雨の中で叫ぶ - Shout in the rain von Ai_Mikaze (Fortsetzung von "Sky" [Otoya/Shou]) ================================================================================ Kapitel 1: Shout in the rain ---------------------------- Seitdem Sommercamp waren nun schon unglaubliche drei Wochen vergangen. Drei Wochen, die ich inhaltlich als nicht sonderlich spannend bezeichnen konnte, denn die Prüfungen standen an und wir hatten allerhand zu tun, um bestmöglich abzuschließen. Aber was sollten wir nun noch großartig tun? In fünf Tagen würde die erste Prüfung beginnen und ich ging davon aus, dass nicht nur ich genug vom Lernen hatte. Irgendwann musste auch mal eine Pause sein. Shou ging mir die Tage aus dem Weg, nachdem wir zurückgekommen waren, obwohl ich es ihm nicht verübeln konnte. Wir waren seit jenem Tag zusammen und konnten uns kaum voneinander trennen. Hinzu kam die Tatsache, dass wir weder ein Zimmer zusammen hatten noch in dieselbe Klasse gingen. Somit sahen wir uns nur bei zufälligen Begegnungen. Es war schwer für mich. Sehr schwer. Vielleicht ging es ihm genauso, vielleicht konzentrierte er sich aber auch nur auf den Stoff. Doch genau genommen brachte es nichts, sich den Kopf darüber zu zermartern, denn ändern würde es doch nichts. Ich musste nun schon gut zwei Stunden in der Cafeteria sitzen, lag mit dem Kopf auf dem Tisch und ignorierte sowohl Masato als auch Natsuki, die mir mit ein paar Heften gegenüber saßen und so taten, als würden sie lernen. Wie schafften es eigentlich Masa und Ren, eine Beziehung zu führen, wenn sie in etwa dasselbe durchlebten wie Shou und ich? Wo waren ihre geheimen Treffpunkte oder ihre Sehnsucht zueinander? Waren sie überhaupt Menschen, die so etwas fühlten? Ich runzelte die Stirn. Wirklich schwer vorstellbar, dass die beiden diese Art von Gefühle hatten. „Otoya“, hörte ich Natsuki meinen Namen rufen, doch ich reagierte nicht. Lass mich in meinen Gedanken und geh Masa auf die Nerven, wenn es sein muss. Oder Nanami, die ich auch schon lange nicht mehr gesehen hatte. Übrigens Natsuki: Shou hatte ihm immer noch nichts erzählt. Das letzte Mal, als ich ihn darauf angesprochen hatte, hatte er zu mir gemeint, dass er es im Moment nicht für nötig hielt, ihm irgendwas zu sagen. Das war allerdings ein Zeitpunkt gewesen, zudem wir uns noch im Camp befunden hatten. „Was ist denn?“, fragte ich nach, als man anfing, unsanft an meiner Schulter zu rütteln. Ich war wirklich nicht in der Stimmung, um Gespräche zu führen oder jemandem einen Gefallen zu tun. Und wenn sie mit Schulstoff ankamen, dann wäre ich am liebsten aufgestanden und davon gerannt. Es lag zwar nicht in meiner Natur, so niedergeschlagen zu sein, doch irgendwie nagte es doch an meinen Nerven, dass ich Shou nicht sehen konnte. Nicht sehen, nicht hören, nicht anfassen … es war einfach alles, was nicht vorhanden war. Da war es doch vollkommen normal, dass es mir nicht gut ging, oder? „Du solltest vielleicht ins Bett gehen, wenn du müde bist“, klang Natsuki ein wenig besorgt um mich, erntete dadurch jedoch nur ein Kopfschütteln meinerseits. Und dafür musste man mich jetzt aus den Gedanken holen? Aber, um noch einmal auf den Punkt zu kommen: Ich vermisste Shou. Bestimmt saß er mit Ren und den anderen aus seiner Klasse irgendwo und versuchte, das komplexe System der Musik auswendig zu lernen. Ein etwas schwierigerer Stoff als der, den wir dieses Jahr durchnahmen. Ich verstand sowieso nicht so richtig, warum er in dieser Klasse war. Tokiya hatten sie sogar rausgeworfen und wenn ich mich nicht irrte, dann war er gar kein so schlechter Schüler gewesen. Als ich kurz meinen Blick auf Masa richtete, konnte ich deutlich sehen, dass dieser scheinbar genau wusste, was mir fehlte oder besser gesagt, wer mir fehlte. Warum war es so schwer, es geheim zu halten? Und warum mussten wir es überhaupt geheim halten? Nach kurzem Überlegen wurde mir allerdings klar, dass Shou eine sehr große weibliche Fangemeinde hatte und es der Schule vielleicht schaden könnte. Nun sollte es also so weitergehen? Nach den Prüfungen waren Ferien und die Chance, dass wir sie zusammen verbringen konnten, standen etwa eins zu einer Million. Ferien? Was waren schon Ferien? Sechs Wochen, die wir komplett getrennt voneinander verbringen mussten? Also in etwa dasselbe, was im Moment auch an der Tagesordnung war. „Wie wäre es, wenn ihr mal eine Pause macht?“ Wann war Ren denn hier aufgetaucht und hatte sich ganz unbemerkt hinter Masa gestellt, ohne dass ich es mitbekommen hatte? Flüchtige Blicke, sie streiften sich nur kurz, doch waren sie trotzdem vorhanden. Na, immerhin konnten sich die beiden sehen. Irgendwie jedenfalls. Ob es daran lag, dass sie einfach schon viel länger zusammen waren und mehr Erfahrungen hatten als wir? Wie lange überhaupt …? „Hast du Shou gesehen?“, fragte ich, richtete mich dabei rasch auf und blickte Ren durchdringend an. Vielleicht war dies ein wenig zu schnell, denn der überraschte Blick Natsukis und Rens Grinsen verrieten nichts Gutes. „Ich hab ihn heute noch nicht gesehen“, antwortete Ren mir höflicherweise und es sah so aus als hätte er Masas Schulter absichtlich kurz berührt. Es war schon Wahnsinn, was einem plötzlich auffiel, wenn man etwas wusste. „Er ist mit ein paar Mädchen auf dem Dach.“ Wie bitte? Tokiya war nicht minder überraschend neben mir aufgetaucht und hätte mich fast zu Tode erschreckt. Aber nicht mit der Tatsache, dass er so unerwartet da war, sondern wegen dem, was er mir eben mitgeteilt hatte. Mädchen? Alleine? Mit Shou auf dem Dach? Mein Kopf neigte sich erneut in die Richtung des Tisches und hätte fast schmerzhafte Bekanntschaft damit gemacht, wenn mich Tokiya nicht so unsanft nach oben gerissen hätte. Ging er heimlich trainieren, während ich schlief? „Ähm?“, wunderte ich mich und sah ihn fragend an, ehe er mich wieder losließ und mich unhöflich zur Seite schob, nur um sich auf meinen Platz zu setzen. Als wäre nicht genug Platz an diesem Tisch gewesen. „Du hast was zu tun“, hörte ich von ihm und runzelte die Stirn. Hatte ich das? Wollte ich irgendetwas tun und hatte es nur vergessen? Shou! Aber ich war auch nicht viel besser als Shou und hatte Tokiya nicht ein Wort über uns erzählt. Natürlich war Tokiyas Auffassungsgabe schon immer sehr gut gewesen und die Tatsache, dass ich viel über Shou redete, war auch noch da, aber war es denn tatsächlich so auffällig gewesen? Nur wenn dem wirklich so war, dann war Natsuki der Einzige der nichts von uns wusste. „Ich bin mal in der Bücherei“, log ich um Natsukis Illusion weiterhin aufrechtzuerhalten. Wenn es sowieso schon die halbe Schule wusste, konnte es ja vielleicht besser werden ... oder? Mit einem flauen Gefühl im Magen hatte ich mich schnell auf den Weg zum Dach gemacht. Dummerweise hatte ich das Glück, dass sich der einzige Aufgang dorthin auf der anderen Seite des Schulgebäudes befand und ich erst einmal im Kreis laufen musste. Oben angekommen hatte ich gar keine Lust mehr weiterzugehen, doch andererseits konnte es nicht so schlimm werden, wie ich es mir auf dem Weg ausgemalt hatte. Ruhig trat ich durch die offene Tür zur Dachterrasse und erhaschte einen Blick nach draußen. „Ein paar Mädchen?“, flüsterte ich fragend zu mir selbst und versuchte Tokiyas „paar“ genauer zu definieren. Hatte man ihm denn nie das Zählen beigebracht? Ich hatte mit einer ganzen Gruppe Mädchen gerechnet, wie immer halt, doch hier oben befanden sich nur zwei Personen. Mich nicht eingerechnet. Und zu allem Überfluss stand sie mit dem Rücken zum Gitter und Shou hatte seine Hände direkt neben ihr positioniert. Sie waren sich nahe, sehr nahe. Viel zu nahe für meinen Geschmack. Ich schluckte stark und unterdrückte das Gefühl einer aufkommenden Übelkeit. Was sollte das Ganze? Ich konnte von hier aus weder hören was sie sagten noch sehen, wer dieses Mädchen war. Ein kurzer Blick in den Himmel verriet mir ebenfalls, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis es regnete. Eine kleines Detail, auf das ich achtete, seitdem ich Shou näher kannte. Aber was sollte nun diese Vertrautheit und diese Geheimnistuerei? War das der eigentliche Grund warum mir Shou die ganze Zeit aus dem Weg ging? Ich sollte gehen. Es war besser, wenn er nicht sah, dass ich hier war. Er konnte sich nicht einmal herausreden, wenn ich ihn darauf ansprach, denn er war über ihr und es sah nicht so aus, als würde sie ihn bedrängen. Ich war ein Feigling. Ein elendiger Feigling, der nur hier stand und mit ansah, wie der eigene Freund über einer anderen lehnte. Die Person, die ich am meisten liebte, der ich mein ganzes Herz geschenkt hatte und für dich ich all die Wochen versucht hatte, es geheim zu halten, damit keine Gerüchte entstanden. Für dich. Nicht für mich, sondern für dich. Mir war es egal, was die anderen sagten, ob sie mich ignorierten oder mir irgendetwas an den Kopf warfen, doch dir war das nie egal. Dir war es auch jetzt nicht egal und deswegen warst du wohl hier … Warum hast du nicht mit mir geredet? „Otoya …“ Mit einer sehr dummen Aktion, die mich über meine eigenen Beine stolpern ließ und mich sozusagen direkt auf den Präsentierteller legte, machte ich doch tatsächlich auf mich aufmerksam. Nun … da hatten ich sie also erwischt. Bei frischer Tat, wenn man es genau nehmen wollte. „Ittoki-kun“, erklang dabei noch eine weibliche bekannte Stimme. Nanami? Was zum … ? „Tut mir leid, dass ich euch störe.“ Eiskalt, wie man es normal nicht von mir gewohnt war, entschuldigte ich mich für mein Eindringen in ihre Privatsphäre und richtete mich wieder auf. Wem sollte ich schon einen Vorwurf machen? Im Moment kam ich mir nur wie ein dummer Stalker vor, der sich in eine peinliche Situation gebracht hatte. „Es ist nicht so … wie es aussieht.“ Shous zögerliches Antworten und sein schüchterner Blick ließen mich diese Lüge fast glauben. Es war doch immer so. Natürlich war es nicht so, wie es aussah. Wenn Filmemacher dafür einen Cent pro Aussage bekommen würden, hätten sie locker ein paar Millionen mehr auf dem Konto. „Wenn du noch mehr sagst, verrätst du dich“, kam ich ihm ein wenig entgegen. Sicher hatte er ihr nichts von uns erzählt. Warum auch? Das würde nur einen negativen Schatten auf ihn werfen und wenn sie wirklich … nein! Sie konnten nicht zusammen sein. Jedenfalls nicht solange ich noch mit ihm zusammen war. Was stimmte hier noch gleich nicht? Vorsichtig ging ich einen Schritt zurück, hörte ein leises Grollen im Himmel und konnte deutlich erkennen wie Shou sich unsicher umsah. „Wir sollten es … lassen“, versuchte ich schmerzlich auf etwas anzuspielen, was ich nicht wahrhaben wollte. Ein normales Gespräch unter zwei Augen wäre besser gewesen, aber auf diese Art und Weise war es kurz und schmerzlos. Keiner würde Fragen stellen, keiner würde weiter darauf herumhacken oder nur auf die Idee kommen, dass wir einmal zusammen gewesen waren. Ja – gewesen waren. „Bitte?“ Wirklich, wenn er so weitermachte, könnte man ihm fast abkaufen, dass es tatsächlich nicht so wahr, wie es aussah. „Viel Glück bei den Prüfungen.“ Mit diesen Worten drehte ich mich um, konnte eine Träne trotzdem nicht unterdrücken und lief zurück in das Treppenhaus, die Treppen nach unten und direkt aus dem Schulgebäude. Ich war einfach davon gerannt, wie ein kleines Mädchen, das seinen Willen nicht bekommen hatte. Irgendwohin aufs Schulgelände, während sich der Himmel immer weiter zuzog und die ersten Tropfen meine Haut berührten. In diesem Augenblick wurde mir klar, dass ich Shou verloren hatte. Vielleicht hatte ich zu voreilig gehandelt oder hatte die Szene tatsächlich missverstanden, allerdings zeigten mir die letzten Tage das Gegenteil. Hier draußen war es leer, denn der Regen wurde stärker und die Schüler waren noch immer mit ihren Schulsachen beschäftigt. Stehen geblieben war ich hinter einem Gebüsch bei einem Pavillon und blickte auf den See vor mir. Ich hatte so viele Gedanken im Kopf, dass ich nicht einen richtig zuordnen konnte. Es war unerträglich. So richtig unerträglich. So war es nun mal, wenn man etwas haben wollte, was man nicht haben konnte. Ich hatte mir nie Gedanken darum gemacht, dass wir zwei männliche Wesen waren, die sich liebten, und auch nicht darum, was in Zukunft werden würde. Ich wollte nur das Hier und Jetzt genießen. Wir waren nur wenige Meter voneinander entfernt, doch auf dem Dach hatte ich das Gefühl gehabt, dass es einige Millionen gewesen sein mussten. Da war ich nun. Allein. So wie ich war. Mein Blick weilte starr auf dem unruhigen See vor mir, welcher die immer stärker werdenden Tropfen in sich aufnahm. Das Grollen im Himmel wurde auch immer stärker und sogar einige Blitze huschten über den dunklen Himmel. Was Shou jetzt wohl machte? Wahrscheinlich hatte er sich irgendwo verkrochen und wartete, bis das Gewitter vorbei war oder ... war mit Nanami unterwegs. „Otoya“, hörte ich plötzlich hinter mir eine vertraute Stimme mit ein wenig Sorge darin. Was wollte er noch von mir? War das Gespräch auf dem Dach nicht deutlich genug gewesen? Er sollte glücklich sein und aufhören, mir … Moment! Er war hier? Ich drehte mich neugierig um, um sicherzugehen, dass ich es mir nicht nur einbildete, und da stand er. Direkt vor mir, inmitten eines Gewitters, um mir nachzulaufen. „Was?“, fragte ich desinteressiert nach und versuchte, nicht viel von meinen Gefühlen durchschimmern zu lassen. „Du verdammter Idiot! Ich hab dich überall gesucht.“ Erschrocken wich ich etwas zurück. Ich hatte Shou noch nie wütend erlebt und mir gegenüber war er auch noch nie so laut geworden. „Was machst du hier?“, entgegnete ich, ohne auf seine Aussage einzugehen. Mir war durchaus bewusst, dass er mich gesucht haben musste, sonst wäre er nicht hier. Doch viel interessanter war die Tatsache, dass er bei einem Gewitter draußen stand, obwohl ich genau sehen konnte, wie viel es ihm abverlangte. „Verdammt … ich hab doch gesagt, dass ich dich gesucht habe. Du bist einfach davongelaufen, ohne mir zuzuhören.“ Das stimmte. Eine unanfechtbare Wahrheit, die ich nicht leugnen konnte, selbst wenn ich es wollte. „Du solltest reingehen.“ Zu was war ich bitte mutiert? Zu einer besorgten Mutter, die nicht wollte, dass ihr Kind im Regen spielte? Oder wollte ich einfach nur die Wahrheit nicht hören, welche auch immer es war? „Hör mir doch endlich einmal zu“, schrie er mich erneut an. Ich musste zugeben, dass er mir ein wenig Angst machte, doch genauso gut konnte ich sehen, wie ernst er es meinte. „Das mit Nanami … du musst dir keine Gedanken machen. Es war irgendwas inszeniert oder so was in der Art“, versuchte Shou mir zu erklären und sah dabei immer wieder ängstlich in den Himmel. Das war vielleicht der Grund, weshalb sein Satz nicht gerade viel Sinn ergab. Was er mir damit jetzt allerdings sagen wollte, konnte ich mir weiterhin nicht ausmalen. „Ren meinte, es wäre das Beste, wenn sie denken, dass ich eine Freundin habe. Damit mich die anderen in Ruhe lassen und wir nicht ständig Angst haben müssen, entdeckt zu werden. Nanami hat einfach mitgespielt.“ Ren? Hatte ich ihn vorher nicht erst gefragt, ob er wüsste wo Shou steckte? „Aber Tokiya hat mir gesagt wo du bist.“ „Das hat Ren auch irgendwie eingefädelt. Du kennst ihn doch.“ Wenn man länger darüber nachdachte, ergab es wirklich Sinn, denn man konnte Ren so etwas wirklich zutrauen. „Mir ist es jetzt jedenfalls egal was er vorhatte und was nicht. Ich hab einen Fehler gemacht und bin dir aus dem Weg gegangen. Ich … liebe dich. Und dass ich jetzt hier stehe, sollte der beste Beweis sein.“ Schweigend hörte ich ihm zu, sah ihm in die Augen und konnte Wort für Wort sehen, wie ernst er es meinte. Dieses Blitzen war eindeutig und ich musste wohl oder übel zugeben, dass ich Unrecht hatte. „Nein, mir tut es leid“, gestand ich ihm. Sehnsucht war böse, doch bewies sie nur, wie viel er mir bedeutete und dass die Angst, ihn zu verlieren, von Tag zu Tag größer wurde. Wenige Schritte nach vorn folgten und ein kurzer Handgriff, um Shous Haare aus seinem Gesicht zu streichen, nur damit ich ihn kurz darauf fest in meine Arme ziehen konnte. „Kleiner Idiot … ich weiß doch, wie viel Angst du vor Gewitter hast“, wisperte ich gegen seine Haare und hielt ihn schützend in meinen Armen. Und trotzdem war er hier. „Darf ich dich … küssen?“, fragte er und blickte mich von unten her schüchtern an. Selbst wenn ich durch den dichten Regen nicht alles erkennen konnte, fehlte mir dieser niedliche Anblick ungemein. Ich schenkte ihm nur ein kurzes Nicken und kam ihm helfend entgegen, ehe sich unsere Lippen endlich wieder berührten. Ein leicht salziger Geschmack machte sich in meinen Mund breit, als ich zögernd über seine Lippen leckte. Hatte er etwa … geweint? Wegen mir? Wir mussten ziemlich lange im Regen gestanden und uns geküsst haben, denn als wir zurück in unserer Unterkunft der Schule waren, sahen uns alle nur komisch an. Ren hatte ein komisches, zweideutiges Grinsen aufgelegt, Masa versuchte, sich dem immer noch zu entziehen, Tokiya war sich ebenfalls keiner Schuld bewusst und Natsuki konnte man sehr gut ansehen, wie die Fragezeichen über seinem Kopf herumschwirrten. Ren war dennoch sehr frei und hatte sich bereiterklärt, Natsuki etwas abzulenken. Zu Masas Leidwesen, wie man sagen konnte, denn Ren schien ihn wirklich zu allem mitzuschleppen und ihm keine freie Minute mehr zu lassen. Egal. Fakt war, dass Shou und ich nun in Shous und Natsukis Zimmer waren, welches wir für uns alleine hatten. Zum ersten Mal richtig allein. Ich vertraute Ren ausnahmsweise einmal, sperrte die Türe vorsichtshalber trotzdem ab. Die anderen wussten inzwischen, dass wir zusammen waren und Ren hatte es scheinbar Tokiya gesteckt, ehe ich es tun konnte. Ich war ihm dankbar, dass er mir diese Arbeit abgenommen hatte, solange Tokiya mir deswegen nicht böse war. „Willst du noch länger auf die Tür starren oder dich endlich ausziehen?“, schnurrte Shou dicht hinter mir in mein Ohr und strich mir über das nasse Oberteil. Stimmte ja – wir waren immer noch komplett durchnässt. Ein leises Seufzen entwich mir, als er mein Shirt ein Stück nach oben schob. Merkst du es? Merkst du wie ich mich nach dir verzehre? Wie gern ich deine nackte Haut berühren möchte. Mich an dich schmiegen und deine Nähe genießen möchte? Jede noch so kleine Sekunde meines Lebens mit dir verbringen möchte? „Du kannst mir gerne helfen“, säuselte ich ihm entgegen, drehte mich dabei in seiner Umarmung und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Es war fast wie ein Geschenk, dass ich endlich das hatte, wonach ich mich die ganze Zeit sehnte. Mit wenigen Handgriffen schaffte ich es, Shou schnell zu entkleiden, die Klamotten einfach irgendwo durch das Zimmer zu befördern und mich ebenfalls mit seiner Hilfe auszuziehen. Die beiden Handtücher die wir uns vorher geholt hatten verdeckten im Moment nur das Wichtigste. Zu viel, um genau zu sein. Wir waren zwar wieder komplett trocken, doch das war in Anbetracht der Tatsache, dass uns unser Weg zu Shous Bett führte, vollkommen egal. Denn es war ein ohne Wiederkehr … Nach einer sehr langen und vor allem heißen Nacht überkam uns dummerweise die Müdigkeit und sowohl Shou als auch ich verschwanden ins Land der Träume. Nicht, dass ich etwas dagegen gehabt hätte, mit ihm zusammen einzuschlafen und wieder aufzuwachen, doch er teilte sich dieses Zimmer immer noch mit Natsuki und es wunderte mich doch ein bisschen, dass der nicht aufgetaucht war. Ich war recht früh aufgewacht und musterte jede noch so kleine Stelle meines Freundes. Hin und wieder strich ich ihm sanft ein paar verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht, hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn, passte dabei jedoch auf, dass er nicht aufwachte. Er sah fast aus wie ein Engel, wenn er an mich gekuschelt schlief. „Das ich immer alles erst mit eigenen Augen sehen muss, bevor man es mir richtig erzählt“, hörte ich plötzlich Natsuki hinter uns. Ich war vielleicht doch etwas dumm, um zu glauben, dass er keinen eigenen Schlüssel für sein Zimmer hatte. Die Nacht hatte er sicher in meinem Bett bei Tokiya verbracht, aber … wie spät war es inzwischen? Sechs? Sieben? Später? Geläutet hatte es jedenfalls noch nicht, denn ansonsten hätten wir sicher ein paar Probleme mehr gehabt als nur Natsuki. Es war jedenfalls spät genug, damit ein verwirrter und gleichzeitig … gut gelaunter … Moment! Natsuki war gut gelaunt? Nicht, dass das etwas Neues gewesen wäre, doch in dieser Situation hätte ich schon etwas mehr Enttäuschung erwartet. „Er hätte es dir noch gesagt“, entschuldigte ich mir für Shou, der sich gerade noch mehr in meine Arme kuschelte, um jeglichen Gesprächen und Konfrontationen aus dem Weg zu gehen. „Was soll's“, scherzte Natsuki und drehte uns den Rücken zu. Es sah fast so aus, als wollte er tatsächlich freiwillig gehen. „Ich bin froh, dass er es endlich geschafft hat. Aber kommt nicht auf die Idee, Zimmer tauschen zu wollen.“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer wieder und ersparte uns weitere peinliche Aktionen. Denn abgesehen davon, dass ich mit Shou zusammen in einem Bett lag … wir hatten beiden nichts an. Und wie nicht anders zu erwarten, hatte Natsuki tatsächlich schon eine Vorahnung gehabt. „Du hättest dir gar nicht so viele Sorgen machen brauchen“, flüsterte ich Shou entgegen, um mich kurz darauf gleich wieder an ihn zu kuscheln. „Ich liebe dich, Otoya.“ - End - ♥ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)