Das Erbe der Wölfe von Hotepneith (Lord Sesshoumarus 18. Dämonenmitratekrimi) ================================================================================ Kapitel 4: Weitere Damen des Hauses ----------------------------------- Sakura verneigte sich höflich, als Mura, die Haushofmeisterin der eintretenden Dame mitteilte: „Dies ist Sakura, die Heilerin, Lady Sadako.“ Das also war die erste Ehefrau des Fürsten. Unter Menschen hätte man sie Mitte bis Ende Dreißig geschätzt, aber das war schwer zu sagen. Sie war mit Sicherheit die am meisten geschminkte Dämonin, die die Heilerschülerin je gesehen hatte. Allerdings sehr geschmackvoll, das gab sie bei einem vorsichtigen Blick in das Gesicht der Dame zu. Wäre sie selbst kein Mensch gewesen, wäre es ihr vielleicht nicht einmal aufgefallen. So jedoch hätte sie wetten mögen, dass die zarte Weiße der Wangen einer quecksilberhaltigen Creme zu verdanken war, die Brauen waren nachgezogen und die Augen....Ja, die Augen. Die Pupillen wirkten unnatürlich groß und der Blick recht starr. Soweit Sakura wusste, bedeutete das eine leichte Vergiftung mit Tollkirsche. Ging Sadako so weit, sich selbst zu vergiften, um auf ihren Mann attraktiver zu wirken? Immerhin war sie die Einzige, die kein Kind von ihm hatte, obwohl sie am längsten mit dem Fürsten verheiratet war. „Du kannst gehen, Mura.“ Und während die Haushofmeisterin gehorchte, fuhr die Wolfsdämonin fort: „Aimi und Itoe waren mit ihrem Nachwuchs natürlich hier.“ „Ja.“ Ohoh. Der Dame schien die Sache mit den Kindern oder eher, dass sie keine hatte, nahezugehen. Soweit man das bei einer Dämonin sagen konnte. „Du bist ein Mensch, aber du lernst bei einem Dämon.“ „Ja, Lady Sadako. Neigi-sama ist mein verehrter Lehrer.“ „Dann gehe ich davon aus, dass du über mehr Fähigkeiten verfügst als in deiner Art sonst üblich. Und selbstverständlich kenne ich Neigi-samas Ruf. - Ich bin die älteste und erste Frau Fürst Kazuyas. Bedauerlicherweise haben mir die Götter bislang jeden Nachwuchs verweigert. Was kannst du mir raten? Takashi versteht nichts davon,“ ergänzte sie etwas bitter: „Zumindest haben seine Ratschläge nichts geholfen.“ „Darf ich Euch dazu eine Frage stellen? Habt Ihr nie empfangen oder konntet Ihr die Kinder nicht austragen?“ Sadako atmete tief durch, ehe sie antwortete: „Ich hatte stets Fehlgeburten. Nach der zwölften hörte selbst das dann auf. Und der Fürst heiratete Aimi. - Ich gebe zu, ich verstand das, obwohl er so freundlich war, mir meine Unfähigkeit nicht weiter zum Vorwurf zu machen. Und ich gebe zu, dass ich zunächst doch erleichtert war, dass sie nicht schwanger wurde.“ „Aber dann wurde Lord Masaru geboren.“ Nach zwölf Schwangerschaften und Fehlgeburten, vermutlich knapp aufeinander, musste selbst der Körper einer Dämonin erschöpft sein. „Ja. - Und ich sehe mich gezwungen, Aimi das Vorrecht hier einzuräumen, mich vor ihr zu verneigen. Sie ist die Mutter des Erben.“ Das klang bitter. Sakura verstand das. Sie lebten hier zusammen und Sadako bekam täglich ihr Versagen vor Augen geführt, ja, durfte froh sein, dass sich der Fürst nicht hatte scheiden lassen. „Lady Itoe hatte auch einen Sohn.“ „Itoe, ja. Sie jammert ja so, weil der starb, dabei hat sie wenigstens noch die Mädchen. Und Ren wäre sowieso nie der Fürst geworden. Nun,was kannst du mir raten?“ „Darf ich fragen, ob Ihr regelmäßig Tinkturen einnehmt? Wenn Ihr gestattet....Eure Augen.....“ „Das fällt dir auf. Ja, ich nehme alle zwei Wochen Tropfen, die ich dort heineinträufele, sobald die Wirkung nachlässt.“ „Takashi, Euer Heiler, sagte Euch, dass das ein Gift ist? Tollkirsche?“ „Das ist nicht vom Heiler. Manabu, der Lehrer, ist zwar auch gelernter Heiler, aber er hat das nie ausgeübt, da er sich auf, wie nennt er das, die Schönheit, spezialisiert hatte. Ehe der Fürst ihn als Lehrer einstellte. Und er sagte mir, selbstverständlich über Mura, dass ich es nicht überdosieren dürfe. Er gab ihr sogar schriftliche Anweisungen mit. Keine Sorge. Ich vergifte mich nicht.“ „Er gab Euch auch die Creme.“ Über Mura, natürlich Die Damen waren hier wirklich von der Außenwelt abgeschottet. Kein Wunder, dass die Stimmung etwas gereizt war, wenn man so aufeinander saß und Konkurrentin war. „Ja. Und das Arsen für die glatte Haut und die glänzenden Haare. Aber daran kann es nicht liegen, dass ich keine Kinder bekomme. Zum einen war ich vorher schon...unfruchtbar, zum anderen gab Manabu wirklich zu allem genaue Anweisungen, was die Dosis und die Anwendung betraf. Und ich muss versuchen, den Fürsten zu überzeugen, dass auch ich noch wert bin gerufen zu werden.“ „Ja, ich verstehe.“ Sie war die Älteste und versuchte wohl verzweifelt, irgendwie ihren Ehemann dazu zu bekommen sie zu beachten, ja, ein Kind zu bekommen. „Nun, ich kann Euch mitteilen, was Neigi-sama, mein verehrter Lehrer, in einem solchen Fall rät. Wenn Euch Euer Gemahl zu sich kommen lässt, nehmt zuvor ein warmes Bad, wenn möglich, mit entspannenden Kräutern. Und, das Wichtigste sei, dass Ihr die Sache mit einem Kind vergesst. Entspannung tut Not. Auch sonst badet oft, lasst Euch massieren und lockert Seele und Körper.“ „Vergessen!“ Die Wolfsdämonin machte eine Handbewegung: „Aimi hat den Erben und Itoe bekam die Zwillinge schon nach kürzestmöglicher Frist, dann auch noch Ren....“ „Eben dies könnte Euch zusätzlich belasten, zumal Euer Körper gewiss erschöpft war nach all den Versuchen.“ „Ich werde deinem, oder eher Neigis, Rat folgen. Vielleicht ….“ Sakura schwieg. Mehr konnte sie nicht verlangen. Nur kurz darauf kam Lady Yuuka zu ihr, die Schwester des Fürsten. Und die Heilerschülerin wusste nach fünf Minuten, dass diese nicht nur Seine Eisigkeit getroffen hatte, sondern begeistert von der Aussicht war ihn heiraten zu können. Mittlerweile jahrelange Kenntnis des Hundeprinzen ließ sie jedoch annehmen, dass die Begeisterung recht einseitig war. Nun ja, Yuuka sah hübsch aus, aber Sesshoumaru hatte schon öfter deutlich gemacht, dass er an der Weiblichkeit noch desinteressiert war, auch, wenn es sich um eine Dämonin handelte. Und anscheinend hatte sich die kerngesunde Wolfsprinzessin nur zu ihr bemüht, um Informationen zu erlangen. Den Göttern sei Dank handelte es sich um keinen Mordfall, also würde Lord Sesshoumaru ja kaum auf wörtlicher Berichterstattung bestehen. Aber, falls er fragen sollte...Nun, dann musste sie antworten. Andererseits ziemte sich Höflichkeit gegenüber der Wolfsprinzessin. Wie war das noch mit Hammer und Amboss? So meinte sie behutsam: „Euer Bruder, der mächtige Fürst Kazuya, hat es wohl bislang vermieden, Eure Hand anzubieten?“ „Nun ja. Er hat mich mit Kano verlobt - das ist unser Neffe.“ Und da sie den unwillkürlich stutzenden Blick bemerkte: „Oh, nein. Er ist nur ein wenig jünger als ich, kein Kind. - Und er war bis zu Masarus Geburt Kazuyas Erbe. Schon darum erschien es meinem verehrten älteren Bruder wohl sinnvoll. Ich habe keine Probleme mit Kano, aber natürlich erscheint mir der Erbe der westlichen Länder ….interessanter?“ Eiwei, wie brachte sie die Dame im Interesse aller von Sesshoumaru ab? Falls Fürst Kazuya dem Wunsch seiner Schwester folgen wollte....Nun, das konnte noch mehr als diplomatische Probleme ergeben. „Ich....selbstverständlich darf ich nicht über meine Herren plaudern, aber ich denke, es ist kein Geheimnis, dass der mächtige Inu no Taishou seinen Sohn bereits mit einer Hundeprinzessin verlobt hat.“ „Man kann auch mehrere Frauen...oh.“ Na also, dachte Sakura erleichtert. Yuuka war so intelligent, wie sie gehofft hatte. Gegenüber einer Hundedame und deren Nachwuchs würde eine Wolfsdämonin immer die Nummer Zwei sein, jeder Fürst einem reinrassigen Erben den Vorzug geben. Verliebtheit in allen Ehren, aber die Schwester des Fürsten hatte wohl nur zu gut mitbekommen, wie Sadako litt. Kam sie mit Kano aus, wäre dessen Nummer Eins, war das ohne Zweifel besser, als die Nummer Zwei oder auch stets die Fremde zu sein. Sakura neigte den Kopf, als Zeichen, nicht mehr sagen zu wollen und zu dürfen. Hoffentlich würde Seine Lordschaft, wenn er diese Unterhaltung mitbekam, ihr anrechnen, dass sie ihn nur von Zuneigungsbekundungen hatte schützen wollen. „Nun ja,“ meinte Yuuka, als sie sich erhob: „Dann hoffe ich mal, dass du meinen Schwägerinnen helfen kannst.“ Sie ging. Sesshoumaru hatte sich unterdessen den Weg zu den Räumen Lord Kanos zeigen lassen. Als er hereinkam, sahen die drei Personen im Raum sich etwas irritiert nach ihm um. Gewöhnlich betrat niemand ohne Voranmeldung dieses Zimmer. Der Diener warf sich hastig zu Boden: „Lord Masaru, Lord Kano....Lord Sesshoumaru...“ Der Hundeprinz betrachtete kurz die drei Wölfe. Der Jüngste, bei Menschen wäre er auf sechs geschätzt worden, war also der Erbprinz, der überlebende Sohn Fürst Kazuyas. Der junge Mann neben ihm, etwas älter als er selbst, musste Lord Kano sein, der Neffe des Schlossherrn, der bis zur Masarus Geburt dessen Erbe gewesen war. Und der dritte Wolf, der vor ihnen kniete, war ohne Zweifel ihr Lehrer, Manabu, hieß er. Er hatte sich auch unverzüglich am tiefsten verbeugt Der höfischen Förmlichkeit zuliebe neigte Sesshoumaru den Kopf: „Lord Masaru hat gewiss die Freundlichkeit sich zu seiner Mutter zu begeben. Ich habe im Auftrag des mächtigen Fürst Kazuya mit Lord Kano zu sprechen.“ Masaru nickte und verriet sofort, dass er wusste, dass der Fremde der Erbprinz der westlichen Länder war – ihm ranggleich: „Selbstverständlich, Lord Sesshoumaru. Der Wunsch meines Herrn und Vaters ist auch der meine.“ Er ging. Der Hundeprinz ertappte sich beim Aufwallen vorn Zorn, ehe sein Verstand ihm sagte, dass der Kleine nach höfischen Maßstäben vollkommen recht hatte, ja geradezu formvollendet gesprochen hatte. Und da der der Nachbar war, mit dem er in den nächsten Jahrhunderten auskommen sollte, war eine gewisse Höflichkeit beiderseits wohl auch in ihrer Väter Interesse. Lord Kano hatte sich unterdessen bequemer ausgestreckt: „Dann nehmt doch Platz. Eine Lernpause tut sicher gut. - Was wünscht Onkel Kazuya? Ah, Moment. Ihr seid doch der Sohn des Inu no Taishou?“ „Ja.“ Der Wolfsfürst hatte ja erwähnt, dass Vater Kanos Vater in einer Schlacht getötet hatte. Aber Kano fragte nur: „Und weiter?“ Da half wohl nur Ehrlichkeit: „Euer mächtiger Onkel hörte von einigen Mordfällen, die ich für meinen Herrn und Vater löste, und bat mich, den Tod seines jüngeren Sohnes zu überprüfen.“ „Tja. Und da Ihr nichts findet, was auf Mord hinweist, wollt Ihr mich noch fragen, damit Ihr die Sache beenden könnt? Na, das hätte ich Euch auch gleich sagen können. Kinder sterben nun einmal früh, auch unter Dämonen passiert das immer wieder. Masaru ist definitiv ein schlaues Kerlchen, aber kaum in der Lage einen fast Gleichaltrigen umzubringen. Oder dachtet Ihr gar..ich?“ „Ihr ward der Erbe, bis Masaru geboren wurde.“ „Schon, aber – und das werdet Ihr als Erbprinz wissen – das ist auch eine ziemliche Last. Seit Masaru da ist, liegen die Erwartungen Onkel Kazuyas auf ihm und er wird gedrillt, während ich mehr frei habe. Ja, klar, eines Tages soll ich die Güter meines Vaters übernehmen, aber momentan verwaltet sie Onkel und das gut. Warum sollte ich mich darum reißen, nicht nur die Ländereien zu bekommen, sondern gleich den ganzen Norden? Außerdem: es wäre irgendwie logischer gewesen, Masaru umzubringen, oder? - Nein, ich fürchte, Onkel Kazuya wird sich damit abfinden müssen, dass Rens Tod ein Zufall war, bedauerlich, aber es gibt einfach keinen Schuldigen.“ Das klang alles logisch, aber die Schlussfolgerungen, die Kano aussprach, waren es nicht. Es wäre nicht logischer gewesen, zuerst Masaru umzubringen, solange der noch einen jüngeren Bruder hatte. Ein Erbprinz stand auch immer mehr unter Beobachtung, hatte Übungen, Lehrer, Diener, die um ihn waren. Der jüngere und kleinere Bruder war da wohl leichter zu packen. Überdies: war Kano so desinteressiert an der Herrschaft oder tat er nur so? Seine Haltung war eines Prinzen, ja, eines Dämons unwürdig, so wie er ausgestreckt da lag. „Komm schon, lieber Cousin,“ wandte sich Kano an den Dritten: „Sag ihm, dass ich recht habe.“ „Cousin?“ Sesshoumaru war bislang davon ausgegangen, dass es sich um den Lehrer handelte. Dieser neigte etwas den Kopf: „Äh, nun ja...Mein Name ist Manabu, Lord Sesshoumaru. Ich bin der Lehrer der Prinzen hier. Und, auch, wenn Lord Kano mich so zu nennen beliebt – ich bin nur der Spross einer Seitenlinie. Vor einem Jahr kam ich her und stellte mich dem mächtigen Fürsten vor, da ich das Erbe meines Vaters angetreten hatte. Zuvor habe ich Heiler gelernt. Da der bisherige Erzieher Lord Kanos starb, bot der Herr des Nordens mir den Posten an. Es war sehr freundlich, denn, um ehrlich zu sein, es war nicht gerade viel zum Erben da. Auch die kleinen Prinzen kommen zu mir. - Und ich bin überzeugt, dass Lord Kano nichts mit Rens Tod zu tun hat.“ „Nun, bitte.“ Kano richtete sich auf: „Ich weiß, dass Onkel Kazuya seine Söhne sehr gern hat..hatte und mich wohl auch, aber, wo nichts ist, kann man auch nichts finden.“ Das klang auch schon wieder so logisch – aber war es das? Sesshoumaru zog einen Schluss: jemand, der einen Prinzen ermorden konnte, war wirklich nicht ungeschickt oder dumm. Kano war dumm, also konnte er nicht der Mörder sein. Und dann ertappte er sich selbst dabei, dass das Logik á la Kano war. Es wurde Zeit, dass er Sakuras Bericht erhielt. ** Seine Lordshcaft wird ungeduldig und Sakura freut sich noch, dass es diesmal um keinen Mord geht... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)