Die Seele der Zeit von Sechmet (Yu-Gi-Oh! Part 6) ================================================================================ Kapitel 7: Überfall ------------------- Überfall Es war Eile geboten. Späher waren von ihren Posten herbei gestürmt und hatten berichtet, dass Caesian einige seiner Männer in die Wüste hinaus geschickt hatte. Es hatte ausgesehen, als suchten sie irgendetwas. Und Risha hatte sich nur zu gut vorstellen können, worum es sich dabei handelte. Sie durften nicht länger zögern. Jeder Moment, den dieser Kerl in Ägypten verbrachte, konnte der letzte sein. Was auch immer er über das Artefakt wusste, welches er in Händen hielt- es war nicht genug. Das hatten seine Taten bewiesen. Angespannt blickte sie über den Kamm der Düne. Nicht weit von ihrer Position leuchteten die Feuer des feindlichen Lagers beinahe unschuldig in der Nacht. Nichts regte sich zwischen den Zelten. Sie konnte lediglich die Stimmen einiger Männer hören, die in der Dunkelheit erklangen. In der Ferne erhob sich Men-nefer aus dem Wüstensand. Ihr Plan würde aufgehen, da war sie sich sicher. Vorsichtig schob sie sich von dem sandigen Kamm hinweg und kehrte zu der Gruppe zurück, die auf sie wartete. Einer der Reiter trat sogleich vor. „Wie sieht es aus?“ „Alles ruhig“, antwortete Risha.„Wir können anfangen.“ „Gut“, meinte ihr Gegenüber, ehe er sich zu den restlichen Männern umdrehte. „Begebt euch auf eure Positionen. Wir legen los. Und nur damit das klar ist...“ Er machte eine kurze Pause, während der sich unzählige Augenpaare auf ihn richteten. „... enttäuscht mich nicht! Ihr wisst, ich zähle auf euch.“ Ein leises Raunen ging durch die Menge,dann verstreute sich die Gruppe. Ein Lächeln spielte indes über die Lippen des jungen Sprechers. Risha schüttelte den Kopf. „Dass du immer so wahnsinnig dick auftragen musst, Riell.“ Die Antwort war ein breites Grinsen.„Nun komm' schon, Schwesterherz. So etwas nennt man Motivation. Das solltest du vielleicht auch einmal probieren.“ Sie zückte einen der langen Dolche, die zu beiden Seiten an ihrer Hüfte hingen. „Dies ist meine Art,Leute zu motivieren. Und glaub mir, bisher hat sie noch immer Früchte getragen.“ Er klopfte Risha auf die Schulter. „Schon gut. Kümmern wir uns zunächst um das Zepter. Danach können wir weiter über Formen und Farben der hohen Kunst der Motivation plaudern. In Ordnung?“ Sie nickte zustimmend, dann folgte sie ihm durch die Dünen. Je näher sie dem feindlichen Lager Caesians kamen, desto tiefer duckten sie sich in der Vegetation, die an dieser Seite des Nils spross. Noch immer regte sich zwischen den Zeltreihen absolut gar nichts. Sie konnte nicht einmal die üblichen Wachposten entdecken. Sehr schön. Denn ihr Plan mochte vielleicht einfach klingen, doch er war es nicht. Im Gegenteil. Sie gingen ein Risiko ein, das sie jedoch nicht hatten vermeiden können. Risha würde soweit wie möglich in Richtung des Hauptzeltes vordringen. Ihr Bruder hingegen hatte den Auftrag, das Tor an der Umzäunung zu öffnen, in der sich die Pferde der gegnerischen Armee befanden. Dies würde hoffentlich für genügend Unruhe sorgen, um die fremden Soldaten eine Weile zu beschäftigen. Der Rest ihrer Gruppe hatte sich bei den umliegenden Dünen positioniert, um jederzeit eingreifen zu können, sollten sie noch mehr Zeit benötigen. Als sie schließlich nahe genug an dem Lager waren, trennten sich die Geschwister mit einem Nicken. Risha huschte in den Schatten der ersten, schützenden Zeltreihe. Sie musste unglaublich leise sein. Manchmal war es regelrecht erstaunlich, wie gut die Ohren eines Menschen sein konnten. Doch diesmal fiel ihr der Weg deutlich leichter. Wohl, weil sie ihn bereits kannte und nicht erst danach suchen musste. Schließlich erreichte sie das Zelt, in dem sie bei ihrem letzten Besuch das Zepter erspäht hatte. Auch diesmal drang Licht aus dem Inneren. Sie lugte durch den Spalt, der noch immer in dem Stoff klaffte. Da war er. Caesian. Er saß an einem ausladenden, hölzernen Tisch. Wie es schien, war er in eine Schriftrolle vertieft. Perfekt. Er rechnete also nicht im Geringsten mit einem Überfall. Ein Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. Das Zepter lehnte an einer der Stangen, die das Zelt trugen. Jetzt hieß es warten. Doch kaum war dieser Gedanke vorüber, erübrigte er sich auch schon. Irgendwo in der Ferne hörte sie ein Donnern- das Schlagen von Hufen. Riell hatte es also geschafft, das Gatter zu öffnen. Alles lief bis jetzt genau nach Plan. Die ersten Rufe hallten durch das Lager, und sie konnte sehen, wie sich Caesian erhob. Er lauschte einen Moment, dann begab er sich auf den Weg nach draußen. Ja! Volltreffer! Wenn er nun sein Zelt verließ, ohne... Er machte plötzlich auf dem Absatz kehrt. Er ging zu der Zeltstange hinüber. Seine große, raue Hand ergriff das Zepter. Verflucht! Hätte er das Ding nicht mal einen Moment aus den Augen lassen können? Nur, um es anschließend niemals wiederzusehen? Sie biss sich auf die Unterlippe. Gut, dann galt es nun, schnell zu sein. Sie schlüpfte hinter dem Zelt hervor und verharrte im Schatten. Sie beobachtete den Herrscher genau, währender in den Schein eines Lagerfeuers trat. Lockiges, schwarzes Haarfiel auf seinen Rücken. Die Gesichtszüge waren markant, aus ihnen hervor stach ein braunes Augenpaar. Doch wirkte die Farbe keineswegs warm. Im Gegenteil. Risha rann kurz ein eisiger Schauer den Rücken hinab. Er trug eine schwarze Tunika, die über und über mit goldenen Stickereien verziert war. Der lange, ebenfalls dunkle Umhang hingegen, war mit roten Fäden besetzt. Zudem war er an die zwei Meter groß und muskulös. Sie zog sich noch ein Stück weiter in die Dunkelheit zurück, als sie Schritte hörte, die sich rasch näherten. Ein Mann kam herbei geeilt. Er sah aus, als habe er bereits zu Bett gehen wollen. Die Ringe an seinen Hüften schwankten im Rhythmus seiner Schritte. „Was ist da los?“, blaffte Caesian ihn auch sogleich an. „Euer Majestät, es scheint, als seien die Pferde entkommen“, erwiderte der dickliche Kerl völlig außer Atem und mit piepsiger Stimme. „Wie kann so etwas passieren?“,donnerte der Befehlshaber. Bereits jetzt wurde sein Gesicht leicht rot vor Zorn. „Ich... ich weiß es nicht. Ich meine, noch nicht! Genau! Ich werde alles daran setzen, um heraus zu finden, wer sich da einen Streich erlaubt hat!“ Plötzlich schoss Caesians Hand nachvorne. Er packte sein Gegenüber am Kragen und zog ihn zu sich heran. „Das will ich dir auch raten, mein Guter. Ansonsten wirst nämlich du dafür gerade stehen!“ Mit einem Ruck stieß er seinen Untergebenen von sich, welcher rücklings zu Boden fiel. In Sekundenschnelle sprang er auf die Beine und eilte davon. Was bei dieser Körpermasse wahrlich beachtlich war, wie Risha fand. „Und fangt die verdammten Pferde wieder ein“, brüllte seine Majestät ihm noch hinterher. Die junge Frau konnte ein genervtes Seufzen vernehmen. Eines musste sie ihm lassen. Er wusste, wie man Leute motivierte. Sie fixierte das Zepter. Golden schimmerte es im Licht der Feuerstelle. Der Glanz spiegelte sich in ihren fliederfarbenen Augen. Es war zum greifen nah! Es war bereits absehbar, dass Caesian jeden Moment in sein Zelt zurückkehren würde. Sie musste vorher zuschlagen. Denn im Inneren der provisorischen Behausung wäre ihre Bewegungsfreiheit deutlich eingeschränkt, sollte sie in einen Kampf verwickelt werden. Doch wenn sie Glück hatte, würde es gar nicht so weit kommen. Sie würde sich von hinten heran schleichen, ihm einen Dolch in den Rücken rammen und das Artefakt an sich nehmen. Vorbei. Als er ihr seine Rückseite zuwandte, hatte ihre Stunde geschlagen. Leise, ohne auch nur den kleinsten Laut zu verursachen, schälte sie sich aus der Dunkelheit. Mit vollkommen ruhiger Hand löste sie einen der langen Dolche von ihrer Hüfte. Nur noch wenige Schritte, dann wäre dieses Theater endlich vorüber. Dann könnte ihr der Pharao ruhig einmal dankbar sein. Vielleicht würde er ihr die Hälfte ihrer elf Mal, die sie schon zum Tode verurteilt worden war, erlassen? Obwohl, ging das überhaupt? Konnte man fünf einhalb Mal sterben? Eigentlich ging das doch so bereits nur ein einziges Mal. Wussten die Mitglieder des Pharaonenhauses überhaupt, wen genau sie jagten? Bislang war nur bekannt gegeben worden, dass derjenige, der die ganzen ehemaligen Soldaten bei Nacht und Nebel ermordet hatte, sterben sollte. Einen Namen hatten sie nie genannt. Wie auch? Sie ging stets äußerst vorsichtig vor. Sie schob die Gedanken beiseite. Inzwischen war Caesian in greifbarer Nähe. Langsam, wie in Zeitlupe,um nicht das kleinste Geräusch zu verursachen, zog sie den Arm nachhinten. Gleich würde sich die Klinge in sein Fleisch hinein bohren. Ein Grinsen, das ihre ganze Vorfreude widerspiegelte, schlich sich auf ihre Lippen. Sie liebte Blut. Vor allem, wenn es nicht ihr eigenes war, das zu Boden tropfte. Dann war es soweit. Sie ließ den Arm nach vorne schnellen... Schmerz durchzuckte ihren Körper, als ihr das Zepter quer in den Bauch gerammt wurde. Keuchend fand sie sich auf dem Boden wieder, sprang jedoch sofort zurück auf die Beine und zückte nun auch den anderen Dolch. Caesian hatte den Speer drohend gegen sie erhoben. „Sieh mal einer an. Wen haben wir denn da? Einen kleinen Taschendieb? Sicher warst es auch du, die die Umzäunung meiner Pferde aufgebrochen hat.“ Ihre Chance war noch nicht vertan. Jetzt hieß es mitspielen. Sie musste nur ein wenig Zeit gewinnen. „Du musst ja ganz schön flink sein, wenn du es bis hier her geschafft hast.“ Wenn du wüsstest... immerhin saß ich vor einigen Sonnenläufen schon einmal direkt neben dir, ohne, dass du es gemerkt hast..., schoss es ihr durch den Kopf. Sie musste ein Grinsen unterdrücken. Lediglich ein selbstbewusstes Lächeln ließ sie auf ihren Lippen spielen. „Danke für das Kompliment. Aber so schwer war's gar nicht... bei der Gruppe von Vollidioten, die du Soldaten nennst!“ Doch sie hatte sich verspekuliert. Anstatt von Zorn trat lediglich ein resignierender Ausdruck auf das Gesicht Caesians. „Wem sagst du das... es ist heutzutage so schwer, ordentliche Untergebene zu finden. Aber weißt du was? Du scheinst eine recht wendige Frau zu sein. Wie wäre es? Nimm' die Waffenrunter und wir können über ein ordentliches Gehalt reden.“ „Während ich unter deiner Flagge kämpfe?“ „So sieht es aus.“ Risha ließ sich einen Moment Zeit. Tat so, als würde sie überlegen. Schließlich ging sie langsam auf ihn zu, ließ die Dolche sinken. „Hm... eigentlich gar kein schlechtes Angebot. Zumal es wirklich eine Ehre wäre, für solch einen großen Feldherren zu arbeiten“, sprach sie schließlich, schmierte ihm Honig um's Maul. Jetzt musste sie nur noch nah genug an ihn herankommen. „Kann es sein, dass da jemand noch auf mehr, als einen Platz an der Front aus wäre?“, erwiderteCaesian. „Wenn das so ist... mein Harem ist fern der Heimat zugegebener Maßen ein wenig dürftig.“ Sofort schoss Risha ein Stück zurück.Ihre Haltung war angespannt. „Vergiss es“, war schließlich die kalte Antwort. „Das einzige was ich will, hältst du in Händen. Und ich würde dir raten, es mir kampflos zu übergeben, wenn dir dein Leben lieb ist!“ Ihr Gegenüber zog eine Augenbraue nachoben. „Kleines, du glaubst nicht allen Ernstes, du könntest mir Angst machen, oder?“ „Du solltest besser Angst haben“, knurrte sie zurück. „Wie dem auch sei. Wenn du kein Interesse hast, dich meiner Armee anzuschließen oder meinem Harem beizutreten, dann verschwinde. Ich habe zu tun.“ Mit diesen Worten machte Caesian auf dem Absatz kehrt und ging seinem Zelt entgegen. In Risha überschlugen sich die Gefühle. Sie hatte, was diesen Kerl anging, einiges erwartet. Sie hatte sich gar darauf eingestellt, dass er auf sie losgehen würde, würde er sie bei dem Raubversuch erwischen. Eventuell hatte sie gar mit einem ebenbürtigen Gegner gerechnet, der ihr einiges an Können abverlangte. Aber nicht damit. Mit einem arroganten Arschloch, das sie einfach abtropfen und stehen ließ wie ein kleines Kind, das keinen Feind darstellte, das seiner Aufmerksamkeit nicht würdig war. Wenn sie etwas abgrundtief hasste, dann waren es zwei Dinge: Erstens, ignoriert zu werden. Zweitens, wenn man sie aufgrund ihres Geschlechts nicht für voll nahm. Und Caesian war soeben in beide Fettnäpfchen auf einmal getreten. Sie riss die Dolche nach oben und stürmte nach vorne. Metall krachte auf Metall. „Wir sind aber hartnäckig“, kommentierte Caesian. „Gib' mir das verdammte Zepter!“, zischte sie. Erneut schlug sie zu, doch er parierte ihren Hieb. Immer wieder trafen ihre Klingen, doch anstatt des Körpers, schlugen sie lediglich auf das Artefakt. Sie war schnell, doch ihm gelang es immer wieder, ihre Attacken abzublocken. Sie suchte nach irgendeiner Schwachstelle in seiner Verteidigung, doch fand keine. Ihre Blicke trafen sich. Risha konnte den Hohn in seinen Augen sehen. Er schien nicht einmal daran zu denken, in die Offensive zu gehen, sondern wehrte sie nur immer wieder ab. Sie kochte vor Wut. Ihre Schläge wurden heftiger, doch zeigten keinerlei Wirkung. Da schien der Geduldsfaden des fremden Herrschers letztendlich doch zu reißen. „Du verschwendest meine Zeit, Miststück!“ Mit diesen Worten ließ er das Zepter herum schnellen. Kurz glühte das Artefakt, dann spürte Risha eine der umstehenden Palmen im Rücken und unzählige Sandkörner im Gesicht. Keuchend sank sie zu Boden. Trotz der Schmerzen versuchte sie, rasch wieder auf die Beine zu kommen. Doch es war schon zu spät. Caesian stand direkt vor ihr, drückte die Spitze des Zepters an ihre Kehle. Hass stand in ihren Augen geschrieben, als sie aufblickte. Sie biss die Zähne zusammen. Jetzt zählte jede noch so kleine Bewegung... „Eigentlich ist es fast schon schade,dass ich dich töten muss. Du hast dein Leben tatsächlich für ein paar Gramm Gold hergegeben. Wie gesagt, bedauerlich. Denn schlecht siehst du bei Weitem nicht aus“, meinte er, während er sich zu ihr hinab kniete. Pah! Ein bisschen Gold? Für wie blöd hielt dieser Kerl sie eigentlich? Zudem reduzierte er sie erneut auf ihr Geschlecht. Wut wandelte sich endgültig in Hass. Sie wollte Blut fließen sehen, auf der Stelle. Und zwar sein Blut! „Wenn es schade um sie wäre, warum lässt du es dann nicht einfach sein?“ Risha Kopf fuhr nach oben. Erst jetzt gewahrte sie den Schatten, der direkt hinter dem fremden Herrscher aufgetaucht war. Eine Klinge lag in seinem Nacken. Sie konnte sehen, wie sich Caesian auf die Unterlippe biss. Riells Züge hingegen zierte ein triumphierendes Grinsen. „Und jetzt stehst du schön langsam auf und kommst weg von ihr. Es scheint nämlich nicht so, als würde sie deine Nähe genießen.“ Seine Majestät tat, wie ihm befohlen. Bedächtig erhob er sich, entfernte dabei die Spitze von ihrer Kehle. Sofort sprang Risha auf die Beine. „So...“, zischte ihr Bruder währenddessen. „Und nun her mit dem Zepter. Wird’s bald?“ Doch anstatt den Griff um das Artefaktauch nur annähernd zu lockern, begann Caesian plötzlich zu Grinsen. Ein Ausdruck, der beinahe wahnsinnig wirkte. Ein ungutes Gefühl durchzuckte Risha. Er befand sich in einer Lage, die nicht annähernd lustig war. Das musste doch selbst er begriffen haben. „Das Zepter wollt ihr also? Pah! Als ob ihr dämlichen Kinder auch nur den Hauch einer Ahnung hättet,worum es sich hierbei handelt!“ „Oh, glaub mir. Wir dürften besser über seine Kräfte Bescheid wissen, als du dir vorzustellen vermagst.“ Kurz schwand das Grinsen auf Caesians Gesicht. Doch nur einen Wimpernschlag später kehrte es noch breiter zurück. „Ach, wirklich? Na, das wollen wir doch einmal sehen!“ Keine Sekunde später wurde Riell in hohem Bogen, wie aus dem Nichts und umgeben von Sand, durch die Luft geschleudert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)