Alea Iacta Est von Night_Baroness (Partner-FF by Corab & Night_Baroness) ================================================================================ Kapitel 7: Herausforderung -------------------------- 7. Kapitel: Herausforderung ~ by NightBaroness Es war das erste Mal gewesen, dass sie Shinichi Kudo so nahe gekommen war. Der Gedanke daran, dass er keine Ahnung hatte, wer da vor ihm stand, hatte ihr einen wohligen Schauer über den Rücken gejagt. Was war das nur für ein herrliches Spiel? Würde es ihr weniger Spaß machen, vielleicht hätte sie ihm dann die Wahrheit gesagt, nur, um zu sehen, wie sich seine Gesichtszüge veränderten und all der Schmerz, das Leid und die Trauer seine Augen zu kalten Glasmurmeln machten, aus denen ihr die letzten kläglichen Reste des Feuers wie tödliche Speere entgegen zischten. Aber wer verlor schon absichtlich ein Spiel? Verkehrsunfälle. Fast hatte sie Mitleid mit ihm. Der einst1 so große Detektiv, der Sherlock Holmes der Neuzeit, wie sie ihn nannten, wenn er wieder da stand und mit geschwollener Brust von seinen Schlussfolgerungen erzählte. Er war nun an einen Ort verbannt worden, an dem es keine Mörder gab, nur Opfer. Und zersplittertes Blech. Zerbeult wie dein Leben. Es war ihr nicht möglich, sich ein höhnisches Lächeln zu verkneifen. Schnell wandte sie den Blick zurück zum Computerbildschirm, damit Megure, ihr neuer Vorgesetzter es nicht bemerkte. Sie saß nun schon eine ganze Weile in dem kleinen Büro und tippte eine Akte nach der anderen ab. Vermutlich hätte sie schneller vorankommen müssen, aber das scherte sie nicht und Megure offenbar auch nicht, dazu liebte er es viel zu sehr, sie anzusehen. Ihre Augen stattdessen blickten ins Leere. Fieberhaft überlegte sie, wie sie als nächstes vorgehen sollte. Am Anfang war es immer wichtig, den richtigen Einstieg zu finden, damit man möglichst alle Fäden in der Hand hatte, wenn es darauf ankam. „Und, wie kommen Sie voran? Ich hoffe, das Programm ist nicht zu unübersichtlich.“ Megure beugte sich zu ihr hinunter, seine Pupillen huschten, hin und hergerissen zwischen Anstand und Verlockung, huschten von ihrem Gesicht zu ihrem Ausschnitt und umgekehrt. Ohne sich ihren Spott anmerken zu lassen, lächelte sie freundlich. „Nun, ich habe ja eine gewisse Erfahrung, es macht mir also keine Probleme. Kümmern Sie sich nicht weiter um mich, Inspektor.“ Sie zwinkerte ihm zu. Megure nickte enttäuscht. Wie gerne hätte er sich jetzt zu ihr gesetzt und ihr alles erklärt, was sie wissen wollte. Ein Handy klingelte. Er blickte zuerst auf das blinkende Display und hob dann ab. Er bedeutete ihr durch ein Handzeichen, dass er kurz weg musste und verließ den Raum, um in Ruhe zu telefonieren. Etsuko lehnte sich entspannt zurück. Wahrscheinlich war es seine Frau, die schon die Eifersucht packte, wenn sie nur die Stimme einer anderen Frau in der Nähe ihres Mannes hörte. Wie recht sie doch mit ihrem Misstrauen hatte. Es war lediglich Glück, dass Etsuko keinerlei Interesse an dem dicklichen Mann mittleren Alters hatte und er ihr auch nicht nutzte. „Entschuldigen Sie?“ Überrascht blinzelte sie. Vor ihr stand Shinichi Kudo. Eilig setzte sie sich auf und zupfte ihre Bluse zurecht. „Ja, was wünschen Sie? Herr Megure müsste bald wieder da sein.“ Kudo maß sie mit einem Blick, der ihr schon aufgefallen war, als sie sich das erste Mal begegnet waren. Leicht verächtlich, leicht angewidert, so, wie sie sonst kein Mann ansah. Das muss daran liegen, dass er gerade seine Frau verloren hat, dachte sie bei sich. „Nun, ich müsste dringend mit ihm sprechen. Es ist wichtig.“ Sie nickte und versuchte es mit einem gewinnenden Lächeln. „Natürlich. Worum geht es denn?“ Sein Mund blieb ein schmaler Strich und seine Augen kalt. Bei ihm biss sie anscheinend auf Granit. Ärgerlich strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Nun, es ist streng vertraulich. Ich sollte wirklich nicht mit Ihnen darüber sprechen.“ Na schön, dann kitzle ich es eben aus dir heraus. „Es geht um den Würfelkiller-Fall, nicht wahr?“ Kudo wirkte einen Moment lang überrascht, fing sich aber schnell wieder. „Sie wissen darüber Bescheid?“ Etsuko ließ das unterdrückte Misstrauen in dieser Frage an sich abprallen wie einen einzelnen Tautropfen. Er würde ihre wahre Identität niemals erahnen, viel zu sehr war er selbst beeinflusst durch den Tod seiner Frau. In seiner Blindheit würde er wohl nicht mal den deutlichsten aller Hinweise verstehen, selbst, wenn man ihm ihn vor die Nase hielt. Ihr Lächeln gewann die alte offene Freundlichkeit zurück. „Natürlich. Als Inspektor Megures Sekretärin bin ich mit den wichtigen Akten vertraut, zwar nicht mit allen Einzelheiten, aber…“ „Es geht Sie nichts an.“, unterbrach Kudo sie forsch. Sein Blick wich dem ihren nicht länger aus, sondern konfrontierte sie direkt mit einer Mischung aus kaltem Hass und nackter Verzweiflung, während ihre Miene unverändert blieb. Spürst du es etwa? Fast hätte sie laut über die eigene Naivität gelacht. Das war doch Unsinn. Jegliche tiefe emotionale Bindung zwischen den Menschen war illusionär und vor allem immanent. Keine Liebe überlebte den Tod und kein Gefühl würde jemals stark genug sein, die Wahrheit aus den Schatten zu zerren und sie ans Licht zu zwingen. „Bitte verzeihen Sie. Ich weiß, dadurch, dass sie ihre Frau verloren haben, sind sie persönlich von diesem Fall betroffen. Ich dachte nur, wenn ich Ihnen irgendwie helfen könnte…“ Wieder unterbrach er sie. „Ich habe meine Frau nicht verloren.“ Er stieß ein trockenes Lachen aus, voller Verachtung und Schmerz, wie das kraftlose Krächzen einer Krähe, der eine Kugel die Eingeweide herausgerissen hatte. „Sie ist mir genommen worden.“ Seine Stimme wurde kräftiger, nun schien es, als wäre keineswegs der letzte Lebenstropfen aus seinen Adern gewichen, im Gegenteil, er hatte noch nicht aufgegeben. „Und das ist auch der Grund, weshalb ich nicht eher ruhen werde, bis ich ihren Mörder gefasst und ihn zur Rechenschaft gezogen habe. Selbst, wenn ich es ganz allein tun muss, es ist mir egal, ich werde Az-zahr finden und ihn tausendfach bezahlen lassen.“ Laut und Bedrohlich. Die Krähe war nun ein Löwe, der brüllte. Etsuko hielt den Atem an. Shinichi Kudo dachte nicht daran, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Er wollte sich selbst zum Rächer erheben, er wollte all seine Prinzipien über den Haufen werfen und sie, Az-zahr, herausfordern. Er ging ohne ein weiteres Wort hinaus, als würde er längst wissen, dass er hier keine Hilfe zu erwarten hatte. Auch sie ging, ein erwartungsvolles Lächeln auf den dunkelroten Lippen. Das Spiel hatte soeben eine neue Ebene erreicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)