Sam und Fanny von Crashie (Charas by xFannyx) ================================================================================ Sam und Fanny ------------- Sam und Fanny Endlich erklang der ersehnte Pausengong. Der Ton, auf den jeder Schüler in den Unterrichtsstunden sehnsüchtig wartete. Die Mathelehrerin beendete die Stunde, ihren Erinnerungen an die gegebenen Hausaufgaben hörte schon keiner mehr zu, und laut plappernd verließen die Schüler den Klassenraum. Unter ihnen war die 16-jährige Fanny. Mathe war noch nie ihr Lieblingsfach gewesen, weshalb sie umso glücklicher war, eine weitere dieser öden Unterrichtsstunden hinter sich gebracht zu haben. Nun stand die große Mittagspause an – 20 Minuten lang nichts tun, was mit Lernen in Verbindung stand! Sie lief auf den Pausenhof hinaus und hielt Ausschau nach einer ganz bestimmten Person. Zwischen all den anderen Schülern, die über den ganzen Außenbereich verteilt waren, war es schwierig, jemanden zu finden. Doch Fanny wusste, wo sie suchen musste. Neben der Sporthalle befand sich ein höher gestelltes Beet mit inzwischen halb vertrockneten Rosensträuchern. Es war durch eine etwa einen Meter hohe Steinmauer begrenzt, auf dessen Kante man recht bequem sitzen konnte. Und dort erkannte Fanny schon von Weitem die Person, die sie suchte. In seinen wie immer dunklen Klamotten und seinen fast schulterlangen schwarzen Haaren war er ohnehin kaum zu übersehen: Sam. Der 18-jährige war zwei Klassen über Fanny und durch eine Verkettung irgendwie schicksalhafter Umstände hatte sie sich mit ihm angefreundet und das, obwohl sie ihn noch vor wenigen Monaten nahezu abgrundtief gehasst hatte. An den genauen Grund dafür konnte sie sich gar nicht mehr richtig erinnern und das war jetzt auch egal. Hinter Sams kühler Fassade steckte ein netter, hilfsbereiter Junge, das hatte Fanny erkannt und jetzt waren sie beste Freunde. Was interessierte sie da noch die Vergangenheit? „Hey Sammy!“, rief Fanny ihm lautstark zu, während sie quer über den Schulhof zu ihm hinüber rannte. Sam schaute recht genervt auf – er mochte es nicht, wenn man ihn „Sammy“ nannte, was Fanny aber keineswegs hindern konnte, es trotzdem zu tun – und wartete, bis das rothaarige Mädchen vor ihm zum Stehen kam. „Hi Fanny“, begrüßte er sie und ließ die Zigarette, die er in der linken Hand hielt, nach einem letzten tiefen Zug zu Boden fallen, um sie auszutreten. „Woher stammt die gute Laune?“ „Gute Laune?“ Fanny setzte ein breites Grinsen auf. „Habe ich die nicht immer?“ „Jetzt wo du‘s sagst.“ Sam ließ seinen Blick langsam über die Massen von anderen Schülern schweifen, die umherliefen oder in kleinen Gruppen beisammenstanden. Fanny ließ sich neben ihm auf der Beetmauer nieder. „Du rauchst ja immer noch auf dem Schulgelände“, merkte sie in belehrendem Tonfall an. „Irgendwann kriegst du deswegen nochmal ordentlich Ärger.“ „Ach was“, winkte Sam ab. „Die Lehrer sind doch selbst nicht besser und außerdem haben die in der großen Pause Besseres zu tun, als auf dem Schulhof aufzupassen.“ „Wenn du das sagst...“, meinte Fanny nur. Sam war ein richtiger Kettenraucher. Wenn er da jedes Mal vom Schulgelände laufen müsste, könnte er in kürzester Zeit beim Marathon mitmachen. Das war der einzige Grund, weshalb er es riskierte, auf dem Schulhof zu rauchen. „Hast du am Wochenende schon was vor?“, fragte sie schließlich, um das Thema zu wechseln. „Ja. Wieso?“ „Nur so.“ Fanny zuckte mit den Schultern. „Ich hab bis jetzt keine Pläne und dachte, wir könnten vielleicht was zusammen machen. Aber wenn du schon verplant bist...“ „Hm...“ „Darf ich fragen, was du vorhast?“ Sam antwortete nicht sofort, fast so, als würde er keine Antwort geben wollen. Fanny fragte sich schon, was er am Wochenende vorhaben könnte, dass sie es nicht erfahren sollte. Doch dann sagte er: „Ich habe einen Auftritt mit meiner Band. Im Hells Flowers.“ „Echt? Cool!“ Ehrlich begeistert fuchtelte Fanny mit den Händen in der Luft. „Das ist doch eine richtig bekannte Bar! Da werdet ihr garantiert ein großes Publikum haben! Vielleicht kommt ihr noch ganz groß raus!“ „Ich glaube kaum...“, begann Sam, in der Hoffnung, Fannys überschwängliche Begeisterung etwas zu dämpfen und damit in die Realität zurückzuholen. Er spielte gerne in seiner Band, die anderen Mitglieder waren gute Freunde von ihm und so schlecht waren sie auch gar nicht. Aber auch noch lange nicht gut genug, um wirklich erfolgreich zu sein. Sie waren nur eine kleine Band, die erst zwei eigene Songs hatte und ansonsten Cover berühmter Rock-Songs spielte. Aber das konnte Fanny kaum beurteilen. Soweit Sam wusste, hatte sie seine Band noch nie spielen hören. Und genau das fiel Fanny auch plötzlich ein: „Kann ich kommen und zugucken? Ich hab dich noch nie spielen sehen!“ „Na ja...“, drückte Sam sich um eine Antwort herum. „Ich weiß nicht...“ Fanny warf ihm einen fragenden Blick zu. Wollte er etwa nicht, dass sie zusah? War er vielleicht so schlecht, dass es ihm peinlich war, das vor ihr zu demonstrieren? Aber dann würden sie wohl kaum die Gelegenheit zu so einem Auftritt bekommen haben. Also spielten sie doch gut. Wieso sollte sie dann nicht zugucken können? Ein Haufen wildfremder Gäste würde ja auch da sein. Ihr wollte kein triftiger Grund einfallen. „Möchtest du nicht, dass ich zugucke?“, fragte sie direkt heraus. Sam schaute sie erstaunt an. „Was? Nein, so war das nicht gemeint!“, wehrte er hastig ab. „Du darfst zuschauen, wenn du unbedingt möchtest.“ „Unbedingt?“ Fanny verzog beleidigt das Gesicht. „Das klingt fast so, als würdest du mich nicht da haben wollen. Und ich wüsste gerne den Grund dafür.“ „So war das wirklich nicht gemeint. Es ist nur so... ähm... Wir sind nicht so gut, wie du vielleicht denkst. Ich wollte... ähm... deine Erwartungen nicht enttäuschen.“ Fanny musterte ihn misstrauisch. Es war offensichtlich, dass noch etwas anderes dahinter steckte, aber wenn er es nicht von sich aus erzählte, wollte sie nicht weiter nachhaken. „Also gut...“, sagte sie schließlich. „Ich werde trotzdem kommen. Welcher Tag und welche Zeit?“ Sam atmete fast unmerklich tief aus, wie ein resigniertes Seufzen. „Samstag, 20 Uhr.“ „Super! Ich werde da sein!“, versprach Fanny fröhlich und sprang von der Mauer. „Der Unterricht geht gleich weiter! Wir sehen uns dann Samstag!“ Und mit den Worten lief sie davon. Sam sah ihr nach und auf seinem Gesicht lag ein undefinierbarer Ausdruck... In der Klasse traf Fanny auf Ruiji, Sams jüngeren Bruder, der im Unterricht eine Reihe hinter ihr saß. Er unterhielt sich gerade mit einem Kumpel, doch Fanny unterbrach die Konversation, da sie selbst mit Ruiji sprechen wollte. „Sag mal, Ruiji, ist an Sams Band irgendwas komisch oder so?“ „Wie komisch?“ Ruiji schien verwirrt. „Das ist eine ganz normale, durchschnittliche Cover-Band.“ „Hm... Aber Sam schien wenig begeistert davon, dass ich am Samstag im Publikum sein werde.“ „Echt?“ Ruiji dachte kurz darüber nach. Dann schlich sich ein Grinsen in sein Gesicht. Trotzdem sagte er gezwungen neutral: „Ich weiß auch nicht, woran das liegen könnte. Keine Ahnung.“ Fanny verschränkte argwöhnisch die Arme. „Und warum grinst du dann so dämlich?“ „Tu ich nicht. Da musst du dich verguckt haben!“ Doch Ruijis Gesicht sprach noch immer Bände, was Fanny mehr als misstrauisch machte. „Du verheimlichst mir doch etwas, Ruiji!“ „Niemals würde ich das tun!“ In dem Moment kam der Deutschlehrer in die Klasse. „Bitte setzen, der Unterricht beginnt!“, rief er seine Schüler zur Ordnung und Fanny war mehr oder weniger gezwungen, Ruiji für den Moment in Ruhe zu lassen. Aber sie war noch nicht fertig mit ihm, darauf konnte er sich schon mal einstellen! Während Fanny wie der Rest der Klasse in eine Stillarbeit vertieft war (der gute Deutschlehrer liebte es, seine Schüler lange Texte bearbeiten zu lassen, denn dann hatte er selbst weniger zu tun), landete mit einem leisen Klack eine Papierkugel auf ihrem Platz. Erstaunt drehte Fanny sich um, doch niemand, der hinter ihr saß, machte den Anschein, als käme das Papier von ihm. Also nahm sie es in die Hand und entfaltete es. Eine kurze Nachricht kam zum Vorschein: »Mach dir nicht so viele Gedanken – Sam freut sich garantiert tierisch, dass du kommst ;)« Wieder drehte Fanny sich um. Der Zettel kam ganz eindeutig von Ruiji und diesmal schenkte er ihr ein aufmunterndes Lächeln, das Fanny nach kurzem Zögern erwiderte. Sam wollte also doch nicht, dass sie nicht zu seinem Auftritt kam. Ganz im Gegenteil, er freute sich sogar! Obwohl Fanny nicht sicher war, ob sie Ruijis Worten so einfach glauben konnte und sollte, schlug ihr Herz dennoch schneller bei dem Gedanken, dass Sam sich freuen würde, sie am Samstag zu sehen. Und diese unerwartete Reaktion ihrerseits beunruhigte sie. Was war denn plötzlich mit ihr los? Solches Herzklopfen hatte sie beim Gedanken an Sam bisher nie gespürt, nicht einmal in seiner Gegenwart. Hatte sich irgendetwas zwischen ihnen verändert? Eigentlich nicht. Sie waren noch genauso befreundet wie auch schon vor einer Woche oder einem Monat. Was war denn dann mit ihr los? Bestimmt schlug ihr Herz nur deshalb so schnell, weil sie aufgeregt war, Sams Band spielen zu hören. Reine Vorfreude auf einen guten Auftritt. Schließlich mochte sie Musik und auf so vielen Konzerten war sie auch noch nicht gewesen. Das könnte der Grund sein. Oder... ...Sams eher widerwillige Einladung war der Grund. Auch wenn Ruiji etwas anderes meinte, hatte Fanny doch tief im Innern immer noch das Gefühl, Sam würde sie nicht dabei haben wollen. Bestimmt nervte sie ihn, denn das konnte sie manchmal schon ganz gut, auch wenn sie es ungerne selbst zugab. Vielleicht wollte er gar nicht richtig mit ihr befreundet sein. Vielleicht reichte es ihm, wenn sie gute Bekannte blieben. Und jetzt hatte sie das Gefühl, unerwünscht zu sein und ihr schneller Herzschlag war auf eine leichte Panik zurückzuführen. Je länger sie darüber nachdachte, umso wahrscheinlicher kam ihr das vor. Es wäre wohl das Beste, wenn sie doch nicht zu dem Auftritt gehen würde. Natürlich stand sie am Samstagabend dennoch vor dem Eingang des Hells Flowers. Ihre Neugier hatte gesiegt. Um Sam aber nicht unbedingt über den Weg zu laufen, war sie etwas später als 20 Uhr dran und konnte schon auf der Straße die laute Musik hören, die im Inneren gespielt wurde. Sie betrat die Bar und fand sich inmitten einer großen Masse Menschen wieder, die sich in der recht kleinen Räumlichkeit drängte. Gegenüber des Eingangs am anderen Ende des Raumes befand sich eine kleine Erhöhung, die als Bühne diente. Links davon war die Bartheke, an der die meisten Gäste Schlange standen. Die Luft war stickig, da die einzige Frischluft durch die Eingangstür herein kam, die nur gelegentlich geöffnet wurde. Die Musik war nun noch lauter, starke Bässe ließen die Wände beben, und die Stimmen der Gäste, die versuchten, die Musik zu übertönen, um sich unterhalten zu können, sorgten für zusätzlichen Lärm. Fanny zog sich die blaue Mütze, die sie als Tarnung aufgesetzt hatte, um zwischen den Menschen nicht erkannt zu werden, tiefer in die Stirn und kämpfte sich durch die Menge weiter nach vorne, um die Bühne auch sehen zu können. Sie erreichte einen relativ freien Platz zum Stehen in der Ecke auf der gegenüberliegenden Seite von der Theke, von wo aus sie einen guten Blick auf die Bühne hatte. Gerade endete der laute Rock-Song mit einem Gitarrensolo – und zwar von Sam. Fanny war sofort mitgerissen. Nie hätte sie gedacht, dass Sam so gut Gitarre spielen würde. Dass er nicht gewollt hatte, dass Fanny das hörte, war ihr nun noch unerklärlicher. Wenn Fanny solch ein Können an der Gitarre darbieten könnte, würde sie das der ganzen Welt zeigen wollen! Dann war das Stück zu Ende und das nächste begann. Fanny beschloss, an ihrem Stehplatz zu bleiben. Dort würde Sam sie garantiert nicht so leicht entdecken. Dann konnte ihre Anwesenheit ihn auch nicht irgendwie stören oder was immer er sich dabei gedacht hatte, sie nur mit Überwindung einzuladen. Doch wenn Fanny sich nicht irrte, sah Sam sich, wann immer es ihm möglich war, suchend um. Oder täuschte sie sich? Eine halbe Stunde später war der Auftritt scheinbar vorbei. Die Bandmitglieder räumten alles beiseite und ein paar Zuschauer klatschten schon zögerlich, denn nach einem richtigen Ende sah das nicht aus. Doch dann stellte jemand einen Stuhl direkt in die Mitte der Bühne und Sam trat vor. Er ließ seinen Blick kurz über die Menge schweifen – und stoppte bei Fanny. Ertappt hielt sie den Atem an. Hatte er sie erkannt? Scheinbar ja, denn er lächelte ihr leicht zu, bevor er sich abwandte und samt seiner Gitarre auf dem Stuhl Platz nahm. Das Licht wurde gedämmt und Sam stimmte eine sanfte Ballade an. Fanny hörte mit angehaltenem Atem zu. Sie kannte den Song – es war eines ihrer Lieblingslieder! Und Sam, der bisher nur als Zweitstimme gesungen hatte, konnte unglaublich gut singen. Das hätte sie ihm noch weniger zugetraut, als das Gitarrespielen. Es passte irgendwie überhaupt nicht zu ihm. Wie verzaubert lauschte sie dem Song und vergaß dabei die ganze Welt um sie herum, sie bemerkte nicht einmal, dass es in der ganzen Bar sehr still geworden war. Es war fast, als würde Sam dieses Lied nur für sie spielen. Kein Wunder, er sah sie dabei ja auch die ganze Zeit an. Moment! Er sah sie an?! Erschrocken landete Fanny wieder in der Realität. Erst jetzt realisierte sie, dass Sam tatsächlich schon das ganze Lied über zu ihr hinüber sah. Seine braunen Augen ruhten auf ihr, bei jedem Wort, das er sang, bei jedem Klang, den er seiner Gitarre entlockte. Einen Augenblick noch stand Fanny wie versteinert da. Dass Sam sie dermaßen offensichtlich beobachtete, während er ein fast schon schnulziges Liebeslied sang – das war zu viel für sie! Sie tat das Erstbeste, was ihr einfiel: Weglaufen. Ohne einen weiteren Blick zur Bühne zu werfen, drehte sie sich um und rannte aus der Bar. Auf die Menschen, die sie dabei unsanft anrempelte, achtete sie überhaupt nicht. Erst einige Meter von der Bar entfernt, kam sie zum Stehen. Atemlos rang sie nach Luft – und das nicht nur aufgrund des kleinen Sprints. Ihr Herz raste und ihr Gesicht fühlte sich kochend heiß an. Was war jetzt wieder los? Besser gesagt: Was war mit Sam los? Was fiel ihm ein, sie die ganze Zeit anzustarren, ohne Vorwarnung? Und warum brachte sie das so aus der Fassung? Sie verstand die Welt nicht mehr. Sie hätte echt zu Hause bleiben sollen, das hätte ihr eine Menge Probleme erspart. Seufzend lehnte Fanny sich gegen eine Hauswand und schloss die Augen. Sie musste sich beruhigen. Vielleicht hatte Sam sie gar nicht die ganze Zeit angesehen, sondern nur kurz. Okay, das, was sie mit Sicherheit mitbekommen hatte, waren auch bestimmt zwei Minuten gewesen. Und der Song ging insgesamt vielleicht vier, wovon sie die letzte Minute schon gar nicht mehr mitbekommen hatte, weil sie weggelaufen war. Also hatte er sie doch schon recht lange angestarrt. Lag das nur daran, weil sie die vielleicht einzige Person im Raum gewesen war, die er kannte? Einfach nur, um einen sicheren Punkt inmitten von Fremden zu haben, um die Nervosität zu kontrollieren? Aber hatte sie ihn jemals nervös erlebt? Und bei den vorherigen Liedern hatte er sie auch nicht angesehen. Aber da hatte er vermutlich auch noch nicht bemerkt, dass sie da war. „Ich verstehe das nicht!“, sagte Fanny laut zu sich selbst und ein paar Passanten drehten sich verwundert zu ihr. Doch um die konnte sie sich jetzt echt keine Gedanken machen. In ihrem Kopf war eh schon alles konfus. Und ihr Herz wollte auch nicht aufhören, wie blöd zu hämmern. Sams Blick war so... intensiv gewesen. Besser konnte sie es nicht beschreiben. Es war, als hätte er in dem Raum, der von Menschen nur so überlief, einzig und alleine sie gesehen. So, als hätten sie irgendwo zu zweit gesessen und nicht in dieser stickigen, lauten Bar gestanden. Bei dem Gedanken schlug Fannys Herz erst recht schneller. Hastig versuchte sie, nicht mehr daran zu denken. Sie sollte am besten eine Nacht darüber schlafen. Am nächsten Tag würde sicher alles viel logischer erscheinen. „Fanny!“ Erschrocken blickte sie in die Richtung, aus der die Stimme kam. Und dort erkannte sie Sam! >Warum ausgerechnet jetzt?<, dachte sie verzweifelter, als sie es erwartet hätte. Sam lief auf sie zu und blieb schließlich vor ihr stehen. Am liebsten wäre Fanny weggelaufen, doch ihre Füße wollten sich partout nicht bewegen. „Warum bist du plötzlich weggerannt? Ist alles in Ordnung?“ Er musterte sie leicht besorgt, was Fanny dazu veranlasste, zwei Schritte zurückzutreten. Sams Anwesenheit machte sie nervös. „J-Ja, natürlich“, entgegnete sie, konnte Sam dabei aber nicht in die Augen sehen. Ihr Herz schlug schon wieder so laut, dass sie fürchtete, Sam könnte jeden Schlag hören. „Sicher? Du bist ganz rot im Gesicht...“ Sam trat näher an sie heran und Fanny hielt wie gelähmt den Atem an. Dabei wollte sie das gar nicht. Sie hatte nie zuvor ein Problem damit gehabt, in Sams unmittelbarer Nähe zu sein. Warum ausgerechnet jetzt? War sie vielleicht doch krank? „Stopp!“, platzte es lauter und energischer aus ihr heraus, als sie beabsichtigt hatte. Sam blieb verwundert stehen und sah sie fragend an. „Was ist los?“, sagte er langsam. „Das wüsste ich auch gerne“, meinte Fanny hastig. „Warum...“ Sie atmete tief durch, um sich etwas zur Ruhe zu zwingen. Es klappte nicht wirklich, denn als sie weiter sprach, war ein leichtes Zittern in ihrer Stimme, das sie nicht kontrollieren konnte. „Warum hast du mich vorhin die ganze Zeit angesehen?“ Nun hatte sie Sam das doch gefragt. Und jetzt, wo sie es ausgesprochen hatte, kam ihr die Frage ziemlich dämlich vor. Sam hielt sie bestimmt für völlig gestört... Sein erstaunter Gesichtsausdruck ließ jedenfalls Ähnliches vermuten... „Weil...“ Verlegen senkte Sam den Blick. „Weil ich...“ Doch er sprach nicht weiter. Stattdessen starrte er erst den Boden zu seinen Füßen an, dann hob er den Blick wieder und ließ ihn über die Umgebung schweifen. Und wenn Fanny sich nicht täuschte, war Sam leicht rot im Gesicht. Vollends verwirrt fasste sie neuen Mut. „Wolltest du überhaupt, dass ich heute zusehe?“, fragte sie und hängte schnell ein „Und antworte ehrlich“ an, bevor er wieder irgendwelche fadenscheinigen Ausreden brachte. „Natürlich“, entgegnet Sam überrascht. „Das hab ich dir doch schon gesagt. Hätte ich dich sonst eingeladen?“ „Du klangst da nicht sehr überzeugt...“, versuchte Fanny zu erklären, wieso sie sich die Frage überhaupt gestellt hatte. „Ich wäre deshalb fast nicht gekommen...“ „Was?“, brachte Sam ehrlich erstaunt hervor. „Das war doch nur, weil...“ Schon wieder verstummte er mitten im Satz. Fanny wurde das Gefühl nicht los, dass er ihr etwas Wichtiges sagen wollte. Warum tat er das nicht auch einfach? Sie musterte ihn abwartend und stellte fest, dass Sam scheinbar nach den richtigen Worten suchte oder sich erst überwinden musste, das auszusprechen, was ihm auf dem Herzen lag. Er strich sich nervös durch die langen Haare und seine Wangen wiesen noch immer den leichten Rotton auf. Fannys Herz schlug schneller. Plötzlich schien sie zu ahnen, was los war, zumindest ihr Herz wusste es. In ihrem Kopf konnte sie noch keinen klaren Gedanken fassen. Plötzlich hob Sam den Blick und sah Fanny direkt in die Augen. Als sich ihre Blicke trafen, hielt Fanny den Atem an. In Sams Augen lag eine unerwartete, zuvor nicht dagewesene Entschlossenheit, die sie irritierte. Und dann trat er ein paar Schritte vor, bis nur noch wenige Zentimeter zwischen ihnen Platz war, hob eine Hand und strich Fanny eine Strähne ihres roten Haares aus dem Gesicht. Sie ließ es ohne Widerstand geschehen. Ihr Herz raste und in ihrem Kopf wirbelten die Gedanken ohne Sinn zu ergeben hin und her. „Ich glaube, ich bin in dich verliebt“, flüsterte Sam ruhig. Fannys Augen weiteten sich vor Erstaunen. Sie wollte etwas erwidern, doch Sam ließ ihr keine Gelegenheit dazu. Er küsste sie sanft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)