After the Races von Mir_Rage (Auf der Suche nach neuen Gleisen) ================================================================================ Kapitel 2: Erinnerungen und Gedanken ------------------------------------ Der Wind pfiff stetig vom Land aufs Meer hinaus und ließ einige von Candle’ s Strähnen übermütig auf und ab tanzen. Nach einigen Metern hatte sie zu der Stelle gefunden, die sie nun fast jeden Abend seit zwei Jahren anfuhr und dort blieb bis die Sonne gänzlich verschwunden war. Ein Stahlbrücke bog sich über einen ins Meer strömenden Fluss. Von dort zweigte ein Sackgleis ab, das wenige Meter darauf mit einem hölzernen Prellbock endete. An diesem kam Candle zum Stehen. Wehmütig holte sie Luft und ließ ihre Pfeife ertönen. //Ich bin wieder da!// flüsterte der Ton dem stumm daliegenden Wrack zu. Fröstelnd schmiegte sich der kleine Wagen tiefer in die Jacke, ihre einzige greifbare Erinnerung an Speedster. Der großspurige Diesel hatte das Kleidungsstück tagein tagaus getragen. Sie war sein Markenzeichen gewesen, genauso wie der ewige Glimmstängel im Mundwinkel. Oder seine ewige kopflose Raserei, wenn einmal der Termindruck zu heftig wurde. Dann konnte ihn nur eins bremsen- Candle. Alleine beim Gedanken, wie er immer mit Bolt am Tresen hing und die beiden zusammen lachten und sich gemütlich einen hinter die Blende kippten, schnürte es der Kleinen die Brust zusammen. Er fehlte ihr so unermesslich. Und was den Schmerz oft noch schlimmer machte... Sie konnte spüren wie die Erinnerungen an ihn zu schwinden begannen. Genau wie sein Duft mehr und mehr aus der Jacke wich. Und Candle hatte Angst davor. Sie wollte um keinen Preis auch nur ein Fünkchen Erinnerung an Speedster verlieren. Und doch... so sehr sie es auch versuchte, es geschah. Und seit sich einen neue Lok in Candle’ s Blickfeld geschoben hatte, geschah es immer mehr. Widerwillig schüttelte sie den Kopf. „Blödsinn!! Dieser aufgemotzte Haufen Blech bedeute mir nicht die Spur etwas! An Speedster kommt der noch in Jahrzehnten nicht ran!“ Laut schnaubend setzte Candle ihren „bockigen Blick“ auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Er war ganz und gar nicht ihr „Typ“!! Aufgemotzt bis ins kleinste Detail, dazu ein Ego, dass an Arroganz und Narzissmus nicht zu überbieten war! Und einen Ton am Leib, das einem das Öl in den Leitungen schlecht wurde. Angewidert, als hätte sie den ranzigen Geruch in der Nase, schüttelte Candle sich heftig. Das der Kerl und sein Anhang ihnen nur Scherereien machen würden, hatte sie bereits geahnt als das Sextett ihr Quartier unweit von hier bezogen. Überheblich und aufgeblasen, stolzierte und raste die Bande immer wie es ihnen passte hier über die Gleise. Scherte sich einen feuchten Dreck darum, das dies öffentliche Gleisanlagen und nicht ihr privater Spielplatz war. Naja, die Quittung kam dann auch prompt. Man sollte auch nicht mit überhöhter Geschwindigkeit durch ein Terrain preschen, das man nicht kannte. Das konnte einen Zug gewaltig ins Trudeln bringen und im ungünstigsten Fall (der es dann auch war) einen Wagen kosten. Aber eine Lok, die nicht einmal merkte das ihr ein Waggon abhanden gekommen war!! Das war ja wohl das Letzte. Candle schäumte immer noch vor Wut, als sie sich an das jämmerliche Bild erinnerte das der verunglückte Reparaturwagen abgegeben hatte. Wrench hatte die ganze Zeit gebrüllt und geschrieen, aber anscheinend hatte keiner ihres Trosses ihr Unglück bemerkt. Irgendwann war die Kleine schließlich heißer geworden und brachte kaum noch einen Ton raus. Doch er war laut genug für Bolt und Candle’ s Zug. Mit etwas Mühe und Überredenskunst brachten sie die Kleine schließlich dazu sich von ihnen helfen und zum Depot ziehen zu lassen. Und ganze zwei Tage später erst kam die Truppe auf den Gedanken sich bei ihnen sehen zu lassen und sich nach ihrem fehlenden Mitglied zu erkundigen. Aber nicht das der hochherrschaftlich Big Boss sich bequemen würde nachzufragen, nein er schickte seine bleichgesichtige Hofschranze Purse vor. Der unglücklichen Tropf kam Candle gerade recht und sie faltete ihn nach allen Regeln der Kunst zusammen. Als dann tatsächlich Electra himself sich dazu herabließ zu erscheinen und prompt anfing Wrench für den Unfall Vorwürfe zu machen, war das Maß bei dem empörten Bremswagen entgültig voll. Sie ließ einen zornigen Wortschwall auf die zunächst verwirrte E-Lok hernieder regnen, der’ s in sich hatte. Selbst die anderen sonst so stoisch wirkenden Components wichen immer mehr vor dem brodelnden Bremswaggon zurück. Aber vielleicht fürchteten sie auch nur den folgenden Wutanfall ihres Rudelführers. Und der kam auch postwendend. Aber weder sein Geschrei, einschüchterndes Gehabe, drohenden Blicke, lautes Stromgeknister noch ein gleißender Lichtblitz über ihren Kopf hinweg schienen Candle einzuschüchtern. In Wahrheit hatte sie innerlich vor der tobenden E-Lok gezittert. Doch wenn die Kleine eines im Umgang mit Loks (egal welcher Bauart) wusste, dann dies: Man durfte sich in ihren Augen nie verraten, wenn man mit ihnen stritt. Sonst hatte man verloren! Daher gab sie sich alle Mühe ihr „Bist du jetzt fertig?“ so kaltschnäuzig wie sie es nur konnte, vorzubringen. Die hellaufblitzenden Augen versuchten ein weiteres Mal sie zu durchbohren. Die Kleine allerdings... blickte einfach durch Electra hindurch. Candle konnte später nicht mehr sagen, wie lange sie sich damals sich Aug in Aug gegenüber gestanden hatten, aber ER war es schließlich das als erstes den Blick senkte. Danach... waren sie sich mehr oder weniger aus dem Weg gegangen. Ein Gutes hatte der Vorfall allerdings gehabt: Die idiotischen Rasereien rings um das Depot hatten schlagartig aufgehört. Einige der Components erschienen auch nun in regelmäßigen Abständen im Depot. Vermutlich weil das der einzige Ort war an dem sie sicher vor den Laune ihres Chefs waren. Vielleicht auch weil hier so etwas wie Normalität herrschte. Candle konnte es nicht sagen. Und eigentlich... eigentlich war es ihr auch gleich. Während der Bremswaggon noch weiter über die jüngsten Ereignisse in ihrem Leben nachdachte, erfüllte lautes Donnergrollen den Himmel. „Auch das noch!“ Keinen Augenblick später öffnete der Himmel seine Schleusen und ergoss seine nasse Fracht auf die Erde und damit auch auf Candle. Mit einem genervten Laut machte die kehrt. „Vermaledeites... vermaledeites Mistwetter! Jedes ... jedes Mal ist es das selbe! Du denkst an nichts böses und urplötzlich zack... steht man im sprichwörtlichen Regen!“ Die Kleine fluchte und fauchte noch weiter derb vor sich hin. Innerlich verfluchte sie aber ihre eigene Unbesonnenheit. Sie hatte doch gewusst das es bald regnen würde. Aber Candle war so sehr mit ihren Gedanken beschäftigt gewesen, dass sie weder das aufkommende Wetter noch die hereinbrechende Dämmerung bemerkt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)