Dawson's Creek - May dreams come true von Pacey (Crime and Punishment) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Die Geschworenen betraten nach nur kurzer Beratungszeit den Gerichtssaal und begaben sich an ihren Platz. Ihr Vorsitzender erhob sich, nachdem der Richter die sich im Saal befindenden Leute zur Ruhe gerufen hatte. Pacey schluckte einmal schwer und sein Blick richtete sich instinktiv auf Tasha. Bisher lief alles so gut wie es nur laufen konnte, wenn man unschuldig vor Gericht stand. Und doch sah Tasha mehr als verängstigt aus. Pacey hoffte nur, dass sie die Nerven behielt und den Mund hielt. Nun räusperte sich der Vorsitzende und Pacey, der nun innerlich den Atem anhielt, richtete seinen Blick in seine Richtung. „Die Geschworenen sind zu einem einstimmigen Urteil gekommen. Wir befinden den hier anwesenden Pacey John Witter für schuldig im Sinne der Anklage. In Anbetracht der Umstände halten wir eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und 11 Monaten für angemessen. Gegen den geschädigten William Bree Chambers wird zu einem späteren Zeitpunkt ein Verfahren aufgrund des Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen und den Unfall mit Fahrerflucht mit Todesfolge eingeleitet." Der schon etwas ältere Mann hatte während der Verkündung des Urteiles erst Pacey und dann Liam angesehen. Nun aber sah er wieder zum Richter, der nur nickte und sich dann wieder an Pace und die anderen Anwesenden richtete. „Das Volk hat gesprochen. Mr. Witter wird vom heutigen Tage in der Strafvollzugsanstalt für jugendliche in Boston untergebracht." Der Schock saß. 2 Jahre. 2 verdammte Jahre sollte er in den Knast. Pacey stand kreidebleich da und für den Moment konnte er sich nicht rühren. Nur aus den Augenwinkeln konnte er Liams hämisches Grinsen sehen. Klar er musste auch wieder ins Gefängnis und das wesentlich länger, doch das war es wert. Dieser Triumph. Dawson hatte sich mittlerweile wieder gefangen. Er hatte sich vorher im Internet über das mögliche Strafmaß erkundigt. Und wenn er ehrlich war. Er hatte mit mehr gerechnet. Deshalb kam er schneller wieder zu sich. Nur Tasha und Pacey stand der Schock noch ins Gesicht geschrieben. Endlich fanden Paceys Augen die Tahas und die Zeit die bis eben wie im Zeitraffer verlaufen war blieb nun gänzlich stehen. Tasha biss sich auf die Unterlippe, als ihr Tränen in die Augen schossen und sie am ganzen Körper begann zu zittern. „Pacey" hauchte sie tonlos, während sie ihm von weitem tief in die Augen sah. Als man ihm nun aber die Handschellen anlegen wollte, konnte sie nicht an sich halten. Ein letztes Mal wollte sie in seinen Armen liegen, ihre Dankbarkeit ohne Worte ausdrücken und ihm Mut mit auf den Weg geben. Sie rannte los und fiel ihm prompt um den Hals, umarmte ihn fest und schluchzte leise auf, als sie ihm einen letzten Kuss auf die Lippen raunte. Ihre Lippen trafen sich heiß, verlangend, während sie mit ihren Armen weiter um seinen Hals hing und durch sein Haar streichelte. Pacey hatte sich für diesen einen Moment von den Polizisten losgerissen, spürt nun aber viel zu früh wie Polizisten hinter ihm seine Arme packte und ihn von Tasha wegzogen. Als er nun die zuvor geschlossenen Augen wieder öffnete sah er, dass auch Tasha bereits von einigen Polizisten und Richard zurückgezogen wurde. Ganz instinktiv versuchte er sich von den Beamten loszureißen, um sie nur noch einmal in den Armen zu halten. Sie noch einmal zu küssen. Und sich noch einmal in diese Gefühl zu flüchten, welches ihn eben durchzogen hatte. Doch hatte er keine Chance. Er hielt seinen Blick so lange es ging in dem ihren. In ihren strahlenden katzengrünen Augen. Die Augen in der er sich vor gut drei Jahren verliebt hatte und in die er damals jeden Tag sehen konnte, um sich darin zu verlieren. Die Polizisten drehten ihn nun aber weg von Tasha und drängten ihn förmlich den Raum zu verlassen. Tasha hatte ihm in die Augen gesehen, tief und unglaublich gefühlvoll. Ihr katzengrün leuchtete förmlich auf und glänzte in dem schwachen Licht. Der Raum war nicht still, doch schien sich alles in Zeitlupe zu bewegen, als ihr Verstand sich in Paceys Gegenwart wohl für ein letztes Mal ausschaltete. "Pacey..." durchdrang ihre zitternde Stimme den nicht so lauten Lärmpegel. Ein letztes Mal drehte er sich um sah über die Schulter, wobei ihm ein richtiger Blick auf sie jedoch verwehrt blieb. Ihre folgenden Worte jedoch drangen zu ihm durch und jagten ihm einen Schauer über den Rücken. „Ich liebe Dich!" Weiter kam sie jedoch nicht. Richard, ihn dessen Armen sie nun lag, handelte nun radikal. So dankbar er Pacey auch war. Er musste Tasha hier weg bringen, bevor sie diesem Druck nicht mehr standhielt und die Wahrheit sagte. So verschwanden sie aus dem Saal, als hätten sie sich einfach in Luft aufgelöst und ließen einen vollkommen irrierten und verzweifelten Pacey zurück. Dieser hatte es gerade noch geschafft ihre Worte zu erwidern. „Tasha, ich liebe dich auch!" rief er ihr nur hinterher, unwissend ob sie dieses noch vernahm. Denn kaum, dass er die Worte ausgesprochen hatte, war sie schon verschwunden. Pacey war nun wie erstarrt. Die ganze Zeit, die sie vor zwei Monaten miteinander geteilt hatten, wollte er es ihr sagen. Doch hatte er immer zu große Angst gehabt. Angst davor, dass sie ihn dann wieder von sich stoßen würde. Doch nun war es etwas anderes. Pacey' s Gedanken drehten sich im Kreis und er musste an sich halten nun keine Tränen zu vergießen. Er biss eisern die Zähne zusammen, während die Polizisten ihn nun durch eine Tür zogen, hin zum Hinterausgang, wo auch schon ein Polizeiwagen wartete, um ihn in den Jugendarrest zu bringen. Pacey zitterte noch immer am ganzen Körper und sagte nun kein Wort mehr. In seinen Gedanken war er zu weit weg. Die Fahrt zur Jugendstrafanstalt war nicht sonderlich lang. Sie fuhren nur eine knappe halbe Stunde, ehe der Polizeiwagen vor einer Schranke hielt, der Fahrer das Fenster runterkurbelte und sich leicht aus dem Fenster lehnte. Dies bekam Pacey aber nur am Rande mit. Noch immer hingen seine Gedanken in der Luft. Was war das eben gewesen im Gerichtssaal? War das wirklich passiert? Und wenn ja… Wie stark sollte er das gewichten? Wie viel Hoffnung durfte er sich jetzt machen, ohne dabei unnötig zu übertreiben und letztlich vielleicht doch wieder verletzt zu werden. Vielleicht war es genau das, was die beiden brauchten um wieder zusammen zu kommen. Vielleicht lief alles was passiert war und alles was noch kommen würde genau darauf hinaus, dass er in knapp zwei Jahren entlassen werden würde, nach L.A fliegen würde, um dort auf seine eigene kleine Familie zu treffen. Das wonach er sich jetzt zweieinhalb Jahre lang gesehnt hatte und worauf er nun vielleicht einfach nur noch zwei Jahre warten musste. Ja… Vielleicht war dieses Luftschloss plötzlich real geworden… Vielleicht aber auch nicht. Höchst wahrscheinlich war es doch eher der Fall, dass Tasha von ihren Gefühlen übermannt wurde und sich ein letztes Mal von ihren Gefühlen hatte leiten lassen. Ein letztes Mal…? Auch wenn Pacey hoffte, dass dem nicht so war, so war dies doch am wahrscheinlichsten. Und irgendwie hatte er die Befürchtung, dass wenn er entlassen wurde und nach L.A flog, dass sie dann schon nicht mehr da sei. Vielleicht hatten sie sich heute das letzte Mal gesehen. Für immer? Weiter kam Pacey mit seinen Gedanken nicht, denn der Wagen hielt nun vor dem Eingangstor und die Tür neben ihm wurde geöffnet. Kaum das er ausgestiegen war, spürte er eine Hand hinter sich, die ihn festhielt, während sie durch die große Tür traten und in einen fad wirkenden Raum traten. Man hatte sich nicht die Mühe gemacht, den Wänden eine Farbe zu geben. Es war der blanke Beton, dem man sein Alter schon beträchtlich ansah. Es wirkte ziemlich trostlos. Aber was sollte man auch anderes erwarten. Der Polizist drängte ihn zu einer Art Empfangstheke, nur das die hinter, wie Pacey annahm, schusssicherem Glas lag, in welches eine kleine Öffnung eingelassen war, durch die in aller Regelmäßigkeit irgendwelche Papiere von mehr oder weniger großer Wichtigkeit wanderten. Dahinter saß eine Frau mit schütterem Haar, einer dicken Hornbrille und einem Gesichtsausdruck, der zu diesem trostlosen, herunterkommenden Ambiente passte. Pacey hatte seine Gedanken nun erst einmal beiseitegelegt und ließ dieses Szenario auf sich wirken. Irgendwie war das alles ziemlich klischeehaft gehalten. Der Polizist trat nun neben ihn, während Pacey seinen Blick gerade schweifen ließ und schob kommentarlos ein Blatt durch die schmale Öffnung. Auch die Frau sagte kein Wort, sondern nahm nur das Blatt vor, überflog es mit geschultem, aber gelangweiltem Blick und tippte etwas in den Computer vor sich. Dann schrieb sie etwas auf das Formular. Pacey versuchte einen Blick darauf zu erhaschen, ihre Hieroglyphen konnte er jedoch nicht entziffern. Der Wachmann allerdings schien zu wissen, was er damit anzufangen hatte. Er nickte nur leicht, ging dann aber weiter und winkte Pacey hinter sich her. Ein letztes Mal warf er einen Blick auf diese gruselige Frau, die ihn nun einmal missbilligend musterte. Daran musste sich Pacey, als verurteilter Straftäter wohl gewöhnen. Auch wenn er unschuldig war, so würde jeder nur das sehen, was offensichtlich war. Nun aber folgte er dem Wärter, der an einer Metalltür auf ihn wartete. Dies schloss er auf und ließ Pacey den Vortritt. Pacey trat in den Raum, der auf den ersten Blick wie eine zu groß geratene Abstellkammer wirkte. Hier befanden sich sicher hunderte von Spinten, wie er sie aus der Schule kannte. Während er seinen Blick schweifen ließ, spürte er den Polizisten hinter sich, wie er ihm nun die Handschellen abnahm, anschließend einen Schritt zurück machten und auf den Zettel sah, den die Frau vorne ihm wiedergegeben hatte. „Spint 204!“ sagte der Beamte monoton, jedoch mit fester und bestimmender Stimme. Dabei deutete er in eine grobe Richtung. „Dort liegt eine Montur Sachen. Ziehen Sie diese an und lassen sie alles andere hier. Sie haben 15 Minuten.“ Mit diesen Worten schloss er die Tür von außen und Pacey ging davon aus, dass er draußen stehen blieb. Für einen Moment starrte er noch auf die nun geschlossene Tür, machte sich dann aber auf die Suche nach seinem Spint. Schnell hatte er diesen auch gefunden und tat wie ihm befohlen. Er zog seine Sachen aus und die Gefängniskleidung an. Und auch dieses Mal war er zusehend verblüfft, wie sehr Hollywood mit ihren Klischees über das Gefängnis ins Schwarze traf. Er hielt die Monotonie der Farbigkeit bei Gefängniskleidung immer für eine bloße Hollywood Erfindung, doch sah er es nun mit eigenen Augen. Er trug ein Hemd und eine Hose. Beides hatte eine undefinierbare dreckig grüne Farbe. Es wirkte irgendwie deprimierend. Unter dem Hemd trug er ein weißes T-Shirt, wobei er jedoch kurz mit dem Gedanken gespielt hatte, dieses in alter Gewohnheit weg zu lassen. Doch entschied er sich letztlich dazu, dass T-Shirt anzuziehen. Denn irgendwie hatte er das Gefühl, dass nach diesen zwei Jahren nichts mehr so sein würde, wie es einmal war. Vielleicht wurde es besser, vielleicht auch schlechter? Wer konnte das schon sagen. Aber eins war sicher. Es würde anders werden. Er legte seine Sachen zusammen, schaltete sein Handy aus und steckte es in seine Hosentasche. Dabei spürte er etwas darin und zog es raus. Stimmt, für einen Moment hätte er es vergessen. Er hatte ein paar Bilder dabei. Auf dem einen waren Dawson und Brian. Das war noch gar nicht lange her. 3 Monate… Vielleicht auch 4? Es war kurz vor ihrem Abschlussball gewesen und Brian wollte damals unbedingt mitgehen, nur um bei seinem Vater, Dawson und den anderen zu sein. Es war wirklich süß. Auf dem Bild zog Brian grad an Dawson‘ s Hose und sah zu ihm hinauf. Er musste kurz schmunzeln. Doch das Bild dahinter hatte eine viel größere Bedeutung und Pacey wusste genau, wie alt dieses Bild war. 2 Monate, 1 Woche und 6 Tage. Das war einige Tage nach Jay‘ s Tod und auch einige Tage nach der Sache mit Liam. Auf dem Bild hielt Pacey Brian auf dem Arm. Das war im Haus der Crists und Pacey hatte Essen gekocht, da Tasha und Anny so mit den Vorbereitungen beschäftigt waren und er ihnen so etwas helfen wollte. Er hatte Spaghetti mit Tomatensoße gemacht und als das Bild aufgenommen wurde, waren sie gerade fertig gewesen. Brian‘ s Mund war noch total rot gewesen. Deshalb hatte Tasha sich ein feuchtes Tuch genommen, um dem Kleinen den Mund abzuwischen. Und genau das war auf dem Bild zu sehen. Tasha, Pacey und Brian. Zusammen in einer so alltäglich wirkenden Familiensituation. So schien es für jeden der ihre Lage nicht kannte. Denn für die drei war das, ein absoluter Sonderfall gewesen. Doch über die Bedeutung dieses Momentes war sich keiner der drei bewusst gewesen. Nur Dawson hatte die Besonderheit gesehen und ein Foto davon gemacht, ohne das die drei es bemerkt hatten. Erst gestern hatte Dawson Pacey das Bild gegeben und so hatte er beschlossen es mit her zu nehmen. Um wenigstens etwas von seiner Familie hier zu haben, auch wenn sie so wohl nie zusammen sein konnten. Pacey hörte nun die Tür hinter sich aufgehen und schloss den Spint zu. ‚Auf Wiedersehen, du normale Welt und hallo, du Wahnsinn, der du nun auf mich zukommen wirst.‘ dachte Pacey, als er sich dem Wärter zuwendete, der ihn nun rausführte und ihn dann in den Zellentrakt führte. Vorher wurde er noch einmal gründlich durchsucht, dass er ja keine gefährlichen Gegenstände mit sich führte. Seine Fotos durfte er behalten. Anschließend musste er noch einige Formulare ausfüllen, ehe er weiter durch einen Gang geführt wurde, der flankiert war von Zellen auf jeder Seite. Ein kurzer Blick hinein verriet Pacey, dass es immer zwei Häftlinge pro Zelle waren. So richteten sich mit jeder neuen Zelle an der er vorbei kam vier Augenpaare auf ihn. Auch wenn ihn ein eigenartiges Gefühl durchzog, so gab er sich ganz locker und sah nur mit ernstem Blick immer nach links und rechts. Auch wenn er nicht wusste, weshalb die meisten hier waren, so musste es doch irgendwas Schlimmes gewesen sein. Denn keiner kam grundlos ins Gefängnis. Bei dem Gedanken musste er jedoch leicht schmunzeln. Naja… Vielleicht ja doch. Pacey war so in Gedanken, dass er gar nicht bemerkt hatte, dass der Wärter nun stehen geblieben war. Stattdessen wäre Pacey beinahe in ihn hinein gerannt. Dieser sah ihn nun ernst an, da Pacey immer noch leicht schmunzelte und es auf den Beamten ziemlich überheblich und provokant wirkte. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Noch so ein rebellischer Teenager, dem man Manieren beibringen musste. Das waren die Gedanken mit denen er Pacey schon in den ersten Minuten seiner Anwesenheit hier in eine Schublade steckte. Er öffnete nun die Zelle in der bereits in Junge auf seiner Pritsche lag. „Hey Kobelt. Hier ist dein neuer bester Freund. Gewöhn dich besser dran. Und lass ihn länger leben, als den davor.“ ermahnte der Wärter den blonden Jungen nun mit ernstem Gesichtsausdruck, sodass Pacey nicht mit Gewissheit sagen konnte, ob er das wirklich ernst meinte oder das nur albernes Geschwätz war. Doch blieb er eisern und ließ sich von seiner Unsicherheit nichts anmerken. Hier musste er einfach Selbstvertrauen ausstrahlen, dann würde er keine Probleme bekommen. Jedenfalls hoffte er das. So trat er nun in die Zelle und verabschiedete sich innerlich nun offizielle von seiner Freiheit. Gleich darauf hörte er die Tür hinter sich zugehen und die Schritte des Polizisten, die sich immer mehr entfernten. Kobelt wartete einen Augenblick, sprang dann aber geradezu auf und kam in einschüchternder Haltung auf Pacey zu. „Also Frischling. Damit eines ganz klar ist. Hier drinnen bist du ein Nichts. Ein Niemand. Was du willst, interessiert hier niemanden am allerwenigsten mich. Also wirst du mir nicht das Ohr vollheulen, wenn du zu deiner Mama willst oder sonst irgend son Scheiß. Kapisch? Du bist hier einfach nichts wert und du hast dich dem zu beugen was ich von dir will. Wenn ich dir sage, gib mir dein Essen, dann tust du das. Wenn ich dir sage, mach dir in die Hose, dann tust du das. Wenn ich dir sage, zieh dich aus und renn über den Hof, dann…“ Doch schon wurde es Pacey zu bunt. Er ließ sich doch nichts sagen, von so einem dahergelaufenen Wichtigtuer. Wieder zierte seine Lippen ein provokantes Lächeln, während er dem Jungen, der nur ein paar Zentimeter kleiner war als er herausfordernd in die Augen sah. „… tue ich das. Ja, ja. Schon geschnallt. Doch jetzt lass mich was klar stellen. Was du willst oder nicht, dass geht mir so ziemlich am Arsch vorbei. Denn glaub mir, nichts von dem was du mir androhst kann schlimmer sein, als das was ich schon alles mitgemacht habe. Also… Was hältst du davon, wenn du jetzt endlich beiseite gehst und mich in Ruhe lässt, bevor ich dir zeige, weshalb ich hier bin!“ entgegnete er seinem Gegenüber nur locker, auch wenn er es nicht ernst meinte. Jedenfalls den letzten Teil nicht. Denn das wäre sicher nicht hilfreich, um hier wieder rauszukommen. Doch musste der Typ das ja nicht wissen. So ging Pacey nun einfach an ihm vorbei und legte sich auf die andere Pritsche, während der Typ doch beeindruckt von Pacey‘ s Auftritt war. Er drehte sich nun zu Pacey um und grinste leicht, trat nun aber vor an sein Bett, sodass Pacey nun noch einmal zu ihm rauf sah. „Du solltest aufpassen mit wem du so redest. Bei manchen schindest du damit sicher Eindruck. Doch wenn du an den Falschen gerätst, kriegst du richtig Probleme, Frischling.“ Er streckte ihm nun aber die Hand entgegen und hatte plötzlich ein kameradschaftliches Lächeln auf den Lippen. „Nenn mich Koby.“ Nun konnte auch Pacey sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Es war also nur ein Test des Jungen gewesen. So richtete Pacey sich wieder auf und stand vor Koby. „Ich bin Pacey. Pacey Witter.“ erwiderte er und nahm Koby‘ s Hand entgegen. Nach einem festen Händedruck beiderseits ließen sie wieder einander ab. „Na dann, Witter. Willkommen in dieser bescheidenen kleinen Zelle.“ Pacey ließ seinen Blick durch den 4x3 m Raum schweifen. Bescheiden beschrieb es echt gut. Der Raum war gerade groß genug für die zwei Betten, eine Art Schreibtisch und eine Toilette. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren legten sich die Jungen wieder auf ihre Pritschen und starrten an die Decke. Das war der Anfang vom Ende. Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- 1. September 2013 "Moralische Charakterstärke bedeutet die eine Sache zu finden, die Dir wirklich was bedeutet. Diese eine spezielle Sache, die Dir mehr bedeutet als alles andere auf der Welt. Und wenn Du sie gefunden hast, kämpfst Du für sie. Du riskierst alles. Du stellst sie vor alles andere, vor Deine Zukunft, Dein Leben, einfach alles. Und vielleicht ist nicht alles, was Du tust um ihr zu helfen astrein. Aber wissen Sie was, das spielt keine Rolle! Denn tief in Deinem Herzen weißt Du, dass es richtig ist." Pacey lag auf seinem Bett und malträtierte die Decke mit seinen Blicken. Es war genauso, wie er es sich vorgestellt hatte. Er hatte hier unendlich viel Zeit zum Nachdenken. Und da gab es ja auch genug Themen. Themen, aus der Vergangenheit, aber auch die Zukunft würde ihn sicher eine ganze Weile beschäftigen. Und das Ganze im Hintergrund zu seiner jetzigen Situation. Vielleicht sollte er genau da anfangen. Das alles zu verarbeiten. Tasha hatte ihre Therapie in der sie die Geschehnisse aufarbeiten konnte. Pacey hatte sich selbst und die Decke. Und die Zeit verstrich einfach nicht. Es fühlte sich so an, als hätte er den ganzen Tag dort gelegen, als eine Alarmglocke ertönte und sich die Gefangenen nun erhoben. Auch sein Zellenkollege stand auf und deutete mit seinem Kopf zur Tür, die sich nun langsam von selbst öffnete. Pacey runzelte die Stirn, doch bekam er gleich eine Antwort, auf seine unausgesprochene Frage. „Endlich. Jetzt gibt’s Essen.“ erklärte ihm Koby und wartete bis Pacey nun aufgestanden war, um mit ihm den Gang entlang zu laufen. „Echt, dein Ernst. Es ist erst so wenig Zeit vergangen?!“ fragte Pacey nun doch recht ungläubig, doch Koby grinste nur. „Ja, Witter es ist jetzt 18 Uhr. Du hast sicher geglaubt es seien schon Stunden vergangen, hmm?“ Pacey sah ihn nur verdutzt an. „Ich hatte es irgendwie gehofft, ja.“ Koby klopfte ihm kumpelhaft auf die Schulter. „Ja, so geht’s den Meisten am Anfang. Aber das legt sich. Irgendwann vergehen die Tage schneller. Auf jeden Fall kommt es einem irgendwann so vor.“ erklärte der Blonde, als sie nun in einen großen Saal kamen, der Pacey irgendwie an die Cafeteria an der High School erinnerte. Nur waren hier überall Gitterstäbe vor den Fenstern und es waren ausschließlich Jungen in dem Raum. Pacey folgte Koby zur Essensausgabe und wie auch an der High School, sah das Essen hier so aus, als sei es bereits ein paar Mal gegessen und wieder verdaut worden. Und erneut bestätigte sich das Hollywoodklischee. Koby wartete auf Pacey und ging mit ihm zu einem der Tische, an welche Koby von einem Haufen Mithäftlingen begrüßt wurde. „Jo, Koby, wer is’n dein Anhängsel?“ fragte ein muskelbepackter Halbstarker mit kurzgeschorenem Haar. Am Ansatz konnte man jedoch erkennen, dass sie einst schwarz gewesen waren. „Das ist mein neuer Zellenkollege. Witter sitzt wegen gefährlicher Körperverletzung.“ gab er locker von sich, doch runzelte Pacey die Stirn. Das hatte er ihm doch gar nicht erzählt. Wie kam er nur darauf. Gut, vielleicht sprach seine Drohung vorhin ja auch Bände. Der Typ von vorhin lachte leicht auf und sah Pacey abschätzend an. „Ach, hast du etwa wen mit deiner Guccihandtasche verprügelt?“ gab er provokant von sich und das sorgte für allgemeines Gelächter am Tisch. Doch Pacey ließ sich nicht beirren, sah den Typen mit gleichgültigem Blick an und zuckte leicht mit den Schultern. „Nein, ganz so war es nicht. Ich hab ‘nem Typen ‘ne Kugel in die Schulter gejagt.“ sagte Pacey so beiläufig, als würde er über das Wetter oder etwas dergleichen reden. Das Gelächter verstummte gleich und der Typ stand auf und lehnte sich über den Tisch zu Pacey. „Du hältst dich wohl für ganz cool, hmm, Frischling?“ Er fixierte Pacey mit seinen Blicken. Doch Pacey hielt dem stand. Er zog nur demonstrativ die Augenbrauen hoch und setzte ein selbstgefälliges Lächeln auf. Er musste einfach den Starken demonstrieren. Sonst würde er sicher keine angenehme Zeit hier haben. „Ein wenig vielleicht. Hast du ein Problem damit?“ gab er nun ebenso provozierend zurück, nahm dann aber seinen Becher in die Hand, um einfach lässig einen Schluck zu trinken. Sein Gegenüber sollte sehen, dass er sich so schnell nicht einschüchtern ließ. Doch dieser lachte nun auf und klopfte Pacey einmal auf die Schulter, ehe er sich wieder setzte. „Ja, man, der Typ ist ganz okay! Wie heißt du noch gleich? Witter?“ Innerlich atmete Pacey auf. Gott, damit war schon mal eine Hürde überstanden. Sie sahen ihn als ihres Gleichen an, also hatte er nicht sonderlich viel zu befürchten. Nun stellten sich auch die anderen am Tisch vor. Mit Koby und ihm waren es insgesamt 6 Personen. Der Typ mit dem rasierten Kopf hieß Charles Adel, jedoch wurde er von allen nur Chuck genannt und er gab Pacey den Rat es ihnen gleich zu tun, wenn er keinen Stress haben wollte. Chuck teilte sich die Zelle mit Leonardo Jandová. Ein eigenartiger Name, der einem ebenso eigenartigen Jungen gehört. Er war ursprünglich nicht aus den USA, dass bemerkte man an seinem dunkle Teint und seinem eigenartigem Akzent. Doch konnte Pacey daraus nicht schließen von wo er letztlich kam und nachhaken, wollte er jetzt auch nicht. Er wurde von allen Leo genannt. Die anderen beiden waren Jack Johnson, kurz JJ und James Parker, welcher, genau wie Pacey, immer nur beim Nachnamen genannt wurde. Die beiden waren Halbbrüder. Dies hatte sich aber erst vor einigen Monaten gezeigt und das ausgerechnet im Gefängnis, als James hier ankam. Man hatte eine DNA Probe von ihm genommen und sie ins System eingegeben. Der Suchmelder zeigte einen Treffer an und zeigte, dass eine ähnliche Probe bereits vorhanden sei. Nach einer Überprüfung stellte sich schließlich heraus, dass James und Jack Halbbrüder waren. James war vor Pacey der Neuling gewesen. Außerdem waren die Jungs hier, dem Hollywoodklischee entsprechend, alle muskelbepackt und durchtrainiert. Obwohl Chuck alle vorstellte, erwähnte er bei keinem das Alter. Die Frage nach dem Warum erübrigte sich. Immerhin war das hier eine Jugendstrafanstalt. Das hieß, dass die Teenager hier alle zwischen 14 und 21 Jahre alt waren. Und wer wollte sich schon outen in dem er preisgab, wie jung er doch im Vergleich zu seinem Gegenüber war. So blieb das Alter erst einmal außen vor. Doch womit sich alle rühmten war der Grund ihrer Einweisung. Koby, der mit vollem Namen Akon Kobelt hieß, saß genau wie Pacey wegen Körperverletzung. Er hatte in einer Bar zu viel getrunken, eine Schlägerei angefangen und mehrere Menschen schwer verletzt. Paker und JJ saßen beide wegen mehrfachen Diebstahls. JJ brach in aller Regelmäßigkeit in irgendwelche fremden Häuser und Wohnungen ein, während Parker den Nervenkitzel vorzog und einige Läden am helllichten Tag zu überfallen und dabei immer den Colt seines Vaters trug. Leo saß wegen Autodiebstahl und Verkauf. Außerdem dielte er seit kurzem mit Drogen woraufhin er jedoch erwischt und verhaftet wurde. Chuck saß wegen einer schweren Schlägerei mit Todesfolge. Es ging dabei um eine bloße Nichtigkeit. Ein Typ hatte ihn und seine Freundin angemacht und daraus hatte sich eine so heftige Schlägerei entwickelt, dass der Typ, laut Chucks Erzählung, plötzlich einfach tot war und ihm somit den ganzen Spaß genommen hatte. Und mitten unter ihnen saß Pacey. Klar hatte auch er ein ziemlich aufbrausendes Temperament und wer weiß, wie manche seiner Schlägereien ausgegangen wären, wenn niemand dazwischen gegangen wäre, doch fragte er sich wirklich, ob er es nun auch weiterhin schaffen konnte, sich gegen den Haufen Krimineller hier zu behaupten. Denn sie hatten ohne Frage, alle was auf dem Kerbholz. Er sollte sie besser nicht unterschätzen. Doch schienen sie ihn ja alle so weit zu akzeptieren, dass er sich keine Sorgen machen musste. So hoffte er zumindest… Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- 2. September 2013 Egal wie weit der Weg ist, man muss den ersten Schritt tun. Dieser erste Tag fand letztlich doch recht schnell ein Ende. Nach dem Abendbrot wurden sie alle zurück in die Zelle gebracht, wo jeder wieder seinem Schicksal ins Auge blicken musste. Pacey lag schweigend auf seiner Pritsche und Koby ließ ihn in Ruhe. Er wusste wie es war, der Neue zu sein und wie schwer besonders die erste Zeit war. Er wollte Pacey diesen Abend noch die Ruhe gönnen. Doch ab morgen würde auch für ihn der Ernst des Lebens beginnen. Das würde nicht leicht werden. Aber da musste der Frischling durch wie jeder andere vor ihm. Ob er wollte oder nicht. ~~~~~ Der Morgen kam viel zu schnell nach dieser ersten unruhigen Nacht, dachte sich Pacey, als um 6.30 Uhr eine schrille Sirene ertönte, die die Häftlinge wecken soll. Mürrisch öffnete der Brünette die Augen, sah dabei aber schon Koby, der neben ihm aus dem Bett stieg. Irgendwie hatte Pacey gehofft, dies sei nur irgendein schlimmer Traum. Er würde morgens von Tasha auf ihre ganze eigene Art geweckt werden, noch etwas von ‚Nur noch 5 Minuten.‘ nuscheln, bis sie ihn schließlich doch zu ihren Bedingung aus dem Bett bekäme. Naja, oder ihn eben drinnen behielte. Doch stattdessen war er eingeschlossen in einen Raum mit zwei Pritschen, einem Klo mit angrenzendem Waschbecken und einem Tisch an dem ein vereinzelter Stuhl stand. Was für ein trostloses Leben, welches er die nächsten zwei Jahre noch ertragen musste. „Hey, Frischling, ich würd langsam mal aufstehen. Die Wärter hier stehen so gar nicht auf Faulenzer.“ kam es nun von Koby, der bereits am Waschbecken stand und sich eine Fitze Wasser ins Gesicht warf. Pacey fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und seufzte. Gerade als der Wärter an der Tür stand und durch die Gitterstäbe in die Zelle sah, stellte Pacey die Beine auf den Boden, legte seinen Blick nun aber auf den Wärter, der ihn missbilligend ansah. „Hey, Witter, schwing deinen faulen Arsch gefälligst aus dem Bett.“ brummte der Beamte ihn gleich an, sah aber daraufhin zu Koby. „Kobelt, du solltest deinen neuen Spielgefährten hier besser schnell einweisen. Du weißt wie der Hase hier läuft. Wer nicht spurt…“ Der Griff des Wärters ging zu seinem Schlagstock. „… dem helfen wir hier auf die Sprünge.“ Der Uniformierte legte seinen Blick wieder auf Pacey. „Kapiert, Kleiner?“ Pacey zog verächtlich die Augenbrauen zusammen. Gott, das konnte ja noch heiter werden. „Kapiert.“ antwortete er lakonisch, aber sichtlich beherrscht. Sein Gegenüber fixierte ihn mit seinem Blick. „Gut, das will ich dir auch geraten haben.“ knurrte er bedrohlich, ehe er weiterging, um dafür zu sorgen, dass auch die anderen Häftlinge wach waren. Pacey sah ihm nur argwöhnisch hinterher, immerhin war er mittlerweile aufgestanden. Doch mit einem Mal spürte er Kobys Hand auf seiner Schulter, woraufhin er sich ziemlich erschrocken umdrehte. Dies nahm Koby jedoch nicht wahr, da er ebenfalls dem Wärter nachsah. „Ich würd dir ja am Liebsten sagen, Scheiß drauf was er sagt, aber er hat recht. Die haben die Dinger da nicht um in ihrer Freizeit darüber zu streiten, wer den Längsten hat. Die benutzen die Dinger bei jeder erdenklichen Gelegenheit. Nimm dich also besser in Acht, Frischling.“ Mit diesen mahnenden Worten, richtete Koby seinen Blick noch einmal auf Pacey, ehe er dann wieder von ihm abließ und sich schließlich seinem Morgengeschäft zu wand. Pace sah Koby noch hinterher, ehe er den Blick noch mal den Flur entlang schickte. Ihm war das alles ziemlich suspekt. Was machte er hier eigentlich? Bei dieser Frage schüttelte der Brünette den Kopf. Er war aus dem Grund hier, der ihn die Nacht nicht hatte schlafen lassen. Der Grund, der ihn hier sicher auch nicht loslassen würde. Der Grund, wegen dem er irgendwann sicher einmal zerbrechen würde. Wieder vergingen Minuten, ohne das Pacey dies wirklich realisierte. Erst die Sirene über seinem Kopf holte ihn zurück. „Türen öffnen!“ rief ein Wärter und Koby zog Pacey ein Stück zurück, denn keine zwei Sekunden später öffnete sich die Tür automatisch an die Pacey sich bis eben noch gelehnt hatte. Sie traten nun alle hinaus und folgten den Beamten in die Cafeteria. Die meisten Häftlinge waren noch total verschlafen. Man durfte nicht vergessen, dass dies hier alles noch Kinder waren, mit einigen Ausnahmen natürlich. Diese brauchten zum einen mehr Schlaf, als die Erwachsenen, zum anderen schliefen sie aber auch nicht gleich ein, wenn die Lichter ausgingen. Pacey hatte einige noch bis tief in die Nacht reden hören. Naja, oder andere Dinge tuend. Er konnte sich vorstellen, dass einige von ihnen es nötig haben mussten und er wollte eigentlich gar nicht so genau wissen, was hinter den Laken geschah, die er vor einigen Zellen gesehen hatte. Er musste einfach einen kühlen Kopf bewahren in der Hoffnung die zwei Jahre zu überstehen, ohne dass sein Hintern seine Jungfräulichkeit verlor. Welch abstruser Gedanke… huschte es ihm durch den Kopf, aber in Anbetracht der Lage doch sehr realistisch. „Hey Frischling, beweg deinen Arsch!“ fauchte ihn so ein halbstarker Muskelprotz an. Pacey drehte sich um, wollte etwas erwidern, als Koby ihn schon am Kragen nach vorne zog ohne ein Wort zu sagen. Eigentlich hatte sich der Brünette vorgenommen sich hier nicht provozieren zu lassen, doch stellte sich dies schon jetzt als sehr schwer heraus. Jeder hier wollte der Stärkste sein und diese Stärke auch demonstrieren. Fressen oder gefressen werden. So lief es hier nun mal. Die beiden Jungs setzten sich zu Chuck, Leo, JJ und Parker, wobei sie ihr Frühstück größtenteils schweigend zu sich nahmen. Pacey sah ihnen allen an, wie übermüdet sie waren. Ihm selbst ging es aber nicht anders. Er hatte die Nacht nicht sonderlich viel geschlafen, dafür ging ihm einfach zu viel durch den Kopf. So verlief das Frühstück alles in allem sehr schweigsam ab. Nur einmal fing Koby ein kurzes Gespräch an, als er Pacey fragte, ob er noch zur High School ging oder nicht. Immerhin kannte hier offizielle niemand das Alter des jeweils anderen. Als Pace dies verneinte, bot Chuck ihm einen Job bei der PI an. Kurz war der Brünette irritiert, doch klärten Koby und Chuck ihn gleich auf, was die PI war und was sie taten. Sie kümmerten sich um Handwerksarbeiten, Reinigung, Küche, eigentlich alles was so anfiel. Chuck hatte das Sagen und konnte daher jedem einen Job verschaffen, wenn er es wollte. Für Pacey stellte sich immer deutlicher heraus, dass er hier genau an die richtigen Leute gekommen war. Bei ihnen würde ihm hier drin sicher nicht allzu viel passieren und er würde seine Zeit in Ruhe absitzen können. Auch wenn Pacey nicht der Typ war, der Konfrontationen aus dem Weg ging, so konnte er nicht leugnen, dass ihn die Tatsache, hier mit so vielen Kriminellen auf einem Haufen zu sitzen, nervös machte. Aber was soll’s, da musste er jetzt durch. Nach dem Frühstück ging es für die meisten Jugendlichen an die Arbeit. Chuck sprach mit einem Wärter, der Pacey für die PI eintrug und schon wenige Augenblicke später waren sie auf dem Weg zu ihrem Einsatzort. Sie musste im Zellentrakt nebenan die Wände neu streichen. Keine sehr anspruchsvolle Aufgabe, aber immerhin waren die rebellischen Jugendlichen so beschäftigt und kamen nicht auf die Idee irgendeinen Unsinn zu bauen. Chuck trug die Verantwortung und alle hörten auf ihn. Die sonst so rebellische Jugend arbeitete völlig zivilisiert. Ein seltenes Schauspiel, wie sich später zeigten sollte. Denn umso weiter der Tag fortschritt, umso aufgedrehte wurden alle und umso mehr sehnten sich die Meisten den Hofgang herbei, damit sie endlich wieder das tun konnten, wonach ihnen der Sinn stand. Die Zeit bis zum Mittagessen verging wie im Flug. Pacey hätte noch stundenlang weiter machen können. Es war eine willkommene Abwechslung zu den an ihm nagenden Gedanken, die ihn sonst sicher nur wieder quälen würden. So aber hatte er etwas, auf das er sich konzentrieren konnte. Doch nun – Punkt 12.45 Uhr – kam der Wärter, um die Häftlinge zu den Umkleiden zu bringen und anschließend zu den anderen Gefangenen in die Kantine. Koby und die anderen atmeten erleichtert auf. „Ah, endlich Schluss für heute. Da ist der Tag ja fast schon wieder gelaufen.“ Der Blonde grinste breit. Auch wenn es komisch klingen mochte, so schien es ihm hier drin zu gefallen. Aber wer konnte es ihm auch verübeln. Wenn man sich an die Regeln hielt, konnte einem hier drin doch wenig passieren. Man bekam Essen vorgesetzt, wobei die Qualität doch recht fragwürdig war, man hatte ein Dach über dem Kopf und einen strukturierten Tagesablauf. Im Grunde war das hier nichts anderes als schlechtes Ferienlager. Die Jungen holten sich nun ihr Essen und begaben sich an ihren Stammtisch. Diesmal aber saßen dort noch drei andere Mithäftlinge, die sofort ein Kopf kleiner wurden, als Chuck vor ihnen Halt machte. Jeder Tisch war für sechs Personen ausgelegt. Es bedurfte keiner Worte, da erhoben sich die drei Eindringlinge und verschwanden umgehend mit ihren Tabletts an einen anderen Tisch. Wie selbstverständlich setzten sich Koby, JJ, Parker, Leo und Chuck, während Pace den dreien noch nachsah. „Hey, Frischling, willst du den ganzen Tag dort stehen bleiben oder dich lieber setzen?“ JJ grinste ihn provokant an. Er war der Kleinste der Truppe und somit sicher auch der Jüngste und trotzdem behandelte er Pacey von oben herab. Ohne ein Wort zu sagen, setzte sich Pacey und ließ den Blick schweifen, ehe er zu essen begann. „Am Anfang kommt einem das hier alles immer noch etwas fremd vor, Frischling. Aber glaub mir. Nach ein paar Wochen ist das nichts Neues mehr.“ Koby versuchte Pacey irgendwie aufzulockern. Auf die Anderen wirkte sein abschätziges Verhalten, eher steif und verängstigt, auch wenn dies gar nicht der Fall war. So lachte der Brünette einmal auf und nickte leicht. „Ja, das glaub ich gern. Bedenkt man, wie einladend das ganze hier wirkt. Ach, sag mal, Kob. Was meinte der Wärter gestern eigentlich, als er sagte, lass den länger leben, als den davor? War das sein ernst?“ Koby sah Pacey an und für einen Moment war alles ruhig. Dann aber lachten alle auf und Koby klopfte Pace auf die Schulter. „Ach, quatsch, das war nur so ein Spruch von ihm. Der Letzte hat dem Druck einfach nicht standgehalten, weißt du. Er… Er hat hier einfach nicht reingepasst. Anders als du. Der vor dir ist auf jede Provokation angesprungen und hat Schiss bekommen. Tödlicher Fehler.“ brachte der Blonde lachend hervor. Und doch war es sein voller Ernst. Ein Glück war Pacey so ein Dickkopf, der sich von niemandem etwas sagen ließ. Hätte er Koby und Chuck nicht sofort Paroli geboten, wer weiß, wie er sonst geendet hätte. Die Stimmung war nun wesentlich lockere, als beim Frühstück. Nun waren die Jungs wach und unterhielten sich über allerlei Dinge. „Spielst du eigentlich Basketball, Frischling?“ fragte Parker, als sie gerade ihre Tabletts wegbrachten. Pace lachte nur einmal auf, zuckte dann aber beiläufig mit den Schultern. „Ach, ja ein wenig.“ Er tat gespielt bescheiden, wirkte dabei jedoch recht provokant. „Ich habe vor zweieinhalb Jahre in der Celtics-Junioren-Auswahl gespielt. Nichts Besonderes also.“ Die Jungen rissen allesamt die Augen auf. „Echt? Wow… Habt ihr da nicht am Ende gegen die A-Mannschaft gespielt? Ich hab da so was läuten hören. Ein Kumpel von mir war glaube ich auch da.“ Koby sah Pacey gespannt an. Dieser nickte leicht, zog nun aber fragend die Augenbrauen zusammen. „Ja, stimmt. Am Ende des Camps gab es ein Spiel gegen die NBA-Mannschaft. Wie heißt den dein Freund? Vielleicht kenn ich ihn ja.“ Koby brauchte einen Moment, ehe ihm der Name wieder ins Gedächtnis kam. „Sebastian… Sebastian Cooper.“ Pacey fing nun sofort an zu lachen. Das war ja ein dummer Zufall. Koby sah ihn fragend an. „Was‘ n jetzt los, Frischling? Hat er sich so schlecht geschlagen?“ Pacey schüttelte den Kopf und kriegte sich nach einem kurzen Augenblick auch wieder ein. „Nein… Nein, eigentlich nicht. Er hat es bis in die Endauswahl geschafft. Anfang der zweiten Woche, bei der ersten Selektion sind wir zusammen auf ein Zimmer gekommen. Das ist echt ein komischer Zufall, Mann. Sebbo hat als Point Guard gespielt und ich als Shooting Guard. Das hat echt gepasst damals.“ Nun musste auch Koby lachen. Damals waren Sebastian und Koby noch die besten Freunde gewesen. Doch nach seiner Inhaftierung hatte sich das schnell geändert. Obwohl… Wenn er ehrlich war, war es schon lange vorher nicht mehr dasselbe gewesen. Nun wollten die Jungen raus auf den Hof, jedoch wurde Pacey von einem der Wärter aufgehalten. „Hey Witter. Bleib stehen!“ Pace kam der Aufforderung nach, während die anderen schon weiter liefen. „Was ist los?“ wollte der Brünette wissen, doch der Wärter hatte nicht sonderlich viel Lust sich mit einem so arroganten Jungen rumzuschlagen. Stattdessen legte er ihm nun ein paar Handschellen an und führte in raus aus dem Zellenblock in ein Nebengebäude, welches mit mehreren Zäunen abgesperrt wurde. Pacey fragte sich, wo der korpulente Mann ihn nun hinbrachte, doch sollte er gleich die Antwort darauf erhalten. Denn kaum das sie das Gebäude betraten, stieg ihm der Geruch von Desinfektionsmitteln in die Nase. „Wieso bringen Sie mich auf die Krankenstation, Mann. Mir fehlt doch nicht.“ protestierte Pace. Der Wärter schubste ihn nun nach vorne und seufzte genervt auf. „Mann, oh Mann. Das ihr Rotzgören immer so dumme Fragen stellen müsst. Keine Geduld habt ihr. Wenn du einfach wartest, erfährst du es noch früh genug und jetzt rein da.“ Sie hatten vor einem Behandlungsraum Halt gemacht. Die Wache nahm ihm gerade die Handschellen ab, sodass er nun eintreten konnte. „Setzt dich schön brav auf die Liege. Und wehe dir, du baust da drin irgendwelchen Unsinn. Dann landest du gleich an deinem ersten Tag im Bunker. Und das willst du sicher nicht, oder?“ Pacey, der unterdessen schon in den Raum getreten war, hatte keine Chance mehr zu antworten, denn schon tauchte eine dunkelhaarige Frau hinter dem Wachmann auf. „Officer Hestig, danke, dass Sie ihn hergebracht haben. Nur könnten Sie es bitte unterlassen, jedem meiner Patienten zu drohen, wenn Sie sie herbringen.“ Pacey stand irritiert in der Tür. Was für ein sonderbares Szenario. Doch was ihn noch mehr verwunderte, war die Frau, die offenbar seine Ärztin war. Sie war um einiges kleiner, als er, Pacey schätzte sie auf ca. 1,66 m, hatte dunkle Haare und grüne Augen. Für einen kurzen Moment hätte er sie glatt für Tasha gehalten. Sie sah ihr wirklich verdammt ähnlich. „Wieso, anders verstehen die Bälger es doch nicht. Wenn wir sie nicht zügeln würden, würde Anarchie herrschen.“ brummte der Wärter, woraufhin die Ärztin nur den Kopf schüttelte. „Und was lernen die Teenager durch ihr Verhalten? Nur der Stärkere gewinnt. Der, der sich durchsetzen kann, kommt ganz nach oben. Super Ansatz, wirklich.“ Ohne auf eine Reaktion zu warten schlug sie dem Wärter die Tür vor der Nase zu und kam geradewegs auf Pacey zu, der nun aber breit grinste. „Dem haben Sie es aber gegeben.“ entgegnete er anerkennend. Sie grinste ihn nun leicht an und deutete auf die Liege. „Wenn man diesen Männern nicht hin und wieder einmal die Meinung sagt, denken sie wirklich sie könnten sich alles erlauben. Nur rate ich Ihnen davon ab. Das konnte übel für Sie enden.“ Sie nahm sich Pacey‘ s Akte zur Hand, die bisher aus nur einem Blatt bestand, welches er bei seiner Einlieferung ausfüllen musste. „Ja, das ist sicher ratsam. Ich glaube die Wärter hier stehen nicht so auf Freigeister, die nur versuchen ihr Potenzial auszuschöpfen.“ Die Ärztin lachte einmal leicht auf, während ihr Blick jedoch weiterhin auf der Akte lag. Jetzt von nahem besehen, bemerkte Pacey das sie Tasha nicht ganz so ähnlich war, wie er zu Anfang geglaubt hatte. Ihre Haltung, Sprache, ihre Gesichtszüge. Sie waren sich zwar ähnlich, jedoch nicht gleich. Als sie nun ihren Blick hob und Pacey prüfend musterte, fing er kurz ihren Blick auf und sah ihr dabei in die Augen. Hier lag wohl der größte Unterschied. Auch wenn Tasha und seine Ärztin dieselbe Augenfarbe hatten, so war das Grün in den Augen seines Gegenübers nicht einmal ansatzweise so intensiv, wie das von Tasha. Pacey hatte unterdessen auf der Liege Platz genommen, als sie die Akte beiseitelegte und nach einer noch verpackten Spritze griff. "So Mr. Witter... Ich werde Ihnen nun Blut abnehmen. Außerdem brauche ich noch eine Urinprobe von Ihnen. Das sind nur die Standardtests. Also kein Grund zur Besorgnis." Pacey lachte nun einmal auf, krempelte aber gleich den Ärmel hoch. Dabei ließ er sie jedoch nicht aus den Augen. "Kann ich Sie um einen Gefallen bitten, Doc?" Sie packte die Spritze wieder beiseite, um den Stauschlauch nun um Pacey' s Arm zu legen. Nun aber sah sie zu ihm hinauf. "Klar, worum geht es?" fragte sie, während sie den Schlauch festzog. Pacey lächelte leicht und legte den Kopf leicht schief. "Nennen Sie mich doch bitte Pacey. Mr. Witter ist mein Vater und wenn ich ehrlich bin, kann ich ihn nicht sonderlich gut leiden - gelinde gesagt." Die junge Frau lächelte nun ebenfalls und nickte leicht. "Ja, ich denke das lässt sich einrichten, Pacey. Ich bin übrigens Dr. Emma Lynz." Sie sah dem Jüngeren kurz in die Augen, ehe sie ihren Blick wieder von ihm abwendete und auf die Spritze legte. Doch nahm sie zuerst einen Tupfer und Desinfektionsspray. "Du musst nun ein Faust machen." forderte sie ihn freundlich auf und Pacey kam dem gleich nach. Mit dem Tupfer wischte sie ein paar Mal über Pacey' s Armbeuge, bevor sie nun die Spritze zur Hand nahm und diese in seinen Arm stach. Wenige Sekunden später floss das Blut auch schon in die erste Ampulle. Sie entfernte nun bereits den Stauschlauch und nahm die zweite Ampulle zur Hand, um diese gegen die erste auszutauschen, als sie voll war. „Du kannst die Faust nun wieder aufmachen.“ entgegnete sie ihm. Auch dieser Aufforderung leistete Pacey folge. Als nun auch die zweite Ampulle voll Blut war, nahm Dr. Lynz einen neuen Tupfer, legte diesen auf die Einstichstelle und zog die Nadel vorsichtig heraus. "So und jetzt bitte auf den Tupfer drücken. Ich bin gleich wieder da." Pacey nickte und legte seine Hand auf die Stelle, während Emma sich die Ampullen nahm und kurz den Raum verließ. Als sie nur wenige Minuten später wieder im Raum stand, hatte sich einen Plastikbecher dabei. Dieser landete erst einmal auf dem Tisch, ehe sie den Tupfer mit einem Heftpflaster fixierte. Nun griff sie erneut nach dem Becher und reichte ihn Pacey. "Die Toilette ist den Gang runter links. Normalerweise geht immer ein Wärter mit, um zu überprüfen, dass es auch wirklich der eigene Urin ist, der im Becher landet, aber ich vertraue dir. Du wirst schon das Richtige tun." Pacey stand auf, sah Emma aber fragend an. "Wieso? Ich meine was macht mich bitte vertrauenswürdiger als alle die anderen Häftlinge hier?" Das interessierte ihn nun wirklich. Denn obwohl er erst einen knappen Tag hier war, so hatte er nicht das Gefühl gehabt sich groß von den anderen zu unterscheiden. Doch Emma setzte ein herzliches Lächeln auf und zuckte nur leicht mit den Schultern. "Ich weiß auch nicht. Ich arbeite seit knapp zwei Jahren hier und demnach habe ich schon so manch einen Häftling kommen und gehen sehen. Aber einen wie dich hatte ich noch nie. Ich weiß nicht was es ist, aber irgendwas an dir ist anders Pacey." Pacey lächelte leicht. Wow, sie war wirklich gut, dachte sich Pacey. Sie schien zu sehen, dass er die Tat, für derer er verknackt wurde, nicht begangen hatte. Ohne ein weiteres Wort verließ Pacey nun den Raum, um der Ärztin einige Minuten später die Probe zu überreichen. Sie stellte ihm nun noch einige Fragen, ehe dann auch schon einer der Wärter kam, um Pacey mitzunehmen. Er führte ihn wieder auf den Hof zu den anderen, die er auch gleich beim Basketballfeld entdeckte. Er machte sich auf den Weg zu ihnen und als er noch knapp 30 Meter von ihnen entfernt war, bekam er auch gleich den Ball zugeworfen. Souverän fing er ihn aus der Luft heraus und sah seine neuen Freunde grinsend an. „Los Frischling. Jetzt zeig uns mal, dass dein Gequatsche von wegen Celtics nicht nur heiße Luft war.“ kam es nur provokant von Parker. Auch JJ grinste breit und stimmte seinem Bruder zu. „Ja, Mann. Ich wette den versenkst du nicht. Nie im Leben, Alter!“ Pacey grinste nur leicht und sah zum Korb. Er musste zugeben. Es war schon eine ganze Weile her, dass er richtig gespielt hatte. Und das was sie nun von ihm verlangten, war selbst zu seiner besten Zeit ein sehr schwerer Wurf gewesen. Den Ball schräg in den 30 Meter entfernten Korb zu werfen. Doch was für eine Wahl hatte er den? Er konnte kneifen, aber in Anbetracht der Lage wäre das sicher die schlechteste Entscheidung, die er treffen konnte. Da hieß es einfach Augen zu und durch. Mehr als danebenwerfen konnte er nicht. Und wie heißt es so schön. Wer kämpf, kann gewinnen oder verlieren. Wer nicht kämpft hat bereits verloren. Also setzte Pacey zum Sprung an, ließ den Ball am höchsten Punkt von der Hand rollen und sah ihn in Richtung Korb fliegen. Es schien fast so, als bliebe die Zeit stehen, während der Ball flog und flog und flog. Immer weiter bis er schließlich den Korb erreichte, gegen das Brett stieß, nur um anschließend einige Male den Korb zu umrunden. Und schließlich… Landete er drin. Innerlich hatte Pacey den Atem angehalten und gezittert. Äußerlich jedoch wirkte er vollkommen ruhig und entspannt. Als wäre dies so ein aller-Welts-Wurf. Die Jungen waren mehr als beeindruckt und zu Pacey‘ s Glück verlangten sie keine Wiederholung. So spielten sie den restlichen Nachmittag, ehe sie zum Abendessen wieder hereingerufen wurde. Und obwohl dieser Tag keine sonderliche körperliche Anstrengung beinhaltete, so konnte Pacey nicht leugnen, dass er ihn ziemlich mitgenommen hatte. In ihrer Zelle lag er wieder auf seiner Pritsche und starrte gedankenverloren an die Decke. Den ganzen Tag war er beschäftigt gewesen… Jetzt hatte er wieder Zeit zum Nachdenken. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Kapitel 3 Unser Leben ist das Produkt unserer Gedanken. Von Minute zu Minute wurde alles um ihn herum ruhiger. Doch woran es lag, konnte er im Moment nicht sagen. Entweder lag es daran, dass die meisten Häftlinge beschlossen hatten, sich nun schlafen zu legen oder es lag an der Tatsache, dass Pacey selbst immer mehr mit den Gedanken abdriftete. Es gab immerhin eine Menge zu überdenken. Nicht unbedingt etwas, was sein Leben hier drinnen betraf. Denn das schien für den Anfang recht reibungslos zu verlaufen. Er hielt sich in einer Gruppe auf, die einen gewissen Ruf zu genießen schien. Solange er zu ihnen gehörte, hatte er hier sicher wenig zu befürchten. Er fragte sich nur, ob das auch so bleiben würde. Wer große Macht besaß, hatte sicher auch so manchen Feind. Ob das wohl einmal auf ihn zurück fallen würde? Er hoffte das Beste. Was ihn jedoch auch an diesem Abend vom Schlafen abhielt, war der Grund seiner Einlieferung. Tasha… Wäre sie nicht, wäre er nicht hier. Denn es gäbe keine andere Person auf der Welt für die er sich so aufopfern würde. Und dabei war die Sache doch so paradox. Sie waren seit zwei einhalb Jahren getrennt und hatten so gut wie keinen Kontakt. Und trotzdem waren sie da. Die Gefühle in seinem Inneren. Die Gefühle, die ihn niemals loslassen würden. Doch wollte er dies überhaupt? Wollte er die Gefühle für sie verlieren? ‚Ich denke, dass ist ein zweischneidiges Schwert.‘ schoss es ihm durch den Kopf. ‚Diese Gefühle werden mich nicht glücklich machen… Nicht mehr. Sie sagte zwar, dass sie mich liebt, doch daran hab ich nie gezweifelt. Nur ich habe sie verletzt… Ob sie mir verzeiht, dass ist die Frage.‘ Nun herrschte Stille in seinem Kopf. Als hätte er das Denken einfach eingestellt. Er hörte Koby, der sich auf der Pritsche neben ihm im Schlaf drehte, um eine andere Liegeposition einzunehmen. Ein Seufzen entwich seiner Kehle. ‚Wie ein schlechtes Ferienlager…‘ huschte es ihm wieder durch den Kopf, was ihn für einen Augenblick leicht schmunzeln ließ. Doch dann fing es schon wieder an. ‚Wäre ich an ihrer Stelle… Könnte ich ihr dann einfach verzeihen? Ich glaube, das ist hier die Frage. Wie würde ich mich an ihrer Stelle fühlen?‘ Wieder herrschte Funkstille in seinem Kopf. So lange bis er anfing das für und wider durch zu gehen. Sich dieses Szenario vor Augen zu führen. Da kam ihm in den Sinn, dass es eine ähnliche Situation schon einmal gab. Damals bei Tasha in der Villa, als er Steven das erste Mal gesehen hatte. Tasha und er hatten aneinander geschmiegt auf dem Sofa gesessen. Es war harmlos. Selbst wenn da Gefühle gewesen wären, wäre dies immer noch nichts im Vergleich zu dem gewesen, was er getan hätte. Doch er erinnerte sich an das Gefühl, welches er bei diesem Anblick verspürt hatte. Er kam sich verraten vor. Zutiefst verletzt. Damals wollte er nur weg, einfach fliehen. Aber sie folgte ihm, klärte die Sache auf und alles war wieder gut. Jedoch gab ihm dies eine ungefähre Vorstellung dessen, was sie durchlebt haben musste. ‚Ich glaube, ich hätte nicht anders reagiert. Ich kann es verstehen…‘ musste er sich resigniert eingestehen. Er war sich Tasha‘ s Gefühlen für ihn bewusst. Den Guten, aber auch den Schlechten. Er konnte also nur hoffen, dass sich die positiven Gefühle eines Tages durchsetzten. Denn wer konnte schon mit Gewissheit sagen, was geschehen würde. Vielleicht kam er aus dem Gefängnis nach L.A und sie wartete dort zusammen mit ihrem Sohn, um ihm erneut zu sagen, dass sie ihn liebte und dass sie ihm eine letzte Chance geben will. Dies lag immerhin im Bereich des Möglichen, oder? Oder machte er sich vielleicht schon wieder zu viel Hoffnung? Baute er sich hier schon wieder ein Luftschloss, um diesen Wahnsinn hier durchzustehen, nur damit er wieder rauskam, um sich erneut auf dem Herz herumtrampeln zu lassen? Gut und selbst wenn… Wenn er ehrlich war, so hätte er nichts anderes verdient als genau das. Er hatte ihr unvorstellbares Leid zugefügt. Und das war sicher nichts im Vergleich zu dem, was ihm wiederfuhr. Trotzdem klammerte er sich nun an dieses Gefühl. Wenn er hier drinnen seine Menschlichkeit nicht verlieren wollte, so blieb ihm keine andere Wahl. Denn das war wohl seine größte Angst an diesem Ort. Nicht seine körperliche Unversehrtheit zu verlieren, sondern zu dem zu werden, was diese Umgebung aus einem machte. Er musste diesen Ort so verlassen, wie er ihn betreten hatte, wenn er sein Leben normal weiterleben wollte. Und besonders um Brian’ s Willen hoffte er wenigstens dieses Ziel zu erreichen. Ein trauriges Lächeln huschte über sein Gesicht. Brian… Es fiel ihm schwer seinen Jungen zu verlassen. Ohne das er es kontrollieren konnte, zog etliche Bilder vor seinem innerem Auge an ihm vorbei. Wie Brian das erste Mal gelächelt hatte, das erste Mal gelacht… Die ersten Schritte ohne Hilfe… Das erste Wort… Tränen sammelten sich in Pacey‘ s Augenwinkeln, die er jedoch gleich wieder wegwischte. Er durfte sich hier drinnen keine Schwäche leisten. Doch konnte er dem aufkeimenden Impuls nicht wiederstehen und musste diesem nachgeben. Er richtete sich leicht auf und zog das Bild von Tasha, Brian und sich und der Matratze hervor, wo er sie letzte Nacht versteckt hatte. Hier drinnen musste niemand von seiner Familie erfahren. Auch wenn die meisten hier noch minderjährig waren, so wollte er ihnen so wenig Angriffsfläche wie möglich geben. Er besah sich das Bild nun im diesigen Licht, welches vom Flur herein schien und strich mit dem Daumen leicht über die dargestellte Szenerie. Erneut drängten sich ihm die Tränen in die Augen, doch dieses Mal machte er nicht die Anstalten sie wegzuwischen. Stattdessen rannen sie nun seine Wangen hinunter bis zu seinem Kinn, an dem sie sammelten und als großer Tropfen auf der Decke landeten, welche über seinen Füßen lag. So verharrte er so lange, bis er plötzlich einen metallischen Klang hinter seinem Rücken vernahm, gefolgt von den gereizten Stimme eines Wachmannes, der versuchte in gedämpften Ton zu reden, um die restlichen Gefangenen nicht zu wecken. „Hi Witter. Leg dich hin. Morgen wird ein langer Tag und auch wenn du müde bist, hast du deinen dreckigen Hintern zur Arbeit zu schleppen. Also schlaf jetzt oder ich sorg dafür.“ knurrte er bedrohlich und wartete solange bis Pacey sich wieder hingelegt hatte. Das Bild hielt er vorerst unter der Bettdecke versteckt. Erst als der Mann wieder weg war, versteckte er es wieder und sah erneut an die Decke. Doch bemerkte er nun die aufkeimende Müdigkeit durch seine Glieder schleichen und so versuchte er sich etwas zu entspannen, ehe er in einen unruhigen Schlaf fiel. Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Kapitel 4 4. September 2013 Gewalt ist die letzte Zuflucht des Unfähigen. Der folgende Tag ging ziemlich ereignislos von statten. Vormittags mussten die Jungs weiterarbeiten und den Nachmittag verbrachten sie zusammen auf dem Hof. So ging auch Pacey' s zweiter Tag hinter Gittern schneller vorbei, als er erwartet hatte. Doch spürte der Brünette innerlich, dass sich irgendetwas anbahnt. Nur hatte er noch keine Ahnung, worum es sich dabei handeln könnte. Nun war Freitag, der 4. September. Pacey hatte die letzte Nacht nicht sonderlich gut geschlafen. Wem konnte es ihm auch verübeln. Immerhin war der 3. September ein entscheidender Tag in seinem Leben gewesen. Denn an diesem Tag hatten sich Tasha und er vor drei Jahren kennen gelernt. An diesem Tag hatte sein Leben eine neue Richtung eingeschlagen. Es gab Momente, da fragte sich Pacey, wie sein Leben wohl verlaufen wäre, wenn er an diesem Tag pünktlich gekommen wäre. Wenn er sie nicht vor der Schule getroffen hätte. Hätte sein Leben dann einen anderen Weg eingeschlagen? Oder war es vielleicht doch das Schicksal gewesen, das die beiden zusammen geführt hatte? Vielleicht hätten sie sich später auf dem Gang getroffen und wären da ins Gespräch gekommen? Vielleicht wäre ihr Leben trotzdem genauso verlaufen, weil es einfach so sein sollte? Aber das würde er wohl nie erfahren. Und vielleicht war es auch besser so. Das Leben hat noch Überraschungen für ihn parat. Da war sich der Brünette sicher. Der Tag fing für alle sehr schleppend an. Keiner hatte so wirklich Lust auf irgendetwas. Umso glücklicher waren sie, als sie ihre Arbeit hinter sich gebracht hatten und nach dem Mittagessen auf den Hof durften. Obwohl Pacey mit den Gedanken ziemlich weit entfernt war, bemerkte er, dass seine Leute sich in aller Regelmäßigkeit umsahen und irgendwann tat Pacey es ihnen gleich. Wieder spürte er diese seltsame Anspannung, die er auch gestern vernommen hatte. Vielleicht war das hier drin ja normal, doch für den Brünetten war es doch etwas Neues. Sie liefen gerade über den Hof, als Pacey sich an Koby wendete. „Hey Kob. Kommt mir das nur so vor, oder stimmt hier etwas nicht?“ Der Blick seines Zellenkollegens sprach Bände. Er sah sich einmal um, ehe er seinen Blick auf Pacey richtete. „Nein, du irrst dich nicht. Es bahnt sich etwas an. Spürst du die Spannung in der Luft?“ Pacey nickte und sie kamen an einer Art kleinen Tribüne an. Koby sah zu Chuck und deutete mit dem Kopf leicht auf Pace. Chuck nickte nun bestätigend und sah erst zu JJ, dann zu Pacey. „Weißt du, Frischling. Es gibt nicht viele Neuankömmlinge, die den Sturm riechen bevor er aufzieht. Die meisten halten es für eine allgemeine Angespanntheit, aber das ist es nicht. Alle paar Monate in der Regel geraten die Fronten einander. Schwarz gegen Weiß, wenn du verstehst?“ Chuck deutete zu den Bänken auf der anderen Seite des Hofes, auf denen sich einige Schwarze gerade niederließen. Sie sahen nun ebenfalls ihnen herüber und fingen gleich an zu tuschelnd. Pacey, der Chuck' s Blick gefolgte war, sah diesen nun wieder an und nickte leicht. „Für Frischlinge wie dich, geht das selten gut aus. Deshalb...“ Er sah noch einmal zu JJ, der Pacey nun ein selbstgebautes Messer hinhielt. „Dachten wir uns, du könntest das wohl gut gebrauchen.“ Pacey' s Augen weiteten sich kurz, ehe er doch abwehrend die Hand hob. Er wollte sich aus allem raushalten so gut es ging. Er war zwar alles andere als feige, doch wenn er hier Stress bekam, konnte ihm das nur noch weitere Jahre hinter Gittern einbrocken. Und das wollte er um jeden Preis vermeiden. „Naja, wisst ihr, ich bin eher der Faustkämpfer.“ wehrte er gleich ab, doch JJ warf das Messer nun etwas hoch, sodass der Griff nun in Pacey' s Richtung zeigte. „Schön für dich, Frischling. Das interessiert den Typen, der mit einem Messer in der Hand auf dich zu rennt, aber nicht. Der sticht dich ab, wenn du ihm nicht zuvor kommst.“ Pacey sah in die Runde, schluckte einmal leicht und nahm das Messer schließlich an. Ihm war nicht wohl dabei. Klar hatte er selbst schon die eine oder andere Prügelei vom Zaun gebrochen und einige davon hatten es ganz schön in sich, doch war er auch in der Lage einen Menschen einfach so abzustechen? Er sah auf das Messer, versteckte es dann aber in seinem Schuh. Er wusste, dass er es nicht einsetzen würde, aber ihm blieb kaum eine andere Wahl, als es anzunehmen und zu hoffen, dass es nicht zum Einsatz kam. Nun erzählten ihm die Jungs von einigen anderen Aufständen und deren doch ziemlich blutigen Enden. Das machte dem jungen Mann nicht unbedingt Mut. So folgte er seinen Leuten mit einem recht mulmigen Gefühl zurück in den Zellentrackt. Auch Pacey war nun auf der Hut und achtete auf jede Regung um sich herum. Ihm entging nicht, dass sich die Lage immer mehr anspannte und das ganz ohne Provokationen. Im Zellenblock hatten sie noch Zeit um sich frei zu bewegen. Die sechs standen einfach da, an eine Wand gelehnt und beobachteten die Insassen. Und plötzlich ging es los. Ein schwarzer Häftling fing einen Streit mit einem Weißen an und augenblicklich sammelten sich immer mehr um sie herum. Als einer der beiden - man konnte in dem Trubel wirklich nicht ausmachen, wer es war - auf den anderen losging, fing auch der Rest an. Binnen weniger Sekunde kämpfte jeder gegen jeden. Selbst die, die vorher nicht um die Streitenden herum standen, begannen auf einander einzuschlagen. So blieb es natürlich nicht aus, dass auch auf Chuck, Koby und die anderen eine Horde losstürmte. Sofort entwickelte sich daraus eine riesige Schlägerei, derer die Wärter nicht Herr werden konnten. Sie mussten tatsächlich warten, bis sich die Lage etwas beruhigt hatte, um eingreifen zu können. Auch Pacey wurde recht schnell ins Visier genommen. Ein Schwarzer stürmte auf ihn zu, drückte ihn gegen die Wand und schlug einige Male auf ihn ein, ehe Pacey überhaupt die Chance hatte sich zu wehren. In blinder Panik schlug seinem Gegner mit aller Kraft auf die Nase, deren lautes Knacken in der Geräuschkulisse unter ging. Doch taumelte er nun zurück, sodass Pacey die Chance hatte sich kurz zu erholen, um ihn mit einem weiteren Schlag kampfunfähig zu machen. So konnte er sich gegen drei weitere Gegner behaupten, als er etwas Luft hatte sich einmal umzusehen. Die Kämpfe liefen nach wie vor auf Hochtouren. Pacey sah zu Koby und JJ, die gerade gegen einen wahren Riesen im Vergleich zu ihnen, zu kämpfen hatten. Parker und Leo waren ebenso in ihre Kämpfe vertieft. Nun suchte Pacey Chuck, doch dieser war nicht so leicht auszumachen. Es waren erst Minuten vergangen, doch kam es Pacey vor wie Stunden. Nun endlich hatte er auch Chuck ausgemacht, der in einer ziemlich pikanten Situation steckte. Ein ziemlich kräftiger junger Mann, der von weitem genauso groß wie Chuck wirkte, hatte diesen zu Boden geworfen und kniete mit einem Knie auf seiner Brust. In der Hand hielt er ein Messer, mit welchem er auf Chuck einstechen wollte. Doch hielt dieser die Hand des anderen fest, sodass dieser nicht zu stoßen konnte. Pacey sah aber, dass Chuck das sicher nicht mehr lange durch halten würde. Er rang ein letztes Mal nach Atem und lief dann auf die Beiden zu. Mit einem gekonnten Body-Check warf er den Größeren zu Boden und kniete sich ebenso auf ihn, wie er es zuvor bei Chuck getan hatte. C-Dog - so hieß Pacey' s neuer Gegner - versuchte den Jüngeren nun von sich runter zu werfen. Als ihm dies nicht gelang, versuchte er es mit dem Messer, doch Pacey war schneller. Er fing das Messer ab und schlug C-Dog mit dem Ellenbogen ins Gesicht. Dieser war nun leicht benommen, sodass er sich gegen Pacey' s Griff nicht mehr wehren konnte. Dieser stand nun auf und drehte C-Dog schmerzhaft den Arm auf den Rücken. „Sag mal, was bist du, hmm? So' n Bullenschwein, ein reudiger Spitzel oder was?“ knurrte C-Dog über die Schulter, woraufhin Pacey ihm den Arm noch weiter verdrehte. Er lehnte sich nun zu ihm runter, um ihm die folgenden Worte mit drohender Stimme ins Ohr zu hauchen. „Nein, das nicht gerade. Aber mein Vater ist ein Bulle und ich hab das ein oder andere aus eigener Erfahrung von ihm gelernt. Wenn du ihn also nicht in Ruhe lässt, Hombre, brech ich dir den Arm beim nächsten Mal.“ Noch einmal drückte Pacey den Arm des Älteren weiter nach oben, ließ dann aber von ihm ab. Er trat nun zu Chuck, der gerade dabei war sich wieder zu erheben und von Pacey die Hand gereicht bekam. Doch sah er nun die kommende Gefahr und stieß Pacey zur Seite. C-Dog hatte sich wieder aufgerichtet und war mit dem Messer auf Pacey zu gestürmt. Hätte Chuck ihn nicht beiseite gestoßen, hätte er das Messer direkt in den Hals gerammt bekommen. So erwischte C-Dog nur seinen Arm, den aber nicht zu knapp. Heftig blutend lag Pacey nun am Boden mit dem Messer im Arm, während Chuck seinen Gegner mit einigen gezielten Schlägen nun endlich zu Boden brachte. Nun endlich griffen auch die Wachen ein. Sie warfen einige Sätze Tränengas in die Menge und schnellstens verzogen sich die meisten Gefangenen in ihre Zellen, während die Wärter mit Rauchmasken die Verletzten einsammelten. Wenn es nach ihnen gehen würde, so würden sie sie einfach dort lassen, aber das Gesetz schrieb es nun einmal so vor, also blieb ihnen keine andere Wahl. So wurde Pacey neben einigen anderen auf die Krankenstation gebracht. Dort wurden die Häftlinge aufgeteilt und nach Dringlichkeit behandelt. Und Pacey, dem immer noch ein Messer im Arm steckte, stand daher ziemlich weit oben. Dr. Lynz hatte Pacey schon von weitem gesehen und ihn zu sich bringen lassen. „Oh Gott, Pacey, was ist passiert?“ fragte sie geschockt, als sie sich schnell ein paar OP-Handschuhe anzogen und sich die Wunde genau ansah. „Ach, wissen Sie, Doc. Irgendwer fand mich wohl so zum Anbeißen, der wollt sich wohl 'ne Scheibe abschneiden.“ witzelte er rum, um den Schmerz zu überspielen. Sie bereitete unterdessen einige Kompressen und Verbände vor, ebenso wie Nähzeug. „Pacey, hör auf mit den dummen Sprüchen. Du musst mir sagen, wer das getan hat.“ Nun setzte sie sich neben ihn und zog vorsichtig das Messer heraus. Sofort floss das Blut in Strömen aus der Wunde und sie verabreichte ihm zwei Spritzen. Pacey biss die Zähne zusammen und stöhnte schmerzvoll auf. „Was ist das?“ fragte er, um vom Thema abzulenken. Klar wäre es ein leichtes den Typen zu verraten, doch das würde nicht unbedingt zur Verbesserung seiner Situation beitragen. Also musste er einfach weiter das Thema meiden. „Ein lokales Anästhetikum und ein Blutungsstiller.“ antwortete sie ihm lakonisch. Immer wieder tupfte sie nun über seine Wunde und die ersten paar Male verzog der Brünette dabei das Gesicht. Doch schon nach einigen Sekunden spürte er nichts mehr. So fing sie nun an die Wunde zu nähen, während Pacey dies argwöhnisch begutachtete. Es bedurfte ganzer zehn Stiche, bis die Wunde verschlossen war. Nun verband sie die Wunde noch und sah hinaus. Ein Großteil der Verwundeten war bereits versorgt, da es sich um weniger intensive Fälle handelte. So konnte sie sich mit Pacey etwas Zeit lassen, der jedoch gerade aufstand. „Pacey, ich bitte dich. Du musst mir sagen, wer das getan hat, damit man ihn zur Rechenschaft ziehen kann.“ Pacey lächelte nur matt und legte eine Hand auf seine Wunde. „Tut mir Leid, Dr. Lynz, aber wenn ich was sage, ist das sicher mein Todesurteil da draußen. Und auch wenn mein Leben nicht gerade perfekt ist, so hänge ich doch ziemlich dran. Nicht zu letzt wegen...“ Emma runzelte die Stirn und sah ihn fragend an. Sie kannte zwar seine Akte, doch von seiner Vergangenheit wusste er nichts. „Nicht zuletzt wegen was?“ hakte sie nun neugierig nach und Pacey seufzte einmal. Ihr konnte er es ja wohl sagen. Sie würde das sicher nicht gegen ihn verwenden, so wie es jeder andere dieser tollwütigen Irren da unten tun würde. „Wegen meinem Sohn. Ich denke schon, dass er seinen Vater in einem Stück wiedersehen will.“ Emma zog einmal scharf die Luft ein und sah Pacey betroffen an. Es war nichts Ungewöhnliches, dass einige Häftlinge hier Kinder hatten. Doch scherten sich meisten nicht darum. Pacey aber schon. Wieder zeigte sich ihr, dass er anders war. So nickte sie leicht und nahm sich seine Akte hervor, in die sie nun seine Verletzung und Behandlung einzutragen hatte. Bei der Spalte 'Ursache' sah sie noch einmal zu Pacey. Er würde nichts sagen und das war okay. Sie trug 'Von Unbekannt mit Messer angegriffen‘ ein und packte die Akte beiseite. „Pass gut auf dich auf.“ Pacey lächelte erleichtert und nickte dankbar. „Das werd ich.“ Mit diesen Worten verschwand er und wurde schließlich mit den anderen zusammen wieder in den Zellenblock geführt. Sie betraten diesen und wurden der Reihe nach in ihren Zellen abgeliefert. Dabei liefen sie auch an Chuck' s Zelle vorbei, der Pacey im Vorbeigehen am Arm packte und zurückhielt. Da der Wärter vor lief, bemerkte er dies nicht. Pacey sah Chuck fragend an, der leicht lächelte. „Hey, ich wollte mich nur für deine Hilfe bedanken, Frischling.“ Er ließ Pacey wieder los und nickte anerkennend. „So viel Mumm hat nicht jeder. Ich habe noch nie erlebt, dass ein Frischling sich so für jemanden hier drin einsetzt. Also danke. Willkommen im Club!“ Er reichte Pacey durch die Gitterstäbe durch die Hand. Dieser sah kurz auf zu Chuck, dann aber wieder auf seine Hand. Schließlich nahm er diese und schüttelte sie leicht. „Danke, das bedeutet mir viel.“ Sie ließen voneinander ab und Chuck deutete Pacey nun an zu gehen. So lief der Brünette gerade noch rechtzeitig zurück, ehe der Wärter etwas merkte. Er wurde nun auch an seiner Zelle abgesetzt und trat sofort hinein. Als die Tür hinter ihm zuging, richtete er seinen Blick auf diese und bemerkte so nicht Koby, der nun direkt von ihm stand. „Gratuliere, Alter. Das ist echt 'ne Leistung. Normalerweise dauert es Monate bis Chuck jemanden offiziell willkommen heißt. Du bist gut, Mann. Echt gut.“ Pacey grinste leicht und wurde von Koby gleich kameradschaftlich auf die Schulter gehauen. Jedoch genau auf die Seite an der auch die Verletzung trug, woraufhin er mit schmerzverzerrtem Gesicht leicht in die Knie ging. Das war jedoch Absicht von Koby gewesen, um Pace zu ärgern. Kob und Pace setzten sich auf ihre Betten und Koby erklärte ihm, dass nun ein Einschluss herrschte. Kein Essen, kein Ausgang, keine Duschen, kein Besuch, Nichts. Und das für 24 Stunden. Pacey seufzte. Na toll. 24 Stunden ohne Ablenkungen in denen er sicher wieder nur an das eine denken konnte. Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Kapitel 5 6. September 2013 Der Mensch ist dort zuhause wo sein Herz ist, nicht dort, wo sein Körper ist Den Einschluss hatte Pacey erfolgreich überstanden, auch wenn die Nacht ihre Höhen und Tiefen mit sich trug. Immer wieder war er aufgeschreckt, wie aus einem Alptraum, nur um sekundenspäter feststellen zu müssen, dass der eigentliche Alptraum in der Realität zu finden war. Nun aber brach ein neuer Tag an, an dem ihm bewusst wurde, dass die Zeit hier eine sich endlos wiederholend Abfolge von festgelegten Aktivitäten war. Geweckt von der schrillen Sirene trotteten die Jungen in den Speisesaal und nahmen schweigend ihr Essen zu sich, gefolgt von ihrer Arbeit im Nachbartrakt, bei der die meisten von ihnen endlich aufwachten und immer mehr Energie für die kommenden Stunden sammelten. So betraten Pacey und die anderen nach dem Mittagessen den vom Sonnenlicht gefluteten Hof, wobei Koby breit grinsend beide Arme in die Höhe streckte. „Gott Leute… Kam es mir nur so vor oder hat sich die Zeit heute wirklich ins Unendliche gezogen. Ich sag euch, das is‘ echt ‘ne scheiß Arbeit.“ nörgelte der Blonde, während er die Hände hinter dem Kopf verschränkte. Die Truppe lief zu der kleinen Tribüne, als JJ Koby’ s Aussage kommentierte. „Du musst sie doch nicht machen. Du kannst genauso gut die ganze Zeit in der Zelle hocken und dir den Arsch platt sitzen, während du dir einen runterholst, aber dazu hast du sicher auch keinen Bock, oder?“ entgegnete ihm der Jüngere, warf Chuck dabei jedoch einen unauffälligen Blick zu, den Pacey nicht zu deuten vermochte. Erwartete JJ wegen seiner etwas freieren Ausdrucksweise von Chuck in die Schranken gewiesen zu werden. Oder hatte dieser Seitenblick etwas anderes zu bedeuten? Wenn ja… Was? Doch Chuck reagierte gar nicht, sondern setzte sich nur auf die Bank, ehe sein Blick den von Pacey traf. „Was ist los mit dir, Frischling? Du bist noch ruhiger als sonst. Und ich dachte echt das geht schon nicht mehr. Normalerweise werden die Leute hier gesprächiger und nicht ruhiger, als was gibt‘ s?“ Pacey zog nun leicht nachdenklich die Augenbrauen zusammen. Chuck war wirklich gut darin Leute zu durchschauen. Dies war sicher einer der Gründe, die ihn an die Spitze der Knastdynastie gebracht hat. Pacey konnte nur hoffen, dass Chuck nicht hinter sein eigentliches Geheimnis kam. Das könnte ihm sonst teuer zu stehen bekommen. Doch nun waren auch die vier anderen Augenpaare auf ihn gerichtet und warteten auf eine Antwort. Der Brünette seufzte nur einmal und schüttelte leicht den Kopf. Es hatte keinen Sinn ihnen etwas vorzumachen. Koby, JJ und Parker hätte er sicher täuschen können, aber nicht Chuck und Leo. Sie wirkten viel wachsamer und aufmerksamer, was mit Sicherheit auch an ihrem Alter lag. "Ach es ist nicht weiter wichtig. Wirklich nicht der Rede wert..." versuchte er das Thema abzuschieben, jedoch wissend damit keinen Erfolg haben zu werden. Also griff er zu einem anderen Weg das Thema beiseite zu schieben. "Aber sagt mal... Was muss ich machen um hier mal telefonieren zu können?" fragte er die anderen, die es sich alle schon auf der kleinen Tribüne bequem gemacht hatten, sofern dies überhaupt möglich war. JJ wollte ihn nicht so einfach davon kommen lassen, doch Chuck hatte Nachsicht mit Pacey. Er deutete ihm eine Richtung und Pacey folgte ihm mit einem Blick über die Schulter. Von weitem konnte er eine Reihe von Telefonen erkennen, die aussahen wie die klassischen Münztelefone in der Stadt. "Die Anrufe sind kostenlos, aber zeitlich begrenzt." erklärte der Ältere, während sich Pacey ihnen wieder zuwendete. "Auf wie viel Minuten begrenzt?" hakte der Brünette nun nach, da Chuck nicht weitersprach. Doch dieser grinste nur leicht und zuckte mit den Schultern. "Kommt drauf an, wie dringend der Typ hinter dir telefonieren will und wie schnell er die Geduld verliert und dir eine reinhaut. Im besten Fall. Wenn du Pech hast und zu lange brauchst für seinen Geschmack, hast du auch ganz schnell mal 'n Messer im Rücken." gab JJ ihm zur Antwort. Pacey suchte in seinem Gesicht nach einem Hinweis dafür dass es sich um einen Scherz handle, doch Fehlanzeige. Er sah nun noch einmal zu Chuck und nickte leicht. "Ich geh dann mal kurz telefonieren." meinte Pacey daraufhin nur ohne auf JJ' s Kommentar einzugehen oder sich seine Verunsicherung ansehen zu lassen. So lief er über den Hof in Richtung der Münztelefone. Pacey musste sich eingestehen, dass er die Telefone bisher noch nicht bemerkt hatte. Er erinnerte sich nur, dass er vorgestern hier eine große Traube von Häftlingen gesehen hatte, ohne sich etwas dabei zu denken. Heute dagegen war der Andrang minimal. Von den 7 Telefonen waren 5 besetzt. Sie hatten alle einen kleinen Sichtschutz, doch wirklich Privatsphäre boten sie nicht. Pacey machte vor einem von ihnen Halt, doch sah er vorher noch einmal zu den anderen hinüber, die alle ganz unterschiedlich auf die Person am anderen Ende reagierten. Einer schien mit seinen Eltern zu telefonieren. Er wirkte mitgenommen, glatt etwas traurig und doch froh seine Eltern zu hören. Jedoch stand er einfach nur da und lauschte seinem Gesprächspartner aufmerksam, was sich durch sein ständiges Kopfnicken erkennen ließ. Ein anderer, auch er schien mit seinen Eltern zu telefonieren, schrie in unregelmäßigen Abständen Dinge ins Telefon wie beispielsweise ‚Du hast mir gar nichts vorzuschreiben, kapisch?!‘ oder ‚Ich frag mich echt, wieso ich euch Idioten überhaupt noch anrufe.‘. Das ließ Pacey an die Zeiten zurückdenken, in denen er sich mit seinen Eltern gestritten hatte. Es war ähnlich schlimm, wenn nicht sogar noch schlimmer gewesen. Ein Vorteil den dieser Ort wohl bot. Hier konnten ihm seine Eltern nichts mehr anhaben. Denn in seiner Familie blieb es selten nur bei Worten, wenn es darum ging ihn zu Recht zu stutzen. Nun griff aber auch er zum Hörer, ehe ihm eine Sache bewusst wurde. Ihm fehlte die Nummer der Person, die er anrufen wollte. So lehnte er seinen Kopf kurz an die Telefonzelle und überlegte wie er nun weiter vorgehen sollte, bis ihm etwas einfiel. So nahm er nun den Hörer ab und wählte eine Nummer, die er wohl seit seinem 6. Lebensjahr in und auswendig kannte. Nur Sekunden später hörte er eine altbekannte Stimme am anderen Ende, die ihn leicht Lächeln ließ und ihm kurz das Gefühl gab, dass alles noch ganz beim Alten war. „Hier bei den Leery‘ s. Gail am Apparat.“ meldete sich Dawson‘ s Mutter gewohnt freundlich. „Hallo Gail. Hier ist… Pacey.“ fing er vorsichtig an, sprach dann aber gleich weiter. „Ich hab nicht so viel Zeit. Ich wollte dich nur fragen, ob du eine Nummer von Dawson hast. Seine Handynummer kann ich nicht auswendig und die aus L.A hab ich noch nicht. Weißt du, wie ich ihn am ehesten erreichen kann?“ Gail war spürbar überrascht plötzlich mit Pacey zu sprechen, was er daran bemerkte, dass sie eine ganze Weile brauchte, um auf seine Frage zu reagieren. „Ähm… Ja… Er hat mir seine Nummer gegeben, warte einen Moment…“ Er antwortete nicht, sondern wartete nur, als er hörte, wie Gail mit dem Telefon durch das Haus lief, um wahrscheinlich ihr Handy zu holen. Einige Sekunden später meldete sich Gail wieder. Nur klang sie dieses Mal weniger angespannt. „Hast du was zu schreiben?“ fragte sie, bereute es jedoch Sekunden darauf. Pacey seufzte, denn daran hatte er natürlich auch nicht gedacht. „Ähm… Nein, das nicht wirklich. Aber sag mir die Nummer einfach ein-, zweimal, dann werde ich mir schon merken.“ Gail nickte, auch wenn Pacey das nicht sah. So diktierte sie ihm die Nummer zweimal, ehe Pacey sie wiederholte und nach einer kurzen Verabschiedung auflegte. Daraufhin atmete er einmal tief durch, ehe er seinen Blick noch einmal auf seine Mithäftlingen legte, die neben ihm standen. Nun waren auch alle Telefone belegt. Ihm würde also nicht allzu viel Zeit haben, wenn noch einer den Drang verspürte dabei anzurufen. So griff Pacey erneut zum Hörer – die Nummer immer wieder still aufsagend – ehe er eben diese eintippte und prompt ein Freizeichen ertönte. Es dauerte nun auch nicht mehr lange, da meldete sich eine ihm sehr vertraute Stimme. „Bei Crist, Leery. Dawson am Apparat.“ Pacey konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, denn es klang doch schon etwas absurd. Crist, Leery. Da er jedoch die ganze Zeit schwieg, ertönte nun ein verwirrtes ‚Hallo‘ aus dem Telefon, welches ihn wieder zur Besinnung rief. „Hey Dawson… Ich bin‘ s.“ gab nun doch etwas zurückhaltend von sich. Er musste seinen Namen nicht nennen, denn Dawson wusste sofort, wer die Person am anderen Ende war. Pacey hatte die Angewohnheit entwickelt, einfach nur ‚Ich bin‘ s.‘ zu sagen, wenn er Dawson anrief. Und da noch kaum einer die neue Nummer der Crist‘ s haben konnte, wusste der Blonde sofort, wer die Person am anderen Ende war. „Pacey! Man… Sag mal spinnst du?! Du bist seit fast einer Woche da drin und hast dich bisher noch nicht gemeldet! Ich bin beinahe umgekommen vor Sorge! Was ist passiert?“ zischte Dawson, jedoch mit gedämpfter Stimme, was Pacey stutzen ließ. „Wieso flüsterst du, Hombre?“ gab er die Frage gleich zurück ohne auf Dawson einzugehen. Dieser seufzte nur und wollte einen neuen Versuch starten, Pacey zu fragen was los war, doch er wusste, dass er sich erst erklären sollte. Pacey hörte wie er einige Schritte ging und eine Tür hinter sich schloss, ehe er ihm antwortete. „Ich stand eben im Wohnzimmer und sie stand neben mir. Beinahe wäre sie auch rangegangen, doch ich hab ihr das Telefon abgenommen.“ Pacey legte die Stirn etwas in Falten und lehnte sich gegen den Apparat, sagte jedoch kein Wort. „Sie hat nur die Nummer gesehen und meinte, sie wisse nicht, wer das sei… Sie hat nur die Bostoner Vorwahl erkannt und ich meinte, dass sei wohl einer unserer Freunde aus Boston. Dann nahm ich ihr das Telefon weg und bin dran gegangen. Jetzt bin ich in meinem Zimmer.“ erklärte er mit ruhiger Stimme. Pacey nickte nur und seufzte leicht. „Wie geht es ihr?“ hauchte er leise und ließ seinen Blick über den Hof schweifen, blieb dabei aber kurz bei seiner Truppe hängen, ehe er auch schon eine Antwort erhielt. „Naja… Den Umständen entsprechend. Sie hält sich an Brian und die Beiden versuchen gegenseitig für einander da zu sein, soweit es geht.“ erklärte der Blonde und seufzte etwas. „Willst du mir jetzt bitte erzählen, wieso du dich erst jetzt meldest?“ fügte er besorgt mit etwas Nachdruck an. „Ach weißt du...“ fing er an, doch stockte er. Sollte er Dawson wirklich erzählen, was hier vor sich ging? Immerhin kannte er seinen besten Freund gut genug um zu wissen, dass er niemanden anlügen konnte. Sollte ihn also jemand fragen, ob er was von ihm gehört hatte und wenn ja, was, dann würde er singen. Er würde sich winden, aber früher oder später würde er es ihnen erzählen. Und weder Tasha noch Anny würden das jetzt wohl verkrampften. Also beschloss Pacey, alles was hier drin geschah, auch hier drin zu lassen. Niemals sollte jemand irgendwas von hier drin erfahren. So seufzte er kurz, setzte ein gespieltes Lächeln auf und antwortete Dawson in seiner gespielt lockeren Art. „Naja, es dauert bis man sich hier einlebt. Ist halt eine vollkommen andere Umgebung und alles. Und diese ganzen Eindrücke zu verarbeiten, dauert nun mal seine Zeit. Ich wollte nicht, dass du oder die anderen euch Sorgen macht. Sollten sie mal fragen, sag ihnen mir geht es gut.“ Doch Dawson wollte das nicht so ganz glauben und runzelte die Stirn. „Bist du sicher?“ Pacey nickte nur, bis ihm auffiel, dass Dawson dies ja nicht sah. „Klar bin ich das. Ich sag dir schon bescheid, wenn irgendetwas passiert. Versprochen, Mann“ Noch immer spürte Pacey, dass Dawson ihm nicht glaubte, doch gab dieser schließlich nach und lächelte nun ebenfalls. „Na dann ist ja gut. Meinst du, du kannst dich öfter mal melden, damit ich wirklich sicher sein kann, dass es dir gut geht.“ Pacey spürte nun wie jemand ihm von hinten auf die Schulter tippte und dreht sich um. Hinter ihm stand ein Junge – wohl kaum älter als 15 – und sah ihn grimmig an. „Hey du bist nicht der einzige, der hier mal telen will, Frischling. Also halt dich ran.“ Pacey sah ihn nur skeptisch an, grinste nur leicht und nickte etwas. „Ja, Mann… Beruhige dich.“ gab er seinem Gegenüber zurück. Dann wendete er sich wieder an Dawson. „Ich werd‘ s versuchen, Hombre, aber versprechen kann ich nichts.“ Antwortete er seinem Freund und sah dabei zu dem wesentlich jüngeren, der gut einen Kopf kleiner als er war. Es war doch irgendwie lustig. „Gut, Pacey… Und melde dich, wenn irgendwas passiert. Ich will mir nicht schon wieder sorgen machen müssen.“ Pacey seufzte einmal, grinste aber gleich wieder. „Gott Dawson, beruhige dich… Ich bin schon ein großer Junge und kann auf mich aufpassen.“ Just in diesem Moment spürte er ein unangenehmes Ziehen am Arm, dort wo noch immer seine frische Wunde klaffte, was ihn prompt aufstöhnen ließ. „Alles klar?“ kam daraufhin nur von der anderen Seite, was Pacey nur mit dem Kopf schütteln ließ. „Ja, alles super Dawson. Ich melde mich die Tage. Mach‘ s gut.“ Und ohne auf eine Antwort zu warten legte er auf und trat von dem Telefon zurück. Er besah sich den Verband, doch konnte er kein Blut sehen. Gott sei Dank. So machte er sich nun auf den Weg zurück zu seinen Freunden und sie verbrachten den restlichen Tag auf dem Hof, bis sie zum Abendessen gerufen wurden und schließlich ihn ihre Zellen geschickt wurden. So ging auch dieser Tag recht schnell zu Ende ohne das weitere Zwischenfälle in Sicht gerieten… Oder doch? Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Kapitel 6 7. September 2013 Der Hass ist die Liebe, die gescheitert ist. Drei Tage war der Aufstand jetzt her. Doch Pacey‘ s Arm plagte ihn nach wie vor. Er lief gerade über den Hof und ließ seinen Blick schweifen. C-Dog war noch im Bunker und so schnell würde er sicher nicht wieder rauskommen. Doch wirkten seine Anhänger mehr als verärgert. Aber was solls. Ändern konnte er es nicht. Ihn traf keine Schuld. Denn verpfiffen hatte er ihn immerhin nicht. Davon hatten ihm Chuck und Koby schon am ersten Tag abgeraten. Petzen und Spitzel wurden hier mit dem Tode bestraft. So setzte Pacey seinen Spaziergang über den Hof fort, als er die beiden Brüder in einer versteckten Ecke an einem Häuserblock sah. Als auch sie ihn wahrnahmen, winkten sie Pacey gleich zu sich. Viel hatte er mit ihnen bisher noch nicht zu tun gehabt. Er war mehr mit Chuck und Koby zusammen gewesen. Es dauerte nicht lange bis er die Beiden erreichte. Erst jetzt sah der Brünette, dass sie beide eine Zigarette in der Hand hielten. Er musste unweigerlich daran denken, als Dawson und er das erste Mal geraucht haben. Sie saßen auf der Veranda vor Dawson‘ s Haus und waren gerade erst 12, doch irgendwie hatten sie es geschafft sich Zigaretten zu besorgen. Die Jungen wollten es damals einfach mal ausprobieren. Doch wie der Zufall es damals wollte, kam Mitch, Dawson‘ s Dad, just in diesem Augenblick nach Hause und hat ihnen eine Moralpredigt vom Feinsten aufgetischt. Mit Erfolg. Denn seither hatte keiner der Beiden je wieder eine Zigarette angefasst. Hätte Pacey‘ s Dad die beiden erwischt, würde Pace wohl heute noch rauchen, nur ihm eine reinzuwürgen. „Hey Frischling, wie geht‘ s deinem Arm? Schon besser?“ fragte JJ den Älteren. Pacey lächelt leicht, nickte aber. Dabei zuckte er beiläufig mit den Schultern. „Klar, muss ja. Solange er nicht abfällt, ist alles ok.“ Die Brüder sahen sich an, grinsten leicht, ehe Parker ihm auf den freundschaftlich auf den linken Oberarm haute. „So ist‘ s richtig, Frischling. Immer schön die Zähne zusammenbeißen.“ Pacey zuckte und ging unweigerlich in die Knie. Die beiden lachten und auch Pace versuchte ein gequältes Lachen herauszubringen. „Haha, sehr witzig, Jungs.“ Er stellte sich wieder aufrecht hin, legte nun aber seine Hand leicht auf die Stelle. Schnell hatten sie sich wieder beruhigt, während JJ seinen Blick einmal hinter Pacey schwenkte. Nun griff er aber in seine Tasche und holte eine weitere Zigarette heraus. „Hier, für dich Frischling.“ Pacey warf ihm nur einen skeptischen Blick zu. „Ach, sag bloß du rauchst nicht.“ Wieder lachten die Jüngeren kurz auf. Pacey hatte herausgefunden, dass er nach Leo und Chuck, die beide 21 waren, der Älteste in der Truppe war. Chuck hatte ihm dies gestern erst im Vertrauen erzählt. Koby und Parker waren 17, während JJ gerade mal 15 war. Pacey hob nun abwehrend die Hände und schüttelte leicht den Kopf. „Ja, so sieht‘ s aus, Leute. Das ist ein absolutes Tabu bei mir.“ Die Brüder sahen sich jedoch nur wissend an, ehe sie ihren Blick wieder auf Pacey legten. JJ ging nun einen Schritt auf Pacey zu und steckte ihm die Zigarette in seine Hemdtasche. „Glaub mir, Frischling. Was da draußen war, war da draußen. Hier drin ändert sich alles. Ich habe auch nicht geraucht, als ich noch auf freiem Fuß war. Hier drin aber fängt man schnell damit an. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie hilft es einem.“ Parker grinste leicht und nickte bestätigend. „Ja, kannst uns ruhig glauben, Frischling.“ Gerade als Pacey etwas darauf erwidern wollte, hörte man ein Knistern aus den Lautsprechern, gefolgt von der genervten Stimme eines Wachmannes. „Witter, zum Eingangstor mit dir. Sofort! Du hast Besuch.“ Noch einige Sekunden Knistern, ehe wieder Stille herrschte. Pacey, JJ und Parker hatten ihren Blick auf die Lautsprecher gelegt, doch nun sah Pacey zu Boden und runzelte die Stirn. Parker sah ihn nun fragend an. „Wer ist das?“ Pacey sah auf und zuckte nur mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung. Alle die herkommen würden, sitzen eigentlich am anderen Ende der USA. Ich weiß echt nicht, wer das sein könnte.“ Erneut hörte man das Knistern. „Beweg deinen faulen Arsch, Witter. Los jetzt!“ Wieder Stille. Pacey seufzte. Er hatte wohl keine andere Wahl. „Geh besser. Ehe Captain Dalton noch den Reißaus kriegt.“ meinte JJ und Parker fletschte mit einem Mal die Zähne und imitierte einen reißwütigen Hund, ehe die beiden Brüder einfach nur zu Lachen begannen. Pacey stimmte mit ein, nickte dann aber leicht. „Ja, ihr habt wohl Recht. Wir sehen uns später.“ Mit diesen Worten lief Pacey über den Hof zum Eingangstor. Ein Wachmann kam, schloss das Tor auf und wartete bis Pacey dieses durchquerte. Wie es jetzt weiter ging, hatte er die letzten Tage schon ein paar Mal gesehen. Man würde ihm jetzt Handschellen anlegen und ihn ins Gebäude zu den Besucherräumen führen. Gott… Wenn er irgendwas an diesem beschissenen Laden hier hasste, dann war es die Tatsache, dass sie einem bei jedem Schritt, den sie außerhalb des Häftlingsbereichen taten, Handschellen anlegen mussten. So wartete Pacey darauf, dass jetzt wieder so ein unterbezahlter, überheblich daherkommender Pseudocop zu ihm kam, um ihn in Handschellen abzuführen, doch nichts dergleichen geschah. Stattdessen ging der Cop, der das Tor eben geöffnet hatte wieder auf seinen Posten. Pacey sah ihm verwirrt nach, sagte aber kein Wort. So stand er sicher 10 Minuten da und fragte sich ehrlich, was das ganze hier sollte, ehe vor ihm eine Tür aufging und Dalton herauskam. Der zweite Cop folgte erst einen Augenblick später, sodass Pacey ihn nicht sofort bemerkte. „Hey Boss, wieso sollte ich mich so beeilen, wenn Sie noch eine halbe Ewigkeiten brauchen, ehe Sie mich abholen.“ Dalton sah Pacey nur genervt an und machte einen bedrohlichen Schritt auf ihn zu. „Zügel dein Mundwerk, Witter. Außerdem war nie davon die Rede, dass ich dich abhole.“ Nun drehte der Wärter sich um, sodass auch Pacey jetzt den zweiten Mann sah, der durch die Tür kam. „Er gehört dir. Lass dir alle Zeit, die du brauchst.“ Pacey‘ s Augen weiteten sich. Erschrocken machte er einen Schritt zurück, ehe er wirklich realisierte, was hier eigentlich los war. Chuck und Koby betrachteten das Ganze von weiten, denn auch sie hatten die Durchsage gehört und waren neugierig was da von Statten ging. Der Mann sah nun zu Captain Dalton und nickte dankbar lächelnd. „Danke, Shaun. Ich ruf dich, wenn wir fertig sind.“ Dalton wollte gerade wieder gehen, während Pacey ihm nur grinsend hinterher sah. „Sie heißen echt Shaun mit Vornamen? So wie Shaun das Schaf?“ Pacey konnte sich die Bemerkung einfach nicht verkneifen. Da er oft mit seinem Sohn fernsah, kannte er die ganzen Kindersendung, dieser Tage beim Namen. Und auch wenn es eigentlich gar nicht so witzig war, musste er sich das Lachen verkneifen. Dalton aber drehte sich gereizt um und machte einige große und bedrohliche Schritte auf Pacey zu. „Du!“ knurrte er mit drohender Stimme, doch hielt der andere ihn zurück. „Ruhig, Shaun. Ich kümmere mich schon um ihn.“ Dalton schnaubte verächtlich, wobei sein Blick noch immer auf Pacey lag. „Gut, fürs erste gehört er dir, Johnny.“ entgegnete er widerwillig, doch wendeten sich die nächsten Worte an Pacey. „Und wir sehen uns noch, Witter.“ Mit diesen Worten stampfte der Captain sauer ab. Pacey‘ s Blick lag nun auf dem Mann ihm gegenüber. Das überhebliche Grinsen lag auch weiterhin auf seinen Lippen. „Also, Johnny…“ Pacey lachte einmal auf und betonte diesen Kosenamen besonders. „Was führt dich her?“ Der Mann machte nun ebenfalls einige Schritte auf Pacey zu, doch dieses Mal blieb er ruhig stehen. Der Schock war überwunden und Angst hatte er vor diesem Mann schon seit Jahren nicht mehr. „Jetzt hör mir mal zu, Junge. So sprichst du nicht mit deinem Vater, ist das klar?“ John klang mehr als gereizt. Doch Pacey‘ s Blick wirkte unglaublich kalt in diesem Moment. Solch einen Blick hatte er wohl noch nie in seinem Leben. „Welcher Vater, John? Wann warst du je ein Vater für mich?“ John war für einen Moment vollkommen geschockt. Er hatte schon einiges mit seinem Sohn erlebt, aber so… So hatte er ihn noch nie gesehen. Pacey seufzte leicht. Sein Blick taute etwas auf, als er nun doch etwas genervt zu Boden sah. Kurz herrschte Schweigen, welches von Pacey unterbrochen wurde. „Also… Was willst du hier?“ fragte er leise ohne den Blick vom Boden zu heben. Der Blick des Sheriffs lag weiterhin auf seinem Sohn. Es war eine dubiose Mischung aus Sorge und Verachtung. Also im Endeffekt nichts Neues für den Jungen, auch wenn er ihn nicht sah. „Eigentlich wollte ich sehen wie es dir geht…“ Pacey hob nun leicht den Blick, sah dabei jedoch noch skeptisch drein. „Aber wie es aussieht waren alle Sorgen unbegründet. Du scheinst dich hier ja ganz wohl zu fühlen. Ich wusste ja schon immer, dass du ein Versager bist, aber dass es soweit kommen musste. Ich kann mich wohl glücklich schätzen, dass du die Waffe von Mr. Crist genommen hast und nicht auch noch die Frechheit besessen hast, dir meine Waffe für deine Verbrechen anzueignen. Gott, ich frage mich manchmal echt, wie ich einen Sohn wie dich verdient habe.“ Pacey biss nun die Zähne zusammen und sah seinen Vater nun direkt an. Er musste wirklich an sich halten, um nicht einfach auf ihn loszugehen. „Du hast ja keine Ahnung. Wenn du wüsstest, was passiert wäre, dann würdest du nicht so einen Scheiß von dir geben. Du elendes Arschloch weißt gar nichts über mich oder mein Leben. Das hat dich alles ja noch nie interessiert. Also wieso auch jetzt, hmm? Weißt du, du fragst dich, weshalb du einen Sohn wie mich verdient hast… Ich frage mich, wie ich einen Vater wie dich verdient habe. Denn eins ist sicher. Egal, was kommt… Ich werde meinem Sohn ein bessere Vater sein, als du es je sein kannst, du mieser, elendiger Schweinehund.“ John zog nun die Augenbrauen zusammen und stieß Pacey rücklinks gegen den Zaun. Das vorlaute Mundwerk seines Sohnes war ihm schon immer ein Dorn im Auge. Er hoffte nur, dass man ihm das hier austreiben konnte. Doch Pacey‘ s Worte ließ er nicht so auf sich sitzen. Das schrie geradezu nach einem Konterschlag. Der Sheriff lachte einmal auf. „Ach ja, denkst du das wirklich? Dann bist du wirklich dümmer, als ich dachte. Du willst ein besserer Vater sein als ich. Sieh mal, du bist 18 Jahre alt und sitzt im Knast, weil einen Menschen umbringen willst. Unterdessen ist dein Sohn, sofern es auch wirklich deiner ist, bei Menschen die du kaum kennst. Wer weiß was sie mit ihm machen. Das sind wirklich nicht die Eigenschaften eines Mustervaters, oder wie siehst du das?“ Pacey sah rot. Er wusste nicht, was ihn an John‘ s Aussage am meisten aufregte. So machte auch er nun einen Satz auf ihn zu und packte seinen Vater unverzüglich am Kragen, um ihn nach hinten zu drücken. „Du widerliches…“ knurrte er bedrohlich, aber ehe er sich versah, erwischte ihn die Faust seines Vater mit voller Wucht im Gesicht. Die Wärter hatten schon gesehen, dass die Sache am Eskalieren war und machten sich bereit im Notfall einzugreifen. Pacey war zurückgetaumelt, während er sich unterdessen die stark blutende Nase hielt. Er hatte sich vorne übergebeugt und das Blut tropfte durch seine Finger durch auf den Rasen. Doch nun sah er auf und wollte, von blinder Wut gesteuert, erneut auf John los, doch die Wärter waren schneller. Dadurch dass John einige Schritte zurück machte, konnten sie Pacey packen und festhalten. Ein letztes Mal trat John an seinen Sohn heran, dessen Hände nun wieder auf dem Rücken mit Handschellen fixiert wurden. Er beugte sich zu ihm herunter und sah ihm direkt in die Augen. „Du bist für mich gestorben.“ hauchte er nur noch, ehe er sich wieder aufstellte und ohne ein weiteres Wort ging. Lediglich einen kurzen Blickwechsel mit seinem Freund fand statt, als die Tür, durch die John gekommen war, ins Schloss fiel. Pacey wurde nun hoch auf die Krankenstation gebracht. Dort musste er einen Augenblick warten, ehe Dr. Lynz das Untersuchungszimmer betrat und Pacey besorgt musterte. „Pacey, was ist passiert?“ Sie setzte sich auf den Rollstuhl direkt vor ihm und nahm seine Hände vorsichtig in ihre, um sie von seiner Nase zu lösen. Das Tuch, welches er von der Schwester bekommen hatte, war mittlerweile schon blutgetränkt. „Nichts von Bedeutung. Nur ein typisches Vater-Sohn-Gespräch, wie es in meiner Familie üblich ist.“ Vorsichtig berührte sie seinen Nasenrücken, woraufhin er sofort zusammenzuckte und schmerzvoll aufstöhnte. „Tut mir Leid, Pacey. Aber das wird jetzt wehtun. Meinst du, du schaffst das oder brauchst du ein Schmerzmittel?“ Pacey sah sie an und schüttelte leicht den Kopf. „Nein, es geht schon. Ich halt das schon aus, glaub mir Doc.“ Sie lachte einmal auf, während ihr die Schwester einiges Untersuchungsmaterial brachte. „Du musst hier nicht den Harten markieren.“ meinte sie beschwichtigend, als sie ihn leicht nach hinten drückte und ihm so deutete, er soll sich hinlegen. „Schon gut. Bringen wir es einfach hinter uns.“ Emma seufzte leicht, nickte aber schließlich. So fing sie an mit ihrem Untersuchung, stellte jedoch fest, dass die Nase nicht gebrochen war. Sie war lediglich stark geprellt. Pacey bekam nur ein Nasenpflaster und ein blutungsstillendes Mittel, da seine Nase nach wie vor blutete. Er sollte noch warten, als Dr. Lynz den Raum verließ. Wieder gab die Schwester ihm kommentarlos ein Tuch, welches er sich an die Nase halten sollte. Er wartete nun, bis Frau Doktor nach einigen Minuten zurückkehrte. „Da du ja schon mal da bist, Pacey, kann ich mir auch gleich deinen Arm noch einmal ansehen.“ Pacey‘ s Wut war schon verflogen und auch die Schmerzen an seiner Nase versuchte er weitestgehend auszublenden. „Von mir aus. Ich nehme gerne das Komplettpacket zum Mitnehmen bitte.“ Er grinste sie leicht an, was sie auch direkt leicht kichernd erwiderte. Unterdessen krempelte er schon seinen Ärmel hoch. „Tut mir Leid, Pacey, aber die Option besteht nicht. Die Behandlung erfolgt vor Ort. Da gibt’s nichts zum Mitnehmen.“ Pacey tat gespielt enttäuscht, grinste dabei aber weiterhin. „Ach verdammt. So ein Pech aber auch. Naja, was soll‘ s. Da kann man nichts ändern.“ Emma grinste, nahm Pacey jetzt aber den Verband ab. Dieser landet in einer Petrischale, gefolgt von der Kompresse, die sie vorsichtig von der Wunder zog. Dabei zuckte Pacey einmal kurz zusammen, sah dann runter auf den tiefen Schnitt in seinem Arm. „Aber jetzt mal ehrlich, Doc. Wie viel hätte gefehlt bis man mir das Ding abgehakt hätte?“ Pacey klang dabei vollkommen ernst. Für ihn sah der mehrfach genähte Schnitt unheimlich tief aus. Die dunkelhaarige konnte darüber nur leicht lachen. „Eine Menge Pacey. Auch wenn der Schnitt für dich so tief aussieht, hätte wirklich noch ein ganz schönes Stück gefehlt, bis der Arm durch wäre. Von dem gewaltigen Knochen, der das sowieso aufgehalten hätte, mal ganz abgesehen.“ Sie legte ihren Daumen und Zeigefinger an seinen Oberarm, um ihm die Dicke direkt vor Augen zu führen. „Siehst du. So dick ist dein Oberarm. Und der Schnitt…“ Sie nahm ihre zweite Hand dazu und zeigte ihm damit wie tief die Wunde in etwas war. „… ist circa so tief. Also kein Grund zur Besorgnis.“ Nun grinste Pacey leicht beschämt. Er fühlte sich grad irgendwie wie ein kleines Kind, dass hier die elementarsten Sachen erklärt bekam. Dr. Lynz nahm nun eine neue Kompresse zur Hand, auf welcher sie eine Jodlösung verteilte. „Das brennt jetzt etwas, aber das kennst du ja.“ Pacey nickte leicht und biss vorsorglich schon mal die Zähne zusammen. Sie legte die Kompresse auf die Wunde, Pacey aber blieb ruhig sitzen. Nun legte er eine Hand darauf, als Emma nun einen neuen Verband um die Wunde wickelte. „So, schon fertig.“ Sie schmiss die alten Sachen in den Müll, während Pacey aufstand und seinen Ärmel wieder runterkrempelte. „Dafür, dass du gerade mal 7 Tage hier bist, hast du schon eine ganze Menge Ärger auf dich gezogen.“ Pacey lächelte und zuckte mit den Schultern. Das Tuch hatte er nun wieder an seiner Nase. „Ja, dafür habe ich wirklich Talent. Mich immer wieder in Schwierigkeiten zu bringen. Wir werden uns also wohl noch öfter sehen.“ Er grinste sie immer noch an, doch sie sah ihn mit besorgtem Gesicht an. Sie zog sich nun die Handschuhe aus und trat einige Schritte in seine Richtung, ehe sie direkt vor ihm stehen blieb. Erneut hob sie vorsichtig die Hand, machte aber an seiner Wange halt und strich leicht über diese. Pacey‘ s Grinsen wich einem doch leicht verdutztem Gesichtsausdruck. „Das hoffe ich eigentlich nicht. Ich glaube, du bist ein guter Junge. Und deshalb wäre ich froh, dich hier nicht allzu oft anzutreffen.“ Nun lächelte Pacey leicht. Diesen Spruch konnte er sich nicht verkneifen. „Ach bin ich so unausstehlich?“ Emma schüttelte leicht den Kopf, machte nun aber einen Schritt zurück. „Nein, aber das Letzte was ich will ist, dass anderen etwas zustößt. Das gilt… Besonders für dich…“ Der letzte Teil war nicht mehr als ein Wispern, doch er machte Pacey hellhörig. Er wollte gerade etwas erwidern, da öffnete sich schon die Tür hinter Emma und ein Wärter trat ein. „Ist er fertig?“ Sie drehte sich kurz um, nickte stumm und sah ein letztes Mal zu Pacey. Dieser erwiderte ihren Blick nur leicht irritiert, folgte dann aber dem Wärter. Dieser ließ diesmal auch ohne Handschellen laufen. So wurde Pacey zurück auf den Hof gebracht, wo er gleich von Chuck und Koby belagert wurde. Sie liefen gemeinsam über den Hof und kamen bei JJ und Parker an. „Mann, das sieht echt schlimm aus, Frischling. Was ist passiert?“ – „Ja, welche Dreckssau hat dir das angetan?“ aufgebrachtes Stimmengewirr herrschte hier, bis Pacey ihnen erzählte, was vorgefallen war. Die Jungen staunten nicht schlecht. Sie wussten immerhin noch nicht allzu viel über Pacey oder eine Vergangenheit genauso wie es umgekehrt der Fall war. Nun brachte er ein wenig Licht ins Dunkeln. Als er die Erzählung beendet hatte, lehnte er sich an die Mauer und schloss für einen Moment die Augen. Ohne hinzusehen griff er nun nach seiner Hemdtasche und holte die Zigarette heraus. „JJ hast du Feuer.“ fragte der Brünette mit geschlossenen Augen. JJ und Parker grinsten einander an. „Ja klar, Frischling. Hier!“ Er holte ein Zippo aus seiner Tasche und reichte es Pacey, als dieser die Augen wieder geöffnet hatte. Kurz sah er auf das Feuerzeug, zögerte noch einmal, ehe er die Zigarette in den Mund nahm und sie schließlich anzündete. Er nahm einen Zug, hielt kurz inne, ehe er ihn wieder ausatmete. War das jetzt der Anfang vom Ende? Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- Kapitel 7 8. September 2013 Ich beschäftige mich nicht mit dem, was getan worden ist. Mich interessiert, was getan werden muss. Chuck, Koby und Pacey standen in einer verwinkelten Ecke, in der die Wärter sie nicht gleich sahen und rauchten eine Zigarette. Es war nicht sonderlich leicht an so etwas ranzukommen, doch hatten die Jungen so ihre Kontakte, sodass es für sie kein Problem darstellte ihrer Sucht nachzukommen. Pacey rauchte nicht immer mit ihnen, doch das ein oder andere Mal konnte auch er nicht nein sagen. Chuck achtete jedoch darauf, dass der Brünette nie zu viel rauchte. Schlimm genug, dass die anderen schon eine Art Abhängigkeit entwickelten, doch Pacey wollte er das nicht auch noch zumuten. So standen die Jungen schweigend beisammen und ließen den Blick über den Hof schweifen, ehe Chuck das Schweigen brach. „Und Witter? Was erwartet doch außerhalb dieser Mauern?“ Pacey legte seinen Blick auf den Älteren und seine Stirn schlug Falten. „Was meinst du?“ Nun mischte auch Koby sich in das Gespräch ein und sah Pacey ebenfalls an. „Naja, Frau, Kind, Familie... So was halt.“ Pacey lachte nun gespielt auf und sah zwischen den beiden hin und her. Doch die schienen das vollkommen ernst zu meinen. Gut sie wusste ja nicht, wie alt Pacey war, aber die Frage nach Kind und Frau in einem Jugendgefängnis war doch etwas dubios. „Ich bin 18 also...“ fing er an, doch Koby unterbrach ihn gleich schulterzuckend. „Ja und?“ Koby sah sich einmal um. Als er sah, dass niemand sonst in der Nähe war, sprach er weiter. „Ich bin 17 und habe einen Sohn.“ Pacey sah ihn nun doch ungläubig an. Aber auch Chuck schien dies nicht sonderbar zu irritieren. Denn auch er zuckte nur mit den Schultern. „Ich hab sogar schon zwei Kinder. Zwillinge. Ich war so alt wie du, als sie zur Welt kamen.“ Kurz herrschte Schweigen, während Pacey einen Zug seiner Zigarette nahm. Sollte er sich ihnen anvertrauen? Ja, wieso eigentlich nicht? Immerhin hatten sie es ihm ja auch ehrlich gesagt. Es gab keinen Grund den beiden nicht zu vertrauen, nach alle dem, was sie in den ersten Tagen hier schon für ihn getan hatten. Und doch hatte er ein ungutes Gefühl ihnen zu sagen, dass er ebenfalls einen Sohn hatte. Das machte ihn hier drin nur unnötig verletzlich. Aber die beiden würden es sicher für sich behalten. Immerhin schienen sie selbst zu wollen, dass niemand von ihren Kinder erfuhr. Er konnte diesen Sprung also ungehindert wagen. „Mein Sohn ist jetzt 2 1/2 Jahre alt.“ Pacey hatte nun ein leicht verträumtes Lächeln auf den Lippen. Der Kleine fehlte ihm. Sehr sogar. Der Gedanke, dass er und Tasha gerade am anderen Ende der USA saßen und wer weiß was taten, stimmte ihn ungeheuer melancholisch. „Er fehlt dir sehr, hmm?“ Koby klang sehr betroffen und mitfühlend. Man hörte an seiner Stimme, dass er in einer ähnlichen Situation steckte. So nickte Pacey leicht und nahm nun das Foto aus seiner Hosentasche auf dem Tasha, Brian und er drauf waren. Er sah es kurz gedankenverloren an, ehe er es Koby und Chuck zeigte. „Das war kurz vor der Sache mit Liam. Dem Typen, den ich angeschossen habe.“ Chuck sah ihn nun stirnrunzelnd an. Und das aus vielen Gründen. Einen sprach er nun laut aus. „Sie haben trotzdem noch zu dir gehalten, nachdem du beinahe wen umgebracht hast oder wussten sie es da noch nicht?“ Auch Koby sah Pacey nun fragend an, dieser zögerte jedoch. Er warf einen erneuten Blick auf das Foto, lächelte matt, ehe er es wieder wegsteckte. „Naja... Es ist kompliziert.“ Pacey nahm einen letzten Zug von der Zigarette und drückte diese dann aus. „Eine lange Geschichte.“ Koby lachte einmal auf und drückte seine Zigarette nun ebenfalls aus. „Wir haben viel Zeit hier drin. So schnell werden wir sicher nicht wieder gehen.“ Nun musste auch Pacey einmal auflachen, atmete dann aber einmal tief durch. „Naja, die Kurzfassung ist folgende: Wir haben vor drei Jahren kennengelernt und verstanden uns von vorne herein echt gut. Sie war gerade erst nach Capeside gezogen und gleich in ihrer ersten Woche ist ihr die Hölle auf Erden widerfahren.“ Er machte eine kurze Pause und dachte an die Zeit zurück. Dachte daran, wie sehr sie gelitten. Wie gerne er Liam und diese perverse Sau von Trainer am liebsten umgebracht hätte. Es war einfach nicht zu glauben. Er drängte die Erinnerungen zurück und sprach weiter. „Naja, lange Rede kurzer Sinn, wir sind zusammen gekommen und knapp eine Woche später, als wir uns das erste Mal sagen konnten, dass wir einander liebten, fing die Beziehung an zu zerbrechen, weil ich so ein riesen Idiot war. Zwei Wochen später war es vorbei. Was natürlich auch wieder meine Schuld war. Doch anstatt die Sache ruhen zulassen und das alles zu verarbeiten, haben wir uns gleich in eine andere Beziehung geflüchtet, um diese Gefühl der Leere zu beseitigen. Erst als sie einen Unfall hatte, führte uns das wieder zusammen. Naja, oder fast. Denn erst war das so etwas Inoffizielles und Ungeklärtes, bis sie dann erfahren hatte, dass sie schwanger war. Das warf sie so aus der Bahn, dass sie nach Hawaii fliehen wollte, woraufhin ich ihr gefolgt bin. Die nächsten Monate waren sicher die Schönsten unseres Lebens, auch wenn es immer wieder mehr oder weniger kleine Probleme gab, die es zu umschiffen galt. Aber wir haben das gemeinsam überstanden. Bis wir dann Anfang Januar für drei Wochen getrennt wurden, als sie einen kurzen, aber unheimlichen wichtigen Job in Italien bekam und ich in das Basketball-Junioren-Auswahl-Camp der Boston Celtics ging. Das war echt eine schwere Zeit für uns beide.“ Pacey machte eine kurze Pause und erinnerte sich an die Zeit dort. Wenn er nun so zurück sah, war es kaum anders als hier. Nur die Umstände waren anders und das Essen dort war wesentlich besser. Und vom Wachpersonal hier mal abgesehen und den verschärften Sicherheitsbestimmungen war das hier nicht groß anders. Der Gedanke ließ ihn nun doch schmunzeln. Doch sah er dann die beiden Jungen vor ihm an, die nur darauf warteten, dass er weitersprach. Sie wollten ihn auch nicht drängen, sondern sie wollten ihm die Zeit geben, die er benötigte. Denn auch wenn es bis dahin schon verdammt aufregend und unglaublich verzwickt wirkte, so ahnten sie, dass die große Bombe noch nicht geplatzt war. „Naja, wie dem auch sei. Diese Wochen hatten mir auf jeden Fall eines gezeigt. Nämlich, dass für mich ohne sie an meiner Seite kein Leben mehr war. Und die Trennung sollte eigentlich noch eine Woche länger anhalten, doch das konnte ich nicht. Ich bin also nach Hause zurückgekehrt mit einem folgenschweren Entschluss im Gepäck. Ich hab zu der Zeit schon bei ihr gewohnt, weil meine Familie... Naja sagen wir, sie sind nicht gerade das, was man unter vorbildlichen Eltern verstehen konnte. So kam ich also bei ihr zu Hause an und traf ihre Eltern und ihre kleine Schwester noch an, die nur wenige Stunden darauf nach England fliegen sollten. Und an dem Tag bat ich sie um die Hand ihrer Tochter. Ihr Vater ließ nichts durchblicken, stimmte dann aber ebenso wie seine Frau zu. Ich flog also mit nach England und überraschte sie dort mit dem Antrag.“ Wieder hielt der Brünette kurz inne und erinnerte sich daran, wie verrückt er sich gemacht hatte. Wie er im Flugzeug saß und das Video gestaltete. Wie er mit Anny zusammen den Ablauf plante und den Ring kaufte. Und natürlich wie er vor ihr stand und sie fragte, ob sie seine Frau werden wolle. Ein angenehm warmes Gefühl breitete sich in ihm aus. „Und? Was hat sie gesagt? Wie gings weiter?“ drängte der Blonde nun doch, bekam aber gleich eine Kopfnuss von dem Älteren. Pacey aber schüttelte nur den Kopf und lächelte leicht. „Sie hat ihn angenommen und für einen Augenblick war die Welt perfekt in ihrer Gesamtheit. Bis....“ Er seufzte einmal, schloss die Augen und senkte leicht den Kopf, während Erinnerungen ihn überfluteten. An die Nacht in er alles zerstört hatte. Er sah nun wieder auf und schaute von Chuck zu Koby und umgekehrt. „Bis ich es mal wieder versaut habe und mit einer anderen geschlafen habe.“ sagte er nun doch ziemlich trocken und kühl. An seiner Stimme hörte man bereits, wie sehr er sich selbst dafür hasste. Trotzdem sahen die beiden ihn nun ziemlich schockiert an. Das war die Art von Wendung, mit der sie nicht gerechnet hatten. „Natürlich hat sie mich gleich verlassen und die Verlobung war hinfällig. Das war noch in England. Zurück in Capeside hatten wir noch einmal einen großen Streit bis sie erst mal für eine Woche untergetaucht ist. Ich hab sie dann noch zwei Mal gesehen bevor sie wieder nach Hawaii ging. Das erste Mal schrie sie mich an und gab mir eine Ohrfeige, das zweite Mal schliefen wir mit einander. Doch dann ging sie und ich fiel in eine Art schwarzes Loch der Depression. Mir war einfach alles egal, denn ich hatte das wichtigste im meinem Leben verloren. Meine Freundin und mein Kind. Und ich sah nicht die Chance auch nur eine der beiden Dinge je wiederzusehen. Doch eines Tages rief sie mich an und meinte, dass ich, wenn ich mein Leben wieder in geregelte Bahnen lenken könnte, dass ich dann unseren Sohn bekäme. Es war nämlich immer die Diskussion, ob sie das Kind austrägt und ob wir es dann behalten. Einmal war sie kurz davor es abtreiben zu lassen, aber sie konnte sich nicht überwinden. Und letztlich hat sie das auch eingesehen. Sie kam nämlich für die Geburt zurück und als sie den Kleinen im Arm hielt... Ich glaube, sie war nie glücklicher als in diesem Moment.“ Das stolze Grinsen eines Vaters zierte nun Pacey' s Lippen. Das Gefühl bei ihr zu sein und zu sehen, wie sein Sohn zur Welt kam. Dieses Gefühl war mit nichts anderem zu vergleichen. „Warst du dabei?“ fragte Koby und schielte dabei zu Chuck, der sich nun jedoch nicht rührte. Denn ihn interessierte diese Frage ebenso. Pacey nickte nur schwach. „Ja, das war ich.“ Er lachte einmal auf. „Wisst ihr was komisch ist? Wenn ich an die Geburt zurückdenke, ist das erste was mir in den Sinn kommt, wie glücklich wir waren und wie es sich angefühlt hat dort am Bett als Familie zu sitzen. An die Schmerzen, die sie hatte, denke ich komischerweise immer erst danach.“ Chuck und Koby sahen einander an. „Weißt du, du hast wirklich Glück. Das du nach alledem was zwischen euch war immer noch das Recht hattest dabei zu sein. Kob und ich hatten dieses Glück nicht. Unsere Beziehungen sind etwas vorher schon so in die Brüche gegangen, dass sie uns nicht sehen wollte oder...“ Koby unterbrach den älteren nun. „Wir sind vorher hier gelandet und hatten gar nicht erst die Chance dabei zu sein.“ Pacey sah sie abwechselnd an. „Tut mir Leid für euch.“ hauchte er mitfühlend. Sie schwiegen einen Moment, in dem jeder seinen Gedanken nachging. Dann erst sprach Koby wieder, der ahnte, dass dies noch nicht alles war. „Und was geschah danach?“ Pacey sah auf, riss sich aus den Erinnerungen und erzählte nun weiter. „Danach ist nicht mehr viel geschehen. Sie kam einige Tage später aus dem Krankenhaus raus und kam gleich zu mir, um einige Dinge zu regeln. Wir küssten uns, doch konnte sie das einfach nicht. Sie sah immer mich mit Alexia. Das war zu viel, sodass sie einfach weglief und den Jungen bei mir ließ. Ich wolle sie aufhalten, doch ich kam zu spät. Dann vergingen zwei ganze Jahre bis ich sie wieder gesehen habe. Sie wollte heimlich unseren Sohn besuchen, nur musste es natürlich soweit kommen, dass ich sie sah. Wir küssten uns und wieder verschwand sie. Die ganze Zeit hatte ich immer irgendwie versucht es zu verdrängen, aber an diesem Tag stand ich wieder am Anfang und musste erneut versuchen mich von ihr zu lösen. Doch es ging nicht. Weder mein Herz noch mein Verstand ließen es zu. Das Ende der Geschichte ist jedoch am tragischsten. Zwei Monate nach unserem Kuss wurde ihr kleiner Bruder, der genauso alt war wie Brian, unser Sohn, von dem Typen überfahren, der ihr damals in der ersten Woche all diese schrecklichen Dinge angetan hat. Tja und das war einfach zu viel für sie...“ Pacey stockte kurz, nur eine Sekunde, ehe er ihm der Fehler in diesem Satz auffiel. Aber noch konnte er die Kurve kriegen, wenn er es jetzt richtig formulierte. „Deshalb habe ich auf ihn geschossen. Um der ganzen Sache ein Ende zu setzen und sie für immer von ihm zu befreien, sodass er ihr nie wieder wehtun kann.“ Er ballte seine Hände zu Fäusten. Auch wenn er es nicht getan hatte, änderte das nichts, an der unbändigen Wut, die er für Liam verspürte. Er verharrte so einen Moment, ehe er einmal seufzte und die Geschichte zu Ende erzählte. „Naja, das Ende vom Lied, dass sie mich davon abgehalten hat, ihn zu erschießen und ich ihn so nur verwundet habe. Sie brachte mich soweit mit ihr zu gehen, damit es nicht noch schlimmer wird. Und nun bin ich hier und sie ist mit unserem Sohn an der Westküste. 4807 km von hier entfernt.“ Koby und Chuck sahen einander nun an, ehe zu Pacey sahen, der in Gedanken gerade wieder in L.A war. Sein Zellenkollege trat nun zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Das wird schon, Frischling. Es sind ja nur 23 Monate. Die überlebst du schon.“ Pacey sah auf und hatte ein mattes Lächeln auf den Lippen. Chuck schwieg jedoch beharrlich. Denn eine Sache wollte ihm gerade nicht mehr aus dem Kopf. Doch noch ehe einer der Drei erneut etwas sagen konnte, kamen JJ, Parker und Leo zu ihnen. Während die Halbbrüder Pacey und Koby ansahen, lag Leo' s Blick auf Chuck. Die beiden saßen hier schon einige Zeit zusammen, sodass sie merkten, wenn den anderen etwas beschäftigte. „Was ist los?“ fragte er deshalb mit gedeckter Stimme, doch bekamen die anderen dies selbstverständlich auch mit. Chuck sah nun stirnrunzelnd zu Pacey. „Wie hieß der Typ noch gleich, den du abknallen wolltest? Also mit vollem Namen?“ Pacey sah ihn nun fragend an, ließ sein Blick über die anderen vier schweifen, die ihn nun alle interessiert musterten. Wenn der Chef schon so nachhakte, musste es etwas zu bedeuten haben. „William Bree Chambers... Wieso fragst du?“ Plötzlich wurden alle hellhörig und sahen Pacey mit geweiteten Augen an. „Was ist?!“ fragte dieser nun sichtlich irritiert. „Hat der nicht bis vor ein Monaten auch hier eingesessen?“ fragte Parker nun gerade heraus. Er war immerhin auch noch nicht so lange hier und kannte Liam deshalb kaum. Koby nickte nur. „Ja, der hat auch mal zu uns gehört bis...“ Doch nun brach er ab und sah zu Pacey. Konnte er das wirklich erzählen oder sollte er besser den Mund halten? Er sah zu Chuck, doch dieser reagierte nicht auf den Blick des Jüngeren. „Bis was?“ hakte Pacey nun nach. Die Sache wurde immer verzwickter und verwirrender. Da keiner ihm antworten wollte, setzte Koby nun an. Chuck aber fuhr ihm gleich über den Mund. „Koby, ich warne dich. Er sollte das besser nicht hören!“ zischte der schwarzhaarige, woraufhin Koby sich gleich wieder an ihn wendete und ihn fragend ansah. „Wieso nicht? Er hat ein Recht darauf es zu erfahren!“ Nun mischten sich auch JJ und Parker ein. Die Geschichte um Liam und Pacey war ja bekannt und auch wie es dazu kam. „Spinnst du? Hast du ihm nicht zugehört? Chambers wird sicher bald wieder reinkommen!“ - „Ja, das endet sicher nicht gut!“ Pacey sah verwirrt zwischen den vieren hin und her, die alle nun heiß debattierten. Nur Leo schwieg und zog so Pacey' s Aufmerksamkeit auf sich. Er legte sein Blick auf den jungen Mann, der ihn nur fragend ansah. So nickte Pacey leicht und beantwortete so Leo' s unausgesprochene Frage. „Liam hat damals mit der Vergewaltigung an deiner Freundin geprahlt.“ kam es ihm nun ganz trocken über die Lippen. Während Pacey alles aus dem Gesicht fiel, wurden die anderen plötzlich ganz still. Sie konnten einfach nicht glauben, dass Leo es ihm jetzt einfach sagte. Doch ließ er sich auch nicht davon abbringen, weiterzureden. „Er meinte damals ihr angstverzerrtes und gequältes Gesicht zu sehen, ihr Schreien, Weinen und Gewimmer haben ihm dem besten Orgasmus seines Lebens beschert. Außerdem meinte er, dass er das jederzeit wieder mit ihr tun würde. Wenn es beim ersten Mal schon so geil war, wollte er sich gar nicht ausmalen, wie es wohl beim zweiten Mal sein würde, wenn sie wüsste, was sie erwartet.“ zitierte Leo ihn. Sekundenlang war alles still, ehe Chuck, JJ und Parker gleich anfingen Leo anzuschreien, was er sich dabei gedacht hatte, Pacey das alles so unverblümt zu erzählen. Dabei achteten sie gar nicht auf den Brünetten, der wie versteinert dastand. Nur Koby sah zu ihm. Gut, er hätte die ganze Sache etwas anders verpackt und es sicher nicht so direkt kundgetan, doch war er auf Leo' s Seite. In Pacey aber kochte nun purer Hass auf. Er hoffte, nein, er bettete gar zu Gott, dass Liam hierher kam. Er würde seine gerechte Strafe erhalten und die Mauern dieses Gefängnisses nie wieder lebend verlassen. Das schwor Pacey sich. Kapitel 8: Kapitel 8 -------------------- Kapitel 8 9. September 2013 Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Die Gruppe um Pacey hatte wieder einmal den Basketballplatz besetzt. Pacey, JJ und Koby spielten gegen Parker, Chuck und Leo. Es war ein sehr ausgeglichenes Spiel. Trotz seiner kurzen Anwesenheit hatte Pacey bereits bemerkt, dass Chuck hier so etwas wie eine Vormachtstellung hatte. Kaum einer wagte es sich mit ihm anzulegen und jeder wollte zu seiner Gruppe gehören. Wenn Chuck etwas wollte, bekam er es auch widerspruchslos ausgehändigt. Es war wirklich verblüffend, wie sehr das Gefängnis der High School glich. An der Spitze stand ein Einzelner, der alle unter sich delegierte. Chuck war gerade im Ballbesitz und lief auf Pacey zu, der sich schützend vor dem Korb positionierte. JJ versuchte dem Älteren von hinten den Ball abzunehmen, doch ohne Erfolg. Chuck setzte zu einem Sprungwurf an. Fast gleichzeitig sprang auch Pacey hoch. Aber ehe Chuck wirklich werfen konnte, wurde er gestört, sodass der Wurf daneben ging. „Chuck, Chuck! Er ist da! Er ist wieder da!“ Ein jüngerer Häftling, der Chuck in gewisser Weise als Informant diente, war aufgebracht auf die Jungen zugelaufen. Chuck fluchte über den versiebten Wurf, sah den Jungen nun aber genervt an. Pacey holte unterdessen den Ball, während die anderen Jungen schon hinter Chuck traten. „Wer ist wieder da?“ Er klang gereizt und autoritär. Der brünette Junge wurde, sofern dies überhaupt möglich war, noch kleiner. „Li… Liam Chambers. Er… Er meinte, ich solle dir Bescheid geben. Er will dich sehen.“ Mit einem Mal wurden alle stockernst und auch Pacey horchte auf. Sofort trat er vor die anderen und sah den Kleinen von oben herab an. „Wo ist er?“ knurrte er nun gefährlich. Nach allem was er hier über Liam erfahren hatte und dem, was er ohnehin schon von ihm wusste, konnte Pacey es kaum erwarten, ihm gegenüber zu treten. Der Junge vor ihm sah nun noch verängstigter drein. Er wusste wohl nicht vor wem er nun mehr Angst haben musste. Chuck, dem obersten Boss unter den Gefangenem, Liam, der hier durch seine Skrupellosigkeit fast ebenso gefürchtet war wie Chuck oder vor dem rasenden Pacey. Er warf einen unsicheren Blick zu Chuck, der nur leicht nickte und dem Jungen so deutete, dass er Pacey‘ s Frage zu beantworten hatte. „Er… Er ist bei den Bänken am Nordwest Ende.“ Sofort schweiften alle Blick zu besagter Stelle. Diese befand ich genau auf der anderen Seite des Hofes und obwohl es doch ein nicht unerheblich großer Abstand war, so konnte die Truppe eine Ansammlung von Häftlingen sehen, die sich dort um jemanden zusammenfanden. Der Informant nutzte diese Unaufmerksamkeit aus, um sich schleunigst zu verziehen. Pacey ließ den Ball fallen und wollte gerade hinüberrennen, als Koby ihn an der Schulter zurück hielt. „Hey, ruhig, Frischling. Alles der Reihe nach.“ Pacey biss die Zähne zusammen, nickte aber leicht. So machten sich die 6 auf den Weg hinüber zu der Menschenansammlung. Chuck, Leo und Parker liefen vorne, dicht gefolgt von Pacey, der durch die drei nicht zu sehen war, da er direkt hinter Chuck und Leo stand. JJ und Koby schirmten Pacey von hinten ab. Sie wussten wie er wohl reagieren würde, wenn er Liam gegenüber trat. So versuchten sie ihn davon abzuhalten. Kaum dass sie die Menge erreicht hatten, teilte sich diese auch schon und gab den Blick auf Liam frei, der sich genüsslich und provokant auf der Bank niedergelassen hatte. In einigem Abstand kam der Trupp zum Stehen, während sich der Kreis hinter ihnen wieder schloss. Alle waren gespannt was nun geschah. Immerhin traten hier zwei Erzfeinde gegenüber, wobei noch keiner der Zuschauer ahnte, inwiefern Pacey mit Liam in Verbindung stand. Dieser musste sich arg zurückhalten, um nicht gleich auf seinen Widersacher loszugehen. Während Koby und JJ nur auf Pacey sahen, jederzeit dazu bereit ihn zurückzuhalten, so lagen die Augen aller anderen auf Chuck und Liam, der nun aufstand und Chuck süffisant anlächelte. „Hallo Chuck. Lang, lang ist‘ s her, hmm? Ich freu mich, dass du dich zu mir her bequemen konntest. Und ein Begrüßungskomitee hast du auch mitgebracht.“ Nur flüchtig besah er sich der anderen. Pacey war ihm nach wie vor nicht ins Auge gesprungen. „Das kannst du sehen, wie du willst, Liam. Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich dir bei deinem letzten Besuch klar gemacht hatte, dass ich deinen dreckigen Arsch hier nie wieder sehen will.“ Liam lachte nur einmal auf und zuckte lässig mit den Schultern. „Ich hatte ja eigentlich auch nicht vor, noch einmal herzukommen, aber ein alter Freund von mir hatte da noch eine Rechnung mit mir offen. Er ging wohl davon aus, dass ich dem Bruder seiner kleinen Freundin etwas getan habe, was natürlich ‚überhaupt nicht‘ der Wahrheit entspricht.“ Liam‘ s Tonfall klang mehr als überheblich. Dabei betonte er das ‚überhaupt nicht‘ mit so einer arroganten Selbstgefälligkeit. Er wollte damit andeuten, dass er ‚selbstverständlich‘ nur reingelegt worden war und das nichts damit zu tun, auch wenn dies nicht der Wahrheit entsprach. Nun konnte Pacey nicht mehr an sich halten. Er wollte nach vorne losstürmen, wurde jedoch gleich von Koby und JJ gepackt. Nun erregte er jedoch auch Liam‘ s Aufmerksamkeit. „Wer ist denn deine kleine Freundin hinter dir?“ fragte er Chuck, wobei er versuchte, an dem Größeren vorbei zu sehen. „Hey Kleiner, hast du ein Problem mit mir?“ fragte er herausfordernd an Pacey gewandt. Chuck grinste nur wissen und trat mit Leo beiseite, um den Blick auf Pacey frei zu geben. Kurz – nur für den Hauch einer Sekunde- sah Liam Pacey geschockt an. Dann aber folgte hallendes Gelächter. Es dauerte einen Moment, ehe Liam sich beruhigt hatte. Dann ging er aber einige Schritt auf Pacey zu, der nach wie vor von Koby zurückgehalten wurde. „Na sieh mal einer an. Wen haben wir denn da? Wenn das nicht Pacey Witter ist? Der Mann, dem ich meinen Aufenthalt hier zu verdanken habe.“ Pacey zog die Augenbrauen zusammen. Dann aber sah er zurück zu Koby, der ihn nur fragend ansah. Pacey nickte leicht, womit er ihm andeutete, dass er ihn loslassen sollte. Der Jüngere zögerte kurz, ließ Pacey dann aber los. Nun sah Pacey wieder Liam an. „Oh nein Liam. Das du hier bist verdankst du ganz alleine dir. Ich bin nur derjenige gewesen, der dich in die Schranken gewiesen hat.“ knurrte Pacey gefährlich. Es war gelogen, doch das wusste nur die Beiden. Pacey musste jedoch schon so oft lügen, was dies anging, dass er die Gefühle, die hinter so einem Angriff stehen mussten, vollkommen verinnerlicht hatte. Es schien so, als habe er ihn wirklich angeschossen. Liam grinste nun aber wieder und ging provokant auf Pacey zu. Koby und die anderen standen angespannt hinter ihm, um im Notfall einzugreifen. Direkt vor Pacey kam Liam zum Stehen. Langsam und bedrohlich beugte er sich zu Pacey vor, der sich keinen Millimeter rührte. „Du weißt, dass das nicht stimmt. Und du und deine kleine Freundin von Schlampe könnt euch glücklich schätzen, dass ich sie nicht verraten habe. Aber… Was nicht ist, kann ja noch werden.“ zischte er gefährlich in Pacey‘ s Ohr gefolgt, gefolgt von einem überheblichen Auflachen. Das war es. Das war der Auslöser. Pacey konnte nicht anders. Als Liam sich wieder aufrichten wollte, packte er ihn mit einer Hand am Kragen und hielt ihn fest, während er ihm mit der anderen Hand direkt ins Gesicht schlug. Dies ließ sich Liam selbstredend nicht gefallen und schlug nun ebenfalls auf Pacey ein. Sie rangelten kurz, während Koby, JJ und Parker versuchten die beiden voneinander zu lösen. Doch sie waren einfach nicht zu trennen. Liam schlug Pacey nun mit voller Wucht in den Magen, der darauf benommen zurücktaumelte. Diese Chance nutzte Liam, um ihn mit einem Tritt gegen die Brust nach hinten gegen die Bänke zu befördern, auf denen Pacey hart mit dem Kopf aufschlug. Nun gingen aber auch Leo und Chuck dazwischen und hielten Liam zurück, während die anderen drei Pacey aufhalfen. Er sollte sich setzen, blieb aber mit zusammengebissenen Zähnen stehen. Es dauerte einen Moment, ehe der Brünette wieder klar sah. Denn für einen Augenblick war alles vor ihm leicht verschwommen gewesen. Nun aber spürte er, wie ihm irgendetwas den Nacken hinunterfloß. Nach einem kurzen Griff nach hinten, wurde sein Verdacht bestätigt. Er hatte eine Wunde am Hinterkopf. Er sah von seinen Finger wieder zu Liam und wollte nun die nächste Runde einleiten, wurde aber erneut von Koby und Parker zurückgehalten. Liam lachte nur. „Sieh dich an, Witter. Du bist immer noch derselbe Versager, wie damals auf der High School. Es gibt Dinge, die ändern sich nie.“ Pacey war rasend vor Wut. Er versuchte sich aus dem Griff seiner beiden Freunde zu befreien, aber es gab keine Chance. „Na warte, wenn ich dich in die Finger kriege, William. Dann bist du fällig.“ Nun zog auch Liam die Augenbrauen zusammen. Nach wie vor hasste er es, wenn man ihm bei seinem vollen Vornamen nannte. Er machte einen Schritt in Pacey‘ s Richtung, doch Chuck stellte sich ihm in den Weg. „Hey, Chambers. Du weißt, wie es endet, wenn du dich an ihm vergreifst. Ich würde es sein lassen.“ Chuck baute sich gefährlich vor Liam auf. Wieder einmal zeigte sich Chuck‘ s Beschützerinstinkt. Wer zu ihm gehörte, der stand unter seinem Schutz. Komme was wolle. Liam sah an Chuck vorbei zu Pacey, der ihn nach wie vor mit seinem Blick fixierte. Doch beruhigte er sich wieder etwas, sodass Koby und Parker ihn auch wieder losließen. Die Sache war damit jedoch noch lange nicht vom Haken. Liam und Pacey konnten einfach nicht zusammen hier bleiben. Wie sich gerade zeigte, reichte ein Blick aus, um die Beiden auf Hochtouren zu bringen. Die Gemüter waren erhitzt. Die Spannung bis zum äußersten gespannt. Minutenlang herrschte absolutes Schweigen. Plötzlich aber machte Pacey wieder einen Satz nach vorne. Er hatte sich von dem Schlag auf den Kopf erholt und wollte nun dort weitermachen, wo sie eben gestört wurden. Doch Chuck und Leo reagierten gleich und hielten Pacey zurück, kurz bevor er Liam mit der Faust treffen konnte. Dieser lachte nur auf, als Chuck Pacey ein Stück zurückschubste und von Koby aufgefangen wurde. „Du willst es wohl nicht anders, oder Witter? Wenn du dich unbedingt mit mir messen willst, schlage ich dir ein ‚Spiel-ohne-Regeln‘ vor.“ Man hörte, wie die meisten in der Menge schockiert aufatmete und sofort zu tuscheln begannen. Pacey sah nun jedoch ratlos zu seinen Freunden. „Was soll das bitte sein, ‚Spiel-ohne-Regeln‘?“ Chuck fixierte Liam nun mit einem bitterbösen Blick. „Ach komm, Chambers. Sei doch wenigstens einmal so clever und lass die Sache auf sich beruhen. Das bringt‘ s doch nicht.“ Liam aber grinste nur breit und sah zu Pacey. „Ach, glaubst du, dass dein neues Spielzeug, dass nicht gebacken kriegt? Keine Angst, ist werde ihn dir schon nicht kaputt machen, wenn er früh genug aufgibt, passiert ihm nicht. Ich will dich doch auch befriedigt wissen, Charlylein.“ Nun war es auch für Chuck zu viel. Seit er hier war hatte er gelernt, einiges an Provokationen zu ertragen, doch das sprengte den Rahmen. Leo, JJ, aber auch einige andere der Umherstehenden stürzten nun los, um Chuck zurückzuhalten. Er wand sich kurz hin und her, bis Koby zu ihm trat. „Hey Chuck, beruhige dich. Die Ratte ist es nicht wert. Dafür hast du doch nicht so lange gearbeitet.“ Er legte ihm eine Hand auf den Rücken. Für Pacey, der die ganze Sache ziemlich verwirrt verfolgte, war dies ein sonderbares Bild. Plötzlich zeigten sich Gefühle in dieser sonst so harten Welt. Es war irgendwas in Koby’s Stimme, was Pacey stutzig machte. Sie klang so… So zärtlich. Eigenartiger Gedanke. Chuck sah Koby eine ganze Weile in die Augen, nickte dann aber leicht und trat zurück zu Pacey. Dieser sah den Älteren nur fragend an. Ohne dass er die Frage wiederholen musste, bekam Pacey nun auch die Antwort auf seine Frage, während die Leute, die Chuck eben zurückgehalten hatten, wieder in den äußeren Kreis traten. „Wie der Name schon sagt, ist es ein Spiel ohne Regeln. Und zwar Basketball. Das wird von den Wachen genehmigt, wenn man vorher dafür zahlt.“ Er sah zu Liam. „Und das ist immer die Aufgabe des Herausforderers.“ Sein Blick wanderte wieder zu Pacey. „Wie du weißt, ist Basketball eigentlich ein körperloses Spiel. Doch in diesem Fall sind Fouls jeglicher Art erlaubt. Es gibt einen Schiri, der dafür Sorge zu tragen hat, dass das Ganze nicht in einer Schlägerei endet. Gespielt wird bis 11 Punkte. Im seltenen Fall eines Unentschiedens, wenn einer der beiden bei einem Punktegleichstand spielunfähig wird, gibt es eine Revenge. Wird einer spielunfähig, während der andere führt, ist das Spiel für den Verletzten verloren. Revenge gibt es auch, wenn du führst und spielunfähig wirst. Außerdem gibt es immer einen hohen Einsatz.“ Nun mischte sich Koby ein, der Liam mit gereiztem Blick fixierte. „Ja, meistens geht es darum, wer einen ganz plötzlichen Tod erleidet.“ Pacey riss die Augen auf und sah erst Koby, dann Chuck an. „Was? Wollt ihr mir etwas weiß machen, ich müsste mich umbringen, wenn ich verliere?“ Pacey war fassungslos, während Liam nur süffisant auflachte. „Angst, Witter?“ Pacey musste schwer schlucken. Das musste er erst einmal verdauen. Denn er wusste nicht, ob er dazu wirklich im Stande war. Doch konnte er jetzt auch nicht einfach kneifen, oder? Er musste seine Chancen auf einen Sieg kalkulieren. Er wusste nicht, wie gut Liam mittlerweile spielte. Aber eins wusste er. Und das gab ihm neuen Mut. „Das ist wirklich ein hoher Einsatz, William. Was macht dich so sicher, dass du gewinnst?“ Pacey hatte sich von dem Schock erholt und sein letzter Gedanke hatte ihm eine Menge Selbstvertrauen verliehen. Doch Liam ließ sich davon nicht einschüchtern. „Ich weiß es einfach. Immerhin war ich schon damals auf der High School 1000 Mal besser als du.“ Nun war es Pacey, der überheblich auflachte. „Die High School ist lange her, Chambers, glaub mir. Ich war immerhin nicht umsonst in der Celtics-Junioren-Auswahl.“ Für einen Moment war Liam doch beeindruckt, doch fand er schnell in sein Alter Ego zurück Er tat diese Bemerkung mit einer einfach Handbewegung ab. „Ach, red keinen Stuss. Du warst da nur, weil ich nicht mehr im Team war. Sonst hätten sie mich dir um Längen vorgezogen.“ Pacey ließ sich davon nicht beeindrucken. Er wusste was er konnte und er wusste, dass er gute Chancen gegen Liam hatte. „Glaub doch, was du willst. Also es sieht so aus, als kämen wir ins Geschäft. Gewinne ich, sind wir dich für immer los. Und für den unwahrscheinlichen Fall, dass du gewinnst, werde ich wohl das Zeitliche segnen.“ Pacey‘ s Herz schlug bis zum Anschlag. Was er hier tat, war dumm. Mehr als sogar. Denn er riskierte hier sein Leben. Er riskierte es, dass sein Sohn ohne Vater aufwachsen würde, sollte er das Spiel verlieren. Diese und all die anderen Konsequenzen blieben ihm jedoch gerade verborgen. Das war eben typisch für ihn. Erst handeln, dann denken. Liam grinste nun, zögerte aber. Nicht etwa, weil er Angst hatte, sondern weil er sich der Möglichkeiten bewusst werden wollte. Das hier war eine einmalige Gelegenheit seinen Widersacher leiden zu lassen. Was war der Tod schon gegen all die Qualen, die er sonst erleiden könnte? So machte Liam einen Schritt auf Pacey zu hatte nach wie vor dieses dreckige Grinsen im Gesicht. „Ich habe da einen anderen Vorschlag. Wenn du gewinnst, werde ich sterben. Doch wenn ich gewinne, will ich etwas anderes von dir.“ Pacey zog die Augenbrauen zusammen und ging gleich wieder in den Verteidigungsmodus über. Was hatte die Ratte vor. „Ach und was?“ fragte er scharf und ließ Liam keine Sekunde aus den Augen. „Wenn ich gewinne, dann krieg ich Tasha, um sie so lange zu vögeln bis sie schwarz sieht.“ Pacey biss die Zähne zusammen und wollte wieder auf Liam los. Dass er es wagte so über sie zu sprechen und so etwas zu verlangen. Pacey wollte es ihm einfach nur heimzahlen. Liam lachte jedoch nur, als er sah, wie Pacey sich in Chuck‘ s Armen windete. „Wuw, wuw… Ganz ruhig, Witter. Aber gut, wenn dir das nicht gefällt, habe ich noch eine andere Idee. Wenn ich gewinne, kriege ich unseren Sohn. Oder hast du ihn schon testen lassen? Wenn nicht, dürfte dir wohl bewusst sein, dass er immer noch genauso gut mein Sohn sein kann. Das ist mein letztes Angebot, Witter. Denk drüber nach.“ Noch ehe Pacey auch nur einen Satz nach vorne machen konnte, wurde er schon von Koby nach hinten geschoben. JJ, Leo und Parker folgten ihnen. Nur Chuck verharrt noch einen Moment, fixierte Liam mit seinem Blick, ehe er zu den anderen ging, die völlig durcheinander auf Pacey einredeten. Chuck pfiff einmal und augenblicklich wurde alles still. „Was meint er mit 'unserem Sohn'?“ hakte Chuck nun nach. Pacey hatte Koby und Chuck zwar von Tasha und Brian erzählt, jedoch nicht von dem ganze Dilemma Drumherum. Der Brünette atmete einmal tief durch, ehe er seinen Freunden davon erzählte. „Tasha, meine Ex-Verlobte wurde von Liam vergewaltigt, wie ihr ja alle wisst. Der Bastard hat natürlich kein Kondom benutzt. Eine gute Woche später sind wir zusammen gekommen und haben das erste Mal miteinander geschlafen. Doch das Kondom war undicht und naja... Ein paar Monate später hat sie festgestellt, dass sie schwanger war. Bis heute ist noch nicht nachgewiesen, wer der Vater ist...“ Pacey sah zu Liam, wobei sich sein Blick verfinsterte. „Aber umso älter er wird, umso deutlicher zeigt sich, dass er mein Sohn ist und nicht Liam' s. Er wird ihn nicht kriegen. Nur über meine Leiche!“ Die Jungen um Pacey schwiegen alle betroffen. In dem Moment fragte sich Pacey jedoch, wie Liam überhaupt von Brian erfahren hatte. Er hatte anscheinend noch so viele Kontakte da draußen, dass ihm irgendjemand, von Tasha‘ s Schwangerschaft erzählt haben musste. Wenige Minuten später fingen sie nach und nach an wieder auf Pacey einzureden bis sich das Ganze zu einer Diskussion zwischen den beiden Parteien entwickelte. Koby und JJ waren dagegen. Sie rieten Pacey davon ab. Das Risiko war viel zu groß. Die Konsequenzen waren einfach nicht tragbar. Chuck und Parker meinten jedoch, er solle die Herausforderung annehmen. Dies sei die einzige Chance Chambers für immer zu vernichten. Immerhin hatte Pacey ihnen gesagt, dass er Liam auch umgebracht hätte, wäre Tasha nicht dazwischen gegangen. So könnte er es endlich zu Ende bringen. Pacey war mit den Nerven am Ende. Was sollte er nur tun? Er konnte alles gewinnen oder alles verlieren. War es das wirklich wert? Beide Seiten hatten gute Argumente. Keines überwog wirklich, keines unterlag. Umso länger sie sprachen, umso weniger wusste Pacey, was er tun sollte. Das brachte ihn alles einfach nicht weiter. Doch nun trat Leo zwischen den vieren durch zu Pacey, dessen Nerven jetzt schon blank lagen. Der Ältere blieb direkt vor dem Brünetten stehen und hob ruckartig die Hand. Er packte Pacey' s Kinn mit Zeigefinger und Daumen und zog es zu sich heran. Alle sahen sie nun gespannt zu dem verwirrten Pacey, der von Leo mit einem stechenden Blick durchbohrt wurde. „Vertraust du mir?“ Pacey' s Gesicht wurde - sofern das überhaupt möglich war - noch verwirrter. „Bitte was?“ hakte er nach, doch Leo zog sein Gesicht noch ein Stück vor. „Vertraust du mir, Frischling?“ zischte der Schwarzhaarige bedrohlich. Pacey fragte sich, worauf er hinaus wollte, nickte aber leicht. „Ja, klar. Wieso auch nicht? Worauf willst du hinaus?“ Leo drückte sein Gesicht etwas zurück und trat ein Stück nach hinten. Für einen kurzen Moment sah er zu Parker, ehe er seinen Blick wieder auf Pacey legte. „Dann nimm die Herausforderung an und ich schwöre dir bei meinem Leben, dass du Chambers besiegen wirst!“ Pacey sah ihn ernst an, legte seinen Blick nun aber auf jeden anderen. Jeder - selbst die, die vorher noch dagegen waren - nickte nun bestätigend. Pacey aber zögerte. Er hatte kein gutes Gefühl, doch er vertraute seinen Freunden... seiner Familie. Leo deutete Parker an, dass er sich kümmern sollte. Er wusste schon was zu tun war und nickte leicht. „Ich besorg mir Nick' s Nummer und kümmere mich sofort drum.“ Parker wollte gerade los, doch Leo hielt ihn auf. „Nein, ich kläre das persönlich mit ihm. Besorg mir nur seine Nummer.“ Parker nickte nur und lief gleich darauf los. Pacey fragte sich in dem Moment, ob sich bei Nick, um den Nick handelte den er kannte. Aber nein... Das wäre ein wenig sehr dubios. Außerdem war Nicolas ein Allerweltsname. Er fragte sich nun mehr, was es mit diesem Nick auf sich hatte, doch viel Zeit blieb ihm nicht. Chuck deutete mit seinem Kopf nun in Liam' s Richtung. So setzte sich Pacey in Bewegung, blieb aber noch einmal stehen, als Chuck ihm im Vorbeigehen die Hand auf die Schulter legte. „Leo weiß was er tut. Vertrau mir.“ Pacey nickte nur leicht, ging dann, gefolgt von den anderen wieder zu Liam. „Okay, William. Einverstanden!“ Liam hatte sich derweil mit seiner Gefolgschaft unterhalten. Nun aber schenkte er Pacey wieder seine volle Aufmerksamkeit. „Kluge Entscheidung, Witter. Du hast mehr Mumm, als ich dachte. Ich nahm an, du würdest den Schwanz einkneifen, sofern du überhaupt einen hast.“ Pacey zog verächtlich die Augenbrauen zusammen, schwieg aber. Chuck trat nun neben ihn. „Also Chambers. Du kümmerst dich um die Wärter. Danach habt ihr zwei Wochen Vorbereitungszeit. So sagen es die Regeln. Ich werd den Schiri machen.“ Liam lachte einmal auf, zuckte dann aber mit den Schulter und nickte etwas. „Von mir aus. Du kannst deine kleine Freundin da gerne beschützen. Ich werde ihn so oder so schlagen. Und dann gehört der Junge mir! Wie alt ist er jetzt? 2? 2 1/2? Süßes Alter! Mit ihm werd ich sicher meinen Spaß haben. Im bestmöglichen Sinne natürlich.“ Auf seinen Lippen lag ein widerliches Lächeln. Pacey konnte sich einfach nicht mehr zusammenreißen. Wieder stürzte er auf Liam zu und fing an mit ihm zu rangeln. Dieses Mal kam aber ein Wärter über den Hof und sah gerade wie Liam Pacey erneut zu Boden warf und dabei war auf ihn einzutreten. Sofort lief der Uniformierte auf die Jungen zu, um sie auseinander zu bringen. Er zog Liam von ihm weg und stellte sich zwischen die Beiden. „Hey, was zur Hölle ist hier los?“ Chuck und Koby halfen Pacey gerade wieder auf, als der Wärter auch schon die Pacey klaffende Kopfwunde sah. Sofort drehte sich der Wärter um und packte Liam' s Arm, der ihm gleich darauf auf den Rücken gedreht wurde. Er holte seine Handschellen raus und legte sie Liam an. „So Chambers. Das bedeutet 4 Wochen Bunker. Vielleicht kapierst du dann endlich mal, wie du dich zu verhalten hast. Und Witter: Du gehst auf die Krankenstation.“ Er deutete Pace und Kob in Richtung Ausgang. Die Beiden machten sich gleich auf den Weg, gefolgt von Liam und dem Wärter. Die anderen beiden blieben zurück. Oben angekommen dauerte es auch nicht lange bis Dr. Lynz zu ihm kam und sich eine Kopfwunde ansah. Diese wurde nun desinfiziert, lokal betäubt und genäht. Dabei sprachen die beiden locker und ausgelassen. Wo er schon mal da, konnte sie sich auch gleich seine anderen Verletzungen ansehen. Seine Nase war gut verheilt und auch die Wunde an seinem Arm sah schon um einiges besser aus. Sie sprachen nun noch kurz, bis die Schwester reinkam und Pacey wieder raus schickte. Emma hatte immerhin noch andere Patienten. So treten sich ihre Wege vorerst und er kehrte zurück zu seinen Leuten. Er hatte Liam nun einiges voraus. Nämlich vier Wochen in denen er intensiv trainieren konnte. Im Gegensatz zu seinem Widersacher. Er konnte nur hoffen, dass alles gut ginge. Ihm war bewusst, was alles auf dem Spiel stand. Und er würde nicht verlieren. Niemals! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)