Shi Ans von Tei ================================================================================ La Situation Continue de s’Aggraver ~ 2e Partie ~ ------------------------------------------------- @ all : Heute ausnahmsweise keine einzelnen @s, da meine Hand dank Sehnenscheidenentzündung ein schicker Verband ziert und ich nicht wirklich was schreiben darf^^; In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen! •••••••••••••••••••• Es ging bereits auf Mittag zu und Toshi hatte schon längst die Liste an Medikamenten Kouki zugeschickt, ehe Yoshiki langsam Anstalten machte, wach zu werden. „Morgen, Dornröschen“, begrüßte der Ältere ihn, der auf der Bettkante saß und das feuchte Handtuch von seiner Stirn nahm, um diese kurz zu befühlen. Zu seiner Erleichterung machte sie einen deutlich kühleren Eindruck, als noch in der Früh. „Wie spät ist es?“, fragte Yoshiki gähnend und kuschelte sich tiefer in sein Kopfkissen. Er fühlte sich müde und schlapp, sein Schädel brummte noch immer leicht, sein Hals brannte höllisch und eigentlich wollte er nur weiterschlafen, um genau von dem allen hoffentlich nichts mitzubekommen. „Kurz vor 12. Ich dachte, ich warte, bis du von selbst wach wirst. Fatima war vorhin hier und hat ein paar Einkäufe vorbeigebracht. Sie lässt dich lieb grüßen.“ „Mhm…“, brummte der Jüngere und zog sich die Decke halb über den Kopf. „Kalt?“ „Hell…“ „Wie fühlst du dich?“ „Wie Matschbanane…“ „Du solltest versuchen, aufzustehen, damit dein Kreislauf in Schwung kommt, und etwas zu essen, damit dein Körper irgendwas hat, von dem er Energie ziehen kann“, entgegnete Toshi und zog Yoshiki die Decke weg, der das Ganze mit einem unzufriedenen Murren quittierte und ein quengelndes „Will nicht!“ noch hinzufügte. Der Ältere nahm darauf jedoch wenig Rücksicht, da im Vordergrund stand, den anderen für den morgigen Flug halbwegs fit zu bekommen, weshalb er ihn gnadenlos hochhob und ins Bad trug. Nach einigem hin und her duschte Yoshiki, während Toshi in die Küche verschwunden war und für seinen besten Freund etwas zu essen zubereitete, auch wenn dieser eigentlich gesagt hatte, dass er nichts wollte, weil er befürchtete, sich nur erneut übergeben zu müssen. Wenig später saß Yoshiki frisch geduscht am Tisch und hatte eine Schüssel mit einem gelben Etwas vor sich zu stehen, während Toshi es sich auf dem Stuhl ihm gegenüber bequem machte und ihn erwartungsvoll anblickte. „Wenn du das alles isst, dann hast du gleichzeitig auch schon einen Großteil deiner Medikamente zu dir genommen, weil ich sämtliche Tabletten gemäß deinem Medikamentenplan zerkleinert und drunter gemischt habe. Du musst dann nur noch die drei Kapseln hier schlucken!“, erklärte er und deutete auf die durchsichtigen Pillen mit den bunten Körnchen, die neben der Schüssel lagen. „Du hast was?“ „Ich hab gesehen, dass Pata das mal bei einer seiner Katzen gemacht hat, als die krank war. Außerdem musst du so nicht diese riesen Dinger hinunterschlucken.“ „Seh ich aus, als hätte ich Ohren und nen Schwanz?“, wollte Yoshiki mit hochgezogenen Augenbrauen wissen, während er mit einem Löffel in seinem Essen herumrührte. „Genau genommen, ja“, entgegnete Toshi grinsend. „So meinte ich das nicht!“ „Ich dachte lediglich, dass es für dich auf die Art einfacher sein könnte, die ganzen Tabletten zu dir zu nehmen“, erläuterte der Ältere und blickte ihn aufmunternd an, „Seit meiner Ankunft hab ich schließlich gesehen, dass es dir nicht ganz einfach zu fallen scheint, einige der ganz großen herunterzubekommen… Also warum sie nicht so schlucken?“ „Das Zeugs sieht aber seltsam aus“, entgegnete Yoshiki und hatte ein wenig von dem Essen auf dem Löffel hochgehoben, nur um es gleich wieder herunter tropfen zu lassen. „Es ist Banane.“ „Sieht aus wie schon mal gegessen und wieder ausgekotzt…“ „Es ist… Bananenmousse“, erklärte Toshi und nannte lieber einen beschönigenden Namen anstatt das Kind beim Namen: Matschbanane. „Mousse au chocolat sieht aber ganz anders aus…“ „Das ist ja auch Mousse à la banane!“ „Die Banane sieht eher so aus, wie ich mich fühle…!“ „Du wirst nicht dran sterben, wenn du die Schüssel isst. Im Gegenteil, die Vitamine und die schnellen Kohlenhydrate werden dir gut tun“, konterte Toshi und nahm Yoshiki den Löffel aus der Hand, um zum Beweis selbst eine Löffelspitze zu essen. „Siehst du?! Essbar!“ „Das war ja nur ein Bruchteil dessen, was du von mir verlangst zu essen!“ „Wenn ich mehr esse, dann futter ich dir deine Medikamente weg und ich brauch die schließlich nicht“, entgegnete der Älter, während er erneut ein wenig aus der Schüssel holte, den Löffel diesmal jedoch Yoshiki hinhielt. „Sag Aa!“ „Beeee!“ Da er dabei den Mund trotzdem ein wenig offen hatte, versuchte Toshi dennoch, den Jüngeren zu füttern, stieß mit dem Edelstahl jedoch nur gegen dessen Zähne, was diesen dazu veranlasste, ihm im Reflex halb die Hand wegzuschlagen, um sich seine eigene vor den Mund zu halten. „Au, das waren meine Zähne!“ „Wenn du den Mund auch nicht richtig aufmachst“, seufzte der Kleinere und legte das Besteck beiseite, um mit dem Finger die verspritzte Matschbanane vom Tisch aufzuwischen. „Ich kann selber essen, du musst mich nicht füttern!“ „Dann tu es!“, entgegnete Toshi und hielt ihm den Zeigefinger hin. „Ist das meine Fleischbeilage zur Matschbanane?“ „Nein, du sollst sie lediglich ablecken!“ Für einen Moment blickte Yoshiki seinen besten Freund an, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank, doch anscheinend war es ihm wirklich ernst damit, sodass er schließlich den Kopf senkte und die Matschbanane vorsichtig vom Finger des anderen schleckte. Als kleine Rache für die Zähne, biss er am Ende leicht hinein, sodass diesmal dem anderen ein Schmerzenslaut entkam. „Au! Was soll das?“ „Ich wollte nur alles aufessen“, entgegnete der Jüngere grinsend und leckte sich kurz über die spröden, blutleeren Lippen, ehe er mit dem Löffel wieder anfing im Essen herumzurühren. „So schlecht, wie du vorhin meintest, kann es dir gar nicht gehen, wenn du noch zum Scherzen aufgelegt bist“, äußerte Toshi und betrachtete seinen Zeigefinger, auf dem man leicht die Abdrücke von Yoshikis Schneidezähnen sehen konnte. „Kann sein, dass die Dusche vorhin ein wenig geholfen hat“, gab der andere zu und probierte vorsichtig eine Löffelspitze von der Matschbanane. „Aber das ändert nichts daran, dass mein Kopf noch immer leicht brummt und ich mich so fühle wie mein Essen – nämlich äußerst matschig.“ „Letzteres ist garantiert nur, weil du dich in der Nacht sooft erbrochen hast und dein Körper daher ausgetrocknet ist.“ „Kann ich ja nichts dafür“, verteidigte sich der andere halbherzig, während er damit beschäftigt war, die nächste Portion von der Schüssel in seinen Mund zu löffeln. So komisch das Zeugs auch aussah, es schmeckte richtig lecker und tat seinem brennenden Hals auch noch gut. Nichtsdestotrotz brauchte er fast eine geschlagene Stunde, um alles aufzuessen und am Ende auch noch die Kapseln zu schlucken, die der Ältere nicht mit ins Essen gemischt hatte. In der Zwischenzeit hatte Toshi begonnen, für sich selbst etwas zuzubereiten, da ihm der Magen knurrte. Als er schließlich ebenfalls aufgegessen hatte und sich rasch um den Abwasch kümmerte, lag Yoshiki mit verschränkten Armen auf dem Tisch und döste, sodass der andere versuchte, so leise wie möglich zu sein. Statt abzutrocknen und dabei noch mehr unnötigen Lärm zu verursachen, ließ er das nasse Geschirr stehen – es würde auch an der Luft trocknen – und hob dafür vorsichtig Yoshiki hoch, um diesen ins Bett zu legen. Das war für seinen Rücken garantiert wesentlich angenehmer als wenn er die ganze Zeit in dieser gekauerten Haltung am Tisch schlief. Toshi war jedoch noch keine zwei Schritte weit gekommen, als es an der Haustür klopfte und gleich darauf Ben seinen Kopf durch den Spalt steckte. „Salut!“ „Salut, Ben.“ Behutsam legte Toshi Yoshiki auf der Matratze ab und zog die Decke unter ihm hervor, um ihn zuzudecken. „Il reste?“ „Oui, il ne va pas bien“, bestätigte der Kleinere und fühlte eher routinemäßig noch kurz nach der Temperatur und dem Puls seines besten Freundes. Beides war zwar nicht im Normalbereich, aber es könnte schlimmer sein. „Il passait une mauvaise nuit“, erklärte er und drehte sich schließlich zu dem anderen um. „Alors… je ne vous dérange pas davantage…“ Er kratzte sich scheinbar verlegen kurz am Kopf und machte dann Anstalten zu gehen, doch Toshi war bereits bei ihm und dirigierte ihn nach draußen und drückte ihn dort dann auf die Bank, die neben der Tür stand. „Kann ich was für dich tun?“, fragte er, da es offensichtlich war, dass der Teenager etwas von Yoshiki gewollt hatte. „Nein… ist schon in Ordnung…!“, wiegelte Ben ab und war im Begriff aufzustehen, als der andere ihn wieder zurück auf die Holzbank zog und abwartend anblickte. „Sicher?“, hakte Toshi nach, bekam jedoch erst einmal ein Schweigen, da die Schuhe des anderen bedeutend interessanter sein mussten als er. „….. Wann werden Sie und Yoshi morgen abreisen?“ „Ich wollte gegen Mittag aufbrechen. Kommt drauf an, wann unser Flieger letztendlich geht.“ „Ich verstehe…“ Erneut schwieg Ben, ehe er plötzlich in seiner Hosentasche zu kramen anfing und schließlich einen gefalteten Zettel daraus hervorholte, den er Toshi reichte. Dieser blickte ihn fragend an und mit einem Nicken gab der Teenager ihm zu verstehen, dass er ihn öffnen sollte, sodass er dies tat und schließlich auf einen schwarz-weiß-Ausdruck starrte, der ihn und Yoshiki auf der Bühne zeigte. Das Bild war sicher sechs Jahre alt. „Das sind Sie, habe ich recht?“ „Woher…?“ Das letzte, das er gebrauchen konnte, war, dass am Ende doch noch alles an die Öffentlichkeit kam. Es brauchten keine unnötigen Leute zu wissen, dass der Pianist und Drummer eigentlich noch am Leben war und die letzten Jahre völlig zurückgezogen in einem kleinen Dorf an der französischen Mittelmeerküste verbracht hatte. „Gestern am Strand… sie haben beide viel geredet… noch dazu auf Französisch. Da war es mithilfe von Google nicht schwer, die ganzen Puzzleteile, die uns Yoshi im Laufe der Jahre gegeben hatte, zusammenzufügen.“ „Hast du mit irgendwem darüber geredet?“, wollte Toshi wissen und faltete das Papier zusammen. „Nein…“ „Gut! Ich möchte, dass das so bleibt… was die Öffentlichkeit anbelangt, so ist YOSHIKI vor knapp drei Jahren gestorben“, bat der Ältere und reichte Ben den Zettel wieder, der diesen wegsteckte. „Keine Sorge, was mich anbelangt, so kenne ich nur Yoshi…“ „Gut… danke!“ Er spürte, wie sich Erleichterung in ihm ausbreitete. „Keine Ursache, ich wollte lediglich wissen, ob meine Vermutung stimmt. In all den Jahren hat Yoshi so wenig über sich erzählt… einerseits denkt man, man kennt ihn nach all der Zeit, nur um dann festzustellen, dass man praktisch nichts weiß…“ „Du kennst einen Teil des Menschen, der hinter dem Rockstar YOSHIKI steckt – das ist mehr, als so manch anderer von Yoshiki weiß“, entgegnete Toshi und legte ihm für einen Moment eine Hand auf die Schulter. „Du verstehst dich gut mit ihm?“ „… Es ist leicht, mit ihm über meinen Vater zu reden… leichter als mit meiner Mutter oder meiner Schwester…“ „Er hat seinen eigenen verloren, als er zehn war…“ „Ich weiß“, antwortete Ben und starrte dann wieder auf seine Füße, ehe er schließlich fortfuhr, Toshi diesmal jedoch nicht mehr anblickte. „Es ist so wie bei Vater, habe ich recht? Er wird an Krebs sterben…“ „Hat er dir…?“ „Yoshi hat nie ein Wort darüber verloren, aber ich bin alt genug, um mich daran zu erinnern, wie es war, als mein Vater daran zugrunde gegangen ist.“ „Er hat geschwiegen, weil er keine alten Erinnerungen wecken wollte“, erklärte Toshi und starrte in Richtung des Rosenbusches und des Steines, die Yoshiki in seinem Gedenken errichtet hatte. „Letztendlich wird er genauso gehen…“ „Ich weiß…“ … auch wenn er versuchte, nicht zu oft daran zu denken… „Passen Sie bitte auf Ihn auf, wenn Sie in Japan sind…?“ „Das werde ich, darauf kannst du dich verlassen! … Und ich werde ihn so schnell wie möglich wieder zurückbringen.“ Statt zu antworten, nickte Ben diesmal nur und griff mit seinen Händen in den Nacken, um den Verschluss einer Silberkette zu öffnen, die Toshi ihn schon die ganze Zeit hatte tragen sehen. Als er ihn offen hatte, nahm er das Schmuckstück vom Hals und hielt sie dem anderen hin. „Können Sie die bitte Yoshi geben? Und sagen Sie ihm, er soll sie mir wiedergeben, wenn er zurückkommt.“ „Du kannst sie ihm doch morgen persönlich geben.“ „Ich werde morgen nicht da sein“, erklärte Ben und legte die Kette einfach über Toshis Oberschenkel, als dieser keine Anstalten machte, sie zu nehmen. „Ich werde heute Abend mit ein paar Freunden wegfahren… ich bin nicht gut im Verabschieden…“, fügte er noch erklärend hinzu und stand auf. „Ich werde sie ihm geben“, versprach Toshi und nahm das Schmuckstück in die Hand. Es war eine schlichte Silberkette mit einem aufklappbaren Anhänger aus demselben Material. Wenn er sich recht entsann, dann hatte er genau dieselbe Kette auch bei Lara gesehen. „Merci. A plus!“ Damit verabschiedete sich Ben und ging langsam den Weg in Richtung Haupthaus zurück, während Toshi aufstand, das Schmuckstück in seine Hosentasche steckte und dann zu den Klippen ging und vor dem Gedenkstein niederkniete. Sanft strich er mit der Hand darüber und blickte dann aufs Meer hinaus. Wie lange noch, ehe er vor einem ähnlichen Stein sitzen würde, der statt seinem Namen Yoshikis trug? Rasch schüttelte er den Kopf, um den Gedanken zu verbannen. Er wollte es gar nicht wissen! Er würde einfach hoffen, dass sie noch so viel Zeit miteinander wie nur irgend möglich verbringen konnten, auch wenn es sicherlich irgendwann schwer werden würde, zusehen zu müssen, wie sein bester Freund immer mehr zu einem Schatten seiner selbst wurde, bis er sich schließlich vollständig auflöste. Schließlich konnte er es jetzt schon erkennen und es tat ihm in der Seele weh, mit ansehen zu müssen, wie er schwer Luft bekam, Schlucken für ihn zu einer Qual wurde oder er sich ständig übergab. Wie würde es am Ende aussehen? Würde er sich nur noch quälen? Wäre er von Schmerzmitteln zugepumpt? Würde er irgendwann überhaupt noch selbstständig Atmen können, wenn der Tumor mehr und mehr auf die Luftröhre drückte? Würde er irgendwann überhaupt noch eigenständig Nahrung aufnehmen können oder würde er künstlich ernährt werden müssen, um nicht zu verhungern? „Tocchi?“ Erschrocken stand der Angesprochene auf und drehte sich um, nur um Yoshiki zu erblicken, der ihn fragend ansah. „Du bist wach…!“ „Ja, bin grad aufgewacht und du warst nicht da… also hab ich dich gesucht…“, erklärte der Jüngere und überbrückte den letzten Meter zwischen ihnen, um seine dünnen Arme um den Kleineren zu schlingen und sich an ihn zu drücken. „Als ich aufwachte und du nicht da warst, dachte ich, dass ich es nur geträumt hätte, dass du hier bist“, erzählte er leise, „Aber dann hab ich deine Sachen gesehen… und die Haustür war einen Spalt auf…“ „Ben war hier“, äußerte Toshi und umarmte den zierlichen Körper, „wir haben uns draußen unterhalten, um dich nicht zu wecken und dann bin ich noch kurz hierhergekommen…“ „Was wollte Ben?“, fragte Yoshiki direkt nach und löste sich ein wenig von dem Älteren, um ihn ansehen zu können. Immerhin wusste er aus Erfahrung, dass der Teenager meist dann zu ihm kam, wenn er über etwas reden wollte, von dem er das Gefühl hatte, dass seine Mutter oder seine Schwester es vielleicht nicht richtig verstehen würden. „Eine Vermutung bestätigen.“ „Eine Vermutung bestätigen?“ „Er hat uns gegoogelt“, erklärte Toshi und konnte sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. „……… wir haben gestern zu viel geredet… noch dazu in seiner Muttersprache…“ „Er wird nichts sagen, für ihn bist du Yoshi und nicht YOSHIKI… er wollte es lediglich wissen… Und er wollte dir was geben!“ „Er wollte mir was geben?“ Toshi kramte kurz in seiner Hosentasche und zog dann die Kette heraus, die er dem Jüngeren in die Hand drückte. „Das ist Bens!“, stellte Yoshiki überrascht fest und betrachtete sie für einen Moment. „Er will, dass du sie hast und lässt ausrichten, du sollst sie ihm wiedergeben, wenn du zurückkommst. „Ben und Laras Vater hat ihnen kurz vor seinem Tod die Ketten geschenkt“, erklärte der Größere und öffnete den Anhänger, sodass Toshi sehen konnte, was sich darin befand: ein Familienfoto. „Ich kann mich in der kurzen Zeit nicht entsinnen, dass sie sie mal nicht getragen hätten… abgesehen von gestern beim Schwimmen…“ „Ich mich auch nicht und ich kenn die beiden bedeutend länger…“, entgegnete Yoshiki mit einem leichten Lächeln, ehe er sich die Kette um den Hals legte und sie im Nacken verschloss, damit er sie nicht verlieren würde. Er würde gut darauf aufpassen! „Apropos, da fällt mir noch was ein…!“, kam es ihm plötzlich, sodass er sich ganz von seinem besten Freund löste und zum Cottage zurückeilte, in dem Vertrauen, das Toshi ihm schon folgen würde, was dieser auch tat. Drinnen angekommen, zog der Jüngere die unterste Schublade des Nachttischs auf und wühlte darin herum, bis er schließlich fand, was er gesucht hatte und sich damit zu dem Älteren umdrehte, den er hatte hereinkommen hören. „Wenn ich nicht mehr… Kannst du Fatima bitte diesen Umschlag geben?“, bat er leise und hielt ihm ein weißes, längliches Couvert hin. „Darf ich fragen, was drin ist?“, wollte Toshi wissen und nahm den Brief, zumindest vermutete er, dass es einer war, entgegen. „Eine Art Abschiedsbrief… sozusagen… und ein Scheck…“ „Ein Scheck?“ „Wenn ich das gestern am Strand, als ich da halb vor mich hingedöst habe, richtig mitbekommen habe, dann hat sie dir doch erzählt, dass sie hier früher Pferde gezüchtet hat, nicht?“ „Hat sie…“ „Ich hab keine Ahnung, wie viel anständige Camargue-Pferde kosten, damit man sie für die Zucht verwenden kann, aber vielleicht hilft ihr das Geld, einen Grundstein zu legen und vielleicht noch ein paar Leute einzustellen, die ihr dabei helfen… Und wenn es nicht genug ist, dann reicht es vielleicht, um Ben und Lara wieder jeweils ein eigenes Pferd zu kaufen. Ihre beiden waren damals die letzten, die nach dem Tod ihres Vaters verkauft wurden… Bitte gib Fatima den Umschlag, okay?!“ „… Mach ich, versprochen!“ „Danke!“ Yoshiki umarmte ihn kurz, löste sich aber wieder, als er ein Vibrieren spürte. „Dein Handy klingelt…“ „Ich spüre es“, entgegnete Toshi, fischte sein iPhone aus der Hosentasche und warf einen kurzen Blick auf das Display. „Ist dein Bruder“, informierte er den Jüngeren und nahm den Anruf entgegen, während sich dieser ans Klavier setzte, die Abdeckung öffnete und ein wenig spielte. Das Telefonat dauerte nicht lange, Kouki teilte ihm lediglich die Abflugzeit mit und dass er grünes Licht für Yoshikis Einreise hatte. Toshi bedankte sich kurz für die Infos, unterbrach dann die Verbindung und legte das Smartphone zusammen mit dem Umschlag auf den Tisch. Unterdessen spielte der Größere noch immer Klavier und der andere erkannte nur zu gut den Song, sodass er sich hinter ihn stellte und ihm beide Hände auf die Schultern legte und leise mitsummte, bis er einen guten Einstieg gefunden hatte. Yoshiki hatte in der Nacht gemeint, er wollte wieder mit der Band spielen… Gut, er konnte nicht Heath, Pata und Sugizo gleichzeitig ersetzen, aber er konnte singen, so wie sie es früher oft gemacht hatten: on piano Yoshiki and on vocals Toshi! „Forever love, forever dream“, begann der Ältere zu singen, als sie an der entsprechenden Stelle angekommen waren und lächelte den Jüngeren nur aufmunternd an, als dieser ihn kurz fragend ansah, während er aber weiter spielte. „Du wolltest doch gemeinsam musizieren“, entgegnete Toshi, als der Schlussakkord gefallen war und Yoshiki erneut zu ihm blickte, wobei er in dessen braunen Augen ein Funkeln sah, das er sonst nur dort fand, wenn sie gemeinsam auf der Bühne standen. „Kannst du noch den Song?“, wollte der Jüngere wissen, doch anstatt einen Namen zu nennen, begann er einfach die ersten Noten anzuschlagen, die im Original eigentlich von Streichern gespielt wurden, aber Toshi erkannte auch so das Lied. „Crucify my love, if my love is blind. Crucify my love, if it sets me free…” „Du kannst den Song noch!“, stellte Yoshiki erfreut fest, als er auch bei dieser Komposition den Schlussakkord gespielt hatte und strahlte seinen besten Freund breit an. Nach so vielen Jahren noch einmal gemeinsam mit ihm Musik zu machen, war etwas, woran er lange nicht mehr geglaubt hatte. Es nun doch tun zu können, durchströmte ihn mit einem solchen Glücksgefühl, dass alle andere vorerst keinen Platz mehr fand. Und zum Glück erinnerten sich seine Finger noch zu gut an die Griffe, obwohl er sie schon so lange nicht mehr gespielt hatte, dass er nicht vorhatte, eher aufzuhören, als dass seine Finger keine Songs mehr kannten. „Wir haben ihn oft genug performt und geprobt“, entgegnete Toshi und schmunzelte angesichts der kindlichen Freude, die er in Yoshikis Gesicht sehen konnte. Allerdings bezweifelte er, dass er gerade recht viel anders drein blickte – dazu hatte er es viel zu sehr vermisst, den Songs seines besten Freundes eine Stimme zu verleihen. Sicher, er hatte oft genug für sich selbst geschrieben oder Lieder eingesungen, die andere für ihn geschrieben hatten, doch Yoshikis Songs waren etwas Besonderes für ihn. Vor vielen Jahren hätte er vielleicht einmal anders darüber gedacht, doch heute stellten sie für ihn eine Art kleinen Schatz da. All die Balladen, bei denen seine Stimme und Yoshikis Klavier im Mittelpunkt standen, waren die perfekte Vereinigung ihrer jeweiligen Instrumente. „Und…“, Für einen Augenblick schien Yoshiki zu überlegen, „… erinnerst du dich noch daran?“, wollte er dann wissen und begann mit einem leicht holprigen Einstieg ein Lied zu spielen, dass nicht er selbst komponiert hatte, sondern Toshi. „Crystal piano…!“, erriet dieser überrascht den Song und lehnte sich gegen den Rücken des anderen, während er auf einen geeigneten Einstieg wartete. Sie spielten noch eine ganze Weile zusammen, ehe sie schließlich einvernehmlich entschieden, fürs erste aufzuhören, weil Yoshikis Handgelenke zu schmerzen begannen und Toshi dringend etwas Flüssigkeit brauchte, um seine Stimmbänder zu ölen. Während der Sänger sich etwas zu trinken holte und für den Jüngeren einfach auch direkt etwas mitbrachte, stand dieser auf, ging zu seinem Bett und ließ sich der Länge nach drauf fallen. „Ich hab das Gefühl, gerade vier Stunden Art of Life gespielt zu haben“, seufzte dieser und streckte alle Viere von sich. „Aber es fühlt sich gut an!!“ „Dein Körper ist eh schon geschwächt und auch wenn es nicht unbedingt danach aussieht, Klavier spielen benötigt auch Kraft und Energie“, entgegnete der Ältere und kam mit einem Glas Wasser samt Strohhalm zu ihm, welches er ihm reichte, nachdem er sich auf gesetzt hatte. Dankend nahm Yoshiki es entgegen und trank mehrere kleine Schlucke. „Wie fühlst du dich eigentlich?“, wollte Toshi wissen und legte dem Jüngeren kurz eine Hand auf die Stirn, doch diese fühlte sich halbwegs normal an. „Yocchan?“, hakte er erneut nach, als der andere nicht auf die Frage zu antworten schien und stattdessen irgendetwas Faszinierendes in seinem Glas gefunden haben musste. „Was?“ Überrascht blickte er auf und sah fragend zu dem Älteren, der die Frage wiederholte. „Im Vergleich zu heute Nacht?“, hakte Yoshiki nach, wartete jedoch keine Antwort ab, sondern fuhr einfach fort, „Bedeutend besser, vor allem brummt mir der Schädel endlich nicht mehr. … Und wenn ich ehrlich bin… ich hab Hunger!“ „Du hast was?“, fragte Toshi lachend, „Ich glaube, das ist das erste Mal, seit ich dich gefunden habe, dass du sowas verspürst.“ „Du würdest dir ja nun auch nicht unbedingt den Magen vollschlagen wollen, wenn dir die ganze Zeit über flau ist!“, konterte der Größere und blies über den Strohhalm Blubberblasen in sein Wasser. „Soll ich dir das Essen aufwärmen, das Fatima gestern vorbeigebracht hat?“ „Kannst du da dann auch gleich noch die ganzen Tabletten rein tun, wie bei der Matschbanane?“ „Ich weiß nicht unbedingt, wie die Inhaltsstoffe sich verhalten, wenn sie mit Wärme in Verbindung kommen, aber wenn du eh schon Hunger hast, kannst du ja hinterher noch einen Jogurt essen und ich misch dir da die Medikamente drunter.“ „Deal!“, stimmte Yoshiki ein und ließ sein Wasser erneut blubbern, während Toshi aufstand und zur Kochzeile ging, um sich um das Abendessen zu kümmern. „Was wollte mein Bruder eigentlich?“, fragte der Jüngere nach einer Weile, als bereits der Geruch von Essen durch das kleine Cottage zog. „Ich habe heute früh mit ihm telefoniert, damit er unseren Rückflug organisiert und Kouki hat mir vorhin die Abflugszeit mitgeteilt.“ „Hat er Freudensprünge gemacht, als du ihm gesagt hast, dass ich doch mitkomme?“, wollte Yoshiki wissen, zog die Knie an und schlang die Arme um sie. „Schockiert trifft es wohl eher, weil ich ihm im Zuge dessen reinen Wein eingeschenkt habe, was dich anbelangt“, entgegnete Toshi und rührte in den Töpfen. „Du hast…?“ Eigentlich wäre es ihm ja lieber gewesen, wenn niemand etwas davon erfahren hätte, damit er niemandem unnötigen Kummer bescherte, aber er schätzte, so wie er aussah, hätte er sowieso kein Geheimnis draus machen können. „Wie hat er reagiert?“ „Schwer zu sagen… irgendeine Mischung aus Unglauben und Sorge. Er wird die Info auch an deine Mutter sowie Heath, Pata und Sugizo weitergeben. Ich hoffe, das ist in Ordnung… aber ich dachte, da sie auch wissen, dass ich dich gefunden habe, sollten sie es auch wissen…“, antwortete der Ältere und blickte über seine Schulter kurz zu dem anderen, der sein Kinn auf die Knie gelegt hatte und an einen unsichtbaren Punkt an der gegenüberliegenden Wand starrte. „Ist es… Und wann fliegen wir morgen?“ „15:24 Uhr vom Aéroport de Toulon-Hyères. “ „Hat Kouki mich noch auf dieselbe Maschine wie dich buchen können?“ „Wir fliegen mit deinem Privatjet“, entgegnete Toshi lachend, „da brauchen wir keine Tickets zu buchen. Wir brauchen lediglich eine Starterlaubnis und die haben wir um 15:24 Uhr.“ „Meinen Jet gibt es noch?“, fragte Yoshiki ganz überrascht, da er eigentlich davon ausgegangen war, dass dieser mit seinem Verschwinden verkauft worden war. Wozu sollte die Firma ein eigenes Flugzeug unterhalten, wenn derjenige, der es am meisten genutzt hatte, nicht mehr da war? „Kouki nutzt ihn meistens, wenn er nach LA muss, um sich dort um die Sachen zu kümmern… Wobei ich selbst ihn ab und an auch genommen habe, um zwischen Tokyo, Frankreich und LA hin und her zu pendeln“, erklärte der Ältere schulterzuckend. „Verstehe…………. Sag mal, Tocchi… was ich mich schon seit gestern gefragt habe…“ „Hm? Was?“ „Alle anderen scheinen sich ja ohne mich ein Leben aufgebaut und eine Familie gegründet zu haben… Was ist eigentlich mit dir? Du bist der Einzige, von dem ich nichts weiß… Hast du wie unsere Küken auch jemanden gefunden und rennt von dir in Tokyo vielleicht auch eine Miniversion herum?“ „Yocchan…“ Seufzend drehte sich Toshi um, um den anderen anzusehen, doch anstatt ihm in die Augen zu blicken, zog er es vor, auf seine Füße zu sehen. „Ich war fast ein Jahr lang im Krankenhaus und auf Reha. Sobald ich wieder halbwegs gut zu Fuß unterwegs war, hab ich mich auf die Suche nach dir gemacht…“ „Und während du nach mir gesucht hast, hast du dich in eine sexy Französin verliebt, die der eigentliche Grund war, weshalb du auf deine alten Tage noch Französisch gelernt hast“, schlussfolgerte Yoshiki, bekam von Toshi jedoch nur einen Blick zugeworfen, der genau ein Wort ersetzte, das er nicht aussprach: Trottel! „Aber ja… ich habe jemanden gefunden…“ „Wusste ich es doch!“, rief der Jüngere aus und setzte sich im Schneidersitz hin, während er seinen besten Freund erwartungsvoll ansah. „Darf ich sie kennenlernen? Ich meine, ich muss sie schließlich abchecken, ob sie auch zu dir passt und ob sie nicht wieder so eine falsche Schlange wie diese Kaori ist! Bei der hab ich dir schließlich von Anfang an gesagt, dass ich da ein schlechtes Gefühl hab, aber du musstest sie ja unbedingt heiraten und wir wissen beide, dass das letztendlich ein Schuss in den Ofen war! Also? Wer ist sie? Ich will alle schmutzigen, kleinen Details wissen!“ „Es gibt keine Frau, Yocchan“, entgegnete Toshi kopfschüttelnd, „die Person, die ich gefunden habe, warst du… Ich habe dich gefunden…“ „… Oh…!“ •••••••••••••••••••• Da jetzt auch die Frage geklärt ist, ob Toshi mittlerweile vielleicht auch heimlich eine Familie gegründet hat, kann es im nächsten Kapitel endlich zurück nach Japan gehen. Ein Schritt, der für Yoshiki alles andere als leicht ist. Wird er im letzten Moment vielleicht noch einen Rückzieher machen und doch in Refuge bleiben? Was denkt ihr? P.S.: Vielen Dank für mittlerweile über 100 Kommentare zu Shi Ans und für eure Treue! :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)