After the Races von Mir_Rage (Auf der Suche nach neuen Gleisen) ================================================================================ Kapitel 3: Begegnung im Regen ----------------------------- Nun rollte sie so schnell es der lädierte Bremswagen eben vermochte heimwärts. So sehr sie sich auch bemühte, bei ihrem Schneckentempo konnte Candle nicht verhindern, das sie selbst und ihr geliebtes Erinnerungsstück gründlich eingeweicht wurden. Dazu kam noch das der starke Wind sie hin und her zerrte. „Einmal... nur ein einziges Mal!“ grummelte sie düster. Ja, einmal wollte sie schneller sein. Schneller als dieses jämmerliche Gestackse, zu dem sie verdammt war. Ach es war schon ein Kreuz! Diese verteufelte Hinterachse! Seit dem Unfall machte sie nur Zicken. Voll belasten konnte Candle die Seite nicht ohne Gefahr zu laufen, dass sich ihr rechtes Rad irgendwann in der Bandage lockerte. Der Bremsblock an dieser Seite fehlte seit dem unglücklichen Rämpler vollständig. Wenn Speedster nur etwas kräftiger gezogen hätte, dann wäre sie rechtzeitig von der Weiche gewesen und der hinter ihnen heranrollende Zug hätte Candle nicht streifen können. Aber so hatte sie von dem, sich verschiebenden Stellgleis unten und dem durch bretternden Irren oben eins aufs Dach gekriegt. Gleichzeitig zog Speedster dann auch noch vorwärts und das Unglück war geschehen. Eigentlich hätte Candle mit dieser Behinderung nicht mehr auf die Gleise dürfen. Jedenfalls nicht als Bremswagen. Das hatte man ihr im großen Hauptdepot nach dem Check-up gesagt und der Kleinen folgende Möglichkeiten gelassen: Entweder sie opferte ihre Karriere als Bremser und ließ sich umrüsten. Oder aber sie wurde ausgemustert und würde ihr Schicksal auf einem Abstellgleis fristen bis neues Material für die Schrottpresse gebraucht würde. Also... hatte Candle die dritte Variante gewählt: Sie war kurzerhand ausgebüchst und arbeitete nun hier im abgelegenen Depot 18 mehr oder weniger illegal. Aber wie sollte sie sonst die Piepen für die neuen Ersatzteile zusammenkriegen? Und ihr rotes Hütchen an den Nagel hängen, stand von Anfang an nicht zur Debatte. Dafür liebte und lebte Candle ihren Beruf viel zu sehr. Aber als nur halbseitig funktionsfähiger Bremswagen stellte sie stets ein Sicherheitsrisiko für ihren Zug dar. Ein Glück das sie Bolt und die Jungs hatte. Solange sie mit ihrem vertrauten Team arbeitete, ging alles soweit glatt. Und sobald sie die Knete für die Reparatur hatte ... war alles wieder im grünen Bereich. //Fragt sich nur... wann das sein würde.// dachte Candle gerade noch, da erregte ein hell flackernder Lichtfleck, der rasch näher kam, ihre Aufmerksamkeit. War das ein Zug? Aber wenn ja, warum war er nur so spärlich beleuchtet bei dem finsteren Wetter? Das grenzte an Fahrlässigkeit würde Mommie sagen, und Recht hatte sie. Außerdem... er fuhr viel zu schnell für diese Strecke. Bei dieses Tempo, da... da geriet er am „Teufels Öhr“ vom Gleis ab, wenn nicht... wenn nicht jemand diesen Raser schleunigst bremsen würde!!! Und genau das hatte Candle vor. Ob nun halber oder ganzer, Bremswagen blieb Bremswagen!!! Hell flackerte die Beleuchtung an ihren Schultern auf. Ihr großes Warnlicht, das sie sonst hinten an ihrem Zopf angehängt hatte, hing nun hell blinkend vor Candle’ s Brust. Ihre Pfeife schrie mit ihrer lauten Stimme um die Wette. Dennoch schien der Zug weiter ungebremst auf sie zuzurasen. Das Herz des kleinen Waggons begann schneller und schneller zu rasen. WAS wenn die Lok sie nicht sah?! WENN sie einen dieser tückischen Sekundenschlaf-Momente hatte?! Oder am Ende gar mit irgendetwas zugedröhnt war?! Es wäre vernünftiger einfach das Gleis zu räumen! Den Weg frei zu geben und an die eigene Sicherheit zu denken. Doch Candle dachte nicht daran. Statt zu weichen, setzte sie auf Konfrontation. Mit einer schneller Bewegung hatte sie ihr linkes Bein vorgeschoben, und senkte die dort befestige Bremsbacke herab und fixierte sich so am Gleis. Ihr rechtes Bein musste wohl oder übel mitspielen. Ganz egal wie heftig es werden würde, sie war und blieb nun mal ein Bremswagen! Und dessen erste Pflicht war immer die Sicherheit der anderen zu gewährleisten. Auch wenn sie stets das Schlusslicht des Zuges war. Die anderen Waggons mussten sich immer und überall auf ihren Bremser verlassen. //UND DAS KÖNNEN SIE AUCH!!// hämmerte es in Candle’ s Kopf Entschlossen schob die Kleine die Schultern nach vorne und hob mutig den Blick der Gefahr entgegen. Wappnete sich gegen den drohenden Aufprall, auch wenn Candle innerlich vor Angst zitterte und bebte. Ihr Verstand wusste nur zu genau, die Lok würde mit der Wucht einer Kanonenkugel in sie einschlagen und konnte sie damit mühelos von den Gleisen fegen. Und selbst wenn sie den Crash irgendwie überstehen würde, ihr kaputtes Hinterrad würde es nicht. Candle kniff für einen Moment geblendet die Augen zusammen, holte dabei entschlossen so tief Luft wie sie konnte und ließ dann ein solches „STOOOOOOOOPPP!“ ertönen, das ihr selbst davon die Ohren klingelten. Aber es schien zu wirken. Bremsen quietschten und ächzten laut. Die näherkommenden Lichter wurden langsamer. Funken stoben dem Bremswagen entgegen. Schließlich trennten nur wenige Meter Candle vor dem mächtigen Stahlkoloss, der vor ihr endlich zum Stillstand kam. „SAG MAL, BIST DU ETWA NICHT GANZ KNUSPER IN DER RÜBE! DU KANNST HIER DOCH NICHT RASEN WIE EINE DIESELLOK AUF SUPER PLUS!! DAS HIER IST EINE STRECKE DER SICHERHEITSSTUFE A, DASS HEISST BEI GERINGER SICHT SCHRITTTEMPO!! WAS MACHST DU FÜR SCHRITTE? ABSÄTZE? WIE KANN MAN NUR...“ „Kein Zurück! Niemals wieder... kein Zurück“ Obwohl die Lok die Worte nur undeutlich gewispert hatte, erkannte Candle die Stimme sofort. Aber das Bild, dass sich ihr gerade bot hatte wenig mit der hochtrabenden E-Lok, die ihr noch bis vor kurzem auf den Wecker gegangen war, gemein. „Gütiger Starlight!“ entfuhr es ihr. „Electra, wie ... wie siehst du nur aus? Was ist passiert?“ Vergessen war mit einem Mal der ganze Zorn, der noch vor einer Minute in Candle Innerem gebrodelt hatte. Dafür war der Anblick des einst so hochmütigen Champs viel zu erschütternd. Er sah... mehr oder weniger aus, wie ein gerupftes Huhn, das nicht rechtzeitig von den Gleisen gekommen war. Die Verkleidung war an vielen Stellen aufgerissen und beschädigt, Platinen pendelten unstet an Kabeln von Armen und Beinen. Ständig sprangen laut knisternd Funken von irgendwo aus Electras Körper, die ihn zusammen zucken ließen. Und sein so eindrucksvoller Irokesen- Wuschel. Davon schien nur noch ein angekokelter Haufen übrig zu sein, aus dem sich hi und da eine einsame Strähne schlängelte. Was Candle aber am meisten erschreckte war der Blick der E-Lok. Jeglicher Ausdruck schien den eisblauen Augen verloren gegangen zu sein. Anstelle von Hochmut und Arroganz war eine Leere getreten, die scheinbar bis tief ins Innerste reichte. Gerade als die Kleine ihre Frage wiederholen wollten, begann Electra sich mit gequälten Lauten hin und her zu winden. Schlug mit den Händen nach sich selbst, ballte sie zu Fäuste. Bäumte sich schnaubend und fauchend auf nur um dann wieder in sich zusammen zu fallen. Als das ganze unheimliche Spektakel von Neuem aufzukommen schien, handelte Candle geistesgegenwärtig und griff nach den kräftigen Handgelenken. „Hör auf! Hör auf damit!“ befahl sie energisch. „Ist dir ne Sicherung durchgeschmort oder was!“ Anfangs wanden sich die Hände in ihrem Griff und rissen das Mädchen mit in die Höhe, dann aber plötzlich erlahmte die Gegenwehr. Candle sah wie die leeren Augen sie musterten. Er schien sie erst jetzt wirklich zu bemerken und zu erkennen. „Ca...Candle“ Selbst seiner Stimme fehlte der arrogante Tonfall, der sie von jeher immer auf die Palme gebracht hatte. Electra klang nur völlig erledigt und erschlagen. Im nächsten Moment riss er sie mit sich zu Boden. Die Kleine wusste nicht wie ihr geschah, als sie ihn so vor sich liegen und sich weiter winden sah. Schließlich begriff sie was in ihm tobte. Es kostete sie etwas Mühe und Überwindung, doch irgendwann hatte Candle es geschafft die Arme um ihn zu schlingen. Auch wenn ihr sein irrsinniges Geknurre und die ständig aus ihm herausschießenden Funken nicht wirklich behagten, drückte sie sich näher an Electra. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)