Die Schafe sind los! von abranka (DS9) ================================================================================ Kapitel 1: Die Schafe sind los! ------------------------------- Es war ein friedlicher Moment an einem normal hektischen Tag an Bord der Raumstation Deep Space Nine. Die ehemals cardassianische Station, die nun den Bajoranern gehörte und in deren Auftrag von der Sternenflotte geleitet wurde, schwebte scheinbar mitten im Nirgendwo und ruhte in der Nähe des derzeit unsichtbaren Wurmlochs. Alles ging seinen gewohnten Gang. Bis… „Na los doch, mach schon schneller!“ „Ich mache ja schon!“ „Wie war das? Du kannst so ein Schloss in zehn Sekunden knacken? Davon sehe ich aber gerade nichts! Du bist schon seit zwanzig zugange!“ Jake Sisko sah sich unbehaglich um. Niemand war außer ihm und seinem besten Freund, dem Ferengi Nog, hier unten vor den Frachträumen, aber das konnte sich schnell ändern. Sowieso fragte er sich gerade, warum er sich auf diesen Unsinn eigentlich eingelassen hätte. „Fertig!“ Nog strahlte über das ganze Ferengi-Gesicht. „Und bist sicher, dass diese Tiere nicht gefährlich sind?“, fragte er anschließend und blinzelte Jake von unten her mit schräg gelegtem Kopf unsicher an. „Es sind Schafe, Nog! Was sollen Schafe schon tun?“ Jake verdrehte die Augen und öffnete die Tür des Frachtraums. Dumpfes Blöken antwortete ihm. Dann schob sich ein kräftiger Bock durch die Herde schwarzer Schafe, die für den Transport zu der bajoranischen Kolonie Dreon VII vorgesehen waren. Die gesamte Vegetation von Dreon VII war durch die Herrschaft der Cardassianer verändert worden und jetzt für die einheimischen Tiere nicht mehr sonderlich verträglich. Irdische Schafe dagegen vertrugen dieses jedoch ausgezeichnet und so lange, bis das Projekt der Renaturierung Dreon VII abgeschlossen war, würden die Schafe dort einen wichtigen Dienst leisten. Jake schluckte, als er die Hörner sah. „Äh…“ „Was ist?“, fragte Nog und spähte an seinem Freund vorbei. „Wir sollten gehen!“ Jake wandte sich um, während der Schafbock den Kopf senkte und auf ihn losstürmte, um seine Herde zu verteidigen. Nog kreischte nur auf und rannte hinter Jake her. Die Schafe nutzten diese Gelegenheit, sich aus dem leidlich interessanten Frachtraum zu entfernen und auf die Suche nach etwas Essbarem zu machen. „Ein Schaf?“ Chief Miles O’Brien, der gerade gemeinsam mit Doktor Julian Bashir beim Mittagessen saß, blickte fasziniert auf das schwarze Tier, das gemächlich das Promenadendeck entlang trottete und von Bajoranern, Menschen und anderen Bewohnern und Gästen der Station misstrauisch beäugt wurde. „Ein Schaf?“, wiederholte Bashir und stand auf. Tatsächlich. Ein schwarzes Schaf, das auf dem Promenadendeck spazieren ging. Wie faszinierend! Und dann folgten rund zwanzig weitere Schafe, die blökten und sich regelrecht über die Promenade ergossen. Mit offenem Mund sahen die beiden Sternenflottenoffiziere diesem absurden Schauspiel zu. Dann tippte O’Brien auf seinen Kommunikator. „O’Brien an Sicherheit. Odo, kommen Sie auf das Promenadendeck. Das hier sollten sie sich unbedingt ansehen.“ Auf der OPS wurden die Offiziere zur Lagebesprechung zusammengerufen. Die Bajoranerin Major Kira Nerys, der Erste Offizier der Station, gab einen kurzen Lagebericht. „Wir haben ein Schaf-Problem. Die Schafe stammen aus Frachtraum fünf und sind für einen Weitertransport nach Dreon VII vorgesehen. Wir haben sie nur an Bord genommen, weil auf dem Frachter, mit dem sie transportiert wurden, das Energiesystem ausgefallen ist. Die Reparatur des Frachters nimmt noch etwa drei Tage in Anspruch.“ „Und wie sind die Schafe auf die Promenade gekommen?“, erkundigte sich Commander Benjamin Sisko, der kommandierende Offizier der Raumstation Deep Space Nine. „Jemand hat die Tür des Frachtraums aufgebrochen und die Schafe rausgelassen“, sagte Constable Odo, der Sicherheitschef der Station und einzige Formwandler auf dieser Seite des Wurmslochs trocken. „Und wer?“ „Das versuche ich noch herauszufinden.“ Der Gesichtsausdruck des Constables machte mehr als deutlich, wie wenig er von der Störung der Ordnung hielt und dass es für den Unruhestifter nicht lustig sein würde, wenn er ihn gefunden hatte. „Und offenbar haben wir es mit intelligenten Schafen zu tun, die Turbolifts nutzen können“, schaltete sich Lieutenant Jadzia Dax, der Wissenschaftsoffizier, in das Gespräch ein. „Sehr witzig, Jadzia“, erwiderte Sisko. „Können wir die Schafe mit dem Transporter erfassen und wieder in den Frachtraum beamen, Chief?“ „Nein, Sir.“ Chief O’Brien schüttelte den Kopf. „Unsere Transporter werden gerade generalüberholt. Es hat wieder einmal Probleme mit der cardassianischen Technik gegeben.“ Seiner Stimme war deutlich anzuhören, dass er das reichlich nervig fand. Denn die caradassianische Technik machte immer wieder Schwierigkeiten und zwar insbesondere dadurch, dass sie einfach nicht dann funktionierte, wenn sie funktionieren sollte – oder wie sie funktionieren sollte. „Außerdem ist es schlicht unmöglich, die cardassianischen Sensoren so sauber einzustellen, dass sie die Lebenszeichen der Schafe von allen anderen Lebensformen auf der Station trennen können. Ansonsten wären die cardassianischen Mäuse ja kein so großes Problem gewesen.“ „O’Brien hat Recht.“ Dax nickte. „Wir müssen dieses Problem manuell angehen.“ „Wir gehen also Schafe einfangen.“ Sisko nickte in die Runde. Doktor Bashir entfuhr ein leises Kichern. „Schafe hüten. Wie Bauern.“ Vier Stunden später streiften nur noch zwei, drei einsame Schafe über das Promenadendeck und wurden von den bajoranischen Sicherheitsoffizieren gejagt. Constable Odo hatte sich durch seine besonderen Formwandelfähigkeiten besonders hervorgetan. Nun, in dieser Ruhepause, fiel sein stets prüfender Blick auf Quarks Bar. Der Ferengi war so etwas wie Odos persönlicher Erzfeind. Während Odo für Recht und Ordnung eintrat, hatte Quark vor allem seinen Gewinn im Blick – und nahm um dessen Willen auch das eine oder andere Mal Geschäfte vor, die mit dem geltenden Recht nicht in Einklang standen. Ein Schaf flüchtete vor den herannahenden Sicherheitskräften in die Bar und lautes Gekreische, das vernehmlich von Quark kam, klang heraus. Odo verdrehte die Augen und machte sich auf, den Ferengi zu retten. Der Schneider Garak spähte aus seinem Laden und beobachtete das Geschehen. Er war der einzige verbliebene Cardassianer auf der Station. Belustigung lag auf seinem grauen Gesicht mit den knochigen Augenwülsten. „Sie wirken amüsiert, Garak“, stellte Doktor Bashir trocken fest. Der junge Arzt war hier, um all die Verletzungen zu behandeln, die die Schafjagd mit sich brachte. Das waren vor allem Prellungen und überdehnte Bänder, allerdings auch einige gebrochene Knochen. Das schlimmste war eine Gehirnerschütterung gewesen, als ein Schafbock einen Sicherheitsmann gegen eine Säule gestoßen hatte. „Es ist einfach faszinierend, zuzusehen, wie eine halbe Armee von Sicherheitskräften nicht in der Lage ist, einige Pflanzen fressende, annähernd kugelförmige, vierbeinige Tiere einzufangen.“ „Nun ja… Es ist etwas komplizierter als gedacht. Mit dem Transporter ist das nämlich leider nicht möglich“, räumte Bashir ein. Er warf einen Blick zur ersten Etage der Promenade, wo das Geländer voll von Schaulustigen war. „Sie könnten die Kraftfelder nutzen, anstatt eine wilde Jagd zu veranstalten“, schlug Garak lässig vor. „Oh, das haben wir. Und dann haben wir festgestellt, dass es angenehmer ist, mehr Raum zu haben, um verängstigte Schafe einzufangen, da sie auf kleinem Raum äußerst unangenehme Kopfstöße verteilen können. Bei einem Sternenflottenangehörigen musste ich eine schwere Prellung im Unterbauch behandeln.“ „Aha.“ Schon allein wie Garak dieses kleine Wort aussprach, machte mehr als deutlich, dass er die sonst so souveränen Mitarbeiter der Station gerade äußerst lächerlich fand. Oben an die Balustrade gelehnt, hoffte Jake Sisko, dass sein Vater nie herausfinden würde, dass er und sein bester Freund Nog für das Schafchaos verantwortlich waren. Denn das würde wirklich großen Ärger bedeuten. „Endlich! Wir haben sie alle.“ Chief O’Brien fuhr sich mit der Hand über die Stirn und wischte sich den Schweiß ab. Er hatte die Sicherheitskräfte tatkräftig unterstützt. Die Offiziere trafen sie nahe der Bar, um den Status zu besprechen. „Sehr schön, Chief. Odo, sehr gute Arbeit“, begann Commander Sisko und unterbrach sich dann selbst. Denn in dem Augenblick kamen einige Nachzügler Schaf-Invasion auf der Promenade an. „Wer auch immer diesen Tieren beigebracht hat, wie man einen Turbolift bedient, der gehört eingesperrt!“, fluchte Kira. Dax musste lächeln, hatte sie schließlich Ähnliches bereits auf der OPS geäußert. Odos Blick flackerte wieder einmal zu Quarks Bar hinüber. Ihm kam da ein Verdacht. Quark beobachtete aufmerksam, dass sich das Chaos auf der Promenade gelichtet hatte. Der Kressari-Händler neben ihm – ein hochgewachsener Humanoide mit einem von Knochenwülsten überzogenem, braunen Gesicht – studierte ihre Vereinbarung noch einmal. Der Ferengi wurde ungeduldig. Hoffentlich setzte sein Geschäftspartner so schnell wie möglich seinen Daumenabdruck auf das Pad und das Geschäft war besiegelt. Odo würde sicher nicht mehr allzu lange abgelenkt sein. „Ähem.“ Ein dumpfes Räuspern hinter ihm ließ den Ferengi herumfahren. Der Kressari-Händler lächelte zufrieden. „Ich bin einverstanden mit dem Geschäft.“ Er hob seinen Daumen und wollte ihnen gerade auf das Pad senken, als ausgerechnet Odo die Bar betrat. Quark wurde nervös. „Das freut mich. Die talarainischen Weinreben sind sehr gefragt und der Preis ist wirklich ausgezeichnet“, plapperte der Ferengi, um von dem eigentlichen Geschäft abzulenken. „Weinreben? Wir reden doch über Phaserspulen!“, entfuhr es dem Kressari empört. Quark verdrehte die Augen. „Constable, ich weiß nicht, wovon dieser Mann spricht!“, rief er aus. „Quark, Quark, Quark…“ Odo schüttelte mit einem schwachen Lächeln den Kopf. „Ich fürchte, ich werde dieses Geschäft überprüfen müssen. Darf ich?“ Er nahm dem regelrecht versteinerten Kressari das Pad aus der Hand, auf dem alles verzeichnet war. „Und Quark: Beten Sie, dass Sie nicht mit der Schaf-Invasion zu tun haben. Major Kira und Commander Sisko sind nämlich überhaupt nicht amüsiert. Und nun kommen Sie beide bitte mit. Es wartet eine Arrestzelle auf Sie.“ Quark stöhnte leise auf. Dabei war der Plan mit den Schafen doch so gut gewesen! Die perfekte Ablenkung! Aber er wäre nicht Quark gewesen, wenn er nicht bereits jetzt überlegte, wie er Odo das nächste Mal austricksen können würde. Irgendwie würde er schließlich auch dieses Mal wieder den Kopf aus der Schlinge ziehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)