Briefe an den Liebsten von abgemeldet (— Empfänger unbekannt —) ================================================================================ Kapitel 1: Edo — 16. Mai 1862 ----------------------------- Edo —16. Mai 1862 An dich... Im Grunde, bin ich mir nicht ganz darüber im Klaren, warum ich diese Zeilen verfasse. Vielleicht, weil ich es nicht wage, derart intensive Worte in den Mund zu nehmen, die verfliegen würden wie der wechselhafte Wind, ohne jegliche Chance sie festzuhalten oder sie zu bewahren wie einen wertvollen Schatz, den man Tag für Tag mit auf die eigene Reise nimmt. Möglicherweise fehlt mir schlicht der Mut, mich metaphorisch vor dir zu entkleiden und dich einen wichtigen Teil davon sehen zu lassen, wer ich bin. Manche Gefühle wachsen über einen hinaus, teilweise unkontrolliert. Diese Formulierung ist sogar sanft gewählt hingegen zu dem, was ich erlebe. Wie mein Innerstes versucht nach außen zu wachsen, Taten auszuüben, die ich möglicherweise bereue, welche, die in Sünde ausarten könnten. Wie ein Feuer, dass aus beinahe erloschener Asche und still lodernder Glut eine neue Flamme fängt, spüre ich, wie diese Hitze mich verzehrt. Nicht immer, wenn ich dich sehe, doch jedes Mal, wenn du mir zu nahe trittst. Dein Duft der meine Sinne betört und mir damit droht, mich in ein großes Loch zu drängen, wo egoistische Leidenschaft mir gnadenlos alles entreissen wollen würde. Ich versuche nie zu sehr da zu sein, wo du bist. Trotz dem Fakt, dass der Schmerz ohne deine Anwesenheit stets unerträglich an meiner Seite geht. Meine Fingerkuppen werden nass. Deine Augen sind es nicht. Wieso? Stille Wasser sind tief, ein schweigsamer Mund birgt unendliche Weisheit. Bin ich noch so sehr ein stilles Wasser, schiebe ich doch die Weisheit des Selbstschutzes blind von mir, denn ich gleiche einem elenden Narren der sein überlebenswichtigstes Organ, das Herz, weder abschirmen, noch halten konnte. Keine Stärke und keine Agilität konnten mich aus dieser Situation befreien... möchtest du es Mal probieren? Ohne deine Zunge werden sich meine Lippen niemals spalten. Weit entfernt wie der Horizont... bewundere ich nur deinen Schatten. Solange bis du dein schönes Antlitz mir entgegenstreckst. Und dauert es ein Jahrhundert so werd ich schweigend sterben, mein geliebter Freund. Mein Liebster... Schwere füllt nun meinen Kopf. Meine Brust. Niemand kann mir sagen ob meine Seele ins Leere oder in das Paradies greift. So bleibe ich vorerst augenscheinlich leer, bis von mir verlangt wird zu sprechen. — S. H. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)