Die Prophezeiung von abgemeldet (Bravestarr) ================================================================================ Kapitel 11: Der Nebel lichtet sich ---------------------------------- Das erste, was ihm wieder ins Bewusstsein drang, war J.B.s Stimme. „Bravestarr!“ flüsterte sie immer wieder. „Kannst du mich hören?“ Langsam schlug er die Augen auf und sah der Richterin ins Gesicht, dass sich deutlich aufhellte vor Erleichterung. „Wie fühlst du dich?“ fragte sie dann. „Als hätte mich ein Keriumlaster überfahren!“ antwortete er flüsternd. Tatsächlich fühlte er sich total erschlagen und sein gesamter Körper tat schrecklich weh. Vor allem seine Schulter. Trotzdem versuchte er sich vorsichtig aufzurichten. „Langsam!“ ermahnte J.B. ihn und stützte ihn vorsichtig. „Weißt du eigentlich, wie knapp du dem Tode entronnen bist?“ fragte sie ihn leise und Bravestarr konnte Tränen in ihren Augen glitzern sehen. Bravestarr nahm sie sanft in den Arm und sie schmiegte sich an ihn. Er begann erst jetzt zu realisieren, was eigentlich da draußen passiert war. Spürbar widerwillig löste sich J.B. von ihm. „Wir müssen deine Wunden noch versorgen. Komm!“ sagte sie und sie gingen zusammen in sein Büro. Dort hatte sie schon alles vorbereitet. Scheinbar hatte sie das komplette Krankenhaus von Fort Kerium hier herüber geschafft. Bravestarr ließ sich schwer in seinen Bürostuhl fallen und begann sich aus seinem zerrissenen Hemd zu schälen, wobei er mehr als einmal einen leisen Schmerzenslaut von sich gab, hauptsächlich wegen seiner Schulter. Dann kam J.B. zu ihm rüber und legte vorsichtig einen Breiumschlag auf die verletzte Schulter. Bravestarr ließ zischend die Luft zwischen den Zähnen entweichen. Die Brandwunde tat ziemlich weh, war aber nicht allzu schlimm. Schlimmer war seine Verwirrung. Dieser Junge, Raven, der ihn beinahe getötet hatte. Der felsenfest davon überzeugt zu sein schien, dass Bravestarr sein Vater war und der ihn scheinbar zutiefst hasste. „Hallo, Vater!“ Die Worte hallten in seinem Kopf wieder und wieder. Er konnte sich das nicht erklären. „Was zum Geier war das für ein kleiner Feuerteufel?“ wieherte Thirty-thirty plötzlich von der Tür her und kam langsam näher. Bravestarr war so in Gedanken gewesen, dass er noch gar nicht an seinen Big Partner gedacht hatte. „Und wieso hält er dich für seinen Vater?“ „Ich weiß nicht. Ich kann mir das alles genauso wenig erklären.“ Erschöpft ließ Bravestarr sich zurück sinken. „Ich habe den Jungen noch nie zuvor gesehen.“ „Vielleicht verwechselt er dich auch nur.“ sagte J.B. und begann einen Kratzer an seinem Unterarm zu verarzten. „Nein, das glaube ich nicht. Allein deswegen schon, weil er bei Tex ist. Ich vermute vielmehr, dass der ihn gegen mich aufgehetzt hat. Aber ich kann nicht sein Vater sein.“ sagte Bravestarr. „Er ist aber in jedem Fall indianischer Abstammung.“ sagte J.B. nachdenklich. „Ja, schon, aber das muss ja nichts bedeuten.“ sagte Bravestarr. „Ich bin ja wohl nicht der einzige Indianer in dieser Galaxis.“ „Das stimmt schon, aber...“ „Und doch ist es so, mein Sohn!“ war plötzlich Shamans Stimme zu hören und er begann sich vor dem Schreibtisch zu materialisieren. Bravestarr starrte seinen Mentor ungläubig an. „Was? Willst du damit sagen, dass der Junge die Wahrheit sagt? Dass ich wirklich sein Vater bin?“ fragte Bravestarr fassungslos. Shaman nickte mit einem leisen Brummeln. „Aber, wie...?“ keuchte Bravestarr. „Der Junge ist ein Spross aus der Verbindung beider Seiten, der Seite des guten und des bösen. Vor vielen Jahren hat es eine Prophezeiung gegeben, dass dieser Spross geboren wird und eine der beiden Seiten vernichtet. Stampede ist sie in die Hände gefallen und er will, dass der Junge das tut, was ihm selbst nicht gelingen will. Nämlich dich und auch mich zu vernichten.“ fuhr Shaman fort. „Aber wie kann der Junge Bravestarrs Sohn sein? Wenn es stimmt, was du sagst, dann würde das ja bedeuten, dass er...“ J.B. fuhr nicht fort, aber es war auch nicht nötig. Shaman nickte. „Ja, ganz recht. Es gab eine Verbindung zwischen den beiden Seiten.“ Einige Sekunden herrschte Schweigen und J.B. und Thirty-thirty starrten Bravestarr einfach nur an. „Aber...wann? Und wie?“ fragte Thirty leise. „Und vor allem mit wem?“ „Vipra!“ sagte Bravestarr leise. J.B. und Thirty wirbelten zu ihm herum. „Was?“ fragten sie wie aus einem Mund. Doch Bravestarr antwortete zuerst nicht. Seine Gedanken rasten. Aber es gab keine andere Möglichkeit. Allein schon aus dem Grunde, weil Vipra die einzige Frau der Carrion Bunch war. Die so ganz nebenbei auch bei dem Kampf nicht dabei gewesen war, wie ihm jetzt erst auffiel. Aber auch die Sache vor etwa einem halben Jahr kam ihm wieder in den Sinn. Der Vorfall in der neuen Siedlung. Vipra hätte ihn nur erschießen müssen. Er hatte völlig hilflos vor ihr gelegen, unfähig sich zu wehren. Aber sie hatte ihn nicht getötet. Sie hatte sich nur neben ihn gekniet, hatte seine Wange gestreichelt und ihn ganz merkwürdig angesehen. Und war dann verschwunden. Er hatte sich seit dem immer wieder den Kopf über diese Sache zerbrochen. Denn nicht nur die Tatsache, dass sie ihn nicht erledigt hatte, war schon merkwürdig genug. Sie hatte ihn beinahe...verliebt angesehen. Bis jetzt hatte er das immer als Hirngespinst abgetan, hatte geglaubt, seine Augen hätten ihn damals getäuscht. Doch nun ergab es irgendwie sogar einen Sinn. „Es kann nur Vipra sein!“ sagte er schließlich. Dann sah er seinen Mentor an. „Aber...ich weiß immer noch nicht, wie es passiert ist!“ sagte er dann. „Nun, diese Frage kann ich dir auch nicht beantworten, mein Sohn.“ sagte Shaman leise. „Ich habe eine Ahnung.“ war plötzlich von Thirty zu hören. Alle sahen nun ihn an. „Und was für eine?“ fragte Bravestarr. „Kannst du dich noch an die Patrouille vor ein paar Jahren erinnern? Als wir am Rande der Badlands von diesem merkwürdigen Nebel überrascht wurden?“ fragte Thirty. „Ja, schon. Aber was soll das damit zu tun haben?“ fragte Bravestarr. „Na, überleg doch mal! Wir waren beide mehrere Stunden bewusstlos. In der Zeit hätte so einiges passieren können.“ antwortete Thirty-thirty. Bravestarr senkte nachdenklich den Blick. Thirty-thirty hatte recht. Eigentlich gab es auch nur diese eine Erklärung. Und je länger er darüber nachdachte, desto mehr ergab auch alles einen Sinn. Es erklärte auch seinen merkwürdigen Traum. Was, wenn er zwar eine andere Frau gesehen hatte, es aber in Wirklichkeit Vipra gewesen war? Stampede war ohne jeden Zweifel fähig solche Illusionen zu bewerkstelligen. Er hatte das alles von Anfang an geplant. „Ich glaube, du hast recht!“ sagte er schließlich. „Stampede hat das alles von Anfang an geplant. Dieser Nebel, durch den wir bewusstlos wurde, den hat er geschickt. Und in der Zeit, als wir bewusstlos waren, muss er...es irgendwie bewerkstelligt haben, dass ich mit Vipra...“ Er sprach nicht weiter. Es war ihm zu unangenehm. Er konnte es sich auch einfach nicht vorstellen! Wie oft hatte er gegen diese Frau gekämpft? Wie oft hatte auch sie ihm schon tödliche Fallen gestellt und nun hatte er einen Sohn mit ihr? Das war total verrückt! „Und was tun wir jetzt?“ fragte Thirty-thirty und wiegte Sara Jane nervös in den Händen. „Dieser kleine feuerschleudernde Bastard wird nicht aufgeben!“ „Nein! Das wird er wohl nicht! Und wenn du heute nicht noch rechtzeitig eingegriffen hättest, dann hätte er mich auch wohl heute schon getötet.“ sagte Bravestarr. Er dachte nach. Stampede hatte dem Jungen ganz offensichtlich nur Lügen erzählt. Um seinen Hass zu schüren. Denn Bravestarr glaubte nicht, dass er von Grund auf böse war. Und eines stand für Bravestarr fest: ganz gleich unter welchen Umständen der Junge entstanden war, er war sein Kind. Und er würde nicht gegen sein Kind kämpfen. Eher würde er sterben. Also hatte er nur eine Chance. „Ich werde mich ihm stellen. Schon morgen. Aber ich werde nicht gegen ihn kämpfen.“ sagte er entschlossen. „Nicht gegen ihn kämpfen?“ keuchte J.B. erschrocken. „Bravestarr, bist du von allen guten Geistern verlassen? Der Junge will dich töten!“ „J.B., er ist mein Sohn. Erwartest du, dass ich mein Kind töte?“ fragte er sie. „Aber er will dich töten!“ entgegnete sie beinahe hysterisch. „Weil Stampede ihn belogen hat. Er hat ihm Lügengeschichten erzählt, wer weiß, wie viele! Und ich glaube nicht, dass er von Grund auf böse ist!“ versuchte Bravestarr sie zu beruhigen. „Um Gottes Willen! Shaman, sag ihm, dass das Wahnsinn ist!“ schaltete sich nun auch Thirty ein. „Bravestarr hat recht!“ sagte dieser gewohnt ruhig. „Der Junge vereint sowohl das Gute, als auch das Böse in sich. Und somit ist er nicht wie Tex und Stampede. Vielleicht gelingt es ihm, die gute Seite in dem Jungen hervor zubringen.“ J.B. schnappte entsetzt nach Luft. „Das kann nicht euer Ernst sein!“ keuchte sie. „Bravestarr, was wenn du es nicht schaffst und er dich tötet?“ Mit tränennassen Augen wandte sie sich flehend wieder an ihren Freund. „Dann soll es wohl so sein. Aber ich habe nur diese eine Chance.“ sagte er ruhig. J.B. starrte ihn noch einige Sekunden entgeistert an und verließ dann leise weinend das Büro im Laufschritt. Bravestarr sah ihr hinterher. Er konnte sie verstehen. Die ganze Situation war mehr als verfahren und gefährlich. Aber es war nicht anders zu lösen. Ihm blieb nur sein Vertrauen auf die Stärke des Guten, das vielleicht in seinem Sohn schlummerte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)