Happy Day von Talitious ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Völlig genervt verzog ich mich auf eine freie Zweierbank im vorderen Bereich des Busses, direkt hinter die eindösenden Lehrer. Die restlichen Schüler hatte sich im hinteren Teil des Gefährts verschanzt und fingen an fröhlich zu quasseln. Jemand wie ich hatte da keinen Zutritt, also versuchte ich Abstand zu halten. Während der Fahrt kam eine chaotische Euphorie auf, die auch die Lehrer aus ihren Träumen riss und ansteckte. Alle grölten unseren Abschlusssong und wuselten durch den engen Bus. Nachdem ich mich grummelnd ans Fenster gesetzt hatte, kramte ich meinen iPod hervor und drehte die Musik auf volle Lautstärke. Endlich konnte ich abschalten. Ich war noch viel zu müde um den Tag richtig zu beginnen und Kaffee hatte ich auch noch keinen bekommen. Da ich so einen Trubel eh nicht mochte, war er mir gerade jetzt viel zu viel. Als wenn ein Wandertag an sich nicht schon total bescheuert war. Nein! Unsere Schulleitung musste ja auf die abwegigste Idee überhaupt kommen und den kompletten Jahrgang, an seinem letzten Wandertag vor dem großen Abschluss in einen Vergnügungspark karren. Nach ca. einer Stunde Fahrt, merkte ich, dass unsere Buseskorte, die immerhin drei Busse umfasste, auf einen Rastplatz fuhr um dort eine Pause zu machen. Die Lehrer wollten uns alle raus scheuchen, wofür ich nicht wirklich Begeisterung aufbringen konnte, ich machte mich also einfach noch ein bisschen kleiner, als ich eh schon war und die Lehrerin sah meinen Kopf nicht mehr zwischen den Sitzen des Reisebusses. Hatte eben doch seine Vorteile wenn man nicht ganz so riesig war. Aber wenn das so weiter ging, würden wir unser Ziel nie erreichen! Ich lehnte meinen Kopf gegen die Scheibe, sodass die Morgensonne darauf schien und summte leise mit, als ein neuer tragender Rhythmus begleitet von einem tiefen Basslauf und einer Samtigen Männerstimme an mein Ohr drang. Ach wie ruhig es hier doch sein konnte, wenn man denn alleine war. Eine laue Brise fuhr mir durch das Haar, da beide Bustüren noch offen standen. Die Luft war so früh am Morgen trotz Hochsommer noch etwas frisch, aber sie roch so unendlich gut! Ich fing an den Song richtig mit zu singen. Die Musik und der Sommer machten mich glücklich. Ich weiß, dass es albern klingt, aber ich lebte nun mal für die Musik und oft genug hatte sie mir schon das Leben gerettet, denn ohne sie, wäre ich schon lange nicht mehr hier. Die letzten Klänge ertönten... ich seufzte entspannt. Plötzlich spürte ich, wie sich der Sitz neben mir bewegte. Erschrocken fuhr ich herum und blickte direkt in das mürrische Gesicht von Suzuki Akira, unserem absoluten Schulschwarm. Geschockt starrte ich ihn mit meinem ziemlich entgleisten Gesichtszügen eine Weile an. Was machte der denn hier? Mein Herz stolperte los und rutschte förmlich unter den Sitz, an den ich mich vor Schreck geklammerte hatte. Meine Gedanken überschlugen sich. Warum saß er so plötzlich neben mir? Neben MIR!? Meine Reaktion schien ihn nicht weiter zu beeindrucken. Als ich mich wieder gefangen hatte, drehte ich mich schnell zum Fenster. Ich hatte ihn schon lang genug angestarrt. Scheiße! Wie konnte ich mir nur diese Blöße vor ihm geben? Jetzt wusste er sicher Bescheid! Mir war warm geworden. Sehr warm! Bestimmt war ich rot geworden! Misst! Eine Weile passierte einfach nichts und da mein iPod bereits den nächsten Song anspielte, konnte ich auch nicht hören, ob er immer noch da war oder ob er wieder gegangen war. Ich wurde unruhig. Sollte ich nachsehen? Aber was, wenn er noch da war? Langsam drehte ich mich wieder um und erstarrte in meiner Bewegung, sobald ich ihn sehen konnte. Da saß er immer noch und musterte mich, also drehte ich mich langsam wieder zurück! Oh man! Was war das denn für eine bescheuerte Aktion? Mein Kopf dürfte mittlerweile einer Tomate nicht unähnlich sehen. Verkrampft starrte ich aus dem Fenster und versuchte angestrengt meinen Puls wieder unter Kontrolle zu bekommen. Plötzlich wurde mir der Kopfhörer aus dem Ohr gezogen. "Hey! Was wird das?" Fragte er mich vorsichtig. "Was willst du von mir?" Stellte ich unsicher die Gegenfrage, ohne mich komplett zu ihm um zu drehen. "Du bist doch Takanori aus meiner Parallelklasse oder?" Was?! "Woher weißt du meinen Namen?" Grummelte ich ihn an. "Ich habe jemanden aus deiner Klasse gefragt." "Aha~ Das erklärt aber immer noch nicht, warum du dich einfach neben mich setzt." Merkte er denn nicht, dass ich meine Ruhe haben wollte? "Der Platzt war noch frei, oder hattest du ihn für jemanden reserviert?" Grinste er mich leicht verlegen an. Die Art von dem Kerl passte mir ganz und gar nicht. So falsch und aufgesetzt. Oder? Das konnte doch nicht echt sein! Und natürlich hatte ich den Platz nicht reserviert. Für wen auch? Es gab ja für gewöhnlich niemanden, der an dieser Schule auch nur daran Dachte mit mir zu reden. "Nein hatte ich nicht, aber der Bus ist gerade leer! Es gibt genügend andere Plätze! Also warum hockst du dich ausgerechnet neben mich? Ist dir überhaupt bewusst, dass du dich gerade in der Gegenwart des unbeliebtesten Schülers der ganzen Schule aufhältst? Und das freiwillig?" Mein Ton wurde schärfer. Was für ein Spielchen trieb er hier mit mir? "Ja das ist mir durchaus bewusst! Und um auf deine Frage, was ich hier mache zurück zu kommen, ich bin vor meiner Klasse geflohen. Die sind mir viel zu hektisch und zu laut! Und außerdem, will mir nicht in den Kopf, wie die Schule darauf kommt uns in einen Vergnügungspark zu schicken! Sowas bescheuertes!" Ich horchte auf. Er dachte anscheinend genau so wie ich! Irgendwie wollte das nicht so recht in meinen Kopf. Der sonst so umjubelte, mochte den Trubel gar nicht? Konnte das sein? Oder ging es hier nur um diesen einen Morgen? Ich war vollkommen verwirrt. Aber Moment! Er sagte, er sei nur hier, weil er geflohen ist. Na toll! Also wollte er nur meine abschreckende Wirkung für sich ausnutzen! War ja wieder klar! Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er sich aus persönlichem Interesse an mir als Person hier her begeben hätte, - in die Höhle des Löwen, die Gruft des Abschaums, zum König der Idioten. //Ach ja mein lieber Takanori, wieder mal weit gefehlt!// "Na dann hast du ihn ja gefunden, deinen ruhigen Ort." Mit diesen Worten, steckte ich mir genervt meinen Kopfhörer wieder ins Ohr und drehte mich zum Fenster. Nach einer Weile pikste er mich in die Seite. Ich zuckte erschrocken zusammen. "Du bist ja kitzelig!" Grinste er mich an. // Wow der Herr kann ja auch freundlich schauen!//Das war ich gar nicht von ihm gewohnt. Im Gegenteil! "Na und? Bin eben empfindlich!" Fauchte ich ihn an, bevor ich mich wieder abwendete. "Hey!" Er hatte mir schon wieder den Kopfhörer weg genommen. "Ignorier mich nicht!" //Also doch Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom!// Innerlich gab ich mir gerade einen genervten Facepalm, wieso war ich auch so dumm und hatte ihn nicht einfach ignoriert? "Ich dachte du wolltest deine Ruhe haben?! Also was ist dein Problem?" Ich schaute ihn genervt an, doch das schien ihn nicht zu verunsichern. "Nunja... Weißt du... Eigentlich bin ich hier, weil ich mit dir reden wollte. Und da du ja in den Pausen nicht zu erwischen bist, dachte ich mir, dass das wohl meine letzte Chance vor dem Abschluss ist." Er kratzte sich verlegen am Kopf. Recht hatte er ja. In den Pausen verkrümelte ich mich immer schnellst möglich aufs Dach um meine Ruhe zu haben. Ich sah ihn entgeistert an. "Und worüber willst du mit mir reden?" "Wie machst du das?" "Wie mache ich was?" "Na dass dich alle in Frieden lassen? Wie schaffst du das?" War das sein Ernst? "Äh~ keine Ahnung... Ich bin einfach ich selbst?! Denke ich..." "Hm... Misst! Ich weiß, eigentlich kommt es reichlich spät jetzt vor dem Abschluss, aber wie gesagt ich hatte auch schon vorher versucht dich in den Pausen zu finden. Nunja... Ein bisschen mehr hatte ich mir schon von deiner Antwort versprochen. Aber gut... Also muss ich mehr ich selbst sein." //Also doch...!// "Machst du dich über mich lustig?" Platzte es in erbitterten Ton aus mir heraus. Kein Wunder wie ich fand. Solche Einfalspinsel gab es ständig. Erst taten sie einen auf Nett und sobald man ihrer Masche auf den Leim ging, lachten sie einen aus und hängten die Sache an die große Glocke. Danach war man dann für die nächste Woche die Lachnummer der ganzen Schule, da man so dumm gewesen war und geglaubt hatte, dass es doch noch Menschen gab, die vernünftig mit einem umgehen konnten. //Aber nicht mit mir!// "Nein warum sollte ich? Ich bin beliebt genug! Im Gegenteil! Ich wäre gerne so wie du!" "Was? Ich dachte du genießt es im Rampenlicht zu stehen." Er lachte leise auf. "Oh nein! Das tue ich bestimmt nicht! Wie soll ich ich selbst sein, wenn das Augenmerk der ganzen Schule auf mir liegt. Man muss aufpassen was man sagt und welche Meinung man vertritt, sonst bekommt man ziemlich schnell Probleme." "Ach und wie bist du?" Fragte ich skeptisch. Eine Weile herrschte absolute Stille. Dann kam die Antwort, nur ganz leise Richtung Boden geflüstert, so dass ich sie fast nicht verstanden hätte. Aber sie verfehlte ihre Wirkung nicht. Dieses kleine harmlose Wort, was mit einem mal schwer wie Blei zwischen uns schwebte. "Ich bin schwul." Entsetzt starrte ich ihn an. War das sein Ernst? Oder wollte er mir damit nur ein Geständnis ab locken und dann zugeben, dass er gelogen hatte um mich vor der ganzen Schule zu outen? Zuzutrauen wäre es ihm ja. "Mund zu es zieht!" Langsam schloss ich ihn. "I-ist das dein Ernst?" "Wäre es denn schlimm?" Kontert er traurig, ja fast resigniert. "Äh... Nein! Natürlich nicht! Warum sollte es?" "Nunja, für die anderen wäre es das. Warum für dich nicht?" Sollte ich ihm das echt erzählen? //Besser nicht!// "Ich hab damit einfach kein Problem. Das muss jeder für sich selber entscheiden. Warum sollte ich jemanden deshalb verurteilen?" Plötzlich schien eine große Last von ihm ab zu fallen. Er strahlte mich förmlich an. Das hatte ich auch noch nie bei ihm gesehen. Aber so sah er gleich viel lieber aus, als mit seiner sonst so ernsten Miene. "Dann ist ja gut!" Entfuhr es ihm erleichtert. "Aber warum erzählst du mir das? Ich meine ich könnte es den Anderen sagen. Du kennst mich nicht und weißt nicht ob du mir vertrauen kannst!" "Kannst du es beweisen?" Eine meiner Augenbrauen wanderte in die Höhe. Worauf wollte er hinaus? "Nein! Natürlich nicht!" "Siehst du? Es steht dein Wort gegen meines! Glaubst du im Ernst, dir würden sie eher glauben als mir?" Bei seinen Worten wurde mir schlagartig übel. //Oh nein! Nicht schon wieder!// "Nein... natürlich nicht..." antwortete ich leise mit verbitterter Stimme. Wie konnte ich das nur vergessen, natürlich würde es nach Außen hin nur so aussehen, wie eine armselige Verzweiflungstat. Die Übelkeit nahm langsam zu. "Du bist blass, ist alles in Ordnung mit dir?" Fragte er besorgt, doch ich wimmelte ihn schnell mit einem Kopfschütteln ab. Er musste ja nicht gleich meine ganzen Gefühle kennen. "Und was machst du sonst so? Also außerhalb der Schule?" Fragte er mich sehr interessiert wie es schien. Ich befand mich in einer Zwickmühle! Einer großen! Einerseits traute ich ihm nicht wirklich, ich meine die Aktion von wegen Schwul, war ja schon mega auffällig! Andererseits hatte er auch irgendwo recht, er hatte es nicht nötig bei den Hänseleien der Anderen mit zu machen, daraus ließ sich nur Schlussfolgern, dass er entweder wirklich an mir interessiert -, oder nur sehr sehr gelangweilt war. Ich hoffte natürlich, dass er ehrliches Interesse an mir hatte, wobei mein Verstand mir lauthals entgegen brüllte, dass ich wieder in ein gewisses Wunschdenken verfiel. Also blockte ich besser ab, bevor ich nachher wieder enttäuscht wurde. "Was tut das zur Sache? Sobald wir aus dem Bus gestiegen sind, beachtest du mich eh nicht mehr." Ich drehte mich wieder zum Fenster und wollte mir gerade meine Kopfhörer wieder in die Ohren stecken, als er fragte: "Darf ich wenigstens mit Musik hören, wenn du schon nicht mit mir reden willst?" Ich zögerte einen Moment. //Was wenn er meine Musikrichtung nicht mag? ... Ach was solls...// "Aber beschwer dich nicht, wenns dir nicht gefällt!" Damit hielt ich ihm einen der Kopfhörer hin, den er mit einem Kopfnicken entgegen nahm. "Danke!" War das letzte, was er auf der Busfahrt zu mir sagte. Auch als die anderen Schüler wieder einstiegen und uns mit großen Augen beäugten, rührte er sich nicht. Gekonnt ignorierte er ihr Getuschel und ihre verwunderten Ausrufe. Nachdem ich eine weitere halbe Stunde aus dem Fenster gestarrt hatte, spürte ich plötzlich seinen Kopf auf meiner Schulter. Als ich ihn ansah, musste ich grinsen. Er war eingeschlafen und schlummerte nun friedlich und entspannt auf meiner Schulter. Sein Anblick jagte mir einen kleinen Adrenalinstoß durch den Körper, der sich danach in meiner Bauchgegend fest setzte. Mir wurde noch schlechter, als mir eh schon war, nur dass es dieses mal wegen meiner Freude war. Er fühlte sich so unbeschreiblich warm an. Ein wunderbares Gefühl, dass ich ruhig öfter haben könnte. Ich betrachtete ihn noch eine ganze Weile und traute mich fast nicht zu atmen in der Angst, ihn aufzuwecken und damit diesen unbeschreiblichen Moment zu zerstören. Langsam wurde mein Nacken steif und auch meiner Übelkeit wirkte diese Position nicht wirklich entgegen. Als wir auf den großen staubigen Parkplatz fuhren, wurden wir so durch gerüttelt, dass er erschrocken und verschlafen hoch fuhr. Verwirrt blinzelte er mich an. "Bin ich etwa eingeschlafen?" nuschelte er leicht verlegen. "Ähm ja~" Gab ich peinlich berührt zurück. "Oh! Tut mir leid! Ich wollte dich nicht belästigen! Warum hast du mich denn nicht geweckt, wenn es dir unangenehm war?" Tja, da stand also das nächste Fettnäpfchen schon für mich bereit. Was sollte ich darauf nun antworten? Dass es mir nichts ausgemacht hatte? Dass ich es sogar genossen-, und ihn oben drein noch heimlich beobachtet hatte? Nein, mit Sicherheit nicht! Diese Blöße würde ich mir bestimmt nicht geben! Stattdessen, drehte ich mich kommentarlos weg, damit er nicht die Röte sah, die abermals meine Wangen zierte. "So ist das also!" Hörte ich ihn leise grinsen. //Oh nein, er ahnt es! Wie bescheuert bin ich eigentlich?// Tadelte ich mich selber in Gedanken. //Was nun? Schnell! Denk dir irgendeine bescheuerte Notlüge aus!// "Ich... ähm... also..." Doch als ich mich kurze Zeit später wieder umgedreht hatte, war der Platz neben mir leer. Wo wahr er denn jetzt schon wieder hin verschwunden? Erst da viel mir auf, dass wir bereits gehalten hatten und der Bus schon fast leer war. Wir waren also da. //Willkommen in der Hölle Taka!// Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)