nennt man wohl Liebe.“ Sasori verschränkte die Arme und seufzte leise: „Was gäbe ich darum, das verstehen zu können. Aber nun, mein Bruder war ja immerhin auch ein Mensch, der es verdient hat geliebt zu werden.“ Er sah den Butler an. „Es ist wohl der Grund der Dinge, dass sich meiner nur angenommen wird, wenn mein Bruder es gewünscht hat.“ - „Es gibt genug Menschen, die deinen Bruder nicht kannten.“ - „Richtig. Und sind deshalb nicht in der Lage...“ Er seufzte. „Das Gespräch deprimiert mich nur noch mehr. Bitte belassen wir es dabei, wenn dir daran gelegen ist mir zu helfen.“ - „Natürlich. Ich halte aber die Augen offen, mein Freund. Ein zweites Mal würdest du einen solchen Zustand wie damals nicht überstehen.“ Sasori nickte knapp und raunte erschöpft: „Ich weiß. Und doch ist es verlockend.“ - „Darum bin ich hier.“ - „Und dafür danke ich dir, Itachi.“ Er seufzte. „Lass mich jetzt bitte alleine.“ Der Abend war hereingebrochen, als Deidara vor dem Arbeitszimmer Sasoris stand und diese einen Moment lang lediglich anstarrte. Er musste etwas tun, doch er hatte Angst. Sein Freund war nicht unbedingt gemütlich, wenn er sich in seiner sturen Art dem Selbstmitleid ergab. Doch wenn nicht er, wer sollte diesem sonst aus der Depression reißen? Es war nicht mehr mitanzusehen, wie sehr es den Rothaarigen an den Rand des Wahnsinns zu treiben schien. Und es war Deidara egal, ob er Kenntnisse darüber hatte, wieso dem so war, oder nicht. Er wollte und er musste eingreifen. Er musste sich gar eingestehen, tatsächlich Angst um das Leben seines Freundes zu haben. Zaghafter als gewollt klopfte er. Immerhin ertönte das gewohnte „Ja, bitte?“ von drinnen und er betrat den Raum. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, ging er auf Sasori zu und sah diesen besorgt an: „Ich muss mit Ihnen sprechen.“ Der Rothaarige nickte abwesend und Deidara sprach mit besorgter, wenngleich auch wütender Stimme: „Ich ertrage es nicht mehr, Sie so zu sehen, Sasori. Dieser Fall scheint Sie zu zerstören und Sie lassen es geschehen. Das werde ich aber nicht tun.“ - „Lassen Sie mich in Frieden, Doktor. Sie haben doch keine Ahnung, um was es hier geht...“ Der Blonde riss den Kleineren aus dem Stuhl hoch, packte ihm am Kragen und knurrte: „Doch, es geht um Sie! Und mehr muss ich nicht wissen, um besorgt zu sein.“ - „Lassen Sie mich los! Ihre Besorgnis kann nichts ändern, verstehen Sie das noch immer nicht?“ - „Nein, wie sollte ich auch? Sie vertrauen sich mir ja einfach nicht an. Wie oft habe ich Sie darum gebeten? Ich will Ihnen helfen!“ - „Dann bringen Sie meine Fähigkeiten zurück.“ Wütend stieß Deidara den Rothaarigen von sich und brüllte: „Hast du es noch immer nicht verstanden?“ - „Wie reden Sie mit mir?“ - „Ich habe dir eine Frage gestellt!“ - „Was soll ich denn verstehen? Wieso wollen immer alle, dass ich jedes Detail verstehe? Bin ich Ihnen nicht mehr gut genug, wenn ich mal etwas nicht erfasse?“ Wutentbrannt haute der Blonde mit der Faust auf den Tisch und fixierte seinen Gegenüber mit einem giftigen Blick: „Mir nicht gut genug? Verdammt, Sasori, du bist alles, was ich mir wünsche!“ Er hielt inne. Wie hatte er sich so in Rage reden können? Er hätte es niemals sagen dürfen. Doch nun... nun war es einerlei. Sasori würde ihm früh genug zu verstehen geben, dass er von seinem hohen Ross nicht abzusteigen gedachte. Da konnte er es ihm auch richtig sagen, es machte keinen Unterschied mehr. „Verflixt... Ich liebe dich. Und du sitzt auf deinem Thron und behandelst mich wie gewöhnliche Mitmenschen.“ fauchte der Blonde erschöpft. Sasori starrte ihn an und hauchte völlig verwirrt: „Deidara, ich...“ - „Ich möchte es nicht hören. Ich werde noch einmal zum Hafen gehen, um dort nach Hinweisen zu suchen. Da du anscheinend kein Interesse zu hegen scheinst mit deinem hochmütigen Selbstmitleid aufzuhören, werde ich diese Aufgabe zur Not alleine verrichten.“ Von Erschöpfung und Schmerz geplagt ließ der Rothaarige sich langsam zurück in seinen Bürostuhl sinken. Er war nicht einmal in der Lage zu sagen, welche Aussage ihn mehr erschütterte: die Tatsache, dass sein Freund ihm soeben gestanden hatte ihn zu lieben, oder dessen Irrglaube, er hielte sich für etwas Besseres. Und doch konnte er nicht einmal wütend darüber sein. Er war enttäuscht und verletzt, aber keineswegs wütend. Itachi betrat zum zweiten Mal an diesem Tag das Arbeitszimmer und sah Sasori fragend an: „Was ist denn mit Master Deidara? Er hat wütend das Haus verlassen...“ Der Rothaarige fixierte den Butler mit seinem Blick und knurrte: „Du hast es gewusst, nicht wahr?“ - „Was gewusst?“ - „Deine Andeutung vorhin. Du hast gewusst, was Deidara fühlt, gehe ich Recht in der Annahme?“ Der Schwarzhaarige seufzte: „Ja, es war kaum zu übersehen.“ Er stockte. „Ist das der Grund für sein aufgebrachtes Verschwinden?“ - „Allerdings.“ - „Und wieso sitzt du noch hier und führst Gespräche mit MIR?“ - „Was soll ich denn tun, deiner Meinung nach?“ - „Gespräche mit IHM führen!“ Deidara stand am Rand des Hafenbeckens und ließ seinen Blick über den Horizont schweifen. Wie konnte er so dumm sein und glauben, dass Sasori in ihm etwas anderes als seinen Kollegen zu sehen fähig wäre? Für diesen bestand das Leben aus Fakten, nicht aber aus Gefühlen. Interessante Menschen waren für diesen Verbrecher, nicht aber ein liebestoller Kollege, der keinem der Gedankengänge folgen konnte, die der rothaarige herausragende Ermittler zu haben fähig war. Er fühlte sich klein, hilflos und unbeachtet. Er spürte, wie jemand von hinten an ihn herantrat. Wenn er ehrlich hätte sein müssen, so war es ihm einerlei, ob es sich um einen der Verhüllten, einen anderen arglistigen Widersacher oder seinen Kollegen handelte. Es war ihm gleich, denn er war nur ein kleiner Mensch unter so vielen, austauschbar und bald vergessen. Niemand, der die Ewigkeit zu beeindrucken fähig war. Die Hand, die sich auf seine Schulter legte deutete ihm jedoch, dass es kein Gast war, der ihm etwas zuleide tun wollte. „Wussten Sie... wusstest du, dass es ein Versprechen gibt, dass ich gegen meine sonstigen Prinzipien gegeben habe? Zwei sogar...“ ertönte die ruhige monotone Stimme hinter ihm. „Das erste Versprechen, das ich einst gab, war stets nur an mich selbst gerichtet.“ Er seufzte. „Ich habe mir versprochen nie wieder zu versuchen einen Menschen für mich zu gewinnen. Ich ertrage lieber die selbstgewählte Einsamkeit, als jemals wieder so verstoßen zu werden, wie es mein Vater getan hatte...“ Deidara verschränkte die Arme vor seiner Brust und zischte sarkastisch: „Glückwunsch. Ich weiß ja, dass du Versprechen nur dann aussprichst, wenn du sie einzuhalten fähig bist.“ - „Und ich habe dir ein Versprechen gegeben, im Stillen.“ Nun lockerte sich die Haltung des Blonden wieder ein wenig. Er richtete seinen fragenden Blick auf Sasori, der gequält versuchte zu lächeln. Er nickte: „Ich habe versprochen, dass mich nie wieder meine Einsamkeit dazu treibt, mich dem Opium hinzugeben oder anderweitig zu versuchen, dem Leben zu entgleiten.“ Der Rothaarige schloss die Augen und seufzte. „Und ohne dich kann ich dieses Versprechen nicht halten... Ich habe dir so viel zu verdanken und habe es mich nie zu trauen gewagt. Dafür bitte ich dich um Verzeihung.“ Er öffnete seine Augen wieder. „Danke, dass du mir stets versuchst zu zeigen, was es bedeutet zu leben. Und ich danke dir für die Geduld, die du mir entgegenbringst, obwohl ich ein wohl noch unfähigerer Schüler in diesen Dingen bin, als du in denjenigen, welche ich dir beizubringen versuche.“ Schmunzelnd legte Deidara seine Hand auf die Sasoris, die noch auf seiner Schulter ruhte. Er lächelte leicht: „Ein lernunwilliger Schüler bist du in der Tat. Aber nicht unfähig.“ Er sah den Rothaarigen an: „Mein Angebot steht nach wie vor. Solltest du das Bedürfnis verspüren über etwas zu reden, dann habe ich jederzeit ein offenes Ohr für dich.“ - „Du musst es nicht ständig wiederholen. Das weiß ich auch so. Und eines sei gesagt: es ist nicht dein Verschulden, dass ich es noch nicht kann.“ - „Dein erstes Versprechen?“ Sasori nickte: „Ja... und der Grund, weshalb ich es mir einst gab.“ Er stockte. „Und nun lass uns gehen. Da wir ohnehin hier sind, sollten wir unser Glück abermals versuchen. Allerdings ohne, dass jemand dieser merkwürdigen Menschen hier uns so sieht. Sie würden selbst dies nicht verstehen.“ - „Ich weiß...“ Kapitel 9: Das fehlende Puzzlestück ----------------------------------- ~Ja, sieh mal einer an. Kapitel 10 ist fertig! Und es gibt noch so viel zu entdecken :) Ich bedanke mich herzlich für alle Favoriten und Reviews/Kommentare! LG Galenhilwen~ Sie waren nun bereits seit zwei Stunden durch den Hafen gestreift, sogar am „Hering“ waren sie erneut vorbeigekommen. Bisher hatten sie jedoch keinerlei Glück bei ihrer Suche. Eine Menschentraube jedoch, die sich um ein in die Tage gekommenes Holzkonstrukt gebildet hatte, erweckte Sasoris Aufmerksamkeit. Er stieß Deidara sachte von der Seite an und deutete in die Richtung der Versammlung, während er murmelte: „Ich bin schrecklich neugierig, das sollten wir uns einmal ansehen. Wie es scheint, hängen Plakate an dieser Tafel.“ Deidara nickte, auch ihn plagte ein gewisser Wissensdurst, was dort vor sich gehen mochte. Die beiden verhältnismäßig kleinen Männer schoben sich durch die Hafenarbeiter und Matrosen, um einen Blick auf das Objekt der Begierde werfen zu können. Interessiert hob sich Sasoris Augenbraue, während er die aufgehängten Notizen und Fotografien betrachtete. Es handelte sich um Vermisstenanzeigen, die vom Scotland Yard den Informationen nach in ganz London angebracht wurden und zu sachdienlichen Hinweisen aufriefen. Viel interessanter schien dem Rothaarigen jedoch die Tatsache, dass mehr als zwei Dutzend Menschen vermisst wurden. Deidara keuchte plötzlich auf und hauchte: „Sieh doch mal. Kommt dir das Foto nicht bekannt vor?“ Er deutete auf einen Steckbrief, dessen Fotografie einen jungen Mann zeigte, der offensichtlich Haare unterschiedlicher Färbung besaß. „Aber natürlich,“ entfuhr es Sasori, „das ist doch dieser Mann namens Zetsu, von dem uns die Arbeiter aus der Abstiege berichtet hatten. Scheinbar wird er noch immer vermisst.“ Er betrachtete das Bild eine gewisse Zeit lang, bis er Deidara mit weit aufgerissenen Augen ansah und raunte: „Wir müssen umgehend zu Inspektor Kisame. Mich beschleicht so langsam ein Verdacht, doch ich muss erst ein paar Daten erfahren, um wirklich sichergehen zu können. Komm!“ Sie schlichen wieder durch die aufgebrachte Menge, ehe Sasori unsanft gegen etwas oder vielmehr jemanden stieß, da er seine Aufmerksamkeit nach hinten zu seinem Freund gerichtet hatte. Nachdem er sich gefangen und seine Kleidung wieder zurecht gerückt hatte, nickte er höflich: „Ich bitte vielmals um Verzeihung. Ich wollte Sie nicht umrennen.“ Er blickte auf und verharrte in dieser Pose. Mit einem hilflos überraschten Blick sah er in ein ebenso überraschtes Gesicht. Kakuzu kniff die Augen zusammen und knurrte: „Izzy?“ Er musterte auch den Blonden. „Mat?“ Deidara rutschte das Herz wieder einmal unangenehm in die Hose. Das hatte ihnen gerade noch gefehlt. Ein aufgebrachter Riese, der ihnen sämtliche Knochen brechen würde, wenn er schlau genug wäre, um die Sachlage richtig zu deuten. Doch Sasori schien locker zu bleiben, selbst, als auch Pein und Tobi von hinten an den Vernarbten traten und die zwei ebenso durchdringend musterten. Der Rothaarige lächelte: „Nun, mein Freund, unter diesem Namen sind wir uns begegnet. Es freut mich, Sie wohlauf zu sehen.“ Plötzlich schaute Kakuzu verwirrt drein und stammelte: „Wie redest du denn... und... was... wer...?“ Seufzend setzte Sasori fort: „Nun, darf ich vorstellen? Mein Name ist Sasori und das ist mein Freund und Kollege Deidara. Es ist untröstlich, dass wir uns unter solchen Umständen wiedersehen.“ - „Was soll der Mist? Seid ihr etwa Polizisten? Habt ihr uns observiert?“ Man konnte die steigende Wut regelrecht spüren, die der großgewachsene Mann ausstrahlte. Doch noch immer verblüffend gelassen schüttelte der Rothaarige den Kopf: „Nein, mein Freund. Wir sind nicht vom Scotland Yard und wir haben Sie keinesfalls observiert. Lassen Sie mich bitte erklären.“ Er lächelte freundlich und Kakuzu entspannte sich ein wenig, blieb jedoch skeptisch. Sasori nickte: „Wir sind private Ermittler und und unsere Ermittlungen hatten uns tatsächlich in den 'Hering' geführt.“ Er registrierte die erneut aufkommende Wut, blieb jedoch immer noch ruhig. „Wir untersuchen die Mordfälle, die zur Zeit London heimsuchen. Und, mit Verlaub, ich mache mir Sorgen um Ihren verschwundenen Freund. Wenn meine Vermutungen richtig sind, so schwebt er in Lebensgefahr.“ Und, Deidara vermochte es kaum fassen, plötzlich entspannte der Narbige sich und sah die Ermittler traurig und hilflos an: „Ist das dein Ernst, Izzy... ähm... Sasori?“ Dieser nickte: „Ich beliebe in solchen Dingen nicht zu scherzen. Ich wünschte, ich könnte frohere Neuigkeiten verbreiten.“ Er sah auf und lächelte noch einmal. „Aber ich kann Ihnen einen Vorschlag unterbreiten, da uns Ihre Hilfe eine wichtige Stütze war und Sie uns in guter Erinnerung geblieben sind.“ - „Wovon redest du?“ - „Ich kann nicht versprechen Ihren Freund wohlauf zu Ihnen zurückzubringen. Was ich aber versprechen kann ist, dass wir alles in unserer Macht stehende tun werde, um es zu versuchen.“ Kakuzu sah skeptisch seine beiden Freunde an, ehe er sich wieder den beiden Ermittlern zu wandte und knurrte: „Wieso sollten solche Kerle wie ihr so etwas für unseresgleichen tun?“ Sasori grinste mechanisch, aber ehrlich: „Ich sagte bereits, dass Sie uns in guter Erinnerung geblieben sind. Verbrecher scheren sich selten um gesellschaftliche Grenzen, wieso sollten wir es als Ermittler tun?“ Er hielt dem Narbigen seine Hand entgegen, der nach kurzem Überlegen einschlug und nickte: „Du bist ein ehrenvoller Mann. Und da ich weiß, dass du auch kein Feigling bist, nehme ich dein Angebot dankend an. Unter einer Bedingung.“ - „Und die wäre?“ - „Ihr leistet uns ab und zu mal ein wenig Gesellschaft im 'Hering'. Wir hatten lange keinen solchen Spaß mehr gehabt.“ Lachend nickte der Rothaarige: „Es wird uns eine Freude sein.“ Nachdem die beiden Ermittler den Hafen verlassen hatten und auf dem Weg zum Präsidium waren, sah Deidara seinen Freund von der Seite an und knurrte: „Woher hast du gewusst, dass das funktioniert?“ Entschuldigend grinste Sasori und zuckte mit den Schultern: „Gewusst habe ich es nie. Aber als mir beim Betrachten der Steckbriefe etwas klar wurde erschien mir die Wahrscheinlichkeit auf einen Erfolg hoch genug.“ - „Du bist lebensmüde.“ - „Ich weiß.“ Der Blonde verschränkte die Arme, während er ein wenig beleidigt fauchte: „Und welche Erkenntnis hattest du beim Betrachten der Steckbriefe?“ - „Das erfährst du noch früh genug.“ - „Nun sag es mir schon.“ Der Rothaarige seufzte: „Fein, wenn du magst. Aber denk daran, es ist eine These und muss noch bewiesen werden...“ Eine halbe Stunde später saßen sie dem Inspektor gegenüber in dessen Büro, und Sasori fragte diesen über die Verschwundenen aus: „Nun, Inspektor, mich würde an diesen Vermisstenfällen vor allem Eines interessieren: Wann verschwand die erste Person?“ Kisame sah ihn etwas verwirrt an: „Wozu sollte das wichtig sein? Sollten Sie sich nicht lieber um den Mörder kümmern?“ - „Vertrauen Sie mir und sagen Sie mir, bitte, was ich wissen möchte.“ Seufzend öffnete der Inspektor seine Schublade im Schreibtisch, holte eine Akte heraus, ließ die Schublade zurückrollen, legte das Schriftstück auf den Schreibtisch und blätterte ihn flüchtig durch. Murmelnd überflog er ein paar Absätze, bis sein Finger auf einem Datum ruhte. Sasori musste lächeln. Scheinbar war seine Vermutung richtig, denn Kisame sah ihn mit großen Augen und und schluckte schwer: „Die erste Person verschwand einen Tag, nachdem die blinden Passagiere des Frachtschiffes in Gewahrsam genommen wurden.“ Er schüttelte den Kopf. „Was hat das zu bedeuten?“ Noch immer lächelte der Rothaarige und begann zu erklären: „Im Prinzip ist es ganz einfach. Sie erinnern sich noch daran, dass wir mehrere Personen mit einem Anhänger dieses ominösen Symbols gesichtet hatten?“ - „Selbstverständlich.“ - „Gut. Wir gingen bisher ausschließlich von einem Täter aus. Was aber, wenn sich aus einem wahnsinnigen Jashinisten eine ganze Gemeinde dieser Glaubenssekte gebildet hat?“ Deidara sprang auf: „Dann haben wir ein Problem! Es geht nicht mehr einfach darum einen Mörder zu fassen, sondern darum eine tödliche Sekte auszumerzen!“ Der Inspektor nickte nachdenklich: „Und Sie meinen, dass dies der Grund für das Verschwinden dieser Menschen sein könnte? Sie sind Sektenmitglieder?“ - „Nein. Meine Befürchtung ist weit tragischer.“ Kisame sah den Rothaarigen fragend an, der betrübt erklärte: „Der Wirt aus dem 'Hering' ging seinem täglichen Geschäft noch immer zwanglos nach. Ich fürchte, die Mitglieder wandeln unerkannt unter uns. Doch je mehr Anhänger dieser Kult findet, umso mehr Menschen werden verschwinden.“ Er seufzte. „Die neuen 'Jünger' müssen schließlich ebenfalls ihre Rituale abhalten. Keiner von denen wäre zu diesen Morden auf offener Straße fähig. Was nichts anderes bedeutet, dass wir sowohl eine mordende Sekte, als auch einen geübten Einzeltäter haben.“ Sasori sah verheißungsvoll auf: „Ich bin der Überzeugung, dass es sich bei diesem Einzeltäter um eine Art Anführer handelt. Finden wir diesen, wird sich auch die Sekte, so hoffe ich, rasch zerschlagen lassen.“ Der Inspektor nickte: „Klingt einleuchtend und erschreckend zugleich. Und was gedenken Sie nun zu tun?“ - „Ich werde noch einmal die Unterlagen durchgehen und hoffen, mit dem neuen Wissen einen Anhaltspunkt finden zu können.“ 10 Tage nach dem letzten Mord, und gleichermaßen 6 nach dem Besuch auf dem Präsidium, saß Sasori ein weiteres Mal an seinem Schreibtisch und begutachtete die Notizen, die Berichte und die Kopien der Vermisstenanzeigen. Doch wirklich konzentrieren konnte er sich nicht. Irgendwie schlichen sich seine Gedanken immer wieder zu Deidara, der sich seit ein paar Tagen mehr als merkwürdig benahm. Der Blonde war seit nunmehr vier Tagen nahezu permanent gereizt und leicht aus der Fassung zu bringen. Und Sasori verstand den Grund dafür einfach nicht. Guter Dinge hatte er sich wieder an die Arbeit begeben, seine Depression gut im Griff und war fest entschlossen, diesen Fall zu lösen. Wieso sein Freund nun aber statt vor Sorge einzugehen so unsagbar wütend war, das war ihm schleierhaft. Immerhin hatte er sich bei diesem auch entschuldigt und seinen Standpunkt, seiner Ansicht nach, geklärt. Was also veranlasste den Doktor zu solcherlei Wutausbrüchen? Seufzend ließ der Rothaarige den Zettel aus seiner Hand auf den Schreibtisch sinken. Er konnte sich nicht konzentrieren und beschloss, die Sache zu klären. Behäbig erhob er sich aus dem Bürostuhl, als es klopfte. „Ja, bitte?“ murmelte er und Deidara betrat das Arbeitszimmer. Während dieser die Tür schloss lächelte Sasori: „Das trifft sich gut, ich wollte gerade zu dir, damit wir uns unterhalten können.“ Der Blonde kam mit ernstem Gesichtsausdruck und verschränkten Armen auf ihn zu und knurrte: „Ich kann es mir kaum vorstellen, dass du nach meiner Gesellschaft gesucht hast. Aber sei es drum ich muss auch mit dir sprechen.“ Er stockte kurz. „Ich kündige.“ Sämtliche Kontrolle über seine Gesichtszüge verlierend starrte Sasori seinen Freund an und raunte: „Aber... wieso?“ Der Blonde keifte aufgebracht: „Weil ich deiner Art überdrüssig bin, deshalb. Ich bin nicht fähig ein Leben neben dir zu fristen und ewig mit meinen Gefühlen kämpfen zu müssen, während du für einen Fall sämtliche Gesellschaft mit mir einstellst. Du wünscht mich offenbar nicht um dich zu haben und das ertrage ich nicht mehr.“ - „Was redest du denn da? Wie, um alles in der Welt, kommst du auf die Annahme, ich würde mir deine Anwesenheit nicht wünschen?“ - „Als es dir schlecht ging, da hattest du die Traute mit mir zu sprechen... offen zu sprechen. Doch nun... es dreht sich alles um die Arbeit, um diesen verfluchten Fall, der mir von Anfang an nicht geheuer war.“ - „Deidara, das ist mein Beruf. Und ich rede mit dir darüber, weil wir Partner sind. Niemand sonst außer dir soll an meiner Seite daran arbeiten.“ Genervt knurrte der Blonde und fauchte: „Du verstehst es noch immer nicht, oder? Ich KANN und ich WILL das Berufliche nicht vom Privaten trennen! Verdammt, Sasori, ich will einfach nur ein wenig Aufmerksamkeit. Es ist mir fast schon egal, ob du mich liebst oder nicht. Aber stelle mich nicht als Freund noch unter deine Arbeit.“ - „Aber... das tue ich doch gar nicht...“ Der Rothaarige sah traurig auf. „Ich bitte dich um Verzeihung, wenn du dieses Gefühl hast. Das lag nie in meiner Absicht.“ - „Das tut es nie. Aber es ändert nichts daran, dass es so ist, wie es ist. Und deshalb kündige ich, wenn sich nicht bald etwas ändert. Auch dann, wenn der Fall nicht abgeschlossen ist.“ Verbittert wandte Sasori seinen Blick ab und hauchte: „Natürlich. Wie du meinst. Lass auch du mich alleine.“ Seine Augen begannen wütend zu funkeln, als er den Blonden ansah: „Du hättest eine wundervolle Freundschaft zu meinem Bruder gehabt. Der war perfekt. Der war einmalig. Der war zu allem fähig, in allem bewandert. Und doch hat er diese Welt verlassen und nicht ich. Verdammt, ich wünschte mir, wie jeder andere auch, dass es anders wäre. Aber so ist es nicht!“ Die Stimme des Rothaarigen war erfüllt von Enttäuschung, Traurigkeit, aber allem voran einer unsagbaren Wut. Und erst jetzt wurde Deidara klar, dass Sasori sich tatsächlich nicht für etwas Besseres hielt, sondern das Gegenteil der Fall war. Er war schlicht unsicher und schien einem längst vergangenen Phantom nachzujagen. Davon einmal abgesehen hatte er nie ein Wort verloren über... Erschrocken wich Deidara einen Schritt zurück. Betreten hauchte er: „Du... hattest einen Bruder?“ - „Ja. Und ich habe ihm nie das Wasser reichen können. Ihn nie ersetzen können. Ich war nie fähig genug, habe nie gereicht. Er hätte dir gefallen...“ Deprimiert ließ der Rothaarige sich zurück in seinen Stuhl sinken und seufzte. Der Blonde jedoch sah diesen derweil milde an und lächelte: „Wer hätte gedacht, dass es etwas zu geben scheint, dass das Blut des kühlen Ermittlers derlei zum Kochen bringt.“ Plötzlich sah Sasori seinen Freund mit großen Augen an. Was hatte dieser gerade gesagt? Das Blut zum Kochen bringen? Blut? Ohne dem Blonden weiter zuzuhören breitete er die Unterlagen erneut auf dem Tisch aus, fegte die Opfer mit den geringsten zeitlichen Abständen ungeniert herunter und überflog die Berichte noch einmal. Deidara trat an ihn heran und keifte: „Hör mir doch mal zu, verdammt! Du ignorierst mich ja schon wieder!“ Doch der Rothaarige beachtete es nicht. Er kontrollierte einen Wert, der zu seiner hochgradigen Freude tatsächlich bei sämtlichen Opfern übereinstimmte, die eine Ruhephase von 10 Tagen oder länger nach sich zogen. Hastig überflog er nun auch die restlichen Fälle. Er lachte: „Das ist es... Wir haben es! Wir haben es gefunden!“ Er sprang auf und sah Deidara lachend an: „Doktor, du bist ein Genie!“ Ohne weiter darüber nachzudenken griff der das Gesicht des Blonden, zog es zu sich und presste seine Lippen auf die des Anderen. Geschockt riss Deidara die Augen auf. Was um alles in der Welt war in Sasori gefahren? Nach der anfänglichen Überraschung verstummte seine Aufregung und sein Protest jedoch. Nach dieser Aktion würde er das Wort Kündigung nicht einmal mehr buchstabieren können. Viel zu schnell für seinen Geschmack löste der Rothaarige sich wieder, um mit hochrotem Gesicht zu ihm aufzuschauen und zu murmeln: „Das... das tut mir Leid... Aber wir haben die Gemeinsamkeit gefunden!“ Er stockte. „Also... ich meine... ich habe ihn gefunden.“ Der Blonde lächelte süffisant, überfiel seinen Freund nun seinerseits mit einem Kuss, ehe er sich wieder von ihm löste und seufzte: „Nein... WIR haben ihn gefunden.“ Er kicherte. „Was haben wir eigentlich gefunden?“ Kapitel 10: Das Duell --------------------- ~Hallo ihr Lieben! Zu diesem Kapitel muss ich eine kleine Erklärung abgeben. Das, was die beiden als Gemeinsamkeit herausgefunden haben, wird eigentlich erst in den Jahren 1901/02 von einem Wiener Arzt entdeckt, zumindest das System, mit dem man diesen Wert ermitteln kann. Da ich die Geschichte aber 1897 spielen lasse, dieser Fakt jedoch wesentlich für die fortlaufende Geschichte ist und ich vorher nicht daran gedacht hatte, bitte ich um Nachsehen, dass ich diese kleine Tatsache außer Acht lasse, da die Zeitspanne gering genug ist, um nicht in historisch absolut falsche Kontexte zu geraten. Entschuldigt auch die lange Pause, habe allerdings viel um die Ohren im Moment. Und lieben Gruß an Seiryuu :) Ansonsten wünsche ich natürlich weiterhin gute Unterhaltung =) Galenhilwen~ „Uns verbleiben in etwa noch 5 bis 10 Tage, ehe der Mörder das nächste Mal zuschlagen wird. Und mit dem Wissen, das wir nun haben, können wir Vorkehrungen treffen, mein Freund.“ erklärte Sasori mit einem unsagbar erdrückenden Tatendrang in seinen Knochen und Gliedern. Deidara nickte und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen: „In der Tat. Aber was gedenkst du nun zu tun?“ - „Zweierlei Dinge. Zum Einen ist es unabdingbar herauszufinden, wie viele Menschen in London die Blutgruppe AB aufweisen. Dies bedeutet nichts anderes, als die Damen und Herren Mediziner aufzusuchen, die dieses Wissen hüten.“ Er sah den Blonden an. „Ich wäre dir zu Dank verpflichtet, wenn du dich um diese Aufgabe kümmern könntest.“ Deidara nickte eifrig: „Selbstverständlich.“ Er stockte kurz und schien einen kleinen Augenblick zu überlegen. „Ich gehe davon aus, dass meine Suche erfolgreich verlaufen wird. Bei der letzten Untersuchung, die mein Hausarzt vornahm, hatte dieser mir Blut abgenommen und erklärt, es würde eine Erweiterung des Patientenarchivs erfolgen mit einer neumodischen Methode.“ Er seufzte. „Wenn ich doch nur geahnt hätte, was dies zu bedeuten hat und mich eher daran hätte erinnern können.“ Doch der Rothaarige schüttelte seicht den Kopf: „Nun mache dir keine Vorwürfe, wie hättest du es wissen können? Bedeutsam ist nun alleine, dass wir um die Bedeutung der Blutgruppe wissen und damit dem Täter ein ganzes Stück näher gerückt sind.“ Er lächelte aufmunternd. „Und während du die Doktoren der Humanmedizin befragst, werde ich mich auf den Weg zum Präsidium machen.“ Der Blonde sah etwas irritiert auf und stutzte: „Zu welchem Zweck?“ Sasori setzte einen gleichsam besorgten, wie verärgerten Blick auf und raunte düster: „Ich werde ein ernstes Gespräch mit unserem werten Freund Hidan führen. Statt sich in Hinterhöfen zu tummeln hätte ihm als Gerichtsmediziner dieses Detail keineswegs entgehen dürfen und es ärgert mich unsagbar, dass uns dieser Umstand wertvolle Zeit gekostet hat.“ - „Dann danke ich dir dafür, dass ich diesem Gesellen nicht unter die Augen treten muss. Wer weiß, ob meine Zurückhaltung erneut so geduldig mit ihm gewesen wäre, wie bei unserem letzten Treffen.“ Sasori lächelte: „So nennst du Todesangst also neuerdings? Wie aufschlussreich.“ - „Du wirst doch nicht wieder damit anfangen?! Ich bange in der Anwesenheit dieses Mannes um mein Leben, ja. Und auch du solltest dich in Acht nehmen. Ich mag ihn nicht als Mörder bezichtigen, aber... Mein Gefühl sagt mir, dass es ratsam wäre, sich vor diesem Menschen zu hüten.“ Leicht nickte der Rothaarige: „Ich weiß mich zu wehren, sei dir dessen stets gewiss. Bitte fange du nicht auch noch an mich wie ein bemitleidenswertes Opfer zu behandeln.“ - „Das lag auch nicht in meiner Absicht. Es geht mir alleine darum, dass ich es mir nicht verzeihen könnte, sollte dir etwas zustoßen.“ - „Das wird es nicht. Ich verspreche es dir.“ Skeptisch blickte Deidara seinem Freund in die Augen und schüttelte den Kopf: „Dieses Versprechen werde ich nicht annehmen. Denn es steht alleine in den Sternen, ob du es einzuhalten fähig bist...“ Deidara hatte sich bereits am Nachmittag auf den Weg gemacht, um seine Befragungen zu beginnen. Immerhin waren doch zahlreiche Mediziner in London ansässig, die sich um all die Bewohner der Hauptstadt zu kümmern verpflichtet hatten. Und es würde ihn auch so manche Stunde kosten, ehe er diese zu überzeugen fähig war, diese wichtigen Daten ausgehändigt zu bekommen. Schweigepflicht hin oder her, aber es ging hier um nichts Geringeres als das Leben der Bürger und dafür mussten sie diese Informationen haben und zwar so schnell es ihnen möglich war. Sasori wusste genau, dass sie sich damit eine Menge Ärger aufhalsen konnten, doch die Recherche über das Scotland Yard und Inspektor Kisame war durch zu viele bürokratische Hindernisse gespickt. Auf diesem Wege war es immerhin nicht einmal gewiss, ob sie die gewünschten Informationen überhaupt erhalten würden und der Rothaarige wollte nicht noch ein Menschenleben für die behördliche Unfähigkeit vergehen sehen. Es wäre ein unnötiges Opfer und derlei gab es in seinen Augen nun bereits mehr als genug. Was den Ermittler unweigerlich erneut zu seinem bevorstehenden Gespräch mit Hidan führte. Aufgebracht, aber versucht gelassen, schritt er durch die sich verdunkelnden Gassen Londons. Die Luft war kühl, aber von einer elektrischen Spannung aufgeladen. Die Wolken über ihm bäumten sich unheilvoll zu einer fast schwarzen Masse auf. Der frische Wind hatte nachgelassen und eine unnatürliche Ruhe beherrschte Sasoris gesamten Weg. Mit einem kurzen prüfenden Blick gen Himmel vergewisserte er sich, dass seine Vermutung nicht verkehrt war. Erste Regentropfen benetzten sein Gesicht und verursachten aufgrund ihrer niedrigen Temperatur eine Gänsehaut. Ein Unwetter stand kurz bevor. Erleichtert, das Präsidium noch vor dem kurz bevorstehenden Wolkenbruch erreicht zu haben, stieg er die Treppen hinab und betrat die Räumlichkeiten der Gerichtsmedizin. Im Gegensatz zu seinem Freund war es dem Rothaarigen geradezu egal, ob hier die leblosen Hüllen der Verstorbenen ruhten oder nicht. Für ihn war es ein Ort, wie jeder andere auch. Innerlich seufzte er jedoch auf. Was hatte sein Vater bloß aus ihm gemacht? Was hatte er geduldet, um zu einem solchen Menschen zu werden, dem das Ableben Anderer nur auf eine Weise interessierte, nämlich die Art, wie sie umgekommen waren? Und wieso erfüllte ihn nicht ein gelöster Fall, ein aufgedeckter Mord oder ein dankbares Wort der Angehörigen mit irgendeiner Art von Stolz? Wieso endete alles doch in dieser so schmerzlich bekannten Dunkelheit und Leere? Er schüttelte den Kopf. Diese Fragen mussten, wie immer, belanglos und unbeantwortet bleiben. Er hatte eine Aufgabe und nur die war von Bedeutung. Sein Blick schweifte durch den Flur und huschte aufmerksam in die offen stehenden Räume, die er passierte. Doch in keinem schien der Gesuchte sich aufzuhalten. Am Ende des Flures erwartete ihn eine letzte, aber geschlossene Tür. An dieser hing ein kleines Schild mit der Aufschrift: „Gerichtsmedizin – Büro“. Ehe er klopfte drang das Grollen des Donners an sein Ohr. Das Unwetter hatte sich also nun doch dazu entschlossen über der Hauptstadt zu wüten. Er seufzte. Natürlich hatte sein Freund Deidara ihren Regenschirm. Der Rückweg würde keinesfalls erfreulich werden, aber Sasori fand sich mit dieser Tatsache ab. Ändern konnte er es schließlich so oder so nicht. Also ließ er seine Hand drei Mal gegen das Holz der Tür fallen und wartete einen Augenblick. Eine ihm bekannte lautstarke Stimme bat ihn einzutreten. Der Rothaarige betrat das kleine Büro, welches diesen Namen kaum verdient hatte. Während er die Tür schloss, schaute er sich kurz prüfend um. Der Raum war kaum größer als 2x2 Meter und der ausladende Schreibtisch überfüllte ihn alleine bereits durch seine Präsenz. Auf ihm stapelten sich in für Sasori ungemein störender Unordnung Papiere und Ordner, zwischen denen der gesuchte Gerichtsmediziner aufsah und breit grinste: „Sasori, na welch freudige Überraschung. Was kann ich für Sie tun?“ Der Angesprochene verschränkte rasch die Arme, ehe sein Gegenüber noch auf die Idee kam, ihm die Hand zur Begrüßung reichen zu wollen, und knurrte: „Ich habe ein paar Fragen, Hidan. Und ich wäre Ihnen dankbar, auf diese Antworten von Ihnen zu erhalten.“ Die violetten Augen blitzten auf, doch Sasori konnte nicht sagen, was dies zu bedeuten hatte. Es war ihm unmöglich, diesem Funkeln etwas Bekanntes zu entnehmen. Der Gerichtsmediziner lächelte süffisant und nickte: „Aber selbstverständlich. Was möchten Sie wissen?“ Noch immer in einer ablehnenden Haltung raunte der Rothaarige monoton: „Ist Ihnen als Mann vom Fach etwas an den Blutwerten der Opfer aufgefallen?“ Der Silberhaarige schloss seine Augen, sein Lächeln jedoch blieb, ehe er fast übertrieben nachdenklich murmelte: „Nun, keines der Opfer wies Vergiftungserscheinungen auf. Die ältere Dame aus dem Milieu war, sagen wir, nicht mehr ganz kerngesund, was in ihrer Branche jedoch nicht ungewöhnlich anmutet.“ So langsam verlor Sasori seine Geduld. Wollte Hidan ihn auf den Arm nehmen? Genervt fauchte er diesen an: „Sie haben die Untersuchungen doch hoffentlich selbst durchgeführt. Es gibt da ein recht neues Verfahren, mit dem man die Blutgruppe der Personen zu bestimmen fähig ist.“ - „Darauf wollen Sie hinaus. Was bitte hätte mir daran auffallen sollen? Eigentlich ist es durch die Neuheit zu Übungszwecken und zur statistischen Aufnahme und Überprüfung eingeführt worden. Was also hätte mir, wie bereits gefragt, auffallen sollen?“ Hidan stand auf und schritt langsam um den Schreibtisch herum auf Sasori zu, der jedoch keine Miene verzog und den Größeren gefasst in die Augen sah: „Muss ich Ihnen wirklich erklären, wie Sie Ihre Arbeit zu verrichten haben?“ Er lachte trocken auf. „Schön. Die Opfer, die eine sehr lange Pause nach sich zogen besitzen allesamt dieselbe Blutgruppe. Ein wachsameres Auge Ihrerseits hätte manchem Menschen vielleicht das Ableben ersparen können.“ Der Gerichtsmediziner lachte düster und blieb direkt vor dem Rothaarigen stehen. Mit kühler Stimme hauchte er: „Meinen Sie? Wie amüsant. Die Menschen besuchen mich in der Regel doch erst, wenn es bereits zu spät ist. Und Sie scheinen eine wichtige Tatsache vergessen zu haben, weshalb ich Ihnen nun erklären werde, wie Sie Ihre Arbeit zu verrichten haben.“ Mit einer hochgezogenen Augenbraue, aber noch immer versucht gelassen, hielt Sasori dem durchdringenden Blick des Größeren stand und knurrte: „Wie Sie meinen. Was soll ich Ihrer Meinung nach übersehen haben?“ Machte dieser unwirsche Kerl sich etwa lustig über ihn? Wollte er ihn gar provozieren? Für Sasori fühlte sich diese Situation nach einem geistigen Duell an, zu dem ihn der Gerichtsmediziner herausforderte. Dieser grinste jedoch nur und sprach noch immer mit kühlem Ton: „Nun, verehrter Sasori. Ist Ihnen noch gar nicht aufgefallen, dass sämtliche Todesopfer im Schutze der Dunkelheit ihr Leben lassen mussten?“ Die Augen des Kleineren weiteten sich und Hidan lachte abschätzig. „Das dachte ich mir. Ich habe mir mehr von dem so hochgelobten Ermittler versprochen, wenn ich ehrlich sein darf. Sie scheinen mir den Erwartungen nicht gerecht zu werden.“ Eine Welle aus Wut und Betroffenheit übermannte Sasori. Er rief sich fast panisch jede Beobachtung noch einmal in Erinnerung, die er gemacht hatte. Es stimmte, die Opfer waren allesamt in der Nacht getötet worden. Die unheimlichen Verhüllten im Hafen hatten sich im Schutze der Dunkelheit bewegt. Den 'Hering' hatten sie lediglich nach Sonnenuntergang beobachtet, doch tagsüber hatte dieser schließlich auch nicht geöffnet. Doch dann... Sasori lächelte wieder etwas gelassener: „Es ist löblich, wie Sie meine Arbeit zu unterstützen versuchen...“ Er konnte sich einen giftigen Blick in Hidans Richtung nicht verkneifen. „... jedoch gibt es einen Haken.“ Der Größere grinste breit: „Der da wäre?“ - „Wir haben ein Mitglied dieser ominösen Bruderschaft am Tage verfolgt. Was dafür spricht, dass sich die restlichen Beobachtungen um Zufälle handeln muss.“ Der Gerichtsmediziner trat noch einen Schritt näher und flüsterte bedrohlich: „Wenn Sie es sagen, großer Ermittler.“ Er lachte trocken. „Sie müssen wissen, was Sie tun, aber ich bin mir sicher, dass tun Sie. Wer bin ich denn schon, um Ihre Genialität in Frage zu stellen. Wenn es so ist, wie Sie sagen, dann brauchen Sie sich auf Ihrem Heimweg ja keine Sorgen machen, Sasori.“ Der Rothaarige ballte seine Hände ungesehen zu Fäusten. Was trieb Hidan für ein perfides Spiel mit ihm? Was sollten diese morbiden Aussagen, die zielgenau in seinen Wunden zu landen schienen? Mit zusammengepressten Zähnen zischte er: „Um mich brauchen Sie sich nun wirklich keine Sorgen machen. Ich weiß sehr wohl, was ich tue...“ Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Er mochte vielleicht keinerlei Angst verspüren und sich zu wehren wissen. Und eigentlich sollten die Worte dieses unsympathischen Mannes auch keinerlei Zweifel in ihm beschwören, doch sie taten es. Deidara... Er war alleine unterwegs. Sollte Hidan Recht behalten, dann... Sasori sah dem Größeren in die Augen und knurrte ungehalten: „Achten Sie beim nächsten Mal einfach auf mehr Sorgfalt. Wenn Sie mich entschuldigen, ich habe noch zu tun.“ - „Natürlich haben Sie das. Verlaufen Sie sich nicht.“ Wütend verließ der Rothaarige das Büro und zog die Tür hinter sich zu. Es war unverschämt, wie sehr ihn dieses Gespräch ins Wanken hatte bringen können. Er WUSSTE, dass es kaum möglich war, dass Hidan Recht hatte. Und doch beschlich ihn ein nicht mehr wegzudenkendes Gefühl, dass er dennoch Recht haben KÖNNTE. Und sollte er dies ignorieren und seinem Freund etwas passieren, dann würde er seines Lebens nicht mehr froh werden, dessen war Sasori sich absolut bewusst. Mit schnellen Schritten verließ er das Präsidium und fand sich in einer nahezu schwarzen und dunklen Kulisse vor. Ohne Unterlass wurde er vom Regen übergossen und war bereits nach kurzen Augenblicken nass bis auf die Haut. Das Rauschen, das der Wolkenbruch verursachte, toste in seinen Ohren und wurde alleine nur durch das infernalische Grollen des Donners übertönt, der mit sofortiger Wirkung einsetzte, sobald ein beeindruckender Blitz die Stadt für Bruchteile einer Sekunde taghell erleuchtete. Und als wäre der Rothaarige nicht alleine dadurch gestraft genug, peitschte der Wind ihm die Wassermassen unerbittlich entgegen. Ziellos begann er seine Suche, doch wo sollte er anfangen? Ob Deidara bereits wieder daheim war und auf ihn wartete? Es machte keinerlei Sinn eine planlose Suchaktion zu starten, doch das Denken fiel Sasori bei solcherlei Bedingungen mehr als schwer. Für ein paar Sekunden blieb er stehen und überlegte angestrengt. Der Blonde hatte auch die Notizen bei sich, auf denen die Adressen der Ärzte vermerkt waren. Und nur eine kannte der Rothaarige selbst. Er seufzte und sah sich sorgenvoll um. Es war ein Anfang, seinen Hausarzt aufzusuchen. Mit getrübter und schlechter Sicht setzte er seinen Weg fort. Er spürte, wie sich seine Brust schmerzvoll zusammenzog. Was war das nur? Er ging doch logisch und behutsam vor, wieso nur aber stieg sein Puls von Minute zu Minute? Wieso konnte sein Körper sich zwischen eisiger Kälte und sengender Hitze nicht entscheiden? Was nur war das für eine unerträgliche Übelkeit, die sich in seinen Eingeweiden auszubreiten versuchte? Mit glasigen Augen suchte er bei jedem Schritt genau seine Umgebung ab, ohne einen Erfolg verbuchen zu können. Bebend öffnete sich sein Mund und rief wie fremdgesteuert in die Nacht hinaus: „Deidara?“ Fast völlig verschluckten der Regen und der Donner seine Worte und ließen ihn nur noch lauter werden. „Deidara?.... DEIDARA??“ Kapitel 11: Des Schicksals verworrene Wege ------------------------------------------ Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich endlich die Tür und Sasoris Hausarzt musterte ihn mit einem skeptischen Blick. Die Haare des Mediziners waren, wie immer, zu einem Zopf gebunden und seine zu groß geratene Brille rutschte ihm, ebenfalls wie immer, permanent von seiner Nase herab, so dass er gezwungen war sie wieder an ihren Platz zu befördern. Der Rothaarige sah ihn völlig durchnässt und mit einem geradezu panischen Funkeln in den Augen an und hauchte außer Atem: „Verzeihen Sie meine später Störung, Dr. Kabuto. Es ist von äußerster Dringlichkeit.“ Der junge Arzt nickte und trat einen Schritt zur Seite: „Natürlich, bitte treten Sie ein.“ Nur zu gerne nahm der Ermittler das Angebot an und betrat seit langem wieder das Haus seines Arztes. Nachdem dieser die Tür geschlossen hatte betrachtete er Sasori noch einmal genau und schüttelte leicht den Kopf: „Was bewegt Sie dazu, bei einem solchen Wetter schutzlos vor die Tür zu treten?“ Während er noch immer nach Luft rang, ließ Sasori sich in den Flur führen und raunte: „Nun, es Ihnen auf die Schnelle zu erklären würde zu viel Zeit kosten. Ich habe allem voran eine wichtige Frage an Sie, Doktor.“ - „Bitte, so stellen Sie Ihre Frage. Wie kann ich weiterhelfen?“ - „Mein Kollege Deidara hatte die Aufgabe die ansässigen Humanmediziner zu Befragungen aufzusuchen. Er war nicht zufällig bereits bei Ihnen, oder?“ Plötzlich blieb der junge Arzt stehen und lächelte: „Deidara ist Ihr Kollege? Wie amüsant, er ist ebenfalls Patient bei mir und...“ - „Doktor! Bitte!“ - „Wenn Sie mich hätten ausreden lassen, so hätte ich Ihnen gesagt, dass er zur Zeit in meinem Sprechzimmer auf meine Rückkehr wartet.“ Die Erleichterung riss sämtliche Anspannung aus Sasoris Körper und er stützte sich aufatmend an der Wand ab, ehe er Gefahr lief doch noch zu Boden zu gehen. Einem schweren Schlucken folgte ein Nicken, seine Stimme klang erschöpft, dennoch ungemein befreit: „Verzeihen Sie meine forsche Art. Dann lassen wir Ihn nicht länger warten, Doktor.“ Auf wackeligen Beinen folgte er Kabuto in das besagte Sprechzimmer, in dem Deidara saß und sich zu ihnen drehte, als sie dieses betraten. Der Blonde schaute seinen Freund besorgt an: „Um Himmels Willen, Sasori. Was ist geschehen?“ Er erhob sich und trat an den Rothaarigen heran. Dieser musterte seinen Freund eindringlich, ehe er ihn in seine Arme schloss, fest an sich drückte und ihm ins Ohr hauchte: „Das erkläre ich dir später. Ich bin nur außer mir vor Freude, dass du wohlauf bist.“ Etwas verunsichert erwiderte der Blonde die Umarmung. Es war einfach zu schön und geradezu herzlich, als dass er sich nun daran hätte stören wollen, wie durchnässt der Rothaarige doch war. Beinahe erdrückte dieser ihn sogar, so kannte er Sasori überhaupt nicht und fragte sich, was bloß auf dem Präsidium geschehen war. Was um alles in der Welt trieb den sonst so distanzierten Ermittler zu einem solchen Gefühlsausbruch? Bereits wieder in seinem Stuhl sitzend räusperte Kabuto sich und sah die beiden an: „Verzeihen Sie, wenn ich die Wiedersehensfreude trüben muss, aber ich gedenke nicht den ganzen Abend hier zu sein. Wenn Sie also so freundlich wären und mir Ihre Fragen stellen würden, meine Herren.“ Erschrocken löste Sasori sich, nickte und setzte sich, wie Deidara ebenfalls, hin. Er richtete seine Aufmerksamkeit nun wieder in der gewohnten Weise auf den Mediziner: „Ich bitte Sie um Entschuldigung, Doktor. Ich weiß nicht, inwieweit mein Kollege bereits gefragt hatte, aber wir benötigen dringend einige leider vertrauliche Daten von Ihnen.“ Kabuto nickte, seine Stimme klang jedoch abweisend: „Das ist mir geläufig. Und ich habe Ihrem Kollegen bereits versucht zu erklären, dass ich diese Informationen ohne Erlaubnis nicht aushändigen darf.“ - „Das ist mir durchaus bewusst, Doktor. Dennoch möchte ich Sie nochmals um diesen Gefallen bitten, immerhin geht es hier möglicherweise um das Leben einer Ihrer Patienten, wenn wir den Täter nicht aufzuhalten fähig sind. Und dafür benötigen wir die Blutwerte.“ Seufzend lehnte der Arzt sich zurück und schien zu überlegen, ehe er murmelte: „Sasori, Sie machen es mir nicht leicht. Ich käme in Teufels Küche, sollte dieser Verstoß jemals an die Öffentlichkeit gelangen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dieses Risiko einzugehen bereit bin.“ - „Wie bereits gesagt, es geht hier um nichts Geringeres als Menschenleben. Die Sie sich zu retten verpflichtet haben oder nicht, Doktor?“ Der junge Arzt schmunzelte und sah den Rothaarigen ernst an: „Sie wissen mit Argumenten umzugehen.“ Er seufzte. „Schön, wie Sie wollen. Sollte etwas an die Öffentlichkeit geraten, so werde ich jedoch Sie persönlich dafür zur Verantwortung ziehen.“ - „Ich habe nichts anderes erwartet und erkläre mich selbstverständlich bereit dazu.“ - „Gut. Welche Werte benötigen Sie genau?“ Glücklich lächelnd schloss Sasori einen Augenblick seine Augen, ehe er hauchte: „Wir müssten wissen, welche Ihrer Patienten die Blutgruppe AB aufweisen. Das wäre uns eine sehr große Hilfe.“ Kabuto stand auf und nickte rasch: „Da haben Sie aber Glück, es sind nicht allzu viele. Bitte entschuldigen Sie mich einen Augenblick, ich werde eben meine Unterlagen einsehen und Ihnen die Namen mitteilen.“ - „Danke, Doktor.“ Nachdem der junge Arzt das Zimmer verlassen hatte verlor Deidara jegliche Geduld und beugte sich zu seinem Freund herüber. Er musste schlichtweg wissen, was diese Umarmung zu bedeuten hatte. Mit fragendem Blick flüsterte er dem Rothaarigen zu: „Sag mal, Sasori. Was war da gerade in dich gefahren? Du hast gewirkt, als hättest du nicht erwartet mich wohlauf anzutreffen...“ Die Wangen des Kleineren färbten sich in einem blassen Rot, seinen Blick wandte er ab und hüstelte: „Nun, um ehrlich zu sein liegt deine Vermutung ziemlich nahe.“ Er stockte. „Bisher waren alle Opfer in der Nacht heimgesucht worden. Ich verstehe es ja selbst nicht mehr genau, aber ich hatte... große Sorge um dich.“ Die letzten Worte waren kaum mehr zu hören, doch Deidara hatte sie verstanden und lächelte in einem Anflug von Glück: „Du warst besorgt um mich?“ Sasori fühlte sich etwas bedrängt. Reichte es nicht, wenn er es einmal sagte? Er verschränkte die Arme vor der Brust und knurrte: „Ja, das war ich. Oder ist das nun auch wieder verkehrt?“ Mit noch glühenderen Wangen merkte er, wie Deidara seine Hände an diese legte, ihn zu sich zog und ihre Lippen aufeinandertrafen. Eine Woge aus Wärme und elektrischer Spannung fuhr durch seinen gesamten Körper. Zwar konnte er diesem Zustand keinen Namen geben, und doch wusste er einfach, dass es etwas Positives sein musste. Deidara schloss die Augen und genoss es, dass keinerlei Gegenwehr zu kommen schien. Das schien ihm wie eine Bestätigung des Wohlgefallens zu sein, das auch er verspürte. Beim letzten Mal war er zu überrumpelt gewesen, um sich dem Augenblick in seiner gewohnten Weise hingeben zu können und dies holte er nun in seiner ganzen Pracht nach. Die Lippen des Rothaarigen waren weich und unsagbar zart, die Wärme des erröteten Gesichtes spürte er deutlich an seinen Handinnenflächen. Deutlich vernahm er den markanten Duft Sasoris, der ihm beinahe den Verstand raubte. Und auf seinen Lippen lag ein einzigartiger und sündig guter Geschmack. Bittersüß. Wie es auch anders bei dem Rothaarigen nicht hätte sein können. Die Schritte Kabutos riss beide zurück in die Realität und ehe dieser zurück in das Sprechzimmer trat, hatten sie sich bereits wieder voneinander gelöst. Doch vergessen würde der Blonde diesen Geschmack niemals wieder. Ebenso wenig, wie diesen atemberaubenden Augenblick an sich. Denn es war einer der besten Augenblicke seines Lebens, gleichwohl er derlei bereits unzählige erlebt haben mochte. Vielleicht war es sogar DER beste Augenblick bisher. Der junge Arzt hielt ihnen einen kleinen Zettel entgegen und lächelte matt: „So, meine Herren. Dies sind die gewünschten Namen, vier an der Zahl. Und zwei davon dürften Sie sehr gut kennen.“ Mit hochgezogener Augenbraue nahm Sasori das Papier entgegen und überflog die Liste der Name, ehe er stutzte: „In der Tat, das erleichtert uns die Arbeit ein wenig. Ich danke Ihnen für Ihre Zeit, Doktor und selbstverständlich für Ihr großzügiges Entgegenkommen.“ Wieder einmal ließ der Rothaarige Deidara zunächst im Dunkeln tappen und steigerte dessen Neugier ins Unermessliche. Welche Namen wohl auf diesem Zettel standen? Während Kabuto die beiden zur Tür begleitete, sprach er ruhig weiter: „Machen Sie sich keine Sorgen, Sasori. Ich helfe gerne, so lange es zur Aufklärung dieser Fälle beitragen kann. Und falls Sie sich durch Ihren heutigen Spaziergang eine Erkältung zuziehen sollten... Sie wissen, wo Sie mich finden können.“ An der Tür hielten die drei kurz inne. Der junge Mediziner sah den Rothaarigen fragend an: „Da fällt mir gerade noch etwas ein, wenn Sie mir doch bitte eine kurze Frage noch beantworten könnten.“ Sein Blick schweifte kurz zu Deidara. „Oder soll ich damit warten, bis Sie mich das nächste Mal alleine aufsuchen?“ Sasori schüttelte den Kopf: „Ach, darum geht es... sprechen Sie ruhig, Doktor.“ - „Nun, ich wollte lediglich wissen, ob Sie ihre Abstinenz noch gut im Griff haben oder ob es neue Zwischenfälle wie damals gegeben hat?“ - „Nein, es ist alles in bester Ordnung. Bisher haben mich die Dämonen der Vergangenheit in Frieden gelassen und ich werde weiterhin alles tun, damit dies auch so bleibt.“ - „Das beruhigt mich zu hören.“ Sasori lächelte gequält: „Und falls sich etwas ändern sollte, so werden Sie immerhin, wie abgesprochen, von Itachi kontaktiert.“ - „Sehr wohl, ich danke Ihnen für Ihre Auskunft. Kommen Sie gut nach Hause, meine Herren.“ Die beiden Ermittler nickten dem Mediziner zum Abschied zu, ehe sie gemeinsam das Haus verließen und von einem noch immer tosenden Unwetter empfangen wurden. Kabuto schloss die Tür, lehnte sich an diese an und lächelte finster. Er wusste um den Plan, den Hidan verfolgte. Er war eingeweiht und seine Dienste wurden von diesem merkwürdigen Gerichtsmediziner fürstlich entlohnt. Es war ihm im Grunde egal, welche Ziele der Silberhaarige genau verfolgte, so lange der Obolus stimmte, der ihm zugute kam. Und bisher war jeder Schritt dieses Plans nahtlos aufgegangen. So langsam empfand er diese ganze Angelegenheit als durchaus unterhaltsam und er fragte sich, ob und wann Sasori und Deidara dahinter kommen mochten. Die beiden Ermittler rückten unter dem Schirm zusammen, der jedoch bei dem böigen Wind eher hinderlich, als hilfreich war. Sasori grinste den Blonden an: „Bevor du fragst, welche Namen auf dem Zettel standen verrate ich es dir. Zwei der vier Personen sind wir beide.“ Mit großen Augen erwiderte Deidara den Blick: „Woher wusstest du denn wieder, dass mich die Neugier so ungemein plagt?“ Er stockte. „Aber wohl fühle ich mich bei dem Gedanken nicht, nun als potentielles Opfer eingestuft werden zu müssen.“ Das Lächeln aus Sasoris Gesicht verschwand, ehe er nickte: „Erstens kenne ich dich schlichtweg zu lange, um diesen Wissensdurst übersehen zu können. Und Zweitens gebe ich dir Recht. Zumindest war meine Sorge nicht unbegründet.“ Er riskierte einen direkten Blick in die strahlenden blauen Augen und seufzte: „Und, ebenfalls aus Erfahrung, mache dir keine Sorge wegen dem...“ Deidara lächelte: „Du meinst dem Kuss?“ - „Ja, den meine ich.“ - „Das tue ich auch nicht.“ Verwundert hob Sasori eine Augenbraue: „Nicht?“ - „Nein. Ich wäre ein Narr etwas so wundervolles zu bereuen.“ Er beobachtete erheitert, wie seinem Freund erneut die Röte ins Gesicht stand. „Abgesehen davon hättest du mich durchaus in meine Schranken gewiesen, hätte ich etwas getan, das du nicht zu tun bereit gewesen wärst.“ Etwas ertappt verschränkte der Rothaarige die Arme und knurrte: „Möglicherweise.“ Der Blonde kicherte: „Du tust es schon wieder.“ - „Was tue ich?“ - „Du lenkst ab.“ - „Das ist nicht wahr... Ich habe dir doch in gewisser Weise Recht gegeben. Was also stört dich?“ - „Nichts, Sasori. Es ist schlichtweg ungemein erfrischend, wenn du versuchst deine Unsicherheit oder gar dein Wohlgefallen zu überdecken mit deiner recht unwirschen Art.“ Seufzend funkelte Sasori den Anderen von der Seite an: „Ich mag es nicht, wenn du solche Dinge sagst.“ - „Ich weiß. Du magst es nicht, weil ich Recht habe.“ - „Woher nimmst du diese Sicherheit für deine Behauptungen?“ - „Ich sehe es in deinen Augen.“ - „Das ist aber unwissenschaftlich.“ Wieder kicherte Deidara erheitert: „Natürlich ist es das! Und das weißt du selbst gut genug.“ Er stockte einen Augenblick. „Mir ist aber auch eine andere Sache nicht entgangen, Sasori.“ Wieder hob sich die Augenbraue des Rothaarigen skeptisch: „Die da wäre?“ - „Ich danke dir, dass du mir vertraust und den Doktor hast offen vor mir sprechen lassen.“ Wieder seufzte der Kleinere: „Mir ist klar, dass ich dir nun weitere Fragen beantworten muss. Aber es freut mich, dass es dir aufgefallen ist.“ Sie erreichten das Haus Sasoris und betraten es völlig durchnässt. Itachi kam aus der Küche in den Flur und nahm den beiden ohne ein weiteres Wort die Mäntel ab, um sie zum Trocknen aufzuhängen. Als er wieder in der Küche verschwunden war sah Sasori den Blonden an und murmelte in gedämpften Ton: „Wir sollten uns zunächst eine wärmende Dusche und frische Kleidung gönnen. Danach wäre ich dir dankbar, wenn du dich mit mir im 'Labor' treffen würdest.“ Deidara nickte: „Selbstverständlich. Bis gleich.“ Sasori saß bereits in dem kleinen staubigen Kellerraum, als er die Schritte seines Freundes auf der Treppe hörte. Groß war ihr „Labor“ nicht, aber groß genug, um nötige Versuche durchzuführen und Vorbereitungen zu treffen. Hauptsächlich lagerten in einigen Regalen Reagenzien und Utensilien, die Deidara noch aus der Zeit besaß, in der er als Wissenschaftler gearbeitet hatte. Diese Leidenschaft war nie versiegt und so hatte der Rothaarige ihm erlaubt, seine Forschungen hier unten fortzusetzen. Er wusste, dass es eine riskante Leidenschaft war, aber er nahm es irgendwie gelassen in Kauf. Eines Tages mochten diese Experimente sich vielleicht als hilfreich erweisen und bis dahin bot es dem Blonden die Möglichkeit, sich wenigstens ein wenig an seiner Berufung erfreuen zu können. Für Sasori selbst war dieser Raum eine Art Werkstatt, in der er nach immer neuen Gerätschaften suchte, die ihn bei seinen Ermittlungen unterstützen konnten. Er suchte stets nach neuen Methoden, um Beweise sichern und besser entdecken zu können. So standen der Tür gegenüber zwei Werkbänke. Eine für sich selbst und eine für seinen Freund. Man konnte den Unterschied kaum übersehen. An seinem Arbeitsplatz herrschte bedingungslose Ordnung. Die Werkzeuge gut sortiert in einem Koffer, die Arbeitsfläche sauber und anstandslos. Die Werkbank des Blonden jedoch bot kaum mehr genügend Raum zum Arbeiten, war sie doch mit allerlei Werkzeug, Drähten und technischem Gerät überhäuft. Doch das alles war am heutigen Tage nicht der Grund, weshalb er hierher wollte. Während Deidara mit noch nassem Haar den Raum betrat, zog Sasori die Schublade seiner Werkbank auf, holte vorsichtig eine verstaubte und kleine Kiste aus Holz hervor. Nachdem er die Lade wieder ordentlich geschlossen hatte, pustete er über die kleine Schatzkiste in seinen Händen und wirbelte eine unerwartet große Wolke aus Jahre alten Feinpartikeln vor sich auf, was ihm unweigerlich ein genervtes Husten entlockte. Er war ja gerade frisch geduscht. Er stellte die Truhe auf seinem Arbeitsplatz ab, setzte sich auf seinen Schemel und winkte Deidara zu sich: „Da bist du ja endlich. Komm her, ich möchte dir etwas zeigen.“ Ohne zu zögern griff der Blonde nach seinem Hocker, zog ihn zu Sasori heran und nahm neben diesem an seiner Werkbank Platz. Alleine dieser Umstand war bereits ungewöhnlich, denn für üblich war es niemandem erlaubt, diesem auch nur zu nahe zu kommen. Doch nun saßen sie nebeneinander an ebendiesem, während Sasori vorsichtig den Deckel der hölzernen Kiste öffnete und seufzte: „Hier drin findest du alle Erinnerungen, die ich habe und die ich zu vergessen versuche.“ Er lachte trocken. „Wer hätte gedacht, dass ich sie jemals wieder in Händen halten würde. Aber sei es drum...“ Er holte einen kleinen Stapel Fotos hervor und hielt einen Moment lang inne. Noch immer lösten diese Bilder so viele Erinnerungen und Schmerzen in ihm aus, als seien sie erst gestern entstanden. Er hob ein erstes Bild empor, auf dem ein Ehepaar mit einem kleinen Jungen und einem Baby abgebildet war. Ohne den Blonden anzusehen hauchte Sasori so gefasst, wie es ihm möglich war: „Dieses Bild war ein paar Tage nach meiner Geburt entstanden.“ Deidara nahm es ihm ab und betrachtete es genauer. Nach einer glücklichen Familie sah es ihm irgendwie nicht aus. Der große Mann zeichnete sich in erster Linie durch einen strengen Blick und seiner Ähnlichkeit zu dem Jungen vor sich aus. Seine Züge waren markant, seine Hände groß, sein Kreuz breit und sein Gesicht wirkte lieblos. Der kleine Junge vor ihm konnte nicht älter als 9 oder 10 Jahre alt sein. Er trug die Kappe eines Polizisten und hatte ähnlich strenge Züge im Gesicht, wie der Mann. Und doch hielt er voller Stolz das kleine Baby auf dem Arm. Die Frau sah erschöpft und müde aus, aber vor allem unglücklich. Statt zu lächeln ließ sie ihre Mundwinkel hängen, krallte sich in den Ärmel ihres Mannes und strich mit der anderen Hand dem kleinen Jungen über die Schulter. Deidara sah seinen Freund von der Seite an und hauchte: „Ein merkwürdiges Bild, wenn ich ehrlich sein darf.“ - „Nun, es ist das Einzige, das uns alle Vier zeigt.“ Sasori stockte. „Du musst wissen, meine Mutter litt unter einer Depression, da sie keine Beziehung zu mir aufbauen konnte. Mein Vater riet ihr zu einem kleinen Urlaub...“ Seine Stimme würde mit jedem Wort brüchiger, doch noch nie war Sasori jemand gewesen, der auf halbem Wege umkehrte. Er hatte die Sache begonnen, also würde er sie nun auch durchziehen. Schließlich seufzte er: „Er riet ihr zu einem Urlaub, in dem sie Abstand gewinnen sollte. Also fuhr sie mit meinem Bruder los, damit sie nicht ganz alleine war.“ Seine Augen begannen zu brennen. „Sie kamen nie wieder...“ Mit einer Handbewegung deutete er dem Blonden an weder etwas zu sagen, noch etwas zu tun und griff zum nächsten Bild, auf dem sein Bruder mit einem Jungen zu sehen war. Deidaras Augen weiteten sich. Dieser Junge kam ihm so ungemein bekannt vor. Ehe er fragen konnte, erklärte der Rothaarige weiter: „Das ist mein Bruder mit seinem besten Freund. Du kennst ihn.“ - „Itachi?“ Sasori nickte: „Ja, kein Geringerer. Da mein Vater mit mir umzog, habe ich ihn in Kindertagen nie kennenlernen können. Und doch führte ein Versprechen uns eines Tages zusammen...“ Er wusste nicht genau wieso, zumal es absolut unpassend war, aber Deidara spürte einen Anflug von Eifersucht in sich. Doch wieder sprach Sasori mit eisernem Willen und schwacher Stimme weiter: „Er hat meinem Bruder einst als kleiner Junge das Versprechen gegeben immer für mich da zu sein, sollte mein Bruder mal verhindert sein. Und so ist es pure Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet dieses Versprechen mein Leben gerettet hat...“ Mit zittrigen Fingern ließ er das Foto los und seufzte. „Mein Vater hat mir die Schuld gegeben für den Tod meiner Mutter und meines Bruders. 16 lange Jahre, jeden Tag, bei jeder Gelegenheit. Er hatte sich so sehr gewünscht, dass ich statt meines Bruders und meiner Mutter gestorben wäre... bis ich es mir fast noch sehnlicher gewünscht habe. Und es bis heute an manchen Tage noch tue...“ Der Blonde schluckte schwer. Welches Kind war dazu fähig, solche Worte zu verarbeiten? Welcher Vater war dazu imstande sein eigenes Kind mit solchen Worten zu zerstören? Es war ein grauenhafter Gedanke, alleine bei dem Versuch es sich vorzustellen. Denn er war sich durchaus bewusst, dass seine Vorstellung vermutlich nicht im Ansatz die Realität hätte erfassen können. Ein letztes Foto wurde von Sasori hochgehoben und Deidara schlug vor Schreck seine Hand vor den Mund. Diese Reaktion nicht beachtend erzählte der Rothaarige weiter: „Dieses Foto hat Itachi geschossen. Als Mahnung für die Zukunft.“ Der Blonde spürte, wie der Anblick ihm die Tränen in die Augen presste. Es war grauenhaft und zutiefst bestürzend. Das Bild zeigte seinen geliebten Freund in einem Bett liegend. Das Gesicht war eingefallen, der Blick schrie regelrecht nach Erlösung und Todessehnsucht. Der gesamte Körper schien lediglich noch aus Haut und Knochen zu bestehen, die dürren Arme von Schnittwunden übersät. Krampfartig war der zerstörte Körper auf dem Bett zusammengerollt und starrte apathisch an eine Zimmerwand. Während Deidara ungehalten, aber leise zu weinen begann, sprach Sasori mit erschreckend zittriger Stimme weiter: „Er hat damals als Pfleger in dem Krankenhaus seinen Dienst verrichtet und meinen Namen gleich erkannt. Wäre er nicht gewesen, so hätte der Oberarzt mich aufgegeben.“ Er lächelte überaus gequält. „Und seither werde ich ihn nicht mehr los. Ich werde die Schuld wohl nie begleichen können.“ Der Blonde schniefte kurz, ehe er sich zu Sasori drehte und diesen wortlos fest in seine Arme schloss. Der Rothaarige zitterte, er hatte den Kampf gegen die Emotionen verloren. Sein Gesicht in Deidaras Halsbeuge vergrabend weinte er die ersten leisen Tränen seit Jahren. Und es tat einfach nur unheimlich gut... Kapitel 12: Die Macht der Sonne ------------------------------- ~Hallo ihr Lieben, herzlichen Dank an meine fleißige Kommi-Schreiberin ^.^ Und auch lieben Dank an alle Favoriteneinträge. Ich habe mich mit diesem Kapitel etwas schwer getan, weshalb es etwas länger gedauert hat. Trotzdem ist es, in meinen Augen, ganz gut geworden. Viel Spaß und LG Galenhilwen~ „Hättest du eventuell die Güte und würdest das Zappeln unterlassen? Wenn du damit nicht aufhörst, dann werden wir wohl nie fündig, denn jeder Mensch im Umkreis von Meilen ist vorgewarnt durch deinen permanenten Tumult.“ knurrte Sasori, der den Blonden an seiner Seite genervt anblickte. Deidara jedoch erwiderte diesen Blick und fauchte: „Es ist schlichtweg zu eng hier drin. Und mein Rücken schmerzt noch von den letzten zwei Nächten, die wir hier auf scheinbar nichts und niemanden zu warten verdammt sind.“ Die Plane über ihnen raschelte und die Bewegungen Deidaras brachten das kleine Boot gefährlich zum Wanken. Der Rothaarige verlor langsam, aber sicher seine Geduld: „Ich wiederhole mich nun wahrlich nicht gerne und das ist dir durchaus bekannt. Also... BITTE... halt endlich still. Oder wäre es dir lieber, wenn ich mich wieder AUF dich lege, statt brav NEBEN dir zu lauern?“ Keuchend strampelte der Blonde noch ein wenig herum und maulte: „Es ist nicht so, dass ich mir nicht bereits vorgestellt hätte, wie es wäre eine Nacht an deiner Seite zu verbringen, DAS jedoch ist hochgradig schwachsinnig. Leg du dich doch nach unten, viel bequemer als das hier ist es wahrlich nicht.“ Ein süffisantes Grinsen stahl sich auf Sasoris Gesicht: „Das hättest du wohl gerne. Dann würde ich nichts mehr erkennen können und du scheinst mit den Gedanken ja nun wahrlich nicht bei der Sache zu sein.“ - „Grmpf... es ist mir nicht entgangen, dass du versuchst mich aufzuziehen. Doch das lasse ich nicht zu, da ich genau weiß, dass es dir nicht anders ergeht, wie mir.“ - „So so, das weißt du also, hm? Hochinteressant, wirklich, aber absolut nebensächlich. Vergiss nicht, weshalb wir hier sind, mein Freund.“ Jetzt reichte es dem Blonden und er kniff seinem Gegenüber ungeniert in die Seite, der aufgeregt quiekte und fauchte: „Was sollte das denn bitte?“ - „Du machst dir Sorgen um mich, küsst mich, vertraust mir und erzählst von dir... un nun tust du wieder, als sei nie etwas gewesen. Ich erinnere dich schlicht daran, auf dass du es nicht zu vergessen drohst.“ Er begann zu grinsen. „Verzeih mir, aber ich bin auf den Geschmack gekommen und nicht einmal du bist in der Lage mir das wieder zu entziehen. Dafür werde ich sorgen.“ Sasori seufzte: „Es ist nicht gerade förderlich mir meine Schwäche ewig vorzuhalten, Deidara. Ich war aufgebracht, ja... Aber das hat nicht zu heißen, dass ich zu einem... emotionalen Hochleistungssportler mutiere.“ - „Wer sagt, dass ich dies von dir verlange?“ - „Na, du!“ - „Nein, das habe ich nicht. Ich möchte lediglich, dass du nicht so tust, als sei ich dir egal, obwohl wir beide wissen, dass dem nicht so ist.“ „Sei ruhig und halte endlich still. Ich wäre dir zu Dank verpflichtet, wenn wir das daheim klären könnten.“ knurrte der Rothaarige. Deidara jedoch schüttelte den Kopf: „Nein, das möchte ich nicht, denn ich bin nicht...“ Plötzlich presste Sasori den Blonden nach unten und drückte seine Hand auf den niemals still zu kriegenden Mund, ehe er raunte: „Da sind sie, schau.“ Der zur Ruhe gebrachte schaute vorsichtig auf und erblickte die verhüllten Menschen, die mit Fackeln am Rand des Hafenbeckens entlangliefen und auf das Gebäude zusteuerten, aus dem die beiden Ermittler sie beim letzten Mal heraustreten sahen. Mit konzentrierten Blicken verfolgten sie, wie die Gruppe aus gut einem Dutzend Verhüllter in diesem Gebäude verschwanden, ehe Sasori seinen Griff lockerte und augenblicklich unter der Plane hervor kletterte. Er war nicht böse darum, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben und auch Deidara fühlte sich außerhalb des kleinen Bootes sichtlich wohler. Dennoch verschränkte er die Arme und raunte: „Das Glück ist dir mal wieder holder, als es dir zusteht. Glaube aber nicht, dass ich unser Gespräch vergessen werde, das werden wir so bald wie möglich fortsetzen.“ Der Rothaarige winkte ab und marschierte los: „Ja, von mir aus. Aber jetzt gib endlich Ruhe und folge mir. Genug der verschwendeten Zeit.“ Die beiden pirschten auf leisen Sohlen an das Gebäude heran. Es handelte sich um eine der vielen Lagerhallen, die den Hafen dominierten. Fensterlos ragten die Wände hoch über ihre Köpfe, von einem flachen Dach bedeckt und vor der Witterung geschützt. Sasori ging vor der Tür in die Hocke und spähte durch das Schlüsselloch. Etwas enttäuscht murmelte er mehr zu sich selbst, als zu seinem Freund: „Verflucht, nichts zu erkennen. Dann müssen wir es riskieren und uns hineinschleichen.“ - „Bist du des Wahnsinns? Was, wenn sie uns entdecken?“ Der Rothaarige erhob sich wieder und lächelte: „Das ist ganz einfach. Sind sie von hier aus nicht zu erkennen, so haben wir beim Eindringen die Tür näher bei uns, als die Verhüllten. Und im Schutze der Nacht werden sie uns nicht einholen, zumal diese Leute stets darauf bedacht sind nicht gesehen zu werden.“ - „Also mal wieder eine bloße Abwägung der Wahrscheinlichkeiten?“ - „Exakt. Sollten sie es jedoch tatsächlich auf unsere Verfolgung absehen, so haben wir noch einen letzten Trumpf, mein Lieber.“ - „Der da wäre?“ Sasori seufzte: „Schön, dann erkläre ich dir auch das noch. Falls wir sie nicht abzuschütteln fähig sind wird uns unser Weg in den 'Hering' führen. Verstehst du nun, worauf ich hinaus möchte?“ Der Blonde überlegte einen Moment, ehe er mit großen Augen aufsah und leicht den Kopf schüttelte: „Du willst mir doch nicht allen Ernstes sagen, dass du dich darauf verlässt dort auf Kakuzu und diese anderen Gestalten zu treffen?“ Der Kleinere blieb ihm eine Antwort schuldig, sondern legte grinsend seine Hand auf die Türklinke. Vorsichtig und ohne ein Geräusch zu verursachen drückte er diese hinunter und schob die sperrige Holztür nach innen. Zaghaft streckte er seinen Kopf durch den Spalt und sah sich um. Tatsächlich schimmerte der Schein der Fackeln am anderen Ende der Halle. Besser konnte es in seinen Augen nicht laufen. Leise schlich er nun ganz hinein und deutete Deidara mit einem Handzeichen an ihm zu folgen. Der Blonde betrat nun ebenfalls vorsichtig das Gebäude, schloss vorsichtig hinter sich die Tür und sah sich um. Im Halbdunkel türmten sich reihenweise Kisten übereinander. Leinen, Netze und anderes Werkzeug für die Fischerei schien hier zu lagern und dominierte das Bild. In lieblosen Haufen lagen die Fischernetze aufeinandergelegt, Planen und Bottiche, Taue und Anker lagen an den Außenwänden herum. Die Mitte wurde von hohen massiven Regalen abgeschnitten und war mit Kisten voll gestellt. Der Geruch von Salz und Fisch zog aus jedem Gegenstand, die hier lagerten und füllten die von der nachmittäglichen Sonne aufgewärmte Luft auf eine unangenehme Art und Weise. Es war stickig und warm. Doch Deidara wusste, dass ihn dies nun nicht zu stören hatte. Es gab Opfer, die man als Ermittler, und insbesondere als solcher an Sasoris Seite, erbringen musste. Die beiden pirschten sich vorwärts durch die wirren Stapel und Haufen hindurch, bis die das der Tür gegenüberliegende Ende der Halle erreicht hatten. Dort wandten sie sich nach rechts und erhaschten einen direkten Blick auf die Verhüllten, die in einem Kreis dort verharrten und leise murmelten. Einer von ihnen jedoch stand in ihrer Mitte und schien ein wenig nervös zu sein. Sasori sah seinen Freund an und flüsterte: „Versuchen wir näher heran zu kommen. Ich möchte wissen, was sie sagen.“ Nach gut 10 Metern hatten sie etwa die Hälfte der Strecke hinter sich gebracht und niemand nahm von den zwei Schattengestalten Kenntnis. Der Rothaarige zog Deidara hinter einem Stapel aufgehäufter Netze, hinter dem sie kniend Stellung bezogen. Das Gemurmel war nun recht deutlich zu vernehmen, auch wenn die Verhüllten in einer Sprache zu reden schienen, die Sasori nicht verstand oder spontan erkannte. Ihr Versteck bot alle nötigen Bedingungen: sie waren dem Geschehen nahe genug, um es belauschen zu können, weit genug entfernt um nicht entdeckt zu werden und verdeckt genug, um auch dann unentdeckt zu bleiben, sollte die Gruppe diesen Weg nach draußen wählen. Gebannt beobachteten sie, wie das Murmeln verstummte und die Personen, bis auf diejenige in der Mitte, einen Schritt zurück traten. Einer der Verhüllten hob bedächtig seine Arme und sprach gut hörbar mit ruhiger Stimme: „Brüder und Schwestern. Es ist mir eine Freude unser neuestes Mitglied willkommen zu heißen und in die Geheimnisse unseres Herrn, dem großen und mächtigen Jashin einzuweihen.“ Die anderen raunten im Chor: „Willkommen, Bruder.“ Der Erste sprach weiter: „Fortan wird dein Name Yoshi sein, der nur dem Gehör deiner Brüder und Schwestern gedacht ist.“ Wieder der Chor: „Willkommen, Yoshi.“ Der Erste sprach ruhig weiter: „Bruder Yoshi. Du hast dich bereit erklärt, die Lehren und die Pflichten der Jashinisten zu befolgen und zu ehren, umserem Herrn Jashin Treue zu schwören und ihm bedingungslos zu dienen. Dafür sollst du seine Stärke teilen, das Geschenk seiner Herrlichkeit erhalten: die Unsterblichkeit.“ Er pausierte kurz. „Doch noch hast du einen langen Weg vor dir, Bruder. Fortan wirst du das Sonnenlicht meiden, dich dem Schutz der Dunkelheit hingeben, auf dass der Prozess zu deiner vollständigen Aufnahme in den Kreis der Unsterblichen gütlich verlaufen mag. Licht und Tag sind unser Feind, bis wir die Sphäre absoluter Perfektion und Unantastbarkeit erreichen.“ Wieder folgte eine theatralische Sprechpause. Der Sprecher sah in die Runde und faltete die Hände vor dem Gesicht zusammen, mit dem Jashinanhänger von seinem Hals zwischen den Fingern: „Großer Jashin, heiße Bruder Yoshi willkommen und schenke ihm die Stärke, deiner würdig zu werden, wie es der große Prophet zu sein pflegt. Lasse auch ihn wachsen und gedeihen, auf dass er mit uns einst dem großen Propheten folgen wird. Großer und mächtiger Jashin, es soll dein Schaden nicht sein. Der Opfer wird es zahlreiche geben, ihr Blut wird deinen Durst stillen, ihr Fleisch denen Hunger befriedigen.“ Das Symbol in seiner Hand begann zu leuchten. Das grelle violette Licht schien sich in den Händen des Sprechers zu bündeln, der diese nun ausstreckte und den Neuling zu sich winkte. Dieser trat an den Jashinisten heran und zog seine Kapuze von seinem Kopf. Für einen Augenblick hielt Sasori den Atem an. Er kannte diesen Jungen. Es war der Knabe, den er damals im „Hering“ beobachtet hatte. Der Sprecher legte dem Jüngling die Hand mit dem fokussierten Lichtkegel auf die Stirn, die dieses Leuten umgehend zu absorbieren schien. Geradezu unheimlich violett leuchtende Adern durchzogen vom Haupt des jungen Mannes aus nach und nach den gesamten Körper, bis dieser vollständig bedeckt war. Das Leuchten erlosch und der Sprecher schien zu lächeln. Das zumindest verriet die Art, wie er seine Rede fortsetzte: „Großer mächtiger Jashin, wir danken dir für deine Obhut und legen Bruder Yoshi demütig in deine schützenden Hände. Er wird ein treuer Diener und deine Großmütigkeit nicht enttäuschen.“ Er legte dem Jungen seine Hand auf die Schulter. „Nun, Bruder Yoshi, die Zeit ist gekommen. Bald wirst du dein erstes Opfer bringen. Doch vergiss nie: die Sonne ist fortan dein Feind, sie wird die Zellen deines jungen Körpers zerstören, so lange du nicht die Sphäre der Perfektion erlangt hast.“ Der Jüngling verbeugte sich und sprach: „Ich werde es nicht vergessen und dem Herren ein treuer Diener sein.“ Der Erste nickte: „Unser Prophet wird Gefallen an dir finden, Bruder. Kehren wir in die Obhut seiner Herrlichkeit zurück, ehe der Tag die Nacht besiegt.“ Der Chor sprach seit längerem wieder: „Jawohl, Bruder. Ein Hoch auf Jashin und seinen Propheten.“ Die Gruppe reihte sich hintereinander auf, folgte dem Sprecher und schritt gewohnt ruhig in Deidaras und Sasoris Richtung. Der Rothaarige reagierte schnell, legte sich auf den Boden und presste sich dicht hinter den Stapel Netze. Der Blonde sah erschrocken kurz auf, ehe er von seinem Freund am Arm zu sich gezogen wurde. Etwas unbeholfen landete er auf Sasori und ließ sich nur zu gerne in eine Umarmung ziehen. Die Arme des Kleineren bedeckten seinen Kopf und drückten ihn an dessen Schulter. Deidara mochte sich gar nicht vorstellen, was mit ihnen geschehen würde, sollten diese Leute sie tatsächlich entdecken. Doch der ruhige Herzschlag seines Gegenüber schien auch ihm ein wenig die Angst und Nervosität zu nehmen. Nicht einmal einen Atemzug traute er sich zu tätigen, rührte sich nicht einen Millimeter und krallte seine Finger in den Mantel des Rothaarigen. Ja, Deidara hatte Angst und er war nicht unbedingt stolz darauf, doch er stand dazu. Eine falsche Bewegung würde sie vermutlich das Leben kosten und er war überzeugt, dass dies eine Situation war, in der auch ein Mann zu Angst fähig sein durfte. Noch hatte er nämlich nicht vor, dem sicheren Tod ins Auge zu blicken. Viel weniger noch, als früher bereits. Denn nun gab es jemanden, der ihn beschützte, ihn nicht für die Angst verurteilte und sich um ihn sorgte. Und er war nicht bereit, dies wieder aufzugeben. Nicht jetzt und nicht hier. Die Verhüllten passierten ihr Versteck. Das Flackern des Feuers drang hin und wieder durch Spalten und Ritzen, tauchte die beiden Ermittler jedoch nicht in Licht. Sie waren eins mit der Dunkelheit, hielten ihren Atem an und schlossen ihre Augen gebannt. Harrten aus, lauschten den Schritten und trauten sich erst in dem Augenblick das Öffnen ihrer Augen zu, als sie das Geräusch der sich schließenden Tür vernahmen. Sasori lockerte seinen Griff, blickte dem Blonden in die funkelnden blauen Augen und wisperte: „Alles in Ordnung, Deidara?“ Der Angesprochene nickte und fand zu seiner Atmung zurück, ehe er hauchte: „So weit man in dieser Situation davon sprechen kann, ja.“ Sasori lächelte leicht: „Wir sollten gehen...“ - „Nein.“ Er sah den Kleineren etwas betreten an und seufzte: „Noch nicht... ich habe... bitte, Sasori, halt mich noch ein wenig fest...“ Beruhigt merkte er, wie sich die Arme des Rothaarigen um seine Taille legte und ihn an dessen Körper drückten. Kein Wort mehr verließ dessen Lippen. Er zog ihn tatsächlich nicht auf, sondern kam seiner Bitte einfach nach. Erleichtert ließ Deidara seinen Kopf auf die Brust Sasoris sinken und lauschte dem leicht erhöhten Herzschlag. Nur schwerfällig hielt er sich davon ab einfach einzuschlafen, doch es war zu schön. Die Augen schloss er und wünschte sich zum ersten Mal in seinem Leben, dass ein einziger Moment ewig währen sollte. Kapitel 13: In der Höhle des Löwen ---------------------------------- Man konnte nicht behaupten, dass zwei vollkommen ereignislose Tage vergangen waren. Doch ebenso wenig war es richtig zu behaupten, dass gravierende Neuigkeiten ins Haus gestanden hätten. Zwei Tage und Nächte hatte sich in Bezug auf den Fall nichts Nennenswertes ergeben. Doch trotz, oder aber möglicherweise gerade wegen, des Geschehens in der Lagerhalle hatte Deidara sein Anliegen nicht vergessen gehabt und war Sasori auf Schritt und Tritt gefolgt, bis dieser sich zu einem Gespräch bereit erklärt hatte. Und nun musste der Rothaarige irgendwie zugeben, dass die Hartnäckigkeit seines Freundes zu einer deutlichen Entspannung ihrer privaten Verhältnisse geführt hatte. Zumindest gab der Blonde seither Ruhe. Sasori hatte ihm versichert, dass er sich dazu bereit erklärte die Dinge hinzunehmen wie sie waren, dafür jedoch die Zeit bekam, die er benötigte. So versuchte er Deidara nicht ständig abzublocken, aber gleichwohl zu bestimmen was er zulassen wollte und was nicht. Und zu seiner eigenen Überraschung war diese Vereinbarung durchaus in Ordnung für ihn. Für sie beide. Die zweite Nacht nach ihren Beobachtungen war hereingebrochen und die beiden Ermittler hatten beschlossen den belebten Hafen vorerst hinter sich zu lassen, um in dem stillgelegten Teil ihre Suche fortzusetzen und zu intensivieren. Akribisch untersuchten sie jede Gasse, jeden Weg, jede Fassade. Doch nichts erschien ihnen verdächtig. Bis sie auf einen kleinen Platz inmitten einiger steinerner und rustikaler Gebäude traten, der von Kopfsteinpflaster gesäumt war und sich alleine dadurch vom Rest des nahezu gesamten Hafens abhob. Sasori blieb stehen und sah Deidara mit hochgezogener Augenbraue an: „Schau mal, dort drüben.“ Der Blonde spähte in die von seinem Freund angedeutete Richtung, griff seine Fackel etwas fester und schritt langsam auf das Objekt der Begierde zu. Dann sah er über seine Schulter und schüttelte leicht den Kopf: „Was will man in einem Hafen denn bitte mit einem Brunnen?“ Der Rothaarige schloss auf und die beiden Ermittler lehnten sich über den aus großen Steinen geformten Ring. Doch viel zu erkennen gab es für die beiden nicht. Bereits nach knapp 4 Reihen Stein, eine mehr als der Brunnen den Boden unter ihren Füßen überragte, verschlang eine tiefschwarze Dunkelheit den Schein ihrer Fackeln und verbarg den Betrachtern das Geheimnis, was sich wohl unter ihnen befinden mochte. Sasori stutzte: „Merkwürdige Konstruktion, in der Tat. Es sind keine 20 Meter Fußweg zum Hafenbecken und ich kann mir nur schwer vorstellen, dass dieser Brunnen Trinkwasser zu befördern scheint.“ Deidara kratzte sich am Kopf und trat wieder einen Schritt zurück, ehe er mit den Schultern zuckte und gedankenverloren murmelte: „Schön und gut. Aber welchen Sinn erfüllt er dann? Und davon einmal ganz abgesehen... ist es für uns wirklich von Belang oder befriedigst du schlichtweg lediglich deine Neugierde?“ Der Rothaarige sah seinem Freund in die Augen und kicherte: „Aber Deidara. Ich würde nicht einen Fall abschließen, wenn ich mich ausschließlich für die Dinge interessiere, die offensichtlich eine Spur bereiten. Oft ergeben sich erst im Nachhinein die Zusammenhänge.“ Auch er trat einen Schritt zurück und legte dem Blonden seine Hand auf die Schulter: „Ohne eine gewisse Portion Neugierde wäre ich vermutlich ein miserabler Detektiv. ALLES kann ein Hinweis sein, wenn man sich auf dem richtigen Pfad bewegt.“ Nun lächelte auch Deidara, jedoch sanft und auf eine gewisse Art bewundernd: „Touché. Ich werde nie ein solch glorreicher Ermittler werden wie du.“ - „Das ist auch nicht nötig.“ Nun funkelte in den blauen Augen Deidaras Verwunderung auf und Sasori fuhr schmunzelnd fort: „Deine Geschicke liegen eben nicht unbedingt in der Arbeit eines Ermittlers. Was selbstredend nicht bedeuten soll, dass ich dich für unfähig halte. Ich wollte damit lediglich sagen, dass deine Passion, dein Talent, eben anderswo liegt. Und das ist und bleibt die Arbeit mit hochgradig gefährlichen Sprengstoffen.“ Deidara lächelte, legte seine Hand auf die von Sasori, welche auf seiner Schulter ruhte, und nickte: „Danke. Dieses Lob bedeutet mir viel und...“ Er hielt inne. Leise hauchte er: „Sasori, schau nur, da vorne. Ich fürchte wir kriegen Gesellschaft.“ Der Blonde war zwar ein wenig erbost, dass sie wieder einmal mitten in einem Gespräch unterbrochen wurden, doch irgendwie war er bereits zum Teil daran gewöhnt. Ein vollständiges Gespräch war doch eigentlich nun wahrlich nicht zu viel verlangt. Vermutlich suchte er sich jedoch auch stets einen ungünstigen Moment für derlei Dinge aus. Sasori sah sich um. An einer Hauswand, die zu einer kleinen Gasse gehörte, flackerte der Schein von Fackeln, welcher sich offensichtlich in ihre Richtung bewegte. Kurzerhand entriss er Deidara dessen Lichtspender und ließ diesen gemeinsam mit seinem eigenen in den Brunnen fallen, so dass sie von der Dunkelheit der Nacht umhüllt wurden. Er griff den Blonden an dessen Handgelenk und zog diesen anschließend mit ein paar Schritten hinter sich her in eine andere Gasse hinein. Neugierig schoben die beiden Ermittler ihre Köpfe an der Hausecke hervor und harrten der Dinge, die da kamen. Die Gruppe der Verhüllten schritt andächtig auf den Platz und wanderte zielsicher auf ein Haus zu, welches gegenüber des Hafenbeckens stand und von allen hier befindlichen Gebäuden die größte Entfernung zum Wasser aufwies. Einer der Kuttenträger öffnete die unscheinbar wirkende Haustür und wartete geduldig, bis seine Brüder und Schwestern in dem kleinen Haus verschwunden waren, ehe er ihnen folgte und hinter sich die Tür wieder schloss. Der Schein der Fackeln züngelte ungeduldig mit den Schatten tanzend durch das Fenster. Mit einem erneuten Griff um das Handgelenk zog Sasori seinen Freund wieder hinter sich her, bis sie wieder am Brunnen angelangt waren und dort hockend Stellung bezogen. Neugierig verfolgten die beiden Ermittler, wie der Schein des Feuers in dem Haus sich von ihnen entfernte und sich der Dunkelheit wieder zu ergeben drohte. Vorsichtig pirschten Sasori und Deidara auf das Haus zu, an dem sie sich geduckt unter das große Fenster hockten. Der Rothaarige jedoch wollte diese Spur nicht auch wieder verlieren und wagte einen schüchternen Blick durch die Scheibe ins Haus hinein. Die Verhüllten verschwanden durch eine Tür aus seinem Blickfeld und nahmen das Licht ihrer Fackeln mit sich. Wohin auch immer diese Gestalten wollten, dieses Mal würde er es herausfinden. Er hatte es im Gefühl, dass sie dem Geheimnis ungemein nahe gekommen waren. Bisher hatten alle Spuren hierher geführt. Es musste hier etwas geben, das ihm weiterhelfen könnte. Beherzt zog er den Blonden wieder hinter sich her und wisperte: „Deidara, ab sofort verlässt kein Wort mehr unsere Lippen. Wir bewegen uns möglicherweise in die Höhle des Löwen. Bist du bereit?“ Der Angesprochene schluckte schwer und maulte leise: „Nein, eigentlich nicht. Aber ich kenne dich zu lange und zu gut um nicht zu wissen, dass mein Befinden dich nicht davon abhalten wird denen zu folgen.“ Sasori lächelte und öffnete die Tür. Leise betraten die beiden das Haus und sahen sich rasch um. Es war zu dunkel, um wirklich etwas erkennen zu können. Deutlich war alleine nur, dass sie sich in einem kleinen Flur befanden, rechts von ihnen die Tür zu einem Zimmer lag und direkt dahinter, ebenfalls auf der rechten Seite, eine Treppe in die obere Etage führte und eine weitere durch eine Tür betreten werden konnte. Da sich im Haus selbst nichts weiter tat vermutete der Rothaarige, dass die Verhüllten genau hier verschwunden sein mussten und diese Treppe in den Keller zu führen schien. Langsam schritt er voraus, von Deidara dicht gefolgt. Zu seiner Verwunderung knarzte es nicht unter seinen Füßen. Im Gegensatz zu der Treppe aufwärts bestand diese, auf der sie sich befanden, aus massivem Stein und erlaubte ein geräuschloses Vorankommen. Ohne Wiederworte oder Gegenwehr ließ er seine Hand von Deidara greifen und feste drücken. Es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass es jemanden gab, den er beschützen konnte und dem er das Gefühl von Sicherheit vermittelte, selbst wenn es, wie in diesem Fall, keinerlei wirkliche Sicherheit gab. Wortlos schritt er Stufe um Stufe mit dem Blonden an seiner Hand weiter hinab. Endlos schien die Wendeltreppe sich in das Erdreich zu bohren. Bis sie das warme Licht von Feuer an der Wand flackern sahen und einen Augenblick innehielten. Behutsam arbeitete Sasori sich nun, vorerst wieder alleine, Zentimeter um Zentimeter vor, bis er sehen konnte, was am Ende der Stufen auf sie wartete. Es war gleichermaßen beeindruckend wie erschreckend. Ein Gang eröffnete sich ihm, der von der Treppe aus nach rechts und geradeaus führte. Links des Ganges, der geradeaus führte und für Sasori als einziger einzusehen war, waren massiven steinerne Mauern, die ab und an von schweren hölzernen Türen durchbrochen wurde. Rechts jedoch säumte eine massive Brüstung aus schwarzem Stein, von imposanten dunklen Steinsäulen gespickt, den Rand und ließ einen flüchtigen Blick auf das erhaschen, was sich dahinter verbergen mochte. Vorsichtig winkte der Rothaarige seinen Freund heran, ehe er mit einem prüfenden Blick nun vollständig um die Ecke zu ihrer Rechten schaute. Und erst dadurch wurde ihm das Ausmaß dieser Anlage tatsächlich bewusst. Der Gang umschloss eine riesige Halle, die an jeder Seite wenigstens 40 bis 50 Meter lang zu sein schien und am anderen Ende kaum mehr zu erkennen war, da sie sich in ein unwirkliches Licht aus blau und schwarz gekleidet nur unwesentlich von absoluter Finsternis abhob und eine Kälte ausstrahlte, die weniger mit Temperaturen, als mit Empfindungen zu tun hatte. Selbst Sasori spürte die eisige Gänsehaut auf seinem gesamten Körper, die ihm langsam in jedes einzelne Glied zu kriechen gedachte. Zu seiner Erleichterung war jedoch keine einzige Person in Sichtweite, so dass er Deidaras Handgelenk ein weiteres Mal an diesem Abend griff und die beiden Ermittler sich in geduckter Haltung bis zur Brüstung pirschten. Er konnte das Zittern des Blonden deutlich spüren, auch wenn er am eigenen Leib bebte vor Aufregung und doch auch Furcht. Das fahle Licht wirkte kalt und grausam, die Steine massiv und abschätzig, die Kuppel über der riesigen Halle bedrohlich. Es war kein Ort, an dem man sich gerne aufhielt. Es war ein böser Ort, die Luft schien vor diabolischer Präsenz zu vibrieren und eine leise Stimme in seinem Hinterkopf verlangte schlichtweg nur eines: Lauf! Doch zu nahe war er dem Geheimnis dieser Verhüllten. Zu nahe dem Täter, der sich seiner Überführung bereits viel zu lange entzog. Und viel zu nahe war Sasori dem Gefühl endlich sein Meisterstück zu einem Ende zu bringen und mit dem Zeit seines Lebens ersehnten Stolz in Berührung zu kommen. Ein nie gekannter Stolz aus sich selbst heraus, die Bestätigung, dass er tatsächlich ein Meister seiner Klasse war. Sein Beweis, dass die Worte seines Vaters Lügen gestraft würden. Er konnte nicht aufgeben. Nicht jetzt und nicht hier. Langsam erhob sich der Rothaarige und erlangte nach und nach einen Blick auf das, was seine bisherigen Eindrücke vermutlich um Längen in den Schatten zu stellen fähig war. Seine Augen weiteten sich und, ohne den Blick von dem Gesehenen abwenden zu können, zog er auch Deidara abwesend in eine aufrechte Position, dem es ebenso durch Mark und Bein zu kriechen schien, wie ihm selbst. Problemlos über 50 Meter trennten die Ermittler an ihrer Position vom Boden der Halle. Eine Art Laufsteg aus schwarzem Stein führte genau in der Mitte von einer Seite zur anderen und mündete ihnen gegenüber in ein imposantes Podest, welches über ein paar Stufen zu betreten war. Links und rechts des Laufstegs tummelten sich zahllose Verhüllte, es mussten derer hunderte sein. Fackeln erhellten den steinernen Weg durch ihre Mitte und auch das Podest, welches trotz ihrer Entfernung dazu einen infernalischen Eindruck machte. Ein Altar türmte sich vor einer Wand auf. An der Wand selbst prangerte ein gut 10 mal 10 Meter großes Jashinsymbol, aus menschlichem Blut aufgetragen und von einer drohenden und Unheil verkündenden roten Färbung. Sasori stutzte. Ein letzter Teil schien dem Symbol jedoch zu fehlen, es war unvollständig. Die Frage nagte an ihm, was dies nur zu bedeuten hatte. Mochte das etwas mit dem ominösen Propheten zu tun haben, von dem sie zwei Nächte zuvor erfahren hatten? Er unterbrach seine Überlegungen, da einer der Verhüllten aus den vordersten Reihen zum Altar schritt, die Hände bedächtig hob und die für eine solche Menschenansammlung unheimliche Stille übertönte: „Brüder und Schwestern. Die Zeit rückt näher, da unser Prophet endlich die Sphären der absoluten Perfektion, der absoluten Unsterblichkeit erlangen wird. Wollen wir ihn ehren, wie es einem Propheten gebührt.“ Jeder einzelne der anwesenden Hundertschaft sprach gleichmäßig mit im Chor: „Heil dem Propheten.“ Der Mann auf dem Podest sprach weiter: „Zuvor jedoch wollen wir Jashin, unserem Herrn, unseren Dank und unsere Demut beweisen. Bringen wir ihm ein Opfer, auf dass der mächtige Jashin unserer Seelen gnädig sein wird.“ - „Gelobt sei Jashin, der mächtige Herr und Meister.“ Stille kehrte ein. Nur Schritte hallten von den mächtigen Wänden wieder, die sie umgaben. Zwei Verhüllte schritten, mit einer dritten nahezu leblosen Person zwischen sich, langsam und bedächtig über den massiven Steg auf den Altar zu. Der Mann zwischen ihnen schien nicht mehr sonderlich jung zu sein, jedoch ebenso wenig ein Greis. Er musste mittleren Alters sein. Seine Beine schleiften kraftlos hinter dem Gespann über den Boden. Sein Oberkörper war frei und erlaubte einen entsetzten Blick auf die tiefen Striemen, die den gesamten Rücken bedeckten und die einst helle Haut blutrot tönten. Das menschliche Fleisch war aufgerissen, geradezu aufgeplatzt und ließ lediglich ahnen, welche Qualen hinter diesem Menschen lagen. Die beiden Verhüllten legten den Körper des Mannes auf dem Altar ab und positionierten sich am Rand des Podestes. Dann erhob der Sprecher seine Stimme wieder: „Brüder und Schwestern. Heißt den Propheten willkommen, der unser aller Seelen erleuchtet und zum großen mächtigen Jashin geführt hat.“ - „Willkommen, großer Prophet.“ Wieder legte sich Stille über die Hundertschaft und Schritte hallten durch den riesigen Raum. Nun wurde Sasori endgültig neugierig. Er hatte schon seit Längerem vermutet, dass es eine Art Anführer zu geben schien. Und nun schien sich diese Ahnung zu bestätigen. Aufgeregt kaute der Rothaarige aus seiner Unterlippe. Nur noch wenige Augenblicke trennten ihn von dem Mann, den er seit nunmehr Wochen zu fangen versuchte. Sein Puls stieg ins Unermessliche, sein Herz schien sich überschlagen zu wollen und sein Verstand traute sich keinen einzigen Gedanken zu in der Angst, er könne so laut sein und die Beobachtenden verraten. Seine Hand festigte den Griff um die des Blonden, der sich dicht an ihn presste und ebenfalls den Atem anzuhalten schien. Eine großgewachsene Gestalt schritt erhobenen Hauptes, jedoch ebenfalls völlig zur Unkenntlichkeit verhüllt, über den Laufsteg und die Reihen an Jüngern, die er passierte, sanken ehrfürchtig und demütig auf die Knie. Der Prophet trug eine schwarze legere Hose, sein Oberkörper jedoch wurde ausschließlich von dem dunklen Umhang umschmeichelt. Durch seine zu den Seiten erhobenen Arme erlaubte er dennoch einen guten Blick auf den unbedeckten Torso, der von einer unnatürlichen Muskulatur war. Aus jedem sichtbaren Muskel sprach die pure Körperkraft, trotz der recht entspannten Körperhaltung. Er schien den imposanten Auftritt sichtlich zu genießen und weidete sich an den untergebenen Jüngern, die ihm zu Füßen lagen. Er bezog hinter dem Altar Position und war nun mit seiner Vorderseite in Sasoris und Deidaras Richtung gewandt. Jedoch ließ auch sein Umhang keinerlei Blick in das versteckte Gesicht zu, was den Rothaarigen zwar enttäuschte, weniger aber wirklich zu überraschen fähig war. Zum Einen hatte er dies bereits durch die anderen Verhüllten vermutet und zum Anderen war dieser Prophet viel zu gerissen, um sich auch nur den kleinsten Fehler zu erlauben. Dessen war Sasori sich in den letzten Wochen mehr als bewusst geworden. So entschied er insgeheim, zunächst der Dinge auszuharren, die nun kommen mochten. Einer der beiden Jünger, die sich am Rande des Podestes aufgestellte hatten, zog einen goldenen Kelch aus seinem großzügigen Ärmel, den er dort vermutlich bereits die ganze Zeit in der Hand gehalten zu haben schien. Er schritt andächtig auf den Propheten zu und überreichte diesem den Kelch mit einer tiefen Verbeugung. Der Prophet erhob den Kelch über seinem Kopf und der Sprecher brach die angespannte Stille erneut: „Siehe, das Blut welches dir die Kraft des ewigen Lebens verleiht. Der Trunk, der dich dem großen Jashin zum Bruder macht. Der Trunk, der deine Adern mit der Macht der Unsterblichkeit zu erfüllen fähig ist.“ Der Kelch wanderte an des Propheten Lippen, das rote Blut rann seine Kehle hinunter. Er setzte den Kelch wieder ab, den der Jünger entgegennahm und zum Symbol an der Wand trug, um dort mit den Resten die Lücke noch ein wenig zu verkleinern, die bis zur Vollständigkeit fehlte. Indes streckte der Prophet nun seine Arme vollständig aus, der muskulöse Körper spannte sich an jeder Stelle an und ließ die kräftigen Muskeln noch weiter hervorragen. Und dann begann der Körper des Propheten sich zu verändern. Die Haut bedeckte sich mit schwarzweißen Mustern, die Augen begannen in einem unwirklichen violett zu glühen, der Körper selbst, doch insbesondere die Hände wandelten sich in raubtierhafte Formen. Die Lippen des transformierten Mannes bewegten sich, doch zu Sasoris Bedauern schien dieser lediglich zu flüstern und kein Wort drang an seine Ohren. Dann, plötzlich, ging alles ungemein schnell. Der Prophet baute sich über dem Opfer auf, erhob eine seiner Pranken und rammte diese in die sich noch bewegende Brust. Der geschundene Mann kreischte auf, wenngleich auch sehr schwach. Vermutlich war dies alleine der Grund, weshalb auch Deidaras entsetztes und unbeabsichtigtes Aufschreien laut und deutlich durch den gesamten Komplex hallte. Der Sprecher riss den Kopf empor und entdeckte die Ermittler, ehe er aufgebracht rief: „Eindringlinge! Schnappt sie! Das Ritual des Propheten darf nicht gestört werden!“ Eine ganze Brigade schien sich plötzlich von den Knien zu erheben und den Schauplatz unter ihnen zu verlassen. Der Blonde sah Sasori geschockt an und hauchte: „Verflucht, bitte verzeih mir...“ Der Rothaarige zog den Geschockten abermals am Handgelenk hinter sich her und stürmte die Wendeltreppe empor, während er versucht ruhig sprach: „Mach dir keine Vorwürfe, Deidara. Lauf lieber schneller und bete, dass wir uns vor ihrem Übergriff erwehren können.“ Er machte dem Blonden wahrlich keinen Vorwurf aus der Reaktion. Ein jeder hätte vermutlich ebenso reagiert, wenn er eine solche Tat mit eigenen Augen hätte mitansehen müssen. Vielleicht mit wenigen Ausnahmen. Doch die Abscheu und der Schreck Deidaras war absolut nachvollziehbar, selbst für Sasori. Er selbst hatte die Hand vor seinen Mund geschlagen, um seinem Entsetzen Ausdruck zu verleihen. Rasant stiegen sie Stufe um Stufe wieder hinauf, bis sie nach einer gefühlten Ewigkeit endlich die Tür in das kleine Haus erreichten, welches sie umgehend verließen und ins Dunkel der Nacht verschwanden. Ihre Verfolger gaben ihr Vorhaben auf dem Platz auf und kehrten so ruhig wie gewohnt in ihre Katakomben zurück. Die beiden Ermittler hielten im belebten Hafen an, nachdem sie sich sicher waren, dass niemand mehr hinter ihnen her war. Keuchend sah Sasori Deidara abermals an und legte diesem beruhigend die Hand auf die Schulter: „Schau bitte nicht mehr so traurig. Es ist nicht deine Schuld, mein Freund. Es wäre jedem anderen gleichermaßen ergangen. Wahrscheinlich bereits viel früher, als dir.“ Der Blonde sah fragend auf: „Du... du bist mir nicht böse?“ Der Rothaarige schüttelte ungläubig den Kopf: „Wie käme ich dazu? Wäre es dir nicht passiert, so wäre ich vermutlich derjenige gewesen, den es übermannt hätte. Selbst mir trieb dieser Anblick sämtliche Nüchternheit aus den Adern...“ Deidara musterte das Gesicht seines geliebten Freundes. Doch fürwahr, dieser sprach die Wahrheit. Dieser zeigte, dass auch ein Sasori die Grenzen der Monotonie zu erreichen fähig war. In sich den Kern eines fühlenden Menschen verbarg. Von einer unsagbaren Mischung aus Glück, Erleichterung, einem nachhaltigen Schreck und dieser Erkenntnis ergriffen vergaß er jede Vereinbarung und jegliche Etikette. Dem Ende so nahe wie niemals zuvor gewesen zu sein ließ Deidara erkennen, dass Zeit nicht immer ein Verbündeter war. Er zog Sasori mit seinen Händen an dessen Wangen zu sich und versank in dem Rausch, den diese sündig weichen und süßlich bitter schmeckenden Lippen in ihm auslösten. Dieses Mal jedoch sann er nach mehr. Als der erste Schreck von seinem Freund abzulassen schien und dieser auf die elektrisierende und gleichwohl beflügelnde Zuwendung einging wagte der Blonde den nächsten Schritt. Er musste es wagen. Wer konnte ihm schon versichern, dass die Zeit nicht eines lieben Tages gegen sie arbeitete und sie voneinander trennte, ohne dass er jemals zu zeigen fähig gewesen wäre war er ersehnte oder seinen Gefühlen den nötigen Ausdruck zu verleihen. Zärtlich strich seine Zunge über die zarten, zitternden Lippen Sasoris, die sich wahrhaftig leicht öffneten und einen ungeahnten Strom an Gefühlen losließen. Sich in die sinnlich warme Mundhöhle des Rothaarigen vorwagend und diese von Sehnsucht und Lust ergriffen erkundend, spürte Deidara seine eigene Körpertemperatur steigen, Schmetterlinge in seinem Unterleib flattern und das Aufrichten seiner Nackenhaare. Der zitternde Körper in seinen Armen presste sich an den seinigen. In einem intensiven und immer leidenschaftlicher werdenden Gerangel ihrer Zungen begaben sie ihrer beider Hände auf dem Rücken des jeweils anderen auf eine Erkundungstour und ließen die beiden Ermittler für den Augenblick in eine Welt eintauchen, die fernab jeder Realität schien und doch zu schön war, um sich ihr je wieder entziehen zu können. Alleine ein Mann vermochte dem Glück nichts abgewinnen zu können. Doch er schwelgte in eigenen Plänen und Gefühlen der Macht. Der Prophet tief unter der Erde blickte verheißungsvoll aus violett leuchtenden Augen auf, als seine Jünger zurückkehrten. Alles lief genauestens nach Plan. Er hatte zwar nicht gesehen, wer sie dort beobachtet hatte, doch das war nicht nötig, denn er WUSSTE wer es gewesen war. Und schon bald würde er nicht länger wie eine Ratte in den tiefen der Dunkelheit hausen müssen. Schon bald würde er die absolute Unsterblichkeit erlangen und er freute sich, dass die beiden Ermittler noch keinen blassen Schimmer zu haben schienen, welche Rolle ihnen bei dieser Sache zuteil werden würde. Sein diabolisches Lachen erfüllte die Halle, während er die letzten Züge des Symbols auf den Boden um den Altar setzte und mit der Kette in der Hand seine Gebete an Jashin richtete... Kapitel 14: Ein fataler Irrtum ------------------------------ „Deidara, kommen Sie herein. Was kann ich für Sie tun?“ sagte Inspektor Kisame, der den Blonden bereits von Weitem auf sein Büro hatte zugehen sehen und zur Begrüßung aufgestanden war. Er schüttelte die Hand des Ermittlers und schloss die Bürotür, um neugierige Lauscher außen vor zu lassen. Deidara nahm lächelnd den angebotenen Platz in Anspruch und sah den Mann vom Scotland Yard aufgeregt an: „Sasori schickt mich zu Ihnen, da wir eine bahnbrechende Entdeckung gemacht haben, Inspektor.“ Auch Kisame nahm wieder Platz und fixierte den Blonden mit fragendem Blick: „So, haben Sie das? Ich bin gespannt.“ Nickend versuchte Deidara alles rasch zu erklären: „Nun, wir haben den Unterschlupf des Jashinzirkels gefunden!“ Mit großen Augen richtete der Inspektor sich auf: „Sie haben WAS? Das... das ist ja großartig! Wir müssen sofort...“ - „Halt! Bitte.“ Kisame setzte sich missmutig wieder hin, hörte aber zu, während der Blonde erklärte: „Hören Sie mir erst einmal zu. Wir können nicht so einfach dort eindringen.“ - „Aber wieso nicht?“ - „Nun, das unterliegt mehreren Faktoren. Ich erkläre es Ihnen. Erstens besteht leider das Problem, dass wir es mit einer weit größeren Sekte zu tun haben, als wir zunächst dachten. Es sind hunderte Anhänger und, mit Verlaub, diese mit einer einzigen Polizeieinheit zu überwältigen scheint ein Himmelfahrtskommando zu sein, mehr nicht.“ Kisame nickte: „Wohl wahr, das habe ich nicht bedacht. Also sollten wir Verstärkung anfordern.“ - „Exakt. Doch dann kommt Punkt Zwei ins Spiel.“ - „Der da wäre?“ - „Wir konnten... nun... wir haben eines dieser Rituale beobachten können. Und haben dabei herausgefunden, dass dieses Ritual unter keinen Umständen abzubrechen gewünscht ist.“ - „Und was bedeutet das für uns?“ Deidara lächelte: „Nun, wir müssen abwarten, bis sich der Anführer in einem solchen rituellen Prozess befindet, damit wir die Wahrscheinlichkeit einer Flucht deutlich zu unseren Gunsten verringern können. Denn ebendieser Anführer ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gleichzeitig unser gesuchter Täter.“ Der Inspektor nickte: „Gut, verstehe. Das klingt einleuchtend.“ Er musterte den Blonden. „Wie ich sehe sind sie ohne ihren Partner unterwegs. Ich nehme an, dass dieser Sie geschickt und bereits einen Plan ausgearbeitet hat, wie wir vorzugehen haben?“ Deidara nickte lächelnd: „Sie haben es erfasst, Inspektor. Er bat mich mit Ihnen die Vorkehrungen für den Polizeieinsatz zu treffen.“ Innerlich seufzte der Blonde auf. Im Grunde lag noch viel mehr hinter diesem Vorgehen. Seit dem Abend, an dem sie sich letztlich bei Dr. Kabuto getroffen hatten war Sasori nicht von der Order abzubringen, dass Deidara keinen Schritt mehr alleine nach Einbruch der Dunkelheit zu tätigen berechtigt war. In Begleitung des Inspektors und des Scotland Yard wusste der Rothaarige ihn wohl in ausreichend Sicherheit. Und Deidara war nicht undankbar darum, da er selbst ebenfalls nicht erpicht darauf war alleine im Schutze der Nacht auf diese Verhüllten zu treffen. Nickend fixierte er den Inspektor: „Und wenn wir alles Nötige vorbereitet haben werden wir uns mit ihm treffen. Er möchte einer letzten Spur nachgehen und uns anschließend in die Höhle des Löwen begleiten.“ Kisame griff zum Telefon und nickte dem Blonden noch einmal zu: „Gut, ich vertraue Ihnen. Wie viele Einsatzkräfte soll ich anfordern...?“ Vielleicht war er persönlicher Stolz, der ihn dazu trieb, doch im Grunde war es nicht von Belang. Er musste es einfach mit Sicherheit wissen. Er wollte nicht am Schluss vor dem sogenannten Propheten stehen und sich seine Überraschung ansehen lassen. Obwohl vieles in diese Richtung deutete, so hatte er nicht einen Beweis. Und den würde er sich nun zu holen wissen. Viel zu lange hatte der Täter mit ihm gespielt. Und Sasori war nicht gewillt, diesem auch noch trotz dessen Festnahme das letzte Duell zu überlassen. Es sollte sich nicht erst im letzten Moment offenbaren, wer dieser Prophet war, Sasori wollte mit erhobenem Haupt dort stehen und sagen können: „Ich habe es die ganze Zeit gewusst.“ Er wollte es für sich sagen, für seinen Vater und auch für seinen Bruder. Er wollte ihnen beweisen, dass er ein guter Ermittler war. Es sich selbst beweisen. Der ganzen Welt. Deidara würde nichts passieren. Dafür hatte er persönlich Sorge getragen. Es würde nicht noch einmal dazu kommen, dass jemand aufgrund seiner Unfähigkeit Schaden nahm. Das hatte damals doch alles erst aus dem Ruder laufen lassen... {Flashback} Sasoris Vorgesetzter saß am Schreibtisch und schnaubte. Es war wohl doch ein Fehler gewesen einen 15jährigen die Aufgaben eines Kommissars zu überlassen. Ein großer Fehler, den er nun zu verantworten hatte. Denn er alleine hatte das Wort gegeben für den Erfolg dieses... Projektes zu sorgen. Und nun reichten ihm die Probleme wegen dieses Bengels bis zum Halse. Der Inspektor schwieg bereits seit Minuten und starrte den rothaarigen Jüngling abschätzig an. Dieser hatte den Blick gesenkt und saß mit eingefallenem Körper ihm gegenüber und schien völlig fern der Realität zu sein. Er seufzte und erhob seine dunkle tiefe Stimme: „Sasori, du weißt, dass das nicht ohne Folgen bleiben kann.“ der Rothaarige nickte ohne aufzusehen oder ein Wort zu sagen. „Was... was hast du dir überhaupt dabei gedacht?“ Ein leises Seufzen ertönte, die Stimme des Jungen war leise und brüchig: „Der Plan war absolut... sicher... er hat... er hat sich nicht an den Plan gehalten...“ Wütend donnerte die Faust des Inspektors auf den Tisch und der Junge zuckte zusammen, ehe der Ältere aufgebracht brüllte: „Es war DEIN Plan! Du hast von deinem Partner allen Ernstes verlangt ALLEINE den Fluchtweg der Bande zu versperren! WIESO habt ihr keine Verstärkung angefordert?“ Wieder seufzte der 15jährige: „Dann wären sie uns entwischt... Und er sollte sich doch nicht einfach in den Weg stellen... er sollte sie an der Flucht hindern... Ich habe ihm genau erklärt, das...“ - „RUHE! Ich will es nicht schon wieder hören. Deine Ausreden stehen mir bis hier!“ Der Inspektor deutete mit der Hand an seine Stirn. „Es war ein Fehler dich einzustellen. Du bist für den Polizeidienst einfach ungeeignet.“ Er knurrte. „Es ist eine Schande, dass erst ein guter Ermittler sein Leben lassen musste, damit du das endlich begreifst.“ Der Inspektor erhob sich und stellte sich neben Sasori, ehe er mit donnernder Stimme fortfuhr: „Sei froh, dass ich die Verantwortung für dich trage. Denn dadurch wirst du lediglich unehrenhaft aus dem Polizeidienst entlassen.“ Seine Wut schäumte allmählich über, da der rothaarige Bengel keinerlei Reaktion zeigte. „Und ich werde vorzeitig in den Ruhestand entlassen. Bete darum, dass wir uns nie wieder begegnen. Und jetzt geh!“ Kraftlos stand Sasori auf und ging zur Tür. Dort blieb er jedoch noch einmal stehen und sah dem Inspektor in die Augen: „Denken Sie von mir, was Sie wollen. Hätte er sich an meine Anweisungen gehalten, dann wäre er nicht erschossen worden. Er war ein miserabler Ermittler, der sich nicht an den einfachsten Plan halten konnte.“ Die Faust traf sein Gesicht mit voller Wucht. Er hatte es kommen sehen, aber keine Anstalten gemacht dem Schlag auszuweichen. Es war ja nicht so, als sei er es nicht gewohnt gewesen. Schon vor Jahren hatte er es aufgegeben sich zu wehren. Widerwille hatte es bisher nur immer schlimmer gemacht. Tränen hatten aus einem Desaster die Hölle werden lassen. Schreie aus einem Schläger ein Monster. Lächelnd wischte er sich das Blut unter der Nase weg und sah ein letztes Mal auf, bevor er ging: „Auf dass wir uns niemals wiedersehen, Vater...“ {Flashback Ende Sasori schritt die Treppen der Universität hinauf und seufzte. Er hatte versucht stark zu sein. Es alleine zu schaffen. Doch bereits damals war er nichts weiter, als das Produkt der Worte und Taten seines Vaters. Ein sich selbst hassender Junge, der seinen Platz einfach nicht gefunden hatte und sich in die sicher wirkende Umarmung des Opium gestürzt hatte. Für ein bisschen Freude und Wohlsein sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte, von dem er nie überzeugt gewesen war, dass es einen Wert besaß. Doch das hatte sich geändert. Er war unabhängig, in jeglicher Hinsicht. Und er hatte heimlich erkannt, dass er seinen Platz gefunden hatte. Sein Leben erfüllte sich mit einem Sinn. Und dieser Sinn hatte einen Namen: Deidara. Und er würde alles tun, um diesen Menschen zu beschützen. Es würde Deidara nicht ein Haar gekrümmt, das schwor sich der Rothaarige. Er betrat das große und elegante Gebäude und richtete sich an die kleine Rezeption, die direkt rechts vom Eingang aufgebaut war und von einer jungen Dame besetzt wurde. Freundlich verneigte er sich und nahm seinen Hut ab: „Guten Tag, Gnädigste.“ - „Guten Tag, der Herr. Was kann ich für Sie tun?“ Sie lächelte freundlich und Sasori erwiderte dieses: „Nun, ich hoffe Sie können mir weiterhelfen. Ich möchte gerne einen guten Freund besuchen, der mir sagte, er unterrichte an dieser Hochschule.“ - „Wie heißt Ihr Freund denn?“ - „Dr. Hidan. Er wird wohl an der medizinischen Fakultät unterrichten, da er Pathologe ist.“ Die junge Dame nickte, griff nach einer Liste und ließ ihren Finger leise murmelnd über die schier unzähligen Namen wandern: „Hidan... Hidan... mmh... Sind Sie sich sicher, dass er an der medizinischen Fakultät Lesungen hält? Sein Name ist zumindest nicht auf der Liste vermerkt, tut mir Leid.“ Sasori lachte gekünstelt: „Dann erliege ich wohl einem Irrtum. Am Besten, ich notiere mir bei unserem nächsten Treffen einfach genau, was er mir sagte. Ich danke Ihnen trotzdem. Einen schönen Tag noch.“ - „Ihnen auch. Bis zum nächsten Mal.“ Abermals verneigte der Rothaarige sich, ehe er grinsend das Gebäude wieder verließ. So langsam fügte sich doch tatsächlich alles zusammen. Während er seinen Weg in Richtung Präsidium einschlug griff er nach dem kleinen Notizblock in seiner Manteltasche und las sich die Notizen durch. Er hatte geahnt, dass dieser Stichpunkt über kurz oder lang noch einmal von Bedeutung sein würde und nun passte dieser Umstand auch ins Bild. Die entwendeten Haare waren nichts weiter als ein Ablenkungsmanöver gewesen. Ein perfider Spaß des Gerichtsmediziners geradezu. Hidan hatte gelogen und war keineswegs ein Dozent der Hochschule. Und erst in London verschwanden die Haarlocken der Opfer, Hidan hatte es „entdeckt“. Für Sasori bestand kein Zweifel mehr: er hatte den Propheten gefunden. Denn auch der Gerichtsmediziner war nicht einmal am Tage zu sehen gewesen. Es war beinahe peinlich, wie offensichtlich er sich von dem Auftritt Hidans hatte blenden lassen und wie dreist dieser ihn an der Nase herumzuführen versucht hatte. Doch nun würde er den Silberhaarigen auffliegen lassen. Zumindest bald. Der Plan stand und Sasori wusste, dass er sich zu 100% auf Deidara verlassen konnte, da dieser im Schutz des Inspektors alles vorbereitete. Nach einer halben Stunde erreichte er das Präsidium und stieg die Treppen hinab. Noch war es hell und er könnte sich ungeniert in den Unterlagen des Pathologen umsehen. Vielleicht würde er den letzten entscheidenden Beweis zu seiner ziemlich ausgeprägten Theorie finden. Irgendeine Unachtsamkeit würde Hidan schon unterlaufen sein. Bisher hatte noch nie ein Täter alles so perfekt gemacht, dass nicht doch irgendwann ein Beweis aufgetaucht war und so, dessen war Sasori überzeugt, würde es auch in diesem Falle sein. Er erreichte den Untersuchungsraum und öffnete die Tür. Vorsichtig blickte er sich um, doch, wie erwartet, war niemand zu sehen. Von Neugier und Eifer gepackt trat er ein und ignorierte sämtliche Gerätschaften, sondern begab sich an die Kommode, die als Ablage für Unterlagen diente. Zettel um Zettel studierte er, suchte nach irgendeinem Hinweis oder vielmehr nach einem stichhaltigen Nachweis. Rasch ebbte seine anfängliche Euphorie ab. Es waren ganz normal ausgefüllte Formulare. Doch dann kam ihm eine weitere Idee und ging in die Hocke, um die Schranktüren zu öffnen. Allerlei medizinisches Gerät lagerte in den Fächern: Skalpelle, Tupfer, Zangen, Klammern, Petrischalen und Spritzen. Lächelnd musterte er das Fach für die Spritzen und die dazugehörigen Nadeln. Sie waren deutlich weniger gefüllt, als der Rest. An der Tür klebte eine Liste, in die jeder einzelne entnommene Gegenstand eingetragen werden musste. Neugierig studierte Sasori diese Auflistung und konnte sich ein siegessicheres Lächeln nicht verkneifen. Knapp die Hälfte der fehlenden Spritzen war eingetragen worden, die andere Hälfte jedoch war nicht vermerkt. Freudig entfernte er den Zettel und steckte ihn in seine Manteltasche. Guter Dinge schloss er die Schranktüren wieder und sah sich weiter um. Auf dem Operationstisch lagen weitere Unterlagen. Sasori trat an diese heran und schaute sie ebenfalls durch, doch bald schon merkte er, dass auch hier keinerlei Unregelmäßigkeiten zu finden waren. Seufzend ließ er die Zettel zurück auf die Fläche des Tisches sinken, als plötzlich die Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Ruckartig drehte der Ermittler sich um und verharrte deutlich überrascht. Mit IHM hatte er nun wahrlich nicht an diesem Ort gerechnet. Sein erster Gedanke, dass es möglicherweise ein Zufall sein könnte, wurde durch das kühle Grinsen seines Gegenüber Lügen gestraft. Und auch dadurch, dass sein Gegenüber den Schlüssel im Schloss herumdrehte und den einzigen Fluchtweg versperrte. Sasori hob eine Augenbraue und verschränkte die Arme: „Doktor, es überrascht mich Sie hier zu sehen.“ Kabuto lachte leise: „Tut es das? Eigentlich hatte ich mehr von Ihnen erwartet. Aber sei es drum. Ich bin hier, um Sie abzuholen.“ Lächelnd zog der junge Mediziner ein Skalpell aus seiner Tasche und fixierte den Ermittler, ehe er mit einem Satz auf diesen zusprang. Etwas überrumpelt wich Sasori aus und sah sich um. Er brauchte zumindest selbst eine Waffe, um aus dem eindeutigen Nachteil zumindest einen Gleichstand zu machen. Während Kabuto immer wieder mit dem Skalpell nach ihm schlug zog Sasori sich den Mantel aus und warf diesen seinem Angreifer entgegen. Das würde den Bewaffneten zwar nicht aufhalten, aber, so hoffte der Rothaarige, lange genug beschäftigen. Er rannte zu der Kommode, riss die Schranktür auf und griff sich ebenfalls ein Skalpell, ehe er ruckartig herumfuhr und zu spät bemerkte, dass Kabuto bereits bei ihm angekommen war. Die kleine spitze Klinge bohrte sich in seine Schulter und ließ seine eigene Waffe vor Schreck aus seiner Hand gleiten. Kabuto griff nach dem zweiten Skalpell, während Sasori sich unter Schmerzen erhob und versuchte zur Tür zu gelangen. Die Klinge, die in sein Fußgelenk drang, ließ ihn jedoch zu Boden fallen. Kabuto setzte sich auf seinen Rücken, packte ihn bei den Haaren, zog seinen Kopf empor und drückte eine dritte Klinge an seinen Hals, ehe der junge Arzt düster raunte: „Wir haben keine Zeit für Spielchen. Derer gab es nun wirklich genug. Aber es amüsiert mich, dass du doch wirklich bis zum bitteren Ende überzeugt warst, dass wir deinem blonden Freund ans Leder wollen... Und nun komm. Der Prophet wartet auf dich.“ Sasori spürte einen schmerzhaften Stich in seinem Hals, ehe alles dunkel wurde und er in eine Ohnmacht sank. Er hasste sich. Für seine Schwäche und noch viel mehr für seine unendliche Dummheit. Zumindest, und das war sein letzter Gedanke bei Bewusstsein, würde seine Unfähigkeit dieses Mal dem Richtigen schaden und nicht wieder einen Unschuldigen treffen. Kapitel 15: Deidaras Plan ------------------------- ~Aloha, es tut mir sehr Leid, dass ich ein bisschen langsam geworden bin. Aber ich habe viel um die Ohren. Bevor der Umzug richtig los geht werde ich diese Geschichte noch zu Ende bringen. Die beiden Ermittler haben es fast geschafft und es wird noch einmal richtig spannend. In diesem Sinne viel Vergnügen und gute Unterhaltung :) LG Galenhilwen~ Die Sonne war bereits untergegangen und Deidara wartete seit nunmehr über einer Stunde mit Inspektor Kisame und der Delegation des Scotland Yard am vereinbarten Treffpunkt im Hafen. Der Blonde blickte zum zehnten Mal seit knapp 2 Minuten auf seine Armbanduhr und schritt nervös auf und ab. Immer wieder schüttelte er den Kopf und murmelte aufgelöst: „Das kann doch nicht sein, wo bleibt er denn... er ist doch sonst von außerordentlicher Pünktlichkeit.“ Irgendwie verspürte der Inspektor Mitleid mit dem besorgten Ermittler. Er war sich klar, dass dieser nie wirklich grundlos in tiefer Sorge versank und noch klarer war er sich darüber, dass Sasori ein mehr als 100%ig zuverlässiger Mensch zu sein pflegte. Eine solche Verspätung stimmte auch Kisame unruhig und besorgt. Er sah Deidara an und seufzte: „Was wollte ihr werter Kollege denn noch in Erfahrung bringen?“ Der Blonde seufzte und war den Tränen nahe: „Um Himmels Willen, wenn ich das wüsste. Aber Sasori muss ja aus jeder Nebensächlichkeit ein weltbewegendes Geheimnis machen.“ Er hielt kurz inne und sah dem Inspektor in die Augen. „Ich... hätte er mir doch nur dieses eine Mal etwas gesagt...“ Der Angesprochene nickte: „Hören Sie, Deidara. Ich weiß, dass sie aufgebracht und in Sorge sind, aber nun ist es an Ihnen einen kühlen Kopf zu bewahren. Vielleicht können wir gemeinsam herausfinden was ihr Freund zu erfahren versuchte.“ Seufzend und noch immer mit den Tränen ringend nickte der Blonde schlicht, ehe Kisame sich an die Polizisten wandte und laut verkündete: „Wir brechen die Aktion für heute ab, meine Herren. Aber halten Sie sich einsatzbereit, sobald wir mehr wissen werde ich Sie erneut anfordern.“ Etwas missmutig löste sich die Versammlung im Hafen auf und fuhr mit ihren Einsatzfahrzeugen zum Präsidium zurück. Deidara begleitete den Inspektor in dessen Wagen und ließ sich geistesabwesend mit in dessen Büro schleifen. Dort nahmen die beiden Männer Platz und Kisame verschränkte die Arme vor der Brust. Mit fester und erhobener Stimme knurrte er: „Doktor, bei allem Respekt, aber mir ist noch nie ein Ermittler untergekommen, der sich dermaßen hängen lässt wie Sie!“ Beleidigt blickte der Angesprochene auf und keifte: „Was, bitte, soll das denn heißen? Ich zerbreche mir den Kopf seit nahezu zwei Stunden darüber, wo mein Kollege UND Freund bloß sein könnte!“ - „Nein, zumindest nicht effektiv. Wir müssen die Angelegenheit logisch aufrollen und Möglichkeiten ausschließen. Dann kommen wir des Rätsels Lösung immer näher.“ Er schnaubte. „Also, dazu brauche ich Ihre Hilfe. Beantworten Sie meine Fragen und wir sehen, inwiefern es uns möglicherweise weiterhilft.“ Wieder seufzte Deidara, nickte dann aber: „Fein, stellen Sie Ihre Fragen.“ Der Inspektor nickte und griff noch rasch nach Stift und Zettel, um sich Notizen machen zu können. Dann blickte er auf: „Gut, sammeln wir zunächst unseren aktuellen Wissensstand über die Jashinisten.“ - „Gut. Wir haben es mit einer durchaus organisierten Sekte zu tun, die hunderte unbekannter Anhänger aufweist und ihren Unterschlupf in einem geheimen Versteck unterhalb des Hafens hat.“ Der Inspektor notierte und nickte murmelnd. „Darüber hinaus wissen wir, dass die Ursprünge dieser Jashinisten im Kaiserreich Japan liegen. Es geht diesen Menschen um das Erlangen von Unsterblichkeit und opfert zu diesem Zwecke unschuldige Menschen, um sich deren Blut und Herz einzuverleiben.“ - „Gut. Sie sagten mir, dass Sie hinter den öffentlichen Morden um eine Art Anführer handelt.“ - „Richtig. Die Jashinisten nannten diesen Mann ihren Propheten, der scheinbar bereits viele Opfer erbracht haben muss, da sie ihn ihrem Gott am Nächsten empfanden. Doch wir kennen weder sein Gesicht, noch andere markante Merkmale des Propheten.“ Er stockte und verschränkte missbilligend die Arme: „Vielleicht mal abgesehen von dem Gefühl, dass er sich scheinbar unheimlich gerne anpreisen und feiern ließ. Sie wissen schon, ein Mann, der dem großen Auftritt keineswegs abgeneigt ist...“ Wieder nickte der Inspektor und notierte: „Gut. Auffälligkeiten bei den Morden, die wir bisher untersucht haben.“ - „Allesamt glichen sie sich bis ins kleinste Detail und entsprachen dem Ritual, welches wir im Versteck der Jashinisten haben beobachten können. Alleine eine Unregelmäßigkeit gab es...“ Kisame blickte auf: „Nun sagen Sie schon, Deidara. Das könnte der entscheidende Hinweis sein.“ Plötzlich schlug der Blonde sich die Hand vor den Mund und keuchte: „Aber natürlich! Jetzt ist es mir klar! Inspektor, Sasori wollte höchstwahrscheinlich sicher gehen, dass er den richtigen Mann in Verdacht hat!“ - „Sie meinen...“ - „Wir dürfen keine Zeit verlieren! Gott sei Dank haben wir es nicht weit! Kommen Sie, ich erkläre Ihnen vor Ort alles Weitere!“ Aufgebracht sprang Deidara auf und wartete kaum ab, dass der Inspektor ihm auch tatsächlich folgen konnte. Eilig stiegen die beiden Männer die Treppen hinab und Kisames Blick wurde noch etwas fragender, als der Blonde statt den Ausgang zu benutzen doch tatsächlich die Treppe weiter in Richtung Keller nahm. Er sprintete hinterher: „Was wollen Sie denn in der Gerichtsmedizin?“ - „Sichergehen, ob sich mein Verdacht bestätigt.“ Der Größere knurrte: „Jetzt sprechen Sie auch schon in Rätseln!“ Hastig preschte Deidara in den offen stehenden Untersuchungsraum. Doch kaum, dass er eingetreten war blieb er bereits wieder wie versteinert stehen. Abermals wanderte seine Hand vor seinen Mund und heiße Tränen vernebelten seine Sicht. Auch der Inspektor hielt neben ihm inne und sah sich keuchend um. Diverse Unterlagen waren achtlos auf den Boden geworfen worden. Sasoris Mantel lag ebenfalls auf der Erde und eine beachtliche Blutspur zeichnete sich auf den hellen Fliesen ab. Der blonde Ermittler keuchte auf: „Nein! Das war alles eine List... wie konnte ich ihn bloß alleine lassen?“ Fragend blickte Kisame auf: „Wie meinen?“ - „Es... verstehen Sie nicht? Dr. Hidan war es, der uns höchst beeindruckende Details verriet. Dr. Hidan war es, der Sasori eingeredet hatte mich nicht mehr nach Einbruch der Dunkelheit alleine gehen zu lassen. Es... Inspektor, vermutlich ist Dr. Hidan unser gesuchter Mörder... und wenn dem so sein sollte, dann kann dies nur bedeuten, dass Sasori in höchster Gefahr schwebt!“ Der Blonde lief zu dem Mantel des Rothaarigen und hob ihn auf. Niemals hätte sein Freund dieses geliebte Kleidungsstück achtlos zurückgelassen. Während der Inspektor noch immer grübelte und leise seine Überlegungen mit gemurmelten Worten unterstrich, horchte Deidara auf. Etwas in dem Mantel raschelte merkwürdig. Er schob seine Hand in eine Jackentasche und zog einen Zettel hervor. Mit diesem in der Hand kehrte er zu Kisame zurück und faltete das Papier auseinander. Seine Augen überflogen die Liste. Etwas hatte Sasoris Aufmerksamkeit erregt. Akribisch verinnerlichte Deidara jedes noch so kleine Detail. Nebenher versuchte er bei jedem Gegenstand, der auf der Liste vermerkt war, einen Bezug zu dem Fall herzustellen. Und dann... Mit weit aufgerissenen Augen sah er den Inspektor an: „Dem Himmel sei Dank, ich habe es!“ Der Mann vom Scotland Yard sah ihn fragend an: „Was haben Sie?“ - „Schauen Sie, Inspektor! Es wurden unüblich viele Spritzen aus den Beständen entwendet. Ein stichhaltiges Indiz für die Richtigkeit seiner Theorie: Hidan ist der Prophet und unser gesuchter Schwerverbrecher. Ich habe es von Anfang an geahnt.“ Kisame seufzte: „Schön, nehmen wir an es wäre so. Was würde der Prophet aber für einen Vorteil haben diese falsche Fährte zu legen, bloß um Ihren Kollegen letztlich zu überfallen und scheinbar auch zu verletzen? Wenn Sasori nicht auf der Flucht ist, dann wird er höchstwahrscheinlich in den Fängen dieses Mannes sein, aber wozu?“ Seufzend wischte Deidara sich über das Gesicht: „Ich habe keine Ahnung, so Leid mir dieser Umstand auch tun mag. Es ist...“ Plötzlich riss er abermals die Augen weit auf und keuchte, der Schreck ließ seine Knie weich werden und er sackte in sich zusammen. „Die Blutgruppen... natürlich... Inspektor! Die Blutgruppen! Sasori verfügt über die benötigte Blutgruppe, die eine langes Anhalten des Rituals ermöglicht!“ - „Schock schwere Not! Sie meinen er wurde als Opfer auserwählt?“ - „Das befürchte ich!“ Besorgt verschränkte Kisame die Arme vor der Brust, schloss die Augen und dachte nach. Es musste doch eine Lösung geben. Plötzlich sprach der Blonde ihn wieder an: „Inspektor?“ Er sah auf: „Ja?“ - „Ich... ich glaube ich habe eine Idee... aber... ich bin mir nicht sicher, ob diese funktionieren wird und sie braucht gewisse Voraussetzungen...“ - „Sie sprechen abermals, wie ihr Kollege, in Rätseln! Nun rücken Sie heraus mit der Sprache!“ Deidara überlegte einen Augenblick hin und her. Dann sah er auf und nickte: „Gut. Aber Sie müssen mir Ihr Wort geben, dass Sie mir vertrauen und dass Sie mich dabei unterstützen, denn ohne Ihre Hilfe werde ich es nicht schaffen. Und wir müssen heute Nacht noch eine Sache überprüfen, die nicht sonderlich risikofrei sein wird.“ - „Einverstanden, ich vertraue Ihrem Urteilsvermögen. Immerhin haben Sie beim Besten gelernt...“ Die Geisterstunde war bereits seit zwei Stunden vorbei und Inspektor Kisame folgte Deidara durch die dunklen und leeren Gassen des stillgelegten Hafens. Etwas zerknirscht murmelte er leise: „Mit Verlaub, Ihr Plan ist nicht nur nicht risikofrei, er ist irrwitzig!“ Der Blonde seufzte: „Und meiner Einschätzung nach die einzige Möglichkeit, die uns bei einer missglückten Befreiungsaktion, wirklich bleibt.“ Er sah auf. „Da ist es ja.“ Rasch pirschte er sich mit der Fackel in der Hand zu dem Brunnen, an dem er noch vor Kurzen mit Sasori Stellung bezogen hatte. Der Inspektor folgte ihm und sah ihn fragend an: „Gut, und wie soll uns dieser Brunnen nun weiterhelfen?“ - „Das kann ich Ihnen erst sagen, wenn ich noch einmal einen Blick in die Katakomben unter uns geworfen habe.“ Deidara griff in seine Manteltasche und holte einen Kompass hervor. Er stellte sich mit dem Rücken zum Eingang des Jashinistenverstecks und dem Gesicht zum Hafenbecken ausgerichtet und schaute auf die Kompassnadel. Er lächelte: „Gut, Richtung Süden liegen die Themse und der Brunnen. Hoffen wir, dass meine Vermutung stimmt, es würde uns alles immens erleichtern.“ Er packte den Kompass wieder zur Seite und sah den Inspektor herausfordernd an: „Folgen Sie mir. Es kann nicht schaden, wenn Sie ebenfalls einen ersten Blick in die Katakomben riskiert haben, ehe Sie mit Ihren Einheiten zuschlagen.“ Der Angesprochene nickte etwas skeptisch: „Beten Sie, dass wir nach dieser Narretei noch Gelegenheit dazu haben werden.“ Die beiden betraten das verlassene Gebäude und folgten der Wendeltreppe hinab ins Erdreich. Vorsichtig pirschte Deidara voraus und lotste den Inspektor hinter sich her. Am Ende der Treppe konnten sie bereits Stimmen hören, doch nicht in ihrer Nähe. Wie das Brummen und Summen eines gigantischen Bienenschwarms hallten die kehligen Töne durch das gesamte Gemäuer. Eine Gänsehaut überzog die Haut des Blonden, doch auch Kisame musste sich eingestehen, dass er sich bis zu diesem Augenblick nicht ansatzweise hatte vorstellen können, wie real die Beschreibungen des Ermittlers gewesen waren. Hier unten schien der Teufel persönlich zu hausen. Behutsam schlichen sie bis zur Brüstung, da niemand in ihrer Nähe war, und Deidara griff abermals in seine Manteltasche, als plötzlich eine laute Stimme das Brummen der Jünger übertönte: „Brüder und Schwestern! In knapp 34 Stunden wird uns ein Ereignis göttlicher Herrlichkeit zuteil! Unser weiser Prophet wird die Stufe der Perfektion erreichen, die absolute Unsterblichkeit erlangen! Das letzte lebenswichtige Ritual abhalten.“ Das Brummen verklang und die Jünger sprachen im Chor: „Heil dem Propheten, heil Jashin!“ - „Das finale Ritual, das zur Mittagsstunde erfolgt und unserem großen und mächtigen Jashin den Mut unseres Propheten zeigt. Dann, endlich, wird der Kreis geschlossen und der Prophet wird die Göttlichkeit Jashins in seinen Adern spüren, zu Tage wandeln können, wie zur Nacht und aus dem ungeliebten Feind ein harmloses Nichts wandeln.“ - „Groß und mächtig ist Jashin, er soll durch das Blut gepriesen werden.“ Deidara riss die Augen auf und sah Kisame an. Leise flüsterte er diesem zu: „Haben Sie das gehört, Inspektor? Wir haben keine 36 Stunden mehr, oder Hidan wird künftig schier unaufhaltsam sein.“ - „Sie glauben doch nicht ernsthaft...“ - „Sie zweifeln noch daran? Sie haben es nicht mit eigenen Augen gesehen, wie dieser Mann sich in ein Ungetüm verwandelt hat! Aber ich habe es und ich habe an diesen Worten nicht den geringsten Zweifel. Vertrauen Sie mir.“ Der Angesprochene schluckte schwer, nickte dann aber. Dann holte Deidara den Kompass heraus, während die Jashinisten in einen merkwürdigen Singsang verfielen. Der Blonde richtete sich zur Halle aus und sah auf die Kompassnadel. Ein Lächeln zierte seine Lippen. Die Nadel deutete in die entgegengesetzte Richtung, seine Hoffnung erfüllte sich also. Die Halle lag in südlicher Richtung zur Themse hin. Er grinste den Inspektor an: „Perfekt, das reicht mir. Es ist zwar keine Garantie, aber es ist eine ausreichende Sicherheit.“ Er biss sich auf die Unterlippe. Er sprach tatsächlich bereits wie sein geliebter Freund. Und er verstand erst jetzt, da er auf sich alleine gestellt war, wieso der Vermisste es immer getan hatte. Dann verstaute er den Kompass wieder in seiner Manteltasche, nickte dem Inspektor zu und gemeinsam schlichen sie wieder aus dem Unterschlupf heraus. Am folgenden Abend stieg Deidara aus dem Wagen Kisames aus und nickte: „Ich bin mir sicher. Positionieren Sie sich und ihre Männer, wie wir es abgesprochen haben. Sollte uns die Flucht gelingen werden wir Sie am vereinbarten Punkt antreffen. Sollten Sie bis zum morgigen Tag um halb zwölf nichts von uns gehört oder gesehen haben gehen Sie vor, wie vorbereitet.“ - „Ich hoffe, dass Sie wissen was Sie tun.“ - „Ich hüte mich da jetzt zu viel drüber nachzudenken. Die Wahrscheinlichkeiten sprechen für sich. Und selbst wenn Sasori und mir etwas passieren sollte, das Ritual muss unter allen Umständen unterbrochen werden und ich sehe in unserem Plan die einzige Möglichkeit.“ - „Ja, das haben Sie wohl Recht. Doch trotz allem wünsche ich Ihnen viel Glück. Passen Sie auf sich und Ihren Kollegen gut auf. Ich werde mich um den Rest kümmern...“ Er sah noch einmal etwas besorgt auf. „Und die Menge ist Ihrer Meinung nach ausreichend?“ - „Ich neigte schon immer zu einer großzügigen Einschätzung. Es WIRD reichen.“ - „Gut. So hoffentlich bis Morgen.“ Deidara musste grinsen. Als Inspektor beim Scotland Yard verdiente man offenbar ungemein gut, immerhin konnte sich wahrlich nicht jeder ein Automobil leisten. Schulterzuckend wandte er sich schließlich ab und pirschte zielsicher zum stillgelegten Hafengelände. Das Beste würde sein, sollte er seinen geliebten Freund noch vor der Zeremonie finden. Doch er hatte sich abgesichert für den misslichen Fall eines Scheiterns seinerseits. Hidan würde zur Rechenschaft gezogen werden, so oder so. Es war nun einzig eine Frage des „Wie“, mehr nicht. Und es erfüllte den Blonden mit Stolz, dass er doch so viel mehr gelernt hatte, als er sich jemals zuzutrauen gewagt hatte. Die Angst um Sasori hatte ihn beflügelt und über sich hinauswachsen lassen. Selbstbewusst trat er seine Reise in die Katakomben an. Kapitel 16: Die Erkenntnis eines Gebrochenen -------------------------------------------- Wie er diese Schritte und dieses Lachen in solch kurzer Zeit hatte hassen gelernt war ihm kaum begreiflich. Doch er war zu schwach, um sich gegen diese Person zu lehnen, die Wahrheit weiterhin klar vor Augen zu haben oder schlichtweg die Ohren vor diesen Lügen zu verschließen. Nein. Jedes einzelne Wort hatte sich bisher in seine Gedanken gebohrt und zerfraß ihn langsam und qualvoll von innen heraus auf. Und die Schritte, die zu hören waren kündigten eine weitere höllische Sitzung mit diesem infernalischen Narzissten an. Sasori seufzte und wischte sich die Tränen aus den Augen. Wenigstens das hatte er bisher vermeiden können: dass Hidan auch nur eine seiner Tränen sah. Diesen Genuss würde er ihm auch dieses Mal vorenthalten. Er richtete sich von seiner kleinen Pritsche in der hintersten Ecke der Zelle auf. Mehr als ein morsches Gestell und eine Unterlage war es beim besten Willen nicht. Das Wasser der nahegelegenen Themse drang durch die schwarzen Steine, nur vom Flur her züngelte ein fahler Lichtschein in seine Unterkunft, ansonsten versank der Rothaarige in völliger Dunkelheit und hatte bereits vollkommen das Gefühl für Raum und Zeit verloren. Auch seine Kleidung war bereits klamm und die Temperaturen in diesen Gemäuern taten ihr Übriges, er bebte und zitterte am ganzen Leib und fror erbärmlich. Wie alles an ihm so erbärmlich war, wie noch nie zuvor in seinem Leben. Noch vor Kurzem hätte er jeden ausgelacht, der behauptet hätte er könne tiefer sinken und schlimmer verletzt werden, als damals zu der Zeit, in der er noch bei seinem Vater gelebt hatte. Nun musste er schmerzlich erkennen, dass er sich so ungemein fatal getäuscht hatte darüber. Die schwere Eisentür seiner Zelle wurde geöffnet und Hidan betrat diese mit einer hell leuchtenden Fackel. Schützend kniff Sasori die Augen zusammen und hob die Arme vors Gesicht. Seine Haare klebten strähnig an seinen Wangen. Seine Kleidung blutig und zerrissen. Seine Wunden immerhin versorgt, immerhin wollte ja niemand, dass er vielleicht noch vor dem Ritual zu fiebern begann. Sein Gesicht und auch der Rest seines Körpers von der permanenten Feuchtigkeit aufgeweicht. Eine lehmige Dreckschicht benetzte ihn von Kopf bis Fuß. Hinter Hidan fiel die Tür ins Schloss und der Jashinist weidete sich minutenlang an dem jämmerlichen Anblick des Ermittlers, immer wieder entwichen ihm Lacher und Töne des Wohlgefallens. Nach einer gefühlten Ewigkeit steckte er die Fackel in einen Halter an der Wand und trat an Sasori heran. Mit einer Hand griff er diesen grob am Kinn und zog den Rothaarigen auf die Füße, ihn dabei mehr haltend als dass dieser aus eigener Kraft auf den Füßen zu bleiben fähig war. Wieder vernahm der Ermittler das kehlige und überhebliche Lachen des Größeren, ehe dessen Stimme geradezu vergnüglich ertönte: „So langsam scheinst du mir so auszusehen, wie du dich hoffentlich auch fühlst. Kleiner dummer Junge, hättest dir besser einen anderen Hausarzt suchen sollen...“ Er lachte. „Einen, der nicht so geschwätzig ist. Ich weiß es, Sasori, ich weiß ALLES.“ - „Schön für dich. Aber es ist bedeutungslos. Du wirst mich nicht in die Knie zwingen.“ - „Das werden wir sehen...“ Der Jashinist presste die Hand noch etwas fester zusammen und amüsierte sich über die fahrigen Versuche des Ermittlers aus diesem Griff zu entkommen. Dann dröhnte er mit erhobener Stimme: „Es ist eigentlich ein Jammer, dass du es mir so unglaublich einfach gemacht hast, Sasori. Du hast jeden einzelnen Köder wie ein Hündchen geschluckt.“ Er warf den Rothaarigen von sich, der unsanft auf der Pritsche landete und sich umgehend wieder mit wackeligen Armen aufzurichten versuchte. Gelassen beobachtete Hidan ihn dabei und sprach weiter: „Wie fühlt es sich an? Erkläre es mir! Wie fühlt es sich an zu erkennen, dass man so leichtfertig mit sich hat spielen lassen?“ Sasori keuchte: „Ich weiß nicht was du meinst.“ - „Oh doch, das weißt du. Ich habe mit dir gespielt und hatte eine Menge Spaß. In jeder Sekunde habe ich mit dir gespielt.“ Hidan lachte laut und Sasori ballte, noch immer auf der Pritsche kniend, die Hände zu Fäusten. Jedes einzelne Wort traf, doch er musste standhaft bleiben. Dieses Duell durfte er einfach nicht verlieren, vermutlich hing sein Leben davon ab. Er durfte nicht zu einem leichten Opfer werden, seine Standhaftigkeit war schlichtweg alles, was ihm noch geblieben war. Und weder Deidara noch Itachi waren in der Nähe, um ihn wenigstens ein wenig aufzufangen. Er würde den Abgrund niemals alleine wieder verlassen können. So weit durfte es einfach nicht kommen. Plötzlich hockte der Jashinist sich neben ihm hin und strich ihm fast zärtlich über den Kopf, doch in der Stimme erkannte Sasori den beißenden Hohn und den sadistischen Spaß: „Na, mein Kleiner. Hätte Daddy das doch nur mal gemacht, nicht wahr? Hätte Daddy doch einmal einen Grund gehabt so etwas zu tun...“ Hidan grinste diabolisch. „Aber das hatte er nicht. Dein Vater, wenn er denn noch leben würde, der hätte sich nicht von meinen Tricks blenden lassen. Nicht wahr? Dein Vater hätte mich schon lange gefasst gehabt.“ Sasoris Fäuste pressten sich noch etwas mehr zusammen, die Knöchel ragten bereits weißlich hervor. Er knurrte mit gepresster Stimme: „Belanglos. Er lebt nicht mehr.“ - „Dein Bruder auch nicht. Und doch... auch er hätte sich nicht so täuschen lassen. Sieh es doch ein: sie alle hatten Recht. Du bist kein Ermittler, du bist nicht einmal intelligent genug um einen Wahnsinnigen wie mich zu durchschauen. Dein kleiner Freund hat es sofort getan, das habe ich an seinem Blick erkannt.“ Er lachte finster. „Aber du? Du hast seine Befürchtungen in den Wind geschlagen, nicht wahr? Immerhin hatte ich ein Alibi. Du bist durchschaubar. Du kleiner dummer Möchtegernermittler.“ Tränen stiegen in Sasoris Augen auf, doch noch konnte er sie zurückhalten. Diese Anstrengung jedoch war deutlich in seiner Stimme zu hören: „Belanglos.“ - „Du wiederholst dich. Fällt dir mal wieder nichts besseres ein? Bei Jashin, du bist wirklich lächerlich.“ Er nahm seine Hand zurück und ohrfeigte den Rothaarigen. „Das ist schon eher das, was du kennst, nicht wahr?“ Sasori rührte sich nicht. „Und weißt du auch wieso? Weil du es VERDIENT hast. Nichts anderes. Du bist eine Enttäuschung. Sei froh, dass deine Frau Mutter dich nicht sehen kann. Sie wäre wohl spätestens jetzt vor Scham gestorben. Du warst nie etwas und du wirst es auch nie sein. Dein Ableben als Opfer wird die größte aller Taten sein, die du jemals in deinem lächerlichen Leben zu Stande gebracht hast.“ Langsam knickten die zitternden Arme Sasoris ein. Doch noch immer gab dieser keinen Ton von sich. Hidan grinste. Einen starken Willen hatte der Ermittler, das musste er ihm lassen. Aber er selbst war viel zu sehr Sadist, um nicht so viel Werkzeug zur Verfügung zu haben diesen Knaben zu zerschmettern. Doch eine langsame Zerstörung von innen heraus war viel befriedigender, viel erfüllender. Und bestialischer. Der Jashinist lachte: „Dass die kleine Blondine überhaupt noch lebt bei deiner Inkompetenz ist mir ein wahrhaftiges Rätsel. Ich habe schon viel länger damit gerechnet, dass diese 'Person' mit Schusslöchern in der Brust irgendwo in der Gosse verreckt.“ Sasoris Oberkörper sank weiter hinab. „Aber vermutlich ist der Kleine schlicht ein Glückskind. Denn an seiner Stelle würde ich mich nicht auf dich verlassen, ich hätte stets Angst um mein Leben. Sag: hat er gar in den vergangenen Jahren die Arbeit für euch erledigt und dich im Schein des Ruhmes gewähren lassen?“ Hidan lachte laut auf: „So muss es sein. Ein Abhängiger, der als Ermittler Karriere macht? Kein intelligenter Mensch glaubt daran! Keiner! Und besonders viel Intelligenz ist auch nicht nötig, du glaubst es ja selber nicht, habe ich Recht?“ Sasori sank noch ein Stück weiter in sich zusammen. Die spröden Stellen seiner Hände platzten auf und Blut rann langsam an ihnen herab. Der Jashinist grinste: „Ein jeder fragt sich, wer dieser Wunderjunge wirklich ist! Und wir beide wissen die Antwort doch nur zu gut. Ein unfähiger, verdummter, idealistischer, mickriger, schwächlicher, abhängiger, unliebsamer, ungeliebter, fanatischer, dreckiger, kleiner und...“ Die nächsten Worte sprach Hidan mit greifbarem Hass und fühlbarer Herabwürdigung. „...homosexueller Bastard! Du bist die personifizierte Schande. Für deinen Herrn Vater, für deine Frau Mutter, deinen begabten Bruder und selbst für den letzten Trunkenbold und Tunichtgut dieser Erde. Du bist ein Ärgernis, eine Schande, ein Aussätziger und erwartest auch noch Respekt. Nicht einmal die Schuhe würde ich mir an dir abwischen wollen, aus Angst ich infiziere mich an deinen abartigen Neigungen.“ Endlich hörte Hidan ein schwaches Keuchen, ehe der zierliche Oberkörper des Rothaarigen auf dessen Schenkel sank, das Gesicht in die Hände vergrub und die Tränen an diesen herabrannen. Wohlwollend grinste der Größere wieder diabolisch. Der Bruch war geschafft, nun kam die Zerstörung. „Wie froh werden der Blonde und dein Butler sein, wenn sie dich Plage und Last endlich los sind. Sie werden sich sicherlich in deinem Bett vergnügen. Wer weiß schon, wie oft sie das bereits getan haben? Vielleicht sogar gerade jetzt?“ Er lachte wieder hämisch auf. „Stell dir das doch nur vor. Wie der Blonde vor Lust kreischen wird. Wahrscheinlich werde ich ihm nach deinem Ableben auch einmal einen Besuch abstatten. Es ihm wie ein richtiger Mann besorgen. So einen Schwächling wie dich will der doch gar nicht. Den will niemand.“ Er kicherte. „Dir wird nicht eine Träne nachgeweint. Vermutlich wird es nicht einmal jemand mitbekommen, dass du endlich tot bist. Ich tue dir also einen Gefallen und erlöse dich von dieser Qual. Selbst dazu warst du ja nicht in der Lage oder hattest Mumm genug.“ Er sah auf, grinste und krallte seine Finger in das rote Haar, hob Sasoris Kopf an und zwang diesen zu einem Blickkontakt. Die aufgequollenen feuchten Augen, die entsetzte Blässe und die Leere des Blickes versetzten Hidan geradezu in Verzückung. Er raunte bedrohlich tief: „Selbst zum Sterben warst du nicht fähig oder mutig genug. Du kannst nichts richtig machen. Weil du nichts bist! Niemand! Etwas anderes als Hass verdienst du nicht, das weißt du. Selbst das liebliche Opium hat dich im Stich gelassen. Wie soll sich da ein Mensch für dich interessieren?“ Noch einmal lachte er diabolisch auf. „Der Blonde WIRD hier auftauchen. Zweifelsohne. Ich habe ihn gesehen.“ Sasori blickte leer auf und Hidan grinste: „Ja, mit dem Inspektor ist er hier. Er will den Fall abschließen, ganz so wie du es ihn gelehrt hast, nicht wahr?“ Er strich über die bleiche Wange des Rothaarigen. „Du selbst bist Schuld, dass er in dir nie mehr sehen wird als den gefühllosen, kalten und absolut nutzlosen Ermittler, der du bist. Du hast es ihm gezeigt, dass du nichts wert bist. Jetzt kennt er zwar die Wahrheit, aber mehr als pures und berechtigtes Mitleid wird dir niemals widerfahren. Selbst wenn sie dich retten sollten. Sie bemitleiden dich, weil du armselig bist.“ Abermals ließ er von dem Ermittler ab. Abermals ohrfeigte er diesen. Und während er sich erhob grinste Hidan kalt: „Die Erziehung der Menschen ist einfach zu warmherzig. Früher hätten man ein Subjekt wie dich verjagt. Heute beschüttet man so etwas wie dich mit Mitleid. Aber nun gut, die Meisten würden selbst das nicht mehr tun, wenn sie wüssten, dass du ein Perverser bist. Ein abartiger Bastard.“ Er spuckte haltlos auf den Kleineren. „Widerwärtig.“ Lachend ließ Hidan sich die Tür öffnen und schritt von dannen. Er hatte noch ein paar Vorbereitungen zu treffen. Sasori begann zu schluchzen. Sein Körper zitterte noch viel mehr, als vor Hidans Besuch. Mittlerweile weniger aus Kälte, als aus purer Verzweiflung und den Bildern, die unaufhaltsam vor seinem geistigen Auge aufflimmerten. Die Stimmen, die er heute noch so deutlich hören konnte wie damals. Die Schläge, die seinen Körper und seinen Geist nach all den Jahren gleichermaßen trafen. Die Verzweiflung, die sich wie eine Säure durch seine Adern fraß. Der Schmerz, der durch nichts zu betäuben war. Und allem voran die Hilflosigkeit, weil er noch immer der kleine Junge aus der Asservatenkammer war, der vereinsamt zurückgelassen wurde und seine Kindheit jäh abzubrechen genötigt war. Die Kindheit, die sich als Schmerz und Leere in seinem Herzen festgesetzt hatte und ihn für sein Verhalten, für jede einzelne Entscheidung strafte. Der kleine Junge, der es nie Wert war von seinem Vater geachtet oder gar geliebt zu werden. Und der es noch heute verzweifelt versuchte, seine Lektion niemals gelernt hatte. Eine Erkenntnis jedoch tat mehr weh, als alles andere. Die Erkenntnis, dass das größte Leiden seine eigene Schuld war. Er hatte vertraut. Deidara vertraut. Und nun resultierte daraus der wohl größte Schmerz. Seine Liebe wurde von Mitleid empfangen. Es war eine Narretei seinerseits, denn er hatte gedacht, dass es einen Menschen gab, der ihn aufrichtig zu schätzen wusste. Der ihn... Wieder liefen unzählige Tränen an seinen Wangen herab. Plötzlich klang alleine der Gedanke für ihn so unsagbar lächerlich. Ein Mensch, der ihn liebte... Das Geräusch der schweren Eisentür riss Sasori aus einem leichten Schlaf auf. Er sah sich um. Die Erschöpfung hatte ihn scheinbar niedergerungen gehabt. Leicht öffnete er die Augen und sah zur Zellentür. Seine Augen weiteten sich schlagartig, sein Atem stockte. Unsanft wurde Deidara in den Raum gestoßen und die Tür hinter ihm mit einem Lauten Krachen wieder verschlossen. Der Blonde rappelte sich auf und sah sich um. Eine Fackel brannte auf dem letzten Stück schummerig vor sich hin. Sasori fiel erst jetzt auf, dass Hidan sie wohl hier vergessen haben musste. Er biss sich auf die Unterlippe und sah zu Deidara auf, der schockiert die Hände vor den Mund schlug. Nein. Es war kein Versehen gewesen. Es war pure und wohl wissende Absicht. Der Rothaarige rappelte sich auf und erhob sich mit wackeligen Beinen. Deidara machte zwei eilige Schritte auf ihn zu und schloss ihn in die Arme, die Stimme bebend: „Um Himmels Willen, was haben sie mit dir gemacht?“ Wieder schossen Sasori Tränen in die Augen und er krächzte: „Es... ist nicht so wichtig. Was tust du hier?“ Plötzlich riss der Blonde sich los und sah den Anderen etwas entgeistert an: „Das fragst du noch? Himmel! Ich bin vor Sorge eingegangen! Ich... ich bin fast wahnsinnig geworden, als du nicht am Treffpunkt warst und dann in der Gerichtsmedizin... das ganze Blut!“ - „Deidara, ich... ich verdiene diese Sorge nicht. Ich hätte es wissen müssen... Ich bin so unendlich dumm, habe mich so täuschen lassen... bin schnurstracks in die ausgeschilderte Falle gelaufen...“ Sanft strich Deidara dem Rothaarigen über die Wange und schüttelte den Kopf: „Was redest du denn da? Das... Mensch Sasori, wir sind ihm doch alle auf den Leim gegangen.“ - „Nein, du hast mich von Anfang an gewarnt! Wäre ich nicht, so würden vermutlich noch so einige Opfer leben und Hidan im Verlies verschmoren.“ - „Das ist doch gar nicht wahr...“ Sasori trat einen Schritt zurück und schlug Deidaras Hand zur Seite, ehe er mit erstickter Stimme krächzte: „Ich brauche dein Mitleid nicht. Ich brauche und ich verdiene es nicht. Morgen erwartet mich mein gerechte Strafe. Eine Ende, das meiner würdig ist.“ Der Blonde starrte seinen Freund fassungslos an: „Was sprichst du da? Ich werde es nicht zulassen, dass dir etwas passiert...“ - „Und wieso?“ - „Weil... weil ich dich... brauche...“ Der Rothaarige schüttelte den Kopf: „Nein. Du brauchst mich nicht. Du warst in der Gerichtsmedizin. Du hast also gewusst wo du nach mir suchen musst. Du hast dich mit dem Scotland Yard zusammengetan. Du hast also gewusst was du tun musst. Und du hast nicht nachgefragt, als ich von meinem Ende sprach. Du hast also gewusst, was Hidan vor hat. Du brauchst mich nicht! So wie jeder andere Mensch dieser Welt mich nicht braucht!“ Es war zwar bereits seine dritte Ohrfeige an diesem Tag, doch wog diese schwerer als alle bisherigen. Geschockt sah er auf und rieb sich die Wange. Deidara funkelte ihn wütend an und fauchte: „Wage es dich ja nie wieder meine Gefühle für dich als Mitleid zu bezeichnen! DU hast mir die letzten Hinweise hinterlassen und mir das Handwerk eines Ermittlers beigebracht. Aber DAS habe ich vorhin auch nicht gemeint! Ich LIEBE dich!“ Sasori schloss die Augen und ließ die Tränen einfach laufen. Er hauchte: „Nein, das tut niemand. Nicht einmal ich selbst. Wie kann man etwas lieben, das nicht einmal von seiner eigenen Mutter zu lieben gewesen ist? Das gibt es nicht.“ - „SCHWEIG ENDLICH!“ - „...“ - „Ich liebe dich und ganz alleine ICH entscheide, ob ich das kann oder nicht!“ - „...“ - „Ich brauche dich, weil ich keinen Tag mehr ohne dich verbringen möchte, verstehst du das denn nicht?“ - „...“ Plötzlich sackte Sasori weinend zusammen und schüttelte den Kopf: „NEIN! Nein, verdammt, ich verstehe es NICHT! Nenne mir nur EINEN vernünftigen Grund...“ Deidara hockte sich vor ihn und packte den Rothaarigen vorsichtig an den Armen an: „Das kann ich nicht.“ - „Siehst du.“ - „Nun unterbreche mich nicht dauernd. Ich kann es nicht, weil es... eben Liebe ist. Liebe braucht keine Indizien oder Beweise. Und keine Gründe. Sie passiert einfach.“ - „Ich verdiene es nicht... du machst dich nur unglücklich damit... Und Morgen ist eh alles vorbei...“ - „Hör mir zu, Sasori. Keiner außer dir verdient es, hast du gehört? Ich liebe nur dich und ich will auch gar nicht, dass es jemand anderes sein soll.“ Er seufzte. „Und gib die Hoffnung nicht auf!“ Kurz blickte Deidara zur Tür und senkte seine Stimme: „Ich habe etwas vorbereitet. Die Chancen stehen gut, dass es klappt. Vertrau mir.“ Sasori blickte zu Boden und nickte leicht: „Das tue ich... Immerhin habe ich mich an dem Plan nicht beteiligt... Es... ich... Selbst wenn wir das überleben... Deidara, ich bin nicht für das Leben geschaffen! Ich weiß ja nicht einmal wie es ist wirklich zu fühlen.“ Der Blonde setzte einen strengen Blick auf und knurrte: „Doch, das tust du sehr wohl, aber aus mir unbekannten Gründen hast du dich entschieden nur diejenigen in dein Leben zu lassen, die dich leiden lassen!“ - „Aber...“ - „Nein, nichts aber! Du leidest und scheinbar leidest du gerne! Schmerz, Trauer und Einsamkeit sind nicht alle Emotionen, die es gibt. Scham und Ekel vervollständigen das Spektrum auch nicht. Und all diese Dinge fühlst du. Du versuchst sie zu verbannen, aber sie sind so winzig im Gegensatz zu Gefühlen wie Freude, Zuneigung, Spaß, Glück... und vor allem Liebe!“ Er nahm das Gesicht Sasoris in seine Hände und hauchte mit einem Lächeln auf den Lippen. „Und auch die hast du bereits empfunden. Du hast nur Angst vor ihr. Dabei ist die Liebe etwas so wundervolles, etwas so aufbauendes und schönes, vor dem man wirklich keine Angst haben muss.“ Er sah tief in die graubraunen Augen. „Bitte... lass es mich dir zeigen...“ Plötzlich schoss Sasori die Röte ins Gesicht. Er haderte noch mit der Entscheidung: „Aber... das ist doch... Sei doch vernünftig, Deidara. Wir sind zwei Männer und... mmmnnngnn...“ Seine Lippen wurden plötzlich von denen des Blonden versiegelt. Erschrocken riss der Rothaarige die Augen auf und sah, wie der Blonde dessen Augen genießend verschloss. Sein Herz schlug ihm bis zum Halse, seine Körperhaltung spannte sich ruckartig an. Doch Deidara ließ eine Hand an seinen Nacken wandern, um diesen sanft und zärtlich zu kraulen. Mit einem wohligen Laut schloss Sasori nun auch seine Augen. Woher wusste der Blonde, dass er dort offenbar ungemein empfindlich war? Bis vor wenigen Sekunden wusste er es doch selbst noch nicht... Mit geschlossenen Augen konnte er alles noch viel deutlicher wahrnehmen. Die warmen weichen und kribbelnden Lippen auf seinen, das betörenden Kraulen in seinem Nacken und die zweite Hand Deidaras, die sich auf seine Brust legte und von dort aus zu seinem Rücken nach hinten glitt, während der Blonde ihm immer näher kam. Und dann... wieder riss er kurz die Augen auf. Deidara hatte seinen Kopf zur Seite geneigt, den Mund ein Stück geöffnet. Dem heißen und frischen Atem folgte die Zunge, die leicht über seine Lippen strich und eine Woge an Wärme und Schwerelosigkeit in ihm auslöste. Und eine gewisse Schnellatmigkeit, wie er feststellte. Abermals schloss er die Augen und kam der Aufforderung zögerlich nach. Die noch viel größere Woge an Gefühlen und Eindrücken überraschte Sasori ungemein, die ihn durchfuhr, als Deidaras Zunge zärtlich auf seine traf und diese von einem sündigen und doch so süßlich reinen Aroma begleitet ihre Hitze auf ihn übertrug. Streichelnd berührten sich ihre Zungen immer wieder, tanzten zärtlich miteinander und weckten in Sasori etwas Neues. So viel Neues. Sehnsucht, nach Deidara. Liebe, für Deidara. Und Lust. Wie eine Injektion breitete sich dieser Wust in seinen Adern aus. Beginnend in seinem Mund, in dem noch immer so viel Zärtlichkeit ausgetauscht wurde und in dem dennoch etwas feuriges zwischen ihren Zungen begann. Schneller und verlangender wurden die Bewegungen, schneller und flacher ging sein Atem. Bis dieser ihm fast ausblieb und er sich mit verklärtem Blick von Deidara löste und diesem in die Augen sah. Der Blonde lächelte: „Ich liebe dich.“ Glasig glänzten Sasoris Augen, doch leise und schwach hauchte er: „Ich... ich... liebe dich auch...“ Überglücklich wurde das Strahlen auf Deidaras gesamten Gesicht, was der Rothaarige fast schon neugierig beobachtete. Noch nie in seinem Leben hatte er einen Menschen mit Worten so glücklich gemacht. Oder mit irgendwas sonst. Noch nie hatte er einen Menschen überhaupt sichtbar glücklich gemacht. Er ließ sich sanft zu Boden drücken, um dort in einen nun leidenschaftlichen und gierigen Gerangel ihrer Zungen verwickelt zu werden. Leise keuchte er in diesen hinein. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er tatsächlich das Gefühl die absolut richtige Entscheidung getroffen zu haben. Nicht, weil ihm sein Kopf das sagte. Sondern weil sein Bauchgefühl freudig zustimmte... Kapitel 17: Hoffen und bangen ----------------------------- ~Aloha ihr Lieben :) Hier nun also der Showdown vor dem Prolog. Ich hoffe sehr, dass ich die Stimmung gut einfangen konnte. Für eine Unterstreichung dieser hier noch einen Musiktipp: Spielt das Lied „Alpha & Omega“ von Stratovarius, sobald Hidan seinen großen Auftritt in der Halle hat. Kommt geil ^.^ http://www.youtube.com/watch?v=tRQHZDQ7RSY Unter diesem Link könnt ihr es euch zumindest anhören. Nicht über den etwas leisen Anfang wundern, nach etwa 30 Sekunden geht es richtig los. In diesem Sinne viel Vergnügen beim großen Finale :) PS: Wer Rechtschreibfehler findet darf sie behalten ^.^ Hat doch etwas länger gedauert, deshalb haue ich es jetzt ohne Korrektur rein ;) LG Galenhilwen~ Ein angenehmes Gefühl war es diesmal, das Sasori aus seinem Schlaf erwachen ließ. Langsam öffnete er seine Augen. Die Fackel war mittlerweile erloschen, doch er brauchte auch nichts zu sehen, um zu wissen wo er war und was ihn so sanft aus den Träumen entlockt hatte. Sein Kopf ruhte auf einer warmen und sanft auf und ab sinkenden Brust, in seinem Nacken lag Deidaras Hand und kraulte ihn zärtlich. Fast wie eine Katze schnurrte er unter der liebevollen Behandlung. Eine heitere Stimme erklang sanft neben ihm: „Ich wollte dich nicht wecken.“ - „Lügner.“ Ein Kichern. Dann wieder Deidaras Stimme: „Sag du mir noch einmal du bist nicht gut.“ Er seufzte. „Draußen entsteht so langsam Hektik. Ich glaube es wird bald so weit sein. Sie dürfen aber nichts mitbekommen von unserem Plan.“ - „Darum habe ich dir ja verboten es mir genauer zu erklären. Ich werde es früh genug erfahren.“ - „Ja, ich weiß. Selbst wenn ich der Wissende bin ist meine Ungeduld größer als deine. Das ist unfair.“ Sasori kicherte leise und heiser: „Nein, das ist typisch. Und ungemein sympathisch.“ - „Grmpf.“ Langsam löste Sasori sich von dem Blonden und sah in seine Richtung: „Gut, dann sollten wir auch vorerst damit aufhören. Hidan soll eine erstklassige Vorstellung erhalten.“ Der Blonde hielt ihn fest und grinste: „Nicht ohne Wegzoll, mein Lieber.“ Er verwickelte den Kleineren in einen langen und intensiven Zungenkuss, der durch zärtliche Berührungen begleitet wurde und in einer gewissen Atemlosigkeit wieder beendet wurde. Deidara lächelte: „Ich kann es gar nicht oft genug sagen... ich liebe dich.“ Mit geröteten Wangen stand Sasori auf und murmelte fast unverständlich: „Ich... dich auch...“ Dann wurde sein Tonfall wieder fester, nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte: „So, und nun ist gut. Es ist Zeit dem Propheten seine eigene Medizin zu verabreichen.“ Der Blonde nickte: „Verstanden. Aber... kannst du mir auf den Fuß treten, bitte?“ - „Wieso sollte ich?“ - „Nun... ich kann nicht auf Befehl weinen. Und das sollte ich wohl besser... AUAAA!“ Sasori kicherte leise, als Deidara empört fiepte: „Ich hab gesagt auf den Fuß treten und nicht Haare ausrupfen!“ - „Pssst. Auf einen Fußtritt warst du vorbereitet, das hätte nicht geklappt. Und jetzt sei leise, ich höre Schritte. SEINE Schritte...“ Während Deidara nun wirklich ein paar Tränen in den Augen hatte schloss Sasori die seinigen für einen Augenblick, während er sich rasch mit dem Rücken an der Wand zu Boden gleiten ließ. So wenig ihm das gefiel, aber er musste sich Hidans Prozedur noch einmal aussetzen. Den Erinnerungen. Den daraus entstandenen Gefühlen. Nur so konnte er den Jashinisten erfolgreich täuschen. Der Prophet stieß die schwere Zellentür auf und betrat mit einer Fackel den kleinen Raum. Der Anblick stellte ihn mehr als zufrieden. Auf der Pritsche saß der Blonde mit Tränen in den Augen. Diesem gegenüber kauerte der Rothaarige an der Wand gelehnt auf dem Boden, zitterte noch immer am ganzen Körper und hatte die Hände vor das Gesicht gelegt. Er knurrte zufrieden. ALLES verlief nach Plan. Hidan war sich sicher, dass Sasori jeden Befreiungsversuch erfolgreich vereiteln würde. Der hochgeschätzte Ermittler war nicht einmal ein Schatten seiner selbst, er war ein kümmerlicher Haufen Elend und er, Hidan, hatte über den größten Detektiv Britanniens gesiegt. Geistig. Und schon bald würde dessen Blut durch seine Adern fließen und den letzten Schritt zur absoluten Perfektion bedeuten. Sasoris Blut alleine war dem Jashinisten gut genug, um die höchste Stufe der Unsterblichkeit zu erreichen. Es war einfach zu schön ein sadistischer Finsterling zu sein. Er war zu Siegen geboren! Mit siegessicherer Stimme lachte er: „Los, nehmt die beiden mit. Wir wollen ihnen die besten Plätze zusichern, nicht wahr?“ Vier Verhüllte betraten den Raum. Zwei von ihnen ergriffen Sasori, zwei Deidara. Und damit begann das letzte Gefecht, der Höhepunkt ihres Kampfes um den Sieg und auch um ihr Leben. Alles hing von mehreren Faktoren ab. Die Wahrscheinlichkeiten waren günstig, aber nicht zweifelsfrei. Und doch, es würde innerhalb der nächsten halben Stunde zu einem finalen Aufbegehren kommen, mit nicht sicherem Ausgang. Ihre Zelle war eine der beiden letzten auf dem Gang. Erhobenen Hauptes und von einer alles übertönenden Präsenz schritt Hidan mit wehendem Umhang voraus. Sasori riskierte ein paar Blicke in die vorüberziehenden Zellen. Bei einer stockte ihm doch tatsächlich ernsthaft der Atem. Sie waren nahezu am anderen Ende des Flures angelangt und die hiesigen Zellen waren, im Gegensatz zu ihrer eigenen, nicht von einer Eisentür, sondern von Gitterstäben geschützt. Kurz musste er grinsen. Offenbar schien sich Hidan doch nicht so sicher gewesen zu sein, wenn dieser ihn so anders behandelte, als seine „normalen“ Opfer. Doch das war gar nicht der Punkt, der ihn aufschrecken ließ. Vielmehr war es die Tatsache ein bekanntes Gesicht unter den Inhaftierten zu sehen. Und so komisch das auch klingen mochte: es beruhigte ihn und half seinem angekratzten Selbstwert ein wenig auf die Beine. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten sie das andere Ende des Ganges, das in einer scharfen Kurve eine 180° Wende machte und nach etwa 10 Metern in die große Halle mündete, die sie bisher nur von oben hatten betrachten können. Vor dem Ausgang blieb Hidan stehen, drehte sich herum und hockte sich vor Sasori hin. Er packte ihn wieder am Kinn und raunte: „Hier und jetzt wird sich dein Schicksal erfüllen. Endlich kannst du stolz sein, denn DU bringst mir die absolute Unsterblichkeit. Und ich erlaube es deinem kleinen geliebten Freund sogar dabei aus der ersten Reihe zuzusehen. Ich bin einfach zu gütig für diese Welt...“ Erheitert nahm er aus den Augenwinkeln Deidara wahr, der ruckartig aufsah. Hidan grinste: „Hoppala, wie ungeschickt, dass ich es jetzt doch verraten habe. Der Blonde hauchte: „Sasori... ist das wahr?“ Der Rothaarige grinste innerlich so breit wie schon lange nicht. Deidara war klasse. Nach außen hin presste er eine Träne aus den Augen und funkelte Hidan hasserfüllt an. Dann schloss er die Augen, senkte den Kopf und raunte: „Nein. Es ist eine Lüge. Er versucht nur wieder dich zu täuschen.“ Der Jashinist lachte laut auf: „Ich sage doch, du bist einfach lächerlich! Hat der kleine Sasori Herzschmerz? Bald ist es vorbei, ich helfe dir.“ Deidara kochte innerlich vor Wut. So langsam konnte er sich ein Bild davon machen was seinen Geliebten in eine solche Verzweiflung getrieben hatte und er verachtete Hidan dafür. Doch er blieb ruhig und senkte den Kopf: „Aber... wieso wehrst du dich dann nicht? Ich verstehe nicht...“ Sasori sprach gepresst: „Belanglos, Deidara. Absolut belanglos. Es ist zu spät.“ Lachend erhob Hidan sich wieder und klatschte die Hände zusammen: „Lasst das Ritual beginnen.“ In weiter Ferne trat eine Gestalt auf das Podest und begann zu den unzähligen Jüngern zu sprechen. Dieses Mal kam ihm die Stimme so bekannt vor... Es war derselbe Sprecher, wie immer. Das war zu hören. Doch dieses Mal sprach er weit weniger tief und kehlig, sondern scheinbar mit seiner „echten“ Stimme. Und wieder traf ein Stich ihn ins Herz. Es war ihm nicht aufgefallen, da der Unterschied zu groß gewesen war. Die Stimme gehörte Dr. Kabuto. Er biss sich auf die Lippe und Hidan nahm dies mit Erheiterung zur Kenntnis. Dann hockte er sich wieder vor den Rothaarigen und grinste: „Jetzt hast du das letzte Puzzleteil, nicht wahr? Sieh es als Henkersmahlzeit. Wo wir gerade bei Mahlzeit sind...“ Eine Nadel versank in der Schlagader seines Halses und erschrocken keuchte Sasori auf. Viel zu schnell entnahm der Jashinist das Blut, ihm wurde schummrig. Geduldig befüllte Hidan mit seinem Blut den goldenen Kelch, der ihm von einem der Jünger helfend entgegengehalten wurde. Nach der dritten Entnahme hörte er Deidara nur noch dumpf hinter sich keifen und schreien. Doch trotzdem wusste er, dass es dieses Mal nicht gespielt war. Von Hidan wieder in dem gewohnten Griff festgehalten wurde Sasoris Gesicht hin und her gedreht. Der Jashinist entnahm noch weitere Male Blut, bis der Rothaarige nicht einmal mehr geistesanwesend genug war um mitzuzählen. Alles um ihn herum verlor sich wie in einem hochgradig gefährlichen Alkoholrausch. Schwindel und Übelkeit beherrschten seinen Körper. Die Augen zu schwach um alles wahrzunehmen, so dass sich alles unter einem fahrigen Schleier hüllte und die Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Verarbeitung die Welt um ihn völlig verwischte, zu einem Wust an Farben und Formen machte. Seine Atmung war geradezu panisch, vollkommen auf das Erhalten des Lebens in ihm ausgerichtet. Die feuchte Kleidung schien schwer wie Blei zu sein und entzog seinem geschwächten Körper nun auch die letzte Wärme. Mit der Ohnmacht kämpfend spürte er plötzlich, dass er sich fortbewegte. Oder vielmehr fortbewegt wurde. Deidara sah sich um und eine Gänsehaut übersäte seinen Körper. Zu seiner Linken und zu seiner Rechten waren Jünger so weit das Auge reichte. Hier in ihrer Mitte wirkten sie noch viel bedrohlicher, als einst von oben herab. Ihren Kehlen entrann permanent ein leises, aber monotones Summen, ihre Blicke richteten die Verhüllten leicht gesenkt auf ihre Füße, rührten sich nicht einen Millimeter. Ein Meer auf braunen Umhängen umgab ihn, der auf dem Steg nur geringfügig über dieses Meer zu blicken fähig war, da es schlichtweg zu groß war. Vor ihm wurde Sasori wie eine Puppe über den Boden geschleift. Dahinter konnte Deidara den Altar erkennen, der sich immer größer werdend vor ihnen erhob. Schon jetzt, da sie erst gut die Hälfte der Strecke hinter sich gebracht hatten, wurde dem Blonden abermals klar, dass die Präsenz und die Größe der Empore, des Altars und des Zeichens weit größer waren, als er sich das aus der Ferne hatte vorstellen können. Fackeln empfingen sie auf dem letzten Stück ihres Weges. Dann betraten sie Stufe für Stufe das Podest. Sasori wurde auf den Altar gelegt und atmete nur noch flach. Deidara wurde von seinen beiden Begleitern weiterhin fixiert und hinter dem Altar, vor dem Symbol auf der Wand, von diesen in einem festen Griff gehalten. Besorgt sah er zu seinem Geliebten und schickte innerlich immer wieder Stoßgebete gen Himmel. Selbst wenn sein Plan funktionierte, er hatte nicht dabei bedacht, dass Sasori durch den Blutverlust so geschwächt sein würde. Er stutzte leise und sah zur Decke empor. Er war aber vielleicht nahe genug an ihm dran, um Schlimmeres zu vermeiden. So hoffte er mit allem, was er noch zu hoffen hatte. Dann, ganz plötzlich, verstummte das monotone Summen. Am anderen Ende der Halle betrat Hidan den Steg und machte zwei Schritte, ehe er stehenblieb und sich umsah. Deidara konnte den selbstgefälligen Blick bis hierher erkennen. Wie eine Katze in der Sonne räkelte der Prophet sich in der Aufmerksamkeit seiner Jünger. Hidan schritt los. Königlich, erhaben, gefeiert und so siegessicher wie es der Blonde noch nie gesehen hatte. Der ganze Körper des Jashinisten drückte Macht und Erhabenheit aus. Mit jedem Schritt schien die Brust mehr vor Stolz und Narzissmus anzuschwellen. Jeder Muskel ließ jeden Zweifel an seiner Überlegenheit verstummen. Der braune Umhang schmiegte sich im Aufwind des Marsches um den entblößten und muskulären Oberkörper. Die silberne Kette mit den Jashinanhänger funkelte im Schein des fahlen Lichtes. Und um Hidan herum verwandelte sich aus dem braunschwarzen Meer, bestehend aus den Kutten der Jünger und dem Schwarz der Steine, ein ausschließlich braunes. Die Verhüllten, an denen Hidan vorbeischritt, gingen demütig und stillschweigend in die Knie und beugten ihre Oberkörper nach vorne, bedeckten so den gesamten Boden und verschluckten mehr und mehr den Grund, auf dem sie zuvor gestanden hatten. Mit einem überheblichen und triumphierenden Grinsen hob der Prophet die Arme und lachte laut: „Feiert mich!“ Und plötzlich ertönten die Jünger immer und immer wieder im Chor: „Heil dem Propheten! Heil dem Propheten!“ Wie ein Singsang wurden diese Worte immer und immer wieder geraunt. Das diabolische Lachen Hidans alleine übertönte den Sprechchor. Er streckte beide Arme nun vollständig zu den Seiten aus und legte den Kopf in den Nacken, durch seinen Marsch mit wehendem Mantel. Immer näher rückte das braune Meer, immer näher brachten Hidan mit diesem royalen, infernalischen und auch selbstverliebten Marsch seine Füße zum Podest. Doch er war deutlich langsamer, als die beiden Ermittler. Viel zu sehr tauchte er in den menschlichen Ozean aus hörigen Jüngern und verheißungsvollen Sprechchören. Viel zu greifbar war für ihn die schier unendliche Macht, die auf ihn wartete. Viel zu verlockend das sündige Blut seines Opfer, doch lange nicht so verlockend wie das Bad in Ehrfurcht und Anbetung, das ihn umgab. Viel zu schön war das Wissen, dass diese Menschen ihn fast ebenso verehrten wie Jashin selbst, wenn nicht sogar etwas mehr. Denn er war greifbar, ein Gott mit Körper, den diese seelenlosen Wichtigtuer berühren und vergöttern konnten. Und dies taten sie mit derselben Hingabe, wie Hidan selbst sich vergötterte. Die letzten Schritte trennten ihn noch vom Podest. Vor den Fackeln blieb er ein letztes Mal auf seinem Weg zum Altar stehen. Neben ihn waren nun auch die ersten Reihen demütiger Jünger zu Boden gesunken und sprachen noch immer: „Heil dem Propheten!“ Hidan ließ seinen Kopf wieder sinken und sah zu seinem Opfer empor. Genüsslich leckte er sich über die Lippen. Er würde jeden einzelnen Tropfen, jede Sekunde und jeden Bissen genießen, verinnerlichen und fast zeremoniell feiern. Es war nicht nur sein letztes Ritual VOR seiner absoluten Unsterblichkeit. Nein. Sein Opfer selbst war es, dem diese Anerkennung gebührte. Sasori musste es nicht wissen, aber er hatte oft improvisieren müssen, da der Rothaarige ihm zu nahe gekommen war. Alleine das Finden ihres Verstecks war weit früher erfolgt, als der Jashinist sich das gedacht hatte. Die Ungewissheit, wie viel Sasori wirklich wusste. Und ganz besonders der Abend, an dem die beiden alleine aufeinandergetroffen waren, nachdem der Ermittler die Sache mit den Blutgruppen herausgefunden hatte. Das war überhaupt nicht so geplant gewesen, aber dennoch stand er nun hier, wurde angebetet und hatte auf dem Altar seinen ärgsten Fein hilflos liegen. Dann schritt Hidan die Stufen empor und stellte sich hinter den Altar. Kabuto erhob die Stimme, der Sprechgesang der Jünger verstummte: „Brüder und Schwestern. Es ist so weit. Die Sonne steht hoch am Himmelszelt und in wenigen Augenblicken wird es Punkt zwölf Uhr sein. Möge das alles entscheidende Ritual beginnen und euch erleuchten, dem großen und weisen Jashin treuer und demütiger zu dienen, als jemals zuvor.“ Kabuto trat zur Seite und Hidan trat nun direkt an den Altar. Fast zärtlich strich er Sasori über die Wange und kicherte leise: „Du warst ein würdiger Gegner. Und du bist das einzig würdige Opfer für dieses Ritual. Meine Unsterblichkeit wird deine Ewigkeit sein, denn du wirst in mir verbleiben. Wir werden eins sein.“ Einer der Jünger von der Seite schritt zum Propheten und offerierte diesem den goldenen Kelch. Dieses mal begann Hidan damit, das Zeichen um den Altar zu ziehen, mit einer Portion des dargebotenen Blutes Sasoris. Deidara begann zu schwitzen. Er hatte keine Uhr, was ihn ungemein nervös machte. Alleine Hoffnung vermochte ihn nun zu tragen. Hoffnung, dass Inspektor Kisame pünktlich begann. Hoffnung, dass seine Berechnungen stimmten. Hoffnung, dass er Sasori zu retten fähig sein würde. Hidan zog die letzten Striche des Symbols und trat wieder an die Stelle hinter dem Altar. Er nahm den Kelch an sich und hob ihn empor. Deidara schloss die Augen. Sein Körper bebte vor Angst. Die Lippen des Propheten setzten an, die ersten Tropfen Blut benetzten seine Lippen. Der Blonde konnte seine Tränen nicht unterdrücken. Zu groß war seine Angst, dass sein Geliebter ihn nie wieder in die Arme schließen würde. Gierig trank Hidan den Kelch bis auf ein paar Tropfen leer und reichte diesen wieder dem Jünger neben sich, der nun auf Deidara zukam. Leise flüsterte der Ermittler: „Bitte, bitte, lieber Gott oder wer auch immer... wir haben keine Zeit mehr...“ Das salzige Wasser benetzte seine Wangen und rann ohne Unterlass nach. Ein letztes Mal strich Hidan dem Rothaarigen über die Wange. Ihre Blicke trafen sich und ruhten für einen Augenblick aufeinander. Sasori lächelte matt. Es würde alles enden. Hier und jetzt. Er wusste nur noch immer nicht wie. Doch Hidan Sieg schien auch ihm nun am Wahrscheinlichsten. Er hatte verloren. „Bitte, bitte, bitte... Ich will die Liebe meines Lebens doch nicht verlieren... Ich kann ohne Sasori nicht...“ KABUMM!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Die Jünger rissen nahezu gleichzeitig ihre Köpfe nach oben. Gestein und Staub rieselte auf sie alle hinab. Die Wände wackelten, die Boden unter ihren Füßen bebte. Und dann fiel der erste Brocken in der Menge zu Boden. Ein staubiger Nebel erfüllte rasch die gesamte Halle, die Jünger begannen in Panik auszuschwärmen und sich zu retten. Doch immer wieder wurden einige von ihnen unter schwerem Gestein begraben. Wenn sie Glück hatten waren sie augenblicklich tot, doch das entsetzliche Schreien, das hier und dort in der Nebelwand ertönte ließ Deidara schmerzlich wissen, dass nicht jedem dieses Glück widerfuhr. Neben ihnen landete ebenfalls ein großer Quader aus dunklem Stein. Deidaras Wachposten erschraken ebenfalls und preschten davon. Hustend arbeitete der Blonde sich zum Altar vor. Hidan brüllte auf: „KABUTO! PASS AUF! ICH MUSS ES BEENDEN!“ Trübe konnte Deidara die Umrisse des Jashinisten erkennen, der bereits über Sasori hockte. Mit einem panischen Schrei stürzte er auf Hidan zu, um diesen in letzter Sekunde von seinem Geliebten zu stoßen. Unsanft landete der Prophet auf dem Boden und brüllte abermals wütend auf. Eine Lage kleinerer Steine regnete auf die Drei herab, doch ruckartig beugte Deidara sich über den Rothaarigen und fing das Ärgste ab. Schmerzhaft landeten Brocken auf seinem Rücken und durchfluteten seinen Körper. Ein Stein jedoch landete auf Sasoris Arm, der ungesund unter diesem Treffer knackte. Der Blonde sah panisch hinab. Der Atem seines Freundes ging noch flacher, der Staub schien sein Übriges zu tun. Er war gerade im Begriff Sasori auf seine Schulter zu hieven, als Deidara selbst unsanft vom Altar getreten wurde. Rasch rappelte er sich auf und sah Hidan an: „FINGER WEG!“ Der Staub brannte in seinen Lungen. Doch es war, Sasoris Worten nach, nebensächlich. Belanglos. Der Prophet brüllte: „DU KANNST MICH NICHT MEHR AUFHALTEN!“ Wieder war er mit einem Satz über dem Rothaarigen und Deidara kreischte auf. Er sah sich hastig und fast panisch um. Dann entdeckte er etwas. Verzweifelt griff er nach dem Rest des Kelches, welches von einem schweren Steinschlag noch übrig war. Mit diesem hechtete er auf Hidan zu, rammte diesem die spitze Kante des Metalls ungehalten in den Hals. Der Jashinist schrie schmerzerfüllt auf und kippte durch die Wucht abermals von der Empore herunter. Um sie herum schrien und rannten noch immer unzählige Jünger durcheinander. Deidara zog Sasori an sich heran und legte sich diesen über die Schulter. Mit taumelnden Schritten entfernte er sich aus dem Gefahrenbereich. Zumindest war dies sein Plan. Doch ein von Wut zerfressener Hidan stellte sich ihnen in den Weg. Deidara riss die Augen auf. Die Haut seine Gegenüber war nicht mehr normal, sondern schwarzweiß gemustert. Die Augen glühten ihn in einem unheilvollen Violett an, die Pranken zu übermächtigen Fäusten geballt. Der Prophet keifte: „Nicht so hastig! Ich brauche noch sein Herz und davon wirst DU mich nicht abhalten!“ Er kam näher und Deidara schluckte schwer, wich immer wieder ein paar Schritte zurück. Als er in seinem Rücken den Altar spürte seufzte er leise. Dass es überhaupt bis hierher funktioniert hatte wunderte den Blonden bereits. Nun schien aber auch der beste Plan nicht zu helfen. Eine Hundertschaft des Scotland Yard stürmte über ihnen auf den Balkon, als sich langsam der staubige Nebel legte. Deidara schloss abermals die Augen. Kein ruhmreiches Ende... Ein lautes Knacken ging durch die Wände über ihnen. Deidara sah auf. Die Decke würde jeden Augenblick komplett einstürzen. Hidan grinste. Doch dann, nach all den Wochen, beging er seinen ersten und letzten Fehler. Er unterschätzte seinen veränderten Körper. Mit einem Satz wollte er Deidara anspringen. Dieser jedoch duckte sich rasch. Hidan flog über den Altar und mit einem nie gekannten Adrenalinspiegel preschte der Blonde los. Er klammerte Hidan aus, die Jünger, die Polizisten. Hinter ihm stürzte die Decke in einem lauten Krachen fast komplett zu Boden. Der gesamte Bereich um das Podest herum lag unter schwerem Stein begraben. Und auch ein gutes Stück des Raumes, wo sich die Jünger befunden hatten und noch immer teilweise befanden. Mit unmenschlich scheinender Geschwindigkeit raste Deidara mit Sasori über den Steg, bis das Geräusch der fallenden Decke nachließ und fast so etwas wie Ruhe einkehrte. Zumindest für ein paar Sekunden. Völlig eingestaubt drehte Deidara sich um, als plötzlich unzählige Schreie, schlimmer noch als die ersten vor wenigen Augenblicken noch. Sein Blick wanderte hinauf und ein ungläubiges, aber unendlich erleichtertes Lachen nahm Besitz von ihm. Die Strahlen der Sonne durchbrachen den Nebel aus feinsten Gesteinspartikeln und erhellte fast die gesamte Halle. In rauchenden Wolken sanken manche Jünger in sich zusammen, den Gott Jashin oder auch den christlichen Gott um Gnade anflehend, sofern ihre physischen Qualen es überhaupt noch zuließen. Und am höchsten Punkt des Podestes loderte plötzlich eine grelle violette Flamme auf, das Brüllen Hidans muss noch am anderen Ufer der Themse zu hören gewesen sein. Lodernd schoss das Feuer immer wieder auf, verband sich mit dem Staub zu einem qualmenden dunklen Rauch. Ein letzte violette Stichflamme fuhr zur geöffneten Decke empor. Dann wurde alles allmählich ruhiger... Deidara seufzte auf. Er spürte den flachen Atem Sasoris in seinem Nacken. Sie hatten es geschafft. Wieder lachte er, mit Freudentränen in den Augen. Hidan war besiegt. Epilog: Ein neuer Lebensabschnitt --------------------------------- {Flashback} „Guten Tag Inspektor. Haben Sie alles besorgen können?“ Kisame sah von seinem Schreibtisch auf und nickte Deidara freundlich zu: „Ja, das habe ich. Es war nicht einfach, aber ich habe es möglich gemacht. Hätten Sie also nun die Güte mir zu erklären was das soll?“ Der Blonde lächelte: „Im Prinzip ist es ganz einfach. Sie erinnern sich an den Brunnen?“ - „Natürlich.“ - „Ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten und trockengelegt. Aber er wird uns retten... oder vielmehr Sasori.“ - „Kommen Sie zum Punkt, Doktor!“ - „Ja, Verzeihung. Jedenfalls liegt eben dieser Brunnen so ziemlich genau über der großen Halle, die Sie ja nun auch kennen.“ Kisame hob eine Augenbraue: „So ziemlich genau?? Was denn nun? Ziemlich oder genau?“ Der Blonde schnaubte: „Etwas dazwischen. Und jetzt hören Sie doch erst zu Ende zu.“ - „Schon gut, schon gut.“ - „Wir wissen, dass die Jashinisten sich nicht dem Tageslicht aussetzen dürfen. Eine gut portionierte Ladung Sprengstoff könnte diese Wahnsinnigen dieser jedoch aussetzen. Gemäß dem Fall, dass die Explosion groß genug ist und der Brunnen tief genug reicht.“ Der Inspektor wischte sich über das Gesicht: „Erfolgschancen?“ Kurz überlegte Deidara: „Nun, grob geschätzt würde ich sagen 65%.“ - „WAS?“ - „Es ist doch nur eine Absicherung. Ich versuche Sasori dort so herauszuholen.“ Er sah Kisame ernst an: „Mit Verlaub, wenn sie mit ihren Kollegen einfach hereinstürmen ist mir die Gefahr zu hoch, dass Sasori etwas passiert. Ich traue Hidan ALLES zu!“ Der Inspektor wischte sich über das Gesicht und seufzte: „Bei allem, was mir heilig ist... Schön, machen wir es so.“ - „Gut. Falls Sasori und ich nicht bis halb zwölf bei Ihnen sind, dann sprengen sie um exakt zwölf Uhr mittags. Hidan darf keinesfalls die absolute Stufe erreichen.“ {Flashback Ende} Die Tür ging auf und Deidaras Kopf lugte lächelnd durch den Türspalt: „Wie geht es dir?“ Sasori, der mit einem verbundenen Arm in seinem Bett an sein Kissen gelehnt saß, erwiderte das Lächeln und nickte: „Danke, mir geht es gut. Komm doch herein.“ - „Darf ich auch, wenn ich etwas schlechtere Neuigkeiten mitbringe?“ - „Überflüssige Frage, selbstverständlich.“ Deidara trat ein, schloss die Tür und trat zu dem Rothaarigen mit einer Zeitung in der Hand ans Bett: „Nun, die Schlagzeilen wollen einfach nicht abreißen. 300 Verhaftungen derer, die sich noch keines Rituals schuldig gemacht hatten. Der Rest ist qualvoll zu Staub zerfallen.“ - „Und was ist daran schlecht?“ Der Blonde grinste breit: „Dass Inspektor Kisame in diesem Interview regelrechte Lobeshymnen auf dich ablässt.“ Sasori kicherte leise: „Hast du schon Seite drei gelesen?“ Fragend sah Deidara auf und schüttelte den Kopf. „Dann schlag sie auf.“ Der Angesprochene folgte dem Wunsch. Rasch überflog er die abgedruckten Artikel, bis ihm eine Überschrift ins Auge fiel: Der tapfere Held an der Seite des größten Ermittlers (london) Unser Reporter durfte gestern ein exklusives Interview mit dem gefeierten Ermittler Sasori führen. Dieser bat jedoch, aus dem Gespräch eine Aufzeichnung zu machen. Bei dieser Erklärung ließ der Detektiv Folgendes verlauten: „Es ist mir fürwahr eine Ehre von den Bürgern der Stadt Dank zu bekommen. Und doch gebührt dieser Dank nicht alleine mir. Ich bin schließlich auch nur ein Zahnrad eines präzise funktionierenden Uhrwerks. Und ein solches hat der Zahnräder viele. Alleine Inspektor Kisame und seine Einheit verdient das Vertrauen und den Dank Londons. Ganz Britanniens. Schenken Sie meinem Urteil glauben, wenn ich sage, dass die Sicherheit bei diesem Mann und diesem Präsidium in guten Händen liegt. Auch in den Straßen des Hafens habe ich viel Unterstützung erfahren. Doch der größte Dank und das größte Lob muss ich meinem geschätzten Partner Dr. Deidara aussprechen. Er alleine ist dafür verantwortlich, dass dieses Gespräch überhaupt stattfindet. Er hat sich in der Stunde der Not als Held erwiesen. Und ich hoffe, dass an geeigneter Stelle seine Fähigkeiten endlich zu würdigen gewusst werden. Dank seines Könnens ist der Zirkel der Jashinisten zerschlagen und mein Leben nicht beendet. Dafür möchte ich ihm danken.“ Im Namen Londons, wie wir sicherlich behaupten können, sprechen wir also auch den mutigen Männern hinter dem großen Ermittler unseren Dank aus. Und es ist doch schön zu wissen, dass es auch heute noch Helden unter uns zu geben scheint. Mit großen Augen blickte Deidara auf. Sasori schmunzelte: „Es ist niedlich, wenn du verwirrt schaust.“ Der Blonde ließ die Zeitung zu Boden fallen und zog das Gesicht des Rothaarigen zu sich: „Ich liebe dich!“ - „Ich dich auch.“ Sehnsüchtig trafen ihre Lippen und ihre Zungen aufeinander. Doch plötzlich riss Deidara sich los und quiekte: „Ach du Schreck, ich hatte da glatt etwas vergessen. Das war ja nicht die einzige schlechte Nachricht.“ Er zog einen Brief aus der herabgefallenen Zeitung heraus und überreichte diesen dem Rothaarigen. Dieser las neugierig. „Mein lieber und geschätzter Freund Sasori, verehrter Deidara, ich weiß, dass es feige ist sich im Nachhinein mit einem Brief zu verabschieden. Doch ich konnte einen persönlichen Abschied einfach nicht übers Herz bringen. Ihr beide seid mir gleichermaßen ans Herz gewachsen und habt doch auch den Wunsch einer Reise in mir geweckt. Seit Jahren ist mein kleiner Bruder verschollen. Einst riss er aus, um in der Ferne sein Glück zu versuchen. Ich konnte seine Spur bereits bis nach Italien verfolgen. Und nun, da ich dich, Sasori, in guten Händen weiß ist es an der Zeit Lebewohl zu sagen. Fürwahr, ihr werdet mir sehr fehlen. Und auch wenn ich jetzt fort bin, so habe ich meine Aufgaben hier niemals erfüllt, weil es dein Bruder sich so gewünscht hat. Ich habe in dir einen Bruder gesucht und einen Freund gefunden. Dafür danke ich dir. Eines Tages werden wir uns sicher wiedersehen und dann stelle ich dir meinen kleinen Bruder vor. In Hochachtung Itachi“ Lächelnd ließ Sasori den Brief auf seine Beine sinken: „Nein, Deidara. Ich finde es nicht schlimm. Es freut mich, dass Itachi nun seinen Weg gefunden hat und mich dir anvertraut.“ Der Blonde nickte und erwiderte das Lächeln: „Wenn du das sagst. Ich hoffe nur, dass ich der Angelegenheit gerecht werde.“ - „Daran habe ich keine Zweifel...“ Sie lächelten, ehe sie erneut zu einem Kuss ansetzten, den sie dieses Mal nicht frühzeitig abbrachen. Was auch immer andere denken mochten, die Liebe zwischen ihnen war echt, wundervoll und voller Respekt. Und sie heilte den Rothaarigen auf ihre ach so typische ruhige und heimliche Art und Weise von den Narben und Wunden der Vergangenheit. Kakuzu blickte auf. Nachdenklich hatte er seit zwei Stunden in sein Bier gestarrt. Er hatte sich nie bedanken können. Die Tür des „Herings“ öffnete sich und aus purem Reflex schaute er in diese Richtung. Sein Atem stockte, sein Verstand drohte auszusetzen. Niemals hatte er wirklich daran gedacht, dass sie ihr Wort halten würden, doch da standen sie: Sasori und Deidara. Lächelnd und winkend kamen sie auf ihn und seine Freunde zu. Sasoris Arm hing in einer Binde und war von einem Gips umschlossen. Ehe Kakuzu wirklich reagieren konnte standen die beiden Ermittler bereits am Tisch. Sein Sitznachbar Tobi sprang auf und fiel den Beiden um den Hals. Er lachte glücklich: „Danke, danke, danke, danke, danke!!!“ Sasori lächelte schüchtern: „Aber nicht doch, nichts zu danken. Habt ihr vielleicht noch zwei Plätze frei?“ Der Narbige lächelte die beiden nun auch an und nickte: „Für die Bezwinger Hidans und die Retter Zetsus immer. Nehmt Platz, Freunde.“ °°°°°°°°°°°°°°°°°°Ende°°°°°°°°°°°°°°°°°° Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)