Ain't afraid to die - the unknown life von abgemeldet ([KaoruxDIE] - [DIExToshiya]) ================================================================================ Kapitel 9: 九 ------------ Wehmütig blicke ich auf den Kalender nachdem ich aufgestanden bin. Es ist nun fast ein Monat her seit ich in diese für mich wundervolle Stadt gekommen bin und am Wochenende geht es für mich leider wieder retour nach Osaka. Ich bin ein Mensch der Versprechen hält und deswegen fliege ich in mein Geburtsland zurück, obwohl ich viel lieber noch etwas länger geblieben wäre. Ich mag jeden innerhalb dieser Familie sehr gerne und für mich ist es fast schon so etwas wie ein zweites Zuhause geworden. Hoffentlich lässt mich Kaoru wieder nach Wien fliegen, wenn er meine Anwesenheit erneut für eine kurze Zeitspanne entbehren kann. Heute versuche ich mich darin für alle Palatschinken zum Frühstück zu machen, doch durch das Chaos das ich dabei verursache wecke ich Yumis Mutter auf und sie blickt mich streng an. „Das ist ja das reine Schlachtfeld hier. Nächstes Mal haltest du dich lieber aus meiner Küche fern, Daisuke-san“ kommt es streng von ihr, hat beide Hände in die Hüften gestemmt und blickt mich genau an, wobei ich in ihren Augen deutlich ablesen kann, dass sie mir deswegen nicht all zu böse ist. „Soll ich...“ beginne ich meine Frage an sie, doch sie schickt mich nur mit einem Wink ihrer Hand aus ihrem kleinen Reich und ich verziehe mich in mein Zimmer, dabei seufze ich leicht auf. Wie kommt es eigentlich, dass ich mit alltäglich gebrauchten Haushaltsgegenständen wie einem Staubsauger oder einem Mixer nicht umgehen kann? Diese Tatsache bringt mich dazu, erneut darüber nachzudenken was ich direkt nach der Schulzeit beruflich gemacht habe bevor ich auf Kaoru traf. Da ich nicht untätig im Zimmer bleiben will ziehe ich mich rasch an, dann sage ich noch Bescheid, dass ich eine Runde spazieren gehe und ich pfeife leise eine Melodie vor mich hin, die ich mir durchs stetige Anhören des Liedes Red...[em] gemerkt habe. Ich mag den Riff der von der zweiten Gitarre ausgeht und so langsam kann ich auch Kaoru gegenüber schon meine Lieblingslieder von Dir en Grey an der Hand abzählen. Durch Yumis Bruder Hisao habe ich die Ähnlichkeit zur Band Nirvana am Beginn des Songs bemerkt und ich will deswegen Kaoru fragen was es eigentlich damit auf sich hat. Außerdem wollte mir der 16-jährige Informatikschüler unbedingt zeigen wie man mit einem PC umgeht, doch mir ist das alles viel zu hoch. Es reicht mir vorerst, dass ich weiß wie man ein simples Telefon bedient und wie ich den Fernseher samt DVD-Player einschalte. Auf meinem Rundgang verspüre ich auf einmal in mir ein ungutes Gefühl aufkommen, dass in Bezug Osaka, Kaoru und einem Monat steht. „Verdammt..... die Frist für die Band, Kao wird sie ja nicht einhalten können“ kommt es mir gerade, dabei bleibe ich stehen und beiße mir fest auf die Lippen. Ja, ich war nicht nur wegen der Paparazzi kurzfristig aus Japan geflohen, sondern auch wegen der Entscheidung des Plattenlabels mich als zweiten Gitarristen aktiv bei Dir en Grey zu sehen. Ich hoffe nur, Kaoru wird mir deswegen dankbar sein, dass ich den Anzugsträgern ihre Pläne gehörig versaue, indem ich mich regelrecht weigere nach deren Pfeife zu tanzen. Außerdem scheint mir nur Shinya derjenige zu sein, der wirklich noch gewillt ist mit uns allen als Band wieder aktiv zu sein. Kaoru zähle ich dahingehend nicht mit, da er wahrscheinlich so oder so wieder auf der Bühne stehen wird genau wie Shinya. So wie ich Kyo einschätze ist ihm Dir en Grey wohl sehr wichtig, doch mit dem Job den er jetzt hat glaube ich eher, dass er locker darauf verzichten kann von diesen arroganten Anzugsträgern herum gescheucht zu werden. Also blieben so genommen nur noch zwei der ursprünglichen fünf Mitglieder Dir en Greys, wenn Toshiya sich ebenfalls aus dem ganzen Geschehen zurück zieht. Demnach würden diese reichen Schnöseln zuerst einen Sänger, einen Bassisten und einen zweiten Gitarristen auftreiben müssen um ihren Goldesel wieder zur Arbeit antreiben zu können. Allein dieser Gedanke entlockt mir ein Lächeln und ich kann es schon bildlich vor mir sehen, wie sie Kaoru förmlich darum anbetteln damit Kyo, Toshiya und ich weiterhin Bestandteile von Dir en Grey bleiben. Mit einem leichten Grinsen fälle ich den Entschluss mit Kyo über die Idee zu reden, dass wir die Idee mit der Band komplett aufgeben. Mit Kao als auch Shinya will ich vorerst nicht darüber diskutieren, da sie mich wohl eher noch dazu überreden könnten als Playback für die Band auf der Bühne zu stehen bis ich wieder in der Lage wäre selbst zu spielen. Wieder zurück fällt mir auf, dass mein angerichtetes Schlachtfeld verschwunden ist und es duftet recht fein in der Küche. „Weck die Anderen auf“ höre ich nur die Worte an mich gerichtet, als ich anfange den Tisch fürs Frühstück zu decken und ich nicke nur rasch, dann klopfe ich an die Türen meiner Gastgeschwister an um sie zu erinnern, dass Frühstück nun auf dem Tisch steht. Ich entscheide mich noch dazu rasch unter die Dusche zu springen, dabei ahne ich in diesem Augenblick nicht im Geringsten, dass ich in den nächsten 72 Stunden auf ein mich betreffendes ungelöstes Geheimnis stoßen werde, welches meine Bande zu Kaoru deutlich in Frage stellen wird. ************  Toshiyas POV: Das Shooting in München war recht entspannt verlaufen und ich bin kurz darauf mit dem nächstbesten Zug über die Grenze in Richtung Osten gefahren, dabei befinde ich mich nun in einem Land, indem Dir en Grey als Band noch nie wirklich zu Besuch waren. Ich werde von dem Vertreter einer Firma begleitet, die mich für einen Werbedreh in der Bundeshauptstadt dieses Landes engagiert haben und ich finde es doch interessant, dass er mit dem wenig japanisch das er beherrscht soviel Auskunft über sein Heimatland versucht zu übermitteln. Durch ihn erfahre ich, dass hier genau so deutsch geredet wird wie in Deutschland und auch etwas über die Firma die ich in diesem Spot vertreten soll. Im Gegenzug erzähle ich ihm natürlich auf englisch etwas über meine Heimatstadt als auch meine Wahlheimat Osaka und ich sehe regelrechte Begeisterung in den Augen des jungen Mannes aufflammen. Als er mich plötzlich aus heiterem Himmel fragt, ob es in Osaka wirklich die besten Okonomiyaki in ganz Japan gibt muss ich kurzerhand lachen. Ehrlich gesagt ist mir bisher noch nie so eine Frage gestellt worden und ich antworte ihm nur darauf, dass er sich da selbst eine Meinung machen sollte falls es in je nach Japan verschlägt. // Irgendwie erinnert mich diese Frage stark an Daisuke // schießt mir gerade der Gedanke durch den Kopf, wobei mir ein kurzes Lächeln über die Lippen huscht, mich innerlich gerade frage wie es ihm wohl geht und ich bekomme nur noch am Rande mit, wie der junge Mann kurz mit dem Kopf nickt, dann widmet er sich dem Schaffner zu der nach den Fahrkarten verlangt. Aus reiner Interesse blicke ich in den Flyer der unsere gesamte Reiseroute beschreibt und ich bin ehrlich gesagt erstaunt über all diese Namen. Mein Begleiter ist wenigstens so nett und erklärt mir welche österreichische Stadt wir schon hinter uns haben, dabei erfahre ich auch, warum unsere Tickets zweimal kontrolliert wurden. Mit einem Nicken widme ich mich der letzten Seite des Flyers wo mein Ankunftsort aufgedruckt ist. Nun wundere ich mich, wieso die Züge hier so langsam sind und der junge Mann ist derjenige der nun lachen muss. Hey, ich stamme wenigstens aus einem technisch fortgeschrittenen Land, wo Zugreisen nicht so lange dauern und obendrein richtig angenehm sind. Irgendwie dreht sich unser Gesprächsthema nur noch um technische Innovationen aus und in Japan, dabei vergeht die Zeit fast wie im Flug. Am Abend erreiche ich schließlich Wien. Müde wie ich von der Zugfahrt bin stimme ich vorerst zu das Hotel aufzusuchen indem ein Zimmer für mich gebucht worden war und mein Begleiter bringt mich noch hin, dabei versuche ich mir in dem gut strukturiertem Verkehrsnetz die wichtigsten Linien zu merken. Im Hotel werde ich vom Manager begrüßt und zu meinem Zimmer für die nächsten paar Tage gebracht welches mir von der Einrichtung her sehr gefällt. „Mit der gesamten Band sollten wir einmal hierher kommen“ murmle ich gerade vor mir her, stelle meine Tasche ab und werfe einen kurzen Blick aus dem Fenster hinaus. Ich kann direkt auf eines der vielen Wahrzeichen dieser Stadt, den Stephansdom blicken und sogar die vielen Leute über den Platz wuseln sehen. Mit einem kurzen Lächeln wende ich mich nun vom Fenster ab, schnappe mir saubere Sachen aus meiner Tasche und springe rasch unter die Dusche. Dadurch fühle ich mich wieder munterer, werfe einen Blick auf die Uhr und ich entscheide mich dazu die Stadt etwas unsicher zu machen. Ich fahre mit dem Aufzug hinab zur Rezeption, wo ich nachfrage was man in dieser Jahreszeit und zu dieser Uhrzeit noch so alles in der Stadt sehen kann, dabei ist mir die junge Dame mit dem strohblondem Haar eine sichtliche Hilfe. Mit einem Lächeln bedanke ich mich, nehme noch das Angebot fürs Abendrestaurant wahr und nach dieser Stärkung wandle ich durch die Straßen der Innenstadt. Ehrlich gesagt, wer würde mich hier bitte in ausgewaschenen Jeans & T-Shirt, Nietengürtel und Sneakers erkennen? Obendrein erwähnt muss ich sagen, dass ich schon etwas froh darüber bin, nicht sofort auf der Stelle erkannt zu werden. Auf den Rückweg in Richtung Hotel pfeife ich leise eine Melodie vor mich hin, dabei ist mir in diesem Augenblick, dass sich gerade unsere Wege kreuzen. Ich weiß auch nicht, wieso aber ich habe auf einmal das Gefühl, dass Daisuke eben an mir vorbei gegangen ist. Instinktiv drehe ich mich um, blicke in die Richtung in die er verschwunden ist, doch ich kann ihn nicht sehen. Seufzend senke ich meinen Blick, kehre direkt ins Hotel zurück und ich bekomme einfach den Gedanken nicht aus dem Kopf, dass ich ihm so nah & doch so fern zugleich bin. ************ Es ist Freitag abends und ich langweile mich gerade als Yumi & Hisao mich dazu einladen mit ihnen in die Innenstadt zu kommen. Sofort stimme ich zu, da ich in wahrer Ausgehlaune bin, dabei bekomme ich von ihrer Mutter das Kommando überstellt. Heißt vereinfacht: wenn es mir zu viel wird, dann ab nach Hause ohne jegliches Motzen. Wie die beiden Teenager richte ich mich auch etwas her, dabei fühle ich ein Kribbeln in mir hoch kommen, dass sich nicht so richtig beschreiben lässt. Ich habe mich für einen klassischen weißen Anzug mit schwarzem Hemd und einem schwarzen Seidenschal entschieden, wobei ich nicht einmal in Erinnerung habe so schon einmal gekleidet gewesen zu sein. Unterwegs schließen sich noch Freunde der beiden an und innerlich freue ich mich doch über die Möglichkeit als Aufpasser zu glänzen. Denn dadurch kann ich klar beweisen, dass ich auch wichtige Aufgaben übernehmen kann und das man auf mich zählen kann. Zu Fuß machen wir uns vom Stephansdom aus auf in Richtung Ringstraße, da wir jede Menge unsinniger Fotos schießen wollen und in diesem Augenblick ahne ich nicht im Geringsten, wer gerade meinen Weg in dieser Stadt kreuzt. Diese Spaziertour macht einfach nur Spaß, da jede Menge Unfug auch ohne jeglichen Alkohol zu Stande kommt und wir enden in einem McDoof, wo weiter herumgealbert wird. Obwohl ich zwar als Aufsichtsperson fungiere, mische ich recht kräftig mit und ehrlich gesagt kann ich diesen Typen nicht verstehen der uns dann schließlich außer Hauses verweist. „Was machen wir nun?“ fragt einer von Hisaos Freunden als wir auf die nächste U-Bahn warten. Mit einem kurzen Überleger schlage ich meinen Schützlingen vor, dass wir ja das Donauufer unsicher machen konnten und glücklicherweise wird dieser Vorschlag von ihnen akzeptiert. Dadurch wären wir nicht all zu weit von zu Hause entfernt und sie wären außer Reichweite von möglichen pöbelnden Besoffenen. „Daisuke-san, stimmt es was O-kaa-san uns am Morgen erzählt hat? Fliegst du wirklich schon dieses Wochenende zurück?“ fragt mich Yumi, nachdem die Freunde der beiden heimwärts aufgebrochen sind und aus ihrer Stimme kann ich deutlich heraus hören, dass sie etwas niedergeschlagen wirkt. Ich bringe nur ein kurzes Nicken zusammen, da ich in diesem Augenblick kein Wort aus mir hervor bringen kann und ich hoffe sehr auf die Möglichkeit rasch wieder hierher kommen zu können. „Das ist ziemlich unfair von dir“ höre ich nun von Hisao, der nun aufsteht und sich aufmacht zurück zur Wohnung zu gehen. Yumi bricht gemeinsam mit ihrem Bruder auf und ich stehe nun allein beim Flussufer da. Tief seufzend kicke ich einen Stein in Richtung Wasser, starre in den sternenklaren Himmel und in einer gewissen Weise kann ich die beiden Jugendlichen verstehen. An ihrer Stelle hätte ich gegen meine Eltern rebelliert und alles Mögliche in meiner Macht stehende versucht um den Abflug zu verhindern. Bei dem Gedanken beginne ich mich nun zu fragen, wieso eigentlich Kaoru als auch Toshimasa Hara mich nicht davon abgehalten haben das Land zu verlassen. Ich kann von Glück reden das dieses Szenario nicht eingetreten ist und ich lehne mich am Stamm einer Weide an. Wie erkläre ich Kaoru am besten, weshalb ich ohne ein Wort zu sagen ins Ausland aufgebrochen bin? In wie weit hat meine Entscheidung ihm gegenüber nichts zu sagen meine Freundschaft zu Kaoru gefährdet? Ein tiefer Seufzer entkommt meinen Lippen, da ich mich momentan wegen Kaoru eher ratlos fühle. Außerdem befremdet es mich innerlich sehr, da er scheinbar etwas in mir zu sehen versucht das ich nicht bin. // Du hättest ruhig früher schon so eine Auszeit anstreben können, Daisuke Andou // schießt mir der Gedanke gerade durch den Kopf als ich mich auch nun auf den Weg zurück mache und ich bin sichtlich verwirrt. Wieso sagt mir ausgerechnet jetzt mein Gewissen, dass ich viel zu spät an Abstand zu den Leuten gedacht habe die mir wirklich wichtig sind? Was habe ich getan, was habe ich gesagt? Es wäre schon recht nett zu wissen, was für Fehler ich vor meinem Unfall begangen habe um sie endlich unschädlich machen zu können. Daheim angekommen sitze ich nachdenklich in meinem Zimmer, lasse den CD-Player spielen und lausche den Klängen zur accoustic Version von The Pledge. Dabei schreibe ich mir auf einen Notizblock zehn meiner Stärken auf die ich mir bewusst bin. Die eigenen Schwächen kann ja jeder ohne Probleme abzählen, doch wenn es um eigene Stärken geht fällt es einem oft sehr schwer diese zu nennen. Nachdem mir das gelingt versuche ich zehn Stärken meines anderen Ichs aufzuschreiben und da fällt es mir viel schwerer. Ein Lächeln taucht kurz auf meinen Lippen auf, da ich es als klaren Beweis dafür ansehe, dass ich nicht der Zweitgitarrist von Dir en Grey sondern ein ganz normalsterblicher Mensch bin. Ich lehne mich nun leicht zurück, gebe die Hände hinter den Kopf, blicke in Richtung der Zimmerdecke und denke darüber nach, was Kaoru eigentlich in mir konkret sieht. Ich schnappe mir den Block, schlage die vollgeschriebene Seite um und notiere all jene Gedanken die in mir gerade aufkommen. Da ich gerade so motiviert bin nehme ich mir so ein Brainstorming auch in Bezug Toshiya als auch Toshimasa Hara vor. Seltsamerweise kommen mir beim Bassisten von Dir en Grey als auch meinem besten Freund identische Begriffe zur Beschreibung hervor und ich frage mich gerade, woran es wohl liegt. Schade nur, dass ich Kyo deswegen nicht fragen kann. Der wüsste sicherlich, wieso mir bei diesem Brainstorming doppelte Begriffe erscheinen. Müde wie ich bin lege ich den Block zur Seite, schalte den CD-Player ab, mache mich bettfertig und begebe mich zur Ruhe. Am nächsten Morgen bin ich für meine Verhältnisse recht früh wach, wobei ich rasch unter die Dusche springe. Nachdem ich frisch gewaschen in der Küche erscheine versammelt sich auch schon die gesamte Familie um den Frühstückstisch und mir kommt es heute ungeheuer still beim Frühstück vor. Schweigend esse ich meine Schale Fisch mit Reis als auch meine Misosuppe, dabei frage ich mich gerade, was ihnen allen für eine Laus über die Leber gelaufen ist. Als schließlich die Kinder schon fragen ob sie den Tisch schon verlassen dürfen verharre ich für einen Augenblick und langsam beginne ich zu ahnen, wieso hier jeder so bedrückt wirkt. „Die Agentur hat mich gestern Abend noch angerufen, dein Flug geht morgen sehr zeitig in der früh“ antwortet mir die Mutter von Yumi & Hisao, der ich beim Abwasch zur Hand gehe und ich seufze daraufhin nur leise auf. In ein paar Stunden also bin ich wieder auf den Weg zurück nach Japan. Ehrlich gesagt will ich nicht, dass die Zeit so rasch vergeht. Warum kann sie nicht einfach stehen bleiben? Nachdem alles weggeräumt ist entscheide ich mich dafür hinunter zum Fluss zu gehen, doch davor schreibe ich eine kleine Nachricht an Yumi und an Hisao, die ich durch ihre Türschlitze schiebe. Es gibt einige Dinge, die ich nur den beiden sagen möchte und nebenbei möchte ich mich direkt bei ihnen bedanken für die Zeit, die sie trotz ihrer Schulferien für mich aufgeopfert haben. Bei meinem Lieblingsstandort bei der Weide warte ich eine Weile und glücklicherweise tauchen sie auch auf. „Yumi, Hisao; falls ich es nicht so schnell wieder herüber schaffe, dass ich rechtzeitig zu Beginn eurer Schulen wieder da bin, dann tue ich mein Bestes um euch mit Erlaubnis eurer Mutter für ein Jahr nach Japan zu holen“ verspreche ich ihnen, wobei ich mir schon konkret ausmale, wo ich die beiden in diesem Zeitraum unterbringen kann. Ich habe mir doch etwas mehr Freude von ihnen erwartet, doch auf einer gewissen Weise kann ich auch ihre Skepsis verstehen. „Kannst du bis am Abend warten, Daisuke-aniki? Dann kann ich dir auch eine genaue Antwort geben“ meinte Yumi nur darauf, wobei ich nur nicke und auch Hisao will noch überlegen. Nachdem diese Sache geklärt ist sind beide damit einverstanden, dass ich sie auf ein Eis einlade und wir brechen gemeinsam in Richtung Innenstadt auf. Unterwegs fallen mir wieder die doppelten Begriffe bei meinem Brainstorming in Bezug Toshiya als auch Toshimasa Hara ein und ich erhoffe mir gerade, dass mir Yumi da behilflich sein kann. „Yumi-san, in wie weit kennst du dich denn bei Dir en Grey aus?“ „Nur soviel, dass ich auch mit meinen Freundinnen darüber mitreden kann“ „Sagt dir der Name Toshimasa Hara etwas im Bezug zu dieser Band?“ „Warte mal, Yumi, ist das nicht der richtige Name des Bassisten?“ „Stimmt, Nii-san, bei den Fans als auch innerhalb der Band ist er unter seinem Spitznamen Toshiya bekannt“ „Das heißt Toshiya ist in Wirklichkeit Toshimasa Hara?“ „Hai, Daisuke-aniki“ antworten mir beide synchron mit strahlenden Augen, wobei ich nun mehr als nachdenklich geworden bin und lange auf meine Hände starre. Daher also der Grund, warum mir bei meinem Brainstorming bestimme Begriffe doppelt vorkommen. Wieso bin ich nicht schon eher darauf gekommen, dass es sich bei Toshimasa Hara um ein & dieselbe Person handelt? Außerdem frage ich mich gerade, wieso ich instinktiv ihn näher an mich heran gelassen habe als Kaoru. Meine Erinnerungsfragmente mit dem Schwarzhaarigen darin kommen mir wieder in den Sinn und ich beisse mir stark auf die Lippen, da ich langsam zu ahnen beginne, wer von meinen Freunden sich so sehr in mein Unterbewusstsein gebrannt hat. Nun da ich endlich weiß, was mich wirklich mit Toshiya verbindet muss ich um so dringender zurück nach Japan, da ich mit ihm dringest reden muss. Es gibt einiges an Fragen die geklärt werden müssen, aber auch die Wahrheit zwischen uns will ich endlich wissen. // Dann war der Brief also von Toshiya... doch warum ist er dann einfach von mir gegangen? // denke ich mir gerade, da ich wieder klar vor Augen habe, wie ich regungslos ans Krankenbett gefesselt bin und ihn hören als auch spüren kann. Die tiefe Verzweiflung die in mir hoch kommt, weil ich mich ihm gegenüber nicht bemerkbar machen kann. Dieser unendlich tiefe Schmerz in meiner Brust als er diese Worte des Abschieds zu mir sagt und ich ihn nicht aufhalten kann. Dieser Augenblick, wo ich mich selbst aufgebe, da ich ihn für immer verloren glaube und dabei fast sterbe. Wie ein kleiner Film läuft diese Erinnerung vor meinem inneren Auge ab und ich bekomme das qualvolle Gefühl innerlich zu ersticken. Wieso sind es gerade die schmerzvollen Momente im Leben, die mich so an Toshiya binden? Ich werde es wohl nur dann heraus finden wenn ich in der Lage bin mit ihm darüber zu reden. „Danke euch zwei“ bringe ich in diesem Moment nur murmelnd hervor, schweife gedanklich zum Bassisten Dir en Greys ab und wenn ich mir selbst in diesem Augenblick gegenüber ehrlich sein darf, dann muss ich gestehen wie sehr ich ihn vermisse. ************  Toshiyas POV: Gleich am nächsten Morgen beginnen die Aufnahmen und eine junge Dame erklärt mir den genauen Ablauf der für den heutigen Tag geplant ist. Mein Mobiltelefon habe ich absichtlich im hoteleigenen Safe verwahren lassen, da der einzige Anrufer Shinya ist und ich momentan nicht mit ihm reden will. Erstens habe ich noch keinerlei brauchbare Spuren für Daisukes Aufenthalt gefunden und zweitens möchte ich mir nicht ständig von ihm anhören müssen, warum ich erneut nicht ans Telefon gegangen bin. Ich mag zwar Shin als Bandkollegen & guten Freund sehr, doch für mehr stimmt einfach die Chemie zwischen uns nicht. Ich werde nun von einer jungen Stylistin für die erste Reihe von Fotos hergerichtet. Da die Temperaturen für heute im hohen Bereich angesagt wurden soll bis mittags alles im Kasten sein und ein Lächeln huscht mir dabei über die Lippen. Durch meine Arbeit bei Dir en Grey bin ich solche Herausforderungen gewohnt und kurzer Hand muss ich an mein Shooting zurück denken, bei dem ich ziemlich verkühlt unter einer eiskalten Dusche posieren musste. Ich hatte zwar danach für einige Tage Fieber, doch ich muss zugeben, dass diese Fotos von mir wirklich etwas geworden sind. Der Assistent des Fotographen erklärt mir ganz genau, wie ich mich vor der Kamera zu geben habe und ich arbeite diesmal mit einer jungen osteuropäischen Frau zusammen welche wie ich selbst kein Wort der ansässigen Sprache beherrscht. Obwohl ihr englisch recht gebrochen wirkt, kommen wir schnell miteinander klar und bringen ohne jegliche Probleme das Shooting hinter uns. Danach folgen noch eine Fotos mit mir allein dann ist für heute Schluss. Gerade als ich vor einem Mauerabschnitt posiere fallen mir die Zuschauer auf und ich frage mich gerade was in deren Köpfen vorgehen mag. Beim vorletzten Foto ist mir sogar gestattet, dass ich mir eine Zigarette anzünden darf und gerade als ich mich mit freien Oberkörper an der Mauer anlehne bemerke ich ein mir bekanntes Gesicht, dass am äußeren Rand der zuschauenden Passanten zu sehen ist. Er wirkt verwirrt aufgrund der vielen Leute. Ich kann es direkt an seinem Gesicht ablesen und in diesem Augenblick treffen sich unsere Blicke. Ein Lächeln huscht mir über die Lippen, da er sofort in eine andere Richtung schaut und ich frage den Assistenten des Fotographens, ob es möglich wäre das mit mir vorgesehene Foto mit dem Mann mit den langen schwarzbraunen Haaren machen zu lassen. Da es keinerlei Probleme deswegen gibt wird mein Lächeln noch mehr als ich diese Verwunderung in seinen Augen und den seiner beiden Begleiter ablesen kann. Einen Zug von meiner Zigarette machend gehe ich schließlich auf ihn direkt zu. „Ausgerechnet hier in dieser Stadt auf dich zu treffen, damit habe ich nicht gerechnet, Daisuke“ bringe ich nur hervor, strecke meine Hand aus und streiche ihm die ins Gesicht hängenden Haare zur Seite. „Was machst du hier?“ höre ich ihn nur fragen, wobei ich tief in seinen Augen ablesen kann wie überrascht als auch froh er ist mich hier zu sehen. „Arbeiten, was sonst?“ bringe ich lachend hervor, lege meinen Arm um ihn und ich gehe mit ihm und den beiden Teenagern vor die Kamera. Den Rest meiner Kippe wegschnippend erkläre ich dem Assistenten des Fotographen, wer der werte junge Mann hier ist, dabei kommt Bewegung ins gesamte Team als sie von seiner Identität erfahren. „Tosh, das hier sind Yumi & Hisao“ stellt er mir die beiden Teenager vor, nicke nur leicht mit dem Kopf und mir fällt klar an ihnen auf, dass sie zu wissen scheinen, wer ich wirklich bin. Hätte ich schon beim Aufstehen gewusst, dass sich der heutige Tag so positiv entwickelt, dann hätte ich wahrscheinlich sogar noch vor dem Verlassen des Hotels mit Shinya telefoniert. Das Mädel wirkt wie der Junge recht routiniert darin vor der Kamera zu posieren und ich frage mich gerade, woher Daisuke die beiden Teenager wohl kennen mag. Nun da mein Arbeitstag offiziell beendet ist gehe ich wieder auf ihn zu und ich will die Gelegenheit dazu nützen mit ihm ungestört reden zu können. „Keine Sorge, Daisuke-aniki, ich sag Mutter einfach Bescheid, dass du noch etwas spazieren bist“ höre ich sie zu ihm sagen, dabei hebe ich erstaunt eine Augenbraue hoch und lasse meinen Blick auf Daisuke ruhen, der die beiden Teenager gerade direkt ansieht. ************ Mitten in der Innenstadt die Reste unseres Eis verputzend fällt uns eine Ansammlung von Leuten auf und da meine Neugier schließlich siegt gehen wir unvermindert darauf zu. Zu Beginn kann ich aufgrund der vielen Leute nichts sehen, aber als ich mit Yumi & Hisao am linken Rand vorbei gehe bleibt mir für ein Augenblick die Luft weg. Ein attraktiver Mann mit schwarzen leicht gewellten Haaren lehnt bei der Mauer und raucht gemütlich eine Zigarette, wobei ich in diesem Augenblick deutlich fühlen kann, wie mein Herzschlag sich verschnellert. Sofort senke ich leicht rot geworden meinen Blick als sich meiner mit des Schwarzhaarigen kreuzt und ich deute Yumi nur an weiter zu gehen. Doch in genau diesem Moment taucht ein riesiger kahlgeschorener Typ mit Anzug & Sonnenbrille auf, der mich doch glatt an den Glatzkopf aus diesem einem Rollenspiel erinnert, welches ich zuletzt vor meinem Abflug aus Japan gezockt habe und ich bin sichtlich überrascht als auch froh Toshiya hier zu sehen. Er lacht als ich ihn frage was er hier tut und ich kann klar an ihm ablesen, wie sehr er sich freut mich zu sehen. Ein Stein der Erleichterung fällt mir vom Herzen, da Yumi & Hisao bei meiner Vorstellung von ihnen schweigend nicken und ich bin noch mehr erleichtert über die Tatsache, dass beide mir keine zusätzlichen Fragen über Toshiya stellen. Obendrein bin ich auch deswegen erleichtert, da beide zu verstehen scheinen, dass ich noch wichtige Dinge mit ihm zu besprechen habe und ich nicke nur rasch als Yumi darauf antwortet, dass sie ihre Mutter informiert, wo ich mich momentan befinde. „Wer sind die beiden denn?“ will Toshiya nun wissen, den ich ins Hotel begleite und ich komme nicht umher dieses neugierige Funkeln in seinen rehbraunen Augen zu bemerken. „Verwandte“ antworte ich einfach, da es wahrscheinlich viel zu kompliziert zu erklären wäre wie die beiden Teenager wirklich zu mir stehen. „Da kann ich wohl froh sein, dass du von deinen Fans hier noch nicht entdeckt worden bist“ bringt er nun hervor, grinst leicht, legt seinen Arm um mich und ich stupse ihm leicht auf die Nase. Dabei fällt mir eines wieder ein: wie war Tosh überhaupt in der Lage mich am Sternenfest zu finden? Wie war er generell in der Lage mich ausfindig zu machen, wenn wir beide laut Kyo ein GPS zur weiteren Orientierung eingepflanzt brauchten? Meine Gedanken schweifen an den Abend zurück, wo ich fast vor Luftmangel von deutschen Touristinnen umkreist zusammengebrochen wäre wenn Toshiya nicht da gewesen wäre. Selbst in Aomori, wo ich zwanghaft versuchte meine Erinnerungen an den Unfall zurück zu erlangen und ich kurzerhand vor Shinya zusammenbrach war er wie aus dem Nichts heraus da gewesen. Wenn ich mich unsicher, allein oder traurig gefühlt habe, so war er dann immer wieder in Reichweite zu mir gewesen. Doch wie macht er das? Woher spürt er, wie es mir gerade geht? Was treibt ihn eigentlich dazu an, in unmittelbarer Nähe zu mir zu bleiben? Wen sieht er, wenn er in meine Augen schaut, wen genau? Doch noch ist da eine ganz bestimmte Frage, die ich mir selbst nicht beantworten kann: wieso? Wieso bleibt er immer noch bei mir, nach all dem was ich ihm mit meiner Naivität angetan habe? Nachdenklich geworden bekomme ich nicht einmal mit, wie seine Hand nun auf meiner Wange ruht und ich laufe rot an, da sich unsere Lippen auf einmal versiegeln. Nicht das ich was dagegen habe, ich bin nur sichtlich überrascht darüber, von ihm mitten auf offener Straße geküsst zu werden. Außerdem fühlt es sich verdammt gut an. Ich kann es sonst nicht in Worten fassen, aber instinktiv ist mir, dass es richtig ist was ich hier zulasse. „Lecker, du schmeckst nach Erdbeere“ beginnt er mich nun nach dem Kuss leicht aufzuziehen, weswegen die Röte in meinem Gesicht doch etwas mehr wird und ich halte meinen Blick etwas gesenkt. Warum musste ich mich heute auch für die Eissorte Erdbeere entscheiden. Bis wir in seinem Hotelzimmer sind schweige ich vorerst, da ich nicht wirklich weiß was ich sonst noch zu ihm sagen soll und außerdem möchte ich in Ruhe mit ihm die Fragen durchgehen die ich an ihn habe. Dabei ertappe ich mich, wie ich ihn ganz unauffällig zu mustern beginne und ich muss erneut daran denken wie er bei der Mauer vorhin angelehnt war. Im Gegensatz zu mir ist er nur mit einem Jeansgilet und einer ausgebleichten Jeans bekleidet, wobei man seinen gutgebauten Körper bestaunen kann. Irgendwie verspüre ich das Gefühl in mir meine Hand auszustrecken und dieses von Gott erschaffene Kunstwerk berühren zu wollen. Wie er wohl aussieht ohne der dazugehörigen Verpackung? Allein bei dem Gedanken renne ich nun knallrot an und mir ist es wirklich nur all zu peinlich, dass ich ausgerechnet bei Toshiya meine Gedanken nicht in Griff bekommen kann. Hilfe, bitte sag mir einer bloß nicht, dass ich gerade Entzugserscheinungen bekomme, nur weil ich neben einem so attraktiven Mann durch die Innenstadt spaziere und meine Blicke nicht von ihm bekomme. // Versuch dich auf etwas ganz anderes zu konzentrieren, Daisuke // sage ich gerade geistig zu mir, da ich mich auf andere Gedanken bringen will, doch als ich mit ihm allein im Aufzug des Hotels bin kommt in mir das Gefühl auf, dass wir schon einmal in so einer Situation waren. Mein Herzschlag verschnellert sich genau in dem Augenblick als er mir direkt gegenüber steht und mich zu küssen beginnt. kami-sama, du liebst es wohl mir das Gefühl zu geben, dass ich manche Situationen schon einmal durchlebt habe. Ich verspüre ein positives als auch warmes Gefühl während dieses Kusses in mir aufsteigen und der Wunsch ihm doch etwas näher als es mir bisher möglich war zu kommen verstärkt sich in diesem Augenblick. Ich schmiege mich bei ihm an, koste diesen Kuss vollends aus, habe meine Augen dabei geschlossen und von automatisch wandern meine Hände über seinen Oberkörper. Wie weich sich doch seine Haut unter meinen Fingerkuppen anfühlt. Erneut erwacht meine Neugier und ich beginne mich gerade geistig zu fragen, wie er wohl ohne der ganzen Kleidung aussehen mag. Wie mag es sich wohl anfühlen, wenn seine Hände auf Wanderschaft gingen und ich ihm dabei ziemlich nahe sein konnte? Ein Prickeln verspüre ich gerade, da ich Toshiyas warmen Atem nahe an meinem Hals fühlen kann und ich blicke ihm direkt in die Augen. Ein sanftes Lächeln liegt auf seinen Lippen, dabei haucht er mir noch kurz einen Kuss auf den Hals und ein leichter Schauer durchläuft mir dabei den gesamten Körper. Ich will ihn näher zu mir ziehen, doch ich tue es nicht, da ein älteres Ehepaar in den Aufzug einsteigt und ich verwünsche gerade diese alten Schachteln nur deswegen, weil ich meine Neugier noch etwas zügeln muss. Schmollend reagiere ich nur auf seine amüsiert aufblitzenden Augen, verlasse direkt nach ihm den Aufzug als dieser im gewünschten Stockwerk ankommt und im Moment fühle ich mich zu beobachtet. Beide Hände in meine Hosentasche stopfend folge ich ihm den Gang entlang zu einem Zimmer, dass doch etwas abgelegen von den Aufzügen liegt. Wow, diese Einrichtung ist wirklich nicht von schlechten Eltern. Das Zimmer ist recht geräumig & sogar gemütlich eingerichtet, nebenbei fällt einem sofort das riesige Bett ins Auge. Erneut rennt mir ein Schauer durch den gesamten Körper als Toshiya mich von hinten umarmt und ich seine Lippen an meinem Hals verspüre. „Du solltest dir lieber eine kalte Dusche nehmen, sonst erleidest du noch einen Hitzschlag“ sagt er zu mir, dabei kann ich deutlich fühlen, wie sich seine Hände unter mein Langarmshirt schieben und mich davon zu befreien beginnen. Im Grunde genommen hat er Recht, denn ich habe heute nicht auf die Wettervorhersage aufgepasst und mich erneut komplett bedeckend bekleidet. Ich entspanne mich sichtlich aufgrund seiner sanften Streicheleinheiten und im Moment verdränge ich geschickt meine innerliche Angst davor, dass jemand die Narben zu sehen bekommt die mich noch an meinen Unfall in Aomori erinnerten. Nein, meine Angst ist in diesem Augenblick völlig unbegründet. Vor Toshiya brauche ich mich nicht zu verstecken. Die Stimme tief in mir sagt mir, dass es keinen plausiblen Grund dafür gibt diese Narben vor ihm zu verstecken. Ich sehe es ihm deutlich an, wie sich seine Augen für einen kurzen Augenblick mit Traurigkeit füllen als er diese feinen Linien bemerkt die mir vom Unfall geblieben sind, nachdem er mir aus meinem Langarmshirt geholfen hat. „Bitte verzeih mir“ kommt es leise über seine Lippen, wobei er mich dabei umarmt und ich kann klar fühlen, wie sehr er immer noch darunter leidet. Ich lehne nur meinen Kopf an seiner Schulter an, schließe meine Augen und versuche ihm auf diese Weise zu zeigen wie sehr er für mich wichtig ist. Auf eine gewisse Weise ist es schon recht merkwürdig, denn zwischen Toshiya und mir ist es schon seit wir uns kennen so, dass wir auch ohne Worte verstehen können was gerade im Anderen vorgeht. „Ich denke, wir brauchen beide ganz dringend eine Abkühlung“ bringe ich gerade nur hervor, grinse ihn leicht an und Toshiyas Augen beginnen auf einmal einen schelmischen Glanz aufzuweisen. Kurz nachdem ich diese Worte zu ihm gesagt habe sind wir gemeinsam unter der Dusche. Um ehrlich zu sein tut das kalte Wasser auf meiner Haut wirklich gut, denn ich kam mir aufgrund des heißen Wetters schon langsam wie ein Stück Backware inmitten meiner Kleidung vor. Gerade meine Augen schließend und das Wasser genießend verspüre ich einen wahren Schauer durch meinen Körper. Es ist Toshiya, der mir die Wassertropfen vom Hals wegküsst und obendrein streichen seine Hände über meinen Oberkörper. Ein wohliges Kribbeln erwacht tief in meinem Inneren und vermehrt sich rasch. Erst jetzt kommt mir die Erkenntnis, dass sich mein Körper sehr gut an die Bande zwischen mir und Toshiya erinnern kann, was ich selbst aber nicht mehr kann. Innerlich bin ich leicht verwirrt, da mir ein leichtes Keuchen über die Lippen entwischt und ich frage mich gerade, woher mein Körper eigentlich weiß, wer für mich besser geeignet ist. Wieder kann ich nicht verstehen, warum sich nur mein Herz und ich selbst mich nicht mehr erinnern kann. Toshiya in einen Kuss verwickelnd ziehe ich ihn sanft näher zu mir und schmiege mich bei ihm an, dabei schlinge ich meine Arme um ihn und kraule ihm sachte im Nacken. Es ist alles so vertraut, so als wüsste ich instinktiv ganz genau auf was für eine Sache ich mich hier einlasse. Ich beginne in diesem Moment immer mehr von mir abzudriften, wobei mir erst jetzt wieder jene Bilder einfallen, die ich damals vor meinem inneren Auge sah als ich versuchte unbedingt mit einer Frau zu schlafen. Da erst wird mir tief in meinem Inneren bewusst, warum mein eigener Körper so ablehnend auf das andere Geschlecht reagiert hat. Weil ich auf Männer stehe. Konkret gesagt auf einen ganz bestimmten Mann, in dessen Umarmung ich mich gerade befinde. Warum bin ich erst jetzt in der Lage diese Tatsache über mich zu akzeptieren? Weshalb hat es mich zu Beginn so sehr geschockt von meiner Mutter zu hören, dass ich mir generell nicht viel aus Frauen mache? Um mich vor einer weiteren Enttäuschung zu schützen? Um zu verhindern, dass ich verletzt werde oder einfach nur aus dem Grund, weil ich Angst vor der Wahrheit vor mir selbst gehabt habe? Ich vermute eher aus Angst vor dem was ich wirklich bin, dass ich eisern versucht habe alles zu leugnen. Was wäre wohl passiert, wenn ich nie Toshiyas Brief gefunden hätte und erneut aufs Land zu meinen Eltern gezogen wäre? Ich will ehrlich gesagt nicht einmal ansatzweise darüber nachdenken, da ich diese Vorstellung einfach nicht akzeptieren kann. Allein der Gedanke daran, dass ich ihn fast für immer verloren hätte schnürt mir immer noch tief in meinem Inneren die Luft zum Atmen ab. Ich gebe zu, ich habe Fehler gemacht, doch in diesem Augenblick fühle ich mich eher so, als würde ich endlich das Richtige tun. Auf die Stimme meines Herzens zu hören. // Verdammt Daisuke, da musst du aber total blind gewesen sein wenn du erst jetzt erkennst, wo du eigentlich hingehörst // schießt mir gerade der Gedanke durch den Kopf, schmiege mich mehr bei Toshiya an und ich geniesse diese Nähe zu ihm. So wie es gerade ist so soll es auch bleiben. Ich möchte nicht, dass sich noch etwas verändert. Ich bin endlich daheim. Endlich an jenem Ort angelangt, der meine Zuflucht bildet. Ehrlich gesagt, ich muss ein kompletter Vollidiot gewesen sein, dass ich zehn Jahre dazu gebraucht habe um zu erkennen, wer mir von den beiden mehr am Herzen liegt. Mich innerlich nun komplett fallend überlasse ich Toshiya das Kommando und alles beginnt vor meinen Augen zu verschwimmen. Am Rande bekomme ich nur mit, was genau zwischen uns passiert, wobei es mir ehrlich gesagt eher als ein irrealer Traum vorkommt. Wie vorsichtig und sanft er mit mir umgeht. Er gibt mir wenigstens die Möglichkeit noch rechtzeitig nein zu sagen, doch ich will in diesem Moment einfach nicht, dass er aufhört mich so zu berühren. Ich will einfach nur seine Nähe spüren, von ihm geliebt werden. Inmitten unserer Vereinigung schließe ich meine Augen und schmiege meinen Körper enger an seinen, nur um jeden Zentimeter dieser Nähe zu ihm auskosten zu können. Von mir aus kann nun die Welt untergehen, denn ich habe nichts mehr vor mir, dass ich zu bereuen habe. Von Glückshormonen und Wärme überschüttet lehne ich kurz darauf meinen Kopf bei seiner Brust an, da mir kurz schwarz vor den Augen wird. Trotz allem kann ich es mir sehr gut vorstellen, mit Toshiya erneut so vereint zu sein. „Daisuke?“ fragt er leise nach, streicht mir meine nassen Haare aus dem Gesicht und ich schmiege mich bei ihm an. „Mir wird langsam kalt“ kommt es nur aus mir hervor, da es mir nun langsam aber doch unangenehm ist weiterhin unter dem kalten Wasser zu stehen und öffne meine Augen wieder. Ein leichtes Grinsen huscht ihm über die Lippen als er das Wasser abstellt, dann hüllt er mich in ein Handtuch ein und schlingt seine Arme um meinen Körper. „Ich habe dich vermisst, Daisuke Andou“ sagt er mir leise ins Ohr, haucht mir einen Kuss auf den Hals und ich spüre deutlich wie ein Schauer durch meinen Körper rennt. Mir ist in diesem Augenblick, als hätte ich fast eine halbe Ewigkeit darauf gewartet diese Worte zu hören und ich entsinne mich gerade, dass Kaoru sie mir gegenüber nie ausgesprochen hat. Obwohl sich mein Herzschlag aufgrund dieser Worte etwas verschnellert, verspüre ich auch ein leichtes Stechen. Die Frage nach dem, warum taucht erneut in mir auf. Warum war Toshiya dann einfach von mir gegangen? Diese Frage möchte ich unbedingt zuerst geklärt wissen. Ich steuere auf das große Bett zu, lasse mich darauf fallen und schließe meine Augen, dabei ist mir vollkommen egal, wohin das Handtuch gewandert ist. Es herrscht kurze Stille im Raum, ich kann außerdem fühlen, wie neben sich Toshiya neben mir aufs Bett setzt. In diesem Augenblick spüre ich, wie sich unsere Lippen versiegeln und ich ziehe ihn instinktiv näher an mich heran. So wie ich es eigentlich geplant hatte als ich mich noch im Krankenhaus befand. Nur aufgrund von Luftmangel löse ich schließlich diesen Kuss und blicke ihm lange in die Augen. „Warum? Warum bist du gegangen?“ will ich nun von ihm wissen, schmiege mich bei ihm an und vergrabe mein Gesicht in seiner Halsbeuge. „Ich... bitte verzeih mir, Daisuke, doch ich hielt es damals aufgrund der umliegenden Umstände für die richtige Entscheidung“ gesteht er mir schließlich, dabei streicht er mir über den Rücken und ich fühle immer noch diesen unerträglichen Schmerz tief in meinem Herzen den er dadurch ausgelöst hat. „Tosh, ich wäre dabei fast...“ bringe ich nur hervor, lasse meinen aufkommenden Tränen freien Lauf und endlich verstehe ich auch, wer sich in diesen Fragmenten meiner restlichen Erinnerungen aufhält. Erst jetzt scheint alles sich wie bei einem Puzzle richtig zusammen zu setzen, obwohl immer noch wichtige Teile dazu fehlen. Die Stille, die uns nun umgibt ist für mich bedrückend. Fast so, als hätte jemand die Gravitation inmitten dieses Raumes erhöht und uns dadurch die Möglichkeit genommen auch nur einen Millimeter zu bewegen. „Ich bin davon ausgegangen, dass du dich für Kaoru entschieden hast“ bringt er nach einer Weile hervor, dabei kann ich deutlich aus seiner Stimme heraus hören, wie sehr ihn diese Tatsache mitnimmt, dass ich kurz nach seinem Besuch im Krankenhaus fast gestorben wäre. „Warum sollte ich das? Klar, ich liebe Kaoru, aber mehr in dem Sinn wie ich meine gesamte Familie liebe“ bringe ich nun aus mir hervor, bin leicht verwirrt aufgrund seiner Aussage und schaue ihm nun direkt in die rehbraunen Augen. Toshiya will etwas darauf sagen, doch er beisst sich nur auf die Lippen und nun bin ich doch etwas besorgt, da ich seinen Gesichtsausdruck nicht wirklich deuten kann. „Tosh?“ frage ich nun leise nach, streiche ihm über die Wange und ich frage mich nun, ob ich eventuell etwas Falsches gesagt haben könnte. „Es gibt etwas, das du über Kaoru wissen solltest“ sagt er nun mit ernster Miene zu mir, schmiegt sich an meine Hand und ich nicke nur, da ich ehrlich gesagt richtig gespannt bin, was Toshiya mir zu sagen hat. „Wenn es nach Kaoru gegangen wäre, dann würden wir jetzt nicht die Möglichkeit haben uns so zu unterhalten“ „Aber... wieso das denn?“ „Dem Management habe ich es zu verdanken, dass die ganze Sache als Unfall eingestuft wurde“ „Willst du etwas damit sagen, dass Kao...?“ „Er wollte mich wirklich wegen schwerer Körperverletzung & versuchten Mordes anklagen lassen“ „Kao würde doch nie jemanden aus der Band so etwas antun“ „Ach ja? Dann hat er dir also nichts von seinem Gespräch mit dir kurz vor deinem Unfall erzählt? „Welches Gespräch denn? Außerdem, woher weißt du davon Bescheid?“ „Weil ich euch unfreiwillig belauscht habe als ich das Hotel verlassen wollte“ „Toshiya, du hast was?“ „Ging ja auch nicht anders, wenn ein gewisser Rotschopf meinen Namen fallen lässt“ sagt er mit einem kurzen Lächeln, dabei bin ich irgendwie froh darüber, keine roten Haare momentan zu haben. Nebenbei machen mich seine Aussagen mehr als nachdenklich, da ich es mir einfach nicht vorstellen kann, dass Kaoru so ist. „Bist du etwa nur deswegen gegangen?“ „Ich musste ihm versprechen, mich zukünftig aus deinem Leben fern zu halten“ „He, das ist immer noch meine Entscheidung, wenn ich sehen will“ „Das habe ich auch versucht ihm zu verklickern“ „Baka, dann wärst du halt bei mir im Krankenhaus eingezogen“ „Um damit Kaorus weiteren Zorn auf mich zu ziehen?“ „Ich hätte es ihm schon irgendwie beigebracht“ „Weil wir schon beim Thema Kaoru sind, wie willst du es ihm erklären?“ „Woher soll ich das auf die Schnelle denn wissen?“ bringe ich nun schmollend hervor, worauf Toshiya nur lachen muss und mich zu sich zieht. In gewisser Weise hat er aber Recht. Früher oder später werde ich Kaoru gegenüber stehen und mit ihm über dieses Thema reden müssen. Allein bei dem Gedanken wird mir flau im Magen, dass ich ihm direkt ins Gesicht sage was er mir in Wirklichkeit bedeutet. „Das kann ich nicht. Tosh, du verlangst da Unmögliches von mir“ bringe ich schließlich aus mir hervor, schließe meine Augen, bleibe bei ihm angeschmiegt und plötzlich fällt mir wieder ein Grund ein, weshalb ich doch nicht nach Osaka zurück fliegen sollte. „Daisuke, wer sagt, dass ich dich da ganz allein in die Höhle des Löwen schicke? Wir stehen das gemeinsam durch“ muntert er mich mit diesen Worten nun auf, haucht mir einen Kuss auf die Lippen und ich nicke nur. Stimmt, solange Toshiya bei mir ist, kann ich mich sogar so einer unangenehmen Situation stellen. „Darf ich dich etwas fragen?“ „Schieß ruhig los, Daisuke“ „Kyo meinte ja, wir beide würden ein GPS brauchen, daher meine Frage: wie schaffst du es andauernd mich zu finden?“ „Nenn es ruhig Intuition“ antwortet er mir recht amüsiert, stupst mir leicht die Nase und ich kann nicht umher leicht rot zu werden. „Es gibt da etwas, dass du noch wissen solltest, Tosh“ bringe ich darauf hin hervor, lasse meine Finger an seinem Schlüsselbein entlang fahren und blicke ihn nicht direkt an. Toshiyas Blick ruht auf mir und er nickt nur, worauf ich an das Gespräch zwischen Shinya und ihm in Aomori zurück denke. „Ich habe mich regelrecht erleichtert gefühlt, als du mir in Vertrauen gesagt hast, dass du für Shin nichts empfindest das über normale Freundschaft hinaus geht“ sprudelt es nur so aus mir hervor, wobei die Röte auf meinen Wangen mehr wird und ich lehne mich mit meine Stirn an seiner Brust an. „Deswegen warst du so rasch nach draußen in den Regen verschwunden. Sag bloß, du hast dir den Kopf darüber zerbrochen, wem mein Herz gehört“ sagt er sichtlich amüsiert, hebt sanft meinen Kopf an und schaut mir tief in die Augen. Ertappt - ich kann es nicht mehr leugnen. Mit einem kurzen Nicken antworte ich ihm nur und sein Lachen erhellt den Raum. „Es liegt direkt vor mir“ sagt er schließlich zu mir, wobei ich aus Verlegenheit heraus mein Gesicht erneut in seiner Halsbeuge verberge und für einen Augenblick komme ich mir schon wie ein kleiner Idiot vor. Nicht nur, dass ich zu blind war mein eigenes Herz zu verstehen; ich war dahingehend so blind, dass ich sogar Toshiyas wahre Gefühle für mich erst jetzt klar erkennen kann. Was für ein Zufall, dass ich nur dank eines Unfalls in der Lage bin, endlich die Stimme meines Herzens zu hören. Moment mal, soweit ich weiß gibt es so etwas wie Zufälle nicht. Dann muss irgendetwas im kosmischen Gesetz meinem Schicksal nachgeholfen haben. Mein Gespräch mit Kao kurz vor meinem Unfall; der Sturz vom Balkon; Shinya, der mich findet; Toshiya, der sich im Irrglauben von mir abwendet; meine zehn Jahre im Koma. Ich weiß zwar nicht, wieso aber irgendwie gibt es darin eine wichtige Komponente, von der ich noch nichts weiß. Doch ich werde noch dahinter kommen, selbst wenn ich Kaoru höchstpersönlich danach fragen muss. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)