Post Team Plasma von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 8: Flucht ----------------- N sah, wie Touko zu Boden fiel, und fing an zu laufen. Das lähmende Gefühl in seinen Gliedmaßen war inzwischen ganz verflogen. Er lief vorbei an Bell, die immer noch mit Cheren kämpfte, vorbei auch an Kuro, der nach wie vor ohnmächtig im Gras lag, und kniete sich neben Touko. „Ist alles in Ordnung?“ Es war eine blöde Frage, und das wusste er auch, doch irgendwoher kam das Bedürfnis, etwas zu sagen. Touko lag seitlich im Gras, ihre Augen blickten ins Leere, so als könnte sie N gar nicht sehen. „Weg“, murmelte sie. „Weg … und wir haben sie nicht aufgehalten. Was sind wir nur für Trainer?“ Sie kniff die Augen zusammen, konnte die Tränen jedoch nicht zurückhalten. N wandte sich ab; er wollte Touko nicht weinen sehen. Er war tatsächlich ein Feigling, wenn er schon vor Toukos Gefühlen Angst hatte … „N!“ N hob den Blick und sah nur einige Zentimeter entfernt ein paar großer, grüner Augen. Er wich einen Schritt zurück. „Wo hast du eigentlich deine Ohren? Ich frag dich jetzt zum dritten Mal: Hast du ein Handy dabei?“ Bell hatte aufgehört zu weinen; sie fauchte N mit einer Hysterie an, die ansteckend war. Wie von Pionskoras gestochen, langte er in seine Hosentasche und angelte sein Handy heraus, das ihm keinen Wimpernschlag später aus der Hand gerissen wurde. Natürlich, Cheren brauchte einen Krankenwagen – da sah man mal wieder, wie gut er darin war, sich in die Welt der Menschen zu integrieren! Mit einem gegen seinen Willen schlechten Gewissen drehte er sich wieder zu Touko um, doch die Stelle, an der sie eben noch gelegen hatte, war verlassen. Er wirbelte herum und entdeckte Toukos zitternde Gestalt, wie sie auf das Haus der Araragis zuhielt. „Touko, wo willst du hin?“, rief er ihr hinterher, doch sie reagierte nicht. Es mochte vielleicht an Yamis Worten liegen, aber langsam fing dieses sture Mädchen tatsächlich an, ihm an den Nerven zu zerren. Mit einer plötzlichen Entschlossenheit lief er ihr hinterher und ergriff kühn ihren Arm. „Kommt gar nicht infrage“, kommentierte er ihr unausgesprochenes Vorhaben, zu Professor Araragi zu gehen. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn mit großen Augen an. „Geh erst mal nach Hause und zieh dir was Trockenes an – “ „Du hast mir überhaupt nichts zu sagen, N!“, entgegnete Touko schrill und riss sich von ihm los. Ihre Augen waren immer noch gerötet und von einem feuchten Schimmer überzogen, doch ihr Blick war mörderisch. Es war, als hätte sie ihre Verzweiflung in Sekundenschnelle gegen Wut ausgetauscht. Wahrscheinlich ein Adrenalinschub, mutmaßte N. Touko marschierte verbissen weiter, ganz die Sturheit in Person. N seufzte schwer. „Interessiert es dich gar nicht, was aus deinen Freunden wird?“ Touko blieb stehen. Der Adrenalinschub schien vorbei zu sein, denn plötzlich geriet sie wieder ins Wanken und N eilte herbei, um sie aufzufangen. „Kuro … Cheren …“ Man hätte meinen können, es hier mit einer multiplen Persönlichkeit zu tun zu haben. War dies das Ergebnis, wenn man einen Menschen von seinen Pokémon trennte? Hatte er sich wohl auch verändert? Mit wachsendem Unmut schleifte N Touko zurück zu ihren Freunden und hielt sie sicherheitshalber weiterhin fest. Bell hatte es inzwischen geschafft, Cherens Hemd zu entfernen; ein langer Schnitt zog sich vom rechten Brustkorb abwärts bis zum Bauchnabel. Umgeben anscheinend vom ganzen Inhalt ihrer Tasche, kniete Bell neben ihm und tupfte die Wunde mit einem Wattebausch ab. Cheren blickte auf, als sie sich näherten, blieb jedoch stumm. „Geht’s wieder, Cheren?“, fragte Touko leise. Cheren nickte nur, sein Blick war auf N gerichtet. Auch Bell drehte sich jetzt um. „Dein Handy liegt hier, N.“ Sie deutete irgendwo in den Haufen ihrer Sachen. „Danke.“ „DA IST ER JA!“ Kuros Schrei ließ alle vier zusammenzucken. „Du Ratte, dafür wirst du bezahlen! Erst die Pokébälle, dann das! Ich bring dich um!“ Mit sichtlicher Mühe drehte Kuro sich auf den Bauch und hievte seinen Körper auf Hände und Knie hoch. Touko löste sich aus Ns Griff und ging auf ihn zu. „Hör zu, Kuro, es war nicht N, er –“ „Seit still, Touko! Aus dem Weg!“ Überraschend schnell kämpfte er sich auf die Beine und lief auf N zu. Mit seinen in alle Richtungen abstehenden Haaren und einer wütenden Grimasse von Gesicht sah er zugegebenermaßen alles andere als harmlos aus. Er holte zum Schlag aus, dem N jedoch rechzeitig ausweichen konnte. „Du hast ja nicht gerade lange gebraucht, um einen Schuldigen zu finden“, stellte N trocken fest. „Wie wär’s, wenn du mal ein bisschen weiterdenken würdest?“ „Wozu denn, wer soll es sonst gewesen sein?“ Erneut hob Kuro die Faust zum Schlag, war aber wieder zu langsam; instinktiv ergriff N seine Hand und drehte sie um; Kuro keuchte auf vor Schmerz. „Tu ihm nicht weh!“, rief eine weibliche Stimme, aber N hörte sie kaum; das Blut rauschte durch seinen Kopf, laut wie ein reißender Fluss, und eine kalte Entschlossenheit ergriff von ihm Besitz. „Hm, mal überlegen“, sagte er spöttisch, „warum kann es nicht N sein, der die Pokémon fliehen ließ? Vielleicht, weil sein eigenes Pokémon weggelaufen ist?“ N griff auch nach Kuros linker Hand, um ihn am Schlagen zu hindern. Im Gegenzug trat Kuro ihm die Beine weg, sodass er zu Boden fiel und Kuro mit sich hinunterriss. Nur allzu schnell fand sich N mit dem Rücken auf dem Boden und Kuros Händen um den Hals wieder. Er sah Kuros Gesicht über sich, sah den brennenden Hass in seinen Augen. Erst als er spürte, wie sich zwei Daumen auf seine Kehle drückten, hegte N keinen Zweifel mehr, dass Kuro seine Drohung wahr machen würde. Er packte Kuros Arme und zerrte mit Leibeskräften, während Kuro ihm die Luft abschnürte, bis sein Gesicht in einem weißen Funkenregen versank. Nur verschwommen nahm N wahr, wie Touko und Bell in seinem Blickfeld auftauchten, und spürte kurz darauf, wie Kuros Gewicht von seinem Körper genommen wurde. Es war ihm schleierhaft, wie Touko und Bell es schließlich schafften, ihn von Kuro zu befreien, aber es war ihm auch gleich. Nach Luft schnappend wie ein Ertrinkender richtete er sich auf. Das war das zweite Mal innerhalb von weniger als zehn Minuten, dass er dem Tod von der Schippe gesprungen war. Wenn das so weiterging, konnte er sich demnächst schon mal sein Grab schaufeln. Bell und Touko redeten gerade auf Kuro ein, doch es war ihm gleichgültig, was sie zu ihm sagten. Die nächsten Minuten verbrachte N in einem Trancezustand. Er sah zu, wie sich ein Krankenwagen der Wiese näherte und einige Sanitäter ausstiegen, die schon wenig später Cheren, Bell und Kuro (der allerdings merklich aufbegehrte) mitnahmen. Touko sah dem Krankenwagen kurz nach, bevor sie zu N zurücklief. „Alles in Ordnung?“ „Natürlich“, nuschelte N und erhob sich. „Und bei dir?“ Touko lächelte zur Antwort nur schwach. „Tut mir leid, dass es so weit kommen musste. Ich hätte nie gedacht, dass Kuro jemals … so etwas tun würde …“ „Hör auf. Ich will nicht, dass du dich für ihn entschuldigst.“ Ein unangenehmes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. „Komm, wir gehen zu Professor Araragi“, wechselte Touko hastig das Thema. „Vielleicht weiß sie schon was.“ „Das bezweifle ich. Und außerdem, du bist immer noch –“ „– nass, ich weiß. Komm jetzt!“ Damit nahm sie seine Hand und zog ihn mit sich, ohne irgendeine Widerrede zu dulden. Nachdem Touko fünfmal geklingelt und N die Sache für zwecklos erklärt hatte, öffnete sich die Tür einen Spalt breit und Udo Araragis[*] Kopf schob sich ins Freie. „Tut uns sehr leid, aber im Moment sind wir– Ach Touko, du bist es! Und…?“ Sein Blick richtete sich fragend auf N. Er räusperte sich. „Shin Oshiro. Freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Professor.“ Und noch mehr freut es mich, dass Sie mich noch nie gesehen haben … „Aha. Hört mal, ich möchte euch nicht gern abwimmeln, aber zur Zeit haben Aurea und ich alle Hände voll zu tun. Wann anders könnten wir gern plaudern, aber jetzt muss ich euch leider bitten, zu gehen. Auf Wiedersehen.“ Sein Kopf verschwand hinter der Tür. „Aber Professor“, warf Touko rasch ein, „es geht um unsere Pokémon. Sie sind geflohen!“ Araragi wirkte unverkennbar müde, als er wieder auftauchte. „Da sind eure nicht die einzigen. Wir erhalten Anrufe aus ganz Einall, die von denselben Problemen berichten. Und eben hat auch Professor Okido aus Kanto– Ach, was tu ich hier eigentlich. Kommt einfach rein, ich erzähle euch kurz, was wir schon wissen. Aber nur das Nötigste!“ Er öffnete die Tür ganz und ließ Touko und N herein. Nachdem er sie beinahe durch den Flur gehetzt hatte, vorbei am Arbeitszimmer seiner Tochter, aus dem ihre Stimme, das Klingeln mehrerer Telefone und zu allem Überfluss auch noch das stetige Klicken einer Tastatur durch die geschlossene Tür drangen, ließen sie sich auf einer Couch im Wohnzimmer nieder. Araragi schloss die Tür und setzte sich ihnen gegenüber auf einen ausgefransten Sessel. „Wir haben Anrufe aus den verschiedensten Städten Einalls bekommen. Eure Pokémon sind in Richtung Norden gelaufen, nicht wahr?“, fragte er unvermittelt. N und Touko wechselten Blicke. „Ja, das stimmt.“ „Tja, unsere Telefonate haben folgendes ergeben: Wer im Süden wohnt, dessen Pokémon ziehen gen Norden. Pokémon im Norden ziehen nach Süden; und von Westen nach Osten, von Osten nach Westen, und das heißt – ihr Ziel ist die Kontaktebene!“ Die Kontaktebene war etwas wie das Stonehenge von Einall: Sie war da, sie war berühmt, eine beliebte Touristenattraktion, das war allgemein bekannt. Doch niemand konnte sich erklären, warum es sie gab. Man konnte Touko ansehen, dass ihr eine Frage unter den Nägeln brannte, aber Professor Araragi sprach ohne Unterbrechung weiter: „Wie gesagt, in den anderen Regionen laufen die Pokémon ebenfalls auf freiem Fuß. Anscheinend versammeln sie sich auch in Waldgebieten. Wir erwarten noch Anrufe der Professoren Utsugi, Odamaki, Nanakamado –“ „Verzeihung, dass ich Sie unterbreche, aber hat irgendjemand schon eine Idee, was überhaupt mit den Pokémon geschehen ist?“ N lehnte sich vor und beobachtete scharf die Gesichtszüge des Professors, der sofort in sich zusammensackte wie ein Mann, der einem Gläubiger erklären musste, dass er seinen Job verloren hatte. „…Um die Wahrheit zu sagen: Wir haben nicht den blassesten Dunst. Aber es ist ja noch nicht aller Tage Abend! Sobald sich die erste Panik gelegt hat, werden wir diese Angelegenheit intensiv erforschen.“ N lachte kurz auf. „Wie denn, vom Büro aus? Darauf, dass sich die ‚erste Panik’, wie Sie eben so schön sagten, gelegt hat, können Sie noch lange warten. Wir haben es hier womöglich mit einer Katastrophe zu tun, Professor.“ Ns Finger krallten sich so fest um die Sofalehne, dass er in seinem verletzten Arm wieder ein unangenehmes Pochen spürte. „Glauben Sie wirklich, Sie könnten etwas zur Lösung des Problems beitragen, indem Sie zu Hause sitzen und warten, bis das Schlimmste vorbei ist?“ „Shin …“, murmelte Touko warnend, während sie dem Professor einen entschuldigenden Blick zuwarf, aber es war zu spät. Die zur Schau gestellte Erschöpfung in Araragis Blick fiel in Sekundenschnelle von ihm ab. „Ach ja? Was schlägst du denn vor, was ich tun sollte, Shin Yoshio?“ „Oshiro. Wie wär’s, wenn Sie mal ein Pokémon untersuchen würden? Touko hat ihre noch dabei, sie könnte doch eines hier lassen…“ „Stimmt!“, rief Touko aufgeregt. „Meine anderen Pokémon sind immer noch in ihren Pokébällen, noch ist nicht alles verloren!“ „Du wirst sie trotzdem früher oder später rauslassen müssen“, meinte der Professor kühl. „Sonst werden sie noch da drin verhungern.“ Das begeisterte Lächeln, das sich eben auf Toukos Gesicht ausgebreitet hatte, verschwand sofort wieder. „Aber …“ „Vater!“, schallte plötzlich Aurea Araragis Stimme durch das ganze Haus. „Wo treibst du dich schon wieder rum? Ich brauche deine Hilfe!“ Udo Araragi zuckte zusammen und blickte schuldbewusst in Richtung Tür. „Warte kurz, ich bin gleich bei dir!“ Damit war er schon aufgestanden und komplimentierte Touko und N unter gestammelten Entschuldigungen (die nur an Touko gerichtet waren) in einer Geschwindigkeit aus dem Haus, dass man schon fast von Rauswurf sprechen konnte, und wirkte nahezu erleichtert, als er mit einem kurzen „Wiedersehen!“ wenig später die Tür hinter ihnen zuschlug. Einen Moment lang herrschte Schweigen. „Was für ein netter Kerl“, fasste N das eben Geschehene zusammen und trat den Weg nach Hause an. „Normalerweise ist er wirklich freundlich“, beteuerte Touko, die ihm wie selbstverständlich folgte. „Außerdem hättest du dich nicht aufführen müssen, als hätte er dich persönlich beleidigt.“ „Hab ich das?“ N sah sie erstaunt an. Touko blieb stehen. „Ja. Und außerdem müssen wir hier links abbiegen, um nach Hause zu kommen.“ „Um zu dir nach Hause zu kommen, meinst du wohl. Bis dann.“ „Warte! Ich muss dir noch was sagen!“ Auch N blieb jetzt stehen. „Wenn es etwas mit Professor Leichtfuß zu tun hat, dann kannst du von mir aus –“ „Nein, nein, das ist es nicht!“ Touko überwand den Abstand zwischen ihnen, der sich gebildet hatte, und näherte ihr Gesicht seinem. „Ich hatte eigentlich geplant, es dir direkt nach unserem Kampf zu sagen.“ Sie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. „Du musst vorsichtig sein, N.“ „Hm… Vorsichtig?“, fragte er zögernd. „Die Polizei sucht nach dir. Jemand hat dich anscheinend erkannt, und sofort angerufen –“ „Und das sagst du mir erst JETZT?“, rief N außer sich. „Hättest du mir das nicht schon am Telefon sagen können?! Ach, vergiss es. Das spielt jetzt sowieso keine Rolle mehr, oder? Die werden jetzt schon genug mit den Pokémon zu tun haben, hoffe ich jedenfalls … Aber so, wie ich euch Menschen kenne, werdet ihr euch nur an den kleineren Problemen festklammern, die einen schnelleren Erfolg versprechen, nur damit ihr sagen könnt ‚Guckt mal, wir können was, wir haben einen Verbrecher gefasst!’, um vom größeren Problem abzulenken ...“ N hatte sich in Rage geredet und alles um sich herum ausgeblendet. Touko seufzte ungehalten. „Bist du dann mal fertig mit deinen Parolen? Wir haben eine Katastrophe abzuwenden, schon vergessen?“ Wie um Toukos Worte zu bestätigen, lief ihnen eine ganze Horde Pokémon entgegen, dicht gefolgt von einem jungen Mann, der ihnen verzweifelt hinterherrief: „Bissbark! Sharfax! Bleibt stehen! Toxiped, Petznief! Was habt ihr denn alle?“ N und Touko mussten auf die Straße ausweichen, um nicht überrannt zu werden. „In deinen nassen Sachen wirst du schon mal gar nichts abwenden, Touko“, sagte N unbeirrt. „Außerdem bist du immer noch geschwächt. Warum gehst du nicht zu erst nach Hause?“ „Ja, du hast recht.“ Touko blickte missmutig an sich herab. „Okay. Vielleicht zeigen die irgendwas Hilfreiches im Fernsehen. Gehen wir.“ „Wir?“, wandte N ein. „Wir“, bestätigte Touko und setzte sich in Bewegung. „Mein Haus ist näher!“ „Kommt gar nicht infrage. Was, wenn dein Vater zuhause ist?“ Touko kicherte. „Meine Güte, N, jetzt sag mir nicht, dass du Angst vor meinem Vater hast!“ „Na ja, er hat mich immerhin in hohem Bogen aus eurem Haus geworfen und mir gedroht, also warum sollte ich scharf drauf sein, ihm so schnell wieder zu begegnen?“ „Er ist um diese Zeit sowieso nicht zu Hause.“ Touko grinste immer noch aus irgendeinem Grund, der N schleierhaft war. Aber schließlich gab er sich geschlagen und folgte ihr. Touko schloss die Tür auf und lief in die Diele. „Suzu?“, rief sie. „Suzu!“ N trat ebenfalls ein und schloss leise die Tür hinter sich. „Ähm … rufst du deine Mutter?“ „Sei nicht albern. Suzu ist ihr Yorkleff. Bestimmt versucht sie gerade, ihn zurückzuholen … Wie auch immer. Das Badezimmer ist gleich da um die Ecke, wenn du deinen Arm waschen willst.“ Damit wandte sie sich um und stieg die Treppe hoch zu ihrem Zimmer. N besah sich prüfend seinen Arm. Dort, wo Yami ihre Zähne und Krallen versenkt hatte, war bereits Schorf entstanden. Es tat kaum noch weh; N war an Pokémonbisse und -kratzer gewöhnt. Dennoch, um irgendetwas zu tun zu haben, ging N ins Badezimmer und ließ kaltes Wasser aus dem Hahn über seine Arme fließen. Sein Blick fiel auf sein mit Rissen übersätes T-Shirt und obwohl er es immer noch hässlich fand, machte sich leises Bedauern in ihm breit. Das neue T-Shirt, das Touko ihm geschenkt hatte … „N! Komm schnell her! Das musst du dir ansehen!“ Toukos Stimme riss ihn jäh aus seinen Gedanken. Mit nassen Armen lief er die Treppe hoch und platzte in Toukos Zimmer. Sie saß vor ihrem Fernseher und winkte ihn hektisch zu sich heran. „Sie zeigen gerade die Kampfmetro… Es ist so schrecklich!“ Zögerlich setzte er sich zu ihr, unsicher, ob er noch etwas Schreckliches an diesem Tag überhaupt ertragen konnte. Auf dem Bildschirm war ein Reporter zu sehen, der offenbar in der Nähe der Kampfmetro stand. „… die offenbar verzweifelt versuchten, die Züge zu verlassen“, sagte er gerade. „Augenzeugen, die sich nicht vor der Kamera äußern wollten, berichten davon, wie ihre Pokémon die Fenster einschlugen und so ausbrachen. Andere hatten offenbar weniger Glück. Viele Pokémon haben es nicht geschafft, die Fenster zu durchbrechen, und fingen an, ihre Trainer zu attackieren. Die Zahl der Verletzten ist noch unklar. Innerhalb der Metro sind überall Rettungskräfte im Einsatz, die die Gleise von verendeten Pokémon befreien müssen. Zur Zeit werden noch fünf Züge in der Station von Rayono City erwartet …“ Aus dem Augenwinkel sah N, wie Touko das Gesicht zu ihm drehte. Er riss sich vom Anblick der Kampfmetro los und sah ihr in die Augen. „Wir müssen etwas tun.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Das ist längst beschlossen.“ N stand auf und wandte sich zur Tür um. „Ich werde heute noch aufbrechen. Yami wartet auf mich. Und Reshiram und alle anderen …“ „Warte auf mich.“ Touko klang nicht flehend, sondern eher befehlend. N drehte sich nicht zu ihr um. „Warte noch bis morgen früh. Dann gehen wir gemeinsam.“ N schüttelte den Kopf, die Hand bereits auf der Türklinke. „Es ist zu gefährlich für dich, mit mir zu reisen. Dein Freund Kuro hat es doch deutlich genug gemacht, oder? Sie werden alle denken, dass ich es war. Sie würden dich für meine Komplizin halten. Du darfst mir also nicht folgen.“ Damit verließ er das Zimmer, ohne sich noch einmal umzuwenden, und traf in Gedanken schon die ersten Vorbereitungen für seine nächste Reise – für seine nächste Suche nach der Wahrheit. ----------------------------- *Offenbar hat Eberhard Esche keinen offiziellen japanischen Vornamen, daher habe ich selbst einen dazuerfunden. Professor Esche scheint nur einen offiziellen englischen Vornamen zu haben, deshalb habe ich einfach den genommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)