Der Prinz und Ian von Moon_Wolf (Reise in einer unbekannten Welt) ================================================================================ Kapitel 1: Der Beginn einer langen Reise ---------------------------------------- 1. In das Land brach eine kühle Nacht ein. Der Mond wurde von dem Schleier der Wolken bedeckt, durch dessen Licht sie schwarz am Himmel hingen. Selbst der Wald erschien wie ein schwarzer Schlund, in dem die Bäume wie Zähne wirkten, oder gar wie Gespenster, wenn das Mondlicht auf die Rinde fiel. Doch die gespenstige Stille der Dunkelheit war nur ein Vorbote. Einem Wolkenbruch gleich fiel Regen vom Himmel herab und prasselte an die Fensterscheiben des Schlosses. Der Niederschlag war so laut, dass ich nicht schlafen konnte. So erhob ich mich aus meinem Bett und setzte mich auf das Fensterbrett, welches zu einer kleinen Bank umgearbeitet war und schaute dem Regen zu, wie er die Welt in der ich lebte, grau und eintönig erscheinen lies. Hinter mir hörte ich, gleich einem zarten Glockenspiel, etwas Metallenes aufeinander schlagen. Gleichmäßige Schritte kamen auf mich zu. Als ich mich umwandte, sah ich nur einen kleineren Schatten. Es war mein Gefährte, Ian, der sich nun vor mich setzte. Er war ein Lupesa. Die Geräusche stammten von seinen beiden goldenen Armreifen, welche er am linken Vorderlauf trug. Seine Rute wedelte hin und her und er sah mich mit leicht schiefgelegtem Kopf an. „Könnt Ihr nicht schlafen mein Herr?“, fragte er mich mit ruhiger Stimme. Ich sah ihm in seine leuchtend, eisblauen Augen, in welchen sich das Kerzenlicht reflektierte, das den Raum in ein schummriges Zwielicht tauchte. Leicht schmunzelte ich und drehte meinen kompletten Körper zu ihm hin. „Nein Ian. Durch die Lautstärke des Regens ist es mir nicht möglich zu ruhen.“, antwortete ich und sah zu Boden. Müde war ich in dem Augenblick schon. Der Tanzball am Abend hatte schon etwas von meinen Energiereserven gezehrt. Plötzlich spürte ich etwas Warmes, Weiches in meinem Schoß. Es war Ian, welcher seinen Kopf auf meine Beine gelegt hatte um mir Trost zu spenden. „Seid nicht traurig mein Herr. Ich bin bei Euch und werde so lange bleiben, wie Ihr es wünscht.“, versicherte er mir. Mit einem Lächeln auf meinen Lippen, lies ich meine Finger durch sein seidiges, rotfarbenes Fell gleiten. Es war mit vier schwarzen V-förmigen Mustern übersät, die sich in Richtung seines Schweifes auf seinem Rücken verteilten. Der Schwanz selbst war vom Selben Rot wie sein Pelz, allein die Spitze war im selben schwarz gehalten wie seine Fellzeichnung. Sein Haarkleid war am Bauch etwas Heller und so seidig weich wie damals als er noch ein Welpe gewesen war. Das mochte ich besonders. Meine Finger durch die weichen Haare streichen zu lassen und er schien dem auch nicht abgeneigt zu sein, zumindest hatte er nie gegenteiliges behauptet. Je länger ich ihn streichelte, umso schläfriger wurden wir beide und schliefen an Ort und Stelle ein. Je tiefer ich in den Schlaf fiel, umso weniger hörte ich den lauten Regen der gegen das Fenster trommelte. Auch das Grollen des Gewitters drang kaum in mein Gehör. Erst als die Sonne, welche durch die Scheiben schien, meine Nase kitzelte, erwachte ich mit einem kleinen Niesen. So sah ich mich um und rieb mir die Augen. Wo war Ian? Sein Kopf war nicht mehr auf meinem Oberschenkel. Ich sah mich nach ihm um und erblickte ihn auf dem Boden. Zusammengerollt wie eine Katze schlief er in Seelenruhe und bemerkte nicht, dass ich wach war. So schlich ich mich an ihm vorbei und zog mich um. Ich entschied mich für ein seidiges Wams, von weinroter Farbe, unter welches ich ein geschmeidiges, weißes Hemd zog. Die Hosen waren schwarz und der baumwollene Stoff schmiegte sich eng an meine Haut. Die Stiefel waren kniehoch und von einem sandfarbenen Braun. Zu guter letzt setzte ich mir einen Turban in derselben Farbe wie meine Stiefel, auf den Kopf und richtete die fliederfarbene Feder, welche mit einer goldenen Brosche fixiert wurde, in dessen Mitte ein herrlich geschliffener Amethyst gefasst war. So war ich nun perfekt für den heutigen Tag gekleidet. Lange betrachtete ich mich im Spiegel und drehte mich mehrmals davor. Diese Kleider waren mir am liebsten, weswegen ich sie auch öfter trug. Nachdem ich mich noch einmal prüfend im Spiegel betrachtet hatte, wanderte mein Blick zu meinem wolfsartigen Freund. Dieser schlief immer noch. Wieso sollte er sich auch stören lassen? Ich ließ ihn schlafen. Da ich wusste wie mürrisch er sein konnte, wenn man ihn weckte. Lieber machte ich mir Gedanken, was ich heute alles tun könnte. Wieder ein Buch lesen? Nein, das war zu langweilig. Mal etwas Aufregendes erleben wäre mir viel lieber. Doch was sollte man schon machen. Durch meinen Stand kam ich so selten raus und konnte auch nicht mit anderen draußen umher tollen. Ian war der Einzige, mit dem ich spielen konnte. Was war in so einem riesigen Anwesen schon aufregendes zu finden? Ich könnte mich auf die Suche neuer Geheimgänge und versteckter Türen begeben, die meine Neugier schüren würden, doch ich bezweifelte, dass es noch irgendeinen Gang gäbe, den ich noch nicht entdeckt und erkundet hatte. Mit diesen Gedanken und einem wehmütigen Seufzen ging ich in Richtung der Tür. Bald würde es Frühstück geben. Doch plötzlich fing das Schloss an zu beben. Die gewaltige Erschütterung ließ mich zu Boden sinken. Auch Ian, so sah ich, wachte unmittelbar aus seinem tiefen Schlaf auf und schaute wild umher. Wo mag das nur herkommen? Die Vasen welche an der Wand standen fielen um, einige zerschellten am Boden und verkippten das Wasser welches sie beinhalteten. “Was ist hier los?!“, rief ich und krallte mich am Boden fest in so fern es ging. „Herr!“ rief mein wölfischer Freund und rannte zu mir um mich vor schlimmeren zu beschützen. Ich sah wie die Wände Risse bekamen und auch Brocken von der Decke herunter fielen. „Herr. Wir müssen hier raus! Schnell!“, rief Ian und schnappte mich am Wams, um mich auf die Beine zu stellen. Dies tat ich und rannte mit ihm zur Tür. Dabei musste ich aufpassen, nicht von den Brocken erwischt zu werden. Doch schließlich schafften wir es aus dem Zimmer zu gelangen. Schnell aber rannten wir in den Thronsaal meiner Eltern. Vielleicht wussten sie was hier los war. So wie ich ankam, erschütterte sich wieder das Anwesen und ich hielt mich krampfend am Türrahmen fest um nicht wieder um zu fallen. “Mutter?! Vater?!“, rief ich nach ihnen. Doch ich bekam keine Antwort. Ich schaute mich um, wo sie sein konnten. Und da erblickte ich sie. Sie lagen auf dem Boden. So wie die Wachen, welche sich im Saal eingefunden hatten. Nach dem beben rannte ich zu meinen Eltern. Kniete mich zu ihnen herunter so dass ich ihnen auf helfen konnte. Ich nahm meine Mutter in den Arm und versuchte sie wach zu bekommen. Doch ihre Augen blieben geschlossen. So wie der Atem der still stand. Ich erkannte, was los war mit ihnen. Doch wollte ich es nicht wahr haben. Bis Ian zu mir eilte. “Mein Prinz? Es tut mir Leid...Eure Eltern...“, unterbrach er sich selbst. Wie es schien, wollte er mir das Leid ersparen und sprach den Satz nicht weiter aus. “Schon gut...Ian...“, sagte ich leise. Mein silberne glänzend weißes Haar verdeckte meine Augen, welche mit meinen Tränen bereits benetzt waren. Behutsam legte ich den toten Körper meiner Mutter, welche ich in den Arm hielt, wieder auf den Boden. So stand ich langsam auf und betrachtete noch weiter die Leichen der beiden. Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Beide waren sie tot. Weg. Für immer. Nie mehr konnte ich ihre Gesichter sehen. „Mein Prinz? Wenn ich das sagen dürfte, Eure Eltern werden immer in Euren Herzen bleiben. So lange Ihr lebt.“ , erklärte mir Ian. Ich sah den wolfartigen Lupesa an und wischte mir die Tränen mit meinem Ärmel weg. Zustimmend nickte ich. „Ja. Das hast du recht...“, murmelte ich und sah mich noch einmal um. Dort sah ich auch die Wachen, wie sie Leblos auf dem kalten Marmorboden lagen. “Was werdet Ihr tun, mein Herr?“, fragte Ian mich. “Was ich tun werde? Den jenigen Finden dem das hier zu verantworten ist. Einen Hinweis muss es doch geben“, gab ich zur Antwort. Mein Blick war eisern und stur nur eine Richtung gerichtet. Ich konnte mir denken das Ian es spürte, wie sauer und auch traurig ich war. Das einzige was ich spürte war sein warmes Fell an meiner Hand. Er schmiegte sich dicht an mich und versuchte mich so wieder zu beruhigen. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich wie er mich anblickte. “Macht Euch keinen Kopf. Wir finden den Schuldigen. Und ich werde Euch beschützen, egal was kommt mein Prinz.“ , sagte er mir. Seine Worte gaben mir Vertrauen und Geborgenheit. Nach dem wir die Leichen mit den Tüchern und Laken bedeckt hatten, machten wir beide uns auf den Weg. Wir wollten den Schuldigen finden. Alleine hier im Schloss konnten wir so ja nicht leben. Ich hatte bis auf Ian keinen, der sich wirklich um mich kümmern würde. So erfassten wir die Möglichkeit um nach draußen ins Freie zu gehen. Ich wollte zwar etwas Aufregendes erleben, doch so schnell musste es auch nicht sein. So wie wir das Schloss verließen, umfasste uns ein neuartiges Gefühl. Mit jedem Schritt, welches wir in die Richtung der Stadt wagten, kribbelte es um so mehr in meinem Körper vor Aufregung. Alles war so neu und unerforscht. Diese Welt hatte vieles, was ich noch entdecken wollte. Ian ging es wahrscheinlich in diesem Augenblick genauso. So gingen wir in die Stadt und erkundeten alles was wir nicht kannten. Wir gingen eine Straße entlang, welche mit Pferdekutschen befahren wurde und kamen an einem Marktplatz an. Er hatte alles was man sich vorstellen konnte. Von Fischständen bis hin zu Obstständen. Alles war gefüllt mit einer riesigen Masse an Menschen, welche an den Ständen einkaufte. In meinem gesamten Leben hatte ich noch nie so viele Personen je gesehen. Kapitel 2: Der Reisende ----------------------- 2. So wie ich durch die Straßen des Marktes ging, kam ich an den vielen Ständen vorbei. An einem Stand, welcher prachtvolles Gold anbot, wank mich mit ein Mann mit schwingenden Handbewegung zu sich. Ich folgte diesem Beispiel und ging langsamen Schrittes zu ihm. Der Händler war ein älterer Mann. Seine Zähne waren nicht die saubersten. Auch sein etwas längerer weißlicher Bart sah ungepflegt und rau aus. Die Augäpfel, so sah ich, waren leicht im gelben Bereich. Auch die Sachen hingen schlapp an seinem dürrem Körper herunter wie ein nasser Sack. Mit seinen langen und knochigen Fingern hielt dieser Kaufmann mir das Gold entgegen. Die feinsten Schätze. Ketten, Ohrringe, Ringe und auch Broschen. „Na mein Junge? Möchtest du etwas kaufen? Ein Geschenk für deine Mutter? Nur 200 Giro-Taler und 50 Penny“ bot er mir mit listiger Stimme an. Mir stieg sein Körpergeruch in die Nase. Da er aus ärmeren Verhältnissen kam, roch er etwas streng. Doch kannte er kein Wasser? Verwirrt sah ich zu Ian, der nur den Kopf schüttelte. In Gegenwart Fremder sprach er nicht. Nicht viele der Lupesa konnten mit den Menschen Kommunizieren. Er war einer dieser wenigen. Wieder sah ich zu dem älteren Herrn und erhob abwehrend beide Hände. „Nein danke mein Herr. Ich habe nicht genügend Geld, um Euch etwas abzukaufen“ sagte ich höflich. Von wegen kein Geld. Ich hatte immer etwas bei mir. Und davon genüge. Nur das konnte der Mann nicht sehen, worüber ich eher glücklich war. Und sagen das ich ein Prinz war wollte ich nicht. Es sollte niemand wissen. Der altväterliche Herr begutachtete mich und sah auf einmal zu Ian hinunter. Plötzlich weiteten sich seine Augen und funkelten mit einmal wie das Gold, welches er anbot. „Mein Junge. Du hast aber einen schönen Lupesa bei dir. Sein rötliches Fell schimmert wie die Abendsonne. Und die Augen sind so blau wie das Eis“ schwärmte er. Dabei kam er mit seinen gierigen und klapprigen Händen Ian etwas näher. „Ich würde ihn auch tauschen“ fügte er noch hinzu. Ich sah ihn an und blickte zu Ian hinunter. So sah ich, wie dieser schon die Lefzen nach oben zog, seinen Schweif einkniff, die Ohren flach anlegte und ein abwehrendes Knurren von sich gab. “Tut mir leid werter Herr. Aber er steht nicht zum Verkauf und wird auch nicht getauscht.“, sagte ich. Enttäuschend seufzte der Mann und ließ nur noch ein mürrisches Gesicht für mich übrig. “Dann verschwinde. Ich habe nichts für dich zum Verkauf“ gab er mir nur zu verstehen. Doch ich war neugierig geworden. Was hatte seine anhimmeln zu bedeuten? Ich wollte es wissen und blieb eisern stehen. „Warum waren Sie aber so interessiert an ihm? Ist er was besonderes?“ fragte ich. Der Verkäufer, welcher hinter seinem Stand lümmelnd saß, sich mit dem Ellebogen auf die Auslegefläche stützte und desinteressiert seine dreckigen Nägel betrachtete sah nicht einmal zu mir. Es wirkte, als hatte er mich nicht gehört. Doch ließ ich nicht locker und kam näher an ihn heran. “Hey! Ich habe Ihnen höflich eine Frage gestellt! Und erwarte zu Rechtens eine Antwort auf diese!“, sagte ich erzürnt. Nun zündete er sich seine Pfeife an und ignorierte mich erneut. Was bildete er sich eigentlich ein? Wieso antwortete er mir nicht? Wieso verschwende ich dann noch meine Zeit und wartete auf eine Antwort des Mannes? Dieser würde mich eh nicht mehr beachten. “Komm Ian! Wir gehen!“, sagte ich ihm und wandte mich um und machte einen Schritt. Ich schloss die Augen, da ich mich beleidigt fühlte und hielt meine Nase etwas in die Höhe. Mag sein das dies arrogant wirkte, doch ich war stinksauer auf ihn. Doch mein Weg endete schon nach dem Zweiten Schritt, den ich tat. Mein Gesicht presste sich plötzlich an einen warmen Körper und dessen weiches, baumwollenes Gewandt. Verwirrt sah ich nach oben, gegen was ich so eben lief. Es war ein junger Mann. Sein mittellanges Haar war Rabenschwarz und hatte einen bläulichen Schimmer hing an der Seite soweit herunter, dass es den rechten Teil des Gesichtes verdeckt. Dass dadurch eine Augenklappe kaschiert werden sollte, ahnte ich mehr, als ich es deutlich erkennen konnte, doch was sie verbarg, machte mich schrecklich neugierig. Mit seinen leuchtend grünschimmernden Auge sah er mich kurz mit einem ruhigen Lächeln an und sah dann zum Verkäufer, von dem ich gerade kam. Verwundert sah ich dem Junggesellen nach. “Neamus! Du altes, mieses Schlitzohr!“, rief dieser lachend. Der besagte sprang auf und grüßte den mir Unbekannten. Wenn ich es so betrachte war er ein Reisender. „Nevan? Bist du es wirklich?“, fragte der alte ungläubig. Wie es schien kannten sich die beiden sehr gut. Ian und ich blieben noch stehen und betrachteten dieses kleine Schauspiel. “Wolltest wohl wieder jemanden über das Ohr hauen was? Du weist doch genau das dieser Plunder nichts Wert ist.“ Der alte Mann mit dem Namen Neamus nahm den ganzen Schmuck an sich und sah den jungen Reisenden an. „Du weist das es alles ist was ich habe“ “Ja ich weis. Nur solltest du dir gewiss sein, wem du den Schrott verkaufst. Und ein Lupesa dieser Art ist mindestens eine halbe Million Giro-Taler wert“ Als ich die Summe hörte wurde mir angst und bange. So viel war mein Ian wert? Ich konnte es nicht fassen, dass dieser Opa mich bald betrogen hätte. So wie ich wieder zu mir kam schüttelte ich leicht den Kopf hin und her. “Alles ok, mein Herr?“ hörte ich die Frage. Sie stammte von Ian, zu dem ich auch dann hinunter sah. „Ja. Nur bei den Zahlen wurde mir etwas schlecht. Es geht schon wieder, danke Ian“, antwortete ich. So lief ich ruhig zu beiden und lauschte wieder dessen Gespräche. Als ich den Mund aufmachen wollte, um dem großväterlichen Mann meine Meinung sagen wollte, wurde ich auch schon von Nevan abgehalten überhaupt etwas zu sagen. „Neamus? Ich muss mich für ihn entschuldigen. Er kann ja so ungestüm sein“ sagte er mit einem gespielten Lächeln. “Du kennst ihn, Nevan?“ „Ja. Er ist mein kleiner Cousin dritten Grades“ „Warum sagst du das nicht gleich?“ “Du hast nicht danach gefragt, alter Neamus“ Skeptisch sah er ihn an und lächelte. Jetzt konnte ich sogar eine Zahnlücke in diesem Schandmaul erkennen. Kurz bevor ich protestieren wollte, was diese Familienangelegenheit anging, hielt mir Nevan den Mund zu. Warum tat er das? Ich kannte diesen Mann doch gar nicht, so wie er mich nicht. Also, was sollte das alles? „Also, dann Neamus. Wir müssen langsam gehen“ meinte er und schob mich fort und um die Ecke in eine Gasse hinein. Ich verschränkte stur meine Arme und sah ihn mürrisch an. „Hey, Sorry Kleiner. Sei nicht sauer. Ich gebe dir und deinem Freund da was zu essen aus“, schlug er mir vor, nur um mich milde zu stimmen. „Nein danke, kein Bedarf“, sagte ich und drehte beleidigt meinen Kopf weg. Fort an war ein lautes Magenknurren zu hören. Es kam aus der Richtung meines wölfischen Partners. „Ian du Verräter!“, knurrte ich. Er sah mich nur mit unschuldiger Miene an. “Verzeiht. Doch Ihr wisst das wir seid heute Morgen keinen Bissen zu uns nahmen“, entschuldigte er sich höflichst. Ich wollte gerade etwas sagen, als auch mein Magen anfing zu knurren. Darauf hin lachte Nevan schallend. „Mein Prinz, Ihr braucht Euch nicht zu grämen“, sagte er und wischte sich die Träne weg, welche er durch das Lachen bekam. Wir beide sahen ihn mit großen Augen an. “Woher wisst Ihr das?“ “Nun...sagen wir es so. Eure Aussprache, Euer Aussehen und auch die Kleidung haben Euch verraten. Noch dazu habt ihr ein edles Tier, wie diesen Lupesa bei Euch. Und wahrlich nur die Adligen besitzen meist so ein Tier. Wenn es einem Bauern nicht gerade zu lief. Aber aus sicherer Quelle kann ich behaupten, dass ein rötlicher Lupesa zu den Königen dieses Landes gehört.“ Erklärte Nevan. Ian sah ihn an und neigte seinen Kopf etwas nach vorn, um ihn besser mustern zu können. „Ihr seid sehr schlau. Doch von wem habt Ihr diese Quelle?“ fragte er. „Nun, wie ich bereits sagte. Eine sichere Quelle die sich Bauer nennt. Dieser stammt aus dem Land hier. Da ich Reisender bin, fragte ich nach dem Reich hier und erwähnte Euch, Lupesa. Er meinte, dass Ihr zurecht ein edles Tier seid und Tag und Nacht den Prinzen dieses Landes bewacht“ erzählte er. Wieder lächelte er so seltsam. Es sah freundlich, vertraut und höflich aus. Auch etwas hinterhältiges deutete ich daraus. “Ich würde dennoch erfahren warum er so über Ian schwärmte“ fragte ich den Mann gerade heraus. Nevan sah mich ruhig an und setzte sich auf eine hölzerne Kiste. „Warum? Das ist eine gute Frage. Wie Ihr selbst seht, ist er ein edles Tier.“, fing er an. Mit einem nicken bejahte ich dies und setzte mich auf eine stählernes Rohr. Auch Ian setzte sich um Nevan zu lauschen. “Eure Eltern wählten Ian nicht aus, um Euch einen Freund zu geben, sondern um Euch vor Gefahren zu schützen. Als er noch ein Welpe war, wusste noch niemand was er konnte, doch die Elterntiere waren beachtlich. So fiel die Wahl auf ihn. Denn Ihr, mein Prinz, habt eine Aufgabe“, fuhr er fort. Meine Blicke fragten ihn, was ich wohl für eine Aufgabe hätte. Doch stellte ich sie nicht. „Aber dies müsst ihr selbst heraus finden, mein junger Prinz“, meinte er mit seinem Lächeln. Wahrscheinlich las er diese Frage aus meinen Augen heraus, da diese mehr als offensichtlich war. Wie gemein. Es machte mich um so neugieriger. “Wenn Ihr wollt und es auch wünscht, werde ich Euch gern dabei begleiten, Eure Aufgabe zu finden.“ Ich schaute zu Boden und dachte nach. Vielleicht könnte er mir wirklich helfen. Alleine mit Ian war ich zwar auch sehr gut aufgehoben, doch ein weiterer Weggefährte wäre sichtlich besser. Aber konnte man ihm trauen? Ich sah Ian unsicher an. “Entscheidet. Ich stehe Euch immer zur Seite mein Herr“ „Darf ich Euch aber eine Frage stellen?“, fragte Nevan mich höflich. „Ja. Fragt, was Ihr wissen wollt“ „Gut. Vielen Dank. Ich würde gern wissen, warum Ihr als Prinz außerhalb des Schlosses, Eurem Heim, seid“ Etwas geschockt war ich von der Frage schon. So wusste ich schon mal, dass er es nicht war oder gar mit dem Schuldigen zusammen hing. „Wir wurden heute Morgen angegriffen. Meine Eltern starben dabei. Viele Wachen ebenso.“, fing ich an. „Wir versuchen den Mörder meiner Eltern zu finden! Koste was es wolle!“ Nevan aber lächelte darauf nur sanft und erhob sich. Er verbeugte sich vor mir. „Nun denn, ich werde für Eurer leibliches Wohl sorgen und Euch dabei helfen ihn zu finden.“ Lange betrachtete ich ihn und kam zu einem Entschluss. “Gut. Aber nur eine Bedingung habe ich“ “Und die wäre, junger Prinz?“ „Behandle mich wie einen guten Freund und lasst die Förmlichkeiten. Ich möchte nicht, dass man weis wer ich bin“ So stand er wieder auf und sah mich an. „Gut. Dann sind wir von nun an zu dritt und wunderbare Reisegefährten.“ , lächelte er und reichte mir seine Hand entgegen. “Auf gute Zusammenarbeit.“, sagte er. “Auf gute Zusammenarbeit, mein Freund“ Kapitel 3: Konfrontation mit der Wildins ---------------------------------------- 3. So wie wir uns die Hände gereicht hatten, wollten wir uns nun gleich auf den Weg machen. Doch hielt mich Nevan kurzer Hand auf. „Hast du nicht etwas vergessen?“, fragte er mit einem Lächeln auf seinen Lippen. Ich sah ihn an und dachte nach. Sofort erinnerte mich mein Magen wieder daran, dass ich Hunger hatte. „Stimmt...wir wollten was essen.“, sagte ich und Ian legte die Ohren an, da auch sein Bauch sich lautstark meldete. Mit einem seufzenden Lächeln musterte er uns und nahm sein kleines Säckchen, welches an seiner Hüfte hing und kramte etwas heraus. Es war ein halbes Schwarzbrot und ein kleines Taschenmesser. Vermutlich trug er dies immer mit sich herum. Er schnitt ein paar Scheiben davon ab und verteilte sie an uns beide. “Danke.“, sagte ich freundlich und setzte mich mit der Brotscheibe auf eine Kiste, die neben einigen Rohren und anderen Unrat in der kleinen Gasse, in welcher wir uns noch aufhielten, herumstand. Auch Ian nahm das Brot dankend an. „Ich glaube, dass sollte erst mal reichen bis wir was anderes für euch gefunden haben. Das Brot was ich euch beiden gab, ist alles was ich noch bei mir hatte. Ich brauche erst wieder neuen Proviant.“, erklärte Nevan uns. Ich kaute auf dem Stück herum. Dies war nicht das Beste, aber es schmeckte gut. Auch stillte es vorerst den gröbsten Hunger. Ich und Ian brauchten nicht lang, bis das Brot verputzt war. “Nun... ich glaube wir könnten weiter gehen, oder? Die nächste kleine Stadt ist ein halber Tagesmarsch von hier entfernt.“, gab er uns zu verstehen. Ich sah ihn an und erhob mich von der Kiste. „Gut. Aber so weit ich informiert bin, liegt dort eine Hafenstadt.“, meinte ich. Mit einem Nicken von Nevans Seite aus, wusste ich, dass ich recht hatte. „Da liegst du goldrichtig, Junge. Dort werden wir unseren Proviant wieder auffüllen, dass wir über die Runden kommen. Ansonsten essen wir das, was Mutter Natur uns schenkt.“, erklärte er. Schon alleine bei dem Gedanken, etwas zu essen, was wenige Minuten vorher noch frisch und lebendig gewesen war, wurde mir schlecht. Als Prinz hatte ich bisher das Glück gehabt, dem Tier, dessen Fleisch fertig zubereitet auf meinem Teller lag, nicht vorher in die Augen gesehen haben zu müssen. Ich war ausgesprochen Tierlieb. Wahrscheinlich würde ich vor Reue und schlechtem Gewissen keinen Bissen hinunter bekommen. Ein Schauer rann über meinen Rücken und ließ mich erzittern. Nevan musste dabei nur schmunzeln. “Daran wirst du dich gewöhnen müssen, Kleiner. Aber du hast mir noch nicht deinen Namen gesagt.“, sagte er und blickte mich mit einem etwas spöttischen Ausdruck in seinen Augen an. Ich sah ihn an und sah zu Boden. Meinen Namen wollte ich ihn nicht sagen. Doch wie sollte er mich dann rufen, wenn ich weit weg war? “Mein Herr ist viel zu schüchtern. Nennt ihn wie Ihr es wünscht.“, sagte Ian. Sofort breitete sich ein breites Grinsen im Gesicht des jungen Mannes aus, was mich nichts Gutes erahnen ließ. “Ok. Ich werde deinen Namen noch herausfinden, aber bis dahin heißt du bei mir ‚Kleiner‘. Okay?“ Wie wollte er mich nennen? Kleiner? Na gut. Ich war wirklich klein im Gegensatz zu ihm, da ich ihm nur bis zu den Schultern reichte. “Ok. Dann machen wir uns mal auf den Weg, oder was meinst du, Kleiner?“, fragte er mich und betonte meinen neuen Kosenamen mit einem gemeinen Grinsen. Ich sah die Sache nicht viel anders und nickte, wobei mir Nevans Ton nicht sonderlich gefiel und auch Ian erhob sich langsam. Wir setzten uns in Bewegung, machten uns auf den Weg in die wilde Natur. Zugegeben, ein bisschen Angst hatte ich schon. Alles war neu und unbekannt, aber dennoch versprach diese neue Welt, die sich vor meinen Füßen auftat, eine so unglaubliche Vielfallt an Abenteuern, dass mein Herz schnell schlug mit jedem Schritt den ich tat. Doch kannte ich nichts. Weder die Wunder noch die Gefahren die uns früher oder später begegnen würden. „Keine Angst. Dein Lupesa und ich sind da, um dir in allem zu helfen.“, meinte Nevan mit einem sanften, brüderlichen Lächeln. Er lief zu meiner Rechten und Ian zu meiner Linken. Je näher wir dem Stadttor kamen, um so mehr pochte mein Herz vor Aufregung. Doch bevor mein Fuß die Stadtgrenze überschreiten konnte, blieb ich, wie von einer unsichtbaren Kraft gehalten, stehen. Ich starrte auf meine Füße, dann das riesige, geöffnete Tor hinauf und ein flaues Gefühl breitete sich in meiner Magengegend aus. „Was ist los Kleiner? Traust du dich nicht?“, erklang die Stimme des schwarzhaarigen Begleiters, der mit Ian schon ein Stück vorrausgelaufen war. Beide sahen mich fragend an, wunderten sich scheinbar, warum ich nicht weiter ging. „Ich war noch nie außerhalb der Stadt. Ich habe einfach nur angst.“, gab ich ihm zu verstehen. Ich konnte ihm einfach nicht in die Augen dabei sehen, da ich mich etwas schämte. Einerseits wollte ich den Schuldigen finden und zur Rechenschaft ziehen, aber andererseits hatte ich diese angst, vor dem was kam. Leicht nagte ich an meiner Unterlippe als ein seufzen an mein Ohr drang und Schritte die sich mir näherten. Kurz darauf stand Nevan vor mir und legte mir seine Hände behutsam auf meine Schultern. Ich schaute auf und sah ihn fragend an. Nevan blickte mir in die Augen und hockte sich vor mich. „Hör mir mal zu, Kleiner. Egal was da draußen sein mag und auch kommen wird, wir werden da sein. Hab keine angst. Immerhin hast du eine Aufgabe und wie du selbst sagtest, willst du den Schuldigen finden. Doch dazu musst du das nun auch durch ziehen. Verstehst du?“, erklärte er mir wieder in diesem brüderlichen Ton. Gerührt von seinen Worten spürte ich wie sich meine Augen mit Tränen füllten, welche ich allerdings versuchte schnellstmöglich weg zu blinzeln, bevor Nevan sie bemerkte. „Nevan hat recht, mein Herr. Habt keine Angst. Ihr wisst doch, dass ich immer an Eurer Seite sein werde.“, versicherte mir auch Ian. Dankend nickte ich ihm zu, ehe Nevans Stimme wieder meine Aufmerksamkeit auf sich lenkte. „Mir ist Bewusst, dass du deine Familie vermisst. Wenn du also jemanden brauchst, wir sind da.“, sagte Nevan und erhob sich wieder. „Auch wenn du eine Schulter zum Ausweinen oder ein Taschentuch brauchst, Kleiner.“, setzte er noch hinzu und sah mich wieder mit diesem hinterhältig, amüsierten Grinsen an. Er konnte es nicht lassen. „Ich bin keine Heulsuse, wenn du das damit sagen willst.“, gab ich empört zu bedenken, doch gab ich mich geschlagen und lächelte wieder. „Gut. Dann gehen wir nun gemeinsam.“, sagte ich und nahm Nevan an die Hand, was mir einen skeptischen Blick einbrachte. Ian legte ich meine andere Hand auf seinen Rücken. So machten wir zu dritt den Schritt durch die Pforte. So schlimm war es gar nicht, obwohl ich es mir ganz anders vorgestellt hatte. Ich fühlte mich leichter, freier und einfach nur so gut, dass ich beabsichtigte es laut hinaus zu rufen. Doch um meine Haltung zu bewahren, blieb ich ruhig. Gemeinsam gingen wir den Weg entlang. Bäume und Sträucher säumten den Pfad. Der Wald sah im Tageslicht wie ein märchenhafter Ort aus. Wie ein Maler, der gar zu überschwänglich mit seinen Farben hantiert hatte, malten die Sonnenstrahlen helle und dunkle Flecken auf das Satte Grün der Blätter. Durch das Geäst einer Eiche jagten sich schimpfend zwei rote Eichhörnchen und aus dem Dickicht am Boden ragte der kleine Hut eines Eichelsammlers hervor, kleine Männchen die Kobolden sehr ähnelten, aber in ihren Umgangsformen wesentlich gesitteter waren. Diese sanfte Schönheit fesselte mich und zog mich in ihren Bann. Wie ein Kind das zum ersten mal die Welt sah, von welcher es um geben war, staunte ich über die Wunder, beschaute die blauen Blüten, der Wegmalve, die ich nur aus Büchern kannte und folgte dem Flug eines Eichelhähers, der krächzend über uns dahin glitt. Ich war nicht mehr zu bremsen und stürmte darauf los, hielt nicht an. Von weitem hörte ich nur noch, wie Nevan nach mir rief, ich solle langsamer werden und Vorsichtig sein. Allerdings kam die Warnung zu spät. Im selben Augenblick rutschte ich aus und in eine Erdgrube hinein, die ich vorher nicht gesehen hatte. Ein schmerzerfülltes Stöhnen schlich sich über meine Lippen und leicht rieb ich mir die Stelle am Hinter auf die ich gefallen war. Ein jähes und tiefes Knurren ließ mich allerdings aufhorchen. Ein dunkler Schatten lag genau vor mir und schlief. Bei näherem hinsehen erkannte ich, dass es ein Tier war. Sein Fell war stoppelig und weiß. Die Ohren waren wie Hörner geformt und erschienen in einem leuchtenden Grün. Seine Vorderpfoten waren in einem pastelligen rosaton gehalten. Der lange Schweif war dünn und dessen Spitze hatte die Form eines Teufelsschwanzes. Mit grauen erkannte ich nun auch die Gattung, der dieses Tier angehörte. Ein Teufelswiesel. Ich wusste nicht viel von ihnen, nur das sie unberechenbar sein sollten. Mein Körper war steif vor Schreck und meine Beine fingen an zu zittern. Angst, ja fast Panik schnürte mir die Kehle zu. Mir erschloss sich nicht, warum mich dieses Gefühl so plötzlich überkam. Dieses seltsame Wiesel war in der Länge in etwa so groß wie ich, gut, aber es schlief, also warum überkam mich diese Angst? Gerade als ich aufstehen wollte, hörte ich eine Stimme über mir. “Hey Kleiner! Alles ok bei dir?!“ Ich erkannte Nevan und wand mein Gesicht nach oben. “Ja.“, antwortete ich ihm auf seine Frage und dämpfte aufgrund der immer noch bestehenden Gefahr eines Angriffes, durch das schlafende Tier vor mir, meine Stimme. Es lag nicht in meiner Absicht, als Mittagssnack zu enden. Mit meinem Zeigefinger zeigte ich stumm auf das Teufelswiesel und machte ein um Hilfe bittendes Gesicht. „Ach du dickes Heimatland…“, hörte ich Nevan entsetzt flüstern. Als ich in sein Gesicht sah, konnte ich erkennen, dass es nicht das erste mal war, dass er einem solchen Tier gegenüber stand. „Bleib wo du bist und rühre dich nicht vom Fleck. Versuch dich ruhig zu verhalten und wecke es wenn möglich nicht.“, sagte er mit leiser Stimme, bedacht darauf, das Raubtier vor mir nicht aus dem Schlaf zu schrecken. Dann verschwand sein Kopf aus meinem Blickfeld und wurde durch Ians ersetzt, welcher mich besorgt musterte. „Mein Herr. Habt keine Angst. Es wird alles gut. Wir werden Euch da raus holen.“, sprach Ian mir Mut zu. Was blieb mir auch anderes übrig, als hier zu verharren und zu hoffen, dass das Tier vor mir tief und fest schlief. Während ich wartete, stellte ich mir im Stillen die frage, wie die beiden es wohl anstellen wollten, mich aus dieser Grube zu befreien. Mein Blick wanderte wieder an den Rand des Erdloches und ich versuchte die Entfernung einzuschätzen. Der Rand befand sich etwa 2 Meter über mir und die Wände des Loches waren zu Steil, als dass ich einfach an ihnen hinauf klettern konnte, auch boten sie für Hände und Füße keine Vorsprünge an denen man sich abstützen oder festhalten könnte. Doch noch mehr, als die Frage meiner Flucht beschäftigte mich ein anderer Gedanke. Was sollte ich tun, wenn das Tier erwachte? Es würde in mir nichts anderes als Beute sehen. So weit ich wusste waren Teufelswiesel Fleischfresser. Ich war verloren. Seufzend war mein Kopf auf meine angezogenen Beine gesunken, als das gleichmäßige Schnaufen des Tieres sich in seinem Rhythmus änderte. Ich spürte wie sich meine Nackenhaare aufstellten und vorsichtig hob ich meinen Kopf. Die Augen, die vorher noch fest geschlossen waren, blickten nun direkt in meine, ohne dass das Tier sich bewegt hatte. Die schwarze Nase zitterte, als das Wiesel witternd die Luft prüfte und ihm mein Geruch in selbige stieg. Die raue, rosa Zunge zuckte aus dem Maul und leckte sich über die Lefzen. Ein schaudern, wie tausende Spinnen, rann über meinen Rücken und verschaffte mir eine Gänsehaut. Mein Herz pochte laut in meinen Ohren und in mir kam der seltsame Gedanke auf, dass das Tier meinen Herzschlag, genauso laut hören musste wie ich. So langsam sollten die beiden sich wirklich mal beeilen. Es war mir unbegreiflich was die beiden da oben so lange trieben. Ich wollte schreien, um Hilfe rufen, doch bekam ich keinen Ton über meine Lippen. Die stechend roten Augen des Tieres schienen mich zu hypnotisieren, während der große Kopf sich langsam hob. Wie eine Schlange, kurz vor dem Angriff, schwebte der massige Schädel über mir. Panisch folgte ich ihm, nahm jede seiner Bewegungen war, jedes zucken seiner Muskeln. Fauchend entblößte der Dämon im Pelz seine Fangzähne. Weiß und dolchartig, säumten die langen Fänge das Gebiss und zeigten mir, welcher Tod mich erwarten würde. Ich schloss die Augen und fügte mich in mein Schicksal. Ich schloss mit der Welt ab. Die beiden würden es nicht mehr rechtzeitig schaffen. Sollte nun wirklich alles vorbei sein? Jetzt wo mein Abenteuer doch erst begann? Sollte es einfach so enden? Nein! Das würde ich nicht zu lassen. Doch was konnte ich gegen es schon ausrichten? Ich war kein Krieger und meine Statur passte eher zu einem Gelehrten, als zu einem Kämpfer. Auch trug ich keinerlei Waffen bei mir, wobei ich mir nicht einmal sicher war, ob ich im Ernstfall überhaupt etwas hätte ausrichten können. Der heiße Atem des Tieres wehte mir entgegen und verbreitete den süßlichen Geruch der Verwesung, der mich kurz hart schlucken ließ. Instinktiv wich ich zurück, doch kam ich nicht weit, da ich schon nach wenigen Zentimetern die harten Wände des Loches in meinem Rücken spürte. Kurz flog mein Blick gehetzt auf die erdige Wand, spielten meine Gedanken damit, sie hinauf zu klettern, als ein harter schlag mich gegen die Brust traf und mir die Luft aus den Lungen presste. Ich schnappte nach Luft, wie ein ertrinkender, sah nach oben und bemerkte, dass mich das Tier mit seinen riesigen Pranken gegen die Wände dieses schmutzigen Grabes drückte. Der Geifer troff von seinen Fängen als es sich mir näherte. Ein Keckern erklang in seiner Kehle, das in meinen Ohren wie ein höhnisches Lachen klang. Heiß rannen mir die Tränen über die Wangen, kräftig biss ich mir auf die Lippe und schmeckte Blut. Das war‘s … So fest ich konnte, kniff ich meine Augen zu und flehte innerlich inständig nach einem schnellen Tod. Kapitel 4: Kapitel 4: Endlich Pause ----------------------------------- 4.   Ich hatte bereits mit meinem Leben abgeschlossen und sehnte mich nur noch nach einem schnellen und vor allem schmerzfreien Tod, als ein lauter Schrei mein Ohr erreichte. Ich spürte wie das Gewicht, welches auf meine Brust drückte, nachließ und ich wieder aufatmen konnte. So wie ich die Augen langsam öffnete, sah ich wie Nevan breitbeinig auf dem Rücken des Teufelswiesels zum sitzen kam. Bei sich hatte er ein Lasso, das er aus irgendwelchen grünen Pflanzenfasern zusammen gebunden haben musste.  So sah ich zu, wie er diesen Strick um das Maul des Tieres schlang und fest zu band, während besagtes Wesen, sich bäumend und bockend unter ihm wand. Doch wo war Ian? Konnte ich mich denn noch auf ihn verlassen? Er war nirgends zu sehen. Plötzlich aber sprang er über mich hin weg und hatte ebenfalls so ein Lasso in seiner Schnauze. Mit diesem umschlang er den Hals des Wiesels und zog daran. Nevan sprang kurzer Hand von dem Tier runter und machte kleine Schlaufen mit dem Rest des Fangseiles und fing somit die Hinterbeine. Mit dem von Ian tat er dasselbe und fing die Vorderläufe. Irgendwie kam ich mir in diesem Augenblick, trotz der Lebensgefahr, in der ich bis vor ein paar Sekunden noch geschwebt hatte, unnütz vor. Die beiden agierten, als würden sie ihr Leben lang nichts anderes machen. „Kleiner! Fang!“, rief Nevan auf einmal und warf irgendetwas in meine Richtung. Was sollte ich? Ich war so verträumt das ich nicht mitbekam, wie das Seil direkt in meinen geöffneten Händen landete. Im letzten Augenblick begriff ich und schloss meine Hände fest um den grünen Strick. Mit einem Ruck wurde ich nach vorn geschleudert, konnte mich aber noch abfangen und versuchte mit aller Kraft das Vieh fest zu halten. Man war das stark. „Bind es fest! Schnell!“ rief er mir wieder zu. Hektisch sah ich mich um. Wie stellte er sich das vor, wir waren hier in einem Erdloch. Doch da sah ich wie eine große Wurzel aus dem Erdreich heraus ragte. Kurzerhand strebte ich dem Gehölz entgegen und nach einigen Mühen schaffte ich es, den Strick daran zu befestigen. Keuchend sank ich zu Boden und wischte mir über die Stirn. Nach dieser kleinen Pause warf ich einen Blick zu den anderen, da ich nichts mehr von ihnen hörte. So sah ich, wie sie das Tier ruhig gestellt hatten. Es war an den Läufen gefesselt und konnte sich nicht mehr rühren. Ian kam zu mir und wedelte mit seinem Schweif. „Ein Glück es geht Euch gut.“, sagte er und schmuste mit mir wie ein kleiner Welpe. Das verwunderte mich etwas, kannte ich meinen Partner und Freund doch nicht so. In meiner Gegenwart bemühte er sich immer um einen höflichen Umgangston, was ihm allerdings ab und an misslang. „Ja. Ich bin in Ordnung. Ich danke euch beiden.“,  sagte ich lächelnd. “Das hast du gut gemacht, Kleiner. Hast ja doch ein wenig Kraft in deinen dünnen Ärmchen.“, erwähnte Nevan mit seinem typischen Grinsen und reichte mir die Hand um mir auf zu helfen. Leicht verzog ich den Mund, gab ein beleidigtes Grummeln von mir, reichte ihm aber meine Hand und blickte zu dem Wiesel. Es stimmte mich traurig, als ich sah wie es litt. Ihm mussten diese Stricke wahrscheinlich schmerzen und fast schien es mir, als wollte es mich um Verzeihung und um Hilfe bitten, ihm diese Stricke wieder abzunehmen, die es am Boden hielten. „Was wird nun aus ihm?“, fragte ich. Mir tat das Tier leid, obwohl es mir so eben das Leben rauben wollte. Aufgrund meiner Tierliebe, empfand ich denselben Schmerz wie diese Kreatur, so schien es mir. Nevan atmete tief durch und ich wandte mich mit fragenden Blicken an ihn. Er strich sich langsam und nachdenklich durch sein dunkles Haar, bis er dann zu mir schaute. „Hör zu Kleiner. Ian wird dich jetzt an einen sichereren Ort bringen. Dort werden wir unser Lager aufschlagen. Ich werde mich um das Tier und später um das Abendessen kümmern. Und was das Wiesel angeht …“ unterbrach er und machte eine kurze Pause. In dieser blickte er zu dem gebändigten Tier und sah nach ein paar Sekunden wieder zu mir. „Es wird dich von nun an nicht mehr belästigen, keine Sorge.“, fuhr er mit einem brüderlichen Lächeln fort und schickte mich, so wie Ian, sanft aber bestimmt fort. So wirklich wollte ich ihm aber nicht glauben. Was hatte er mit dem armen Ding vor? “Dann lass es wenigstens frei, wenn wir weg sind.“, sagte ich und drehte mich von Nevan weg. Ich rief nach Ian, der mich nach oben begleiteten sollte. Die kleinen Felsen, welche auf der anderen Seite des Loches hervor ragten, waren gut geeignet um hinauf zu klettern. Oben angekommen, blickte ich noch einmal zurück um nach Nevan zu sehen. Dieser winkte mir freundlich zu und lächelte mich unschuldig an, doch löste dieses in mir einen bitteren Beigeschmack aus. Still folgte ich meinem Freund und suchte mit ihm einen Ort, an dem wir sicher waren. Dies war leichter gesagt als getan. Alles was ich sah waren Bäume. Nirgends war es wirklich sicher vor Kreaturen wie der von eben. Anstatt das ich suchte, schaute ich in der Weltgeschichte herum. Die Vögel, wessen Gesang ich lauschte, saßen auf den Ästen von Bäumen, durch dessen Laub sich die Sonnenstrahlen hindurch drangen. Verträumt sah ich einen Schmetterling hinter her, als ich vor mir spürte, wie Ian zum stehen kam und ich fast über ihn stolperte. „Warum bleibst du stehen Ian?“ fragte ich den Lupesa. Dieser richtete ein Ohr zu in meine Richtung und drehte seinen Kopf anschließend zu mir. „Ich habe eine Höhle entdeckt in der wir bleiben könnten. Allerdings bin ich mir nicht sicher ob sie bewohnt ist“ . Ich glaubte den  Worten meines Freundes und folgte ihm. Es dauerte auch nicht lang und wir fanden die besagte Höhle. Der Eingang wirkte auf mich etwas suspekt und gruselig. Jedoch war eine Höhle besser als im Freien zu übernachten. Hier Draußen konnte uns so einiges anfallen, an das ich lieber nicht zu denken vermochte. So gingen wir beide hinein und erkundeten unseren neuen Unterschlupf, bis in das kleinste Detail. Innen war sie sehr geräumig und ein kleiner Gang führte weiter in das Innere der Höhle. Aus den Tiefen des Gerölls hörte ich leise und seltsam tropfende Geräusche. „Ian? Was ist das für ein Geräusch? Es klingt wie ein Wasserhahn, der tropft“ sagte ich und sah zu meinem besten Freund. „Wenn dem so ist, muss da hinten eine Tropfsteinhöhle sein. Also macht Euch keine sorgen. Es ist sicher“ versicherte der rote Lupesa mir. Ich sah noch einmal in die Dunkelheit hinein und ging wieder zum Ausgang. Mitten auf dem Weg spürte ich hinter mir etwas. Es war ein kraftvolles schnauben und prusten. Hart schluckte ich meinen Speichel die Kehle hinunter und drehte mich langsam um. Vor meinem Gesicht sah ich einen großen schwarzen Fleck. Er war feucht und hatte zwei Löcher. Dies musste wohl die Nase eines großen Tieres sein. Und ich behielt Recht. Es war ein riesiger Bär und mit dem war nicht gut Kirschen essen. Laut brüllte er mich an, dass ich vor Angst erstarrte. Die riesige Pranke des Tieres erhob sich und wollte nach mir schlagen. Doch dazu kam es nicht mehr, da Ian sich an ihr fest biss und nicht mehr los ließ. Meine Beine waren weich wie Butter und ließen mich nach hinten auf den Boden sinken. Nichts konnte ich in dem Moment ausrichten und wieder musste Ian für mich kämpfen. Knurrend versuchte er gegen den großen Bären an zu kommen, jedoch ohne merklichen Erfolg. Es war nicht so leicht, wie er sich das anscheinend dachte. Dies Aktion musste ihn wirklich an den Kräften zerren, so wie er sich ins Zeug legte. Instinktiv tastete ich den Boden ab und griff ich nach etwas auf dem Boden. Es war ein dicker Stock, welchen ich benutzen konnte um meinem Freund zu helfen. Schreiend rannte ich auf den Bären zu, welcher versuchte Ian von sich zu schütteln. Doch mein Angriffsversuch wurde unterbrochen, als plötzlich etwas spitzes sich in das Herz der Bestie bohrte. Ich blieb mitten in meiner Bewegung stehen und sah, wie Nevan vor mir stand und seinen Rücken an die Brust des Bären presste. In der einen Hand hatte er einen messerscharfen Stein, welchen er tief in das Fleisch des Tieres rammte und dessen Blut vergoss. Frech grinsend sah er mich an. „Dich kann man auch nicht alleine lassen Kleiner“  sagte er und wandte sich von dem Tier ab, welches nun nach vorn auf den Boden fiel. „Da bin ich ja noch Rechtzeitig gekommen. Auf dich muss man ja wirklich aufpassen. Schlimmer als ein Sack Flöhe“ witzelte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn, welcher an ihr herunter perlte. Beleidigt blies ich meine Wangen auf. „Was kann ich jetzt dafür, wenn dieser Bär hier drin uns überrascht?“ fragte ich Nevan, welcher gerade das Feuer anzündete. Wahrscheinlich hatte er noch in der Zwischenzeit Feuerholz gesammelt und brachte dies mit dem Fleisch gleich mit. „Nimm nicht immer alles gleich so ernst.  Komm. Wir essen und dann gehen wir schlafen. Morgen haben wir einen langen Weg vor uns“ sagte er und holte etwas Fleisch hervor. Es sah recht frisch aus. Ob es von dem Teufelswiesel stammte? Ich vermochte nicht daran zu denken. Aber ich konnte mir bei weitem gut vor stellen, was er mit dem Tier angestellt hatte. Nevan bereitete das Essen zu, während ich mich vor die warmen und lodernden Flammen setzte, um mich etwas auf zu wärmen. Es war der Übergang von Frühling zu  Sommer, dennoch war mir wirklich kalt und zitterte am ganzen Leib. Ian setzte sich zu mir und wärmte mich mit seinem warmen Pelz. Wieder ließ ich meine Finger durch das weiche Fell meines Partners gleiten. Es beruhigte mich immer, wenn mein Gemüt recht aufgewühlt war. „Ihr habt eiskalte Finger. Ist Euch nicht gut?“ fragte Ian mich plötzlich und riss mich so aus meiner Gedankenwelt. „Hm? Nein. Es ist alles in Ordnung Ian. Ich vermisse Mam und Dad nur sehr“ Ich hoffte, dass der Lupesa so beruhigt wurde. Im selben Moment legte Nevan mir seinen Umhang um die Schultern. „Der sollte dich wärmen. Nimm ihn als Decke für die Nacht. Ich bin abgehärtet genug das ich nicht friere.“ sagte er und wandte sich wieder dem Essen zu. Berührt von dieser Geste kuschelte ich mich in den Umhang hinein. Der Baumwollene Stoff lag geschmeidig an meiner Haut, das mir ein gewisses Gefühl der Geborgenheit gab. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)