Was ich fühle sprich für mich, kleine Tulpe von Raika_Miyano ================================================================================ Kapitel 2: Das Kapitel, das du für mich schriebst ------------------------------------------------- Soi hatte sich zum Schlafen hingelegt, doch ihre Augen blieben offen. Sie spürte ihren Herzschlag deutlich im Hals und ein seltsames Gefühl strömte durch ihren Körper. Etwas verleitete sie dazu dauerhaft zu lächeln. Die Shinigami hatte ewig nicht so gelächelt. Sie fühlte den Unterschied. Es war Glück. Das, was sie zu dieser Gefühlsregung brachte, war pures Glück. Soi Fon blickte zur Seite, betrachtete die drei Tulpen auf ihrem Nachttisch. „Leidenschaft. Liebe.“, murmelte Soi. Wärme stieg in ihre Wangen und färbte sie rosa. Yoruichi liebte sie. Ihre Prinzessin wollte wirklich mit ihr zusammen sein. Das Herz der Shinigami zog sich plötzlich zusammen und ein leidender Laut entfuhr ihrer Kehle. Was sollte sie jetzt tun? Geliebt zu werden, vor allem von der Einen, die sie selbst so sehr begehrte war wundervoll und hüllte sie ganz in ein Gefühl, das Soi nicht beschreiben konnte. Gleichermaßen machte es ihr Angst. In einer anderen Welt tasteten sich die silbernen Fühler des Mondes schwach durch die Wolkendecke. Weiße Flocken fielen sacht von ihr herab. Die Straßen und Dächer in Karakura Town wurden mit einer Decke aus Schnee bedeckt und die Bäume ließen unter dem kalten Gewicht die Äste hängen. Urahara Kisuke stand vor seinem Laden. Seine Sandalen waren im Schnee versunken und auf seinem Hut hatte sich ein kleiner weißer Berg gebildet. Der Mann zog seinen Mantel enger zusammen. Es war kalt und seine Füße begannen zu schmerzen, doch Kisuke wagte es nicht ins Haus zu gehen. Das Tor in die Soul Society stand seit einigen Minuten offen und jeden Augenblick sollte seine Jugendfreundin hindurchtreten. Er betete für sein eigenes Wohl darum, dass Yoruichi bekommen hatte, wonach sie sich sehnte. Allerdings war Kisuke sich nicht sicher wie die junge Captain Yoruichis Gefühle aufnehmen würde. Hundert Jahre Einsamkeit stellten keine besonders gute emotionale Verfassung dar. Er fürchtete um die Tatsache, dass Soi Fons Herz bereits verschlossen war und er fürchtete um Yoruichis. Sie hatte ihm nie Vorwürfe gemacht, denn sie sah ihn nicht als Schuldigen an. Yoruichi war damals freiwillig mit ihm und Tessai gegangen. „Ich lasse es nicht zu, dass mein bester Freund leiden muss.“ Das waren ihre Worte gewesen und Kisuke verspürte einen unterdrückten Zorn auf sich selbst. Er war es der sie über hundert Jahre hatte leiden lassen, indem der ehemalige Captain seine beste Freundin davon abgehalten hatte, bei der zu sein, die sie liebte. Auch wenn das Oberhaupt der Shihouinfamilie aus freien Stücken mitgegangen war, konnte sich der Ladenbesitzer von der Last ihrer Qualen nicht befreien. Seine Melancholie wurde durch leichte Schritte unterbrochen. Yoruichi trat durch das Tor, kam durch den Schnee auf ihn zu und fiel ihm um den Hals. „Ich bin glücklich, Kisuke.“ Lächelnd legte er die Hände auf ihren Rücken und ließ ihr die Zeit, die sie brauchte. Die Captain der 2ten Division war mit ihren Gedanken an einem anderen Ort, während eine der langatmigen Versammlungen nicht zu Ende gehen wollte. „Captain?“ Soi blickte erschrocken auf. Unohana sah sie besorgt an: „Geht es euch nicht gut Soi Fon-taichou?“ „Nein. Alles in Ordnung. Ich mache mir bloß Gedanken um das Training meiner Leute.“ Die Gesichtszüge der Älteren sowie ein paar anderer Captains klärten sich auf. Jeder von ihnen konnte die Sorge verstehen, da jedem Vize-Captain Omaeda und sein Hang zum Nichtstun bekannt war. Vor allem in den letzten drei Tagen war es äußerst schlimm geworden. Anscheinend war der fette Vize momentan auf einem Selbstbewusstseinstrip und schaffte es sogar andere Captains damit zu belästigen. Yamamoto fuhr mit den Themen fort, doch Soi hörte nicht hin. Omaeda war nur eine Ausrede gewesen, wenn auch eine ziemlich gute. Ihre Gedanken kreisten nur um eine Person und die verwirrenden Gefühle, die mit ihr einhergingen. Soi Fons erste Reaktion auf Yoruichis Liebeserklärung war gefüllt mit Euphorie und Glück gewesen, doch je mehr sie darüber nachdachte, desto unwohler fühlte sie sich. Nicht wegen ihrer Prinzessin. Das Problem stellte das Chaos in ihrem Kopf dar. Die Shinigami hatte sich all die Jahre von starken Gefühlen distanziert und war ihnen so gut wie möglich aus dem Weg gegangen. Arbeit, Pflichtgefühl und Stärke waren an deren Stelle getreten. Jetzt hatten sich die ehemaligen Emotionen in ihr geregt als wären sie niemals weg gewesen. Plötzlich waren all diese Dinge, Liebe, Wärme, Geborgenheit, der Wunsch nach Nähe, wie eine Welle über sie hereingebrochen. Sie fuhren Achterbahn in ihr und es schien abwechselnd Sommer und Winter in ihrem Innern zu herrschen. Jedes Mal wenn sie an die goldenen Augen und den karamellbraunen Körper dachte, lächelte sie wie ein Kind, die Wärme stieg in ihr auf und hüllte sie ein. Im selben Moment zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen, Übelkeit machte es sich in ihr gemütlich und sie stand den Tränen, für ihre Verhältnisse, gefährlich nahe. Die ganze Situation überforderte Soi völlig und auf eine eigenartige Weise war es ihr peinlich. Auf der einen Seite war sie es nicht gewöhnt schwache Emotionen aufkeimen zu lassen, auf der anderen brach ihr der Schweiß aus, wenn sie über die Zukunft nachdachte. Eine Beziehung mit Yoruichi bedeutete Nähe, aber nicht die Art, die sie in der Vergangenheit mit ihr geteilt hatte. Früher war sie fast dauerhaft an einem Tag in der Nähe der Shihouin gewesen und hatte es genossen. Unauffällig hatte sie sie berührt, sich dicht neben sie gestellt und hatte es ebenso provoziert, dass sie ihrerseits berührt wurde. Ein Stück hatte der Shinigami dabei immer gefehlt, doch es war eine sichere Nähe gewesen. Wenn sie jedoch eine ernsthafte Bindung mit ihr eingehen würde, würde es wohl kaum bei diesen Andeutungen bleiben. Eine Beziehung war eher… intim. Die Captain sah Unohanas besorgten Blick im Augenwinkel und ging davon aus, dass zu ihrer offensichtlichen Nervosität nun auch eine lebendige Hautfarbe im Gesicht dazu gekommen war. Sois Angst vor Intimität war eine Schwäche die die Shinigami hasste, aber an der sie nichts hätte ändern können. Sie hatte keinerlei Erfahrungswerte und sie war sich absolut sicher, Yoruichi schon. Soi Fon verspürte das Bedürfnis laut aufzuschreien und sich die Haare zu raufen, entschied sich aber aus Disziplin dagegen. Die Gelegenheit dazu würde ihr später noch gegeben werden. Kisuke lachte untypisch laut auf und zog damit die restlichen Bewohner des Hauses ins Wohnzimmer. Schmunzelnd reichte er eine kleine bunte Karte an Yoruichi weiter. „Was ist das?“ „Eine Einladung in die Soul Society für uns beide. Ich bin allerdings sicher, dass sie mehr zu deinem Vergnügen sein wird.“ Fest im Glauben, dass es sich um eine Sauf-Party bei Kuukaku handelte nahm die Shihouin die Karte in die Hand und las. Ihr Unterkiefer bewegte sich einen Spaltbreit zum Boden und ihre Lieder schlossen und öffneten sich im Sekundentakt. „Valentinsfeier?“ Sois Gesicht hatte jegliche Farbe verloren. „Ja. Es ist eine Feier in der Menschenwelt. Dabei schenkt jemand dem oder der Geliebten Schokolade, um auszudrücken, dass diese Person geliebt wird.“, erklärte Nanao mit monotoner Stimmlage, was es recht schwierig machte zu entscheiden ob sie die Idee selbst gut oder schlecht fand. „Wie romantisch!“, ertönte Rangikus Stimme, deren Blick sich nun irgendwo in einer der flauschigen Wolken am Himmel verloren hatte. Alle anderen fanden die Idee lustig oder gut, dachten sich aber nichts anderes dabei, als ein bisschen Geld in ihre Kasse zu bringen. „Ich habe auch Einladungskarten an unsere Bekanntschaften in Karakura Town gesendet. Nachdem sie uns gegen Aizen beigestanden haben dachte ich das wäre eine nette Geste. Kurosaki Ichigo und Ishida Uryuu haben bereits abgesagt. Inoue Orihime, Urahara Kisuke und Shihouin Yoruichi haben mir eine Bestätigung ihres Kommens zukommen lassen.“ Sois Herz setzte aus. Yoruichi kam in die Soul Society? Heute? Die Zeit zum Denken, die sie dringend benötigte, hatte sie noch nicht gehabt und nun kam ihre Prinzessin zu ihr. Vor allem zu so einem Brauch. Soi Fon hatte nichts für die Menschenwelt übrig, weniger noch für die Bewohner selbst, aber nun begann sie diese auch aus tiefstem Herzen zu hassen. „Wer kommt nur auf so eine verfluchte Idee?“, murmelte sie. „Soi Fon-taichou?“ Die Angesprochene schüttelte kurz den Kopf, erhob sich und verließ den Raum durch eine seltsam geformte Tür, die auf direktem Wege in Kuchiki Byakuyas Schlafzimmer führte. Soi seufzte. Kein Wunder, dass Kuchiki-taichou von der Frauenvereinigung nichts hielt. Andererseits war er es irgendwie selbst schuld, dachte die Shinigami, während sie sich kurz umsah. Rosa Bettdecke, rosa Plüschpantoffel, beigefarbener Schreibtisch und Kleiderschrank, Blüten überall, echte und gezeichnete und eine violette Tapete. Leidend starrte die Captain auf die Wand, deren Farbe sie zu sehr an die Haare ihrer großen Liebe erinnerte. Mit einem weiteren tobenden Sturm im Innern machte sie sich auf den Weg zum Trainingsplatz. Vielleicht konnte sie so ihre Gedanken sammeln und mit Logik an die Sache herantreten. Eine Dreiviertelstunde voller Schläge, Tritte und Kraftübungen war vergangen und das Chaos in Soi war geblieben. Dafür zweifelte sie nun an der Existenz ihres Verstandes. Es konnte doch wirklich nicht so schwer sein diese idiotischen Gefühle zu analysieren. Es war doch bloß eine Emotion, bloß Liebe. Verwirrung, die langsam in Verzweiflung überzugehen drohte, zwang die Schwarzhaarige dazu sich zu setzen. Sie schloss die Augen und ließ ihre Gedanken mit dem Wind treiben. Erinnerungen umschwebten ihren Geist. Wie sie Yoruichi das erste Mal gesehen hatte. Die untergehende Sonne, die sanft das gebräunte Gesicht bestrahlte. Diese Würde in ihren Zügen und, so glaubte die kleine Shaolin, ein Hauch von Traurigkeit. Die vielen Stunden des harten Trainings, bei denen Soi immer wieder an den Körper der Shihouin gelehnt war, ihr so nah gewesen war, dass sie den Geruch ihrer Haut begierig aufsaugen konnte und all die Einsätze zusammen, bei denen die zu Beschützende mehr Beschützerin war. Heute war die Captain stark genug um Yoruichi zu beschützen, das stand außer Frage. Die einzige Ungeklärtheit, die blieb - wer beschützte Soi. Das Licht der Mittagssonne fiel hell in das kleine Schlafzimmer. Glitzernde Staubpartikel schwebten im Sonnenlicht den Schatten entgegen. Aus der Dunkelheit heraus bahnte sich ein Blütenblatt im freien Fall einen Weg zu Boden. Die Intensität der tiefroten Farbe wurde durch die sanften Berührungen der warmen strahlen noch intensiver. Der Anfang eines Endes hatte sich entschieden zu beginnen. Yoruichi blickte sich neugierig auf dem Platz um. Das Gelände vor der 4. Division hatte sich in eine Art Rummelplatz verwandelt, wie sie es aus der Welt der Menschen kannte. Von Rukia hatte sie erfahren, dass diese zusammen mit Renji Informationen aus Karakura Town gesammelt hatte, um das Fest so gut wie möglich dem Original anzupassen. Anscheinend hatten sie nur nicht ganz verstanden, dass der Valentinstag eigentlich kein großes Fest war. Yoruichi störten die vielen Miniläden, in denen man Essen kaufen konnte jedenfalls nicht. „Niemals im Leben, Rukia. Nein!“ Belustigt beobachteten die goldenen Augen das Theater, welches sich ihnen bot. Rukia versuchte Ichigo, der eigentlich gar nicht kommen wollte, doch Inoues Bitten letztendlich nicht standgehalten hatte, dazu zu zwingen ein Herz um seinen Hals zu binden, um so die Veranstaltung zu unterstütze. Der Aushilfsshinigami wehrte sich halbherzig und die ehemalige Captain wusste, er würde es am Ende tragen. Entweder für die junge Kuchiki oder wegen ihrer durchaus überzeugenden Verformung ihrer Finger. Ihr Herz klopfte laut gegen ihre inneren Wände. Sie war nicht wirklich wegen dem Valentinstagfest in die Soul Society gekommen und es wurde Zeit ihr eigentliches Ziel aufzusuchen. Langsam wurde Yoruichi nervös und ihre Atmung beschleunigte sich. Grinsend startete sie ihren kleinen Spaziergang zu den Baracken der 2. Division, denn Soi Fon war unmöglich anwesend in solch einer Menschenmenge. „Taichou!“ Soi biss die Zähne zusammen und wünschte sich fort. Sie machte sich genug Sorgen und Gedanken, auch ohne Anwesenheit ihres unnützen 2. Sitzes. „Hier, für euch.“ Omaeda hielt ihr ein miserabel verpacktes Etwas vor die Nase und grinste sie an, als wäre alles Glück der Welt auf seiner Seite. „Was ist das?“, fragte sie ohne die Verpackung anzurühren. „Ein Geschenk zum Valentinstag. Es heißt man schenkt dem den man liebt etwas zu diesem Tag.“ Gefährlich pulsierende Adern traten auf dem Gesicht des Captains hervor. Der Gedanke, dass er es wagen könnte ihr ein Geburtstagsgeschenk zu machen war schon abartig und grotesk genug, aber ein Liebesgeschenk zu diesem verfluchten, von den Menschen erfundenen, Valentinstag, schaffte es auf Platz eins der widerlichsten und besonders dummen Taten Omaedas. „Nicht… ähm… dass Ihr mich falsch versteht, Taichou. Ich schenke euch das… ähm… als Vize-Captain. Zum Valentinstag, weil ihr ein… ähm… toller Captain seid. Ich könnte mich doch nie in euch verlieben.“ Der Tritt traf Omaeda direkt in der Magengrube. Mit einem leicht widerhallenden Geräusch flog der massige Körper durch die Luft und brach durch die Wand eines Gebäudes. „Könntest dich nie in mich verlieben, was?“, funkelte Soi zornig das Loch an, in dem ihr Vize verschwunden war. „Nicht, lieben.“ Ihr Gesichtsausdruck wurde traurig. Eine grausame Kälte legte sich auf ihr Herz und sie begann leicht zu zittern. Verwirrt blickte sie auf ihre Hände. Warum? Warum bebte ihr Körper? Warum fühlte sie sich als würde sie innerlich erfrieren? Konnten Gefühle so etwas bewirken? Waren ihre Ängste wirklich dazu in der Lage sie physisch so sehr zu beeinträchtigen? Soi hasste diesen Zustand. Hasste sich selbst dafür, dass sie sich so undiszipliniert verhielt. Die Verzweiflung, welche sie seit dem Morgen zurückgehalten hatte, brach durch ihre Wälle und bahnte sich in Tränen einen Weg ins Freie. Die Captain der 2. Division, Vorbild an Stärke und Disziplin saß mit angezogenen Knien, weinend auf dem Trainingsgelände ihrer Einheit. Erschlagen von Emotionen, die sie nicht verstehen konnte, vom Leben überwältigt. Sie konnte sich nicht wehren, denn es gab keinen Feind, den sie besiegen konnte, keine Strategie, die sie anwenden konnte. Es war in ihr und sie verstand es nicht und das Gefühl nicht dagegen anzukommen brach die Schutzschilde der jungen Captain, ließ sie verzweifelt und verwirrt zurück. Eröffnete einen Kampf zwischen dem Willen zu sein und der Angst zu leben. Als sich die Sonne allmählich in die Umarmung der Erde begab, veränderte sich auch ihr Blick auf die Welt. Ihre Arme wanderten nach oben, tasteten die Gebäude und Dinge in einem anderen Winkel ab, um sich eine Erinnerung zu bewahren an das Leben der Individuen, welche sie täglich in ihre Obhut nahm, solange bis der glühende Stern am nächsten Tag erneut sein Licht um das Leben hüllen würde. Ihre Wärme fiel auf eine Vase, in der sich drei Blumen befanden. Die Sonne schickte all die Geborgenheit, die sie für das kleine Lebewesen aufbringen konnte, an die rote Tulpe, deren Ende sich in den bräunlich verfaulten Stellen widerspiegelte. Mit dem letzten Strahl des Sterns würde auch die letzte leuchtende Stelle dieser Pflanze vergehen und mit ihnen die letzte Hoffnung einer Frau, deren einziger Wunsch es war in vollen Zügen, ohne Einschränkung, lieben zu dürfen. Während sich Soi schluchzend auf den Händen abstützte, den feuchten Blick auf das abgeknickte Gras gerichtet, mischte sich ein anderes Reiatsu gefährlich nah zu ihrem. Die Shinigami spürte es. Eine Panik, die sie nie zuvor gekannt hatte, machte sich in ihr breit. Sie wollte aufstehen und weglaufen. Vor ihr, vor dem was sie ihr bedeutete, aber vor allem vor sich selbst. Aufstehen und rennen, solange bis sie ihre Füße nicht mehr trugen. Bis all das, was sie so tief in sich fühlte nicht mehr war, als ein wirres Schnattern in ihrem Kopf. Doch ihre Beine bewegten sich nicht und ihre Arme blieben steif an den Stellen, an denen sie seit Stunden verharrten. „Soi?“ Die Besorgnis in der Stimme war kaum zu überhören, ebenso wenig wie die Verwirrung. Mit langsamen Schritten kam das Oberhaupt der Shihouin näher. Die Jüngere spürte ihren Herzschlag im Hals. Viel zu schnell, unrhythmisch, voller Angst, spielte es die Melodie der Furcht und Verzweiflung. Yoruichi kniete sich neben sie und legte ihre Hand auf den hellen Rücken: „Soi? Was hast du?“ Verschwommen suchten die silbergrauen Augen das Gesicht, das sie so sehr liebte. Die goldenen Augen waren voller Sorge und die tiefen Falten auf der karamellbraunen Stirn passten nicht zu dem sonst so sorglosen Gesicht. „Sprich doch mit mir, bitte. Was ist passiert?“ Eine warme Hand schob sich auf Soi Fons rechte Wange und ihr Kopf schmiegte sich eng gegen die Hitze. Yoruichi legte die Hände auf den Rücken der Jüngeren und bettete deren Kopf auf ihrer Schulter. Sois Augen weiteten sich. Mehr Gefühle, die sie nicht verstand brachen durch ihren Körper und raubten ihr den Verstand. Das Zittern legte sich erneut über sie und die Ältere verstärkte ihre Umarmung. Ohne einen wirklichen Gedanken fassen zu können, lag sie in den zärtlichen Armen ihrer Prinzessin, den Kopf gegen deren Nacken gelehnt und weinte. Mehr als sie jemals geweint hatte, wegen etwas, das sie nicht verstand. Ein kleiner salziger Bach bildete sich an dem karamellbraunen Hals und wanderte über die Kuhle im Hals weiter nach unten. Yoruichi bemerkte von alledem nichts. Verwirrt hielt sie Soi in den Armen und blickte leer auf einen Punkt im Wald. Die Bäume wehten leicht im Abendwind und die Sonne hatte ihre Position am Himmel aufgegeben und dem silbernen Licht des Mondes Platz gemacht. Die Sterne funkelten auf die Welt hinunter, doch die Prinzessin hatte keine Verwendung für diese Schönheit. Tief im Innern wusste sie, dass das was hier passierte ihre Schuld war. Nein, es war keine Schuld, aber doch war sie der Auslöser für das Häufchen Elend, welches sich gegen ihren Körper presste. Eine leise Vorahnung ließ ihre Muskeln verkrampfen und bahnte sich einen Weg in ihr Herz. Eine Stimme in ihrem Kopf schrie verzweifelt und versuchte sie davon zu überzeugen alles zu tun, um diesen Verdacht zu beseitigen, doch Yoruichi rang sie mühsam nieder. Sie würde Soi nicht dazu zwingen mit ihr zu sein. Egal, aus welchen Gründen auch immer sie es nicht wollte oder konnte. „Es tut mir Leid.“ Gebrochen drangen die Worte an ihr Ohr. Ihre Kiefer pressten sich aufeinander. Die Captain der 2. Division löste sich mit einem tiefen Widerwillen von Yoruichis Hals und blickte in die goldenen Augen, die jeglichen Glanz in den letzten Minuten verloren hatten. Auch war nichts mehr von dem Lächeln, welches sie so liebte übrig geblieben. Sorge und Angst waren alles, was ihr Gesicht spiegelte. „Ich kann das nicht. Ich versteh es nicht, ich kann damit nicht umgehen. So viele Fragen. So viel… Angst. Ich kann es nicht einmal erklären.“ Ein kleiner Teil, ein anderes Ich von Soi stand neben der Situation und beobachtete sich selbst. Sie war so schwach. Alles was sie sagte, wie sie sich verhielt, es passte einfach nicht zu ihr, als wäre sie jemand anderes. Die Gefühle in ihr verwirrten ihren Kopf und schwächten ihren Körper. Eine neue Art von Angst lag deutlich auf ihren sonst so harten Zügen. Der Kummer, den dieses eigentlich so schöne und warme Gefühl mit sich gebracht hatte, lag auf ihrer Seele und erdrückte sie. „Ich weiß nicht was mit mir ist… Yoruichi.“ Flehend blickten die silbergrauen Augen auf der Suche nach einer Antwort. Die ehemalige Captain legte ihr eine Hand auf die schwarzen Haare und versuchte beruhigend zu lächeln, was ihr kläglich misslang. „Du bist verwirrt. Die Gefühle sind neu, du kannst damit noch nicht umgehen, aber du wirst es lernen. Ich werde dir helfen. Zusammen können wir…“ Ihr Gegenüber schüttelte den Kopf und unterbrach die Prinzessin. „Ich kann nicht.“ Das äußere Ich Sois ging in die Knie und blickte verzweifelt auf ihr anderes Sein. Blickte auf jemand den sie nicht kannte. Soi Fon wusste nicht, warum sie sich so verhielt, warum sie nicht versuchte glücklich mit Yoruichi zu sein, warum sie ihre Angst nicht überwinden konnte, aber noch sehr deutlicher fühlte sie, dass sie gar nicht verstand, wovor sie eigentlich die meiste Angst hatte. Die Tränen standen in den goldenen Augen und der Körper ihrer Besitzerin bebte leicht doch ihr Kopf war still und klar. Sie verstand warum die die sie liebte völlig verzweifelt vor ihr kniete, die Augen gerötet, der starke Körper ausgelaugt. Gefühle wie jetzt hatte die junge Shinigami noch nie in ihrem Leben gehabt. Natürlich hatte sie sie zuvor auch geliebt, aber es war doch etwas anderes auch gegenseitige Liebe zu erfahren. Die sonst so harte Captain hatte diese Welle von Emotionen nicht überstanden, nicht verstanden. So viele Jahre hatte sie alles Gefühlvolle abgeblockt und nun kam etwas so intensives einfach über sie. „Soi.“ Sanft schwebte ihre Stimme zu der Schwarzhaarigen hinüber, doch deren Blick blieb auf den Boden gerichtet. „Sieh mich an.“ Ihre Hände legten sich auf die Wangen ihrer Gegenüber und hoben ihr Gesicht leicht an. „Ich verstehe dich. Ich würde dir zu gerne helfen. Dir helfen deine Gefühle zu verstehen und zu akzeptieren. Ich weiß auch, dass das für dich schwer ist, dich zu öffnen und mir das Vertrauen zu schenken, dass du niemals jemandem mehr geben wolltest. Ich möchte hier bleiben, bei dir sein, aber ich weiß du willst, dass ich gehe. Weil ich muss, damit du verstehen kannst. Zu wissen, dass du mich liebst, bedeutet mir alles, aber zu wissen, dass du meinetwegen leiden musst, zerreißt etwas in mir. Deswegen werde ich gehen. Ich werde im Mondlicht warten, sowie ich nun im Mondlicht gehe. Jeden Tag darauf wartend, dass du dich entscheidest, denn ich weiß zum Glück, dass deine Entscheidung noch nicht gefallen ist. Das ist das Kapitel, das du für mich schriebst. Bitte schlag es nicht zu, bitte hör nicht auf darin zu schreiben, bitte hab keine Angst davor zu fühlen. Mein Herz gehört dir und ich werde da sein, wenn ich es soll.“ Binnen eines Augenblicks war Yoruichi verschwunden. Ihre Worte kreisten in Sois Gedanken und machten es ihr schwer zu atmen. Erneut brach die Shinigami in Tränen aus. Flach streckte sich ihr Körper über dem kühlen Gras aus und bettete sie in der Ruhe und Geborgenheit der Nacht. Das Mondlicht fiel über die Soul Society. Vereinzelnd saßen ein paar Shinigami um die aufgebauten Tische der Valentinstags-Feier und unterhielten sich. Urahara Kisuke bewegte sich voller Sorge auf eine dunkle Gasse zu. Das Schluchzen war unterdrückt, doch er hatte es gehört. Sein Herz hatte sich dabei verkrampft und sein jungenhaftes Grinsen war verschwunden. Seine beste Freundin saß mit tief hängenden Schultern in den Schatten und weinte leise. Er setzte sich neben sie und legte einen Arm um ihre Schultern. Ihr Körper fiel gegen seinen Oberkörper. Dazu bereit ihr Leid zu offenbaren. An einem anderen Ort betastete das Mondlicht sanft eine Tulpenknospe. Noch jung und zart wuchs sie in die Welt bestrebt ihren Zweck zu erfüllen und ihrem Sinn zu dienen. Bald schon würde sie ihren stolzen Kopf heben und in voller Blüte den kleinen Garten unter Captain Soi Fons Schlafzimmerfenster zieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)