Die Geflügelte Schlange - Aufstieg von Erzsebet (* * make love, not war * * - Teil 1) ================================================================================ 3. Nächtliche Gedanken (jugendfrei) ----------------------------------- Überrascht registrierte Nefut den Anstieg einer gewissen freudigen Erregung, als er von ferne die umfangreichen Kamelherden an den Tränken sah, die dieser Oase ihren Namen gegeben hatten. Wie üblich suchten Ashans Männer nach dem mehr als einen Tag dauernden Weg die östliche Karavanserei der Kameloase auf, zahlten ein paar Tar für die Besorgung der Briefe und mieteten sich ein Zimmer in dem um einige Innenhöfe gebauten, weiß gekalkten Gebäude. Durch Ashans Geschäfte in den letzten Jahren waren sie schon als gut zahlende Gäste bekannt, der Wirt brachte ihnen persönlich Wasser, Brot und frisches Obst und geleitete sie in den Raum, in dem sie gewöhnlich wohnten, wenn sie die Lösegelder eintrieben. Seit Nefuts letztem Besuch in der Kameloase waren die Wände offensichtlich frisch gestrichen, denn von den Lehmziegeln der Mauern war unter dem Anstrich aus weißen, roten und braunen Farbflächen, der an die geometrischen Stammesmuster erinnerte, diesmal nichts zu sehen. Auch auf den vier Liegen lagen frische Strohmatratzen, außerdem einige Decken und Kissen in Osheymachart. Sie standen an den gewohnten Plätzen, so daß Nefut seine Taschen gleich auf seinen bevorzugten Schlafplatz nahe dem Fenster legte. Einen Moment überlegte er, ob sein Wunsch nach einer vernünftigen Mahlzeit stärker war als der nach einem Treffen mit Serah, aber er würde ja noch einige Nächte in der Kameloase verbringen. "Laßt uns etwas essen", schlug er daher vor. Farhan seufzte. "Ich habe meinem Bruder gegenüber jedes Mal ein schlechtes Gewissen wenn ich hier schlemme während er..." Farhan mußte gar nicht weitersprechen, damit die anderen ihn verstanden. Auch sie mußten sich ja in Ashans Diensten gewöhnlich mit den aus Trockenfrüchten hergestellten Mahlzeiten begnügen, ohne frisches Fleisch, ohne frisches Obst oder Gemüse, außer wenn überraschenderweise in einer Karawane einmal Lebensmittel dieser Art erbeutet werden konnten. Solche Beutestücke wurde jedoch von Ashan einbehalten und nur von seinem Koch verarbeitet. Die Unterführer und Schreiber wurden zwar eher zu einer Mahlzeit geladen, als die gewöhnlichen Gefolgsleute, zu denen Farhans Bruder Nefut gehörte, aber abgesehen von Ashans Günstlingen wie Terhan kamen nur wenige wirklich oft in den Genuß. "Dann bring deinem kleinen Bruder etwas mit, wenn wir heimreisen", schlug Terhan vor. "Jetzt laß uns essen gehen, ich habe auch Hunger." * Nachdem sie den Abend ihrer Ankunft mit einem ausgedehnten Mahl verbracht hatten, für das sie fast die Hälfte ihrer vorhandenen Mittel ausgeben mußten, schliefen sie am nächsten Tag lange. Nefut erwachte erst kurz vor dem Mittag, aber dennoch vor Farhan und Terhan, und nutzte die Gelegenheit, in Gesellschaft seiner schnarchenden Mitschreiber das Schwert des jugendlichen Darashy ungestört zu betrachten. Im Sonnenlicht das durch das Fenster zum Innenhof schien erkannte Nefut, daß der schwarze Lack am schmucklosen Heft durch häufigen Gebrauch schon so dünn war, daß die Holzmaserung hindurchschimmerte. Selbst konnte der junge Mann wohl noch nicht für diesen Verschleiß der Lackierung gesorgt haben, es war also ein Erbstück. Nefut zog das Schwert blank und betrachtete das Schmiedezeichen aus zwei ineinander verschlungenen Schlangen, dann das eigentümliche, fast wie Schuppen wirkende Muster, das sich durch den Schmiedeprozess aus weichem Eisen und hartem Stahl über die ganze Länge der Klinge zog. Nefut kam dieses spezielle Muster bekannt vor. Er vermutete, daß er dieses Schwert schon einmal als Jüngling gesehen hatte, vielleicht während sein Vater es schmiedete. Immerhin war er eine kurze Weile sein Lehrling gewesen. Doch dann mußte Nefut unwillkührlich daran denken, was seine Zeit als Schmiedelehrling beendet hatte, und er verbot sich, die Gedanken weiter schweifen zu lassen. Er verstaute das Schwert wieder in seinem Gepäck, schwang sich durch das Fenster in den Innenhof und machte seine morgendlichen Waffenübungen. Danach wusch er sich und stutzte seinen Bart und kehrte in das Zimmer zurück, wo Terhan und Farhan noch immer schliefen. Also begann er, zum Zeitvertreib in den Schriften zu lesen. Wenig später erwachte Terhan und dann auch Farhan und es war nicht mehr ans Lesen zu denken. Unentwegt plapperte der Farhan, erzählte, daß er mit seinem Anteil an diesem Überfall nun endlich Ashans Bande verlassen könne, um sich mit seinem Bruder in einer Oase niederzulassen, sich eine hübsche Frau zu suchen und als Schreiber und Schriftgelehrter zu arbeiten. Terhan schüttelte dazu nur grinsend seinen Kopf. "Du wirst dich langweilen", prophezeihte er dem jungen Mann. "Aber nein. Ich freue mich schon darauf, nie wieder ein Schwert, sondern allenfalls ein Federmesser zur Hand nehmen zu müssen", erklärte Farhan. "Und ich werde die Kindern der Bauern unterrichten und ihnen den Wahren Weg näher bringen können." Terhan wünschte sich natürlich keine andere Zukunft als ein Leben bei den Stammeslosen, denn er stand wie kein anderer der Unterführer in Ashans Gunst. Es galt als sicher, daß er einmal die Führung über die Stammeslosen übernehmen würde, wenn Ashan sein Amt niederlegte. Und für Nefut gab es keine andere Zukunft, als in Ashans Diensten zu sterben. Er konnte nur versuchen, bis dahin die wenigen Annehmlichkeiten die sich ihm boten zu genießen. Also entschuldigte Nefut sich und ging, um Serah einen Besuch abzustatten. * Serah war noch mit ihrem Tagwerk als Tochter eines Gemüsebauern beschäftigt. Nefut packte mit an und genoß die Arbeit fast so sehr wie seine Waffenübungen. Es war sehr entspannend, sich in ihrer Gegenwart einfach nur als Mann zu fühlen, nicht als verstoßener Prinz, oder Stammesloser, oder verantwortlicher Unterführer. Serah wußte natürlich, daß Nefut in der Oase gewöhnlich auf Lösegeldzahlungen für gefangene Reisende und kostbare Waren wartete, aber sie bestärkte ihren Vater erfolgreich in der Meinung, daß Nefut ein reicher Müßiggänger sei, den es eben gelegentlich in die Kameloase verschlug, vor allem da Nefut ihr jedes Mal ein Schmuckstück oder etwas Geld aus seinem Anteil der Beute mitbrachte um sich ihre Freundlichkeit zu erhalten. Am Abend bereitete Serah ihm ein wunderbar heißes Bad in einem großen Holzbottich. Sie half Nefut, sich zu entkleiden, begleitete den Weg ihrer Hände über seinen Körper mit Küssen auf seine Brust und seinen Rücken, streichelte sehr begehrlich auch sein Gesäß, so daß er endlich auf ihre Liebkosungen einging, sie ebenfalls küßte und in das Badewasser stieg. "Laß mich dich waschen", flüsterte sie neben seinem Ohr, strich mit ihren Fingern zärtlich durch sein Brusthaar, und Nefut ließ es sich gefallen, daß ihre sanften Hände trotz der Entspannung durch das heiße Wasser lüsterne Hitze in seinen Adern weckten. Nefut merkte, wie die Göttin nach ihm griff und er konnte kaum an sich halten, Serah nicht einfach zu sich in den Bottich zu ziehen, um sich Befriedigung zu verschaffen. Aber Serah erkannte wohl, wie es um ihn stand, denn schließlich hielt sie inne und reichte ihm die Hand, damit er aus dem Wasser steigen konnte. Mit wenigen Handgriffen entkleidetet sie sich und zog ihn mit sich auf eine Liege in die Ecke des Raumes. Unvermutet knarrte das Holz der Liege und Nefut wünschte sich für einen Moment das direkt auf dem Erdboden bereitete Deckenlager einer Osheyfrau. Aber immerhin war Serah jung und hübsch, und angesichts ihrer honigfarbenen Haut und der schwarzen Haare konnte Nefut sich sogar der Illusion hingeben, sie sei eine Oshey, auch wenn sie sich ihre Augenlider natürlich nicht mit der Schwarzen Tinte schminkte. Begleitet von einem Kuß, der aus der momentanen Gier, sie mit allen Sinnen zu spüren, geboren war, nahm Nefut endlich die Frau und pflichtbewußt liebkoste er danach Serahs Schoß mit der Hand, bis auch sie endlich die Göttin erkannte. Als Serah sich in seinem Arm entspannte, schloß Nefut zufrieden die Augen, genoß die Schwere seiner Glieder, die Erschöpfung nach der körperlichen Betätigung. Er duldete auch, daß sie sich an ihn schmiegte, ihre Küsse an seinen Hals und sein Kinn, begann sogar schließlich, ihr langes Haar zu kraulen. "Nefut", flüsterte sie plötzlich, "wieso nimmst du diesmal nicht einfach das Geld und bleibst bei mir? Du könntest mich heiraten, mich zu einer ehrlichen Frau machen und Söhne..." "Wie kommst du denn auf eine solche Idee?" fuhr Nefut auf, ebenso erschüttert über den Vorschlag, wie über Serahs plötzlichen Versuch, ihn zu vereinnahmen. "Ich kann doch nicht das Geld unterschlagen, ich bin kein Bandit!" "Doch, genau das bist du", beharrte Serah, "ein Mann aus einer Bande von stammeslosen Menschenräubern. Da kann ich dich doch nur 'Bandit' nennen." Nefut war ein Stammesloser, zugegeben, und der Weg zurück war ihm verwehrt. Aber er folgte weiterhin dem Wahren Weg, sorgte für seine Leute, gehorchte seinem Anführer und beachtete die Gebote der Weisen und Heiligen im Umgang mit Göttern und Menschen. Eine Oshey hätte den Vorschlag mit der Unterschlagung niemals gemacht. Wie konnte Serah erwarten, daß Nefut auf soetwas einging? Niemals würde er es auch nur erwägen - zumindest nicht seit Hamarem ihm geholfen hatte, den Rest seiner Würde wiederzufinden. Nefut sah aus dem Lichtschein der Lampe hinauf zu der im Dunkel verschwundene Zimmerdecke. Wäre vor gut zwei Jahren nicht Hamarem zu den Stammeslosen um Ashan gestoßen, wäre Nefut auf Serahs Vorschlag vielleicht sogar eingegangen, hätte mit ihr angefangen zu planen, wie er Terhan und Farhan und der Rache Ashans mit dem Geld entkommen konnte. Damals war er kurz davor gewesen, sich dem Verfall der Sitten in Ashans Bande hinzugeben. Nur wenige von Ashans Männer hatten jemals eine anständige Erziehung genossen, hatten auch nur eine rudimentäre Vorstellung davon, wie sich ein gottgefälliger Mann zu benehmen hatte. Und dann kam der schmächtige, schon etwas ergraute Hamarem zu den Stammeslosen, voller Naivität über ihre Tätigkeit, sich anscheinend nicht bewußt darüber, daß die aus den Stämmen ausgestoßenen Männer zumeist keinen Sinn mehr darin sahen, sich den Gesetzen der Stämme zu unterwerfen. Er hatte so hilfsbedürftig ausgesehen, daß Nefut sich geschworen hatte, ihn vor allen Unbilden zu beschützen. Und Hamarem hatte mit ihnen allen gesprochen, als wären sie gottesfürchtige Männer, belehrte sie in freundlichem Ton bei Fehlverhalten, machte viele von Ashans Männern wieder zu guten Oshey, einfach weil er sie als solche behandelte. Er hatte auch schnell Nefuts Trauer um seinen verlorenen Namen erkannt, hatte ihn ermutigt, ihm von seinen Tagen im Zelt des Fürsten der Darashy als Sohn des Prinzen Murhan zu erzählen, und ihn schließlich gefragt, warum er sich denn unter Ashans Stammeslosen dann nicht wie ein Prinz verhielt, wenn er es wahrhaft vermisse, ein Prinz der Darashy gewesen zu sein. Das hatte Nefut die Augen geöffnet, und er hatte daraufhin die zu diesem Zeitpunkt von ihm allenfalls noch aus Gewohnheit verfolgten Tugenden mit Hamarems Hilfe wieder mit den Inhalten des Wahren Weges gefüllt. Und plötzlich erinnerte Nefut sich, daß er das Schwert in seinem Gepäck, die Klinge, die ein anderer Darashy nun führte, schon als Kind gesehen hatte, zu einer Zeit, als er seinem Vater auf die Schlachtfelder zwischen den Nordstädten gefolgt war. Es war nicht einfach eine Klinge aus Murhan Darashys Werkstatt, sondern es war Murhans Meisterstück, sein Kriegsschwert, die Schlangenklinge des Städtezerstörers. Ein Schwert, das Murhan vielleicht irgendwann seinem Sohn vererbt hätte, wäre dieser von ihm nicht verstoßen worden, von dem er sich jedoch zu Lebzeiten niemals auf andere Weise getrennt hätte. Was mochte also mit Murhan Darashy passiert sein? War er tot? Vielleicht konnte Nefut das von dem jungen Darashy erfahren, doch dazu würde er erst einmal sein Vertrauen gewinnen müssen, wenn er ihn nicht, wie ein Bandit es getan hätte, zu einer Antwort zwingen wollte. "Nein, du bist kein Bandit", sagte Serah plötzlich, küßte Nefut zärtlich auf die Wange. "Aber vielleicht kannst du deine Männer allein wieder zu eurer Bande schicken, und du bleibst ohne das Geld für immer bei mir." * * * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)