Hopeful Skies von CaitLin (Wenn der Himmel verschwindet) ================================================================================ Kapitel 8: Morning Kiss ----------------------- Ein ganz großes Sorry an alle Yannis und Leander Fans da draußen... ich weiß, es hat mal wieder ewig gedauert, wie auch alles andere bei mir.... es tut mir wahnsinnig leid und ich hoffe, dass ihr dennoch Freude am neuen Kapitel haben werdet! GLG Cait „Geht’s?“ Jeremy grinste bis über beide Ohren. „Mann, das war zu köstlich!“ Edy lachte noch immer höchst amüsiert, nahm zwischendurch einen großzügigen Schluck von seinem Bier. Jedes Mal, wenn er sich beruhigte, rief er sich die Erinnerung an Leander, mit der Erektion auf der Bühne, ins Gedächtnis zurück und lachte prustend wieder auf. „Noch nicht, aber gleich geht sicher noch was!“, knurrte Leander. Während die Bühnenshow noch lief, hatte dieser kleine, heiße Tänzer immer mal wieder zu ihm rüber gestarrt. Und Leander hätte schwören können, dass er sich dieses kleine Nicken Richtung Toilette keineswegs eingebildet hatte. Jeremy schnaubte. „Ich bin ja eigentlich kein Moralapostel, aber wenn du dich schon so fleißig durch die Welt vögelst, dann hoffe ich, dass du es mit einem Kondom machst.“ Leander zuckte mit den Schultern, die Show war zu Ende. Wo war denn Yannis nur hin, dieser süße, kleine Floh? Der ließ sich ja gar nicht mehr sehen … „Klar, was denkst du von mir?“ Dass sich Jem gerade mit einer bissigen Bemerkung über sein lotterhaftes Dasein ausließ, interessierte ihn nicht die Bohne. „Ich wette der ist sexsüchtig.“ Edy packte Yannis an der Hüfte, als dieser an ihnen vorbei rauschte. Es war noch immer sehr voll, die Show hatte sogar ein paar Leute mehr angelockt. „Bringst du mir noch was?“ Yannis hatte bereits die Augenbrauen hinunter gezogen, den Mund aufgeklappt und seinen Kugelschreiber drohend erhoben. Fast so, als wollte er demjenigen, der ihn da so unaufgefordert berührte, das Ding in die Hand rammen. Aber kaum sah er Edys Gesicht, wurde sein eigenes weicher. „Klar! Und ihr?“ Er lächelte und wandte sich an Leander und Jem. Nur wirkte dieses Lächeln ziemlich aufgesetzt, fand Leander. Oder er war einfach nur erschöpft und wollte nicht unfreundlich erscheinen? Denn er schien ja so beschäftigt zu sein, dass er kaum an ihrem Tisch vorbei kam. Jeremy schüttelte den Kopf. „Danke, für mich nichts.“ Die beiden tauschten einen kurzen, aber intensiven Blick aus. Leander spürte einen kleinen Stich der Eifersucht, versuchte ihn jedoch zu ignorieren. Was war denn das gewesen? Warum starrten die sich so an? „Whisky-Cola!“, bestellte Leander grummelnd. „Für mich auch!“ Edy grinste. Und Yannis blickte ihn dabei nicht einmal mehr an! Wieso ignorierte der ihn jetzt? Schon verschwand er erneut in der Masse und wurde für ein paar Stunden nicht mehr gesehen. Ein anderer Kellner brachte ihnen ihre Drinks. Was war denn jetzt auf einmal? Egal wie angestrengt er versucht hatte Yannis‘ Aufmerksamkeit mit seinen Blicken auf sich zu ziehen, wurde er offenbar eiskalt ignoriert. Nach und nach leerte sich das Black Hills und es wurde ruhiger. Die Lichter wurden gedimmt, die Musik leiser. Die letzten Gäste verzogen sich, bis nur noch Leander und seine Jungs an einem Tisch saßen. „Wir warten noch auf Yannis, dann gehen wir“, hatte er einem der anderen Kellner erklärt. „Ich geh mal vorher noch aufs Klo!“ Leander erhob sich und bewegte sich Richtung Toilette. Und erst da fiel ihm ein, dass er den Tänzer völlig vergessen hatte. Er war zu sehr damit beschäftigt gewesen, mit den Augen nach Yannis zu suchen und sich über die Nichtanwesenheit des Knaben Gedanken zu machen. Verdammter Mist! Er stieß die Tür zum Klo auf und da stand er. Der süße Tänzer hatte die Hand gehoben, hatte selbst die Tür öffnen wollen, nur war ihm Leander zuvor gekommen. Das unglaublich heiße Kostüm von vorhin trug er zwar nicht mehr, dennoch hatten diese dunkle, verwaschene Jeans und dieses Shirt in babyblau eine hinreißende Wirkung auf ihn. Leanders Herz begann vor Freude auf und ab zu hüpfen. Hatte er etwa die ganze Zeit über gewartet? Die schmalen, dunklen Augen verengten sich zu Schlitzen und ohne ein weiteres Wort packte er Leander am Kragen und riss ihn mit sich in eine der Kabinen hinein. Zugegeben, war er von dem wilden Temperament recht angetan. Das breite Grinsen konnte er wohl kaum unterdrücken, nicht in einem solchen Moment. Er stieß die Tür zur Kabine hinter sich zu, beugte sich hinunter und entfachte einen gierigen Kuss, auf diesen feurigen Lippen. Mit einer Hand stützte er sich an der Kabine ab, mit der anderen half er den flinken Fingern seine Jeans zu öffnen, bevor er dem Tänzer aus seinen eigenen half. Leander schnaubte, seine Erektion zeichnete sich deutlich in seiner Unterwäsche ab. Er war sofort wieder hart. Und das auf ziemlich schmerzhafte Weise. Der heiße Feger hatte ein Kondom aus seiner Gesäßtasche hervor gezaubert und grinste auf unheimlich verführerische Weise. Kaum verließ er die Kabine, kaum trat er aus dem Klo, stand plötzlich Yannis vor ihm. Scheiße … verdammte Kacke! Wie lange stand er denn schon da …? Hatte er es etwa mitbekommen? Verdammt, wie sollte er denn jetzt reagieren? Warum er plötzlich ein schlechtes Gewissen bekam? Na, man musste ja nur in dieses verzückende, entrüstete Gesicht sehen, wie sollte man sich da nicht mies fühlen? Er versuchte sich an einem kleinen, aufmunternden Lächeln, obwohl ihm das Herz zersprang. Cool bleiben, locker bleiben! Das hatte nichts zu bedeuten, nicht einmal dieses missmutige Gesicht dieses bezaubernden, jungen Mannes. Leander strich sich mit einer Hand das Haar zurück, irgendwie musste er sie beschäftigen, sonst würde er den Kleinen packen und ihn an sich drücken. Mit der anderen, freien Hand strich er Yannis sachte über den Kopf. Ihm fiel nichts Vernünftiges ein, was man in einer solchen Situation sagen könnte und ehrlich gesagt wollte er auch nicht, dass sie lange genug dort stehen blieben, bis sie dem kleinen Tänzer über den Weg liefen. Also schob er sich an Yannis vorbei und bewegte sich durch den schmalen Flur, zurück nach vorne. Die Tanzfläche war gähnend leer, es war plötzlich so still geworden. Und doch hörte er seinen eigenen, wilden Herzschlag so laut, als würde das Geräusch durch die riesigen Boxen auf der Bühne wiedergegeben werden. Mit aufgedrehtem Bass, versteht sich. Schnell gesellte er sich zu den anderen nach draußen, die dort vor der Tür standen. „Wo ist Yannis?“ Edy beugte sich halb zur Tür hinein, sah sich um. Leander zuckte mit den Schultern. „Ich dachte er ist bei euch?“ Er konnte ja schlecht sagen, dass Yannis ihn grade auf dem Klo erwischt hatte, oder? Jeremy musterte ihn nur stumm und als er sah, wie Yannis aus dem hinteren Bereich zurück kam, trat er einen halben Schritt in den Laden rein. Leander versuchte die beiden so gut wie möglich zu ignorieren. „Und, wie war er so?“ Edy grinste und fixierte Leander mit einem wissenden Blick. Zunächst fühlte er sich ein wenig ertappt. „Wen meinst du?“ Edy rammte ihm den Ellbogen in den Bauch. „Den kleinen Türken, wen sonst?“ Erleichtert konnte jetzt auch Leander breit grinsen, zuckte mit den Schultern. „Der kleine Osmane hatte es in sich.“ Die beiden Männer lachten auf, wobei Leander jedoch immer wieder einen unauffälligen Schulterblick zurück warf. Yannis unterhielt sich mit Jem. Und er sah irgendwie ziemlich niedergeschlagen aus. Konnte es etwa sein, dass es wegen ihm war? Dass der Kleine irgendwie auf ihn stand? Aber er ignorierte Leander doch ständig, wich seinen Blicken aus, wenn er sie mit dem des jungen Griechen verknüpfen wollte. Jetzt lächelte der Kleine ein wenig, Gott sei Dank. „Was ist denn jetzt?“ Edy beugte sich zur Tür herein. „Kommt ihr, oder nicht?“ Aber Jeremy winkte tatsächlich ab. „Geht ihr, ich bleibe hier!“ Edy blickte etwas genervt drein. „Wieso denn? Dann warten wir auch! Ich dachte wir gehen noch was essen!“ „Denkst du eigentlich nur ans Fressen?“ Jem schnaubte belustigt. „Nein, zwischendurch denke ich auch an Sex.“ Leander verfiel mit Edy in einen wilden Lachanfall. Das war wohl eine unangefochtene Tatsache, die niemand leugnen konnte, der Edy auch nur ein wenig kannte. „Na komm, dann lass uns gehen.“ Leander zwinkerte Edy zu, schob ihn vor sich her. Lief da etwa etwas zwischen Jem und Yannis? Irgendwie gingen die beiden doch ziemlich vertraut miteinander um. Jem schob ihn sachte vorwärts, bis Yannis sich in Bewegung setzte und faselte irgendwas davon, dass er auf ihn warten würde. „Gehen wir was essen.“ Vielleicht war es Einbildung, vielleicht auch nicht. Immerhin war der Abend ziemlich heftig verlaufen und er merkte es selten, wenn er einen über den Durst gekippt hatte. Der Knirps hatte bestimmt kein Interesse an ihm. Und verdammt nochmal, konnte mal jemand dieser widerlichen Eifersucht sagen, dass sie gefälligst die Fresse halten sollte? Die Zeit wollte nicht vergehen. Und Jeremy kam auch nicht zurück. Ohne, dass er wirklich Einfluss darauf gehabt hatte, hatte er sogar beim Essen gehetzt, nur um schnell genug zurück in der Pension sein zu können. Sein Körper hatte da etwas realisiert, was sein Verstand noch gar nicht verarbeitet hatte. Klar fand er Yannis heiß, klar wollte er ihn am liebsten die ganze Nacht durch über die Matratze jagen. Aber da war noch etwas anderes. Diese komische Eifersucht, die sich in ihm zusammenbraute, passte ihm so gar nicht. Und doch waren sie da, diese kleinen, schwarzen Gewitterwolken. Und je später es wurde, umso mehr Blitze begannen zu schlagen. Edy war schon ins Bett gegangen, wobei Leander nicht einmal im Entferntesten an Schlaf denken konnte. Auch wenn es bald hell wurde. Er tigerte draußen im Vorgarten auf und ab, versuchte Geräusche auszumachen, die die Ankunft zweier Männer verkündete. Doch alles blieb still. Aber dann hörte er etwas! Ein Raunen, ein Flüstern … da waren Stimmen! Mit schnellen Schritten eilte er auf das blaue Tor zu, das Herz schlug ihm fast aus der Brust. Jem war nicht allein, Yannis musste dabei sein! Verdammt nochmal, er musste das alles jetzt ein für allemal klären! Er musste wissen, ob der Kleine Interesse hatte und dann würde er ihn sich packen und dafür sorgen, dass dieser kleine Tornado, tief in ihm, verschwand! Er riss das quietschende Tor auf und erstarrte. Jem hatte grade die Lippen auf Yannis‘ Wange. Und kaum kam er in den Genuss dieses Anblicks, verformten sich die dunklen Wolken, brodelten und verformten sich in einen ungezähmten Sturm. Nichtsdestotrotz ließ er sich nichts anmerken. „Na, da seid ihr ja wieder.“ Er hoffte, dass das Grinsen echt wirkte. „Wollt ihr rein, oder hier stehen bleiben?“ Leander schob die Tür weit auf. Irgendwie wäre er Jem jetzt am liebsten an die Gurgel gesprungen. Dieser Wichser grinste selbst und Leander hätte sein letztes Hemd darauf verwettet, dass dieser miese Wicht das ganze jetzt mit voller Absicht gemacht hatte. Yannis wandte das Gesicht ab, fing an vor sich hin zu stammeln. „Nein, nein … ich gehe wieder runter … macht’s gut …“ Na warte Bürschlein! „Hey, warte! Ich will auch in die Stadt runter!“ Er knurrte Jeremy ein „Gute Nacht!“ entgegen, ihre Blicke trafen sich einen kurzen Augenblick lang. Blitze flogen umher, doch Leander wandte sich als erster ab und folgte Yannis. Eine ganze Weile liefen sie schweigend nebeneinander her, Yannis hatte seine Hände tief in die Taschen vergraben und den Kopf leicht eingezogen. Er gab keinen einzigen Mucks von sich. Also missfiel es ihm jetzt, dass er es war, der ihn begleitete und nicht Jem? Die Stille war kaum zu ertragen! „Die Klamotten haben dir richtig gut gestanden.“ Was Besseres fiel ihm kaum ein, um eine lockere Konversation zu beginnen. Und es fruchtete. Yannis lachte ja schließlich. „Die Sachen waren scheußlich!“ Jetzt musste auch Leander grinsen. So gefiel ihm das doch schon viel besser. „Finde ich nicht. Ich fand’s klasse.“ Und das entsprach wirklich der Wahrheit. Sein kleiner Freund da unten konnte es bezeugen. „Aber nur halb so klasse, wie den Bauchtänzer, was?“ Autsch, volle Breitseite! Moment, was war denn das jetzt für eine zynische Bemerkung? Er schielte zu dem Kleinen hinunter, der mied jetzt Leanders Blick so richtig. Locker bleiben, er würde schnell alles aus dem Knirps heraus kitzeln wäre doch gelacht! „Ey, der hatte einen Arsch, sag ich dir! Richtig geil!“ Und tatsächlich, Yannis zog die Schultern noch ein wenig höher! „Außerdem, wer kann denn da schon nein sagen, wenn dich da so ein heißer Kerl so heiß anbaggert?“ Die Mundwinkel des Kleinen sackten jetzt richtig abwärts. Er konnte seine Emotionen absolut nicht verbergen. Entwich ihm da nicht sogar ein kleines Seufzen? Seine Augenbrauen zogen sich leicht hinunter. Er rieb sich den Nacken und knurrte etwas vor sich hin, das sich anhörte wie „Ich sage dir Bescheid, wenn sie das nächste Mal wieder auftreten.“ Scheiße! Oh Scheiße, ja! Yannis stand tatsächlich auf ihn! Fast hätte Leander laut aufgelacht, gab sich aber damit zufrieden dem Kleinen einfach nur hinterher zu laufen. Ein wildes, ungebändigtes Prickeln erfasste ihn. Verdammt, er war so hinreißend, dass Leander ihn am liebsten angesprungen hätte, jetzt und hier! Die Gasse wurde schmaler, sie bewegten sich jetzt die steinernen Stufen hinunter und Leander ließ ihm den Vortritt. Aus völligem Eigennutz, verstand sich. Er wollte sehen, wie die Pobacken in den Jeans wippten und er konnte nicht leugnen, dass es ihn schon wieder anturnte. Und dann blieb er stehen. Yannis spürte es und erstarrte ebenfalls. Etwas schien die Aufmerksamkeit des jungen Mannes zu erregen und Leander wusste genau was es war. Er sah es selbst zu deutlich. Verdammter Scheißdreck nochmal! Was war denn das? Das waren doch schon wieder Frankys Leute! Konnten die nicht einen noch beschisseneren Zeitpunkt erwischen? Aber es war ihm egal, zumindest für den Moment. Er hatte gewonnen! Und er würde sich jetzt den Preis abholen! Also packte er Yannis am Arm und drückte ihn leicht gegen die Wand. Der Kleine rutschte fast von der Stufe ab, schaffte es aber noch sich an Leander festzuhalten. Dieser schob die Hand in den Rücken des Kleineren und konnte ihn stützen. Langsam beugte er sich hinunter, streifte Yannis‘ Lippen mit seinen eigenen. Er wollte ihn küssen, richtig gierig und mit Zunge. Aber aus den Augenwinkeln sah er die Bewegungen im Schatten und doch konnte er sich kaum von Yannis lösen. Dieser verdammte Kerl beschwor etwas Seltsames in Leander, erweckte etwas in ihm, das besser im Verborgenen geblieben wäre. Man konnte es noch nicht einmal als Kuss bezeichnen, ihre Lippen berührten sich nur flüchtig. Er brachte auch Yannis in Gefahr, wenn er sich mit ihm sehen ließ. Okay, es war dunkel, aber die Überdachung aus Blättern über ihren Köpfen war mit kleinen Lichterketten erhellt. Sie sahen sicher mehr als genug von ihnen. „Du spielst mit dem Feuer, Kleiner“, raunte er gegen Yannis Lippen. Dieser war völlig versteift, starrte Leander aus großen, glasigen Augen an. Da wandte er sich auch schon von Yannis ab und bewegte sich die letzten Stufen hinunter. Irgendetwas zog sich schmerzhaft in ihm zusammen. Es wäre ein ganz wundervolles und aufregendes Abenteuer geworden. Yannis bewegte etwas in ihm und das war weiß Gott nicht nur sein Schwanz. Aber erst, nachdem er sich sicher war, dass diese Gestalten dort drüben wirklich Frankys Männer waren, wurde er sich seiner Vergangenheit wieder schmerzhaft bewusst. Und das letzte was er wollte, war Yannis Franky auszuliefern. Auf der letzten Stufe drehte er sich noch einmal um. Yannis stand da, starrte mit großen Augen und offenem Mund zu Leander hinunter. Oh, er war hinreißend! Das zerzauste Haar, die halb geöffneten, schmalen Lippen. Er wirkte in all seiner Jugend so verführerisch, wie Leander es noch nicht erlebt hatte. Ein warmes, kleines Lächeln kräuselte seine Lippen, er zwinkerte Yannis zu. Besser das Spiel mit dem Feuer zu beenden, bevor es richtig begann. Dann ging er weiter, in die Gasse hinein, in der auch eben die Schatten verschwunden waren. Sie standen dort, unweit von ihm und warteten. „Was wollt ihr schon wieder?“ „Franky ist zu Ohren gekommen, dass du seine Kontakte für eigene Zwecke nutzt. Und er wollte wissen wofür.“ Auch das noch … Leander lief an den beiden Männern vorbei, die sich links und rechts an die Wand gelehnt hatten. Hinter sich hörte er auch schon schnelle Schritte. Yannis folgte ihnen. „Bewegt euch!“, knurrte er den Männern zu und drehte sich nicht noch einmal um. Auch wenn er wusste, dass Yannis dort am Eingang der Gasse stand und ihnen hinterher starrte. „Ich höre?“ Franky saß in auf seiner Ledercouch, zwei ziemlich leicht bekleidete Frauen flankierten ihn. Die eine hing schon quer über der Sessellehne, die andere hatte sich aus einem Geldschein ein kleines Röhrchen gedreht und fiel über den weißen, schmalen Streifen her, der sorgsam auf dem Glastisch zusammengekratzt worden war. Leander versuchte nicht allzu sehr hinzustarren. Die anderen beiden Männer standen noch dicht hinter ihm. „Ich habe sie nicht auf deine Rechnung angeheuert. Die Männer werden bezahlt.“ Franky schmunzelte, er war völlig high. Das konnte Leander deutlich in den Augen erkennen, immerhin hatte er Franky oft genug erlebt, wenn er high war. Sein Körper bewegte sich unkontrolliert und träge, seine Augen waren wässrig und sein Blick davon gedriftet. „Und deine Freunde …“ Er prustete bei dem Wort ungehalten los. „… bauen also ein Hotel, hier in Athen?“ Leander ballte seine Hände zu Fäusten. Er wusste worauf Franky hinaus wollte. Wenn er jetzt nicht vorsichtig war, würde er ihm die Jungs ausliefern. „Vielleicht sollten wir ihnen mal einen Besuch abstatten? Wo bauen sie denn?“ Leander gab keine Antwort. „Ich hab gehört du treibst dich neuerdings ziemlich oft in Plaka herum.“ Jetzt verkrampfte er sich innerlich. „Und?“ Franky grinste. „Und ich vermute, dass das Hotel deiner Freunde dort steht?“ Es gab nichts Leichteres für ihn, als das herauszufinden. Das vom Hotel wusste er sicher auch von den Arbeitern. Wenn er schon herausgefunden hatte, dass sie für Leander arbeiteten. „Ich weiß genau, warum du das tust“, knurrte Leander und spürte, wie sich die Nägel in seine Fäuste bohrten. „Du willst mir einfach nur das Leben schwer machen, hab ich recht?“ Franky erhob sich taumelnd. „Mein lieber Leander, du weißt mir liegt sehr viel an dir.“ Langsam kam er auf Leander zu. „Ich habe deine Dienste stets zu schätzen gewusst. Ob nun innerhalb oder außerhalb meines Bettes.“ Er grinste weiterhin so breit, stand jetzt dicht vor Leander. Frankys schrecklicher Atem umwehte Leander. „Und auch wenn ich dir deine Freiheit versprochen habe, du weißt, mir gehören so einige Hotels in der Stadt.“ Seine Hand streckte sich aus, strich Leander sanft durch das Haar. „Und es passt mir, wenn ich ehrlich bin, so gar nicht, dass du nicht nur die Konkurrenz unterstützt, sondern sie auch noch in unsere Mitte treibst.“ Seine Augen durchbohrten Leander kalt. „Es ist nur eine winzige Pension, die ist keine Konkurrenz für dich“, versuchte es Leander langsam und starrte trotzig zurück. Der Griff in seinem Haar wurde hart, er zerrte Leanders Kopf ein Stück zurück. „Werd ja nicht frech, nur weil ich dich gewähren lasse!“, hauchte er und diesmal meinte es Franky verdammt ernst. „Wäre es nicht Gianni, den du angeheuert hast, hätte ich dir längst den Saft abgedreht.“ Die Finger verkeilten sich so fest in sein Haar, dass er automatisch den Kopf zurück legte, um dem Schmerz zu entkommen. Zeitgleich presste sich ein kühler, flacher und spitzer Gegenstand gegen Leanders Kehle. „Wage es nicht noch einmal, Männer aus meinem Kreis anzuheuern. Beim nächsten Mal habe ich keine Nachsicht mit dir.“ Wie lange er Jem und Edy nicht mehr aufgesucht hatte, wusste er schon gar nicht mehr. Er hatte das Handy abgeschaltet und war in dem Hotel, in dem er noch zwischendurch arbeitete, untergetaucht. Einmal hatte er das Handy eingeschaltet und festgestellt, dass Jem ihn mindestens zwanzig Mal angerufen haben musste. Aber kaum wollte er es wieder abschalten, da meldete sich Gianni plötzlich. Leander ging ran und der Grieche teilte ihm mit, dass sie morgen mit den Arbeiten an der Pension beginnen wollten und ob er Jeremys Nummer haben könnte. Von Franky hatte er vorerst weder etwas gesehen noch etwas gehört. Das musste allerdings nichts heißen. Jedenfalls war es doch schon mal eine Erleichterung zu wissen, dass Franky ihnen nicht dazwischen funken würde. Die Warnung war deutlich gewesen und er würde ohnehin niemanden mehr um Hilfe bitten. Immerhin erledigte Gianni den größten, groben Teil der Arbeit, aber den Rest schaffte Edy schon mit Jeremys Hilfe. Was die beiden wohl trieben? Seufzend schaltete er das Handy ab. Auch Yannis spukte ihm durch den Kopf. Immer wieder sah er dieses süße Gesicht, unter den Lichterketten, oben auf den Stufen deutlich vor sich. Diese unglaublich betörenden Blicke. Das Verlangen danach, den Jungen zu sehen, wurde irgendwann übermächtig groß und auch wenn ihm seine innere Stimme es verbot, konnte er sich kaum zurückhalten. Eines Abends machte er sich schließlich auf den Weg ins Black Hills. Yannis war nur leider nirgends zu sehen. Teilweise war es so brechend voll, dass sich Leander kaum bewegen konnte. Also begab er sich zur Bar, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Nur leider konnte er sich kaum konzentrieren, denn schon gesellte sich irgend so ein dunkelhaariger Kerl zu ihm, beugte sich tiefer als nötig hinunter und erzählte ihm, was er jetzt zu gern mit Leander angestellt hatte. Und genau in diesem Augenblick entdeckte er Yannis. Er klappte den Mund auf, wollte etwas sagen, aber da entwischte ihm Yannis schon wieder! Und nicht nur das, nachdem sich ihre Blicke begegnet waren, wandte sich Yannis eiskalt ab! Einfach so … Sprachlos starrte Leander ihm hinterher, was war denn jetzt wieder los? Warum wurde er jetzt schon wieder ignoriert? Hatte er das alles vielleicht falsch gedeutet? Das konnte doch nicht sein … Aber egal wie oft er versuchte mit Yannis Blickkontakt aufzunehmen, der andere ignorierte ihn. Okay, dass die Welt um ihn herum zerbrach, konnte er nicht leugnen. Und jetzt kam ihm ein fürchterlicher Gedanke. Er hatte wie ein Vollidiot auf einer rosaroten Wolke geschwebt! Er war blind gewesen und hatte nur das gesehen, was er auch sehen wollte. Ihm war nicht einmal in den Sinn gekommen, dass er sich bei Yannis auch irren konnte. Irgendwann, nach dem dritten Bier, verließ er den Laden. Wie viele Stunden er dort gesessen, wie viele er Typen er abblitzen lassen hatte, konnte er nicht genau sagen. Aber irgendwann verging ihm tierisch die Lust. Also brach er auf und ließ das Black Hills zumindest ein paar Schritte hinter sich. Er hatte sie nicht mehr alle, das war doch völlig absurd. Sich wegen einem solchen Schwachsinns die Laune zu verderben und sich wie ein verliebtes kleines Mädchen aufzuführen. Aber warum wollten sich seine Füße dann nicht von der Stelle bewegen? Die laute Musik dröhnte in seinen Ohren und doch glaubte er in einer schrecklichen Stille zu versinken. Er wollte einfach nicht wahrhaben, dass er sich geirrt hatte. Für gewöhnlich fackelte er nicht lange, wenn ihm jemand gefiel. Auch die andere Seite ging drauf ein, wenn sie ein Signal bekam. Aber bei Yannis war verdammt schwer gewesen auch nur irgendwas zu deuten. Aber dann war da dieser zuckersüße Moment gewesen. „Da wird jemand zusammen geschlagen!“, brüllt jemand. So viel griechisch versteht er noch. Menschen rennen in eine bestimmte Richtung und ein kleines beunruhigendes Gefühl übermannt ihn. Geschrei wird lauter, am schlimmsten wird es, als er sieht, wie die Menschen auf die Gasse zu rennen, die höchstwahrscheinlich zum Hinterhof des Black Hills führen. Sofort dreht er sich herum, will in dieselbe Richtung laufen, als zwei riesige Gestalten aus der Gasse hetzen. Verdammt, sind das nicht Frankys Jungs? Gottverdammte scheiße! Er rannte durch die schmale Gasse, schubste die Leute beiseite und erstarrte. Das Blut gefror in seinen Adern. Das war Yannis! Und sie hatten ihn brutal zusammen geschlagen! „Ruft den Notarzt!“, brüllte er. Schnell beugte er sich hinunter und stützte Yannis. Das Gesicht des Jungen war blutig zerschlagen, die schmalen Augen nur einen winzigen Spalt geöffnet. Er blickte Leander an, als wollte er etwas sagen. Verlor aber das Bewusstsein. Eine unbeschreibliche Panik stieg in ihm auf. „Yannis!“, brüllte er, rüttelte leicht an dem Jungen. Aber er rührte sich nicht. „Ruft verdammt nochmal den Notarzt!“ Seine Schreie hallten an den Wänden der modrigen Gasse wider. Der Krankenwagen hatte viel zu lange auf sich warten lassen, Leander hatte ein Taxi auf der Straße angehalten und hatte noch zwei andere als Zeugen mitgenommen, nur für alle Fälle. Yannis war seither völlig weggetreten, irgendwann wurden sie fortgeschickt. Die Jungs, die mit ihm gekommen waren, bedauerten Leander gegenüber den Vorfall und wünschten Yannis gute Besserung. Etwas unschlüssig stand Leander im Eingang, unruhig bewegte er sich unter dem grellen, weißen Licht auf und ab. Wie hatte das nur passieren können? Warum zum Teufel hatten sie Yannis aufgelauert? Vielleicht, weil er sich schon so lange im Verborgenen hielt und weil sie glaubten, der Kleine wüsste etwas über seinen Aufenthaltsort. Aber kein Grund, ihn so brutal zusammen zu schlagen. Seine Hände ballten sich zu zitternden Fäusten, er biss sich hart auf die Unterlippe. Der Anblick hatte ihm den Atem geraubt … Verdammte Scheiße und das war auch noch alles seine Schuld gewesen! Es war doch klar, dass so etwas irgendwann passieren würde! Diese miesen Arschlöcher würde er sich noch ganz persönlich krallen, er würde sie zusammenschlagen und ihnen die Scheiße aus dem Leib prügeln. Hinter ihm wurden Stimmen laut, wie lange stand er schon hier? Drei, vier Stunden? Unter anderem konnte er Yannis ausmachen. Erschrocken sah er sich um, suchte nach einem Versteck. Wie sollte er dem Jungen noch ins Gesicht blicken können, nachdem er wegen Leander so brutal verprügelt worden war? Ein Stück von ihm entfernt war ein Gebüsch, direkt vor der Kurve zum Eingang. Mit schnellen Schritten bewegte er sich darauf zu und sprang hinein. Vielleicht wäre es sogar besser, er würde Yannis nie wieder über den Weg laufen. Und den anderen Jungs schon gar nicht … diese Hände brachten nur Unheil und Pech über die Menschen, die er gern hatte. Seine Augen glitten abwärts, zwar konnte er seine Hände nur undeutlich sehen, aber bis vorhin noch hatte Yannis‘ Blut daran geklebt, das er sich aber in der Krankenhaustoilette abgewaschen hatte. Dort hatte er sich im Spiegel betrachtet, auch auf seinen Klamotten waren rote Flecken gewesen. Und dieses Bewusstsein reichte ihm aus, um ihn eine Entscheidung treffen zu lassen, die ihm verdammt schwer im Magen wog. Die Türen des Krankenhauses schoben sich auseinander, Yannis trat ins grelle Licht. Man hatte ihm den Kopf verbunden, auch an der Lippe hatte er so etwas wie ein dickes Pflaster. Ein schrecklicher Stich durchzuckte Leander, er krallte sich die Hand ins Shirt, seine Finger knirschten. Wie konnte überhaupt jemand so skrupellos sein und diesen wehrlosen, dürren Jungen schlagen? Der Anblick tat ihm in der Seele weh. Yannis telefonierte, Leander erschrak ein wenig, als der junge Mann direkt in seine Richtung blickte. Seine Augen blieben eine Zeitlang auf dem Busch hängen, dann wandte er es ab. Leander atmete ein wenig auf. Er wollte Yannis nicht über den Weg laufen … er ertrug den Anblick ja schon aus der Ferne nicht … seine Schuldgefühle wuchsen immer weiter an, je länger Leander ihn betrachtete. Jetzt erst erkannte er den Ernst seiner Lage. Er war eine Gefahr für Yannis und auch für die anderen. Yannis bewegte sich mit langsamen Schritten die Auffahrt hinunter. Ein alter, rostiger Wagen fuhr zeitgleich vor, die Reifen quietschten fürchterlich, als er bremste. Erleichtert atmete Leander auf. Es war Edy! Er brüllte irgendwie herum, sprang aus dem Auto und inspizierte Yannis. Wieder zog sich etwas schmerzhaft in ihm zusammen. Am liebsten wäre er zu ihnen gegangen, am liebsten hätte er sie begleitet … er wollte mit ihnen zurück in die Pension, wollte sich um Yannis kümmern, sich bei ihm entschuldigen … aber er konnte sich nicht rühren, seine Füße wollten ihm nicht gehorchen. Edy stieg ein und Yannis ging um den Wagen herum, öffnete die Tür. Leander erhob sich langsam, blickte sehnsüchtig zu dem Wagen rüber. Und als hätte Yannis ihn gesehen, hob er erneut den Kopf und blickte direkt in Leanders Richtung. Das Gebüsch lag außer Reichweite der Lichter, viel durfte er sicher nicht erkennen. Und doch hoffte Leander, der andere würde ihn vielleicht sehen. Würde zu ihm kommen, ihn packen und mit in den Wagen zerren. Aber es geschah nichts. Leander wandte sich langsam ab und trat aus der anderen Seite wieder aus dem Gestrüpp. Das war’s dann wohl. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)