Torn von Eruwen ================================================================================ Kapitel 3: Schüler-Meister-Konversation --------------------------------------- Sasuke wartete, bis er keine Chakraquelle mehr spürte und ließ erst dann den Kopf sinken. Diese Blöße würde er sich nicht geben, seine Verzweiflung offen zu zeigen. Er seufzte leise. Doch selbst das wirkte in der Stille seiner Zelle unglaublich laut. "Wieso zur Hölle weiß sie nichts davon?", murmelte Sasuke und versuchte, seine Lage zu verstehen. Gut, er hatte diese Mission nicht ganz uneigennützig angenommen. Er musste stärker werden und Orochimaru hatte ihm diese Gelegenheit geboten. Da hatte er ja auch noch nicht ahnen können, dass der Sannin ihn nicht nur wegen seiner Fähigkeiten ausgewählt hatte. Und doch hatte er es auch für sein Dorf getan. Das Dorf, in dem sein Clan fest verwurzelt war. Oder gewesen war. Und nun dieser Empfang. Was sollte das? Im Moment wusste er nicht, ob er verzweifelt, enttäuscht oder stinksauer sein sollte. Dass sein Team nichts zu seiner Verteidigung zu sagen hatte, besserte seine Laune auch nicht unbedingt. Aber was hatte er erwartet? Sie wussten es schließlich nicht. Nein, sie wussten nichts mehr über ihn. Und das musste auch so bleiben... "Das würde ich auch gern wissen." Der Uchiha konnte diesmal nicht verhindern, dass er unkontrolliert zusammenfuhr. Wieso war noch jemand hier, er hatte doch kein Chakra mehr gespürt! Und seine Anbuwachen versteckten ihr Chakra nicht. Davon abgesehen würden die ihm wahrscheinlich auch nicht glauben, was der andere hier Anwesende seiner Äußerung nach aber augenscheinlich tat. "Kakashi-sensei, wieso haben Sie ihr Chakra verborgen?", sprach Sasuke in leicht anschuldigendem Ton. Oh? Seit wann nennt er mich denn wieder Sensei? Die Mühe hat er sich doch früher auch nicht gemacht. Der grauhaarige Jounin konnte nicht anders als seinen Schüler noch einmal zu mustern. Sasuke hatte seine Haltung sofort wieder geändert, als er sich bemerkbar gemacht hatte. Die leicht hängenden Schultern waren angespannt, der Kopf wieder angehoben, die Brauen leicht zusammengezogen. Auch der so typische Uchihastolz war immer noch wahrnehmbar, und doch...irgendetwas hatte sich verändert. "Naja, möglicherweise wollte ich eine natürliche Reaktion von dir sehen. Du könntest uns mit Leichtigkeit etwas vorspielen. Immerhin hat niemand wirklich kommen sehen, dass du dich gegen dein Dorf richten würdest. Ich hatte zwar deine steigende Wut auf Naruto bemerkt, aber ich war davon überzeugt, dass du dich richtig entscheiden würdest. Sonst hätte ich dir nie ein Siegel verpasst, das seine Kraft aus deinem Willen bezieht. Sasuke, du musst unsere Zweifel verstehen. Du bist vor zweieinhalb Jahren zu Orochimaru gegangen, hast die, welche verbissen versuchten, dich zu retten, sogar bekämpft, warst eine lange Zeit weg und hast wer weiß was getan und dann kommst du wieder und redest von einer Mission. Das ist schon etwas schwer zu glauben, wenn die Hokage nichts davon weiß. Aber falls es dir ein Trost ist: Diese Reaktion eben hat mich endgültig überzeugt." "Ich brauche keinen Trost. Außerdem könnte ich so eine Aktion vorausgeahnt haben und Ihnen eben in diesem Moment etwas vorspielen", blockte der Uchiha ab. "Das ist wahr, aber dann war da noch deine Überraschung vorhin. Nimm's mir nicht übel, aber du könntest so etwas nicht spielen. Dafür unterdrückst du deine Emotionen sonst viel zu sehr." Jemand, der den Clanerben nicht kannte, hätte wahrscheinlich keine Veränderung nach diesen Worten bemerkt, doch Kakashi entging die plötzlich sehr angespannte Kiefermuskulatur Sasukes nicht. Ein Wunder, dass seine Zähne nicht knirschten, so fest, wie sie aufeinandergepresst sein mussten. Wieso reagiert er so empfindlich? Und worauf? "Außerdem solltest du nicht so abweisend sein. Ich bin im Moment wahrscheinlich der Einzige, der dir glaubt. Oh, und natürlich Naruto und Sakura." "Dafür waren sie aber erstaunlich ruhig." Da ist sie wieder. Die leicht gelangweilte Uchihastimme. Wahrscheinlich hat er seine Fassung wiedergewonnen. Schade, wenn er aufgebracht ist, gibt er schneller etwas preis. Das kann ich jetzt wohl vergessen. "Du hast nicht miterlebt, wie sich Naruto vorhin noch für dich eingesetzt hat. Ich hab schon befürchtet, dass Tsunade-sama ihn direkt neben dir in eine Zelle sperrt. Er und Sakura waren nur geschockt von deinen Äußerungen. Kannst du ihnen das wirklich vorwerfen? Du entschuldigst dich bei Naruto und erweist der Hokage für deine Verhältnisse erstaunlich viel Respekt. Das hättest du früher nie getan." "Dinge...ändern sich." Nichts. Kakashi konnte rein gar nichts aus der Stimme ablesen. Auch Sasukes Körpersprache verriet nichts. Seine Augen waren ja leider aus offensichtlichen Gründen verbunden. Warum nur konnte der Jounin trotzdem so deutlich eine Resignation spüren, deren Intensität ihn schockierte? Was ist nur passiert? Oder liegt es an der Situation? Natürlich, Kakashi! Wer würde in so einer Lage nicht verzweifeln? Aber so ganz typisch war das für den sonst so kämpferischen Uchiha nicht. Auch hatte er sich erstaunlich kooperativ gezeigt - naja, für seine Verhältnisse. Kakashi war gespannt, wie sehr sein Schüler sich verändert hatte. Letzterer schien sich gerade in seinen Gedanken zu verlieren. Kakashi nutzte die Gelegenheit, um sich den Kampf noch einmal vor Augen zu führen, dessen Zeuge er vor ein paar Stunden geworden war. Nach ein paar Minuten des Schweigens brach er schließlich die Stille. "Ja, Dinge ändern sich. Aber die Rücksichtslosigkeit dir selbst gegenüber scheint nicht verschwunden zu sein. Es war sehr leichtsinnig, in deinem erschöpften Zustand allein den Kampf gegen die ganze Gruppe aufnehmen zu wollen. Wir hätten dir helfen können." Diesmal zuckte der Uchiha trotz seiner Überraschung nicht. Mh, er scheint sich jetzt stark zu kontrollieren. "Hn. Ich wusste nicht, ob ihr mir helfen würdet. Außerdem hatte ich keine Gelegenheit, euren körperlichen Zustand einzuschätzen, euer Chakra war schließlich verborgen, auch wenn Naruto das noch üben muss. Ihr hättet geschwächter sein können als ich." "Da hast du Recht. Dennoch wirktest du sehr erschöpft auf mich. Wie lange wurdest du verfolgt?" "Nur ein paar Minuten." Nur ein paar Minuten? Trotz dieser unglaublichen Geschwindigkeit kann ihn das nicht SO sehr ausgelaugt haben. "Wieso warst du so erschöpft?" Sasuke schnaubte verächtlich. "Orochimaru zu töten und sich dann den Weg aus dem Versteck freizukämpfen, ist eben kein Spaziergang. Ich bin ohnehin nur lebend rausgekommen, weil Orochimarus beste Ninjas gerade unterwegs auf Missionen waren. Kabuto hat sich auch nur so schnell in die Flucht schlagen lassen, weil er nur von Lakaien begleitet wurde. Andere wären nie auf meinen billigen Trick reingefallen." Sinnierend blickte er Gefangene auf den Boden, was nur zu erahnen war, da er seinen Kopf minimal neigte. "Du überraschst mich, Sasuke. Seit wann so bescheiden?" Der Uchiha wirkte plötzlich wieder sehr angespannt, doch seine Stimme war neutral, als er auf diese Äußerung reagierte, von der er nicht wusste, ob sie wirklich nur die Überraschung Kakashis zum Ausdruck bringen sollte. "Es ist die Wahrheit. Ein Ninja muss in der Lage sein, die Situation objektiv einzuschätzen." War ja klar, dass der Uchiha ihm die Konversation nicht leicht machen würde. Keine einzige Information gab er bereitwillig und nun kam er auch noch mit allgemeingültigen Weisheiten, um vom Thema abzulenken. Aber Kakashi wusste ohnehin, was er erfahren wollte: Sasuke hatte nicht gelogen. Jetzt galt es herauszufinden, warum der Ältestenrat gewisse Informationen vor der Hokage verheimlicht hat und was seinem Schüler in den vergangenen Jahren widerfahren war. Denn diese Begegnung hatte Kakashis Neugier geweckt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)