The side I want to hide von LadyShihoin ================================================================================ Kapitel 37: Toshiro ------------------- „Diese Dosis müsste reichen. Nimm sie zweimal täglich. Dann müsste der letzte Rest des Giftes raus sein.“ Tobias war nicht unfreundlich, aber seine Stimme verriet keinerlei Emotionen. Es war, als würde er nicht mit ihr, sondern mit der Wand reden. Mit einem vollkommenen Fremden. Aber was hatte sie denn erwartet? Das der Kampf irgendetwas ändern würde? Wahrscheinlich hatte gerade das alles nur noch schlimmer gemacht. Wenigstens konnte sie jetzt wieder ohne fremde Hilfe aufrecht sitzen und ohne Schmerzen atmen. Wenige Tage waren seit dem Angriff der Arrancar vergangen, weder Alice noch Toshiro hatte sie in dieser Zeit ein einziges Mal gesehen. Ein eisiger Klumpen bildete sich in ihrem Hals, als sie daran dachte, wie ihr Taicho auf die Tatsache reagieren würde, dass sie sie fast 2 Jahre lang belogen hatte. Treue und Ehrlichkeit waren wichtige Eigenschaften, die jeder Shinigami haben musste, aber die 2. Division wurde besonders davon geprägt und das lag nicht zuletzt an Soi Fons Einstellung gegenüber Lügen. Tobias zögerte einen Moment, als er ihre leidvolle Miene sah, presste dann aber die Lippen fest aufeinander und verließ den Raum. Nein, er konnte sich einfach nicht dazu durchringen mit ihr zu reden. Nicht über das, was geschehen war. Er war immer so stolz auf seine überdurchschnittliche Intelligenz gewesen und jetzt musste er plötzlich erfahren, dass Carina es jahrelang geschafft hatte, ihn hinters Licht zu führen. Wie hatte er sich nur so in ihr täuschen können? Im gleichen Moment schüttelte er den Kopf. Nein, ihr Zustand kurz nach Tysons Tod war echt gewesen, niemand konnte einem so etwas vorspielen. Er glaubte ihr jedes Wort, als sie ihm die ganze Geschichte erzählt hatte, dabei hatte er dazu keinerlei Grund mehr. Doch die Tatsache, dass es ein Unfall gewesen war, machte den Fakt, dass sie ihn getötet hatte nun mal nicht besser. Der Kuchiki raufte sich die Haare. Was sollte er bloß tun? Nur wenige Minuten, nachdem Tobias gegangen war, betrat ihre Mutter den Raum und setzte sich neben sie. „Konntest du schlafen?“, fragte sie, Carina schüttelte nur müde den Kopf. „Nein“, fügte sie noch hinzu. Sie hatte es versucht, aber die Sache mit Alice und den Anderen ließ ihr keine Ruhe. „Ich mache mir Sorgen“, sagte Yoruichi plötzlich und Carina sah sie irritiert an. „Worüber?“ fragte sie erstaunt, denn so einen Satz hatte sie von ihrer Mutter noch nie gehört. „Um dich natürlich“, lautete die Antwort der Shihoin, Angesprochene konnte nicht anders, als zu lächeln. „Das brauchst du nicht.“ Yoruichi öffnete erneut den Mund, doch das plötzliche Aufschieben der Tür ließ sie innehalten. Toshiro stand im Türrahmen und sein Blick fixierte Carina, doch zu ihrem Erstaunen schien er nicht wütend zu sein. „Komm mit. Es gibt da jemanden, der mit dir sprechen will.“ Carina zögerte. Meinte er etwa…„Keine Sorge, ich meine nicht Alice“, vollendete er ihre Gedanken, Erleichterung durchflutete die Vizekommandantin. „In Ordnung“, antwortete sie, hatte aber nicht mit ihrer Mutter gerechnet, die sich aufgerichtet hatte. „Du solltest dich ausruhen. Vor 3 Tagen konntest du nicht mal ohne Hilfe sitzen.“ „Es geht mir gut. Ich hab dir doch gesagt, dass du dir keine Sorgen machen musst. Ich hab schon mit schlimmeren Verletzungen rumlaufen müssen, als mit so einer kleinen Vergiftung.“ Das war vermutlich die Untertreibung des Jahres, aber Carina schaffte es tatsächlich, ohne weitere Probleme aufzustehen. Yoruichi seufzte widerwillig, ließ es aber geschehen. „Gehen wir“, sagte die 15-Jährige an Toshiro gewandt, dieser nickte und die beiden Shinigami verließen mit schnellen Schritten den Urahara Shop. Mit Shunpo überquerten sie mehrere Dächer, bis dem Weißhaarigen auffiel, dass Carina stark hinter ihm zurückfiel. „Wenn sie so langsam ist, dann muss ihr Tobias Gift wirklich schwer zugesetzt haben“, dachte er, denn der Kuchiki hatte ihm alles von dem Kampf erzählt. Verdammt, er hatte genau dasselbe Problem wie Tobias. Auf der einen Seite kam es ihm wie einem Verrat an Alice vor, wenn er versuchen wollte, Carina zu verzeihen. Doch auf der anderen Seite sagte ihm sein logischer Verstand, dass Carina keine andere Wahl gehabt hatte, als dieses dunkle Geheimnis vor ihnen allen zu verbergen. Der Vorfall vor 100 Jahren hatte ihr das wohl mehr als deutlich gemacht. Außerdem hatte er sie noch nie in so einem schlechten Zustand gesehen. Von den wenigen Blitzschritten stand ihr bereits der Schweiß auf der Stirn und auch ihre Atmung hatte sich stark beschleunigt. Oh, er würde das sicher noch bereuen… Carina unterdrückte ein Keuchen. Es war Jahre her, dass ein paar Blitzschritte sie so erschöpft hatten. Schnell merkte sie, wie ihr Reiatsu weniger wurde, ihr Körper war eben immer noch ziemlich angeschlagen. Aber Herrgott noch mal, sie würde nicht vor Toshiros Augen zusammenbrechen. Ihren Stolz wollte sie nicht auch noch verlieren. Ein erschrockener Laut entfuhr ihr, als plötzlich Toshiro genau neben ihr auftauchte und ihren Arm über seine Schultern legte, um sie zu stützen. Carina sah ihn fragend und geschockt zugleich an und der Weißhaarige seufzte genervt auf. „Halt einfach den Mund und komm jetzt mit. Es ist immer noch meine Entscheidung, wie ich mich dir gegenüber verhalte, klar?“ Auf einmal klang er ungewohnt wütend und die Shihoin verstand. Er war gar nicht wütend auf sie, nur auf sich selbst. Toshiro sah sie nicht an, als er begann zu sprechen. „Warum habe ich das nicht schon viel früher getan? Warum habe ich nicht viel früher zu dir gestanden? Und warum zum Teufel musste es überhaupt so weit kommen? Du hast nie was gesagt, wir hätten dir doch helfen können, verdammt noch mal!“ Carina hatte vieles erwartet. Hass. Wut. Verachtung. Aber nicht, dass er gekränkt sein würde. „Als ich angefangen habe mich an diese Nacht von damals zu erinnern“, begann sie zögernd und mit leicht krächzender Stimme, „da wollte ich nur, dass das alles einfach nur vorbei ist.“ Der Kommandant brauchte einige Sekunden um zu verstehen, dass die 15-Jährige mit „das alles“ ihr Leben meinte. „Ich war so müde von alldem. Ich wollte nur die Augen schließen und alles vergessen, nicht mehr die Schuldgefühle und den Schmerz ertragen müssen. Ich hatte es so satt, ich zu sein. Und doch hab ich mich nicht getraut, dem ein Ende zu setzen.“ „Was…“, begann er, sodass sich Carinas Blick verwundert auf ihn richtete, „WAS ZUM TEUFEL REDEST DU DENN DA?“, schrie er sie an und die Shihoin zuckte erschrocken zurück. „Ich glaube, ich spinne“, ergänzte er und packte sie am Kragen. „T-Toshiro?“ stammelte sie leicht verängstigt und hob beschwichtigend die Hände. „Wenn du über so einen Schwachsinn je wieder nachdenken solltest, dann verspreche ich dir, dass ich dich fest ketten werde und das solange, bis du nie wieder auch nur im Entferntesten glaubst, dass dein Leben unwichtig ist. Hast du das kapiert?“ Carina schaute ihn einige Momente vollkommen geschockt an, bevor sich ein leichtes Lächeln auf ihr Gesicht schlich. Und ohne, dass sie irgendetwas dagegen tun konnte, umarmte sie den weißhaarigen Jungen, der ein ganzes Stück kleiner war als sie selbst. „Danke Toshiro. Für alles.“ Angesprochener errötete leicht und schaute verlegen zur Seite. „Das heißt immer noch Hitsugaya Taicho“, murrte er, lächelte aber nun ebenfalls. „Da seit ihr ja“, wurden die Beiden von Rangiku begrüßt, die vor einem riesigen Bildschirm stand, der leicht flackerte. „Der Sou-Taicho hat uns befohlen, zurück in die Soul Society zu kommen“, sagte sie und Toshiro nickte bestätigend. „Allerdings darfst du aufgrund deines körperlichen Zustandes hier bleiben.“ Carina erstarrte. Sie schluckte kurz. „War das die Anordnung vom Sou-Taicho oder von jemand anderem?“, fragte sie stockend und mit belegter Stimme, doch ihre Frage sollte gleich darauf beantwortet werden. „Die Anordnung kam von mir“, ertönte auf einmal eine Stimme und die 15-Jährige sah zum Bildschirm, der nun ein Bild aus der Soul Society reflektierte. Ihr fehlte nun fast die Luft zum Atmen. „Taicho“, flüsterte sie leise. Soi Fons kühle Augen starrten sie an und obwohl sie weit entfernt von hier war, konnte Carina die Kälte dennoch fühlen, als ob ihre Vorgesetzte genau neben ihr stehen würde. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten, damit man das Zittern nicht sehen konnte. Die Augen ihrer Kommandantin sprachen eine mehr als deutliche Sprache. Sie wusste Bescheid. Und sie war wütend. Oh und verdammt, Carina hatte nicht die geringste Ahnung, was sie sagen sollte. Schlussendlich entschied sie sich dazu, lieber zu schweigen als etwas Falsches zu sagen. Soi Fon wusste genau, wie sie Leute ansehen musste, um ihnen Angst zu machen. Oh, wie gerne wäre sie gerade vor Ort. „Du wirst bis zum Krieg in der Menschenwelt bleiben und dich nicht vom Fleck rühren. Bis dahin werde ich mir überlegen, was ich mit dir anstelle.“ Carina fühlte sich wie eine ausgepresste Orange. „Das war’s. Ich bin sowas von hinüber“, dachte sie und brachte gerade noch ein zittriges „Jawohl“ hervor. Soi Fons Bild verschwand so schnell wie es gekommen war. Einige Sekunden herrschte Schweigen, dann sagten Toshiro und Rangiku gleichzeitig: „Du bist sowas von tot.“ Wenn die Situation nicht so makaber wäre, hätte die Blondine vielleicht gelacht, aber nun war ihr eher nach Heulen zumute. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)