Still alive... von Black_Melody (...but I need someone to help me breathing) ================================================================================ Kapitel 7: -7- -------------- „Fühl dich wie Zuhause“, meinte Saga und stellte Shins Koffer im Flur ab. Nach der kleinen Diskussion mit Yuhma hatte der Braunhaarige selbstverständlich gemerkt, dass etwas sich verändert hatte, aber Saga hatte sich geweigert, etwas dazu zu sagen. Er war inzwischen der festen Überzeugung, dass es besser war, wenn Shin so wenig wie möglich wusste. Für den Schüler wäre es eine Katastrophe, auch noch zu wissen, dass sein bester Freund Schuld an der ganzen Situation war. Vielleicht würde seine Mutter sterben, und dann auch noch den besten Freund zu verlieren… Das würde Shin an das Ende seiner Kraft bringen. „Saga, bitte. Du musst das nicht für mich tun.“ Unsicher folgte der Kleinere ihm in das Gästezimmer, in dem das Bett schon frisch bezogen war. „Ich weiß. Aber ich will es für dich tun. Shin, ich habe dich verdammt gern und ich will einfach nur bei dir sein und auf dich aufpassen. Solltest du dich irgendwann wieder an alles erinnern, wird das schlimm genug für dich sein. Und ich will dir helfen, wie du mir geholfen hast. Du weißt doch, dass ich dir nichts Böses will.“ Ohne auf den Protest einzugehen drückte er den Schüler auf das kleine Sofa und holte den Koffer, schmiss diesen dann auf das Bett. Leicht setzte er sich neben Shin und legte einen Arm um den schlanken Körper. „Alles wird wieder gut, da bin ich mir ganz sicher. Ich weiß noch nicht genau wie, aber wir kriegen das wieder hin. Auch wenn es mit harter Arbeit verbunden sein sollte, wir schaffen das. Und ich bin immer bei dir, wenn du mich brauchst.“ „Und du findest mich nicht widerlich oder so was?“ Verunsichert sah der Jüngere zu ihm auf, schmiegte sich aber willig an ihn. „Sollte ich?“ Behutsam strich er dem anderen durch die Haare. „Es ist doch nicht deine Schuld, dass es schlechte Menschen gibt und dass dir so etwas passiert ist.“ „Und wenn doch?“ Unruhig wich Shin dem Blick des Älteren aus. Eigentlich wollte er nicht darüber reden, und das musste der andere auch merken, immerhin sendete sein Körper ziemlich eindeutige Signale. „Jetzt sag schon, Süßer. Das ist doch das, was dich schon die ganze Zeit über bedrückt“, half Saga nach und drückte den Brünetten etwas an sich. „Na ja… Mein Ex-Chef hat mich…“ Nervös biss Shin sich auf die Unterlippe und atmete tief durch. „Anfangs hat er mich gezwungen, mit ihm zu schlafen, weil ich sonst meinen Job verloren hätte, und ich habe des Geld so dringend gebraucht. Und dann meinte er irgendwann, dass ich knapp 10.000 Yen pro Nacht bekommen würde, und dass ich das Geld anlegen könnte für mein Studium, wenn ich nicht immer so ein armseliges Leben führen wollte. Für ihn war meine Kündigung natürlich ein doppelter Verlust. Was, wenn er dahinter steckt?“ Tröstend hielt Saga den Kleineren im Arm und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. „Ich glaube nicht. 10.000 Yen pro Nacht sind nicht wenig, es gibt sicher Viele, die das freiwillig machen würden. Warum sollte er sich dann strafbar machen?“ „Was weiß ich?“ Traurig seufzte der Jüngere. „Und du findest das auch überhaupt nicht schlimm?“ „Ich finde es auch nicht gut“, erklärte der Schwarzhaarige, „aber ich weiß, wofür du es getan hast. Und der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel.“ Shin nickte schwach und kuschelte sich erleichtert an den anderen. Mit so einer ruhigen Reaktion hatte er nicht gerechnet, aber im Endeffekt war es richtig. Auch wenn der Zweck nicht immer alle Mittel heiligte, aber er hatte niemandem außer sich selbst Schaden zugefügt. Und mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit hatte der Größere recht, an der Vergewaltigung hatte er keine Schuld. Daran war nur dieses Arschloch Schuld, dass ihm das angetan hatte. Eine Weile saßen sie einfach nur dort, wobei Saga ihm durch die Haare strich, bis Shin sich vorsichtig losmachte und zu seinem Koffer ging. „Ich denke, ich sollte auspacken“, meinte er leise und zog den Reißverschluss auf. Im nächsten Moment zuckte er zusammen, als sich von hinten zwei Arme um seinen Körper legten. „Ist schon gut. Ich gehe in mein Zimmer“, flüsterte Saga ihm zu. „Du kannst jeder Zeit zu mir kommen, wenn etwas ist oder wenn du Hilfe brauchst.“ Ruckartig drehte Shin sich um, als er die Schritte des Älteren zur Tür hörte. „Saga…“ „Ja?“ Abwartend sah der Schwarzhaarige ihn an. „Danke. Du hast etwas gut bei mir.“ „Das ist doch selbstverständlich. Du hast schon mehr als genug für mich getan.“ Leise seufzte Shin, als die Tür zugefallen war, und öffnete seinen Koffer ganz. Und während er sich an das Auspacken machte, versuchte er krampfhaft sich an etwas zu erinnern. Auch wenn er keine Erinnerungen mehr daran hatte, er wusste von den Ärzten, dass er vergewaltigt worden war, aber er wollte wissen von wem. Ohne seine Aussage und seine Erinnerungen konnte die Polizei nichts machen, und so lange konnte er eigentlich niemandem außer Saga trauen. Und er konnte diesem auch nur vertrauen, weil der gar nicht so weit gehen müsste. Er hätte freiwillig mit dem Studenten geschlafen, da wäre es doch unlogisch gewesen, wenn dieser ihn quälte. Aber wer war das gewesen? Warum hatte dieser Mensch seine Mutter dann auch noch fast erstochen? Das ergab doch alles keinen Sinn. Und was, wenn Saga doch etwas damit zu tun hatte? Und er nur mit in diesem Haus leben sollte, damit er leichter umzubringen war? Wem konnte er überhaupt noch vertrauen, wenn er sich selbst und seinen Erinnerungen keinen Glauben schenken konnte? Wie sollte er in dem Zustand, mit der Unsicherheit und der Angst, jemals wieder ein normales Leben unter Menschen führen? Entschlossen schob er seinen leeren Koffer unter das Bett und biss sich fest auf die Unterlippe, während sein Blick aus dem Fenster auf die Straße fiel. Er würde und musste es schaffen, in erster Linie für sich selbst, aber auch für seine Freunde und besonders für Saga. Er wusste, dass der Student es nicht ertragen würde, noch einen Menschen, der ihm so nahe stand, zu verlieren. Und er wusste, dass er auf dessen Hilfe vertrauen konnte, aber andererseits waren da noch die Zweifel, wem er überhaupt vertrauen konnte. Kraftlos sank er auf die Knie und legte das Gesicht in die Hände. Warum musste er so leiden? Warum gab es überhaupt Menschen, die andere so quälten? Waren das überhaupt noch Menschen oder schon wieder Tiere, die ihren Instinkten verfallen waren? Aber er musste den Täter kennen, immerhin hatten er oder seine Mutter diesen laut Polizei in die Wohnung gelassen. Er kannte aber niemanden, dem er das zugetraut hätte, aber doch war es passiert. „Shin?“ Er hörte die Sorge in Sagas Stimme, aber ihm fehlte die Kraft zu reagieren, während warme Tränen über sein Gesicht liefen. Auch als er sanft an den Älteren gezogen wurde, zeigte er keine wirkliche Regung, klammerte sich aber schutzsuchend an den Schwarzhaarigen. Saga hatte mit dem, was ihm passiert war, nichts zu tun. Sein Gefühl sagte ihm immer wieder, dass es mindestens einen Menschen gab, dem er vertrauen konnte. „Shht… Alles wird wieder gut. Wir schaffen das.“ Wie gern hätte er den beruhigenden Worten geglaubt, aber nichts würde wieder so werden wie vorher. Aber bedeutete das wirklich, dass alles schlecht bleiben würde? Hoffnung half im Leben oft genug. Aber war Hoffnung nicht nur eine Illusion, die ausweglose Situationen besser machen sollte? Was, wenn er wirklich niemandem mehr vertrauen könnte und deswegen die Menschen komplett meiden müsste? „Was kann ich tun?“, fragte der Ältere ihn leise. Er schüttelte nur den Kopf und drückte sich enger an den warmen Körper, konnte aber nichts gegen das Zittern tun. Er wusste auch, dass der andere nichts tun konnte außer auf ihn aufzupassen, aber das würde nicht alles besser machen, wenn es überhaupt etwas brachte. Das war einfach alles zu viel gewesen. „Wenn du umziehen willst, sag es mir. Ich gehe mit dir, wohin du willst. So lange es dir dadurch besser geht, ist es mir egal.“ Wieder schüttelte er den Kopf und versteckte sich fast schon an dem Schwarzhaarigen. Es würde alles nichts bringen, erst recht nicht, solange er sich an nichts erinnerte. Erst, wenn er wieder wusste, was passiert war, könnte er langsam das Geschehene verarbeiten. Und auch, wenn er nicht zum Psychologen wollte, er würde es tun, wenn Saga ihn darum bat. „Wir schaffen das“, bestätigte er leise und schloss die Augen. So komisch es auch war, er zwang sich selbst daran zu glauben. Und es war leichter, als er es für möglich gehalten hätte. Genervt seufzte Shin und sah an die Zimmerdecke. Er war verflucht müde, immerhin war viel passiert und es war zwei Uhr morgens, aber er konnte nicht einschlafen, auch wenn er sich alle Mühe gab. Er war einfach zu unruhig, und er versuchte immer noch sich an ein einziges Detail des verschwundenen Zeitraums zu erinnern, aber es brachte nichts. Zudem beschäftigte ihn der Zustand seiner Mutter. Wenn sie nicht überleben sollte, hatte er so gut wie niemanden mehr. Sicher, Saga war bei ihm, aber war das genug? Und Yuhma… Yuhma war sein bester Freund, aber er war in dessen Nähe so unruhig gewesen und er konnte sich nicht erklären, warum. Er schob es allgemein darauf, dass er sich in der Nähe fremder Menschen unwohl fühlte. Nur war es bei Yuhma irgendwie anders. Er kannte den Blonden seit Jahren und sie waren eigentlich beste Freunde, und er fühlte sich ausgerechnet in dessen Nähe unwohl. Unwohler als bei Ärzten. Er verstand auch nicht genau, was zwischen Saga und Yuhma vorgefallen war, aber die beiden schienen sich nicht besonders zu mögen. Sonst hätte der Blonde sich nach dem Gespräch mit Saga wohl kaum so schnell verabschiedet. Zwar wollte Shin gern wissen, was Sache war, aber andererseits ging es ihn vielleicht nichts an, was für ein Problem Saga und Yuhma miteinander hatten, und wäre es wichtig für ihn, glaubte er daran, dass der Student mit ihm reden würde. Aber es war komisch, dass der Schwarzhaarige sich konsequent weigerte, ihm zu erzählen, worum es ging. Grummelnd drehte er sich auf die Seite und schloss die Augen. Er kam momentan einfach nicht weiter, also brachte ihm das Grübeln auch nichts außer weniger Schlaf. Wobei er genau wie Saga ausschlafen konnte. Sie beide waren für ganz genau eine Woche freigestellt worden, weil er krank war und zumindest der Sicherheit halber nicht belastet werden durfte, und Saga, weil der sich um ihn kümmerte. Und wenn es ihm nicht besser ging, würden die Freistellungen verlängert werden, immer um eine Woche, bis er wieder normal belastbar war. Wenn es überhaupt jemals wieder so werden würde. Besorgt beobachtete Saga den Schüler. Es waren erst zwei Tage vergangen und Shin spielte fröhlich mit den Nachbarskindern, auf die er aufpassen sollte. Allgemein war die Situation nicht schlimm, eher im Gegenteil, aber es machte ihn misstrauisch, wie Shin sich verhielt. Niemand steckte so etwas so einfach weg, erst recht nicht jemand, der so verletzlich war wie Shin. Und wenn er daran dachte, wie sich der Jüngere vor zwei Tagen noch zitternd und weinend an ihn geklammert hatte, war er davon überzeugt, dass dieser ihm nur etwas vorspielte. Von Shins Mutter gab es immer noch keine Neuigkeiten. Saga telefonierte morgens und abends mit dem Krankenhaus, weil Shin ihn darum gebeten hatte, aber es brachte nie viel. Der behandelnde Arzt hatte ihm nur zu verstehen gegeben, dass er Shin keine allzu große Hoffnung machen sollte. Aber auch, wenn er dem Kleineren alles von den Gesprächen erzählte, Shin klammerte sich an der Hoffnung fest. Saga war sich dabei nur nicht sicher, ob das gut war. Seufzend trank er einen Schluck Kaffee und setzte sich auf das Sofa. Irgendwann würde er es schon erfahren, so wie er auch erfahren würde, wie es Shin wirklich ging. Die Fassade war zwar ein Schutz, aber sie würde kaputt gehen. Niemand konnte lange eine Rolle perfekt spielen, wenn er sich komplett gegensätzlich fühlte. Die Zeit spielte in gewisser Weise gegen Shin. Es klingelte an der Tür, und bevor er überhaupt großartig reagieren konnte, waren Shin und die beiden Kindern schon aus dem Raum zur Haustür gestürmt. Ein Blick auf die Uhr verriet Saga, dass die beiden Kleinen wohl abgeholt werden sollten, auch wenn sie bestimmt noch länger bleiben wollten. Eines stand fest, sie mochten Shin, und der spielte anscheinend auch gern mit ihnen. Seufzend ging Saga zum Telefon, als dieses klingelte und sah auf die nur zu bekannte Nummer. Mittlerweile konnte er sie auswendig aufsagen, wenn es gefordert war, weil er normalerweise anrief. Wenn es umgekehrt war, musste etwas passiert sein. Während er mit dem Krankenhaus telefonierte, kehrte Shin mit einem Glas Orangensaft in den Raum zurück und räumte die Spiele ein, bevor er sich auf das Sofa fallen ließ und ihn neugierig ansah. Saga fühlte sich gerade gar nicht wohl, aber dieses Telefonat war vorhersehbar gewesen, er hatte im Grunde genommen nur noch darauf gewartet, auch wenn er etwas anderes gehofft hatte. Er bedankte sich noch kurz für den Anruf und beendete dann das Telefonat, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und setzte sich zu dem Schüler, der sich leicht an ihn lehnte. „Ist alles okay?“, fragte der Jüngere. Langsam schüttelte Saga den Kopf und legte einen Arm um den schlanken Körper. „Das könnte ich dich auch fragen.“ „Mir geht’s prima, wirklich.“ Aufmunternd strahlte der Schüler ihn an. „So leid es mir tut, Shin, ich glaube dir nicht. Niemandem würde es zwei Tage nach solchen Ereignissen ‚prima‘ gehen. Hör gefälligst auf, mir etwas vorspielen zu wollen!“ Ergeben seufzte der Kleinere und kuschelte sich enger an ihn. „Ich versuche, mit der Situation zu leben und mit mir selbst wieder ins Reine zu kommen. Vielleicht ist die Art noch nicht perfekt und es hilft auch noch nicht wirklich, aber es ist besser, als in Depressionen zu verfallen.“ „Ich will dir helfen, Kleiner, aber das geht nicht, wenn ich nicht weiß, wie es in dir wirklich aussieht.“ Sanft strich er durch die braunen Haare. „Das eben war das Krankenhaus“, meinte er leise. „Ich bin mir nicht ganz sicher, wieso ich dir solche Botschaften immer überbringen darf, aber… Deine Mutter hat es nicht geschafft. Es tut mir wirklich leid.“ Er spürte, wie der andere sich förmlich an ihm festkrallte und Schutz suchte. Tröstend zog er diesen auf seinen Schoß und drückte ihn an sich. Er spürte deutlich, wie der schlanke Körper von stummen Schluchzern geschüttelt wurde. Er wollte etwas tun, um den Schüler zu trösten, er wollte ihm sagen, dass alles wieder gut werden würde, aber es hätte nichts gebracht. Er hasste Yuhma für das, was Shin wegen dessen ‚Liebe‘ durchstehen musste, und er hätte Shin gern erzählt, dass der Blonde Schuld an allem war, aber das ging nicht. Yuhma und er waren für den Braunhaarigen die einzigen Menschen, die ihm noch aus seinem engsten Umfeld geblieben waren. Es wäre schon katastrophal genug, wenn Shins Erinnerung irgendwann zurückkehrte und er dann alles verlieren würde. Und der Student wünschte sich wirklich, dass es niemals so weit kam, oder zumindest erst, wenn Shin wieder halbwegs gefestigt war. Der Jüngere hatte keine Eltern mehr, und sobald er seine Erinnerungen zurück hatte nur noch ihn, und es tat ihm wirklich leid für diesen. Die gesamte Situation war auch schon vor dem heutigen Anruf schlimm genug gewesen, aber das war jetzt wirklich ein bisschen zu viel des Unglücks für den Schüler. Und der Schwarzhaarige wusste noch immer nicht, was genau er wollte. Er hatte in den letzten Tagen auch nicht weiter darüber nachgedacht, eben weil er sich um den Brünetten gekümmert hatte, aber langsam wurde es Zeit für eine Entscheidung. Und wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte er keine großartige Wahl. Was da in Gang gesetzt worden war, ließ sich nicht mehr stoppen. Und vielleicht wollte er das auch gar nicht mehr. Vielleicht war es dafür zu gut. _________________________________________________________________________________ Saga vs. himself. Shin hat wirklich zu leiden. Und ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, ob es besser für ihn wäre, wenn er sich erinnern würde oder nicht. Unwissenheit belastet, aber andererseits... Was denkt ihr darüber? Es ist 00:12 Uhr, ich komme vom the fool-Konzert (*__*) und bin tierisch müde. Ich hab noch einmal drübergelesen, aber es kann sein, dass mir ein zwei Fehler entgangen sind. Davon wird aber niemand sterben. Ich geh mich jetzt zuende abschminken und dann ins Bett. Langer Tag. >_> lG Hikari Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)