Geniestreich von Caralein (Koharus Masterplan) ================================================================================ Kapitel 2: Dame --------------- Dame Die Mädchenschuluniform stand der Prinzessin gut. Besser als manchem Mädchen, denn das war der Clou an dieser Position. Ein Schulidol, das man anhimmeln konnte ohne dass die Freundin eifersüchtig wurde. Kawada Haruka wusste wie man an der Grenze zwischen Extremen balancierte und dabei noch gut aussah. Wer würde einer solchen Prinzessin auch nicht zu Füssen liegen? Ausserdem gab es ein kleines Taschengeld für die Rolle der Schulprinzessin, was Haruka ganz recht kam. Die Familie ihrer Hoheit war finanziell nämlich nicht auf Rosen gebettet. Nicht, dass sie Hunger leiden mussten oder etwas derartiges, aber bei vier Kindern konnte man keine grossen Sprünge machen. Die Prinzessin war also insofern gar keine Prinzessin wie man es kennt. Zumindest keine von der Sorte, die daheim von hinten bis vorne bedient wurde. In der Schule gab es zwar durchaus den einen oder anderen Jungen, der dem Charme der Prinzessin erlegen war und ihr jeden Wunsch von den Augen ablas, aber deswegen wurde sie nicht hochmütig. Es machte Spass, wenn Ihre Durchlaucht ehrlich zu sich selbst war, aber es war auch sehr anstrengend. Kein Wunder bei all den Pflichten. Dass Arisada diese Idee so geschickt vermarktete, störte Haruka herzlich wenig. Wissend um das Geheimnis dieser Position, das eigentlich kein Geheimnis war, entlockte es Haruka öfters ein Lächeln. „Hime-sama, Hime-sama, so warten Sie doch.“ Erstaunt drehte sich die Prinzessin um und ihr schönes Antlitz wandte sich Konjiki Koharu zu, der breit lächelte. Die Federboa lag wieder um seinen Hals und wippte fröhlich bei jedem Schritt mit. Die Samuraiperücke hatte er sich diesmal geschenkt. Schliesslich wollte er die Prinzessin nicht erschrecken. Dabei wusste sie doch schon recht gut wie er war. „Hast du vielleicht etwas Zeit für mich übrig?“, fragte er bescheiden, worauf die Prinzessin eine Augenbraue hochzog. Sie hatte langes hellbraunes Haar und ein feingeschnittenes Gesicht mit rehbraunen Augen. Die Schuluniform betonte die zierliche Figur, die etwas puppenhaftes hatte. Koharu war nicht überrascht. Haruka wusste ganz genau wie man sich in Szene setzte. „Es kommt ganz drauf wie viel Zeit du brauchst, Koharu“, antwortete Haruka, strich sich elegant eine Strähne aus dem Gesicht. Die Prinzessin lächelte, eine professionelle Geste, was Koharu durchaus interessant fand, aber zu wenig ehrlich. Aber sie nannte ihn wie es sich gehörte beim Vornamen. Schliesslich waren sie Klassenkollegen und führten die Notentabelle ihrer Schule an. Nur hatte man erst Kawada Harukas Genie nicht erkannt, dabei hatte es für ihn auf der Hand gelegen. „Es kommt ganz auf deine Kooperationsbereitschaft an“, erwiderte Koharu, worauf Hime die Stirn runzelte. Das war das Schwierige an Menschen von annähernd gleichem Intellekt. Sie kamen einem viel rascher auf die Schliche und so seltsam es klang, meist waren sie auch viel misstrauischer. „Wie ungezogen von dir, Koharu. Du willst mir doch am Ende nicht bloss an die Wäsche?“, fragte die Prinzessin neckisch zurück, was bei Koharu ein Lächeln hervorrief. Hime spielte gut, besser als jeder, den er kannte. „Oh, nichts käme mir weniger in den Sinn“, antwortete Koharu wahrheitsgetreu. Tatsächlich hatte er nichts übrig für die Dinge, derer sich die Schüler höherer Klassen so abgaben. Zwar besass er Sinn für Ästhetik, auch wenn den niemand sah, aber Liebe war für ihn eine rein platonische Sache. „Nun in diesem Falle, Koharu, sei es dir gestattet dein Anliegen vorzutragen“, befand die Prinzessin und beging damit ihren ersten Fehler. Hime spielte diese Rolle so gut, dass sie fast ein Teil ihrer Persönlichkeit geworden war. Die gestelzte Sprache hatte sie wohl vom Schulsprecher gelernt, schliesslich wusste er, dass Haruka ganz anders klingen konnte. Dies ohne weiteren Hintergedanken. „Nun Eure Hoheit, ich wollte mich erkundigen wie es mit euren Clubaktivitäten steht.“ „Du weisst, dass die nicht existieren. Ich bin als Prinzessin schon beschäftigt genug.“ Es klang ein wenig brüsk, so als wäre das Thema ein sehr heikles. Natürlich alle würden sich um die Prinzessin reissen. Das war nicht immer so schön wie es sich anhörte. „Was hältst du von unserem Tennisclub?“, fragte Koharu unbeirrt weiter. „Dass ich dir leider absagen muss, Konjiki Koharu. Ich habe weder Talent noch Interesse daran.“ „Da habe ich ganz anderes gehört.“ „Ich hab gesagt, ich will nicht. Hörst du schlecht?“ Da war es. Ein kurzes Aufflackern von Himes wahrem Charakter. Der Ton, der vorher so wohlgeformt und jeder Höflichkeit entsprach, kippte. Fast hatte er es geschafft. Aber ein fast reichte nie. Ein fast trennte hundert Prozent von neunundneunzig Prozent. Es machte den Unterschied zwischen sehr gut und perfekt aus. „Einem Genie wird leicht langweilig. Das weisst du doch am besten, oder Hime?“ „Wenn hier einer den Titel Genie verdient, dann wohl du, nicht ich. Mit deinem IQ kann ich nicht mithalten.“ Er verzog das Gesicht. Er hatte doch seine Missbilligung darüber ausgedrückt, was er von diesen Intelligenztests hielt. Ob man Intelligenz messen konnte, war doch recht fragwürdig. Dass Kawada es ihm so schwierig machen würde, war klar gewesen. Eigentlich genoss er ja genau das am meisten, aber ein kleiner Fehler und man konnte die ganze Arbeit hinschmeissen. Im Geiste verfolgte er nochmals seine Schritte zurück und befand, dass er zu unvorsichtig gewesen war, doch da war es bereits zu spät. „Koharu, was hast du vor?“ Die Stimme der Prinzessin war lauernd geworden. Seine Schritte sollten jetzt wohl überlegt sein. „Du kennst doch Shiraishi Kuranosuke?“ „Ja, er ist in der Parallelklasse und Captain eures Teams“, antwortete die Prinzessin unwillig, „spar dir also diese Heranschleicherei!“ Koharu seufzte lautlos. Eigentlich machte es ihm ja Spass was jetzt folgte, aber er war von Natur aus ein Pazifist. Nur war es so, dass man das Wort Pazifist sehr weit ausdehnen konnte. „Ich verstehe… ich möchte, dass du mir zum Tennisplatz folgst, weil dich Shiraishi Kuranosuke sehen will, Hime-sama“, versuchte er es nun. Der Schwächste Punkt von Haruka war immer noch die Eitelkeit. Dass der Prinzessin geschmeichelt wurde, war für sie wie Luft zum Atmen. Haruka liebte Komplimente mehr als man denken würde. Obwohl manchmal brauchten sie doch alle etwas Selbstbestätigung. Sogar manches Genie. „Dann soll er doch zu mir kommen, wenn er Gefallen an mir gefunden hat“, gab die Prinzessin zurück, aber Koharu hörte doch deutlich, dass sie sich geschmeichelt fühlte. „Aber Shiraishi ist doch so schüchtern“, erwiderte Koharu, dem das Lügen überhaupt nichts ausmachte. Eigentlich sollte er sich Sorgen machen. Schliesslich waren Soziopathen brillante Lügner und kannten sich bestens mit der menschlichen Psyche aus, ohne Reue zu empfinden. Koharu befand, dass er seinen eigenen Geisteszustand später überprüfen würde, wenn er mit Yuu-kun ihre neueste Show besprach. „Shiraishi schüchtern? Da hab ich anderes gehört und gesehen“, erwiderte Hime. Die Tonlage befand sich in einem Bereich, der Koharu noch einigermassen gefiel. Nicht mehr zu lange und Haruka würde einfach gehen, wobei dieses Verb natürlich nicht zu ihrer Hochwohlgeboren passte. Eher schreiten oder vielleicht auch stolzieren, traf es bei einer Person von solchem Format. Nun es mag den meisten Genies nicht liegen, aber Koharu wagte sich an eine Improvisation, wie er es sonst nur mit Yuuji machte. Und selbst das hier war für ihn eigentlich keine Improvisation im engeren Sinne, schliesslich hatte er sich auf diesen Fall vorbereitet. Fröhlich schlang sich die pinke Federboa um Hime und schien dies zu geniessen. Federboas waren wirklich eigenartige Geschöpfe, die es genossen herum zu schwingen und dann und wann ein Opfer zu umschlingen um… es zu ihrer Höhle zu schleifen. „Koharu!“, entfuhr es Hime nun wütend, die Stimmlage war nun ungefähr eine Oktave tiefer, so gut war Koharus Gehör auch nicht, dass er das herausfiltern konnte. „Lass mich gefälligst los!“ „Das geht leider nicht. Das ist eine Sache von höchster Priorität.“ Er schaffte es tatsächlich an der Federboa zu ziehen, so dass Hime ihm fast nachstolpern musste. Sollte die Prinzessin fallen würde er natürlich galant wie er war sie auffangen. Sie würde dann zwar wahrscheinlich wirklich wütend werden, aber man musste wenn man etwas erreichen wollte, auch mit Unannehmlichkeiten rechnen. „Ich werde schreien, Koharu und zwar so laut, dass alle denken…“ „Oh, für den Fall hab ich schon vorgesorgt“, unterbrach ihn das Genie von Osaka. Er hütete sich davor so frech zu werden wie bei Arisada, aber er war sich bewusst genug um Harukas Redeschwall zu bremsen. Gerade zeigte dieses Benehmen nicht von ihrer Schulprinzessin, sondern von der wahren Natur Harukas, die manchmal etwas zu kurz kam. Diesen Teil schätzte Konjiki durchaus, aber er mochte es lieber wenn sich eine Person ihrem Wesen entsprechend gab. Obwohl er gerade reden musste… Tatsächlich hatte er für den Fall, dass Haruka kreischte schon vorgesorgt. Und in so einer Situation schien scherzen mehr als unangemessen, warum das Kreischen auch besonders laut war und so manchen Schüler verwundert oder auch erbost zu Koharu schauen sah. „Wir proben für ein Theater. Ihre Hoheit geht schon ganz in ihrer Rolle auf, wie ihr sehen könnt“, log er ohne rot zu werden. So plump diese Lüge wohl erschien, so perfekt war sie in diesem Falle. Es war ohnehin schon fast eine Straftat ihn einer Lüge zu bezichtigen. Er genoss, wenn man so wollte, politische Immunität. Dank Arisada, der ihm die Erlaubnis erteilt hatte. Er konnte ja nicht ahnen, dass Arisada im Moment an einer Magenverstimmung litt. Nichts Ernstes, was sich nicht über den Mittag kurieren liess, aber man konnte es als himmlische Strafe für seinen Pakt mit dem Teufel mit der Cosplayvorliebe sehen. Böses wird bestraft. Das wusste man schon während der Meijirevolution. Dass die Prinzessin weiterzeterte und um Hilfe rief, sie vor diesem Irren zu retten, führte zu Applaus aber nicht zur Hilfe. Ausserdem… was machte es für einen Sinn wenn Konjiki, die Prinzessin entführte? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)