Die Geflügelte Schlange - Schatten von Erzsebet (* * make love, not war * * - Teil 2) ================================================================================ 19. Erwachen (jugendfrei) ------------------------- Nun war er statt Leibwächter also nurmehr ein Handlanger seines Birh-Melack, ging Nefut durch den Kopf, während er mit Lehans Mantel, einem Ma'ouwati-Tuch und Doshans Wallach zurück zu den Befehlshabern des Heeres ritt. Den Zorn, der kurz aufflackerte, brachte er zum Erlöschen, denn er gehorchte seinem Herrn, wie es sich für einen Gefolgsmann gehörte. Die Befehle mußte er dafür nicht gutheißen. Amemna war unter den Reitern nicht zu sehen. Dann entdeckte er ihre Stute ein kleines Stück zurückgefallen, der Ostler ging neben dem Tier, Amemna auf der anderen Seite. Der Mann, nein, der Eunuch war recht durchtrainiert für einen Schreiber, wenn er diesen flotten Marschschritt, den Amemna vorlegte, so ohne weiteres mithielt. Die Eunuchen am Hofe von Letran hatten eher zu Fettansatz und Kurzatmigkeit geneigt. Nefut ritt neben dem Heerzug, bis er zu seinem Birh-Melack aufschloß. Als er sich bemerkbar gemacht hatte, führte Amemna ihr Pferd heraus aus dem Zug, um neben der Straße zu halten. "Er gehört nun zu unserer Wannim", erklärte sie wenig überraschend und reichte dem Ostler persönlich den Mantel und das Ma'ouwati-Tuch. Nefut betrachtete währenddessen die sehr gepflegten Hände des Ostlers. Kein Schreiberbein am Mittelfinger, wie es schon Kanzleilehrlinge im ersten Jahr hatten, nicht einmal Schwielen, und keine Spur von Tinte an den Fingern oder Ärmeln. Wenn dieser Mann ein Schreiber war, war Nefut ein Ziegenhirte. Warum hatte Amemna verhindert, daß der Ostler Nefuts Frage selbst beantwortete? Hatte sie ihn belogen? Hatte Amemna in diesem ehemaligen Mann aus dem Osten jemanden gefunden, der sich ihrer männlichen Seite hingab? "Besorrg ihm noch ein Schwerrt", befahl Amemna plötzlich. Jetzt sollte er also noch einmal zu Hamarem reiten und für den falschen Schreiber ein Schwert besorgen? Und seit wann kämpften Eunuchen? Aber vielleicht war er ja auch ein falscher Eunuch. Doch der Ostler wollte kein Osheyschwert. Nefut atmete unwillkürlich auf, als der Ostler davonritt, um sich selbst ein Ostlerschwert zu besorgen. Amemna sah Nefut eine Weile prüfend an, sagte aber nichts. Dann folgte sie einem Wink des Feldherrn der Tetraosi und beeilte sich, zur Gruppe der Befehlshaber aufzuschließen. Nefut folgte sehr viel langsamer. Was wollte Amemna mit einem Eunuchen im Bett anfangen? Nun, Amemna war teilweise ein Mann, aber wenn dieser Eunuch wirklich aus dem Besitz der Regentin stammte, welche Dienste hatte er dann seiner Herrin geleistet? Wenn er einer ihrer Lustsklaven gewesen war, wie sollte das mit einem Verschnittenen funktionieren? Nefut versuchte erfolglos, diese Gedanken zu unterdrücken. Bevor Nefut die Gruppe der Befehlshaber ganz erreicht hatte, löste sich Amemna wieder von ihnen, kehrte zu Nefut zurück. Sie maß ihn mit einem nachdenklichen Blick. "Was ist mit dirr, Nefut." Ihre Stimme klang sogar etwas besorgt. Nefut war danach, jemanden zu schlagen, aber er atmete tief ein und aus, um sich zu beruhigen und versuchte dann, die ihn umtreibenden Gefühle in eine Frage zu pressen. "Warum ist dir und diesem Ostler soviel daran gelegen, daß er zur Wannim gehört?" Amemna seufzte. "Du hast keinen Grrund an meinerr Liebe oderr an meinem Begehrren nach dirr zu zweifeln, frr'tschan", sagte sie. Amemna ritt weiter in Richtung Nachhut und Nefut bemühte sich, an ihrer Seite zu bleiben. "Du weichst mir aus, Amemna", stellte Nefut fest. Vielleicht hatte sie diesen angeblichen Eunuchen ja sogar im Bett der Regentin kennengelernt. "Ja", sagte Amemna und lächelte zärtlich, faßte kurz nach Nefuts Hand. "Err akzeptiert bei derr Verreinigung mein Mannsein. Laß es einfach dabei bewenden." "Er ist ein Ostler, also was für ein Wunder, daß er dein Mannsein akzeptiert", fuhr Nefut verächtlich auf, und wagte dann, seinen Verdacht zu äußern. "Aber er ist doch kein Eunuch! Warum diese Täuschung?" "Er war ein Eunuch, als ich ihn kennenlernte", antwortete Amemna. Nefut erwog diesen Satz eine Weile. Sie hatte ihm also seine verlorene Männlichkeit zurückgegeben. Bei welcher Gelegenheit mochte es dazu gekommen sein? War das der Grund für den Zorn der Regentin gewesen? Hatte die Regentin Amemna deshalb kastrieren wollen, weil eines ihrer Besitztümer beschädigt worden war? War das nicht eine zu kleinliche Reaktion für eine Herrscherin? "Nefut, du hast keinen Grrund, an meinerr Liebe zu dirr zu zweifeln", sagte Amemna plötzlich noch einmal. Nefut wollte Klarheit, und die erlangte er nur durch Antworten auf seine Fragen, nicht indem er fortritt um irgend etwas zu zerschlagen. Angesichts ihrer bisherigen Offenheit glaubte er nicht, daß Amemna sich das Lügen zu einer Gewohnheit gemacht hatte, vielleicht hatte sie mit der Behauptung, der Ostler sei ein Schreiber, nur versucht, seine Gefühle zu schonen. Doch er wagte nicht, Amemna anzusehen, denn der Blick, mit dem sie solche Worte wie die eben gesagten zu begleiten pflegte, hätte sein Gehirn bis auf die Begierde, sich mit ihr zu vereinigen, leergefegt. Also betrachtete er weiter die graugrüne Hügellandschaft mit den vereinzelten Bäumen während er fragte: "Was für Gefühle verbinden dich und den Ostler?" Amemna schwieg eine Weile und sagte dann: "Ich denke, err ist mirr sehrr dankbarr fürr die Heilung seinerr Verrschneidung. Und err nennt mich einen Gesandten der Göttin. Das ist wohl verrgleichbarr mit den Unirrdischen, von denen die Oshey errzählen." "Und was empfindest du für den Ostler?" fragte er leise. Amemna schwieg so lange, daß Nefut sie schließlich doch ansah. Sie sah sehr nachdenklich aus, ließ ihren Blick zum Ende des Heerzuges schweifen, oder vielleicht auch zu den schon fernen Bergen, an deren Fuße Tetraos lag. Schließlich lächelte sie versonnen, als hege sie eine besonders kostbare Erinnerung. "Err ist so anderrs als du, Nefut. Ich denke, err sieht mich eherr als Mann, denn als Frrau." "Und du begehrst ihn", schloß Nefut aus dem Gehörten. Er merkte, wie angesichst des zu erwartenden Geständnisses die Eifersucht in ihm aufstieg. Amemna sah ihn so offen an, daß Nefut das Gefühl hatte, sie liefere sich seiner Gnade aus. "Die Frrau in mirr liebt dich, Nefut, aberr derr Mann in mirr sehnt sich nach Jochawam." Nefut hatte schwer an diesem Bekenntnis zu schlucken, obwohl es nicht wirklich überraschend kam. Bei aller Liebe und trotz vieler Vorsätze, das zu ändern, hatte er selbst bisher erst Amemnas weiblicher Natur Befriedigung geschenkt. Brauchte sie vielleicht einfach einen weiteren Geliebten, der ihre männliche Natur befriedigte? Da sie ja gedacht hatte, ihre Gattin erfolgreich aus dem Eheversprechen entlassen zu haben, und Nefut ihre Wünsche in dieser Hinsicht nicht erfüllte, hatte sie sich vielleicht aktiv nach jemandem für ihre männliche Seite umgesehen und war mit dem Ostler fündig geworden. Amemna hätte nicht die Scheidung von ihrer Gattin betreiben sollen, denn sicherlich war die Prinzessin in der Lage gewesen, Amemnas männlicher Seite Befriedigung zu schenken. Doch Nefut wagte keine weiteren Fragen zu stellen, denn Jochawam kam zu ihnen zurückgeritten. Offensichtlich hatte er in seinem Bemühen, ein Ostlerschwert zu finden, Erfolg gehabt. "Es war ein Geschenk des Mawar der Ostländereinheit", verkündete Jochawam freudestrahlend, "mit seinen besten Empfehlungen für euch, Birh-Melack." Und als er Nefuts irgendwo zwischen Nachdenklichkeit und verhaltener Eifersucht schwankenden Blick auf sich spürte, lächelte er ihn scheu an. "Ich werde unserem göttlichen Birh-Melack immer treu dienen", versprach er. Daran hatte Nefut keinen Zweifel. Nur die Art dieser Dienste weckte Unbehagen in ihm. * Der Feldherr der Tetraosi hatte befohlen, daß alle Reiter der Söldner, die nicht mit dem Transport beschäftigt waren, für die Bedeckung der Nachhut zu sorgen hatten. Einerseits war Nefut froh, eine Aufgabe zu haben, andererseits hätte er sich seine immer stärker werdende Eifersucht gerne durch einige Liebesschwüre aus Amemnas Mund mildern lassen. Immer wieder mußte er sich sagen, daß Amemna ihn erklärtermaßen liebte, egal wie sie zu diesem Ostler, zu Jochawam, stand. Er war nun einer der Mawati, würde ebenso wie Nefut selbst dafür sorgen, daß ihrem Birh-Melack nichts zustoßen konnte. Und er träumte wohl ebenso wie Nefut davon, am Abend in Amemnas Zelt gerufen zu werden, um ihrem Körper Befriedigung zu schenken. Für sein Wohlbefinden mußte Nefut sich willentlich davon abhalten, sich allzu genau auszumalen, wie diese Befriedigung aussehen mochte, wenn Amemna mit Jochawam das Lager teilte. Amemnas Gattin zog mit den fürstlichen Wachen der Darashy ebenfalls in der Nachhut. Nefut sah, wie sie während einer Rast kurz mit dem Zweiten der Birh-Mellim sprach und sich später angeregt mit Derhan unterhielt. Sie war wirklich begehrenswert und sie war sicherlich ebenso vollkommen eine Frau, wie ihre Mutter es gewesen war. Was hatte Amemna nur bewogen, ihr einen Scheidebrief zu schicken? War es wirklich nur die unbestimmte Länge ihrer Abwesenheit von den Stämmen gewesen? Oder hatte die Prinzessin neben der Schönheit auch den Charakter ihrer Mutter geerbt, die schon kurz nach der Geburt des ersten Kindes von Murhan dessen älteren Sohn verführte, Nefut Liebesschwüre ins Ohr flüsterte und bekannte, daß sie in seinem Vater nur einen verbrauchten Mann sah, den sie mochte, dem sie auch für den durch die Heirat erlangten Status dankbar war, den sie aber weder liebte noch begehrte? Wollte sie Amemna nicht verlieren, weil sie den Status einer Ehefrau schätzte, oder hatte Amemna auch Merat so verzaubert, daß sie nun die Scheidung nicht akzeptieren konnte, weil das Akzeptieren wie das Herausreißen des eigenen Herzens gewesen wäre? Und wie mochte sie darauf reagieren, daß Amemna sich nun gleich zwei Männer gesucht hatte, sie zu ersetzen? Der Zweite der Birh-Mellim befahl Nefut und einigen anderen Reitern eine Rast. Nefut suchte sich einen Platz unter einem Baum, abseits von den anderen. Als er begann, in seinen vom Schweiß feuchten Gewändern zu frieren, stellte er fest, daß auch sein Pferd geschwitzt hatte und naß dem aufgekommenen kühlen Wind ausgesetzt war. Er rieb also sein Pferd trocken und zog selbst einen trockenen Mantel aus seinem Gepäck an. Dann setzte er sich, nahm den Turban ab, um den feuchten Stoff im Wind trocknen zu lassen, trank und aß. Der Himmel über der Ebene vor Tetraos war dunkelgrau vor Wolken geworden, anscheinend regnete es dort schon. Jochawam hatte recht, Amemna war in der Tat ein göttliches Wesen. Diese Überzeugung konnte Nefut dem Ostler nicht übel nehmen. Auch an Nefut hatte Amemna ein Wunder bewirkt, indem sie längst verloren geglaubte Gefühle in ihm neu erweckt hatte. Nefut konnte sich nicht erinnern, seit dem frühen Tod seiner Mutter in solcher Art für einen anderen Menschen empfunden zu haben, wie er nun für Amemna empfand. Dieses wärmende Gefühl der Liebe, das nicht einmal der Anblick dieser verführerisch schönen, jungen Prinzessin hatte verdrängen können, als hätte Amemna ihm das Herz leicht gemacht, nun endlich wieder so empfinden zu können. Das Bedürfnis, für Amemna zu sorgen, nicht um seine Aufgabe als Unterführer oder Zweiter oder älterer Bruder zu erfüllen, sondern um Amemnas Willen, um ihr die Last des Amtes zu erleichtern und die Forderungen, die alle Welt an sie zu stellen schien - oder einfach, um sie zu erfreuen. Er wollte Amemna glücklich sehen und wenn das hieß, sich in der Öffentlichkeit zu ihr zu bekennen, wie die schamlosen Ostler, die aus ihren Liebschaften zu anderen Männern keinen Hehl machten, so würde er sich eben freimütig zu seiner Liebe bekennen, wie es kein rechtgläubiger Oshey wagen würde, aber was hatte er denn zu verlieren? Er konnte ohnehin nur noch als Gefährte eines Unirdischen auf den Eingang in die Gärten der Freude hoffen, also wollte er Amemna auch mit Leib und Seele dienen. Und wenn sie für ihr Glück einen weiteren Liebhaber brauchte, einen Ostler, der ihre männliche Seite befriedigte, würde er auch das klaglos dulden. Er würde in seinem Entschluß, Amemnas Liebhaber zu sein, nicht wieder schwankend werden, auch ein weiterer Mann auf ihrem Lager würde ihn nicht wieder davon abbringen. * Als endlich auch die Nachhut den zukünftigen Lagerplatz erreicht hatte, sah Nefut seine geliebte Unirdische wieder und an ihrer Seite den Ostler. Jochawam und Amemna unterhielten sich, und als Nefut näher kam, hörte er, wie Amemna sagte: "Du hast rrecht damit. Und ich weiß auch schon, wie ich es ihrr verrständlich machen kann. Allerrdings brrauche ich dazu deine Hilfe, Jochawam." "Ihr wißt, daß ich euch in allem dienen werde, Birh-Melack", entgegnete Jochawam so inbrünstig, daß es Nefut trotz aller Vorsätze einen Stich versetzte. "Du wirrst meine Gattin zu mirr holen, aber sie darran hinderrn müssen, vorrzeitig wiederr zu gehen. Ich gebe dirr späterr einen Brrief für sie." Jochawam nickte gehorsam. "Was immer ihr befehlt, Birh-Melack." Amemna wollte sich also anscheinend mit seiner Frau aussprechen. Das war ein guter Gedanke. Vielleicht verließ sie das Heerlager dann endlich wieder. Nefut beunruhigten die Gefühle, die ihn erfüllten, wenn er sie sah. Sie sah ihrer Mutter einfach zu ähnlich, um ihn kalt zu lassen. "Gut, daß du wiederr hierr bist, frr'tschan", begrüßte Amemna dann Nefut. "Ich hatte Jochawam nach dirr suchen lassen, aberr leiderr konnte err dich nicht finden." Ihr liebevolles Lächeln beruhigte Nefuts Herz. Er näherte sich so weit, daß er kurz nach ihrer Hand greifen konnte. "Ich habe dich ebenfalls vermißt, fr'tschan", flüsterte er. "Warrtet im Mawati-Zelt auf mich", sagte Amemna, und schenkte auch Jochawam ein schmerzlich zärtliches Lächeln. "Ich werrde euch in Kürrze folgen." Dann ritt sie davon, vermutlich um sich die Befehle für den kommenden Tag zu holen. Als Nefut und Jochawam bei den Mawati eintrafen, waren die Zelte schon aufgebaut und von dem Nachtessen war nur noch ein kümmerlicher Rest vorhanden. Der Junge war immerhin fort, und Hamarem und Oremar begrüßten Jochawam ebenso freundlich wie Nefut. Derhan war eher wortkarg aber er sah so unverschämt zufrieden aus, daß Nefut sich eine Bemerkung über das beobachtete Gespräch mit der Prinzessin einfach nicht verkneifen konnte. Seiner Antwort nach schien Derhan zu ahnen, daß Nefut und Merat durch Blutsbande verbunden waren. Nefut hielt sich mit weiteren Bemerkungen zurück, um keine Bestätigung für diese Vermutung zu liefern, aber es fiel ihm schwer. Glücklicherweise wurde seine Beherrschung jedoch nicht lange auf die Probe gestellt, denn Amemna kam in das Zelt und rief Nefut heraus. Er hoffte, nein, er wußte, daß er sich nun endlich wieder mit Amemna vereinigen durfte, sein Herz überschlug sich vor Aufregung und Verlangen nach ihrem wunderbaren Körper. Und so eilte er ihr hinterher, in das Birh-Melack-Zelt. Kaum daß das Zelt geschlossen war, ließen sie ihre Mäntel und Ma'ouwati-Tücher fallen, und auf Amemnas Lager entledigten sie sich endlich ihrer Untergewänder, während sie kaum die Lippen und Hände voneinander lassen konnten. Nefut merkte, wie er durch Amemnas Duft den Verstand zu verlieren begann, nur noch ihr Körper, nur noch die Vereinigung mit seiner Liebsten war von Bedeutung für ihn, alles andere wurde zunehmend an den Rand seines Bewußtseins gedrängt. Wenn in diesem Moment die Decken um Amemnas Lager oder sogar das ganze Birh-Melack-Zelt verschwunden wären, er hätte sich ebensowenig zurückhalten können, wie er es nun tat. Wie im Fieber vereinigt er sich mit ihr, erklomm den Höhepunkt endlich, erschöpft, erleichtert und etwas schwindelig, als er plötzlich feststellte, daß tatsächlich die Decke verschwunden war und sie einen Zuschauer hatten. Nefut sah sich dem schreckensbleichen Gesicht einer Frau gegenüber. Amemna wandte sich sofort seiner Gattin zu, und Nefut war gebannt durch den Anblick, wie sich seine Geliebte plötzlich anscheinend in einen Mann verwandelte, mit wahrhaft übermenschlicher Energie die rasch entkleidete Prinzessin auf seine Mitte hob und sie ritt, wie Nefut zuvor Amemna. Eifersucht und Lüsternheit erfüllten Nefut bei diesem Anblick der plötzlich in Ekstase verzerrten Gesichter seiner Liebsten und der schönen Prinzessin, so schnell, als wäre ihr Akt nicht von dieser Welt gewesen. Amemna legte ihre Gattin auf das Lager, neben dem Nefut noch wie erstarrt stand, nackt, durch den Anblick wieder erregt und Amemna winkte ihn zu sich, bedeutete ihm, sich neben die Prinzessin zu legen. Amemnas Blick schien ihm ihre Liebe zu versichern, ihm nach ihrem eigenen Körper noch den ihrer Gattin anzubieten, Nefut aufzufordern, an dem teilzuhaben, was sie selbst gerade genossen hatte. Das schien ein Vertrauensbeweis zu sein, doch in einer Form, die Nefut schockierte, gleichzeitig aber noch lüsterner werden ließ. Das konnte Amemna doch nicht wirklich ernsthaft meinen, und das konnte doch auch die Prinzessin nicht ernsthaft dulden, aber wie unter fremdem Willen näherte Nefut sich dem Lager, kniete sich neben die junge Frau, streichelte zärtlich die weiche Haut ihres Rückens, während Amemna sie küßte. Die Prinzessin schien sich seinen Händen entgegenzudrücken, lud Nefut mit ihrem Körper ein, sie weiter zu liebkosen, und Nefut konnte nicht anders als dieser Einladung zu folgen. Doch während er die Prinzessin liebkoste, sah Nefut, wie der Ostler seinen Mantel und sein Schwert ablegte, seinen merkwürdig hellen und nahezu unbehaarten Körper entkleidete, sich neben Amemna bettete, sie küßte und begehrlich geküßt wurde, als fiebere seine Liebste der Vereinigung mit Jochawam ebenso entgegen, wie die Prinzessin der mit Nefut. Nefut wandte den Blick ab und küßte die junge Frau neben sich, denn er wollte nicht sehen, in welcher Art diese Vereinigung zwischen Jochawam und Amemna erfolgte. Sein Herz schmerzte und doch erinnerte er sich an den Blick, mit dem Amemna ihn auf das Lager gewunken hatte. Nefut mußte sich wohl erst daran gewöhnen, daß Amemna anderen Menschen die gleiche Zuneigung entgegenbrachte, wie ihm. Aber die Reaktion seines Körpers auf die junge willige Frau in seinen Armen ließ ihn das für den Augenblick glücklicherweise vergessen. * Nefut erwachte, als die Lampe schon heruntergebrannt war. Es war so dunkel, daß er fast nichts als die nächtliche Schwärze sah. Sein Arm lag um eine weiche, runde Schulter, duftende Haare zum Teil über seinem Gesicht. Er küßte die Frau in seinem Arm auf die Stirn, auf ihre Lippen, die den Kuß fast sofort erwiderten. War es ein Traum? Eine üppige Brust, die sich in seine Hand schmiegte, der weiche Bauch und die wohlgerundeten Hüften, der unzweifelhaft weibliche Schoß, der sich seiner zarten Berührung entgegenstreckte... Was tat er hier? Das war die Tochter der Frau, die sein Verderben gewesen war. Merat war seine Halbschwester. Und nun suchte sie seine Lippen, küßte ihn. "Nefut", flüsterte sie. Nefut erinnerte sich, daß Amemna neben ihm gelegen, sich Jochawam in mehr als einer Weise hingegeben hatte. Als Merat nach ihrer Vereinigung mit Nefut an dessen Brust geruht hatte, die Augen von ihrem Mann und dessen Treiben abgewandt, hatte Amemna während einer erneuten Vereinigung mit dem Ostler Blickkontakt mit Nefut gesucht. Amemna hatte ihn teilhaben lassen an ihrer Ekstase als Mann, indem sie nach Nefuts Hand gegriffen und diese umklammert hatte, während sie die Göttin erkannte. Es war ein Geschenk gewesen, das hatte Nefut verstanden und daher die Hand nicht weggezogen und ihren Blick erwidert, gesehen, daß Amemna mit den Lippen Nefuts Namen geformt hatte in diesem Moment. Und trotzdem hatte es ihm das Herz im Leib umgedreht, sie in den Armen eines anderen Mannes zu sehen, der in ihr offensichtlich nicht nur einen Mann sah. "Nefut, bist du wieder eingeschlafen?" flüsterte Merat. Sie legte ihre Hand auf Nefuts Hand an ihrem Schoß, mit der anderen streichelte sie seinen Bart, seinen Hals, fuhr über die Schulter und berührte mit ihren Fingerspitzen die Narben auf seinem Rücken, fuhr sie ein Stück entlang, wie Amemna im Badehaus, wie Schelschér bei ihrer ersten Begegnung. Nefut merkte, wie Merat sich in seinen Armen plötzlich versteifte, ihre Hände sich verkrampften, dann von ihm verschwanden - wie Merat schließlich ganz von ihm abrückte. "Was sind das für Narben auf deinem Rücken? Stammen sie von Peitschenhieben?" fragte sie mit Panik in der Stimme. Wo waren Amemna und Jochawam? Nefut tastete das Lager neben sich ab, es lagen dort nur die Decken und ein Untergewand, das vermutlich sein eigenes war. "Nefut, sind es Narben von Peitschenhieben?" fragte Merat noch einmal schrill. "Ja, Merat, es sind Narben von Peitschenhieben, von fünfzig Peitschenhieben für den Verführer einer fremden Ehefrau", sagte er leise. Wieso sollte er es leugnen. Sie konnte es ebenso von Amemna erfahren. Und hatte Merat nicht längst geahnt, wer er war? Er wußte, wie ähnlich er seinem Vater sah, aber vielleicht war Murhan inzwischen durch die Schicksalsschläge, die ihn in Form von drei toten Ehefrauen ereilt hatten, so sehr gealtert, daß diese Ähnlichkeit nur noch schwer erkennbar war. Amemna zumindest hatte ihn als Murhans Sohn erkannt. Ein seltsamer Laut ging von Merat aus, Nefut glaubte zunächst, es wären Schluchzer, aber endlich stellte er fest, daß sie leise und immer lauter werdend lachte. War das Hysterie? Oder lachte sie über die verschlungenen Wege der Götter, die sie nun gerade mit dem Mann auf einem Liebeslager zusammengeführt hatten, der auch ihrer Mutter einst beiwohnte? Würde sie nun seinen Tod fordern, so daß sein letzter Dienst an der Göttin gerade mit der Tochter der Frau stattfand, die ihm die Freuden Amas eröffnet hatte? "Du bist Nefut, der Sohn des Prinzen Murhan Darashy?" fragte Merat keuchend vor Gelächter. Dem Klang nach hatte sie sich aufgesetzt, hielt weiterhin Abstand von Nefut. "Ja, der bin ich, Merat, Tochter des Prinzen Murhan Darashy", antwortete Nefut. Was mochte in ihrem Kopf jetzt gerade vorgehen? Sie mußte wissen, wie ihre Mutter ums Leben gekommen war, das war in den Zelten der Darashy sicher noch genügend Menschen in Erinnerung, allen voran der älteren Schwester ihrer Mutter, die Nefut zunächst so herzlich aufgenommen hatte, ihn dann aber bespuckte und verfluchte, als er mehr tot als lebendig auf dem Richtplatz gelegen hatte. Die ihm gewünscht hatte, die Götter mögen seine Tat strafen, indem sie ihn als Toten unter den Lebenden wandeln lassen. Ihr Fluch war in Erfüllung gegangen, obwohl seine Tat doch in nicht mehr bestanden hatte, als den Reizen der wunderschönen Mutter von Merat zu erliegen. Der leibliche Tod wäre nur noch eine Formalität gewesen, hätte ihn endlich von seinem vergeblichen Sehnen nach einer Rückkehr in seinen Stand erlöst, doch obwohl er sieben Jahre im Heer der Letrani als berittener Söldner gedient hatte, obwohl er zehn Jahre unter Ashan mit den anderen Stammeslosen zahlreiche Überfälle auf zum Teil schwer bewaffnete Karawanen gemacht hatte, war er nicht gestorben, ja noch nicht einmal ernsthaft verwundet worden, als wollten die Götter ihn tatsächlich für seine Schwäche dieser Frau gegenüber strafen. Aber vielleicht hatte er einfach nur auf Amemna warten müssen, auf ihren Zauber, der in ihm den Wunsch zu Leben wieder geweckt hatte. Amemna, die wohl gerade geboren worden war, als Murhan seinen Erstgeborenen auspeitschte um die Strafe zu vollziehen. Was wollte Merat jetzt mit ihm tun? Wollte sie beenden, was Murhan begonnen hatte? Jetzt würde Nefut sich wehren, er würde sich nicht umbringen lassen für die Verfehlungen jener Frau, die mit ihrer Lüsternheit nach einem unerfahrenen Jüngling, dem kaum die Knabenlocke geschoren worden war, sich selbst und Nefut ins Verderben gestürzt hatte. "Was willst du tun, Merat, Schwester?" fragte Nefut leise, als Merats Lachen langsam verebbte. Er fühlte ihre Fingerkuppen auf seinem Arm, wie sie schmeichelnd über seine Haare strichen, die Finger, schließlich die ganze Hand den Arm hinaufwandernd bis zu seinem Hals, seinem Bart, eine einzelne Fingerkuppe, die seine Lippen sanft nachzog. "Du bist schuld am Tod meiner Mutter", sagte sie leise. Wieso sollte er Merat erzählen, daß ihre Mutter ihn verführt hatte. Sie war tot und hatte für ihr Vergehen gebüßt. "Hätte sie ihrer Schwester nichts erzählt, wäre sie nicht tot und ich nicht verbannt", flüsterte Nefut aber, trotz des immer noch an seinen Lippen liegenden Fingers. Der Finger verschwand. "Aber du hast ihr Gewalt angetan", sagte Merat bestimmt. "Irgendjemandem mußte sie es erzählen um ihr Herz zu erleichtern." Und jetzt mußte Nefut lachen, lachte die ganze Bitterkeit aus seinem Herzen heraus. "Hätte ich ihr Gewalt angetan, so hätte es mein Vater sicher gemerkt. Hätte ich sie gegen ihren Willen genommen, hätte sie sicher um Hilfe gerufen und niemand hätte daran gedacht, sie auszupeitschen." Fast einen Monat lang hatte ihn Merats Mutter fast täglich zur Mittagszeit zu ihrem Lager gerufen. Bis sie sich gegenüber ihrer Schwester brüsten mußte, daß sie nun noch ein Kind von Murhans Sohn erwartete. Nefut hatte gewußt, daß es unrecht war, aber es hatte ihm gefallen. So schön war sie gewesen, so gierig, seinen jungen Körper zu kosten, aber sie war kein ehrlicher Mensch gewesen. Zur Rede gestellt hatte sie Nefut angedichtet, er habe ihr aufgelauert, hätte sie bedroht, um seinen Willen zu bekommen. Und Nefut hatte bekannt, einen Monat lang ihr Lager geteilt zu haben und die Strafe angenommen, die sein Vater nach den Geboten der Weisen und Heiligen dafür verhängte. "Hast du sie geliebt?" fragte Merat. "Und hat sie dich geliebt?" Nefut überlegte, wie er Merat die Faszination seiner ersten sexuellen Erfahrung vermitteln konnte, verboten und doch so süß. Geliebt hatte er Merats Mutter nicht, begattet hatte er sie jedoch mit Hingabe. Und wer mochte wissen, was in ihrem Kopf vorgegangen war, daß sie einen Prinzen mit dessen eigenem Sohn betrog? "Mawati zu mir!" gellte da ein Ruf durch die Nacht, gefolgt von unartikulierten Schreien und dem Weinen eines Säuglings. Sofort sprang Nefut auf, riß die Decken zur Seite, griff nach seinem Schwert und lief nackt aus dem Zelt. * * * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)