Der Auftrag von Otogi (Mariku X Ryou) ================================================================================ Kapitel 1: Der Auftrag ---------------------- Ryou saß wie immer Zuhause vor dem Fernseher und wartete auf seinen Freund Mariku, der jeden Augenblick zur Tür hereinkommen sollte. Er blickte auf die Uhr. 18:30 Uhr. Die Uhrzeit, zu der Mariku normalerweise nach der Arbeit nach Hause kam. Ryou wartete und wartete. Dann seufzte er und machte sich daran, das Abendessen zu kochen, um sich abzulenken. In der letzten Zeit kam es öfter vor, dass der Ägypter sich abends kommentarlos verspätete und nicht auf die Fragen des Jüngeren einging. Ryou hatte ein mulmiges Gefühl im Magen, aber er wollte Mariku auch nicht unnötig auf die Nerven fallen. Sie wohnten noch nicht so lange zusammen. Der Ägypter hatte darauf bestanden, dass Ryou seine eigene Wohnung kündigen und zu ihm ziehen sollte. Somit war er auch von Mariku abhängig, also wollte er sich lieber nicht bei ihm beschweren. Und endlich. Nach zwei Stunden Verspätung hörte der Weißhaarige, wie jemand die Wohnung betrag. Lächeln kam er dem Ägypter entgegen und nahm in ihn den Arm. „Endlich, Mariku. Ich hab so auf dich gewartet.“ Mariku murrte nur und schob Ryou zur Seite. Seine Laune war auch diesen Abend nicht gerade bombig. Er zog die Schuhe aus, warf seine Jacke in eine Ecke und flackte sich dann ohne viele Worte auf die Couch, um fern zu sehen. Ryou biss sich auf die Unterlippe und schluckte seine Enttäuschung herunter. Das ist einfach seine Art, dachte er sich und versuchte, nicht weiter daran zu denken. Er setzte sich zu seinem Freund und kuschelte sich an ihn. „Ich hab uns Essen gemacht, hast du Hunger?“ Mariku legte einen Arm um den Weißhaarigen und grinste ihn dann an. „Später“, hauchte er in dessen Ohr und leckte leicht darüber. „Jetzt habe ich erst mal Appetit auf dich.“ Mit diesen Worten drückte er den Weißhaarigen auf die Couch zurück und begann damit, ihm bissige Küsse auf dem Hals zu verteilen. Ryou schloss kurz genießerisch die Augen. Er liebte die Berührungen von Mariku, auch wenn sie nicht immer sanft waren. Dennoch konnte sich der Weißhaarige nicht wirklich entspannen. Zu viele Fragen gingen ihm durch den Kopf und er legte die Hände auf Marikus Schultern, um ihn etwas von sich zu schieben. „Wo warst du heute so lange?“, fragte er vorsichtig, versuchte dabei nicht vorwurfsvoll zu klingen. „Spielt das eine Rolle?“, meinte Mariku nur und ließ sich von seinem Vorhaben nicht abbringen, schob eine Hand unter das Hemd des Jüngeren und öffnete dessen Hose. „Für mich schon.“ Der Jüngere versteifte sich etwas, was Mariku auch spürte und deshalb von ihm abließ. Er rollte mit den Augen. „Müssen wir jedes Mal deswegen diskutieren?“ Der Ägypter klang schonwieder genervt. Eigentlich wollte Ryou das vermeiden, aber was war denn so schlimm daran, ihm einfach eine Antwort zu geben? „Ich… will einfach gerne wissen, warum du so spät kommst.“, murmelte er. Mariku setzte sich wieder auf und blickte zum Fernseher. „Meine Fresse! Ist es so schlimm, wenn ich mal `ne Stunde später von der Arbeit komme, oder was?!“ Dann blickte er wieder zu Ryou. „Oder hast du schiss, dass ich zu einem anderen Kerl gehe?!“ Der Jüngere zuckte zusammen. Zugegeben, dass er diesen Gedanken schon hatte, aber er würde es niemals aussprechen, also wich er dem Blick von Mariku aus und sah auf seine Finger. Mariku hob eine Augenbraue und konnte nicht glauben, dass Ryou tatsächlich so von ihm dachte. „Jetzt hör mal zu, Süßer!“ Er war leicht aufgebracht. „Wenn ich wirklich zu einem anderen Kerl gehen würde, dann wär ich mit Sicherheit nicht jeden Abend so scharf wie eine Ratte auf dich! Und dann hätte ich dich auch wohl kaum zu mir einziehen lassen! Schon mal daran gedacht?!“ Ryou blickte auf und lief schlagartig rot an, weil Mariku immer so direkt sein musste. Nein, daran hatte er wirklich noch nicht gedacht und mit einem Mal fühlte er einen Anflug von schlechtem Gewissen, das sich in seinem Magen breitmachte. Wie konnte er es überhaupt wagen, daran zu zweifeln? Mit einer entschuldigenden Geste setzte er sich mit allen Vieren auf die Couch neben Mariku und küsste ihn leicht auf die Wange. „Tut mir leid, Mariku…“, hauchte er ihm leise ins Ohr. Schön und gut, dass Ryou sich jetzt entschuldigte, aber dadurch war Marikus Lust jetzt auf ihn leicht verflogen. Er hatte einfach keinen Nerv dafür, jeden Abend dieses Theater zu spielen und machte sich nicht die Mühe, nochmals zu Ryou aufzusehen. Der Weißhaarige seufzte und strich Mariku über seinen starken Arm. „Mariku… Es tut mir wirklich leid. Ich will es wieder gut machen.“ Der Ägypter konnte nicht wirklich lange böse sein, dass wusste auch Ryou, darum freute er sich, als Mariku sich dann wieder zu ihm wendete und eine Hand in dessen Haare legte. „Komm her, Süßer.“ Der Ältere grinste und Ryou schloss seine Augen, rechnete fest damit, dass Mariku ihm einen Versöhnungskuss geben wollte. Aber stattdessen spürte er, wie die Hand des Älteren seinen Kopf hinunterdrückte. „Dann fang mal an, es wieder gut zu machen.“ Der Weißhaarige konnte das Grinsen direkt heraushören und murrte leicht. Typisch Mariku! Aber Ryou war froh, dass Mariku nicht mehr sauer war und so öffnete er dessen Hose und zog sie ihm soweit herunter, dass er die volle Länge des Ägypters in seinen Mund nehmen konnte. Er schloss seine Augen, saugte und leckte an dem Glied. Er genoss das Gefühl, wenn Mariku bei seinen Liebkosungen stöhnen musste. Er verwöhnte seinen Freund nicht so oft, wie Mariku ihn verwöhnte, darum machte er es auch gerne. Vor allem dann, wenn der Ältere sich dabei richtig entspannen konnte. ~~~ Noch am selben Abend lagen sie beide im Bett und Ryou hatte seine Gedanken völlig über Bord geworfen, als Mariku ihn so richtig durchnahm. Der Ägypter wollte einfach, dass Ryou seine Gedanken vergessen sollte. Er würde es nie zugeben, aber er war schon richtig vernarrt in den Kleinen. Aber es gab noch einen anderen Grund, warum er darauf bestanden hatte, dass sein Freund zu ihm ziehen sollte. Er wollte es ihm nur nie erzählen, weil er sich davor fürchtete, dass Ryou ihn dann verlassen würde. ~~~ Es war dunkel und Mariku stand vernebelt vor ihm. Aber Ryou konnte seinen Freund nicht erkennen, denn er verfremdete sich immer mehr. Solange, bis er anfing, sich in dichten Nebel aufzulösen. „Mariku!“, schrie Ryou dem dunklen Schatten entgegen. Immer lauter und immer flehender. Der Ägypter verschwand, zog sich zurück und Ryou konnte ihn bald garnicht mehr sehen. Schweißgebadet schreckte Ryou von seinem Bett hoch und riss seine Augen auf. „Mariku?“, rief er verwirrt in das dunkle Zimmer hinein und blickte sich um. Es war nur ein Traum gewesen, aber warum schien er dann so wirklich? Seine Hand tastete zu der anderen Bettseite hinüber. Aber er fühlte nichts. Die andere Seite war kalt und leer. „Mariku?“, sagte Ryou nochmal leise und machte das Licht seiner Tischlampe an. Tatsächlich. Das Bett war außer ihm selbst leer und das scheinbar schon seit einer Weile. Er sah auf die Uhr. Es war kurz nach 2 Uhr Nachts. „Wo ist er?“, flüsterte Ryou zu sich und war verwirrt, als er seinen Freund nicht neben ihm liegen sah. Rasch zog er sich ein langes Hemd über und wanderte durch die Wohnung. Dass er noch ein paar leichte Schmerzen vom Abend spürte, störte ihn nicht. Er war es schon gewohnt. Der Ägypter war weder in der Küche, noch im Bad, noch sonst irgendwo. Letztendlich schaute Ryou im Flur nach Marikus Schuhen, sowie seiner Jacke und sah, dass diese ebenfalls verschwunden waren. Er war hinausgegangen. Aber wohin und warum gerade um diese Uhrzeit? Der Jüngere verstand es nicht und lehnte sich enttäuscht an die Wand, die er langsam hinab glitt. Er frage sich, warum sein Freund mitten in der Nacht verschwunden war, ohne ihm Bescheid zu sagen. Und was noch schlimmer war, hatte er dies schön öfter getan und Ryou war es nicht aufgefallen? Er schüttelte den Kopf und erhob sich wieder. Dann ging er zurück in das Schlafzimmer, um sich anzuziehen. Jetzt war er viel zu hellwach, als dass er hätte weiterschlafen können. Er beschloss, eine Runde spazieren zu gehen. Mariku hatte ihm zwar öfter gesagt, er solle nicht alleine in der Nacht raus gehen, aber Ryou war doch schließlich kein Kind mehr und wenn Mariku sich selbst schon heimlich rausschlich, dann würde er sich das bestimmt nicht von ihm verbieten lassen. Vielleicht würde er so einen etwas klareren Gedanken bekommen, denn es schwirrten ihm tausend Fragen im Kopf herum. Mariku, warum in der Nacht? Warum heimlich? Warum, warum, warum? Es war dunkel und die Nachtluft tat gut. Außerdem war Ryou so in seine Gedanken versunken, dass er nicht auf den Weg achtete, den er entlang ging. Und dann rempelte er versehentlich einen anderen Mann an. „Verzeihung“, murmelte Ryou nur und wollte wieder weiter gehen, wurde aber von seinem Gegenüber festgehalten und an diesen herangezogen. „Macht nichts, Kleiner“, raunte dessen Stimme in sein Ohr und die Hand des Fremden fuhr durch die Haare des Jüngeren. Was sollte das denn? Ryou sah dem Anderen ins Gesicht und konnte kaum glauben, was er sah. Der Mann sah ihm so verdammt ähnlich, dass es ihn schockierte. Allerdings hatte dieser so ein gehässiges Grinsen auf den Lippen, dass Ryou sich sofort unwohl in seiner Nähe fühlte. „Hören Sie auf damit!“, fauchte er und versuchte sich zu entreißen. „Was´ denn los, Kleiner? Hast du es so eilig, dass du nicht mal ´ne Minute Zeit hast?“, waren dessen Worte und er ließ den Jüngeren nicht so einfach los, sondern zog ihn nur noch näher an sich heran. „Ich habe gesagt, Sie sollen das lassen!“, wiederholte Ryou noch einmal und schlug seinem Gegenüber die Hand von seinen Haaren weg. „Ich habe eben keine Zeit!“, gab er bissig hinzu und wollte lieber schleunigst wieder von hier verschwinden. Er fragte sich, in was für eine Gegend er überhaupt gegangen war, dass ihm solche unangenehmen Typen begegneten. In der Dunkelheit konnte er nicht viel erkennen und außerdem stand der Andere ihm so nah gegenüber, dass er nur in dessen Augen sehen konnte, die eine derartige Kälte ausstrahlten, sodass es ihm einen unangenehmen Schauer über den Rücken jagte. „Sei doch nicht so unhöflich“, ließ sich der Fremde nicht beeindrucken und begann einfach damit, an Ryous Ohr zu knabbern. Jetzt bekam der Weißhaarige es mit der Angst zu tun. Denn er merkte auch, dass der Typ zu stark für ihn war, als er versuchte, sich vergeblich gegen ihn zu wehren. „Hören Sie bitte damit auf…“, versuchte Ryou es noch einmal und drehte seinen Kopf zur Seite. Er wollte einfach wieder nach Hause. „Ja stimmt, gehen wir woanders hin“, meinte sein Gegenüber dann und ließ von Ryou ab, aber nur, um ihn am Handgelenk zu packen und mit sich zu ziehen. Der Weißhaarige hob erschrocken seine Augenbrauen an. Er stemmte sich panisch dagegen und versuchte, in die andere Richtung zu laufen, kratzte sogar an der fremden Hand an seinem Handgelenk herum und schrie auf. „Nein, ich werde nirgendwo mit Ihnen hingehen! Lassen Sie mich los, ich schreie um Hilfe!“ In seiner Not wurde Ryou hysterisch. Leider brachte seine Gegenwehr nicht wirklich etwas und er spürte einen plötzlichen Schmerz in seinem Genick, sodass es ihm schwarz vor Augen wurde. ~~~ So langsam kam Ryou wieder zu sich und öffnete seine Augen. Er sah alles noch ziemlich verschwommen, aber er merkte sofort, dass er an einem Ort war, den er nicht kannte. Er sah sich um und lag in einem Bett. Aber der Raum selbst wirkte durch die Steinwände mehr wie eine Höhle, als ein normales Zimmer. Erst nach einigen Sekunden spürte er das Stechen in seinem Kopf. Er erinnerte sich. Der Spaziergang, der Fremde und dann der Schlag, bei dem er bewusstlos auf dem Boden zusammengesackt war. Als er sich an den Kopf fassen wollte, spürte er erst, dass seine Hände an das Bettgestell über seinem Kopf gefesselt waren. Sein Atem wurde stockend und wieder fühlte er Panik in sich aufsteigen. Verzweifelt versuchte er, seine Hände von dem Strick zu lösen, doch sie waren viel zu fest. „Gib dir keine Mühe. Wenn ich etwas mache, dann sitzt es auch richtig!“, ertönte plötzlich eine kühle Stimme in dem Raum, die Ryou heftig zusammenschrecken ließ. Wo kam diese Stimme her? Er sah niemanden. Doch wenn er genau hinhörte, müsste diese Person hinter ihm stehen. Angestrengt beugte er seinen Rücken durch und legte den Kopf so in den Nacken, dass er nach hinten sehen konnte und tatsächlich. Er entdeckte den jungen Mann, den er zuvor auf der Straße getroffen hatte und der ihn wieder mit diesem gehässigen Grinsen in die Augen sah. „Hallo Ryou!“ Was?! Der Jüngere weitete seine Augen, fühlte, wie ihm kalter Schweiß von der Stirn rannte. Woher kannte der Kerl denn seinen Namen? Konnte es sein, dass es kein Zufall war, dass er gerade von diesem Kerl angerempelt wurde? Aber warum? Die Angst kroch ihm unbarmherzig in die Glieder hinein. „Was soll das? Wer sind Sie?“, wollte Ryou mit zittriger Stimme von dem Fremden wissen. Aber dieser antwortete ihm nicht, sondern bewegte sich stattdessen langsam um das Bett herum und stand nun vor dem Gefangenen, welcher ihn nicht aus den Augen ließ. Dieses Grinsen verursachte nur noch mehr Angst in Ryous Innerem. Warum hatte er nur nicht auf Mariku gehört und war zu Hause geblieben? Wo war Mariku überhaupt? Wieso war er verschwunden und hatte ihn alleine gelassen? Mariku, hilf mir doch bitte… flehte Ryou innerlich. Warum denn gerade er? Der Entführer kroch auf das Bett und legte sich langsam über Ryou. Er strich im dessen Haare etwas zur Seite, woraufhin der Jüngere seinen Kopf wegdrehte und die Augen schloss. Nein, er sollte ihn nicht schon wieder berühren! Er sollte von ihm runtergehen! So gerne wollte er sich gegen ihn wehren, doch seine Hände konnte er nicht bewegen und sein Körper wurde von dem des Anderen festgehalten. Er wollte nicht berührt werden! „Ich bin Bakura“, sagte der Fremde dann. Bakura? Diesen Namen hatte Ryou doch irgendwo schon mal gehört. Aber wo? Doch der Jüngere hatte nicht viel Gelegenheit, um lange darüber nachzudenken, als er plötzlich spürte, wie sein Shirt hochgezogen wurde und etwas Kaltes seinen Bauch berührte. Zusammenzuckend von der Kälte sah er hinunter und als er den eisernen Gegenstand erblickte, welcher sich als Messer entpuppte, ließ es ihn die Luft scharf einfahren. „Was hast du vor?“, murmelte er wieder mit ängstlicher Stimme, obwohl er das nicht wollte. Doch er hatte viel zu viel Angst, als dass er sie hätte verbergen können. Bakura beobachtete Ryous ängstliches Gesicht und umklammerte sein Kinn mit zwei Fingern, um dessen Kopf grob anzuheben. Sein Gesicht war dem des Gefangenen nur wenige Zentimeter entfernt. „Das wirst du schon sehen, Ryou!“ Immer noch grinsend, aber mit einer Unheimlichkeit in der Stimme, fuhr Bakura das Messer an Ryous Bauch entlang zur Brust, wobei sich ein kleiner roter Streifen bildete. Das spüre Ryou zwar, aber es tat nicht sonderlich weh. Dennoch rührte er sich nicht und war wie versteinert vor Angst. Der Kerl würde noch viel weiter gehen, bestimmt. Was sollte Ryou nur tun? Schreien? Doch brachte dies wirklich etwas? Sein Gegenüber war doch sicher nicht so dumm gewesen, bestimmt würde ihn hier keiner hören. Außerdem war die Gefahr viel zu groß und Ryou hatte zu viel Angst, um jetzt einfach los zu schreien. Dafür war Bakura ihm zu überlegen. „Bitte, sag was du von mir willst…“, flehte Ryou leise und sah dem Älteren in dessen gefährliche, rotbraune Augen. Das Messer setzte seinen Weg zu Ryous Wange fort und hinterließ auch dort einen kleinen, aber tieferen Schnitt, was diesen kurz aufkeuchen ließ. Er hatte Mühe, sich einige Tränen zu unterdrücken, schaffte es aber. „Du willst wissen, was ich will?“, zischte Bakura. Jetzt war sein Grinsen verschwunden und er sah Ryou eiskalt an. Dieser nickte nur, weil er sich kaum zu sprechen wagte. „Ganz einfach, du sollst Mariku in Ruhe lassen!“ Mariku in Ruhe lassen? Mariku?! Weshalb denn und was hatte das alles zu bedeuten? Aber auch hier hatte der Jüngere keine Gelegenheit, weiter darüber nachzudenken. Die Hand Bakuras umfasste Ryous Kinn noch fester und das Gesicht des Älteren rutschte noch ein Stück näher an ihn heran. Das Messer behielt den gleichen Platz wie vorher. „Hast du das kapiert, Ryou!“, wurde die Stimme noch kälter und eindringlicher. Ryous Augen kniffen sich etwas zusammen, aber sahen Bakura trotzdem noch an. „Mariku? Wieso in Ruhe lassen? Ich verstehe das nicht…“, wimmerte der Jüngere verwirrt. „Du hast Mariku den Kopf verdreht! Wegen dir hat er sich verändert und konzentriert sich nicht richtig auf seine Aufgaben!“, erklärte Bakura daraufhin, während er mit seinem Messer leicht über die Kehle des Jüngeren fuhr und beobachtete, wie dieser unter der Berührung noch mehr Angst bekam. „Was denn für Aufgaben? Ich weiß nicht, was du meinst...“ Die Stimme des Gefangenen wurde immer leiser und zitternder. Er verstand überhaupt nichts mehr und spürte, wie ihm vor Angst das Herz stehen blieb. Dies verleitete Bakura wiederum zu einem gehässigen Grinsen. „So, Mariku hat es dir nicht erzählt? Wundert mich auch gar nicht“, erwiderte er daraufhin und lachte kalt auf. „Mariku ist…“, begann er dem Kleineren in sein Ohr zu flüstern, wurde dann aber durch eine laute und selbstsichere Stimme unterbrochen. „Bakura, halt deine verfluchte Schnauze und lass ihn sofort in Ruhe!“ Bei diesen Worten zuckte der Angesprochene unwillkürlich zusammen und ließ von Ryou ab. Dieser atmete erstmals tief erleichtert auf, als er spürte, wie sein Gegenüber ihn losließ und sah dann zu der Richtung, aus welcher die Stimme zu hören war. „Mariku, was machst du denn hier? Hast dich ja ewig nicht mehr hier blicken lassen!“, stellte Bakura mit ziemlicher Erstaunlichkeit fest, denn er hatte eigentlich gedacht, dass er hier ungestört war. „Hör auf mit dem Scheiß und lass Ryou gefälligst zufrieden!“, befahl Mariku dem Weißhaarigen. Dieser aber leckte nur genüsslich über sein Messer entlang, an dem noch einige Tropfen Blut von Ryou klebten und grinste. „Hey komm schon, etwas Spaß wird wohl noch erlaubt sein. Wo ist nur der alte Mariku hin?“ Mariku hingegen fand das gar nicht lustig und verfinsterte seine Miene. „Bakura, das ist kein Scherz! Mach Ryou sofort wieder los!“ Sein befehlerischer Ton wurde lauter. Doch das beeindruckte Bakura herzlich wenig und er näherte sich Ryou immer noch grinsend. „Gern.“ Mit diesem Wort durchschnitt er den Strick, der Ryous Hände an das Bett gefesselt hatte. Der Jüngere allerdings schrie auf, da Bakura absichtlich so tief geschnitten hatte, dass er dessen Handgelenke auch erwischt hatte. Das Blut rann über Ryous Arme und tropfte auf das Bett. Er hielt sich die Handgelenke an den Körper, drehte sich zur Seite und wimmerte vor Schmerz. „Bakura, was soll das!?“ Wütend darüber näherte sich Mariku einen Schritt auf den Weißhaarigen, blieb aber stehen, als der Angesprochene sich wieder umdrehte und die Messerspitze auf den Ägypter richtete. „Ich hab nur das getan, was du gesagt hast, Mariku!“, meinte er leicht zornig und verdunkelte seinen Blick. „Was ist überhaupt los mit dir, Mariku? So kenne ich dich gar nicht. Früher warst du ganz anders!“ Er deutete mit dem Messer zu dem Jüngeren, der zusammengekauert auf dem Bett lag. „Dieser kleine Bastard hat dir den Verstand geraubt!“ Doch Mariku schüttelte nur den Kopf. „Nein, hat er nicht. Ich hab dir schon mehrmals gesagt, dass ich freiwillig damit aufgehört habe! Und jetzt lass ihn gefälligst in Ruhe, er hat damit überhaupt nichts zu tun...“ Mariku wollte noch weiter reden, aber Bakura unterbrach ihn. „Das stimmt nicht!“ Die Stimme des Weißhaarigen wurde lauter. „Du hast dich erst verändert, nachdem er auf der Bildfläche erschienen ist! Davor warst du oft hier und hast deine Aufgabe immer ordentlich ausgeführt. Ryou ist der Grund für deine Veränderung! Nur ER!“ Mariku wusste nicht, wie Bakura überhaupt von Ryou erfahren konnte. Er hatte ihm nie etwas von seinem Freund erzählt und immer mit Bedacht darauf geachtet, dass niemand von Ryou erfährt, weil er genau das verhindern wollte, was hier geschah. „Bakura, hör auf damit!“, schrie er den Jüngeren an. „Nein!“, widersprach dieser ebenso laut. „Du hast doch keine Ahnung, was du wegen ihm alles aufgibst, Mariku! Der kleine Idiot verlässt dich doch nur. Er macht dich unglücklich und am Ende bist du wieder einsam!“ Dies sagte er mit so einer Sicherheit im Ton und Mariku wollte gerade etwas daraufhin erwidern, doch es meldete sich eine andere Stimme zu Wort. „Nein…“ Immer noch zittrig, aber etwas standhafter als zuvor, sah Ryou die Beiden an. „Was willst du denn jetzt!?“ Abfällig sah Bakura den Jüngeren an, der sich nun aufgesetzt hatte. „Du hast doch überhaupt keine Ahnung, du kleiner Idiot! Soll ich dir sagen, wer Mariku wirklich ist?“, grinste der Weißhaarige Ryou dann verächtlich an. „Soll ich?“ wiederholte er noch einmal. „Bakura, halt deine Fresse!“, zischte Mariku. Doch dieser hörte nicht auf den Ägypter. „Mariku ist ein Auftragskiller! Jawohl, ein Mörder! Hast du das gehört, Kleiner!?“, platze Bakura dann einfach heraus. Mörder? Mariku? Diese Worte hallten so stark in Ryous Ohren nach, dass ihm unkontrollierte Tränen in die Augen schossen. Er verbarg seinen Kopf in seinen Händen und begann zu schluchzen. Das konnte nicht wahr sein! Das wollte er einfach nicht glauben, was Bakura da eben gesagt hatte. Sollte das etwa heißen, dass Ryou die ganze Zeit mit einem Mörder verbracht hatte? Und auch noch bei ihm wohnte? Das konnte er sich einfach nicht vorstellen, Mariku war doch so… so… Er hatte ihm nie etwas Böses getan. Nie. „Bakura!“ Ohne weiteres Zögern krallte Mariku seine Hand in Bakuras Hals. Außerdem packte er dessen Handgelenk so stark, dass der Weißhaarige das Messer fallen lassen musste, und sah im eiskalt in die Augen. „Verschwinde sofort von hier, bevor ich mich gleich vergesse!“ Diese Worte waren leise, aber klangen extrem bedrohlich. Selbst Bakura fürchtete sich jetzt vor Mariku. Zum einen, weil dieser in manchen Situationen wirklich unberechenbar sein konnte, egal, wie gut er ihn kannte. Und zum anderen hätte er gegen Mariku auch keine Chance gehabt. Schweigend riss sich Bakura von dem Älteren los und lief an ihm vorbei in Richtung Ausgang, wo er noch einmal kurz stehen blieb, ohne sich jedoch umzudrehen. „Mariku, er wird dich unglücklich machen!“, waren seine letzten Worte, ehe er dann verschwand. Mariku wartete noch einige Sekunden, bevor er dann zu Ryou ging. Vorsichtig legte er eine Hand auf dessen Schultern. Jedoch schlug der Jüngere seine Hand wieder weg und würdigte ihm keines Blickes, sondern hielt sein Kopf immer noch gesenkt. „Ryou ich...“ doch weiter kam er nicht, da er prompt von ihm unterbrochen wurde. „Warum hast du es mir nicht gesagt?“ Ryou konnte immer noch nicht glauben, dass es so sein sollte. Er wollte, dass Mariku ehrlich zu ihm ist. Zugegeben, wenn Mariku es ihm von Anfang an gesagt hätte, dann hätte er ihn für verrückt gehalten und wäre sofort wieder verschwunden. Aber jetzt? Was war mit jetzt? Er hatte Mariku kennengelernt und hatte sich unsterblich in ihn verliebt. Mit all seinen Eigenarten. Was sollte er jetzt nur darüber denken? „Ich…“ Mariku fielen keine Worte ein. Er wollte Ryou doch nur schützen. Ihn aus der Sache heraushalten. Und außerdem hatte er Angst, dass Ryou ihn dann verlassen würde und das wollte er nicht. Doch nun hatte sein Freund es erfahren und das Schlimmste daran war, dass er es ihm nicht einmal selbst gesagt hatte. „Ryou“ Diesmal würde Mariku ihn nicht mehr belügen, sondern die Wahrheit sagen. Es war sowieso schon zu spät für irgendwelche Ausreden. „Kannst du einem Mörder sagen, dass du ihn liebst?“ Der Jüngere hatte nicht mit dieser Frage gerechnet, sondern damit, dass Mariku wieder nach Ausreden suchte. Dass er es leugnete oder behaupten würde, dass Bakura lügen würde. Doch er tat es nicht. Also war es tatsächlich wahr. Bakura hatte Recht mit dem, was er gesagt hatte. „Ich weiß es nicht“, kam es zur ehrlichen Antwort des Kleineren, worauf das Herz des Älteren fast zu schlagen aufhörte. Er hob langsam den Kopf und sah in Marikus erschrockene Augen. „Ich weiß aber, dass ich bei dir bleiben will, Mariku…“, vervollständigte er seinen Satz nun langsam und flüsternd. Ja, Ryou wollte nicht gehen. Vielleicht war er ja verrückt, aber er wollte es einfach nicht. Der Angesprochene zuckte bei den Worten zusammen und konnte nicht anders, als seinen Freund fest in die Arme zu nehmen. Und er spürte, wie dieser zitterte. „Mariku… Ich will nur nicht, dass du mich anlügst. Sei einfach nur ehrlich zu mir.“ Diese Worte klangen erstickend, da Ryou seine weiteren Tränen nicht zurückhalten konnte. Er drückte sich fest an diesen starken Körper und klammerte sich mit den Händen an dessen Hemd fest. Trotz der Schmerzen, die er durch die Schnitte verspürte, wenn er seine Hände so fest anspannte, lies er Mariku nicht los. Der Ägypter nahm Ryou auf seine Arme und brachte ihn nach Hause, wobei der Jüngere vor Erschöpfung einschlief, bevor sie ankamen. In der Wohnung legte Mariku seinen Freund auf das Sofa und deckte ihn zu. Als er wieder gehen wollte um etwas Verbandszeug zu holen, wurde er von Ryou am Arm festgehalten. Er blickte den dösenden Jungen an. Der Weißhaarige hatte seine Augen geschlossen, öffnete diese aber leicht. „Mariku, bitte bleib da...“, flüsterte er leise und ließ den Älteren nicht los. Das meiste Blut an seinen Armen war bereits eingetrocknet und Mariku fand, dass es ein schrecklicher Anblick war, seinen kleinen Freund so zu sehen. „Ryou, ich muss mich um deine Wunden kümmern.“ Die Augen des Liegenden schlossen sich wieder, diesmal krampfhafter. „Bitte Mariku.. mach es später... Aber geh jetzt nicht weg von mir.“ Die Stimme klang zitternd und flehend. Ryou wollte einfach Gewissheit haben, dass sein Freund bei ihm war, sonst konnte er nicht in Ruhe einschlafen. Er hatte immer noch Angst vor dem, was geschehen war und fühlte sich in dem Moment nur in Marikus Nähe sicher. Er sollte ihn nicht schon wieder alleine lassen. Der Ältere lächelte sanft, setzte sich zu dem Anderen auf das Sofa und legte seine Hand auf dessen Wange. „Schht, Ryou. Schlaf, ich bleibe hier“, sagte er mit beruhigenden Worten, ehe Ryou wieder einschlief. Einige Stunden vergingen. Beide lagen auf der Couch und schliefen so lange, bis Ryou als erster seine Augen langsam öffnete. Er wollte sich aufrichten, indem er sich auf die Hände stütze, fiel aber gleich wieder zurück, da er die Schmerzen und sein Schwindelgefühl durch den hohen Blutverlust unterschätzt hatte. Keuchend drehte er seinen Kopf etwas zur Seite, wo er dann den Ägypter schlafend neben ihm liegen sah. Er küsste ihn sanft, so dass auch dieser langsam erwachte und Ryou direkt in die Augen sah. Schnell huschte Mariku hoch und fing sich einen überraschenden Blick des Jüngeren ein. „Was ist los?“, wollte Ryou wissen. „Scheisse! Ich wollte nicht einschlafen!“ „Macht doch nichts... Ich bin froh, dass du da bist.“ Ryou lächelte. Sich die Taille leicht kratzend stand Mariku auf, um nun den Verbandskasten aus dem Schrank zu holen. Er kniete sich vor den Weißhaarigen und besah sich dann dessen Handgelenke. Ryou drehte seinen Kopf leicht weg, als er den schuldbewussten Blick von Mariku sah. Er konnte doch eigentlich nichts dafür, dass so etwas passiert war, genauso wie Ryou nichts dafür konnte, dass er sich in Mariku verliebt hatte. Zuckend zog Ryou seine Hand zurück, als er spürte, wie der Ältere ihn mit einem Desinfektionsmittel das eingetrocknete Blut abwischte. „Das brennt, ich weiß“, erklärte Mariku ruhig. Der Verletzte nickte nur und hielt ihm seine Hände wieder hin, damit er sie in Ruhe verbinden konnte. Geistesabwesend blickte der Jüngere den weißen Verband an, während nun seine Wange an der Reihe war. „Mariku, stimmt es, dass du damit aufgehört hast?“ Die Frage brannte ihm einfach auf der Seele, hatte er doch dem Gespräch zwischen ihm und Bakura gelauscht. „Ja“, antwortete Mariku standhaft und wusste natürlich, was Ryou meinte, während er ihn weiter verarztete. „Und was ist mit… Bakura?“ Bei dem Namen erzitterte Ryous Stimme wieder. „Um ihn musst du dir keine Sorgen mehr machen. Ich werde schon dafür sorgen, dass er dich nie wieder belästigt.“ Ryous Augen weiteten sich und er drehte seinen Kopf so schnell zu Mariku um, dass ihm die kleine Kompresse, mit der er gerade das Blut abwischte, aus der Hand fiel. „Du willst doch nicht etwa…?“ „Nein!“, unterbrach ihn Mariku hastig. Wohl wissen, was er gerade sagen wollte und schüttelte bestätigend den Kopf. Ryou schüttelte selbst wieder den Kopf über seine kurzen Zweifel. „Ryou, ab jetzt werde ich ehrlich zu dir sein. Und ich werde nichts mehr tun, was dich irgendwie verletzten könnte.“ Die Worte Marikus waren eher ein Flüstern. Ryou spürte seinen Atem an der Wange, ehe er die sanfte Zunge vernahm, die das wenige Blut aufleckte. Es brannte leicht, aber es war nicht unangenehm. Er spürte, wie der Ägypter ihn wieder auf das Sofa zurückdrängte und ihn weiter bis über den Hals leckte. „Jedenfalls nichts, das du nicht auch selbst willst“, schob Mariku dann noch selbstgefällig hinterher und grinste wieder. Warum hatte Ryou es irgendwie nicht anders von dem Älteren erwartet? Er musste lachen, weil es einfach wieder typisch Mariku war. Nur dieses Mal würde er ihn nicht mehr mit seinen zweifelnden Fragen abweisen. Es hatte sich doch im Grunde nichts zwischen ihnen verändert. Mariku war nach wie vor der Macho geblieben, der er schon immer war und den Ryou so sehr an ihm liebte. Mit der einzigen Ausnahme, dass der Ägypter jetzt ein ehrlicher Macho war und Ryou langsam lernen konnte, mit der Vergangenheit von Mariku umzugehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)