Die Prophezeiung von abgemeldet (Bravestarr) ================================================================================ Kapitel 7: Kummer, Angst und Zweifel ------------------------------------ Ein Jahr später begleitete Vipra ihre Kumpanen zum ersten Mal wieder auf einem ihrer Beutetouren. Raven war alt genug, um nun allein im Hexagon zu bleiben. Zudem war er häufig bei Stampede, der ihm dabei half, seine außergewöhnlichen Fähigkeiten zu trainieren. Mittlerweile hatte Raven auch herausgefunden, wie er die Pyrokinese bewusst einsetzen konnte. Und so war kein trockener Strauch, kein Baum und alles andere rund ums Hexagon, das brennbar war, vor ihm sicher. Seine telekinetischen Fähigkeiten übertraf jedoch mittlerweile alles. Und auch im Nahkampftraining stellte er sich erstaunlich geschickt an. Vipra war stolz auf ihn, aber sein Anblick wurde auch mehr und mehr zu einer Folter für sie, denn er sah Bravestarr immer ähnlicher. „Okay, da ist die neue Siedlung! Macht euch bereit!“, riss Tex Stimme sie aus ihren Gedanken. Vipra sah auf und erkannte die ersten, noch sehr behelfsmäßigen Bauten. Es waren nicht viele, aber das würde sich bald ändern. Stampede hatte sie darauf angesetzt, um die Siedler von vorneherein zu vertreiben. Sie wurden immer dreister, kamen den Badlands immer näher. Vipra zog ihre Waffe und auch die anderen begannen ihre Laser zu zücken. „Und Feuer!“, rief Tex und sie eröffneten dieses alle gleichzeitig. Für einen Moment war Vipra abgelenkt. Sie spürte die alte diabolische Freude in sich aufsteigen, wenn sie in den Kampf zog. Sie jagten die schreienden Siedler wie die Hasen und zerstörrten die Häuser, bis plötzlich ein Schuss aus einer starken Waffe den Turbomuli eines der Dingos in Stücke riss. Dieser flog in hohem Bogen winselnd in einen Trümmerhaufen, wo er benommen liegen blieb. Tex und die anderen stoppten und blickten in die Richtung, aus der der Schuss gekommen war. Natürlich wussten sie alle, wen sie sehen würden. Auf einer kleinen Anhöhe stand Thirty-thirty mit seiner Kanone im Anschlag. „Okay, Leute! Das reicht! Seht zu, dass ihr verschwindet, oder mein Mädchen hier bringt euch Manieren bei!“, rief dieser und lud nach. „Thirty-thirty ist hier? Dann kann Bravestarr nicht weit sein!“, dachte Vipra. Und wie zur Antwort war ein gelber Blitz zu sehen, der aus der Stadt heraus angesaust kam und Tex mit einem gekonnten Sprungtritt von seinem Schädelmuli holte. Tex schlug schwer auf und der gelbe Blitz landete einige Meter entfernt federn auf den Füßen und wurde wieder zu einem Mann. „Er hat sich nicht verändert!“, dachte Vipra und war einen Moment wie gelähmt. Sie hatte Bravestarr seit ihrer gemeinsamen Nacht nicht mehr gesehen und hatte sich oft gefragt, ob er immer noch der Alte war. Und das er das war, bewieß er weiter, in dem er sich nun den Rest er Bande vornahm. „Vipra! Was hockst du auf deinem Muli und glotzt?! Mach ihn fertig!“, hörte sie Tex plötzlich schreien und Vipra schreckte hoch. Im Reflex hob sie die Waffe und feuerte auf Thirty-thirty, der den Angriff scheinbar nicht erwartet hatte, denn sie landete einen Volltreffer. Der Gaul fiel gelähmt zu Boden. „Thirty!“, hörte sie Bravestarr rufen und sah ihn dann zu seinem Freund eilen. Im nächsten Moment wurde er von hinten von einem Laser getroffen und fiel halbbewußtlos zu Boden. Der Dingo, der in dem Trümmerhaufen gelegen hatte, schien sich erholt zu haben, denn er war der Schütze. „Gut gemacht!“, rief Tex ihm zu und ging auf Bravestarr zu, der stöhnend am Boden lag. Böse grinsend beugte er sich über ihn. „Und jetzt gebe ich dir den Rest, du Nervensäge!“, lachte er und zielte auf Bravestarrs Gesicht. „Nein!“, hörte Vipra sich selbst entsetzt schreien. Verwundert wandte Tex sich ihr zu. „Was?“, fragte er verständnislos. Vipra schluckte. „Lass...lass mich ihn erledigen!,“ sagte sie dann schwer beherrscht und stieg von ihrem Muli. Tex sah sie erst noch zweifelnd an, steckte dann aber grinsen die Waffe weg. „Warum eigentlich nicht?“, sagte er dann lachend und ging zu seinem Schädelmuli zurück. „Gut, kümmere du dich um ihn. Wir machen uns auf den Rückweg! Ich glaube, die Siedler haben es verstanden!“ Er startete sein Muli und sah sich noch einmal nach ihr um. „Du kommst nach. Aber lass dir ruhig Zeit!“, sagte er dann und grinste böse. Dann verschwanden die anderen und ließen Vipra mit dem benommenen Bravestarr zurück. Vipra wartete, bis sie außer Sichtweite waren und ging erst dann langsam auf den benommenen Mann zu. Der versuchte sich zu bewegen, doch der Lähmstrahler des Dingos hatte ganze Arbeit geleistet. Er konnte sich kaum rühren. Vipra ging neben ihm in die Knie und sah in sein markantes Gesicht. Wieder wurde ihr schmerzhaft bewusst, wie ähnlich Raven ihm sah. Bravestarr sah sie aus glasigen Augen an, sie las Angst in ihnen. Zaghaft streckte sie eine Hand nach seinem Gesicht aus, strich mit den Fingerspitzen über seine Wange. Es jagte ihr einen Schauer über den Rücken, gepaart mit unendlicher Traurigkeit. Sie konnte ihn nicht töten! Obgleich sie wusste, dass er, wenn Stampedes Plan klappte, sowieso dem Tode geweiht war. Aber sie konnte es einfach nicht. Eine einzelne Träne lief ihre Wange hinunter. Verzweiflung und Hilflosigkeit bemächtigten sich ihrer. Schließlich stand sie auf und lief einfach zu ihrem Turbomuli zurück. Sie wollte weg, musste weg. Tex würde sie erzählen, dass Bravestarr plötzlich wieder auf den Beinen gewesen sei und sie besiegt hätte. Sie rauschte in die Badlands, aber nicht zum Hexagon. Sie konnte so nicht dorthin kommen, nicht in diesem Zustand. Sie war völlig aufgelöst und aufgewühlt. Sie musste sich erst ein wenig beruhigen, bevor sie zurück kehrte. Irgendwann hielt sie an einem Berg einfach an. Einige Minuten saß sie einfach auf ihrem Turbomuli und versuchte Ordnung in das Chaos hinter ihrer Stirn zu kriegen. Zum ersten Mal wurde ihr wirklich bewusst, in was sie reingeraten war. Sie steckte in einer schier aussichtslosen Lage. Schließlich zwang sie sich, sich zusammenzureißen und kehrte zum Hexagon zurück,. Wie erwartet, warteten die anderen schon auf sie und ihren Bericht. „Nun?“ fragte Tex sofort. „Hast du ihn erledigt!“ Vipra zwang sich ein zorniges und biestiges Gesicht aufzusetzen. „Nein! Ich wollte mich gerade um ihn kümmern, als er wieder zu sich gekommen ist. Ehe ich mich versah, hat er mir die Waffe aus der Hand getreten und mich überwältigt. Ich kann von Glück reden, dass es mir gelang zu fliehen! Ansonsten säße ich jetzt im Knast.“, log sie. Tex schien auch nicht wirklich überzeugt. Er kniff die Augen zusammen und sah sie einige Sekunden wortlos an. „Tatsächlich?“, fragte er dann. „Ja, tatsächlich!“, entgegnete Vipra wütend. Tex schien ihr immer noch nicht zu glauben, doch er beließ es dabei. „Nun gut! Eigentlich war das ja auch nicht unsere Aufgabe, nicht wahr?“, sagte er und grinste böse. „Das ist ja eigentlich die Aufgabe deines Sprößlings!“ Vipra konnte ein Zusammenzucken nicht verhindern. Sie versuchte es mit einem bösen Lächeln zu überspielen. „Und er wird nicht versagen!“, sagte sie dann nur noch knapp und lief dann davon. Sie wollte in ihr Zimmer, für sich sein. Als sie dieses betrat, kam ihr sofort Raven entgegen, der sie freudig wie immer begrüßte. „Mutter! Du bist schon zurück!“, rief er und umklammerte sie. Sie musste wieder staunen, wie sehr er schon wieder gewachsen war. Mittlerweile konnte man ihn auch locker für einen Acht- oder Neunjährigen halten. Er sah zu ihr auf, der Blick seiner dunkelbraunen Augen trafen ihren. Und sofort verschwand sein Lächeln. „Mutter? Was ist los?“, fragte er dann besorgt. „Nichts, mein Kleiner. Ich...ich bin nur etwas müde.“, sagte sie ausweichend. Ihre Traurigkeit musste man ihr nun wieder deutlich angesehen haben. Aber Raven hatte auch äußerst feine Sinne und merkte es sofort, wenn etwas mit ihr nicht stimmte. „Du bist doch traurig, Mutter. Warum bist du so traurig?“, sagte Raven und sah sie mitleidsvoll an. Vipra musste lächeln und konnte gleichzeitig nicht verhindern, dass sie wieder zu weinen begann. „Das kann ich dir nicht sagen, mein Kleiner. Aber mir geht es bald besser.“, antwortete sie dann und ließ sich auf dem Bett nieder. Sie spürte Ravens Blick noch eine ganze Weile. Doch dann konnte sie hören, wie er die Tür öffnete. „Ich gehe ein wenig raus, Mutter.“, sagte er. „Jaja, geh ruhig. Aber geh nicht zu weit weg!“, sagte sie geistesabwesend. Dann hörte sie nur noch, wie er die Tür schloss. Es war ihr recht. Sie musste sich wieder beruhigen und nachdenken. Sie musste einen Ausweg finden. Sie konnte nicht zulassen, dass Raven Bravestarr tötete. Aber wenn Raven es nicht tun würde, so war er in Gefahr, in tödlicher Gefahr. Was sollte sie also tun? Sie begann nachzudenken. Irgendetwas musste ihr einfach einfallen. Sie wollte um jeden Preis Raven schützen. Aber auch Bravestarr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)