Oberkommissar Ricky von aerzte ================================================================================ Kapitel 1: Verjährung? ---------------------- Ricky überlegte, bevor er fragte: »Sie haben nicht zufällig rausbekommen, wer diese Leute waren?« Ricky war ein stattlicher Mann. Anfang dreißig, mit längeren, dunkleren Haaren. Sein Gesicht war schmal, passte aber zum Rest seines sportlichen Körperbaus. Er arbeitete zwar erst seit fünf Jahren bei der Polizei, hatte sich aber schnell zum Oberkommissar hochgearbeitet. Er war für seine schnelle Auffassungsgabe und die Fähigkeit, Fälle schnell zu lösen, bekannt. »Wir wissen, dass die Mörder zwei jugendliche Zwillingsbrüder aus der kleinen Vorstadt Garryville waren. Die Tote war ein Jahr jünger als ihre Mörder, sie war gerade erst sechszehn. Sie wohnten nur drei Straßen auseinander.«, antwortete der junge Beamte, der gerade erst seine Ausbildung zum Kriminologen bei der Polizei begonnen haben musste. Dies erkannte Ricky an den auf dem Notizblock ordentlich aufgeschrieben Fakten, welche er ablas. »Ok, das ist schon mal was. Morgen werden wir mit der Mutter der Brüder sprechen und versuchen, Hintergrundinformationen zur Tat zu bekommen«, sagte Ricky während er zum Auto ging. Der Neuling rief hinterher: »Herr Oberkommissar, wieso kümmert Sie dieser Fall? Der ist doch schon über dreißig Jahre her und sogar abgeschlossen?« »Abgeschlossen? Auch für die Angehörigen der Toten, die nie richtig begreifen werden, warum ihre Tochter hat sterben müssen? Können Sie sich vorstellen, wie es ist, nicht zu wissen, warum das eigene Kind sterben muss? Für manche ist es keine Erlösung, wenn die Mörder gefasst und verurteilt werden. Sie wollen wissen ‚Warum‘?« Als er abends so gegen dreiundzwanzig Uhr Zuhause ankam, fiel er, nach einem ruhigen Ausklang des anstrengenden Tages, nach einem Glas Wein, müde ins Bett und schlief wenige Sekunden später tief ein. Trotz des tiefen Schlafes, wachte Ricky schweißgebadet mitten in der Nacht auf. »Was für ein Albtraum.« Er stand mit zittrigen Beinen auf und ging ins Badezimmer. Im Spiegel sah er sich an und schrak zurück. Sein Gesicht war kreidebleich und Schweißperlen liefen und von seiner Stirn, rannen über Wangen und Kinn, hinab bis zum Hals, wo Kratzspuren prangten, welche er sich selbst zugefügt haben musste. Diese brannten aufgrund des Schweißes. Oh Gott, dass der Fall mich so sehr mitnimmt, hätte ich nicht gedacht. »Ich bin völlig fertig. Sally ich vermisse dich. Es tut mir leid, dass ich dich nicht habe retten können. Ich hatte einfach nicht das Wissen, dich zu retten. Bitte vergib mir.« Sally war seine große Liebe gewesen. Sie kannten sich seit dem Kindergarten und er verliebte sich mit sechszehn in sie, konnte es ihr aber nie sagen. Bis sie eines Tages von einem Auto angefahren wurde und der Fahrer Fahrerflucht beging. Während sie beide auf den Krankenwagen warteten, sagte er ihr, dass er sich in sie verliebt habe. Doch es war zu spät. Im Staub der Straße erlag sie ihren Verletzungen, während er sie in den Armen hielt und sich über sie beugte. Einige Autos hatten sich an der Straßenkreuzung versammelt und hupten wild, aber er hatte ihnen keine Beachtung schenken können. Er war ganz mit den Gedanken und seiner Trauer ganz bei ihr. Noch während diese Erinnerungen ihn beherrschen, übermannte ihn wieder die Müdigkeit. Am nächsten Morgen, ein paar Stunden später, sah man Ricky das Ereignis der letzten Nacht noch immer an, was an den Kratzern an seinem Hals, zu erkennen war. Die Augen waren durchzogen von kleinen ganz feinen roten Äderchen, welche sich bei Überanstrengung zeigen. Auch die tiefen Tränensäcke zeugten von einer schlaflosen Nacht. Nach einer Thermoskanne starkem, schwarzem Kaffee und einer warmen Dusche, war eine leichte Besserung zu erkennen. Ricky setzte sich in seinen Combi und fuhr zu den Eltern der beiden Zwillingsbrüder. Sein jüngerer Kollege, mit dem er auch am Tag davor zusammengearbeitet hatte, wartete bereits in seinem Auto vor dem Haus, welches trotz der dreißig Jahre kaum Spuren des Verfalls aufzeigte, und stieg aus, als er Ricky erblickte, um ihn zu begrüßen. »Guten Tag, Sir. Konnten Sie gut schlafen? Ich dachte die ganze Nacht über das jetzt bevorstehende Gespräch nach. Wie es wohlmöglich verlaufen würde.« »Ging so, ich habe nicht gerade gut geschlafen.«, antwortete der Oberkommissar knapp und läutete an der Türklingel. Als die Tür aufgemacht wurde, begrüßte er die sichtlich überraschte Mutter und zeigte ihr seine Dienstmarke und seinen Dienstausweis. »Guten Morgen, Madam. Ich bin Oberkommissar Ricky. Das ist mein Kollege …« »Peamer. Samy Peamer.«, antwortete er schnell. »Wir entschuldigen uns, dass wir Sie heute Morgen belästigen müssen, aber es geht um Ihre Söhne.« »Meine Söhne sind im Gefängnis.« Ricky nickte verständnisvoll und wissend. »Das wissen wir. Wir hätten da nur ein paar Fragen, was die Hintergründe der Tat angeht.« »Warum das denn? Sie wurden doch schon verurteilt. Aber kommen Sie rein. Bitte sehr.« Mit einer Handbewegung zeigte Sie, dass Ricky und sein Kollege Ihr ins Haus folgen sollten. Im Wohnzimmer nahmen sie Platz. »Es tut mir außerordentlich Leid, dass ich Sie das fragen muss, aber wissen Sie in welcher Beziehung Ihre Söhne mit der Verstorbenen standen?«, begann Ricky das Gespräch vorsichtig. Sie reagierte, verständlicher Weise, wütend: »Wie ich Sie bereits fragte, was soll das? Das ist über dreißig Jahre her. Denken Sie ernsthaft, dass ich das noch weiß? Ganz davon ab, woher soll ich wissen was für eine Beziehung meine Söhne zu ihr hatten?« »Ich kann Sie voll und ganz verstehen.« Nach einer Pause sprach er weiter. »Haben Sie nie über so was gesprochen? Bitte versuchen Sie die Angehörigen der Verstorbenen zu verstehen. Würden Sie nicht die Hintergründe in Erfahrung bringen wollen, wenn Ihre Söhne ermordet wurden, warum es ausgerechnet Ihnen zustieß?« »Ich erinnere mich, dass beide eines Tages, circa eine Woche vor dem Mord, sehr niedergeschlagen und trostlos zum Essen kamen. Als ich sie fragte, was los sei, schauten sie sich gegenseitig an und grinsten.« Sie verzog bei diesem Gedanken angewidert das Gesicht. Dann sprach Sie weiter: »Dieses Grinsen... Es wirkte, als würden sie komplett durchdrehen. Ein irres Funkeln in ihren Augen. Wie bei Psychopathen. Sie erzählten mir, dass sie sich beide in das Mädchen verliebt hätten. Ich dachte mir nichts weiter dabei. Habe nur geantwortet, dass nicht beide mit ihr zusammen sein könnten.« Mit einem Blick der Erkenntnis sprach Ricky aus, was er dachte: »Und dann haben die Brüder darüber nachgedacht und haben das Mädchen vergewaltigt und anschließend auf grausame Weise umgebracht, damit keiner sie je haben kann. War es so?« »Haben Sie sie noch alle? Was fällt Ihnen ein, meinen Söhnen derartiges zu unterstellen? «, antwortete Sie wutentbrannt. Sie brach in Tränen aus und Ricky forderte einen Psychologen, der ihr Beistand leisten sollte. Noch am gleichen Abend fuhr Ricky zu den Eltern der ermordeten Tochter, entschuldigte sich dafür dass er die alten Wunden wieder Aufreißen müsse und erzählte ihnen von dem Gespräch mit der Mutter der Zwillinge. Als er geendet hatte, brach die Mutter in Tränen aus. Ihr Mann nahm Sie tröstend in die Arme. »Vielen Dank für Ihre Bemühungen. Aber wieso haben Sie uns das erzählt? Was bringt uns das, wenn wir wissen warum die unsere Tochter umgebracht haben? Davon wird sie auch nicht wieder lebendig werden!«, rief der Vater wütend aus. »Ich kann Ihre Wut nachempfinden, aber ich dachte …«, begann Ricky seine Rechtfertigung, wurde aber vom, immer noch wütendem, Vater unterbrochen: »Was dachten Sie? Das es schön wäre alte Wunden aufzureißen?« Nun kullerten auch ihm langsam Tränen die von Zorn geröteten Wangen herunter. »Nein. Ich dachte nur, weil ich vor Jahrzehnten selbst einen geliebten Menschen verloren habe. Als ich im Alter Ihrer Tochter war, als sie starb, habe ich ebenfalls eine Freundin im selben Alter verloren. Ich habe sie geliebt. Es war leider zu spät als ich es ihr sagte. Und ich weiß bis heute nicht, warum der Fahrer des Fahrzeugs, sie hat sterben lassen.« Man hörte an der Stimme des Oberkommissars, dass er gebrochen war. Er wusste, dass es vielleicht ein Fehler war, gewonnene Erkenntnisse verkünden zu wollen. Er hätte nicht bedacht, das damit die schreckliche Erinnerung an die damalige Zeit ins Gedächtnis gerufen würde. Was, wenn man es genau überlegte, dumm von ihm war, da er doch selbst die Nacht zuvor, am eigenem Leib erfahren durfte wie, im wahrsten Sinne des Wortes, schmerzhaft Erinnerungen sein können. »Das tut mir Leid.«, antwortete der Vater knapp und sprach weiter. »Aber Sie verstehen doch sicherlich, dass wir nun gerne alleine sein möchten. Daher möchte ich Sie höfflich Bitten zu gehen. Vielen Dank.« Mit diesen Worten verließen die beiden das Haus. Peamer, der die ganze Zeit über geschwiegen hatte, stellte, mehr zu sich selbst als zu Ricky, eine Frage, die den Oberkommissar noch lange zum Nachdenken anregte. »Ist es besser die ganze Wahrheit zu erfahren, oder sollte man manches einfach auf sich beruhen lassen und es so hinnehmen wie es kommt?« Kapitel 2: Unentdeckte Liebe … bis zum Tod ------------------------------------------ Der Gedanke, vierundzwanzig Stunden auf eine Antwort warten zu müssen, war schier unerträglich. Ricky fragte sich, ob was passiert sei. Er wusste, dass sie sich mal verspätete oder sich nicht meldete, weil sich fast nie Guthaben auf ihrem Handy befand, aber so lange hatte sie ihn noch nie warten lassen. Da stimmt was nicht? Da musste was passiert sein, das spür‘ ich förmlich. Er hatte sie im Kindergarten kennen gelernt. Seither waren sie die besten Freunde und gingen durch dick und dünn. Sie hatten zusammen schöne aber tragische Erlebnisse miteinander geteilt. Vom gemeinsamen Schulabschluss bis zum Tod des an Krebs erkrankten Vaters von Sally. In der Zeit der Trauer lebte Ricky bei ihr um Tag und Nacht bei der Familie sein zu können und ihnen bei zu stehen. Er entschied sich seine Freundin noch ein letztes Mal anzurufen. Im Telefonbuch scrollte er bis zu ihrem Eintrag ‚ Sally (Schatz)‘ herunter und betätigte den ‚Anrufen‘-Button auf seinem Smartphone. Tuut… tuut… tuut… »Mensch, jetzt geh doch endlich an dein Handy.« Er ließ es bis zum Ertönen der Mailbox klingeln. »Ihr gewünschter Gespr…« Ricky ließ die Maschinenstimme nicht ausreden und legte auf. Sofort zog er sich seinen gefütterten schwarzen Gothicmantel über und machte sich auf den Weg zu ihr. Der strahlend blaue Himmel zeugte, trotz der Kälte, von einem wunderschönen Tag. Während der frisch beförderte Oberkommissar sich eine Zigarette anzündete, um sich von der ganzen Aufregung zu beruhigen, fuhr mit rasender Geschwindigkeit ein metallic gelb lackierter Sportwagen an ihm vorbei und wurde prompt von einer dort stehenden Blitzanlage erfasst. Das geschah dem Kerl ganz Recht. Fuhr wie ein Bekloppter und erkannte nicht die Gefahren, die er damit verursachte, dachte Ricky verärgert aber dennoch zufrieden. Genüsslich nahm Ricky einen tiefen Zug von seiner Kippe. Man sah richtig wie der Glimmstängel mit jedem Aufglühen, kürzer und kürzer wurde. »Schade da so eine Zigarette nur fünf Minuten anhält.«, bemerkte er beiläufig und sang grinsend die Textstelle von ‚Monsters of Liedermaching‘: » Ich wünschte meine Kippe wär‘ vier Meter lang.« Nach etwa zwei weiteren Zigaretten, circa einer halben Stunde und ein paar Kilometern, Ricky konnte nicht sagen wie viele es waren, sah er schon aus der Ferne, dass etwas auf der Straße lag. Zuerst dachte er, es sei eine Puppe, doch dafür war es zu groß. Bei genauerem Hinsehen jedoch, erkannte er, was es war. Ein menschlicher Frauenkörper. Er rannte zu der Unglückstelle und als er die Person erkannte, drehte er sich um, beugte sich vor und erbrach in den Straßengraben. Die Frau, die reglos, mit schmerzverzerrtem Gesicht, zu ihm hochblickte, war seine Freundin. Er sah, dass ihr Gesicht blutverschmiert war und am Kopf klaffte eine große, tiefe Platzwunde. Ihre eigentlichen langen blonden Haare hatten, vom Blut in dem sie lag, rote Strähnen. Er musterte Sally von oben bis unten und bemerkte das verdrehte rechte Bein, wo ein Knochen herausstach und die Schiefstellung anderer Körperteile. Ricky sah so was zwar öfters, aber es war doch schon ein Unterschied, ob es eine fremde Person war, oder jemand, den man schon sein ganzes Leben lang kannte. Vor Angst stockte ihm der Atem. Er wusste nicht was bei dieser Art von Verletzungen zu tun war, die er bei ihr, auf Verdacht, feststellen konnte. Aus diesem Grund veränderte er ihre Position nicht, da sie allem Anschein nach, so am wenigsten Schmerzen verspürte und rief den Krankenwagen: »Bitte kommen sie schnell! Auf der B208, Richtung Garryville ist eine Frau verunglückt. Mehrere offene Frakturen, bewusstlos aber ansprechbar, Verdacht auf Schädel-Hirn-Trauma.« Dann fiel ihm plötzlich ein was so merkwürdig an dem Sportwagen war. Am rechten Kotflügel sah er aus dem Augenwinkel eine große Beule. »Verständigen Sie ebenfalls die Kollegen der Polizei. Wahrscheinlich wurde Fahrerflucht begangen. Das verdächtige Fahrzeug ist ein gelber Sportwagen. Kennzeichen habe ich nicht, aber der Fahrer wurde geblitzt.«, fügte er hinzu. Ricky legte auf, legte das Handy neben sich und kniete neben seine Freundin. Er sah eindeutig mehrere Knochen, die gebrochen waren. Aus ihrer Nase lief Blut, welches den Beton rot punktierte. Wahrscheinlich hatte sie auch noch schwere innere Blutungen. »Hey, Schatz… I-ist das nicht ein schöner Tag?«, sagte sie mit zittriger Stimme, Blut quoll aus ihrem Mund während sie sprach. Sally versuchte zu lächeln, doch es schmerzte zu sehr. »Sag nichts. Das strengt nur zu sehr an. Ich bin bei dir.«, sagte Ricky mit beruhigender, aber besorgter Stimme, während er sie in seinen Armen hielt. »Ich muss dir was sagen. Habe es schon viel zu lange vor dir verborgen. Ich traute mich nur nie es dir zu sagen. Ich habe mich in dich verliebt. Sally, ich liebe dich. Ich möchte mit dir zusammen sein.« Wann kommt endlich dieser Krankenwagen?, dachte Ricky und sah unauffällig auf seine Armbanduhr. Sie öffnete den Mund, wollte was sagen, brachte aber keinen Ton heraus. Sie schaute ihn verliebt an und lächelte. Dann sah Ricky nur noch diesen leeren Blick, den Tote bekamen, wenn das Lebenslicht erlosch. Sie war glücklich als sie starb. Er wusste jetzt, dass sie ihn ebenfalls liebte. In Tränen aufgelöst, schrie er voll Schmerz und Wut in den Himmel: »Warum nimmst immer nur die Menschen, die am wenigsten für das Unglück dieser Welt können? Warum musste sie Sterben und den Fahrer des Wagens lässt du am Leben? Ist das gerecht? Aber dieser Kerl wird dafür bezahlen. Nicht nur mit Geld für sein Knöllchen! Das schwöre ich bei Gott! « ~-----------------------------------------------------------------------------------------------------~ Um evtl. Missverständnisse zu klären, hier eine Erklärung was ich mit "durch dick und dünn" meinte: Der Sachverhalt, dass sie beide beste Freunde waren und sich seit dem Kindergarten kannten ("Er hatte sie im Kindergarten kennen gelernt. Seither waren sie die besten Freunde und gingen durch dick und dünn.") zeugt von einer engen Bindung zueinander. Ich wollte damit die Freundschaft untermauern und so den Verlust beschreiben, den Ricky, durch den Tod von Sally, erlitten hat. Kapitel 3: Bezahlter Freund --------------------------- Der Tod seiner Freundin Sally war immer noch nicht aus seinem Kopf und beschäftigte ihn noch immer. Seine Albträume hörten nicht auf und ließen ihn Nacht für Nacht nicht schlafen. Wenn das so weiterging verlor er noch seinen Verstand. Aus diesem Grund, befolgte er den Rat seines Vorgesetzten Douglaz Deggar und suchte einen Psychologen auf. »Ich würde Ihnen raten, Sie melden sich krank und suchen sich professionelle Hilfe, bis Sie die Sache verarbeitet haben. Es sei denn, Sie fühlen sich in der Lage im Innendienst weiter tätig zu sein. Das obliegt ganz Ihnen.«, sagte Deggar teilweise bestimmt, dennoch besorgt. Sein Vorgesetzter war ein vierzigjähriger, vollbärtiger zwei Meter 10 großer Mann mit einer rahmenlosen Brille um seine Kurzsichtigkeit auszugleichen. Ricky schüttelte den Tabak aus seinem Tabakbeutel, um sich eine neue Zigarette zu drehen. Er nahm sich ein Blättchen und drehte geschickt den Tabak zwischen seinen Fingern, sodass sich eine gleichmäßige Menge in der gesamten Zigarette verteilte. In ein paar Minuten war er bei seinem Psychologen Dr. Pete Drain. Dr. Drain war ein knapp sechzig Jahre alter Mann. Was man ihm komischer Weise nicht ansieht, überlegte Ricky. Seine Haare waren gräulich, aber besaßen noch dunkelbraune Strähnen seiner Naturfarbe. Dr. Drain war etwa so groß wie Ricky aber wahrscheinlich doppelt so schwer. Für die hundert Euro die Stunde hoffte Ricky, dass sein Psychologe das Geld wert war und ihm helfen konnte. Als er vor der großen, mit Schnitzereien verzierten, massiven Holztür stand und seinen letzten Zug an seinem gedrehte Glimmstängel tätigte, dachte er: Auf ein Neues. Mal schauen wie weit wir heute kommen. Die Sekretärin am Empfang lächelte sanftmütig, nickte und zeigte Ricky mit einer Handbewegung, dass er direkt ins Behandlungszimmer von Dr. Drain gehen sollte, da dieser ihn schon erwartete. »Setzen Sie sich, damit wir gleich beginnen können. Sie wollten mit mir sprechen? Meine Sekretärin berichtete mir, dass Sie am Telefon sehr aufgeregt klangen. Was ist passiert?«, begrüßte er Ricky, ohne seine Augen von der vor ihm liegenden Akte, es war wahrscheinlich Rickys, zu heben. Ricky wollte sich gerade eine weitere Zigarette anzünden als ihn Dr. Drain darauf aufmerksam machte, dass das Rauchen verboten sei und so nahm er zur Beruhigung ein Kaugummi und fragte leicht sarkastisch: »Aber Kaugummi kauen ist erlaubt, oder?« Mit einem Nicken symbolisierte sein Gegenüber ihm, dass dies erlaubt sei und verzog leicht den Mundwinkel zu einem Grinsen, da ihm der Sarkasmus nicht entgangen war. Ricky kaute sein Kaugummi weich und fing an, Dr. Drain von seinem Traum zu erzählen, den er während eines Falles hatte. »Ich habe seit Monaten immer denselben Traum, seid diesem einen Fall. Der Mord an der sechszehnjährigen, die von den Zwillingsbrüdern umgebracht wurde.« »Ja, haben Sie erzählt. Weiter.«, drängte der Psychologe. »Ich träume, jedes Mal, wie ich sie gefunden habe und sehe diesen gelben Sportwagen vor mir. Es will nicht mehr aus meinem Kopf.«, sprach Ricky mit starren Blick an die weiße Decke, welche ein Raufasermuster hatte. »Ich verstehe. Sie geben sich selbst die Schuld an dem Tod Ihrer Freundin.«, sagte sein Gesprächspartner erkennend. »Sie war nicht …«, begann Ricky um zu protestieren, machte jedoch eine Pause und versank in Gedanken. War sie jetzt meine Freundin oder nicht? Sie hatte gelächelt, aber ist das eine Zustimmung der Gefühle und Erwiderung derer? Sein Verstand sagte ihm: Nein. Aber sein Gefühl, sagte ihm etwas anderes. »Sie war nicht wirklich meine Freundin. Sie konnte es mir nicht mehr sagen, ob sie es ist oder nicht und ja ich gebe mir selbst die Schuld daran, gewissermaßen zumindest. Ich konnte ihr nicht helfen. Sie würde vielleicht noch leben. Was kann ich nur tun, um es verarbeiten zu können?«, sprach er weiter und war den Tränen nahe. »Sie müssen als erstes den Gedanken verwerfen, dass Sie Schuld an dem Tod ihrer Freundin sind. Sie haben den Krankenwagen gerufen, das war das einzig Richtige, was Sie in Ihrer Lage hätten tun können. Schuld allein hat der Autofahrer, der Fahrerflucht begangen hat. Hat man ihn eigentlich schon gefasst?«, fragte Dr. Drain vorsichtig nach. Mit einem Kopfschütteln gab Ricky eine eindeutige Antwort. »Wenn er gefasst wird, wird er sich wünschen das nie getan zu haben. Ich werden ihn umbr …«, begann Ricky seinen Satz in dem sich seine aufgestaute Wut befand, sprach ihn jedoch nicht zu Ende, da dies Folgen für seine berufliche Laufbahn haben könnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)