cross game von K-Cee (ToraxSaga) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- 19. Dezember Drei Tage. Drei verdammte Tage, in denen Tora ihn nicht mit dem Arsch angeguckt hatte. So langsam wurde selbst Saga nervös, der normalerweise so felsenfest von ihrer Beziehung überzeugt war, dass er glaubte, nichts und niemand könne sie beide je auseinander bringen. Und jetzt? Hatte er das vielleicht sogar selber geschafft? Wenn er nur daran dachte, wurde ihm schlecht – mal wieder. Die letzte Nacht hatte er nicht wirklich geschlafen, sondern nur mit tellergroßen Augen an die Decke gestarrt und doch durch die weiße Tapete hindurch gesehen. Immer nur ihn. Ihn und den Ausdruck in seinem Gesicht. Normalerweise war sein Freund immer das einzig sichere Wesen in seinem Leben gewesen. Jemand, vor dem er sich nie hatte verstellen müssen. Vor dem er sich nie für seinen teils verkorksten Charakter hatte schämen müssen und von dem er sich immer sicher gewesen war, dass jener genau diese Makel an ihm liebte. Und jetzt tat er genau das: sich schämen. Er schämte sich dafür, dass er gleich an die Decke gegangen war, und das auch noch vor ihren Freunden und der halben Schule, anstatt ihn einfach zu fragen, warum er ihn ignorierte. Er hatte sich im Recht gefühlt und er hatte einfach angenommen, dass er jedes Recht dazu hatte, Tora anzufahren. Nur... offenbar hatte er sich in dieser Hinsicht geirrt, denn der Blick, mit dem sein Freund ihn bedacht hatte, hatte Bände gesprochen. Von Enttäuschung und von Traurigkeit. War er diesmal wirklich zu weit gegangen..? Nachdem ihn der Lehrer zum dritten Mal ermahnt hatte, dass er gefälligst dem Unterricht zu folgen hatte, anstatt durch sein lautstarkes Seufzen und seine hibbeligen Füße eben diesen zu stören, hatte Saga sich selbst damit beschäftigt, einfach den Rücken seines Freundes still anzustarren. Denn im Gegensatz zu ihm war Tora gut in Mathe. Wie so ziemlich in jedem anderen Schulfach. Und Tora folgte dem Unterricht immer aufmerksam, wie ein Musterschüler, und störte niemanden, schrieb bloß fleißig Notizen – bis auf das eine Mal vor über einem Jahr, als Saga neu in die Klasse gekommen war. Genau an diesem Tag hatte Tora nämlich ausnahmsweise mit hinten gesessen und mit ihm Zettelchen geschrieben. Alles, weil er ihn vom ersten Augenblick an toll fand, wie er ihm viel später gestanden hatte, und es war auch das einzige Mal, an das der Brünette sich erinnern konnte, dass der Andere vom Lehrer ermahnt worden war. Seufzend (diesmal schlauerweise tonlos) stützte Saga das Kinn in die Handfläche, den Ellenbogen in die Tischplatte gestemmt, und ließ seine Augen über die breiten Schultern hinauf zu den schwarzen Haaren seines Hoffentlich-noch-immer-Freundes wandern. Tora hatte sie sich länger nicht mehr geschnitten und die Strähnen im Nacken waren schon recht lang geworden. Außerdem, wie Saga gerade auffiel, hatte er sie offenbar etwas auftoupiert. Das hatte er doch sonst nie gemacht..? Und seit wann trug Tora eigentlich Chucks zu seiner Schuluniform, so wie heute Morgen, bevor er in seine Schul-Pantoffeln geschlüpft war? Und... war das etwa ein Lederarmband an seinem rechten Handgelenk? Es war recht breit und ohne silberne Verzierungen wie Nieten oder Ähnliches, aber der Schwarzhaarige trug normalerweise nie Schmuck. Nun setzte sich der Brünette doch aufrecht hin, um weiter zu beobachten, ob ihm nicht noch etwas Seltsames auffiel. Nein, ansonsten war alles beim Alten, aber nun ließ ihn der Gedanke doch nicht los. War in Wirklichkeit er derjenige gewesen, der den Anderen zu wenig beachtet hatte? Eigentlich hätten ihm die Veränderungen doch sofort auffallen müssen, oder nicht? Immerhin war er Toras Freund und bis vor einer Weile hatten sie auch fast jeden Nachmittag miteinander verbracht, aber trotzdem hatte er nichts an dem Anderen als besonders auffällig empfunden. Er musste zugeben: Es stand Tora sogar! Ein bisschen rebellischer als sonst verliehen ihm diese paar kleinen Veränderungen eine komplett andere Aura. Rebellisch eben. Auch wenn der Größere so gar nicht der Typ für aufmüpfiges Verhalten oder Verstöße gegen die Kleiderordnung war. Sagas eigene Krawatte hingegen hing immer auf halb Acht und war stets nur lose gebunden, sodass sie eher um seinen Nacken baumelte, anstatt sich zwischen die beiden Kragenenden seines blütenweißen Hemdes zu fügen. Und auch der Gürtel an seiner dunkelblauen Hose war eigentlich immer entweder in einer auffälligen Farbe oder, so wie heute, mit silbernen Nieten besetzt. Und oft genug hatte er sich dafür einen Rüffel bei Tora abgeholt, oder er hatte sich vom Anderen das Hemd in die Hose stopfen lassen müssen. Zugegeben, letzteres war meist in weitaus angenehmere Tätigkeiten ausgeartet, aber dennoch hatte der Andere ihn wissen lassen, dass er es nicht mochte, wenn er gegen die Regeln verstieß. Und jetzt schien er das ganze selber nicht mehr ganz so genau zu nehmen... Als dann plötzlich die Schulglocke das Ende der Stunde verkündete, schreckte Saga dann doch aus seinem Trance-Zustand und schmiss alles, was er auf dem Tisch liegen hatte, achtlos in seine Tasche und sprintete zur Tür, um Tora gerade so noch einzuholen, der schon dabei war den Raum zu verlassen. „Tora...“ - und es war leiser über seine Lippen gekommen, als er es vorgehabt hatte, doch der Größere schien ihn gehört zu haben, denn er blieb reglos stehen, ließ die anderen Schüler an sich vorbei in den Flur ziehen und rührte sich nicht, ehe Sagas Hand seine Schulter berührt hatte. Kurz glaubte er, er könnte ein leichtes Zittern unter seinen Fingerkuppen spüren, doch als der Ältere sich umdrehte und ihn ruhig ansah, waren all seine Gedanken wie weggewischt und er konnte nur in die braunen Iriden starren und sich wieder einmal darin verlieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)