Das bewegte Leben der Lady Oscar von LadyRose (Warum sie zu einer stolzen Rose wurde) ================================================================================ Kapitel 10: Warten und Bangen ----------------------------- Oscars Zustand war weiter unverändert. Sie hatte starke Kopfschmerzen, Fieber und ihre Atmung war insuffizient. Die meiste Zeit schlief sie, da sie kaum Kraft hatte wach zu bleiben. Zu erschöpft war ihr Körper. Madame de Jarjayes saß gemeinsam mit Sophie und Elisabeth ununterbrochen an dem Krankenbett. Dr la Motte vermutet, dass Oscar aufgrund ihrer Kopfverletzung eine Schwellung im Kopf hat, schlimmstenfalls auch eine Hirnblutung, aber das könnte er derzeit noch nicht sicher sagen. Die nächsten Tage werden entscheidend sein. Oscars Mutter weinte. Sie fühlte sich verantwortlich für alles was passiert ist, denn sie hätte sich nie darauf einlassen dürfen ihre Tochter als Sohn erziehen zu lassen. Im Laufe der Jahre waren ihr immer wieder Zweifel aufgekommen, aber seit dem Ereignis bereute sie es zutiefst. General de Jarjayes war bereist an der Offiziersakademie angekommen und verlangte eine prompte Erklärung für dieses Unglück. Wütend stand er vor dem zuständigen Kommandanten. „ So ich höre, wie konnten sie nur ein krankes Kind bei diesem Wetter allein in den Bergen aussetzen?...Sind sie von allen guten Geistern verlassen? Das wird ein Nachspiel haben, glauben sie mir.“ Sein Gesicht war vor Wut ganz rot. Sein Gegenüber jedoch verlor das letzte bisschen rosigen Teint. Blass und zitternd suchte er nach einer Erklärung. „General de Jarjayes bitte glauben sie mir. Ihre Tochter wirkte nicht krank bei ihrer Abreise. Außerdem hatte sie jederzeit die Möglichkeit Hilfe zu rufen, wenn ein Notfall eintreten oder sie sich nicht mehr im Stande fühlen sollte die Aufgabe zu bewältigen. Das hat sie aber nicht getan. Wir hätten diesen Verlauf ja nicht erahnen können. Ich bedaure diesen Vorfall zutiefst, aber es war ein Unglück. Keinem trifft Schuld, außer...“ der Kommandant zögert, blickt nervöse zwischen Boden und dem General hin und her „naja, ich meine...“! Den Satz konnte er nicht beenden, der wutentbrannte General ließ ihn nicht aussprechen „Sie wagen es nicht meinem Sohn die Schuld an dem Vorfall zu geben. Was maßen sie sich eigentlich an? Na warten sie..“ Mit dieser Drohnung kehrte er dem Kommandanten den Rücken zu und stürzte aus dem Zimmer. Zornig hetzte er die Treppe runter, als ihm einer seiner Soldaten entgegenkam. „General, sie haben neue Nachrichten aus dem Hospital.“ Er überreichte seinem Vorgesetzen ein Schreiben von Sophie, indem sie von der gesundheitlichen Verschlechterung Oscars berichtete. Die Gesichtszüge des Generals blieben weiterhin ernst und versteinert. Dann steckte er den Brief ein und begab sich zu seinem Pferd. Ohne zu überlegen oder zu zögern gab er seinen Männern den Befehl nach Versailles aufzubrechen. Auf dem Anwesen der Jarjayes machte auch Andre sich weiter große Sorgen. Er ist nicht zur Schule gegangen, denn er fühlte sich nicht gut. Seine Gedanken kreisten nur um Oscar. //Hoffentlich kommt sie bald gesund nach Hause.// Der Vormittag wollte nicht vergehen. Diese Ungewissheit war für Andre unerträglich. Er beschloss etwas zu schnitzen, ein Geschenk für Oscar. So machte er sich eifrig an die Arbeit und bereits am Abend hatte er einen wunderschönen Schwan geschnitzt. Stolz hielt er sein Kunstwerk in die Höhe und betrachtete es. //Ja, das wird ihr gefallen.// Er lächelte. Oscars Verschwinden blieb auch in der Akademie nicht verborgen. Bernard und seine Kameraden machten sich zunehmend Sorgen. Auf Nachfrage, ob Oscar etwas passiert sei wurde ihm keine Auskunft erteilt. Dies beunruhigte die sie noch mehr. Drei weitere Tage zogen ins Land. General de Jarjayes nahm in Versailles wieder seine militärischen Aufgaben war, ließ sich jedoch jeden Tag Nachricht über den Gesundheitszustand Oscars kommen. Andre schnitzte fleißig weitere Figuren. Und Madame de Jarjayes saß mit ihrer größeren Tochter und Sophie an Oscars Krankenbett. Oscar hatte nicht mehr gesprochen. Nur ihre Schmerzen äußerte sie durch lautes Stöhnen. Das Fieber war bereits abgeklungen. Aber Oscars Körper war sehr geschwächt. Ihr Gesicht war eingefallen, ihre Augen lagen tief und es entstanden dunkle Ränder um sie. Der ganze Körper schien noch zarter zu sein, als vorher. Ihre Haut war sehr blass. Die Atmung war weiterhin angestrengt, aber schon etwas besser. Jede kleinste Verbesserung ließ in allen die Hoffnung auf einen guten Ausgang wachsen. Dr. la Motte war mit dem bisherigen Verlauf noch nicht sehr zufrieden, denn wenn sie nicht bald voll zu Bewusstsein kommt, dann wird sie austrocknen. Sie benötigte dringend Wasser. Am nächsten Morgen wurde Madame de Jarjayes geweckt. Zuerst erschrak sie, denn sie war im Sitzen mit einem Buch in der Hand eingeschlafen. „Maman...“ kam ganz leise von der geschwächten Oscar. „Oh mein Liebling...“ kam es mit zitternder Stimme von ihrer Mutter. Dann stürzte sie zu ihrer Tochter um sie in den Arm zu nehmen. „Du bist wach. Oh mein Gott du bist wach...“ sagte sie immer wieder. Tränen liefen der glücklichen Mutter über die Wangen. „Oh sie ist ja wach“ kam es von Dr. la Motte, der das Zimmer betrat „Gott sei dank.“ Er trat näher und begann gleich Oscar zu untersuchen. Sie hatte zwar immernoch leichte Kopfschmerzen, aber ihre Augenreaktion war wieder normal und Oscar konnte zwar nur schwerfällig, aber ansonsten unauffällig antworten. Nach der Untersuchung atmete Dr. la Motte einmal tief ein. „Ich glaube wir haben das schlimmste überstanden“, stellte er fest. Madame de Jarjayes war überglücklich. Sie konnte kaum fassen, dass sie eine 2. Chance erhielt ihre Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Sofort ließ sie nach Beth und Sophie schicken, damit diese auch von der wunderbaren Nachricht erfuhren. „ Aber Madame bitte bedenkt, ihre Tochter braucht viel Ruhe und Zeit sich zu erholen. Zudem muss sie jetzt trinken und essen“ fügte Dr. la Motte hinzu. „Aber natürlich. Ich danke ihnen vielmals Herr Dr.! Ohne sie wäre meine Tochter nicht mehr am Leben. Vielen lieben Dank.“ „Danken sie Gott. Dafür, dass solch glückliche Fügung sie zu uns brachte und das sie so um ihr Leben gekämpft hat. Das ist nicht selbstverständlich. Ich habe bereits viele Kinder sterben sehen, die nicht so krank waren wie ihre Tochter.“ „Ja das werde ich. Vielen Dank“ erwiderte Madame de jarjayes. Sophie und Elisabeth waren ebenso glücklich über diese Wendung. Als sie ins Zimmer traten redeten sie sofort auf Oscar ein bis Madame de jarjayes sie rauswarf. „Meine Lieben ihr wisst, Oscar braucht Ruhe. Außerdem könntet ihr euch nützlich machen und veranlassen, dass die Nachricht über Oscars Genesung meinen Mann erreicht“ sprach sie zu den beiden Damen, die nun vor der Tür standen. Am Abend war Oscar bereits schon wieder kaum im Bett zu halten. Obwohl sie weiterhin sehr geschwächt war diskutierte sie schon fleißig mit Sophie, dass sie ja mal aufstehen möchte um ihrer Mutter und Schwester beim Essen Gesellschaft zu leisten. Aber Oscar hatte bei Sophie keine Chance. „Mademoiselle, was glauben sie eigentlich. Sie sind krank. Kranke gehören ins Bett und nicht an den Essenstisch. Also wirklich.“ Oscar gab sich geschlagen und schlief erschöpft ein. Beim Abendessen unterhielten sich Beth und ihre Mutter über die Geschehnisse. „Mutter, Oscar hat heute noch nicht darüber gesprochen, was genau passiert ist. Das ist doch merkwürdig, oder?“ „Mein Kind, vielleicht braucht sie auch noch etwas Zeit. Sie wird es uns bestimmt noch erzählen. Und außerdem ist das wichtigste erst einmal, dass sie wieder gesund wird.“ Ein Lächeln huschte dabei über ihr Gesicht. „Ja, du hast recht Maman“ erwiderte Beth. Die Nachricht erreichte spät in den Abendstunden das Anwesen der Jarjayes. Der General ging mit dem Brief in sein Arbeitszimmer und las ihn in aller Ruhe. Wieder und wieder. Dann legte er ihn weg, fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht und atmete tief durch. Tränen sammelten sich in seinen Augenwinkeln. Er rang um Fassung. So glücklich war er über diese Wendung. //Wenn sie gestorben wäre. Das hätte man mir nie verziehen//, ging es ihm durch den Kopf. Nach einer kurzen Weile stand er auf, blickte kurz in den Spiegel und ging hinunter in den Saloon. Er gönnte sich ein Glas Wein vor dem warmen Kamin. Zudem ließ er Gerard, den Kutscher kommen. „Ihr fahrt morgen in das Hospital um meine Familie dort abzuholen und nach Hause zubringen. Ich erwarte, dass ihr morgen Abend wieder hier seid. Einer meiner Soldaten wird euch ein Stück des Weges begleiten, denn er muss an die Akademie und ein Schriftstück abgeben. Danach wird er wieder zu euch stoßen, um die Sicherheit meiner Familie auf der Rückreise zu gewährleisten. Habt ihr verstanden?“ „Ja General de Jarjayes. Ich werde mich gleich morgen in aller früh auf den Weg mache“ antwortete Gerard und entfernte sich. Der Soldat sollte einen Brief an die Akademie bringen, in dem vom König persönlich angeordnet ist, dass der zuständige Kommandant entlassen ist, der für Oscars Unglück verantwortlich ist. In der Nacht schliefen alle tief und fest. Alle, außer Oscar. Sie drehte sich im Bett hin und her. Es quälten sie Schuldgefühle. // Oh nein, Vater wird außer sich sein vor Wut. Wie konnte ich ihn nur so enttäuschen.// Tränen rannen über ihre Wangen. //ich werde ihm nie mehr unter die Augen treten können. Ich habe versagt. Wie kann ich das jemals wieder gut machen?// Sie vergrub ihr Gesicht im Kissen. Nach einiger Zeit schlief auch Oscar erschöpft ein. Der nächste Tag brach an. Gerard hatte sich bereits auf den Weg gemacht, um rechtzeitig die Familie Jarjayes nach Hause zu bringen. Der General war auch schon früh nach Versailles aufgebrochen, damit er am Abend zur Begrüßung im Anwesen sein konnte. Madame de Jarjayes stand auf und fühlte sich selbst besser. Der Schlafmangel in den letzten Tagen hatte ihr sehr zugesetzt. Sophie war ebenfalls schon auf den Beinen und diskutierte gerade mit der Köchin über die Zusammensetzung von Oscars Frühstück. Sophie wollte, dass Oscar mehr Obst bekommt und eine größere Auswahl an Aufschnitt, die Köchin jedoch meinte ihre Kreation sei absolut ausreichend. Keiner von beiden wollte nachgeben. Beth war bereits bei Oscar und hoffte, sie könne etwas mehr über das Unglück erfahren. Immerhin hatten beide ein sehr enges Verhältnis zueinander. Bisher zumindest, denn auch Beth ist nicht entgangen ,dass Oscar verschlossener wirkte als sie ihre kleine Schwester sonst kennt. Beth zögerte merklich. Sie wusste nicht, wie sie ihre Frage verpacken sollte. Oscar merkte die leicht Anspannung ihrer Schwester und fragte: „Was ist denn los mit dir? Du wirkst heute sehr nervös?“ „Oscar, ich muss dich mal was fragen......und zwar.... wie konnte es zu alledem kommen? Ich habe von Mutter schon gehört, dass du eine Prüfung zu bestehen hattest, aber warum hast du sie nicht abgebrochen als du bemerkt hast, dass du so krank warst? Und wie konnte es zu deiner schweren Kopfverletzung kommen?“ platzte es aus Beth heraus. Oscar blickte in ihre Hände. Kein Wort ging über ihre Lippen. Beth wusste nicht recht, ob sie es nicht erzählen wollte oder nicht wusste wie! Sie wartete ab, aber auch nach einer Weile blieb Oscar stumm. „Bitte nun sag es mir. Was ist passiert Oscar?“ fragte sie nochmal und schaute ihr dabei eindringlich in die Augen. Oscar nahm wahr, dass sie keine Fluchtmöglichkeit hatte sich diesem Thema zu entziehen. Stotternd begann sie „also, dass Wetter war einfach sehr schlecht und naja da bin ich eben nass geworden und habe mich wohl erkältet. So einfach ist das.“ Oscars tont wurde abweisend. Beth wusste, dass sie etwas zu aufdringlich war und beließ es dabei. Wenn sie weiter nachgebohrt hätte, dann hätte Oscar alles abgeblockt. So war sie eben. Stolz und sehr sturr, wie ihr Vater. Beth musste bei diesem Gedanken grinsen. Zur selben Zeit im Anwesen der Jarjayes erfuhr Andre, dass Oscar am Abend nach Hause kommen wird und es ihr schon viel besser ging. Er freute sich. So sehr hat er um sie gebangt und gedacht er würde seine beste Freundin nie wieder sehen. Er wuselt den ganzen morgen ganz nervös im Haus umher. Seine Arbeit im Stall hat er nur halb erledigt, weil er mit seinen Gedanken wieder bei Oscar und seinem Geschenk für sie war, dass er alles stehen und liegen ließ. Es herrschte so ein Trubel im Anwesen, dass es aber keiner so wirklich wahr nahm. Gegen Mittag traf die Kutsche am Hospital an. Madame de Jarjayes war sehr überrascht, denn sie hatte nicht damit gerechnet, dass ihr Mann veranlasst sie nach hause zu holen. Zumal sie ihre Bedenken hatte. Oscar ging es zwar schon besser, aber sie war noch nicht gesund und war noch sehr schwach. Sie grübelte. Dr. la Motte riet ihr ebenfalls davon ab schon heute zu fahren, lieber solle sie noch einen Tag warten. Emilie wusste, wenn sie heute nicht nach hause fuhren, dann wird reynier ihr das sehr nachtragen. Er würde wahrscheinlich irrsinnig wütend sein. Nicht nur auf sie, sondern auf alle, also auch Oscar. Was sollte sie nur tun? Als dann aber noch ein Soldat angekommen war, um die Familie zu ihrem Anwesen zu begleiten blieb ihr keine Wahl. Sie werden heute alle fahren. Sophie und Beth waren darüber nicht begeistert, aber konnten die Beweggründe verstehen. Sie kannten den General und seine Eigenheiten. Als sie Oscar mitteilten, dass sie heute nach hause fahren werden, wurde sie plötzlich ganz stumm. Sie verlor das letzte Fünkchen rosigen Teint auf ihren Wangen. Ihr Herz hämmerte. //Oh nein. Heute schon. Heute geht es nach hause. Was soll ich nur tun? Ich kann Vater so nicht unter die Augen treten. Es geht nicht. Was mach ich nur?// Tränen sammelten sich in ihren Augen. Sie versuchte sie jedoch zu unterdrücken, denn sie war nicht allein und wollte nicht, dass jemand nachfragt, was mit ihr los ist. „Oscar in 1 Stunde brechen wir auf. Ess vorher bitte noch dein Mittag essen. Wer weiß wo wir unterwegs etwas bekommen“ bat ihre Mutter und verließ das Zimmer, um ihre restlichen Sachen zu packen. Und so ergab sich Oscar ihrem Schicksal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)