Unsaid von BlackLovelessCat ================================================================================ Kapitel 3: Regen, Regen, Regen ------------------------------ Ich ziehe mir meine Bettdecke über den Kopf und wünsche mich ganz weit weg. Man könnte meine Situation und mein Benehmen, mit dem eines Teenagers gleichsetzen. Gute zehn Minuten verbringe ich unter der Decke, bis ich den Wecker ausschalte und mich erhebe. Das Duschen muss heute noch kürzer ausfallen als gestern, jedoch tut es das ganz genau nicht. Unter der Dusche habe ich komplett die Zeit vergessen und als ich fertig geduscht und angezogen nach unten zum Frühstück komme, ist mein Vater bereits weg und der Tee beinahe eiskalt. Meinen Tee trinke ich mit fast einem Schluck aus und den Rest vom eigentlichen Frühstück muss ich gezwungener weise ganz ausfallen lassen. Normalerweise bin ich ja kein Freund von Hektik, jedoch mag ich Hektik genauso wenig wie Unpünktlichkeit, zumindest wenn es um meine eigene Unpünktlichkeit geht. So ist Pünktlichkeit manchmal abhängig von Hektik. Aber das eigentliche, was mich daran stört wenn man in Eile ist, außer dem ganzen Stress, ist, dass man immer etwas vergisst und mit den Gedanken nur bei der Zeit ist. Somit kommt es häufig vor, dass man vor verschlossenen Türen steht und keinen Schlüssel dabei hat, oder das Handy vergisst, wenn man es gerade braucht, oder wie es in meinem Fall gerade zutrifft, dass es wie aus Eimern schüttet und man den Regenschirm vergisst. Jetzt laufe ich also im strömenden Regen zur Uni ohne Regenschirm und ohne Wechselsachen. Wie gut kann dieser Tag eigentlich noch werden? In der Uni kommt mir nicht auch nur einer entgegen, dem es anscheinend genauso ergangen ist wie mir. Denn alle laufen mit trockener Kleidung und trockenen Haaren umher. Offenbar ist heute nur mein Pechtag… Die Lesungen könnten sich heute ruhig noch etwas hinziehen, jedoch würden sie es nicht tun, egal wie sehr ich darum bitten würde. Auch wenn mir die Lesungen heute ausnahmsweise mal zu kurz sind, trocknen meine Sachen und Haare. Einzig an den Schreibblöcken ist noch zu sehen, dass ich im Regen leiden musste, genau wie sie. Die grauen Wolken, aus denen es unerbittlich regnet, machen keine Anstalten in der Zeit, in der ich in der Uni bin, sich zu verziehen. Wenn ich etwas Glück habe, was aber ziemlich unwahrscheinlich ist, werde ich es in einer Trockenphase nach Hause schaffen. Doch so wie es regnet, sehe ich kommen, dass ich heute zum zweiten Mal nass werde. Als wenn ich nichts Besseres zu tun hätte, als immer darauf zu warten, dass meine Sachen trocknen. Ich würde ja in Selbstmitleid versinken, wenn ich nicht wissen würde, dass es das auch nicht besser macht. Eine weitere halbe Stunde sitze ich so da, schreibe ab und zu etwas mit und lasse mir meine Laune durch das schlechte Wetter noch etwas mehr vermiesen. „Phil“ und ich bekomme kleine Papierschnipsel an den Kopf geschnipst. „Was ist los?“ werde ich von Alex nach fünf Minuten, in denen mich weitere Papierschnipsel besuchen, gefragt. „Hm?“ schlaue Antworten ist er von mir schon gewohnt. Diese Papierbelagerungen von ihm tue ich mir schon seit der ersten Klasse an, eigentlich auch schon länger, nur da hatte er nicht die Möglichkeit mich mit Kügelchen zu bewerfen. Stattdessen hat er im Kindergarten Bausteine, irgendwelche Stofftiere und noch einige andere Dinge dazu benutzt. Vielleicht ist das ja seine Art, Zuneigung auszudrücken. Egal ob der Ausdruck von dem, oder auch nicht, seit dem Kindergarten sind wir unzertrennlich. Wir studieren sogar das Selbe. Der einzige Unterschied ist, dass er es aus freien Stücken macht, ich jedoch nicht. „Ich fragte dich was los ist. So deprimiert habe ich dich schon lange nicht mehr gesehen.“ „Welches Datum haben wir?“ „Woher soll ich das… ach, musst du deine Schwester heute zu dem Kunstkurs bringen?“ Natürlich habe ich ihm davon erzählt. Von Herr Wirklich, dem mit ausgeschaltetem Gehirn bestellten Kaffee, meiner eventuellen Homosexualität und dass meine Schwester wahrscheinlich bei ihm einen Kunstkurs macht. Alex ist der einzige, der mich auch nur ein wenig versteht. Ein paar Mal, hat er vielleicht doofe Bemerkungen gemacht, die muss ich aber gekonnt ignoriert haben, denn daran kann ich mich nicht wirklich erinnern. „Leider.“ Murmel ich in meinen nicht vorhandenen Bart und bin schon am überlegen, ob er Emma nicht dahin bringen und sagen kann, dass mir etwas dazwischen gekommen ist. Jedoch weiß ich, dass das auch nicht die Lösung ist, dann muss ich Emma das nächste Mal hinbringen und ich kann Alex nicht immer als Ausreden benutzen. „Die Mädchen sind dir doch auch schon früher hinterhergerannt, warum sollte das denn anders sein mit den Männern, wenn du schwul bist?“ „Als wenn das denn mein größtes Problem wäre.“ Wenn das nun wirklich so sein sollte, würde ich damit klar kommen. Müsste ich ja gezwungener Weise irgendwie. Das einzige was wirklich ein Problem ist, sind meine Eltern. Wir unterbrechen an dieser Stelle unsere Unterhaltung für einen Augenblick, denn die Lesungen für heute sind zu Ende und wir packen unsere Sachen ein. „Warte doch mal.“ Alex kommt mir hinterhergelaufen und hält mich an der Schulter fest. „Warum beeilst du dich so?“ nur viel zu langsam, komme ich mit ihm aus der Uni und stehen nun unter der Überdachung vor dem Eingang, denn es regnet noch immer in Strömen. „Ich muss meine Schwester zu Fuß zum Kunstkurs bringen.“ „Ach stimmt, Mr. ich – darf – nicht – mit – dem – Auto – meines – Vaters – fahren.“ Ja, ich habe einen Führerschein, aber ich darf nicht mit dem Auto meines Vaters fahren. Sie meinen, ich solle dann mit meinem eigenen Auto fahren. Einziger Nachteil, ich habe kein Auto und auch nicht so viel Geld um mir eines zu kaufen. Irgendwann wird mein Vater mich bestimmt mit seinem Auto fahren lassen, bis dahin werde ich die öffentlichen Verkehrsmittel, mein Fahrrad, oder einfach meine zwei gesunden Beine benutzen. „Wenn du magst kann ich dich nach Hause fahren.“ und lässt demonstrierend seine Autoschlüssel in Blickhöhe baumeln. „Wenn du denn überhaupt das richte Haus findest.“ Mache ich mich dann doch ein wenig über ihn lustig, denn er hat es bisher vielleicht zwei oder drei Mal geschafft, die richtige Einfahrt zu unserem Haus zu nehmen und nicht die von einem unserer Nachbarn. „Phh. Als wenn ich nicht wüsste wo du wohnst.“ Na das wollen wir denn doch mal sehen. Alles klappt bisher ganz gut. Er hatte erfolgreich sein Auto auf dem Parkplatz gefunden und bis jetzt hat er auch den richtigen Weg zu mir genommen. Mal sehen, wie schwer ihm die Auswahl der richtigen Einfahrt fallen wird. „Siehst du. Ich weiß ganz genau, wo du wohnst. Du wohnst in der Hausnummer 17 und da sind wir auch schon.“ Gekonnt biegt er in die Einfahrt ein, nachdem er alles Problemlos gemeistert hat. „Ein Problem gibt es.“ Und ich grinse förmlich in mich hinein. „Ach ja, und welches?“ „Das ist Hausnummer 18.“ Ich kann nicht anders und schmunzel ihn an, worauf ich mir nur einen bösen Blick von ihm einfange. Er startet den Motor neu und fährt diesmal in die richtige Einfahrt. Immer wieder aufs Neue finde ich es sehr amüsant, wenn er sein Auto erneut in die falsche Einfahrt stellt. Im Gegensatz zu mir, scheint er das, ganz und gar nicht amüsant zu finden. „Danke fürs nach Hause fahren.“ „Kein Ding. Bis morgen.“ Als ich ausgestiegen bin, schließe ich die Autotür und warte noch, bis das Auto außer Sichtweite ist. Emma ist schon längst zu Hause und als ich die Wohnung betrete, hat sie schon fast ihre Schuhe angezogen. „Da hat es aber jemand eilig.“ Sage ich und bringe dann noch die Tasche in mein Zimmer. Das Fenster war den ganzen Nachmittag offen, da ich anscheinend vergessen hatte es heute Morgen noch zu schließen. Dementsprechend ist es jetzt auch ziemlich kalt in dem Zimmer. Zum Glück hatte es nicht rein geregnet, sonst hätte ich jetzt wischen müssen und das ist eine der Tätigkeiten, die ich nun wirklich nicht mag. Froh darüber, dass mein Zimmer trocken geblieben ist, mache ich mich auf den Weg nach unten, wo Emma schon ungeduldig wartet. „Beeil dich.“ Wie süß kleine Kinder doch sein können. Ich schnappe mir einen Regenschirm und mache mich mit Emma auf den Weg. Leider regnet es noch immer, doch zum Glück habe ich dieses Mal einen Regenschirm dabei. Emma läuft neben mir her und strahlt über das ganze Gesicht. Das gute an diesem Fußmarsch ist, dass es nur knapp zehn Minuten sind, die man bis zum Kunstkurs braucht. „Wie weit ist es noch?“ Leider haben kleine Kinder aber auch nur wenig Ausdauer. Da sind zehn Minuten zu Fußlaufen, schon zu viel. „Wir sind gleich da Emma.“ Das stimmt sogar und ist nicht nur so daher gesagt, sodass sie leise ist. Ich beneide all die Leute, die jetzt in ihrem Auto sitzen und so alles erledigen was sie so zu erledigen habe. Leider kann ich Emma nicht im Auto zum Kunstkurs bringen, die Gründe habe ich ja schon genannt. „Emma.“ Gerade als wir die Straße überqueren wollen, nehme ich sie ein kleines Stück vom Straßenrand weg. „Stell dich nicht so dicht an die Straßenränder wenn es geregnet hat. Sonst…“ Ausgerechnet jetzt muss natürlich ein Auto vorbeifahren und ich stehe natürlich auch genau so am Straßenrand, dass mich das Pfützenwasser einmal total durchnässt. „Also, jetzt weißt du ja, was passieren kann.“ Sie schaut mich an und fängt tatsächlich auch noch an zu lachen. Im Gegensatz zu ihr, finde ich das ganz und gar nicht komisch. Jedoch haben wir auch keine Zeit das noch weiter auszuführen, da sie ja noch pünktlich zum Kurs kommen möchte. Nachdem wir die Straße überquert haben, kann man auch schon unser Ziel sehen. Keine drei Minuten später stehen wir direkt davor. „Ich hole dich denn…“ „Kommst du nicht mit rein?“ und Emma schaut mich mit einem Hundeblick an. Fast hätte ich es geschafft, Herr Wirklich aus dem Weg gehen zu können, das soll denn wohl doch nicht so ganz klappen, wie ich mir das gewünscht habe. Den Regenschirm stelle ich drinnen in eine dafür Vorgesehenen Halterung, oder wie man das auch immer nennt. Den richtigen Raum haben wir auch schnell gefunden, dass aber auch nur, weil Emma schon einmal hier war und damals auch den Fleier mitgebracht hat. Wäre ich alleine gewesen, hätte ich dort wahrscheinlich erst in einer Stunde hingefunden. Obwohl, alleine wäre ich hier niemals hingegangen. „Hallo, sie müssen Herr Johnsons sein.“ Ja genau, das ist Herr Wirklich der mich da gerade grüßt. Kurz schüttel ich ihm die Hand, worauf er dann Emma noch begrüßt. Er zeigt uns die Garderobe, wo ich Emmas Jacke hinhänge und mich danach wieder zu ihnen begebe. Eigentlich will ich mich verabschieden und das Gefühl von Wackelpuddingbeinen wieder loswerden, jedoch gibt es etwas, was dazwischenkommt. „Wollen sie sonst solange hierbleiben und sich aufwärmen, ich kann ihnen einen Tee machen, wenn sie möchten.“ Bietet mir Herr Wirklich an. „Bitte Phillip.“ Und wieder dieser Hundeblick… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)