Klassisch von papierkorb (KaiHiromi, ReiMao) ================================================================================ Kapitel 6: After Dark --------------------- Einen Tag später zog Mao tatsächlich bei mir ein, und fast augenblicklich merkte man, wie die Situation abkühlte, eine Temperatur erreichte, mit der alle Beteiligten umgehen konnten. Rei wurde umgänglicher und zeigte sogar wieder Freude, wenn er seine Freundin sah. Mit Mao hatte ich eine wunderbare Gesellschaft gewonnen: gleich in der ersten Nacht redeten wir bis fast zum Morgengrauen, etwas, das sich seit einigen Jahren nicht mehr erlebt hatte – seit Pyjamapartys nicht mehr angesagt waren. Wir hatten eine Flasche Sekt geköpft, uns über Dessous ausgetauscht, und irgendwann wusste sie alles über meine sexuell wilden Jahre mit meinen ersten Freunden, wofür ich im Gegenzug Informationen erster Hand über ihre Erfahrungen mit Rei bekam. Wenn wir aufstanden, schaltete ich als erstes den Fernseher ein und wir ließen den Musikkanal nebenher laufen. MingMings Videos wurden praktisch in Dauerschleife gespielt, was ich für eine gute Abhärtung vor dem Konzert hielt. Wir aßen gemütlich Frühstück, surften zusätzlich im Internet oder telefonierten, wie wir es schon mit fünfzehn gemacht hatten, als wir unsere ersten brauchbaren Handys bekommen hatten und uns furchtbar wichtig vorgekommen waren. Ich beschloss, meinen letzten Sommer vor der Uni in vollen Zügen zu genießen. Ich wollte noch einmal ganz Mädchen sein, und Mao war mir dabei eine große Hilfe. Die Jungs beobachteten uns mit gemischten Gefühlen, wenn wir irgendwo zusammen saßen und kicherten. Besonders Takao führte regelmäßig verbale Seitenhiebe in unsere Richtung aus, was bei uns aber nur den Eindruck erweckte, dass er irgendwie neidisch sei, auf was auch immer. Sogar Rei fing schließlich an, ihn wegen seiner eigenen Neckereien aufzuziehen, und Max kam nicht umhin, ihn zu fragen, ob er denn mit ihm Shoppen gehen wolle. Das verschlug Takao dann endgültig die Sprache; seitdem murmelte er nur unverständlich in seinen nicht vorhandenen Bart, anstatt uns lautstark aufzuziehen. Ach ja, und Alyona gab es auch noch. Sie war von Zeit zu Zeit dabei, wenn wir zusammen saßen. Weder sie noch Kai hatten irgendetwas verlauten lassen, ob sie nun zusammen waren oder nicht, weshalb ich davon ausging, dass zwischen den beiden tatsächlich nur eine Bettgeschichte lief. Was jedoch nicht die seltenen Momente erklärte, in denen sie nach einander griffen und wie ein cooles V.I.P.-Pärchen im Blitzlicht der Paparazzi irgendwo entlangflanierten. Ich konnte mir noch immer nicht verkneifen, sie anzustarren, wenn ich sie so zusammen sah. Es war einfach zu perfekt. Mit Mao hatte ich ewig über die beiden diskutiert, und wir waren übereingekommen, dass sie sich wahrscheinlich deswegen die meiste Zeit über ignorierten, weil sie sonst ständig und überall Sex haben müssten –perfekten Sex, versteht sich. Das war wie mit Brad Pitt und Angelina Jolie, nur viel lässiger. „Glaubst du“, sagte Mao, während sie an ihrem Kaffee nippte, „dass sich seine Nachbarn schon beschwert haben? –Obwohl, die werden die Show wohl auch genießen…“ Natürlich waren wir wieder bei diesem Thema angelangt, wie eigentlich jeden Morgen. Doch dies war eine von den Bemerkungen, mit denen ich das Gespräch darüber meist als beendet erklärte. Mao hatte das überraschende Talent, mit wenigen Worten Szenarios zu schaffen, die sich dann als rasche Bildabfolge in meinem Kopf festsetzen. Und so sicher ich mir war, dass der Anblick eines Kai Hiwatari beim Sex nicht von schlechten Eltern war, so peinlich war es mir, auch nur daran zu denken. „Mao!“, rief ich pikiert aus, woraufhin sie mir nur ein zuckersüßes Lächeln schickte. „Tut mir leid. Ich rede nur einfach zu gern über solche Sachen…“ „Schon okay. Solange du nicht anfängst, über die Größe seines Teils zu fachsimpeln…“, murmelte ich. „Oh, das würde mich interessieren, weißt du’s?“ Ich glaube, mein Gesicht spiegelte pures Entsetzen wider, bevor es rot wurde. „Ich sag dir auch, wie es bei Rei ist“, bot Mao frech an. Ich merkte, dass ich die Luft angehalten hatte und stieß sie langsam aus. „Mao, wie alt bist du noch gleich? Also ich für meinen Teil habe genug nackte Männer in meinem Leben gesehen. Der Anblick von der Gürtellinie abwärts ist in den seltensten Fällen schön, also kann ich auf weitere verzichten, solange ich solo bin.“ „Gut gesprochen, das kann ich nur unterstützen.“ Sie prostete mir mit ihrem Kaffeebecher zu. „Aber…“, fing sie nach ein paar Minuten wieder an, „Da wir schon mal beim Thema sind…also, es kann sein, dass ich demnächst mal eine Nacht bei Rei bleibe.“ Augenblicklich wurde ich hellhörig. Natürlich hatten wir bemerkt, dass es zwischen den beiden wieder zu knistern begonnen hatte. Sie warfen sich lange, intensive Blicke zu und berührten sich heimlich; ein gutes Zeichen. Sie konnten einfach nicht voneinander lassen. „Das freut mich für dich. Lass es krachen.“ „Er hat ein Futonbett. Da kann nichts krachen.“ „Umso besser.“ In diesem Moment kamen vom Fernseher einige Töne, die mich sofort starr werden ließen. Ich hechtete zum Bildschirm und hockte mich davor. Da war sie, die Werbung für MingMings Konzert, und ein paar Sekunden des Spots waren tatsächlich Showdown gewidmet. Es war unfassbar, sie, als unbekannte lokale Band, im Fernsehen zu sehen, ganz professionell und souverän. Und Kazumi, so gutaussehend. Was war er für mich geworden? Eine feste Instanz, irgendwo weit weg von mir, wie eine Fernbeziehung. Ich sah mir jeden Tag seinen Blog an und verfolgte ihn auf Twitter –und er twitterte wie die großen Stars, nur eben mit weniger Leuten, die es lasen. Das hatte auf eine seltsame Art zur Folge, dass ich meinte, ihn besser zu kennen, als ich es in Wirklichkeit tat. Er war zu einem ganz selbstverständlichen Teil meines Lebens geworden; wirklich eher wie eine Beziehung denn wie eine Schwärmerei. „Hey“, sagte Mao, die sich immer über meine Fangirlmomente lustig machte, „Wirst du dich seinem audiovisuellen Charme entziehen können? Rei hat gerade geschrieben. Heute Abend ist Theme-Night im „Kitchen“. Wollen wir da hin?“ Es ist wahr, ich hatte in diesem Sommer nicht viel mehr zu tun, als einem Traum(mann) hinterher zu jagen und mit meinen Leuten auf Tour zu gehen. Aber ich behauptete, es verdient zu haben. Wir alle waren durch stressige Jahre gegangen, und in diesen Monaten fühlte es sich fast so an, als wären wir an ein bestimmtes Ziel gekommen. Es war ein Gefühl, wie das, wenn man in einem Flugzeug sitzt, kurz vor dem Start. Es gab nichts mehr zu tun, also konnten wir uns zurücklehnen und darauf warten, dass die Motoren anfingen zu röhren. Das Thema der Party war „Quentin Tarantino“. Da meine Jungs auf dem Gebiet seiner Filme allesamt Experten waren, boten sie auch einen entsprechenden Anblick. Für Männer galt 80er-Jahre-Proll, von Hawaiihemd über Shirts und Denim mit schweren Stiefeln bis hin zu Anzügen mit Krawatte, ergänzt durch Knarren in allen Variationen und Pornobrillen. Bei den Frauen war weniger mehr: besonders beliebt waren Bikinioberteile zu Jeans oder Stripperoutfits und der gelbe Anzug aus Kill Bill. Ich selbst trug ein Kleines Schwarzes und eine Perücke, hatte mir einen Schönheitsfleck aufgemalt und einen Zigarettenhalter besorgt. Pulp Fiction halt. Mao hatte nicht allzu freizügig (na gut, gar nicht freizügig) vor die Tür gehen wollen und mimte daher Jackie Brown mit weißer Bluse und schwarzem Kostüm. Die Jungs repräsentierten die ganze Palette der Prolls, Reis Outfit ging mit dem Ledermantel in Richtung Sin City, Takao und Max waren vom Typ Kill Bill und Kai erschien in Bestatter-Optik. „Schicker Anzug“, sagte ich zu ihm, während er sich noch die Krawatte richtig band. „Das ist die einzige Themenparty, die ich je mitmachen würde“, murmelte er, noch ganz auf seinen Schlips konzentriert, den er gerade festzog. Dann betrachtete er mich kurz. „Hey, Pulp Fiction, gib Knorke!“ Wir stießen unsere Fäuste aneinander und betraten nach Takao den Club. Natürlich tanzten heute alle zu den Soundtracks der Tarantino-Filme. Für mich war das gewöhnungsbedürftige Musik, ich brauchte einfach ein Bisschen mehr Gitarre oder Synthesizer. Für mich klang dieser Rock-Blues, oder was das war, etwas altbacken, aber es gab ein paar Klassiker, die eigentlich jeder kannte. „Wo hast du denn deine Freundin gelassen?“, fragte Mao kurz darauf frech, als wir uns an die Bar gesetzt hatten. Da Kai sich offensichtlich nicht angesprochen fühlte, wiederholte sie beharrlich. „Lena?“, fragte er zurück, „Ist doch gar nicht meine Freundin.“ „Und mir ist egal, wie du eure Beziehung bezeichnest, ich will nur wissen, wo sie ist.“ „Zu Hause?!“ „Warum?“ Er drehte sich auf seinem Hocker zu ihr um, sodass ich sein Gesicht über ihre Schulter hinweg sehen konnte. Dieser Anzug stand ihm verdammt gut. „Hör mal, Schätzchen“, sagte er, „Du bist ganz schön neugierig, weißt du das?!“ Sie streckte ihm die Zunge raus. „Und kindisch“, fügte er hinzu, „Das passt nicht zu deinem Outfit. Überhaupt nicht.“ Ich frage mich bis heute, woher Kai diese Worte nimmt, mit denen er Frauen eins auswischen kann, ohne offensiv-beleidigend zu werden. Mao jedenfalls blies nur noch kurz die Wangen auf und würdigte ihn keines Blickes mehr. Da von diesem Moment an Stille zwischen uns herrschte, rutschte sie nur Augenblicke später von ihrem Hocker und ging zu Rei, der an einem Pfeiler lehnte und mit den anderen redete. Ich beobachtete, wie sie ihn bezirzte und kurze Zeit später auf die Tanzfläche schleifte. Takao bekam Reis fast volles Glas in die Hand gedrückt und bedankte sich grinsend. In diesem Moment wurde „After Dark“ angespielt, das berühmte Stripperlied aus „From Dusk Till Dawn“. Auf der Tanzfläche fanden sich die Leute automatisch zu Paaren zusammen. Ich entdeckte Maos hellen Schopf in ihrer Mitte. Watching her Strolling in the night So white Wondering Why it’s only after dark „Hey“, sagte Kai, der sich kurzerhand auf Maos Hocker gesetzt hatte, „Soll ich dir einen ausgeben?“ „Was ist los, Hiwatari? Hat der Anzug dich zum Gentleman gemacht?“ Natürlich konnte ich ihn damit nicht provozieren, aber er war einer der wenigen Kerle, die sich von solchen Witzen nicht beleidigt fühlten. „Ach, ich dachte nur, wo wir beide heute einen auf einsamen Pulp-Ficion-Cosplayer machen, könnten wir uns ja gemeinschaftlich besaufen.“ Daraufhin nahm ich sein Angebot an. Er bestellte irgendetwas härteres, die Mischung fiel deutlich zugunsten des Alkohols aus. In her eyes A distant fire light Burns bright „Also du gehst jetzt ernsthaft zu MingMing?“, fragte er irgendwann und ich nickte. Er schüttelte den Kopf. „Was?!“, fragte ich zurück und erntete diesen Kai-Blick, der so etwas sagte wie >Alter, get a life!<. „Also ist es dir jetzt irgendwie ernst mit diesem Katsumi, ja?! Ich meine, ganz ehrlich, gibt es denn keinen erreichbaren Kerl?“ „Ach, das ist kompliziert“, sagte ich und nippte konzentriert an meinem Drink. „Ich glaub, ich kann mich gerade nicht verlieben. Also, nicht in einen normalen Kerl. Ich bewundere Katsumi, und das ist im Moment okay. Ich will das ausnutzen. „Aber ich dachte, du willst unbedingt die große Liebe finden?“ Kai sah mich nicht an, sondern musterte die Tanzenden ein paar Meter vor uns. Wir hatten uns auf den Hockern herumgedreht und er stützte sich mit den Ellenbogen auf dem Tresen ab. „So einfach ist das nicht“, entgegnete ich, „Ich würde schon gerne, und ich würde auch einen Normalo nehmen, aber ich find halt keinen so…attraktiv oder wie auch immer. Ich sehe ja, wie mich manchmal einer anguckt, und ich weiß, da könnte was laufen, aber ich hab einfach keinen Bock auf diese Leute.“ Tatsächlich hatte ich auch heute schon kurze Blicke mit zwei, drei Männern gewechselt, die mich aber nach dieser kurzen Prüfung schon wieder nicht interessiert hatten. Das war irgendwie ganz seltsam, denn ich hatte erwartet, dass mich das ewige Alleinsein anspruchsloser gemacht hatte. „Vielleicht sollte ich von dir weggehen“, meinte Kai, „Vermutlich schrecke ich potentielle Flirtpartner ab.“ Wondering „Ach was.“ Ich winkte ab. „Hab heut eh keine Lust. Ist schön, mit dir zu quatschen.“ Er nickte. „Weißt du, am Anfang hast du mich genervt“, sagte er und ich wusste, dass er von meiner Anfangszeit bei den Bladebreakers sprach, „aber inzwischen bin ich froh, dass wir uns so gut verstehen.“ Why… „Mensch, das klingt ja wie ein Liebesgeständnis“, stichelte ich und piekste ihn in die Seite. Natürlich reagierte er gar nicht darauf. Ich stürzte die letzten Schlucke aus meinem Glas herunter und fragte: „Na? Krieg ich noch nen Drink?“ It’s only after dark Wir waren stillschweigend übereingekommen, dass wir heute eine Sitzparty abhielten. Stundenlang saß ich mit Kai an der Bar, betrank mich und merkte, wie auch seine eisige Miene irgendwann im Alkohol zu tauen begann: er hatte seine Mundwinkel nicht mehr so gut unter Kontrolle und grinste häufiger. Das ließ ich ihn natürlich lautstark wissen, woraufhin ich meine Getränke wieder selbst bezahlen musste. Ab und an kamen Max und Takao vorbei, in wechselnder Begleitung, aber ihre Kommentare schrumpften dann auch auf ein „Ihr seid ja immer noch hier!“ zusammen. Rei und Mao sah man des Öfteren auf der Tanzfläche. Irgendwann, als ich gerade darüber nachdachte, ob der Wodka am Beginn des Abends schlechter geschmeckt hatte, stieß Kai mir plötzlich den Ellenbogen in die Seite und deutete in die Menge. Dort standen Rei und Mao und küssten sich leidenschaftlich. Ohne uns anzusehen gaben wir uns erneut Knorke. Besser hätte der Abend gar nicht laufen können. „Gut, da das jetzt geklärt ist, gehe ich eine rauchen“, meinte Kai dann und rutschte von seinem Barhocker. „Ach du Scheiße!“ Und musste sich an dem Möbel festhalten. „Was’n?“, fragte ich, „Ist dir der Alkohol zu Kopf gestiegen?“ Wäre nicht verwunderlich, schließlich waren wir zwischendurch kein einziges Mal aufgestanden. „Scheiße“, wiederholte Kai, wobei er aber eher belustigt denn erschrocken klang, „Wie kann denn das sein, dass ich im Kopf noch fast klar bin und nicht mehr gehen kann?“ „Warte, ich helf dir“, bot ich an und kam ebenfalls auf die Füße. Dabei merkte ich, was Kai meinte: plötzlich drehte sich alles um mich. „Haha, na schön: lass uns zusammen nach draußen wanken. Wir schaffen das schon!“ Ich schlang meinen Arm um seine Taille und spürte seinen auf meinen Schultern liegen; uns gegenseitig stützend kamen wir tatsächlich draußen an. Kai lehnte sich an die Wand und zündete sich eine Zigarette an. Wir standen etwas außerhalb des Laternenlichts, da es irgendwie blendete. Um uns herum rauchten noch andere Leute in Grüppchen oder quatschten einfach nur. Ein Betrunkener zerbrach irgendwo klirrend eine Flasche. „So“, meinte Kai, „Jetzt ist der Alkohol wieder gleichmäßig verteilt. Erinnere mich daran, so was nie wieder zu machen!“ „Jaa, dito“, entgegnete ich, „Und lass uns hoffen, dass keiner ein Foto gemacht hat.“ Wir warfen uns einen Blick zu und ich fing an zu prusten. Kai durchwuschelte kurz meine Perücke und zog mich zu sich heran, den Arm wieder um meine Schultern gelegt. „Gott, bist du warm!“, stellte ich fest und rückte noch ein bisschen näher zu ihm, da ich zuvor ziemlich gefröstelt hatte. „Hm. Kannst mich ruhig weiter ‚Kai‘ nennen“, meinte er, drückte seine Kippe an der Wand aus und warf sie zu den anderen auf den Boden. Wir blieben, und das ist rückblickend das Seltsame, dann weiter so stehen. „Also…du bist echt kuschlig“, sagte ich schließlich und kassierte ein Schnauben. Prüfend piekste ich mit dem Zeigefinger in seinen Bauch, stieß auf harte Muskeln. „Hm…obwohl…“ Schneller als mir lieb war fand seine Hand die Stelle an meiner Seite, wo ich kitzlig war. Ich wand mich aus seinem Griff und hielt ihn an den Ärmeln fest. „Alter!“ Der Alkohol meldete sich wieder, von der schnellen Bewegung war mir schwindlig. Ich hielt mich an Kai fest, und irgendwas bewegte mich dazu, mich auf die Zehenspitzen zu stellen und ihm einen winzigen Kuss zu geben. Auf den Mund, natürlich. Ich merkte gar nicht richtig, was ich da überhaupt tat. I find myself in her room „Na, da ist aber jemand betrunken“, kommentierte Kai belustigt. „Jepp“, entgegnete ich, „Ich bin betrunken, ich darf alles! Küsst du mich nochmal?“ „Wieso ich? Du bist doch die, die sich hier auf wehrlose Männer stürzt!“ „Wehrlos, na das halte ich ja für ein Gerücht!“ Ich griff nach seinem Kragen und drückte meine Lippen noch mal auf seine, und erst da wurde mir bewusst, was hier eigentlich abging. Aber er wehrte sich nicht, also machte ich weiter und wir gingen tatsächlich dazu über, miteinander rumzuknutschen, wie man so schön sagt. Und es war…sehr schön, bescheiden ausgedrückt. Er schmeckte nach Rauch und ein ganz kleines Bisschen nach Minze, aber mich erstaunte vor allem, wie sehr es mir selbst gefiel, ihn zu küssen. Die meisten Freunde, die ich gehabt hatte, waren miserable Küsser gewesen; viele neigten dazu, einfach nur rhythmisch den Mund auf- und zuzuklappen, wie Karpfen, und mir genauso rhythmisch die Zunge bis zum Anschlag in den Hals zu stecken. Wie man es halt von einschlägigen Jugendzeitschriften erklärt bekommt. Bei Kai war das anders, irgendwie spielerischer. Seine Zungenküsse kamen viel seltener, und ich weiß nicht, wie er das machte, aber wenn ich ihm die Lippen öffnete wurden mir richtiggehend die Knie weich. Das war es einfach, was ich gebraucht hatte: diese bloße Körperlichkeit, ohne Hintergedanken oder tiefere Gefühle, über die man später nachdenken musste. Irgendwas zur Überbrückung der Zeit, in der ich noch auf die große Liebe wartete. Kurzum: in diesem Augenblick machte Kai Hiwatari mich sosehr an, dass ich eigentlich nur noch darüber nachdenken konnte, wie ich ihn dazu überreden konnte, mit mir ins Bett zu gehen. Ich konnte gar nichts dagegen tun, dass ich gleich auf Sex kam. Ich wollte einfach immer mehr, wusste, dass mich das bloße Küssen nicht zufrieden stellen würde. Also löste ich mich von ihm und murmelte so was wie: „Sag mal, würdest du auch mit mir schlafen?“ Feel the fever of my doom „Hiromi“, sagte er mahnend, „Du weißt, dass das im Nachhinein problematisch werden könnte.“ „Was, was soll denn daran problematisch sein? Du bist doch nicht mit Alyona zusammen, oder?“ „Nein…“ Er hielt mich an den Armen fest, weil ich geschwankt hatte. Gott, ich wollte mit ihm nach Hause gehen und nicht diskutieren! „Ich dachte eher, problematisch für dich“, meinte er. Ich sah ihn so fest an, wie es mir möglich war. „Kai. Ich werde kein Problem damit haben. Ich liebe dich nicht, ich will nur mit dir schlafen. Du bist einer der wenigen Leute, denen ich dafür genug vertraue. Können wir nicht einfach ein bisschen Spaß zusammen haben?“ Er seufzte. „Weißt du, an jedem anderen Tag hätte ich wahrscheinlich nein gesagt. Aber in diesem Aufzug siehst du echt heiß aus.“ Und ließ einen anerkennenden Blick über mich gleiten. Ich griff nach seiner Hand und drückte ihm noch einen Kuss auf. „Lass uns zu dir gehen, ja?!“ Auf dem Weg durch die dunklen Straßen fragte ich mich nur kurz, warum er das mit sich machen ließ. Vermutlich wollte er auch einfach nur „ein wenig Spaß haben“. Über andere Dinge machte ich mir herzlich wenig Gedanken, obwohl ich genug Zeit gehabt hätte, die ganze Sache noch mal zu überdenken. Ich war genau im richtigen Maß betrunken und erhitzt durch seine Küsse, und es kam mir ganz natürlich vor, mit einem meiner Freunde ins Bett zu gehen –halt. Nicht einfach mit einem meiner Freunde. Mit demjenigen, mit dem ich am ehesten scherzhaft Flirten konnte, ohne, dass er mir das übel nahm. Der mir überhaupt kaum etwas übel nahm. Wenn man es so betrachtete, war Kai schon eine ziemlich treue Seele, aber trotzdem nicht so schwach, dass ich mir vorkam, als würde ich ihn ausnutzen. Kai Hiwatari konnte man nicht ausnutzen, er machte nur das, was er wollte, und dass er in diesem Moment mich wollte war verdammt großes Glück. Falling, falling Through the floor Ich war vorher noch nie in Kais Wohnung gewesen. Sie war nur unwesentlich größer, als Reis und bei Weitem nicht so vollgestellt, aber trotzdem irgendwie heimelig. Kai hatte einen ziemlich ausgeprägten Sinn für Ordnung, aber es gab trotzdem chaotische Ecken wie den Schreibtisch, wo sich CDs und Bücher stapelten, oder das zerwühlte Bett mit dem kleinen Häufchen Musikzeitschriften auf dem Boden neben dem Kopfende. In der Küchenecke stand noch eine Glaskanne mit ein wenig Kaffee auf der Anrichte, daneben eine Tasse. Die Tür zum Bad war offen, und der Geruch seines Duschgels lag in der Luft. „Willst du was trinken?“, fragte er routiniert, und dann, als es ihm auffiel: „Musik? Licht? Pornos oder Spielzeug?“ „Mach mal mein Kleid auf“, entgegnete ich und drehte ihm den Rücken zu. Das war der Startschuss, und von diesem Punkt an machte es einfach Spaß. Es kam mir die ganze Zeit vor, als würden wir nur herumalbern, und das lag sicherlich darin begründet, dass ich ihm so sehr vertraute. Ich empfand seine Berührungen nicht als lüstern, wie es sonst immer war, sondern einfach angenehm, sodass ich nicht die geringsten Hemmungen hatte, ihn meinerseits aus seinem Anzug zu helfen. I’m knocking on the devil’s door, yeah! „Hübsche Unterwäsche“, kommentierte er, als wir es uns in seinem Bett bequem gemacht hatten. „Pah“, machte ich und nestelte an meinem BH herum, streifte ihn ab und warf ihn irgendwo hin. „Und?“, fragte ich dann, „Hübsche Brüste?“ „Hübsche Brüste“, bestätigte er und legte sich auf mich. Ich war wunschlos glücklich, glaube ich. Selbst als wir dabei waren, fing ich an, leise zu lachen. Kai hielt inne und blickte übertrieben genervt auf mich herab. „Was denn? Bin ich so lächerlich?“ „Quatsch“, entgegnete ich, „Du bist toll, hörst du das nicht?“ Und ich stöhnte ein paar Mal extra laut. „Okay, Hiromi, du hast die Wahl: Willst du gefickt oder rausgeschmissen werden?“ „Ach Mann!“, sagte ich gedehnt, jedoch mit einem versöhnlichen Unterton, und drückte mich ganz fest an ihn. Wir lagen eine Weile lang so da, und dann wurde es wirklich romantisch und intensiv. Wir sahen uns dabei an, küssten uns und legten Pausen ein, damit es länger dauerte. Und irgendwann hatte ich, ungelogen, den besten und längsten Orgasmus meines Lebens. In my heart A deep and dark and lonely part Wants her And waits for after dark Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)