Spätsommer von Molecule ================================================================================ Kapitel 5: Kuscheln ------------------- Wenigstens hatte Leah seine Stimmung etwas bessern können. Er hatte sogar gelacht. Irgendetwas Witziges hatte sie erzählt. Jedoch scheinbar so unnötig, dass er später nicht mehr wusste, worüber er eigentlich gelacht hatte. An dem Tag hatte Saschas Mutter auch nicht mehr angerufen. Dafür hatte er das Telefon zu lange blockiert. Telefonate mit Leah waren eben immer wichtiger – immer! Sie hatten sogar über Max geredet, obwohl Leah sonst immer nur wenig von ihm erzählte. Groß, braune Haare, Brillenträger. Obwohl Noah wusste, dass Leah Brillen normalerweise hasste – sie bevorzugte eher Kontaktlinsen, wenn möglich in anderen Farben – schien sie genau diese Brille bei Max anziehend zu finden. Jedenfalls ergab sich das aus ihrem Gespräch. Max studierte ihres Wissens nach wohl an der hiesigen Universität. Naturwissenschaften. Ab und an hatte er etwas gezweifelt, dass Leah sich in so einen Typen verliebt hatte, aber es kam eben auf den Charakter an. Vielleicht war es doch gar nicht so unmöglich, wie Noah dachte. Die letzten drei Schultage vor dem Wochenende vergingen – Gott sei Dank – recht schnell. Saschas Mutter schien ihre Meinung auch nicht mehr geändert zu haben, auch wenn es an dem Abend wohl noch zum Streit gekommen war. Doch Sascha hatte sich erfolgreich gewehrt, mit den Worten, dass es keinen Sinn mache, dass er ihn nicht treffen dürfe. Sie alle kannten den Grund, aber das, was ihre Eltern befürchteten, würde niemals eintreffen. Auch wenn das Gespräch am Dienstag einen merkwürdigen Weg eingeschlagen hatte. „Wenn ich schwul wäre, wärst du sofort mein.“ Das hatte Sascha gesagt. Dieser eine Satz hatte Noah eine unglaubliche Gänsehaut beschert, obwohl doch schon längst klar war, dass er sowieso immer Saschas bleiben würde. Ob er nun später einen Freund hatte oder nicht. Sascha ging immer vor. Am Freitagnachmittag suchte er seine Sachen zusammen. Bettwäsche hatte Leah dort, die brauchte er nicht. Aber Klamotten, Kosmetika und Musik. Seinen iPod hatte er vorher extra noch aufgeladen. Wahrscheinlich würde er diesen aber eh nicht brauchen, da sie nur Filme gucken würden. „Mama?“, rief er, während er die Treppe nach unten lief. „Wo ist mein blauer Pullover?“ Den suchte er schon die ganze Zeit. Vergeblich. Wahrscheinlich war dieser noch in der Wäsche, aber er brauchte ihn! Als er sah, dass seine Mutter eben noch geschlafen hatte, seufzte er leise. „Was? Wieso?“, fragte sie und setzte sich auf. Die Couch war nicht der beste Ort zum Schlafen, aber oftmals döste seine Mutter nachmittags, nach der Arbeit, einfach ein. „Ich geh' doch zu Leah und ich brauch' was zum Anziehen“, erklärte er genervt. Das wusste sie. Er konnte ja schlecht ohne Klamotten dahin gehen. „Zu Leah?“ „Ja!“, bestätigte er entnervt und kramte in den frisch zusammengelegten Klamotten herum. Irgendwo musste der Pullover ja zu finden sein. Geht doch!, dachte er sich, als er ihn am Ärmel unter mehreren Shirts hevorzog. „Triffst du dich da mit Sascha?“ Was? Was sollte die Frage? Verunsichert griff er in den blauen Stoff. Er wollte doch gerade schon wieder gehen; musste sie es ausgerechnet jetzt fragen?! Sollte er Nein sagen? Oder Ja? Sascha hatte ihm gesagt, sie sollten erst einmal alles abstreiten. Daran würde er sich halten. „Nein...“, sagte er und drehte sich zu seiner Mutter. „Wie kommst du darauf?“ Verdammt, wieso fragte er weiter?! So zögerte er das Gespräch doch nur hinaus. Er wollte endlich hier weg! Noah verstrickte sich nur zu schnell in irgendwelche Lügen. Es würde alles auffliegen! „Hmm... Hätte ja sein können“, sagte sie und ging in die Küche, um sich einen heißen Kaffee zu machen. Noah presste die Lippen zusammen und ging langsam wieder die Treppe nach oben. Konnte er jetzt abhauen? Seine Mutter sagte nichts mehr. Einfach schnell verschwinden. Sofort stopfte er seine Sachen in den Rucksack, zog sich noch schnell die dünne Jacke über und lief nach draußen, um das Fahrrad aus der Garage zu holen. Zu Leah war es dann doch etwas weiter. Er könnte zu Fuß gehen. Aber mit dem Fahrrad war er schneller von zuhause weg. Überraschenderweise traf er an der Kreuzung auch gleich auf Sascha. „Hey...“, begrüßte er ihn, fuhr aber gleich weiter. Jetzt war nicht die Zeit, um zu plaudern. Die harte Realität traf gerade ein: Seine Mutter wusste es! „Was ist los?“, fragte Sascha und holte auf. „Meine Mutter weiß, dass ich mich bei Leah mit dir treffe“, erklärte er knapp. „Was?!“, kam es von Sascha. „Fuck...“ Ganz genau, das hatte er auch gedacht. Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Hatte seine Mutter die Nummer von Leah? Nein. Sie wusste ihren Nachnamen nicht und soweit er sich zu erinnern glaubte, stand sie eh nicht im Telefonbuch. Er seufzte erleichtert und verringerte sein Tempo etwas. „Meine Mutter kennt Leah kaum...“, sagte er dann. „Sie wird sie nicht einmal anrufen können.“ „Sicher?“, fragte Sascha etwas skeptisch nach. „Ganz sicher.“ Nach etwa zehn Minuten bogen sie in die Straße ein. Es war eine Sackgasse. Leah wohnte in dem großen, modernen Haus ganz am Ende. Sascha war noch nie hier gewesen, fiel es Noah auf einmal ein. Hatte er also die ganze Zeit an der Kreuzung gewartet? Auf ihn? Kopfschüttelnd, um den Gedanken zu vergessen, stieg er vom Fahrrad ab, ging den schmalen Weg aus Steinen zur Haustür hinauf und klingelte. Es dauerte nicht lange, bis das Mädchen mit den bunten Strähnen ihnen die Tür öffnete. „Leah!, rief Noah sofort und umarmte sie. Gleich darauf bekam sie noch einen flüchtigen Kuss. „Wer denn sonst?!“, meinte sie grinsend und ließ Sascha hinein, der die Tür hinter sich schloss. „Vielleicht ein Alien?“, scherzte Noah und ließ sie wieder los, um die große Treppe an der rechten Wand nach oben zu gehen. „Ich und ein Alien?!“, fragte Leah entsetzt und lief ihm sofort hinterher. „Ein hübscher Alien“, sagte Noah sofort, als er sich in ihrem Zimmer auf das Sofa warf. Sie blieb skeptisch vor ihm stehen. „Das meinst du doch nicht ernst, oder? Du willst nur nicht, dass du hier verlierst!“, behauptete sie grinsend. Sascha schien sich an die Gelassenheit erst noch gewöhnen zu müssen, da er etwas unsicher ins Zimmer trat. Irgendwie mussten sie ihn ablenken. Vielleicht dachte er ja auch die ganze Zeit daran, dass seine Mutter jederzeit vorbeikommen könnte. „Sascha“, rief Noah deswegen grinsend. „Rette mich!“ „Vor was?“ „Vor... dem Alien..?“ Etwas fragend sah er zu Leah, die ihn schon wieder böse anblickte. Die Bezeichnung Alien mochte sie wohl nicht. „Du bist auch gar nicht verrückt, oder?“, fragte Sascha ironisch, lachte dabei sogar und ließ sich neben ihn auf das Sofa fallen. „Du kennst mich doch!“, verteidigte Noah sich grinsend. „Und du hast dich auch kein bisschen verändert.“ Und Sascha hatte sich genauso wenig verändert. Aber das hatte er ihm sicher schon oft genug gesagt. „Bevor ihr gleich über einander herfallt, würde ich doch noch gern die Filme heraussuchen“, mischte Leah sich grinsend ein. Sofort schnappte Noah sich das erstbeste Kissen und warf es nach ihr. Das war nicht fair! Vor allem nicht nach dem gestrigen Telefonat mit Sascha. Irgendwie war es ihm jetzt unangenehm. Wenn ich schwul wäre, wärst du sofort mein. Immer hatte er diesen verdammten Satz im Kopf. Wie sollte er sich denn dann darauf konzentrieren, dass es nur ein Spaß war?! Das war völlig unmöglich. Es hatte irgendetwas zu bedeuten gehabt, Sascha sagte solche Sachen nicht nur zum Spaß. Konnte dieser sich wirklich vorstellen, mit ihm zusammenzusein? Sie hatten schon immer eine merkwürdige Beziehung gehabt. Deswegen wurden sie ja getrennt. In der Schule wurden sie auch öfters für schwul gehalten. Wobei Noah es ja letztendlich auch war. Aber hatte er jemals etwas von seinem besten Freund gewollt? „Wir können froh sein, dass Max nicht hier ist und du nicht über ihn herfällst“, unterbrach Sascha seinen Gedankengang. Das Kissen flog sofort zurück. Sascha fing es rechtzeitig auf, war davor jedoch kurz zusammengezuckt. Soviel hatte Noah mitbekommen. „Fick dich!“, meinte Leah nur genervt, lachte aber etwas, als sie die DVDs hervorholte. „Notfalls habe ich Noah dafür, oder?“, kam es von dem Braunhaarigen. Unwillkürlich stockte Noah der Atmen. Es war so fies, so etwas zu sagen! Wusste Sascha überhaupt, was das für eine Wirkung auf ihn hatte?! Er war schwul, da durften sie so etwas doch nicht sagen! „Was?!“, brachte er atemlos hervor und schnappte nach Luft, bevor Leah nun wirklich lachen musste. Fuck, das war nicht lustig! Noah versuchte wieder zu atmen und wich sowohl Saschas als auch Leahs Blicken aus. „Leah...“, murrte er leicht genervt. „Hör auf zu lachen...“ „Du hättest mal deinen Gesichtsausdruck sehen sollen“, gluckste sie und breitete etwa ein Dutzend DVDs vor dem Sofa auf dem Boden, auf dem sie mit ihrer dünnen Leggins kniete, aus. „Also? Was gucken wir?“, fragte sie dann. Ihr Lachen schien verschwunden zu sein. Jetzt wollte sie nur noch wissen, welche Filme sie gucken sollten. „SAW haben wir doch schon tausendmal gesehen...“, gab Noah von sich, als er die Hülle sah. Sascha griff sofort danach uns sah es sich an. „Davon gibt es doch mehrere Teile, oder?“, fragte er nach. Horrorfilme waren noch nie seine Stärke gewesen. Aber er sah sie sich mit an. „Ja, sieben“, antwortete Leah. „Aber ich habe nur die ersten drei auf DVD.“ Sascha wandte sich an Noah. Er wollte ihn doch nicht ansehen. „Können wir das trotzdem gucken?“, fragte er und hielt ihm die DVD hin. Die Teile danach hatte er eh noch nicht gesehen. Schulterzuckend wandte er sich an Leah, die nur nickte. „Können wir“, sagte sie dann und nahm Sascha die DVD wieder ab. „Aber das reicht noch längst nicht für die ganze Nacht“, grinste sie und starrte auf die anderen DVDs. „Noch irgendwelche Wünsche? Sonst suche ich mir welche heraus.“ Noah hatte nichts gegen die anderen Filme. Die würde er alle gern sehen. Da sollte Leah ruhig entscheiden. Sascha schien mit seinem SAW zufrieden zu sein und blieb still. „Okay“, sagte Leah, als sie noch drei weitere Filme herausgesucht und die anderen wieder weggepackt hatte. „Jetzt die größte Frage: Welchen Film gucken wir zuerst?“ Sie lachte etwas und breitete die DVDs wieder auf dem Fußboden aus. „Sascha will SAW sehen. Dann gucken wir die Teile doch als erstes. Könnte ja sein, dass wir nachher bei den anderen einschlafen“, sagte Noah und versuchte aus den Blicken der anderen zu erkennen, ob sie zustimmten oder nicht. Sofort sprang Leah auf. „Meine Eltern kommen heute eh nicht nach Hause. Wir könnten nach unten ins Wohnzimmer, dort könnten wir die Couch ausziehen, um auch darauf zu schlafen.“ Noah und Sascha tauschten kurz ihre Blicke auf, nickten dann aber. Leahs Zuhause war zwar modern, aber leider hatte sie keine dieser ausklappbaren Sofas. Das stand nur unten. Die Wanderung zum Verziehen im unteren Wohnzimmer verlief recht schnell. Da sie noch nicht ausgepackt hatten, mussten sie auch nur ihre Taschen mitnehmen. Leah holte noch Bettwäsche, während Noah mit Sascha die Couch auszog, sodass sich eine Liegefläche bildete. Sie richteten sich alles gemütlich ein. Genug Kissen, genug Decken. Als Noah mit Sascha erwartungsvoll auf dem Sofa saß, warf Leah ihnen eine Karte der örtlichen Pizzeria zu. Sascha griff sich diese zuerst und blätterte sie durch. „Die Nummer 8“, sagte er und reichte die Karte an Noah weiter. Obwohl er wahrscheinlich eh nicht das gleich nahm, was Sascha bestellte, sah er nach, was Nummer 8 war. Pizza Funghi. Er seufzte leise, musste aber doch irgendwie lächeln. Die hatte Sascha schon immer gegessen. „Was ist?“, fragte dieser ihn, doch Noah schüttelte nur den Kopf. „Ich hab' mich nur gerade an etwas erinnert..“, antwortete er ehrlich. Irgendwie war es qualvoll, gleichzeitig auch schön, wieder an die Vergangenheit erinnert zu werden. Damals war einfach alles besser gewesen. Jetzt waren sie groß und wussten zu viel. Waren getrennt worden. Irgendwie mussten sie erst einmal wieder zusammenfinden. „Noah“, hörte er Leahs genervte Stimme. Er hatte wohl zu lange auf die Karte gestarrt. „Sorry“, murmelte er und versuchte sich wieder auf die dargebotenen Pizzen zu konzentrieren. Doch gleich darauf wurde ihm das dreimal gefaltete Papier auch schon aus der Hand gerissen. „Er nimmt die 10“, übernahm Sascha für ihn. „Das hast du doch nicht zu entscheiden“, warf Noah ein und wollte die Karte wieder an sich bringen, doch Sascha übergab sie schnell Leah, die auch gleich zum Telefon rannte. „Sei froh, dass du deinen Willen schon bei der DVD bekommen hast“, meinte Noah ernst und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du wirst mich also nicht ficken?“, fragte Sascha, gespielt beleidigt, aber lachend. Er war doch genauso verrückt. „Das habe ich nie behauptet“, stellte er sofort klar. Sascha hatte es gesagt – nicht er! Gerade kam Leah wieder ins Zimmer, die das Ganze wohl mit angehört hatte. „Wenn ihr schon Sex haben müsst, dann bitte nicht ihr auf dem Sofa des Wohnzimmers“, meinte sie grinsend und gesellte sich zu ihnen. „Hört mir überhaupt mal jemand zu?!“ Schon fast verzweifelt klang dieser Ausruf. „Aber klar, Schatz. Wir hören dir zu“, sagte Leah ruhig. „Du sagtest, dass du gern mit Sascha schlafen würdest, aber ja nicht ohne Kondom.“ „Dafür wirst du büßen“, unterbrach Noah sie und versuchte sie zu kitzeln, was ihm nicht recht gelang, da sie im Schutz bereits besser geworden war. Er biss sich auf die Unterlippe, um nicht zusammenzuzucken, als die zwei Arme von hinten um ihn legten und ihn von Leah wegzogen. „Ich dachte, wir wollten hier etwas gucken und nicht Leah nerven“, sagte er grinsend. „Aber mich nerven, ist in Ordnung, oder was?!“, sagte er und drehte seinen Kopf, um Sascha anzusehen. „Das ist etwas Anderes“, behauptete dieser nach kurzem Überlegen. Noah lachte kurz, sah dann aber zu Leah, wie sie die DVD einlegte und den Fernseher einschaltete. Er versuchte sich in Saschas Armen einigermaßen bequem hinzusetzen und starrte auf den Bildschirm. Einige Male musste er sich zusammenreißen, um nicht über seine Arme zu streichen. Zuerst hatte er gedacht, es würde unangenehm werden, mit Sascha zu kuscheln. Vielleicht hätte dieser nicht gewollt. Aber so war es überhaupt nicht. Sascha kuschelte freiwillig mit ihm. Da sein bester Freund ihm ab und an über die freie Haut an seinem Arm strich, hob er irgendwann doch eine Hand, um sich an seinen Armen festzuhalten, während er sich etwas anders hinsetzte, sich weiter gegen ihn lehnte und wie von selbst über seinen Unterarm strich. Als ein Klingeln auf einmal die 'Stille' durchbrach, zuckte er zusammen. Leah lachte sofort und stand auf. „Horrorfilme gucken, aber bei der Türklingel erschrecken“, sagte Sascha grinsend. „Lass mich doch“, grinste er und lehnte seinen Kopf nach hinten gegen die Schulter. „Dich scheint der Film ja überhaupt nicht zu interessieren.“ „Ich interessiere mich eben mehr für dich“, hauchte er ihm grinsend zu. Das war überhaupt nicht fair! Heute war wohl gar nichts auf seiner Seite. Einige Sekunden brauchte er, um zu überlegen, was er darauf antwortete. „Säße irgendein anderer Typ so mit mir ihr und wärst es nicht so, würde ich den jetzt sofort küssen“, meinte Noah und drehte seinen Kopf weiter zu ihm. Schon fast zu seinem Enttäuschen musste er erkennen, dass Sascha seinen Kopf etwas wegzog. „Schluss mit dem Flirten, sonst muss ich euch gleich wirklich noch vom Sex abhalten“, sagte Leah grinsend, die mit drei Schachteln wieder zu ihnen kam. Er seufzte grinsend, nahm aber seine Schachtel entgegen. „Also? Was hast du mir bestellt?“, fragte Noah den Braunhaarigen und sah wieder zu ihm auf. „Das, war du schon immer isst...“, erklärte er. Zum Glück hatte sich sein Geschmack in Sachen Pizza nicht geändert, sonst hätte er jetzt nichts zu essen. Es stimmte. Es war wirklich das, was er schon immer gegessen hatte. Und jetzt noch immer aß. Ein wehmütiges Lächeln legte sich auf sein Gesicht. „Danke...“, sagte er leise und begann nun endlich wie die anderen, das erste Stück Pizza zu essen. Er lehnte wieder wieder zurück, ließ seinen Kopf gegen Saschas Schulter fallen, der immer noch einen Arm von hinten um ihn gelegt hatte und mit seinen Fingerkuppen über Noahs Haut seines Oberarms fuhren. „Leah?“, fragte Sascha kurz darauf und Noah spürte, wie er seinen Kopf drehte. „Hast du was zu trinken?“ „Klar“, sagte sie sofort und stand auf, um wenig später mit einer Kiste Bier wiederzukommen. „Noah ist noch nicht 16“, meinte Sascha sofort, als er das alkoholische Getränk nahm. Ein Seufzen drang über Noahs Lippen. „Ich trink's trotzdem schon. Schon seit mindestens einem Jahr. Außerdem ja auch nur bei besonderen Anlässen.“ Er nahm die Flasche entgegen, die Leah ihm hinhielt. Sascha tat es ihm gleich. Sascha musste sich echt keine Sorgen um ihn machen. So etwas schaffte er schon allein. Er hatte drei Jahre allein verbringen müssen. Sascha war zwar ein Jahr älter als er, aber das hieß noch lange nicht, dass er so viel mehr Privilegien hatte. Er würde sich schon nicht betrinken. Darauf achtete er ja. Und Leah hatte er auch immer bei sich. Kurz und knapp: Sascha machte sich zu viele Sorgen. Nachdem er die Pizza aufgegessen hatte und sie auch schon beim dritten oder vierten Film – so genau wusste Noah es nicht mehr – angekommen waren, war er todmüde. Ein zweites Bier hatte er auch noch bekommen und er war definitiv nicht betrunken. Alle Sorgen Saschas waren also umsonst. „Noah?“, flüsterte dieser ihm leise zu, als er gerade einschlafen wollte. „Hmmh...“ „Können wir was abmachen?“ „Mh?“ Er war zu müde, um noch richtige Antworten geben zu können. Wahrscheinlich nutzte Sascha genau das gerade aus. „Du trinkst nur Alkohol, wenn ich dabei bin, ja?“ Nein?! Würde er ganz sicher nicht! Warum sollte er das nur tun, wenn Sascha dabei war? „Hn...“, machte er nur und versuchte wieder einzuschlafen. „Ja?“, fragte Sascha nach. Na gut, wenn es ihn glücklich machte. „Jaa...“, murmelte er noch. Er spürte noch, dass Sascha ihn kurz etwas fester drückte, ehe er auch schon in seiner Traumwelt versunken war. Der nächste Morgen begann schon schlecht, da er nicht ausschlafen konnte, sondern von den Sonnenstrahlen geweckt wurde. Gähnend drehte er sich auf die andere Seite. Sascha... „Fuck!“, fluchte er laut genug, dass jetzt wahrscheinlich alle wach waren, und richtete sich erschrocken auf. Nein, er hatte noch alle Klamotten an. Er hatte also nicht mit Sascha geschlafen. Stimmt. Jetzt erinnerte er sich wieder. Sie hatten nur DVDs geguckt. Und er war nicht betrunken gewesen... auch wenn sein Kopf schmerzte. Er hatte sich nur so erschreckt, weil es ungewohnt war, neben Sascha aufzuwachen. Das letzte Mal war vor über drei Jahren. Merkwürdigerweise schlief Sascha immer noch. Und da sollte er ihm noch einmal erzählen, er solle nicht so viel Alkohol trinken. Dennoch musste er kurz lachen. Sascha murmelte irgendetwas Unverständliches und streckte die Arme nach Noah aus, um ihn wieder zu sich zu ziehen. „Bin ich ein Kuscheltier?“, fragte Noah leise, als er wieder in Saschas Armen lag. „Natürlich bist du das“, antwortete er verschlafen, machte sich jedoch nicht die Mühe die Augen zu öffnen. „Klappe!“, unterbrach Leah das Gespräch der beiden. Doch gerade deswegen mussten sie lachen, versuchten aber leise zu sein. Sascha drückte Noah noch enger an sich und war dann scheinbar auch gleich wieder eingeschlafen. Früher hatten sie immer so da gelegen. Drei Jahre lang hatte er dieses Gefühl nicht mehr haben können. Und jetzt war es durch das lange Getrenntsein verdammt stark. Dieses Gefühl... Es war einfach da. Es war nicht zu beschreiben. --- Wow, vielen Dank für schon zehn Favoriten und die ganzen Kommentare. c: Nächstes Kapitel könnte vielleicht etwas dauern, da ich in letzter Zeit etwas... abgelenkt bin. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)