Der Prinz und Ian von Moon_Wolf (Reise in einer unbekannten Welt) ================================================================================ Kapitel 3: Konfrontation mit der Wildins ---------------------------------------- 3. So wie wir uns die Hände gereicht hatten, wollten wir uns nun gleich auf den Weg machen. Doch hielt mich Nevan kurzer Hand auf. „Hast du nicht etwas vergessen?“, fragte er mit einem Lächeln auf seinen Lippen. Ich sah ihn an und dachte nach. Sofort erinnerte mich mein Magen wieder daran, dass ich Hunger hatte. „Stimmt...wir wollten was essen.“, sagte ich und Ian legte die Ohren an, da auch sein Bauch sich lautstark meldete. Mit einem seufzenden Lächeln musterte er uns und nahm sein kleines Säckchen, welches an seiner Hüfte hing und kramte etwas heraus. Es war ein halbes Schwarzbrot und ein kleines Taschenmesser. Vermutlich trug er dies immer mit sich herum. Er schnitt ein paar Scheiben davon ab und verteilte sie an uns beide. “Danke.“, sagte ich freundlich und setzte mich mit der Brotscheibe auf eine Kiste, die neben einigen Rohren und anderen Unrat in der kleinen Gasse, in welcher wir uns noch aufhielten, herumstand. Auch Ian nahm das Brot dankend an. „Ich glaube, dass sollte erst mal reichen bis wir was anderes für euch gefunden haben. Das Brot was ich euch beiden gab, ist alles was ich noch bei mir hatte. Ich brauche erst wieder neuen Proviant.“, erklärte Nevan uns. Ich kaute auf dem Stück herum. Dies war nicht das Beste, aber es schmeckte gut. Auch stillte es vorerst den gröbsten Hunger. Ich und Ian brauchten nicht lang, bis das Brot verputzt war. “Nun... ich glaube wir könnten weiter gehen, oder? Die nächste kleine Stadt ist ein halber Tagesmarsch von hier entfernt.“, gab er uns zu verstehen. Ich sah ihn an und erhob mich von der Kiste. „Gut. Aber so weit ich informiert bin, liegt dort eine Hafenstadt.“, meinte ich. Mit einem Nicken von Nevans Seite aus, wusste ich, dass ich recht hatte. „Da liegst du goldrichtig, Junge. Dort werden wir unseren Proviant wieder auffüllen, dass wir über die Runden kommen. Ansonsten essen wir das, was Mutter Natur uns schenkt.“, erklärte er. Schon alleine bei dem Gedanken, etwas zu essen, was wenige Minuten vorher noch frisch und lebendig gewesen war, wurde mir schlecht. Als Prinz hatte ich bisher das Glück gehabt, dem Tier, dessen Fleisch fertig zubereitet auf meinem Teller lag, nicht vorher in die Augen gesehen haben zu müssen. Ich war ausgesprochen Tierlieb. Wahrscheinlich würde ich vor Reue und schlechtem Gewissen keinen Bissen hinunter bekommen. Ein Schauer rann über meinen Rücken und ließ mich erzittern. Nevan musste dabei nur schmunzeln. “Daran wirst du dich gewöhnen müssen, Kleiner. Aber du hast mir noch nicht deinen Namen gesagt.“, sagte er und blickte mich mit einem etwas spöttischen Ausdruck in seinen Augen an. Ich sah ihn an und sah zu Boden. Meinen Namen wollte ich ihn nicht sagen. Doch wie sollte er mich dann rufen, wenn ich weit weg war? “Mein Herr ist viel zu schüchtern. Nennt ihn wie Ihr es wünscht.“, sagte Ian. Sofort breitete sich ein breites Grinsen im Gesicht des jungen Mannes aus, was mich nichts Gutes erahnen ließ. “Ok. Ich werde deinen Namen noch herausfinden, aber bis dahin heißt du bei mir ‚Kleiner‘. Okay?“ Wie wollte er mich nennen? Kleiner? Na gut. Ich war wirklich klein im Gegensatz zu ihm, da ich ihm nur bis zu den Schultern reichte. “Ok. Dann machen wir uns mal auf den Weg, oder was meinst du, Kleiner?“, fragte er mich und betonte meinen neuen Kosenamen mit einem gemeinen Grinsen. Ich sah die Sache nicht viel anders und nickte, wobei mir Nevans Ton nicht sonderlich gefiel und auch Ian erhob sich langsam. Wir setzten uns in Bewegung, machten uns auf den Weg in die wilde Natur. Zugegeben, ein bisschen Angst hatte ich schon. Alles war neu und unbekannt, aber dennoch versprach diese neue Welt, die sich vor meinen Füßen auftat, eine so unglaubliche Vielfallt an Abenteuern, dass mein Herz schnell schlug mit jedem Schritt den ich tat. Doch kannte ich nichts. Weder die Wunder noch die Gefahren die uns früher oder später begegnen würden. „Keine Angst. Dein Lupesa und ich sind da, um dir in allem zu helfen.“, meinte Nevan mit einem sanften, brüderlichen Lächeln. Er lief zu meiner Rechten und Ian zu meiner Linken. Je näher wir dem Stadttor kamen, um so mehr pochte mein Herz vor Aufregung. Doch bevor mein Fuß die Stadtgrenze überschreiten konnte, blieb ich, wie von einer unsichtbaren Kraft gehalten, stehen. Ich starrte auf meine Füße, dann das riesige, geöffnete Tor hinauf und ein flaues Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus. „Was ist los Kleiner? Traust du dich nicht?“, erklang die Stimme des schwarzhaarigen Begleiters, der mit Ian schon ein Stück vorrausgelaufen war. Beide sahen mich fragend an, wunderten sich scheinbar, warum ich nicht weiter ging. „Ich war noch nie außerhalb der Stadt. Ich habe einfach nur angst.“, gab ich ihm zu verstehen. Ich konnte ihm einfach nicht in die Augen dabei sehen, da ich mich etwas schämte. Einerseits wollte ich den Schuldigen finden und zur Rechenschaft ziehen, aber andererseits hatte ich diese angst, vor dem was kam. Leicht nagte ich an meiner Unterlippe als ein seufzen an mein Ohr drang und Schritte die sich mir näherten. Kurz darauf stand Nevan vor mir und legte mir seine Hände behutsam auf meine Schultern. Ich schaute auf und sah ihn fragend an. Nevan blickte mir in die Augen und hockte sich vor mich. „Hör mir mal zu, Kleiner. Egal was da draußen sein mag und auch kommen wird, wir werden da sein. Hab keine angst. Immerhin hast du eine Aufgabe und wie du selbst sagtest, willst du den Schuldigen finden. Doch dazu musst du das nun auch durch ziehen. Verstehst du?“, erklärte er mir wieder in diesem brüderlichen Ton. Gerührt von seinen Worten spürte ich wie sich meine Augen mit Tränen füllten, welche ich allerdings versuchte schnellstmöglich weg zu blinzeln, bevor Nevan sie bemerkte. „Nevan hat recht, mein Herr. Habt keine Angst. Ihr wisst doch, dass ich immer an Eurer Seite sein werde.“, versicherte mir auch Ian. Dankend nickte ich ihm zu, ehe Nevans Stimme wieder meine Aufmerksamkeit auf sich lenkte. „Mir ist Bewusst, dass du deine Familie vermisst. Wenn du also jemanden brauchst, wir sind da.“, sagte Nevan und erhob sich wieder. „Auch wenn du eine Schulter zum Ausweinen oder ein Taschentuch brauchst, Kleiner.“, setzte er noch hinzu und sah mich wieder mit diesem hinterhältig, amüsierten Grinsen an. Er konnte es nicht lassen. „Ich bin keine Heulsuse, wenn du das damit sagen willst.“, gab ich empört zu bedenken, doch gab ich mich geschlagen und lächelte wieder. „Gut. Dann gehen wir nun gemeinsam.“, sagte ich und nahm Nevan an die Hand, was mir einen skeptischen Blick einbrachte. Ian legte ich meine andere Hand auf seinen Rücken. So machten wir zu dritt den Schritt durch die Pforte. So schlimm war es gar nicht, obwohl ich es mir ganz anders vorgestellt hatte. Ich fühlte mich leichter, freier und einfach nur so gut, dass ich beabsichtigte es laut hinaus zu rufen. Doch um meine Haltung zu bewahren, blieb ich ruhig. Gemeinsam gingen wir den Weg entlang. Bäume und Sträucher säumten den Pfad. Der Wald sah im Tageslicht wie ein märchenhafter Ort aus. Wie ein Maler, der gar zu überschwänglich mit seinen Farben hantiert hatte, malten die Sonnenstrahlen helle und dunkle Flecken auf das Satte Grün der Blätter. Durch das Geäst einer Eiche jagten sich schimpfend zwei rote Eichhörnchen und aus dem Dickicht am Boden ragte der kleine Hut eines Eichelsammlers hervor, kleine Männchen die Kobolden sehr ähnelten, aber in ihren Umgangsformen wesentlich gesitteter waren. Diese sanfte Schönheit fesselte mich und zog mich in ihren Bann. Wie ein Kind das zum ersten mal die Welt sah, von welcher es um geben war, staunte ich über die Wunder, beschaute die blauen Blüten, der Wegmalve, die ich nur aus Büchern kannte und folgte dem Flug eines Eichelhähers, der krächzend über uns dahin glitt. Ich war nicht mehr zu bremsen und stürmte darauf los, hielt nicht an. Von weitem hörte ich nur noch, wie Nevan nach mir rief, ich solle langsamer werden und Vorsichtig sein. Allerdings kam die Warnung zu spät. Im selben Augenblick rutschte ich aus und in eine Erdgrube hinein, die ich vorher nicht gesehen hatte. Ein schmerzerfülltes Stöhnen schlich sich über meine Lippen und leicht rieb ich mir die Stelle am Hinter auf die ich gefallen war. Ein jähes und tiefes Knurren ließ mich allerdings aufhorchen. Ein dunkler Schatten lag genau vor mir und schlief. Bei näherem hinsehen erkannte ich, dass es ein Tier war. Sein Fell war stoppelig und weiß. Die Ohren waren wie Hörner geformt und erschienen in einem leuchtenden Grün. Seine Vorderpfoten waren in einem pastelligen rosaton gehalten. Der lange Schweif war dünn und dessen Spitze hatte die Form eines Teufelsschwanzes. Mit grauen erkannte ich nun auch die Gattung, der dieses Tier angehörte. Ein Teufelswiesel. Ich wusste nicht viel von ihnen, nur das sie unberechenbar sein sollten. Mein Körper war steif vor Schreck und meine Beine fingen an zu zittern. Angst, ja fast Panik schnürte mir die Kehle zu. Mir erschloss sich nicht, warum mich dieses Gefühl so plötzlich überkam. Dieses seltsame Wiesel war in der Länge in etwa so groß wie ich, gut, aber es schlief, also warum überkam mich diese Angst? Gerade als ich aufstehen wollte, hörte ich eine Stimme über mir. “Hey Kleiner! Alles ok bei dir?!“ Ich erkannte Nevan und wand mein Gesicht nach oben. “Ja.“, antwortete ich ihm auf seine Frage und dämpfte aufgrund der immer noch bestehenden Gefahr eines Angriffes, durch das schlafende Tier vor mir, meine Stimme. Es lag nicht in meiner Absicht, als Mittagssnack zu enden. Mit meinem Zeigefinger zeigte ich stumm auf das Teufelswiesel und machte ein um Hilfe bittendes Gesicht. „Ach du dickes Heimatland…“, hörte ich Nevan entsetzt flüstern. Als ich in sein Gesicht sah, konnte ich erkennen, dass es nicht das erste mal war, dass er einem solchen Tier gegenüber stand. „Bleib wo du bist und rühre dich nicht vom Fleck. Versuch dich ruhig zu verhalten und wecke es wenn möglich nicht.“, sagte er mit leiser Stimme, bedacht darauf, das Raubtier vor mir nicht aus dem Schlaf zu schrecken. Dann verschwand sein Kopf aus meinem Blickfeld und wurde durch Ians ersetzt, welcher mich besorgt musterte. „Mein Herr. Habt keine Angst. Es wird alles gut. Wir werden Euch da raus holen.“, sprach Ian mir Mut zu. Was blieb mir auch anderes übrig, als hier zu verharren und zu hoffen, dass das Tier vor mir tief und fest schlief. Während ich wartete, stellte ich mir im Stillen die frage, wie die beiden es wohl anstellen wollten, mich aus dieser Grube zu befreien. Mein Blick wanderte wieder an den Rand des Erdloches und ich versuchte die Entfernung einzuschätzen. Der Rand befand sich etwa 2 Meter über mir und die Wände des Loches waren zu Steil, als dass ich einfach an ihnen hinauf klettern konnte, auch boten sie für Hände und Füße keine Vorsprünge an denen man sich abstützen oder festhalten könnte. Doch noch mehr, als die Frage meiner Flucht beschäftigte mich ein anderer Gedanke. Was sollte ich tun, wenn das Tier erwachte? Es würde in mir nichts anderes als Beute sehen. So weit ich wusste waren Teufelswiesel Fleischfresser. Ich war verloren. Seufzend war mein Kopf auf meine angezogenen Beine gesunken, als das gleichmäßige Schnaufen des Tieres sich in seinem Rhythmus änderte. Ich spürte wie sich meine Nackenhaare aufstellten und vorsichtig hob ich meinen Kopf. Die Augen, die vorher noch fest geschlossen waren, blickten nun direkt in meine, ohne dass das Tier sich bewegt hatte. Die schwarze Nase zitterte, als das Wiesel witternd die Luft prüfte und ihm mein Geruch in selbige stieg. Die raue, rosa Zunge zuckte aus dem Maul und leckte sich über die Lefzen. Ein schaudern, wie tausende Spinnen, rann über meinen Rücken und verschaffte mir eine Gänsehaut. Mein Herz pochte laut in meinen Ohren und in mir kam der seltsame Gedanke auf, dass das Tier meinen Herzschlag, genauso laut hören musste wie ich. So langsam sollten die beiden sich wirklich mal beeilen. Es war mir unbegreiflich was die beiden da oben so lange trieben. Ich wollte schreien, um Hilfe rufen, doch bekam ich keinen Ton über meine Lippen. Die stechend roten Augen des Tieres schienen mich zu hypnotisieren, während der große Kopf sich langsam hob. Wie eine Schlange, kurz vor dem Angriff, schwebte der massige Schädel über mir. Panisch folgte ich ihm, nahm jede seiner Bewegungen war, jedes zucken seiner Muskeln. Fauchend entblößte der Dämon im Pelz seine Fangzähne. Weiß und dolchartig, säumten die langen Fänge das Gebiss und zeigten mir, welcher Tod mich erwarten würde. Ich schloss die Augen und fügte mich in mein Schicksal. Ich schloss mit der Welt ab. Die beiden würden es nicht mehr rechtzeitig schaffen. Sollte nun wirklich alles vorbei sein? Jetzt wo mein Abenteuer doch erst begann? Sollte es einfach so enden? Nein! Das würde ich nicht zu lassen. Doch was konnte ich gegen es schon ausrichten? Ich war kein Krieger und meine Statur passte eher zu einem Gelehrten, als zu einem Kämpfer. Auch trug ich keinerlei Waffen bei mir, wobei ich mir nicht einmal sicher war, ob ich im Ernstfall überhaupt etwas hätte ausrichten können. Der heiße Atem des Tieres wehte mir entgegen und verbreitete den süßlichen Geruch der Verwesung, der mich kurz hart schlucken ließ. Instinktiv wich ich zurück, doch kam ich nicht weit, da ich schon nach wenigen Zentimetern die harten Wände des Loches in meinem Rücken spürte. Kurz flog mein Blick gehetzt auf die erdige Wand, spielten meine Gedanken damit, sie hinauf zu klettern, als ein harter schlag mich gegen die Brust traf und mir die Luft aus den Lungen presste. Ich schnappte nach Luft, wie ein ertrinkender, sah nach oben und bemerkte, dass mich das Tier mit seinen riesigen Pranken gegen die Wände dieses schmutzigen Grabes drückte. Der Geifer troff von seinen Fängen als es sich mir näherte. Ein Keckern erklang in seiner Kehle, das in meinen Ohren wie ein höhnisches Lachen klang. Heiß rannen mir die Tränen über die Wangen, kräftig biss ich mir auf die Lippe und schmeckte Blut. Das war‘s … So fest ich konnte, kniff ich meine Augen zu und flehte innerlich inständig nach einem schnellen Tod. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)