Alea Iacta Est von Night_Baroness (Partner-FF by Corab & Night_Baroness) ================================================================================ Kapitel 3: Begegnung -------------------- 3. Kapitel: Begegnung ~ by NightBaroness Es war merkwürdig schwül in der Wohnung. Der Mann neben ihr drehte sich glucksend zur Seite und schlief einfach weiter, als sie aufstand und auf leisen Sohlen das Zimmer verließ. Mit einem erwartungsvollen Lächeln nahm sie vor seinem Computer Platz, der immer noch lief. Was für ein Idiot, dachte sie. Es war wirklich ein leichtes gewesen, ihn erst abzufüllen und ihn dann mit klimpernden Wimpern zu bitten ihr doch seine ach so spannende Polizeiarbeit näher zu erläutern. Sie räkelte sich wie eine Katze und lehnte sich entspannt zurück, nachdem sie das Passwort eingegeben hatte. Kaum hatte sie die Enter-Taste gedrückt, erschienen allerlei Ordner und Dateien auf dem flimmernden Bildschirm vor ihr. Shinichi Kudo. Er wird kommen um mich zu retten. Er ist der größte Detektiv aller Zeiten. Sie hatte einfach nicht anders gekonnt. Die Worte des dummen Mädchens hatten sie neugierig gemacht. Wer war dieser Junge? Scheinbar routiniert glitten ihre Finger über die Tastatur und wählten einen Ordner nach dem anderen aus. Negativ. Negativ. Stopp. Sie öffnete einige Dateien. Shinichi Kudo. Oberschülerdetektiv. Im Alter von 16 Jahren… Sie überflog den Text hastig. Bei der Bekämpfung einer Verbrecherorganisation unter der Führung… Sie stockte und starrte einen Moment lang ungläubig auf die Worte, die wie in dicker, schwarzer Tinte geschrieben auf dem Bildschirm prangten. Dann entlockten ihr die neusten Erkenntnisse ein breites Grinsen. So war das also. Was für eine herrliche Wendung. Die Leiter der Organisation, Hiroshi Agasa (52 zum Zeitpunkt d. Verhaftung), wurde, wie die meisten Mitglieder, zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, doch einer seiner Untergebenen, der zum Zeitpunkt d. Verhaftung 37-jährige Jin Kurosawa, befindet sich momentan in der Todeszelle. Das Urteil wird… Diejenigen, für die sie einst die Ratte gewesen war, die das sinkende Schiff verlassen hatte. Diejenigen, die sie stets verspottet hatten, ja sogar eine Wahnsinnige geschimpft hatten, standen nun mit dem Rücken zur Wand ohne einen Fluchtweg in Sicht. Immer noch köstlich amüsiert betrachtete sie ihre blutroten Fingernägel. Wie’s aussieht, habe ich gewonnen… Aber das war nicht das Einzige, was sie beschäftigte, als sie die fremde Wohnung verließ. Shinichi Kudo hatte die Organisation, die ihr selbst all die Jahre ein Dorn im Auge gewesen war, besiegt. Etwas, dass sie niemandem ohne Weiteres zugetraut hätte. Sie unterbrach ihre Wanderung durch die dunklen Seitengassen Tokyos, fernab von den Lichtern der Neontafeln, um einen kurzen Blick in ein leeres Schaufenster zu werfen. Ihr eigenes Spiegelbild lächelte sie herausfordernd an. Die dunklen Augen spiegelten das Mondlicht und funkelten angriffslustig wie die einer Katze. Shinichi Kudo, ich hoffe wirklich, du hast Lust, ein wenig zu spielen… Ihr unbestimmter Weg führte sie weiter in einen verlassenen Park. Sie hatte keine Lust nach Hause zu gehen. Im Gegenteil, durch die neusten Erkenntnisse war sie viel zu aufgeregt. Sie fühlte sich vollkommen aufgedreht, wie ein kleines Kind am Morgen seines Geburtstages. Am liebsten wäre sie sofort zum Gefängnis gefahren und hätte diesen Hunden ins Gesicht gelacht, aber das wäre dumm gewesen und unbedacht, etwas, was nicht zu ihr passte. Gedankenverloren griff sie in ihre Tasche und holte einen kleinen Würfel heraus. Eigentlich konnte sie diesen Erfolg gleich feiern. Ein kleines Spiel wäre angemessen bei diesem Anlass. Immer noch lächelnd sah sie sich nach einem Spielkameraden um. Vielleicht fand sich ja jemand, der einen schönen Spaziergang im schattenhaften Zauber der Nacht unternehmen wollte. Aufmerksam sah sie sich zwischen den großgewachsenen, dunklen Bäumen und der glitzernden Oberfläche eines kleinen Teiches, der bei Tageslicht vermutlich nicht halb so romantisch wirkte, um. „Weißt du, wo meine Mama bleibt?“ Überrascht sah sie sich um und entdeckte einen kleinen Jungen, der ganz in ihrer Nähe auf einer Parkbank saß. Den Würfel fest in ihrer Hand, kam sie auf ihn zu. „Nein. Wo ist deine Mama denn hingegangen?“ Freundlich lächelnd setzte sie sich neben den kleinen Jungen. Der Junge schluckte und sah sie mit zerknirschter Miene an. „Sie wollte schnell auf die Toilette gehen und meinte, ich solle im Auto warten. Aber ich bin ungeduldig geworden und bin ihr nachgelaufen. Jetzt weiß ich nicht mehr, wo das Auto ist.“ „Du Armer.“ Zärtlich strich sie ihm ein paar verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Ich fürchte, ich kann dir nicht helfen. Aber vielleicht können wir uns ein bisschen die Zeit vertreiben, bis du deine Mama wiedersiehst. Möchtest du ein Spiel spielen?“ Er strahlte an. „Oh ja, was wollen wir denn spielen?“ „Es ist ein ganz einfaches Spiel. Du musst einfach nur würfeln. Eine Zahl zwischen eins und sechs. Je nachdem, welche rauskommt, kriegst du eine Überraschung von mir.“ Der Junge nahm den Würfel aus ihrer Hand und grinste frech. „Wenn ich eine eins würfle, bekomme ich dann einen Kuss?“ Sie blinzelte überrascht. „Einen Kuss?“ Er lächelte verlegen. „Ja. Weißt du, du bist so hübsch. Da dachte ich, dass du vielleicht eine gute Fee bist und ich habe gelesen, dass der Kuss einer Fee Glück bringt.“, erklärte er wissenschaftlich. „Na gut, ich verspreche es…“ Einen Kuss aus Blut, direkt zwischen deine Augen, wisperte es in ihr. Ihr Lächeln wurde noch warmherziger. Der Junge hob die Hand und ließ den Würfel fallen, direkt zwischen die Kiesel auf dem schmutzigen Gehweg. Neugierig beugten sich beide nach unten, um einen Blick auf die Augenzahl zu erhaschen. Sechs Augen starrten ausdruckslos zurück. Enttäuscht zog der Junge einen Schmollmund und verschränkte trotzig die Arme vor der schmalen Brust. „Ich hab einfach kein Glück.“ „Doch, das hast du, glaub mir. Wie heißt du eigentlich?“ Sie drückte ihm einen sanften Kuss auf die Wange. „Takuya“, stotterte er, während er leicht rot wurde. Sie stand auf. „Also Takuya. Ich wünsche dir eine gute Nacht. Ich bin sicher, dass deine Mutter dich bei deinem Glück bald finden wird.“ Der Zufall ist diesmal wohl auf deiner Seite. Sie wandte sich zum Gehen. „Warte.“ Er sprang ebenfalls auf. „Sagst du mir auch deinen Namen?“ Mit einem Lächeln auf den Lippen drehte sie sich um. „Ich sage dir meinen Namen, aber du musst mir versprechen ihn niemandem zu verraten. Denn mit Feen ist es wie mit Wünschen, wenn man darüber redet, zwingt man sie in die Wirklichkeit und raubt ihnen jeden Funken Magie.“ Sie beugte sich zu dem kleinen Jungen und flüsterte sanft ihren Namen in sein Ohr, bevor sie ebenso still und leise in der Nacht verschwand, wie sie gekommen war. „Ich heiße Etsuko.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)