Unsaid von BlackLovelessCat ================================================================================ Kapitel 4: Schmetterlingstanz ----------------------------- Wenn mich diese Wackelpuddingbein – und – Schmetterlinge – im – Bauch – Sache nicht so sehr verunsichern und fertig machen würde, würde ich ohne zu überlegen da bleiben, doch aber aus eben jenem Grund zöger ich und würde lieber solange gehen, um Herr Wirklich so wenig wie möglich zu sehen. Emma ist aber bestimmt enttäuscht, wenn ich jetzt nicht hier bleibe. Aber so wie sie es enttäuscht, macht es mich psychisch leicht fertig. Vielleicht ist es etwas übertrieben und außerdem kann ich Emma nicht alleine hierlassen, wenn sie mich doch darum bittet, zu bleiben. „Äh… ok“ Stottern beherrsche ich ja mal wieder total perfekt. Wenn Herr Wirklich mich nicht schon für bescheuert hält, tut er das spätestens jetzt, denn eine wirklich blödere Antwort als ein dahin gestottertes ok – was noch nicht einmal einen kompletten Satz ergibt – kann man nicht geben. Aber schließlich ich habe mich doch dazu entschieden, hier zu bleiben, denn ein Lächeln von Emma ist mir das wert. Sie lächelt voller Freude, dass ich ihrer Bitte nachgehe und was ist besser als eine überglückliche Schwester. „Ich habe ganz vergessen, mich vorzustellen. Mein Name ist Marcus Wirklich“, bin 21, Single und schwul, ergänze ich Gedanken seinen Satz. Eigentlich will ich die Sache gerne ruhen lassen und mich nicht noch mehr darin bestätigen, dass ich Männer viel anziehender finde als Frauen, aber wie soll das funktionieren, wenn man nun knapp ein und ne halbe Stunde mit einem so gutaussehenden Mann verbringen muss? Den Kunstkurs besuchen, wenn man Emma mitzählt, sechs Kinder, alle ungefähr in ihrem Alter. Der Raum ist schön hell und geräumig. Zumindest wäre es hier hell, wenn es draußen nicht sowieso schon grau wäre. In der Mitte stehen mehrere zusammengeschobene Tische, an denen die anderen Kinder, mit einem Blatt Papier und Stiften vor der Nase, sitzen. Ich kann Emma ihre Unsicherheit total ansehen, als sie sich zu den anderen setzt. Aber so wie ich sie kenne, wird sie schnell ein paar Freunde finden. Etwas planlos und deplatziert fühle ich mich, als mich die anderen anschauen, während ich wie bestellt und nicht abgeholt im Raum stehe. Glücklicher Weise dauert dieser Moment nicht lange an, denn Marcus – das hört sich gleich viel besser an als dieses Herr Wirklich – beginnt mit dem Kurs. „Möchten sie einen Tee.“ Fragt mich Marcus, nachdem er die erste Aufgabe erteilt hat – was das Malen von dem, was die Kinder am liebsten mögen, ist. „Sehr gerne, danke.“ Etwas Warmes wird mir jetzt echt gut tun, denn mir ist, seitdem ich vom Regen durchnässt wurde, recht kalt und bekanntlich soll Tee und ja aufwärmen. Noch dazu habe ich einen ganzen Satz aus meinem Mund bekommen. Bravo, ich mache Fortschritte! Bald werde ich mich ganz normal mit ihm unterhalten können, wenn ich mich weiter so gut entwickle. „Ist Früchtetee in Ordnung?“ fragt er, nachdem er in der Küche nach Tee gesucht hat und wohl nichts anderes gefunden hat. „Ja, ist ok.“ Und mit dieser Antwort verschwand er in der kleinen Küche und kurz darauf ertönt das Rauschen vom Wasserkocher. Die Kinder sind total in ihre Arbeit vertieft und relativ ruhig, was bei Kindern ja ziemlich selten vorkommt. Ich schlendere zu einem Fenster und bedrückt betrachte ich die graue Umgebung, die sich mir offenbart. Die Rückseite des Gebäudes liegt zu einem Stückchen Hof, welches im Sommer bestimmt schön ist. Nur auch der schönste Garten mit Blumen, ist bei diesem Wetter grau und trist. „Bitte.“ Und Marcus überreicht mir die Dampfende Tasse mit Tee. Ich umfasste die Tasse mit beiden Händen. Die Wärme tat einfach gut und meine Klamotten waren auch schon fast wieder trocken. Nachdem Marcus sich wieder den Kindern zuwenden kann, da er sich ja nun nicht mehr um meinen Tee kümmern muss, stellen sie alle gegenseitig ihre Bilder vor. Drei haben ihre Familie gezeichnet, ein anderes Kind sein Haustier – was womöglich einen Hund darstellen soll, aber auch gut ein Nilpferd sein könnte – und ein anderes sein Lieblingsspielzeug. Was das jedoch sein soll, kann ich nicht genau identifizieren. Was Emma gemalt hat, ist wohl das süßeste was eine kleine Schwester nur malen könnte. Wenn man es genau betrachtet hat es sogar gewisse Ähnlichkeit. Ja, genau, sie hat doch tatsächlich mich gemalt. Zwar sehen meine Haare mehr aus wie eine Löwenmähne, aber das ist schon in Ordnung, immerhin ist sie ja erst sechs. „Das ist mein Bruder Phillip.“ Und sie zeigte das Bild. Kann eine Schwester noch süßer sein als Emma? „Und warum hast du nicht deine Eltern noch gemalt?“ ich hasse Kinder. Sie können nie das akzeptieren was andere sagen und wollen immer noch alles wissen. Dass Emma darauf keine Antwort gibt, ist verständlich. Immerhin ging es hier niemanden etwas an, was bei uns zu Hause so los war. Als Emma das Bild zeigte, schaute Marcus kurz zu mir und lächelte mich an. Solch ein wunderschönes Lächeln. Für einen kurzen Moment muss ich wohl total perplex und gedankenverloren dagestanden haben. Zumindest kam es mir so vor. Nachdem das Kind, was gefragt hat, warum Emma ihre Eltern denn nicht gemalt hat, keine Antwort bekam, belässt es das dabei und es wird mit dem Kurs fortgefahren. Um nicht die verbleibende Zeit rumzustehen und mir weiterhin völlig inadäquat vorzukommen, setze ich mich auf einen freien Stuhl und beobachte das Geschehen. Da nicht wirklich viel passiert, außer Gerede über das, was sich die Kinder vorstellen, was gemacht wird und Beantwortung einiger Fragen, lenke ich die Aufmerksamkeit auf meinen Tee, der schon soweit abgekühlt ist, dass ich mir die Zunge nicht mehr verbrennen kann. Nach dem ich die Tasse so gut wie gelehrt habe, lasse ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Von links nach rechts und wieder zurück. Gedankenverloren mache ich das ein paar Mal. Hin und her und hin und her. Jeden Winkel des Raumes, alles was in den Regalen liegt betrachte ich und höre nebenbei, was Marcus mit den Kindern bespricht. Wie liebevoll und nett er mit den Kindern spricht, ist echt toll. Wenn man mal nicht einschlafen kann, ist er die perfekte Person, die einem was vorlesen sollte. „Phillip?“ Emma rüttelt mich leicht an der Schulter. Ich muss total in meine Gedankengänge vertieft sein und Marcus Stimme hat einen beträchtlichen Beitrag dazu geleistet, denn immerhin habe ich nicht mitbekommen, dass der Kurs für heute schon beendet ist. Erst wollte ich nicht hierbleiben und jetzt bemerke ich das Ende noch nicht einmal. Schon merkwürdig, wie schnell ich das Gefühl von Unsicherheit und Wackelpuddingbeine abgelegt oder ignoriert habe und mich nun fast normal mit ihm unterhalten könnte. Ich stelle die leere Tasse auf den Tisch und gehe mit Emma die Jacken holen, bevor wir uns von Marcus verabschieden. Wenn wir das Gebäude verlassen, könnte ich Marcus für eine Woche aus dem Weg gehen, bis ich ihn zwangsweise wiedersehen werde. „Tschüss Emma, bis nächste Woche.“ „Tschüss.“ Emma scheint der Kurs Spaß gemacht zu haben. Sie schüttelt seine Hand und geht dann schon raus. Super, jetzt steh ich hier alleine. Alleine mit Marcus und den Schmetterlinge im Bauch, die wieder anfangen wie wild zu tanzen. Eigentlich glaube ich nicht an den Mist, wie Liebe auf den ersten Blick, aber mein Herz und die Schmetterlinge wollten mir etwas anderes erzählen. „Vielleicht sehe ich sie ja nächste Woche wieder.“ „Ja, bestimmt. Schließlich muss Emma ja auch irgendwie herkommen.“ Ich gebe ihm die Hand und gehe Emma dann hinterher, welche schon ein Stückchen vorrausgegangen ist. Den ganzen Heimweg über dachte ich darüber nach, ob ich ihn nicht schon früher noch einmal sehen könnte. Im Café… zumindest hätte ich es mir so vorgestellt. Aber wie es sein muss, ist nie irgendetwas so, wie ich es mir vorstelle. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)