Drei Jahre in Hong Kong von Minerva_Noctua (KaRe) ================================================================================ Kapitel 6: Don't Doubt, Darling ------------------------------- DON’T DOUBT, DARLING Nach langer Zeit wieder ein neues Kapitel! Vielen lieben Dank an alle meine Kommi-Schreiber*alle umflausch* Ohne euch hätte ich dieses Wochenende nicht weitergeschrieben. Vor allem nicht, wenn caramel-bonbon mich nicht wiederholt angeschrieben hätte^^° Danke für die Mahnung:) Dieses Kapitel widme ich dem Zweifel. Enjoy reading! Sie hatten zwei interessante Tage auf Kais Hausboot verbracht, auch wenn dieser sich stur morgens zur Arbeit geschleppt hatte. Und obwohl sie angefangen hatten ihre freundschaftlichen Gefühle in Einklang mit ihrem sexuellen Verlangen zu bringen und es sich nicht mehr so sehr anfühlte, als würden sie zwischen zwei Welten hin und her pendeln, hatten sie weder richtig miteinander geschlafen, noch sich irgendwo außerhalb der Kajüte gezeigt. Bis dato hatte für beide auch nicht die Notwendigkeit dazu bestanden. Das war nun schon wieder fast eine Woche her und Rei wurde mit Arbeit überflutet. Er war sogar so gefragt, dass er gar nicht mehr nach Hause ging, sondern wie zu seiner Assistenzzeit in den Bereitschaftsräumen übernachtete. Eines schönen Abends konnte er wieder in seinem Bett schlafen, da er bis zum nächsten Nachmittag frei bekommen hatte. Müde schaffte er sich durch die Haustür und ging geradewegs ins Schlafzimmer, wo er sich erst mal auszog. Kaum wollte er auch seine Boxershorts abstreifen, hörte er ein Klingeln. Missmutig ging er in Unterhosen zur Haustür, verwundert über die späte Störung und öffnete diese einen Spalt breit. „Kai!“, stellte er überrascht fest und fand sich keine drei Sekunden später an der nächsten Wand wieder. Wie ein Ertrinkender presste der Graublauhaarige seine Lippen auf die des anderen, während er gerade noch die Tür zuschlug. Hitze schoss durch Reis müde Glieder und er erwiderte den feurigen Kuss leidenschaftlich, genoss Kais Hände an seinen nackten Seiten, die verlangend runter strichen. Fest schlang der Schwarzhaarige seine Arme um den Nacken des anderen, ließ es zu, dass Kai ihn weiterhin an die Wand drückte, unter seine Kniekehlen griff, ihn anhob, wodurch er gezwungen wurde seine Beine um die Hüfte des Graublauhaarigen zu schlingen. Diese Position hatte er als Mann noch nie erlebt, aber die Art, wie sein Unterleib an Kais Becken gedrängt wurde, gefiel ihm. „Schlaf mit mir“, brachte der Graublauhaarige zwischen zwei Küssen sehnsüchtig heraus. Und Rei erwiderte zwischen zwei Küssen: „Nein.“ Irritiert ließ Kai von ihm ab, sah in die goldenen Augen, die ihn lustvoll anglänzten. „Warum nicht?“, fragte er verständnislos. „Ich will, dass du erst einen HIV-Test machst“, erklärte der Schwarzhaarige sachlich. „Ich habe Kondome dabei“, offenbarte dieser unverzüglich. „Und ich will, dass du wenigstens ein bisschen romantischer an die Sache rangehst“, mahnte Rei trocken. „Ach, komm schon! Ich bin gesund.“ Kai hatte die ganze Woche nur an den Chinesen denken können und empfand ein derartiges Verlangen nach ihm, dass er sich sicher war nur mit Sex dieses Gefühl besänftigen zu können. „Ich glaube dir, sonst hätte ich keinen Oralsex mit dir gemacht. Trotzdem war es, streng genommen, unvernünftig.“ „Ich habe mich vor zwei Jahren testen lassen; reicht das nicht?“ Rei überlegte kurz: „Das ist gute 24 Frauen später und daher unzureichend.“ „Gib’s zu, du willst es nur aufschieben.“ Forschend versuchten die roten Augen auf den Grund seiner Seele zu blicken. „Ich habe mich schon testen lassen. Natürlich negativ. Ich kann dir den Wisch gerne zeigen“, konterte der Schwarzhaarige mit zu Schlitzen verengten Augen. Fast schmollend sah Kai ihn an, während er seine Beine wieder auf festen Untergrund stellte, sich von ihm löste. „Geht das hier auch so einfach beim Arzt?“, gab er sich geschlagen. „Du kannst morgen einfach zu mir ins Krankenhaus kommen. Da mach ich das schon.“ „Ich soll das mit dir machen?“ Zweifelnd sah er zu dem Chinesen, der die Haustür absperrte. „Ja, das mache ich dauernd.“ „Okay“, sagte Kai leise, bevor er fragte: „Wo warst du die ganze Woche eigentlich? Ich hab versucht dich zu erreichen.“ „Krankenhaus.“ „Und was ist mit diesem Teufelsding namens Handy an das du nie gehst?“ Rei sah ihn perplex an: „Stimmt ja! Wo ist das eigentlich abgeblieben?“ Kai konnte über soviel Verpeiltheit nur aufseufzen. Der Schwarzhaarige brachte es ständig fertig dieses Ding zu verschlampen oder falsch abzuheben, wenn einmal der seltene Fall eintrat und er das Handy bei sich hatte und hörte. „Warum bist du eigentlich halbnackt?“, fiel ihm erst jetzt auf. „Ich bin keine fünf Minuten vor dir nach Hause gekommen und war gerade auf dem Weg in die Dusche.“ Rei sah ihn müde an. Er freute sich sehr darüber, dass Kai zu ihm gekommen war, anscheinend versucht hatte ihn zu erreichen. Es war schön, dass der Graublauhaarige nach den Geschehnissen auf dem Hausboot das Bedürfnis hatte bei ihm zu sein. Das bestärkte Rei in seiner Meinung, dass Kai sich möglicherweise in ihn verliebt haben könnte. Dieser Gedanke brachte ihn zum Lächeln. „Was denkst du?“ Die roten Augen blickten ihn argwöhnisch an. „Hmm“, begann er langsam, „vielleicht hast du ja Lust, jetzt wo du schon da bist, mit mir zu Duschen?“ Es machte ihn glücklich zu sehen, was für einen Einfluss seine Worte auf den sonst so kühlen und selbstbeherrschten Mann ausübten. Ganz zu schweigen davon, was er mit seinem Mund erreichen konnte. „Du hast wirklich seltsame Sachen im Bad“, sagte Kai, während er unbekleidet im Bad stand und sich abtrocknete. Rei stieg gerade aus der Dusche: „Ich habe halt ein paar Standardsachen für meinen Arztkoffer da für den Fall, dass ich von hier aus zu einem Patienten muss. Kommt aber selten vor.“ Der Graublauhaarige deutete mit hochgezogener Augenbraue auf einen Punkt in der Ecke zwischen Wand und Waschmaschine: „Und das Ding da? Das ist doch dieser Infusionsständer. Das gehört doch kaum zur Standardausrüstung.“ Rei grinste bei der Erinnerung: „Ich hatte mal eine Lebensmittelvergiftung und brauchte viel Flüssigkeit und Elektrolyte. Li hat den Ständer „ausgeliehen“ und mir hergebracht.“ „Leiht ihr euch öfter was aus?“ „Selten. Wir kriegen oft Reste.“ „Warum hast du es nicht zurückgebracht.“ „Ich steh auf Infusionen.“ Rei sah ihn ernst an. „Du hast mir deine alten Elektrolytreste eingeflößt, oder?“, stellte Kai nüchtern fest. Der Schwarzhaarige hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen: „Das Verfallsdatum war noch nicht abgelaufen.“ „Toll!“, rief Kai sarkastisch. „Wie kam es, dass ausgerechnet du dir eine Lebensmittelvergiftung zuziehst?“ Statt einer Erwiderung musste Rei herzhaft Gähnen und zuckte mit den Schultern. „Du willst schlafen.“ Ein müdes Nicken. „Dann sollte ich gehen.“ Rei merkte auf: „Welcher Tag ist heute?“ „Samstag.“ „Warum willst du dann gehen?“, fragte der Schwarzhaarige verständnislos. „Ich...“, fing Kai an, doch Rei unterbrach ihn: „Es ist unsinnig um diese Zeit so lange nach Hause zu fahren, wenn du auch bei mir bleiben kannst. Außerdem können wir morgen dann zusammen ins Krankenhaus gehen, den Test machen und, wenn du lieb bist, dann miteinander schlafen.“ Kai versuchte es schon wieder. Schon auf seinem Hausboot hatte er versucht Rei nebensächlich davon zu überzeugen zu gehen. Der Graublauhaarige wollte ständig vor ihm fliehen und Rei war mittlerweile sogar davon überzeugt, dass er es noch nicht einmal merkte. Das war wohl so ein angelerntes Verhalten, das Zeit brauchte, um zu vergehen. „Im Krankenhaus?“ Irritiert beobachtete der Graublauhaarige, wie Rei mit einem lasziven Grinsen hinausging und folgte ihm ins Schlafzimmer. Zufrieden aufseufzend ließ sich der junge Arzt in die Kissen sinken. Ein Bett war etwas wundervolles, beschloss er, während er sich unter die Decke kuschelte. Kai hingegen setzte sich an die Bettkante. „Sex im Krankenhaus?“, hackte er noch einmal nach. „Du bist nicht der einzige, der außerhalb des Bettes Sex hatte“, murmelte Rei müde und streckte dabei seine Hand nach dem Graublauhaarigen aus, fasste ihn am Handgelenk. Sanft ließ er sich ins Bett ziehen, wo er sofort zärtlich umarmt wurde. Eigentlich wollte er nicht bleiben, aber er konnte diesem Gefühl nicht widerstehen. Er fühlte sich so geborgen bei ihm, genoss es, wie zärtlich Rei ihn zuweilen behandelte, sich an ihn schmiegte. „Im Krankenhaus ist es doch pietätlos.“ Rei lächelte ihn an: „Wir waren beide junge Ärzte, kein Privatleben. Da kamen die Bereitschaftsräume und diverse Kammern gelegen, wenn wir mal Pause und Energie hatten.“ „Klingt nach einer 0815 Daily Soap.“ „Hm hm.“ Zufrieden schmuste er sich an den warmen Körper und genoss es, wie Kai durch seine feuchten Haare strich, bis er einschlief. Der Graublauhaarige betrachtete noch lange das entspannte Gesicht nah an seinem und spielte mit den samtweichen Haaren. Obwohl er diese friedliche Situation genoss, befiel ihn eine ungeheure Furcht davor, die sich unerbittlich in seiner Brust festsetzte. Als er am nächsten Morgen erwachte, war Rei schon aufgestanden. Verwundert sah er zum Radiowecker: 8:07 Uhr. Er hatte eine Stunde länger als am Wochenende üblich geschlafen, gleichzeitig wunderte er sich darüber, dass der Schwarzhaarige in seiner Freizeit so früh aufwachte. Müde streckte er sich. Er war erst spät eingeschlafen und fühlte sich etwas erschlagen. Umso einladender war da der angenehme Duft nach Kaffee und frischen Brötchen, der ihm in die Nase stieg. Gemächlich ging er ins Bad, wo seine Kleidung immer noch unordentlich am Badewannenrand lag, dort, wo er sie gestern in der Hitze des Gefechts hingeschmissen hatte. Dann ging er in die Küche, wo Rei ihn sogleich begrüßte: „Guten Morgen! Hast du gut geschlafen?“ „Es geht. Wann musst du arbeiten?“ Dankbar nahm er eine Tasse mit köstlich duftenden Kaffee an. „Um drei muss ich dort sein. Was hältst du davon, wenn wir vorher etwas Essen gehen? Ich kenne ein nettes kleines Restaurant in der Nähe und vorher könnte ich dir ein wenig die Altstadt zeigen. Da waren wir noch nicht.“ Das unangenehme Gefühl der gestrigen Nacht kroch wieder seinem Bauch hinauf, aber er verdrängte es: „Gut.“ Er war schon einmal mit ein paar Kollegen durch die Altstadt Hong Kongs gezogen, aber durch die Augen Reis kam es ihm vor, als wäre er noch nie da gewesen. Der Kontrast von alten, traditionellen Bauten und Hochmodernen war allgegenwärtig. „Wo waren wir eigentlich, als wir damals für die Asian Championchips hier zwischengelandet sind?“, wunderte sich Kai, als sie sich an einem Brunnen in einem Park niederließen, um sich etwas auszuruhen. Rei zeigte in eine Richtung: „Im Victoria Harbour. Wir sind auf dem Flughafen Kai Tak angekommen. Aber jetzt gibt es nur noch den Flughafen Chek Lap Kok weit außerhalb der Stadt.“ „Das war eine verrückte Zeit.“ Kai sah in den Himmel. Rei schmunzelte: „Ihr habt nicht gemerkt, dass ich euch gekellnert habe.“ „Doch, ich schon. Aber es war mir egal.“ Der Schwarzhaarige zog eine Grimasse: „Das war ja mal wieder klar.“ Kai grinste ihn nur an: „Wenn du noch Essen gehen willst, sollten wir weiter, sonst kommst du zu spät zum Dienst.“ Seufzend stand der Chinese auf: „Ist gut.“ Er wollte nach Kais Hand greifen, doch der wich aus: „Was ist?“ „Ich will das nicht.“ Kai sah ihn an, als wolle er ihn mit einem Elektroschocker triezen. „Warum?“ „Es sind überall Menschen“, erklärte er kühl. „Na und? Wir sind in der liberalsten Stadt Chinas und es interessiert kein Schwein, ob wir Händchenhalten oder nicht.“ Er konnte förmlich sehen, wie der Graublauhaarige eine Mauer um sich aufbaute: „Ich will trotzdem nicht.“ „Oka~ay“, dehnte Rei zweifelnd, als er es gut sein ließ. Viertel vor drei standen sie dann vor dem großen Krankenhaus, in dem Rei arbeitete. Der Eingangsbereich war einladend und mit chinesischen und englischen Schildern übersichtlich gekennzeichnet. Man musste schon sehr dumm sein, um sich hier zu verlaufen. Zielstrebig schritt der junge Arzt einige Treppen hinauf und ging anschließend in einen Raum, den nur Ärzte betreten durften. „Soll ich wirklich mitkommen?“ Kai trat ein und stellte fest, dass es ein Umkleideraum war. Rei ging zu seinem Schließfach, gab eine Zahlenkombination ein und holte seinen Kittel hervor: „Es ist gar kein Problem.“ Als Rei begann sich umzuziehen, fragte Kai, um sich von dem Anblick abzulenken: „Wie lange musst du jetzt arbeiten?“ „30 oder 36 Stunden. Kommt darauf an, wie viel los ist.“ Der Graublauhaarige stieß anerkennend die Luft aus: „Kannst du da noch konzentriert arbeiten?“ „Es gibt ja Phasen, wo man schlafen kann.“ „Warum ist außer uns keiner hier?“ Erst jetzt wurde Kai bewusst, dass es seltsam war, dass keiner außer ihnen hier war, um sich auf seinen Dienst vorzubereiten.“ Rei zuckte mit den Schultern, als er sich die Schuhe anzog und sich dann fertig bekleidet vor den Europäer stellte: „Zufall.“ Schneller als dieser gucken konnte, hauchte der Schwarzhaarige ihm einen Kuss auf die Lippen, bevor er wieder nach draußen schritt: „Komm! Ich nehme dir gleich das Blut ab, damit du nicht so lange warten musst.“ Rei führte ihn in einen kleinen Behandlungsraum und bat ihn sich zu setzen. Kai konnte nicht umhin den Schwarzhaarigen anzustarren. Er sah so verdammt gut aus in dieser Arztkutte und ließ sein Herz ein paar Takte höher schlagen. Rei setzte sich vor ihn, sah ihn mit diesen wunderschönen goldenen Augen entschuldigend an, als er eine Nadel in seinen Arm stach, um anschließend die Kanüle daran zu befestigen, in die er das Blut zog. Der Graublauhaarige war drauf und dran ihm ein Kompliment zu machen, als plötzlich die Tür aufging. „Oh, Entschuldigung!“ Die Ärztin, die herein trat, kam Kai seltsam bekannt vor und er sollte auch gleich wissen warum. „Hallo Aliah! Kai kennst du ja bereits“, und an ihn gewandt, „Das ist unsere Anästhesistin, eine der Besten, sie war mit im Thermalbad.“ Aliah verbeugte sich freundlich lächelnd: „Es freut mich Sie wieder zu sehen.“ „Ganz meinerseits“, erwiderte der Graublauhaarige höflich. „War was los?“ Der Schwarzhaarige lächelte, dabei aber auf seine Arbeit achtend. „Mrs. Chong war wieder da. Fehlalarm“, seufzte die schöne Frau, während sie etwas in einem Schrank heraussuchte. Rei schmunzelte: „Ich glaube fast, dass ihr Mann hysterischer ist als sie. Sie ist immer recht abgeklärt und ruhig.“ Aliah kam zu ihnen und strich ihrem Kollegen betont langsam über den Rücken. Kai brauchte nicht in ihre sehnsüchtig funkelnden Augen blicken, um zu erkennen, dass diese Frau Rei am liebsten von unten betrachten wollte. Der Graublauhaarige hatte das Gefühl in seinem Magen befände sich ein großer, schwerer Stein. „Wie lange hast du Dienst?“, fragte sie mit zweideutig klingendem Unterton. „Montag Nacht?“ Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern, bevor er aufstand und die Kanülen in eine Box steckte. „Ich bin in vier Stunden fertig bis morgen Abend“, verkündete die Anästhesistin fröhlich, ehe sie auf die Uhr sah: „Oh je, ich muss in den OP. Bis später dann, Rei. Hat mich gefreut, Mr. Hiwatari.“ Als die Frau weg war, meinte Kai wie beiläufig: „Du weißt schon, dass sie dich gerade mental ausgezogen hat?“ Der Schwarzhaarige lächelte ihn an, als er ein Pflaster auf die Einstichstelle klebte: „Ich weiß. Das macht sie ständig.“ Diese Antwort ließ den Stein in seinem Magen nicht kleiner werden: „Und warum hast du nie etwas mit ihr angefangen?“ Rei lehnte sich ihm gegenüber an die Ablage: „Weil sie die Krätze bekommt, wenn sie einen Frosch sieht und einen Tag in einer Hütte ohne fließend Wasser nicht überleben würde. Schlechte Voraussetzungen, um mal mit mir zu Hause Urlaub zu machen.“ „Du hast also schon darüber nachgedacht?“ „Klar, aber wir sind zu verschieden. Sie ist zwar sehr nett und schön, aber ein Stadtmensch, wie er im Buche steht.“ Rei ahnte nicht, was seine Worte bei Kai bewirkten. Dieser stand auf und erst als der Schwarzhaarige den Ausdruck in den roten Augen sah, bemerkte er, dass etwas nicht stimmte. „Kai? Alles OK?“ „Nein. Ich denke, wir sollten damit aufhören“, sagte er beherrscht. „Womit?“ Dieser Stimmungsumschwung verwirrte den Chinesen zusehends. „Diese ganze Sache mit uns. Ich denke es ist ein Fehler.“ Kai konnte dem anderen nicht in die Augen sehen. „Wieso jetzt auf einmal? Wegen Aliah?“, wollte Rei verständnislos wissen. Eine gewisse Vorahnung fasste um sein Herz. „Nein, ich denke das schon seit gestern.“ „Wann? Vor oder nachdem wir uns einen geblasen haben?“, fuhr Rei ihn nun gekränkt an. Der Graublauhaarige riss seinen Kopf nach oben, funkelte ihn unwirsch an: „Allein wegen diesen Worten! Ich kann das einfach nicht! Ich kann nicht mit einem Mann zusammen sein!“ Ungläubig fauchte Rei: „Glaubst du mir fällt das so leicht? Glaubst ich habe nicht mit mir gerungen, als du krank bei mir warst und ich plötzlich solche Gefühle bekommen habe?“ „Ein Grund mehr, es schnell zu beenden“, presste Kai zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Rei schien es, als würde sämtlicher Sauerstoff aus seinen Lungen gepresst werden. Gekränkt fuhr er Kai an: „Du egoistischer Feigling! Was fällt dir ein mich so eiskalt sitzen lassen zu wollen? Spring gefälligst über deinen Schatten, so wie ich es tue! Glaubst du, ich will schwul sein? Ich will noch nicht einmal bi sein!“ „Dann lass es bleiben!“, zischte der Graublauhaarige mit geballten Fäusten. „Das kann ich nicht!“ „Und warum nicht?“ „Weil ich dich liebe!“, brach es aus Rei heraus und ließ Kais Herz dabei ein paar Schläge aussetzen. Ungläubig starrten die roten Augen in Reis Goldene, die Überraschung über die eigenen Worte ausdrückten. Der Puls des Schwarzhaarigen raste und er fühlte sich hundeelend, als er beobachtete, wie Kais Blick versteinerte und er nach unten sah: „Das bildest du dir nur ein.“ Verletzt und aufgewühlt, wollte Rei gerade antworten, als die Tür plötzlich wieder aufging und Xiaomeng herein kam. „Da bist du ja! Ich hab dich schon überall gesucht!“, sie stutze, „Alles in Ordnung?“ Rei blinzelte ein paar Mal und entspannte seine zur Faust geballten Hände, bevor er mit einem gezwungenen Lächeln in das fragende Gesicht der jungen Hebamme in spe blickte: „Was ist denn passiert?“, fragte er sie freundlich. „Mrs. Chou ist wieder da. Diesmal ist es wohl soweit. Meine Ausbilderin meinte, ich soll dir zur Hand gehen, weil sie gerade mit der anderen Gynäkologin zu einer anderen Geburt muss und du Mrs. Chou immerhin kennst.“ „Du lässt eine Gebärende also gerade alleine?“ Vorwurfsvoll blickten die goldenen Augen zu der kleinen Frau. „Ähm, ihr Mann ist ja da...“ Mit schlechtem Gewissen wurde ihr der Fehler bewusst. Rei schüttelte tadelnd mit dem Kopf, ehe er noch einen beherrschten Blick auf Kai warf, der zwangsmäßig zugehört hatte, und dann ohne ein weiteres Wort zu verlieren zu seiner Patientin eilte. Xiaomeng meinte aber dann noch euphorisch zu Kai: „Vielen Dank noch mal fürs Autogramm! Mein Bruder war hin und weg! Zwar ist und bleibt Rei sein Lieblingsblader, aber er findet dich auch wahnsinnig toll und...“ „Xiaomeng!“, unterbrach sie Reis wütende Stimme, was sie sofort zusammenzucken und hinterher rennen ließ, nicht ohne dem Graublauhaarigen jedoch noch einmal fröhlich zugewunken zu haben. Rei atmete tief durch. Die warme Luft war angenehm, machte ihn jedoch noch müder. Umso froher war er, als er endlich nach Hause kam. Die letzten Stunden waren fürchterlich gewesen. Weniger, was die Arbeit betraf, als was ihn selbst betraf. Er war ein gefühlsmäßiges Wrack. Als der Schwarzhaarige aus dem Lift trat und dem Flur zu seinem Appartement folgte, erkannte er plötzlich einen Schatten an der Wand gegenüber seiner Tür und erschrak. „Was willst du?“, fragte er kalt, als er die Silhouette erkannte. Schwerfällig erhob sich die Person, ging ein paar Schritte, blieb vor ihm stehen. Rei zuckte bei dem erschöpften Anblick des Graublauhaarigen zusammen. „Rei, ich... Es tut mir leid. Bitte vergib mir. Ich...“ Kai fand keine Worte. So lange hatte er sich überlegt, was er sagen sollte. Alles umsonst. „Warum sollte ich?“ Seine Stimme klang ruhig. Er wollte sich nicht weiter von Kai verletzten lassen. Er hatte genug Probleme bei der Arbeit; damit, dass er anscheinend bi war. Da konnte er dieses hin und her nicht gebrauchen und ertragen. „Ich... Können wir drinnen weiter reden?“ „Nein.“ Ein Seufzen: „Ich weiß, ich habe mich schrecklich benommen. Ich komme einfach nicht so einfach damit klar wie du...“ „Einfach?“, unterbrach ihn Rei scharf, „Nichts ist daran einfach für mich! Mein Herz wurde auf gemeine Weise gebrochen und jetzt verliebe ich mich plötzlich in meinen alten Teamkameraden! Was glaubst du, wie einfach ich damit klar komme?“ Er spuckte jedes Wort geradezu aus. „Ich weiß nicht“, meinte Kai kleinlaut. „Gar nicht! Hörst du? Überhaupt nicht!“, fauchte er weiter. „Aber warum hast du dann beschlossen es zu versuchen?“ Er war davon überzeugt gewesen, dass der Schwarzhaarige nicht so ein Problem damit hatte wie er. Reis Stimme klang plötzlich ganz ruhig und bestimmt: „Warum nicht? Etwas, dass sich so gut anfühlt, kann doch nicht so falsch sein.“ Das war der Satz, den Kai gebraucht hatte. Sein Herz raste und er meinte vor Gefühlen überlaufen zu müssen. Seit er das Krankenhaus verlassen hatte, war es ihm beschissen gegangen. Es war, als hätte man ihm ins Herz gestochen – mit dem Unterschied, dass er selber es war, der das Messer hielt. So sehr Kai es versucht hatte, er konnte nicht damit klar kommen, es verdrängen, was er Rei gesagt hatte. Er wollte den Schwarzhaarigen nicht verlieren. Er wollte es so sehr nicht, dass er ihn nicht mehr verlieren konnte, ohne vor Sehnsucht verrückt zu werden. Es war beängstigend, wie schnell, unvorhergesehen und heftig er von dem Chinesen abhängig geworden war. Von einem unbändigen Impuls geleitet, überbrückte er die letzte Distanz und verschloss Reis Lippen zu einem stürmischen Kuss. Er wurde jedoch jäh weggestoßen. „Hör auf damit! Erst willst du Schluss machen und jetzt nicht mehr, oder wie? Ich habe keine Lust auf so etwas.“ „Bitte Rei. Ich habe Fehler gemacht. Ich dachte, es ist besser, wenn wir es beenden, aber... Ich konnte nicht aufhören an dich zu denken... Ich möchte dich nicht verlieren.“ Kai konnte selbst nicht glauben, was da für Worte aus seinem Mund kamen. „Dann behandle mich, wie ich es verdiene. Reiß dich zusammen, wie ich es tue und vertrau mir, wie ich dir vertraue.“ Er hoffte, dass er nicht gerade einen Fehler vor lauter naiver Verliebtheit beging. Der Graublauhaarige schluckte: „Ja.“ Rei blickte fest in die dunklen, roten Augen. Er erkannte die Reue und Hoffnung in ihnen, die Sehnsucht. Heiße Schauer rannen seinen Rücken hinab, verschleierten seine Gedanken. Ehe er sich versah, schlangen sich seine Arme um Kais Hals und seine Lippen versiegelten in einem leidenschaftlichen Kuss die des Graublauhaarigen. Wohlig seufzte Kai auf und zog Rei ganz nah an sich, erwiderte wie verhungert. „Ich glaube... uhm... wir sollten... rein gehen.“ Zwischen Küssen versuchte Rei den Schlüssel seiner Wohnung rauszukramen und aufzusperren. Die Tatsache, dass vorwitzige Hände unter seiner Kleidung gemeine Dinge taten, war dabei nicht sonderlich hilfreich. Aufkeuchend fielen sie mehr in die Wohnung, als sie gingen. „Rei...“, säuselte Kai heiser vor Erregung, als er ihn an die Wand drückte. Der Schwarzhaarige grinste lasziv: „Hmm, kommt dir diese Situation bekannt vor?“ „Hnn.“ Feuchte Küsse bedeckten Reis Hals, Finger umfassten sein Becken. „Dein Ergebnis ist negativ“, fuhr er fort, grinste noch breiter, als Kai inne hielt. Rote Augen sahen ihn an: „Das wusste ich auch vorher.“ „Hmm. Du verstehst nicht. Das war gerade ein Angebot.“ Rei genoss es zu sehen, wie Kais Gesichtszüge entglitten. „Duuu...“ Das war das einzige, was der Graublauhaarige herausbrachte, bevor sie erneut in einem berauschenden Kuss versanken. Rei wollte ihn. Und er wollte ihn jetzt. _______________________________________________________________________________________________________________________ Das Ende ist gemein, aber ich bin froh, das ich eines gefunden habe. Das Kapitel lag nämlich seit April halb fertig rum und ich konnte nicht daran schreiben. Dafür ist es aber wenigstens viel positiver ausgegangen, als ursprünglich geplant. Über Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen^^! Bye Minerva Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)