Gaias Lilie von Tairitsu ================================================================================ Kapitel 12: 12 -------------- Sayuri war bis zum Platzen gefüllt. Amaya hatte recht behalten. Das Essen war einfach köstlich gewesen. Doch nun war ihr sehr warm und sie hatte das Gefühl ersticken zu müssen. Sie brauchte dringend etwas Frischluft. Und so löste sie sich mit einer kurzen Entschuldigung von den Feiernden um durch den Palastgarten zu streifen. „Verlauf dich nicht. Der Tanz beginnt bald.“ Rief ihr ihre Freundin noch hinterher. Sie war noch nicht sehr oft im Garten gewesen und wenn, dann nur in Begleitung. Jetzt hatte sie etwas Zeit für sich um alleine den königlichen Privatpark zu erkunden. Es war einfach herrlich und so befreiend. Die Luft war kühl und klar. Jedoch nicht kalt. Der Geruch von Gras und Blumen lag in der Luft. Sie schloss die Augen um den Frieden und die Ruhe , die sie umgaben in sich aufzunehmen. Überall blühte es und hinter einem kleinen Dickicht fand sie einen großen Teich, mit einer kleinen Hütte in der Mitte. Langsam wanderte sie über eine Brücke zu dem kleinen Gartenhaus. Es war verschlossen. Sie umrundete es einmal und beugte sich über das Gelände um in das klare Wasser hinab zu sehen, in dem sich die Sterne wiederspiegelten. Ihre Gedanken schweiften ab. Wie es ihrer Mutter wohl ging. Ob sie es gut hieß, wenn sie wirklich eine Weile hier bleiben würde. Sie überlegte kurz angestrengt. Bestimmt hatte sie nichts dagegen. Erst jetzt fiel ihr auf, wie zufrieden Hitomis Lächeln immer gewesen war, wenn sie Geschichten von Gaia erzählt hatte. Ihr hätte schon viel früher auffallen müssen, dass es keine Hirngespinste gewesen sein mussten. Ein Grinsen umspielte nun ihre Lippen. Vermutlich würden ihre Kinder es eines Tages auch nicht glauben. Die Geräusche des Festes drangen aus weiter Ferne durch und sie drehte ihren Kopf zu dem Gebäude hin, aus dem sie kamen. Wieder drängte sich die Frage auf, was mit Ryota war. Der schwarze Kronprinz war nicht zum Essen erschienen. Und als sie Amaya gefragt hatte, war sie ihr nur wieder ausgewichen. Sie konnte nicht so ganz glauben, dass sie rein gar nichts über seinen Verbleib wusste. Schön, eigentlich ging es sie nichts an. Aber es wollte ihr einfach keine Ruhe lassen. Ein dunkler Schatten fegte über sie hinweg und Sayuri fuhr vor Schreck heftig zusammen. "Was tust du hier?" landete Ryota direkt neben ihr. Sayuri war gar nicht im Stande sofort zu antworten, so sehr hatte sie der Auftritt aus der Fassung gebracht. Das Mondlicht schien auf seine entblößte muskulöse Brust. Doch war es nicht das, worauf sie ihre Augen gerichtet hatte. Aus seinen Schulten waren riesengroße schneeweise Schwingen gewachsen die im blassen Licht schimmerten. "Ich... äh...war spazieren… " presste sie mehr Schlecht als Recht hervor. Ein Wind kam auf und blies die Federn fort. Von einer Minute auf die andere waren die Flügel verschwunden und Ryota wandte sich von ihr ab und betrat die Hütte, das Päckchen lagerte, welches er den Zwillingen anvertraut hatte. Sayuri stand wie angewurzelt da und starrte noch immer auf die Stelle, wo Ryota eben noch gestanden hatte. Sie versuchte ihr rasendes Herz zu beruhigen, doch wollte es ihr nicht gelingen. "Willst du dich als Statue versuchen?" Ryota trat wieder hinaus. Er trug nun ein hochgeknöpftes elegantes schwarzes Oberteil und um eine Schulter einen ebenso schwarzen Umhang, welchen er in dem Moment noch vollends befestigte. "Was?" Sayuris Gedankenwelt war immer noch wirr. "Weil du da immer noch stehst." Er richtete sich noch die Haare zurecht. "Also was machst du hier?" "Ich wollte... nur frische Luft schnappen und bin... ich wollte nicht.. ich..."stammelte sie. Ryota verdrehte die Augen. "Schon gut. Ich wäre dir nur sehr dankbar, wenn du das meinem Vater gegenüber nicht erwähnen würdest. Oder Amaya." "Äh - ja. Ich meine nein… tu ich nicht. Wieso?“ „Vater schätzt diese Art von Ausflug nicht besonders.“ „Verstehe… wo warst du überhaupt?“ „Weg.“ „Sie haben sich Sorgen gemacht.“ „Ach wirklich?“ Ryota schien sich nicht weiter daran zu stören. „Jetzt bin ich ja da.“ Vorsichtig schob er sich an ihr vorbei. „Kommst du, oder willst du hier weiterhin Salzsäule spielen?“ Irritiert sah sie ihn an, wie er mit hochgezogener Augenbraue auf eine Reaktion wartete. Sie löste sich aus ihrer Starre und tappte schweigend neben ihm her zurück zum Palast. „Danke!“ „Was?“ „Danke… dafür, dass du mich gerettet hast. Damals im Wald. Ich wollte es schon früher sagen, aber ich hatte nie Gelegenheit dazu.“ „Das war reiner Zufall und ein bisschen Glück. Dafür musst du dich nicht bedanken.“ „Trotzdem danke.“ „Wenn du meinst. Gern geschehen.“ brummelte er, ehe sich wieder bedrückende Stille über sie ausbreitete.“ „Tut das nicht weh?“ „Was?“ er sah sie verblüfft an. „Naja – die Flügel …“ „Nicht wirklich.“ „Und was ist mit deiner Schulter? Die sah ziemlich böse aus.“ „Die habe ich im Griff.“ „Aber…“ „Bist du etwa Ärztin?“ unterbrach er sie etwas barscher als beabsichtigt, denn Sayuri zuckte vor ihm zurück. Er ballte die Hände und schloss die Augen während er versuchte sich wieder in seine Gewalt zu bringen. Er hasste es. Er hasste das alles hier sehr. „Hör zu. Für dich mag das hier ja alles schön und spannend sein. Es ist schön für dich, dass es dir gefällt, wenn dich alle angaffen. Ich habe kein Problem damit, dass du dich in hübsche Kleidchen zwängst, durch die Stadt marschierst und mit Amaya die Händler bereicherst. Erfreue dich daran, solange du willst. Es ist mir egal. Aber misch dich nicht in Dinge ein, die dich nichts angehen. Tu mir den Gefallen und lass mich bitte bitte in Ruhe, ja?“ „Wieso bist du nur so?“ Die Worte waren ihr einfach so entsprungen, ohne dass es ihr eigentlich bewusst gewesen war. Der unterdrückte Zorn der trotz allem in seiner Stimme mitschwang, hart und unmissverständlich, gingen über ihre Begreifen hinaus. Es erschütterte sie zutiefst. Fassungslos sah sie ihn mit großen Augen an. Und plötzlich schien sich in ihm was zu verändern. Mit ihrer Frage hatte sie es geschafft ihn jetzt im Gegenzug aus dem Konzept zu bringen. Er sah sie an – direkt in diese fragenden grünen Iriden, die verstehen wollten und es nicht konnten. Woher auch. Sie würden es nicht verstehen. Niemals. „Wir sollten reingehen. Sonst werden sie noch einen Suchtrupp nach dir schicken.“ wandte er sich eilig ab. „Wie du meinst.“ Sayuri ging nun ein paar Schritte hinter ihm. Diesmal versuchte sie nicht, ihn in ein weiteres Gespräch zu verwickeln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)